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Bericht der Finanzdelegation an die Finanzkommissionen des Nationalrates und des Ständerates betreffend die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen im Jahre 2020 vom 17. März 2021

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren National- und Ständeräte Gestützt auf Artikel 51 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) unterbreiten wir Ihnen den Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte über ihre Tätigkeit im Jahre 2020. Wir bitten Sie, vom Bericht Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über eine Auswahl der wichtigsten während des Berichtsjahrs behandelten Geschäfte der Finanzdelegation, die Feststellungen und Erkenntnisse dazu sowie den Umsetzungsstand der Empfehlungen der Delegation.

17. März 2021

Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Der Präsident: Pirmin Schwander, Nationalrat Der Vizepräsident: Thomas Hefti, Ständerat

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Zusammenfassung Für die Finanzdelegation (FinDel) war 2020 ein aussergewöhnliches Jahr. Gegenstand dieser Zusammenfassung sind nur die wichtigsten Geschäfte, mit denen sie sich im Berichtsjahr befasst und zu denen sie Empfehlungen formuliert hat (siehe Anhang).

Im Bericht selbst werden zahlreiche andere Querschnittsthemen oder Geschäfte, die einzelne Departemente betreffen, behandelt.

Covid-19: Die Corona-Pandemie, welche die Schweiz im März 2020 erreichte, erforderte rasche und umfangreiche Massnahmen. Die FinDel kam kurzfristig zu drei Sitzungen zusammen (22./23. März, 7. April und 14. April 2020), um die Kreditgesuche des Bundesrates zur Abfederung der erheblichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Pandemie zu beraten. Nach der Prüfung der Dringlichkeit der Kredite, deren Wirksamkeit und deren Risiken genehmigte die Delegation dringliche Kredite mit Vorschüssen in Höhe von 41,5 Milliarden Franken (dringliche Verpflichtungs- und Voranschlagskredite).

Die dringlichen Verpflichtungskredite beliefen sich auf 30 Milliarden Franken. Sie dienten der Finanzierung von Solidarbürgschaften, mit denen Liquiditätsschwierigkeiten kleinerer und mittlerer Unternehmen vermieden werden sollten. Nach eingehender Beratung kam die FinDel zum Schluss, dass die Solidarbürgschaft in dieser dringlichen Situation ein geeignetes Instrument ist, auch wenn sie in ihrem Untersuchungsbericht zu den Solidarbürgschaften für die Schweizer Hochseeflotte empfohlen hatte, dieses Instrument nicht mehr zu nutzen. In den Augen der Finanzdelegation sind diese beiden Situationen nicht vergleichbar. Sie ist sich aber bewusst, dass Solidarbürgschaften ein erhöhtes Risiko für den Bund darstellen.

Die dringlichen Voranschlagskredite beliefen sich auf 11,5 Milliarden Franken (6 Mrd. für die Arbeitslosenversicherung, 4 Mrd. für Erwerbsersatzleistungen, 1,12 Mrd. für Sanitätsmaterial und Arzneimittel, 280 Mio. für die Kultur, 100 Mio. für den Sport und 10 Mio. für die Pandemieprävention). Angesichts der Dringlichkeit der beantragten Kredite beschloss die FinDel, die Bewilligung der Kredite nicht zu etappieren, sondern die Massnahmen des Bundesrates als Gesamtpaket zu betrachten.

Seit ihrer Einsetzung vor 119 Jahren hatte die Delegation noch nie derart hohe Kredite mit einer solchen Dringlichkeit zu genehmigen. Abgesehen
von den 1,2 Milliarden Franken für Swissair im Jahr 2001 sowie den 7 Milliarden Franken für den AHVAusgleichsfonds im Jahr 2007 und den 6 Milliarden Franken für die Rettung der UBS im Jahr 2008 haben die Gesuche um dringliche Nachtragskredite in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen.

In Anbetracht der extrem hohen Beträge und des zeitlichen Drucks für die Umsetzung der Massnahmen verfolgte die Delegation im Rahmen der begleitenden Finanzoberaufsicht die Verwendung der gesprochenen Mittel aufmerksam. Sie informierte sich anhand von zweimonatlichen Berichten und Anhörungen der verantwortlichen Personen der zuständigen Departemente. Zudem wurde sie bei ihrer Arbeit von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) unterstützt.

Ruhegehalt von Magistratspersonen: Im Sommer 2020 stellte ein ehemaliges Bundesratsmitglied der Bundeskanzlei Antrag auf Auszahlung des bisher nicht bezogenen

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Ruhegehalts. Der Bundesrat hiess den Antrag Anfang Juli ­ unter Vorbehalt der Zustimmung der Finanzdelegation ­ gut. Nach einer gründlichen Prüfung kam die Delegation Ende August zum Schluss, dass sie nicht dafür zuständig ist, einen rückwirkenden Anspruch von Magistratspersonen auf ein Ruhegehalt zu genehmigen. Sie empfahl dem Bundesrat jedoch, auf eine rückwirkende Ausrichtung von Ruhegehältern für ehemalige Mitglieder des Bundesrats zu verzichten, um kein Präjudiz zu schaffen. Ende Oktober beschloss der Bundesrat, die nachträgliche Auszahlung eines Ruhegehalts auf fünf Jahre ab Antragstellung zu beschränken. Der Bundesrat nahm die Empfehlung der FinDel an und setzte sie teilweise um. Der Bundesrat schloss zudem die Einforderung nicht bezogener Ruhegehälter für Mitglieder des Bundesrates und für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die nach dem 1. Juli 2020 im Amt sind, aus, was die Finanzdelegation begrüsst. Um sich einen Gesamtüberblick über die Praxis der Bundeskanzlei und des Bundesgerichts zu verschaffen, beauftragte die FinDel die EFK, den Vollzug des Bundesgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen für die Jahre 2015 bis 2020 bei den zuständigen Stellen zu prüfen und ihr bis Mitte 2021 Bericht zu erstatten. Die FinDel ist der Auffassung, dass überprüft werden sollte, ob eine Modernisierung des aktuellen Besoldungs- und Ruhegehaltssystems für Magistratspersonen angezeigt ist. Sie beauftragte ihren Präsidenten, im Ständerat ein entsprechendes Postulat (20.4099) einzureichen. Der Bundesrat nahm das Postulat an. Er wird in einem Bericht aufzeigen, wie die geltende Regelung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen durch eine moderne Gehaltsordnung mit beruflicher Versorge einschliesslich Hinterlassenenrente sowie allfälliger Abgangsentschädigung bis zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ersetzt werden könnte.

Hochseeschifffahrtsbürgschaften: Die Finanzdelegation setzte ihre im Jahr 2015 begonnene begleitende Finanzoberaufsicht in diesem Bereich fort. Der Bundesrat setzte 2020 sieben Empfehlungen der FinDel aus dem Jahr 2019 um (siehe Beilage).

Die Delegation verzichtete darauf, bezüglich der vom Bundesrat abgelehnten Empfehlung zum Schutz vor Indiskretionen bei geheimen und vertraulichen
Informationen zu insistieren. Sie betrachtet diese Empfehlung als erledigt. Fortgesetzt hat sie hingegen ihre Arbeiten zur letzten noch offenen Empfehlung, jener betreffend die Vermeidung von Solidarbürgschaften. Der Bundesrat lehnt einen kompletten Verzicht auf Solidarbürgschaften ab, teilt aber die Ansicht der Delegation, wonach einfache Bürgschaften grundsätzlich weniger Risiken für den Bund bergen als Solidarbürgschaften.

Die FinDel betrachtet die Sicherung von Darlehen durch Solidarbürgschaften des Bundes weiterhin als grosses finanzielles Risiko. Sie anerkennt, dass dieses Instrument in Einzelfällen ausserhalb der Hochseeschifffahrt vernünftig eingesetzt werden kann. In diesen speziellen Fällen muss der Bund aber klare Rahmenbedingungen definieren, die Risiken im Voraus gründlich prüfen und die beteiligten Finanzinstitute stärker in die Verantwortung nehmen als dies bei den Solidarbürgschaften bei der Hochseeschifffahrt der Fall war, z. B., indem das Verlustrisiko aufgeteilt wird, wie dies bei den Covid-19-Solidarbürgschaften teilweise gemacht wurde. Die Delegation verfolgte zudem aufmerksam die Ausarbeitung von Eckwerten für eine Bürgschaftsstrategie des Bundesrates im Bereich der Hochseeschifffahrt. Sie tauschte sich zu diesem Thema mehrmals mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung aus.

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Digitalisierung und Informatik: Die FinDel empfahl 2014 eine vermehrt zentrale Führung und Steuerung der Informatik. Sie verfolgte die Schaffung der neuen Abteilung «Digitale Transformation und IKT-Lenkung» (DTI) der Bundeskanzlei deshalb sehr genau. Diese nahm ihre Tätigkeit am 1. Januar 2021 auf und übernimmt in erster Linie die zentralen Aufgaben des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB), welches Ende 2020 aufgelöst wurde. Die FinDel unterstützt die mit der Neuorganisation verfolgten Ziele (u. a. bessere Abstimmung der Geschäftsprozesse innerhalb der Bundesverwaltung, Verbesserung der Datennutzung, möglichst wirtschaftlicher und effizienter Einsatz der IKT-Anwendungen). Sie bedauert jedoch, dass die Weisungsbefugnisse der Abteilung DTI gegenüber den Departementen beschränkt sind. Die FinDel wird die Umsetzung ihrer Empfehlungen in diesem Bereich weiterverfolgen.

Ende 2020 wurden 15 Informatikprojekte der zentralen Bundesverwaltung mit einem Volumen von über 6 Milliarden Franken als IKT-Schlüsselprojekte geführt. Im Frühjahr kam das ISB dem Anliegen der FinDel nach, die Weisung zur Berichterstattung über die IKT-Schlüsselprojekte des Bundes um eine Präzisierung der Bestimmung zur Leistungswertanalyse, die in mehreren Projekten als Steuerungs- und Reportinginstrument eingesetzt wird, zu ergänzen.

Die FinDel stellte fest, dass eines der grössten Probleme bei diesen Projekten die mangelnde Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal beim Bund, bei den Lieferanten und externen Auftragnehmern sowie der Umgang damit ist. Zu Ressourcenengpässen kam es in den Projekt- und Stammorganisationen sowie bei den internen und externen Leistungserbringern. In der ersten Welle der Covid-19-Pandemie wurden nur beim Vorhaben für ein neues Auszahlungssystem der Arbeitslosenkasse, dem Projekt ASALfutur, ressourcenbedingte Verzögerungen verzeichnet. Die FinDel nahm zur Kenntnis, dass sich die Mehrkosten auf rund 1 Million Franken belaufen werden. Diese haben nicht nur personelle Ursachen, sondern sind vor allem auf den Einbau von Covid-19-bedingten temporären Gesetzesänderungen in das bestehende und parallel in das neue System zurückzuführen.

Im Jahr 2020 verfolgte die FinDel auch den Fortschritt anderer IKT-Projekte mit Risiken aufmerksam (insbesondere SUPERB, DaziT, GENOVA und das Programm «Fernmeldeüberwachung»).
Im Bereich der Cybersicherheit war die Frage, ob der Delegierte des Bundes für Cybersicherheit über eine Weisungsbefugnis verfügen soll, erneut Gegenstand mehrerer Diskussionen. Die FinDel ist der Auffassung, dass eine solche Befugnis für eine wirksame Cyberabwehr notwendig ist. Auf Cyberangriffe sollte nicht nur reagiert werden, sondern es sollte auch möglich sein, präventiv einzugreifen.

Entflechtung RUAG: Im Berichtsjahr befasste sich die FinDel zudem mit den bedeutenden Risiken im Zusammenhang mit der Aufspaltung der RUAG in MRO Schweiz (Dienstleistungen für die Schweizer Armee) und RUAG International (nicht sicherheitsrelevante Bereiche). Sie diskutierte mehrfach mit der Vorsteherin des VBS über die Covid-19-bedingten Risiken für die in der Luftfahrt tätigen Unternehmen der RUAG.

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Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung Abkürzungsverzeichnis

2 8

1

Einleitung

12

2

Kreditgeschäfte 2.1 Dringliche Kredite zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie und zur Abfederung der Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft 2.2 Kreditüberschreitungen zur Rechnung 2020

13

Personalgeschäfte 3.1 Vereinbarung 2015 3.1.1 Einreihung von höheren Kaderstellen 3.1.2 Konsultation zu den Personalverordnungen der bundesnahen Einheiten 3.2 Kaderlohnreporting

15 15 15

4

Querschnittsthemen 4.1 Covid-19: Regelmässige Berichterstattung 4.2 Ruhegehalt von Magistratspersonen 4.3 Digitalisierung und Informatik 4.3.1 Digitale Transformation in der Bundesverwaltung 4.3.2 Digitale Verwaltung Schweiz 4.3.3 Cybersicherheit und Cyberabwehr 4.3.4 Finanzoberaufsicht über IKT-Schlüsselprojekte 4.4 Beschaffungswesen Bund 4.4.1 Beschaffungscontrolling 4.4.2 Preisprüfung 4.4.3 Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen 4.4.4 Beschaffungsstrategie 4.5 Corporate Governance 4.5.1 Entflechtung RUAG 4.5.2 Swisscom AG 4.5.3 PostFinance

18 18 20 23 23 25 26 28 30 30 30 31 31 32 33 34 36

5

Schwerpunktthemen pro Departement 5.1 Behörden und Gerichte (B+G) 5.1.1 Anwaltskosten des Bundesanwalts 5.1.2 Bundeskanzlei: IKT-Schlüsselprojekt «Realisierung und Einführung GEVER-Bund (GENOVA) 5.2 Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten 5.2.1 Expo 2020 in Dubai 5.2.2 Prüfung von Bau- und Sanierungsprojekten im Ausland

37 37 37

3

13 15

16 17

37 38 38 39

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5.2.3 5.3

5.4 5.5

5.6

5.7

5.8

Flaggenstaatpolitik und Strategie «Schweizer Flagge 2020+» Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) 5.3.1 Covid-19: Corona-Erwerbsersatz, Kultur, Arzneimittel und Impfleistungen 5.3.2 Beschaffungen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen 5.3.3 Verfahrenseffizienz von Health Technology Assessment 5.3.4 Subvention für die Milchprüfung Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) 5.4.1 IKT-Schlüsselprojekt Fernmeldeüberwachung (FMÜ) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) 5.5.1 Covid-19: Beschaffung medizinischer Güter und Unterstützung des Sports 5.5.2 Top-Projekte des VBS Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) 5.6.1 IKT-Schlüsselprojekt SUPERB 5.6.2 IKT-Schlüsselprojekt DaziT Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) 5.7.1 Covid-19: Solidarbürgschaften des Bundes 5.7.2 Covid-19: Bundesbeiträge an kantonale Härtefallprogramme 5.7.3 Covid-19: Kurzarbeitsentschädigung 5.7.4 Bundesbürgschaften für Hochseeschiffe Eidgenössisches Departement für Verkehr, Energie, Umwelt und Kommunikation (UVEK) 5.8.1 Covid-19: Massnahmen im Flugbereich 5.8.2 Eisenbahnausbauprogramme des Bahninfrastrukturfonds (BIF) inkl. NEAT 5.8.3 Subventionsbezüge im öffentlichen Verkehr und Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen 5.8.4 Sanierung des Gotthard-Strassentunnels 5.8.5 Fonds zur Förderung der Wald- und Holzforschung

40 41 41 44 44 46 47 47 48 48 50 51 51 52 53 53 55 56 58 63 63 64 66 69 69

6

Auftrag und Organisation der Finanzdelegation 6.1 Aufgaben und Kompetenzen der Finanzdelegation 6.2 Verhältnis von Oberaufsicht und Aufsicht 6.3 Koordination mit den Oberaufsichtskommissionen 6.4 Organisation der Finanzdelegation und Statistik

70 70 70 71 72

7

Verhältnis zur Eidgenössischen Finanzkontrolle 7.1 Funktion der EFK 7.2 Jahresbericht und Jahresrechnung 2019 der EFK

72 73 73

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7.3 7.4

Jahresprogramm 2020 der EFK Voranschlag 2021 mit IAFP 2022­2024 der EFK

Anhang: Empfehlungen der Finanzdelegation

74 75 76

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Abkürzungsverzeichnis AB

Amtliches Bulletin

AB-BA

Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft

AHV

Alters- und Hinterlassenenversicherung

ALV

Arbeitslosenversicherung

AS

Amtliche Sammlung

ASALfutur Neues Auszahlungssystem der Arbeitslosenkassen ATG

AlpTransit Gotthard AG

BA

Bundesanwaltschaft

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BAG

Bundesamt für Gesundheit

BAKOM

Bundesamt für Kommunikation

BAV

Bundesamt für Verkehr

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BBl

Bundesblatt

BGÖ

Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (SR 152.3)

BGRB Holding

Beteiligungsgesellschaft mit den Subholdings MRO Schweiz und RUAG International

BIF

Bahninfrastrukturfonds

BinfV

Bisherige Verordnung vom 9. Dezember 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (Bundesinformatikverordnung) AS 2020 5871

BJ

Bundesamts für Justiz

BKB

Beschaffungskonferenz des Bundes

BLV

Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

BöB

Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1)

BPG

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1)

BPV

Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3)

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101)

BWL

Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung

CyRV

Cyberrisikenverordnung vom 27. Mai 2020 (SR 120.73)

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DaziT

Informatikprojekt zur durchgängigen Digitalisierung des Waren- und Personenverkehrs der Eidgenössischen Zollverwaltung

DTI

Digitale Transformation und IKT-Lenkung

DVS

Digitale Verwaltung Schweiz

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

EPA

Eidgenössisches Personalamt

ERP

Enterprise Resource Planning

ETH

Eidgenössische Technische Hochschulen

EZV

Eidgenössische Zollverwaltung

FHG

Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, SR 611.0)

FinDel

Finanzdelegation

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FK

Finanzkommissionen

FKG

Finanzkontrollgesetz vom 28. Juni 1967 (SR 614.0)

FK-N

Finanzkommission des Nationalrates

FMÜ

Fernmeldeüberwachung

GENOVA

Informatikprojekt Realisierung und Einführung GEVER Bund

GEVER

Elektronische Geschäftsverwaltung

GPDel

Geschäftsprüfungsdelegation

GPK

Geschäftsprüfungskommission

GSK

Generalsekretärenkonferenz

HTA

Health Technology Assessment

IAFP

Integriertem Aufgaben- und Finanzplan

IKT

Informations- und Kommunikationstechnologien

IPSAS

International Public Sector Accounting Standards

IR

Interne Revision

IRB

Informatikrat Bund

ISB

Informatiksteuerungsorgan des Bundes

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ISC-EJPD

Informatik Service Center EJPD

KAE

Kurzarbeitsentschädigung

KBOB

Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

LFG

Luftfahrtgesetz vom 21. Dezember 1948 (SR 748.0)

MoM

Memorandum of Understanding

NAD

NEAT-Aufsichtsdelegation

NCSC

Nationales Zentrum für Cybersicherheit

NEAT

Neue Eisenbahn-Alpentransversale

OKP

Obligatorischen Krankenpflegeversicherung

ParlG

Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10)

PG

Postgesetz vom 17. Dezember 2010 (SR 783.0)

POG

Postorganisationsgesetz vom 17. Dezember 2010 (SR 783.1)

PVO-TVS

Verordnung über das Personal der Schweizerischen Trassenvergabestelle

RUAG int.

Rüstungs- und Technologiekonzern

RUAG MRO Maintenance, Repair and Overhaul Leistungen für die Schweizer Armee SCL

Swiss Cargo Line Reederei AG

SCT

Swiss Chemical Tankers AG

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SR

Systematische Rechtssammlung

SR Technics International tätige Anbieterin von technischen Wartungsleistungen für Flugzeuge, Komponenten und Triebwerke SSA

Schweizerischen Seeschifffahrtsamt

SUPERB

Programm zur Ablösung des Kernsystems welches die Supportprozesse in der Bundesverwaltung (Finanzen, Personal, Logistik, Beschaffung sowie Immobilien) unterstützt

TU

Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs

TVS

Trassenvergabestelle

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

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VDTI

Verordnung vom 25. November 2020 über die digitale Transformation und die Informatik (SR 172.010.58)

VöB

Verordnung vom 12. Februar 2020 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.11)

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WTO

Welthandelsorganisation

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Bericht 1

Einleitung

Die Finanzdelegation (FinDel) ist eine ständige Delegation der Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte (FK). Sie setzt sich zusammen aus je drei Mitgliedern von National- und Ständerat, die alle den FK angehören und von diesen für die Dauer einer Legislatur ernannt werden.

Gemäss Artikel 51 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes (ParlG, SR 171.10) obliegt der Finanzdelegation die nähere Prüfung und Überwachung des Finanzhaushalts. Sie hat die folgenden fünf Kompetenzen: Sie hat über Fragen im Zusammenhang mit der Besoldung der obersten Kader zu befinden, genehmigt im Namen und Auftrag des Parlaments Kredite, prüft alle Revisionsberichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), nimmt die begleitende Oberaufsicht über die Haushaltsführung des Bundesrates wahr und hat das Recht, zuhanden der FK oder anderer Parlamentskommissionen Mitberichte zu den Botschaften des Bunderates zu verfassen. Diese Prüfung umfasst auch die finanziellen Aspekte des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste gemäss Vereinbarung zwischen der Finanzdelegation und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) vom August 2009 betreffend die Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste. Die Finanzdelegation legt die Vorgehensweise und die Gegenstände ihrer Untersuchungen selbständig fest. Die Oberaufsichtstätigkeit der Finanzdelegation ersetzt nicht die Aufsichtspflicht des Bundesrates im Bereich der Bundesfinanzen.

Die Finanzdelegation übt ihre Oberaufsicht über die Bundesfinanzen vorwiegend mitschreitend aus. Sie begleitet und beurteilt Geschäfte der Verwaltung bereits während des Entscheidprozesses. So kann sie rechtzeitig Einfluss auf Entwicklungen nehmen, die aus Sicht der Finanzoberaufsicht unerwünscht sind, und nötigenfalls beim Bundesrat und der Verwaltung intervenieren. Ebenso wichtig wie die direkte Einwirkung ist die präventive Wirkung ihrer Aufsicht. Die Finanzdelegation lässt sich bei ihrer mitschreitenden Oberaufsicht über die Haushaltsführung und die haushaltsrelevanten Tätigkeiten des Bundes von den Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und der Wirksamkeit leiten (Art. 52 Abs. 2 ParlG).

Bei Dringlichkeit hat der Bundesrat für Zusatz- und Nachtragskredite sowie für Kreditüberschreitungen, die im Einzelfall fünf Millionen Franken oder mehr betragen, gemäss den Artikeln 28 und 34 des
Finanzhaushaltsgesetzes (FHG, SR 611.0) die Zustimmung der Finanzdelegation einzuholen.

Die mitschreitende Oberaufsicht führt dazu, dass sich die Finanzdelegation während eines Jahres mit vielen unterschiedlichen Themen zu befassen hat, sei dies aufgrund von personalrechtlichen Anträgen der Verwaltung, von Prüfberichten der EFK, von Beschlüssen des Bundesrates oder von eigenen vertieften Abklärungen zu bestimmten Themen.

Im Frühjahr 2020 war die Finanzdelegation sehr mit den dringlichen Krediten zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigt (vgl. Kapitel 2.1).

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Aus der Vielzahl der Geschäfte traf die Delegation für den vorliegenden Tätigkeitsbericht eine Auswahl von Themen, die im Berichtsjahr zu grösseren Diskussionen oder kritischen Anmerkungen Anlass gegeben hatten. Der Bericht spiegelt den Status per Ende 2020, ergänzende aktuellere Informationen sind explizit bezeichnet.

2

Kreditgeschäfte

2.1

Dringliche Kredite zur Bewältigung der Covid-19Pandemie und zur Abfederung der Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Mit den Botschaften über die Nachträge I und II zum Voranschlag unterbreitet der Bundesrat dem Parlament während eines Jahres Nachtragskreditbegehren zu Voranschlagskrediten (Zahlungen) und Zusatzkreditbegehren zu Verpflichtungskrediten (Verpflichtungen).

Erträgt ein Aufwand oder eine Investitionsausgabe keinen Aufschub und kann deshalb die Bewilligung eines Nachtragskredits durch das Parlament nicht abgewartet werden, darf sie der Bundesrat ­ mit Zustimmung der Finanzdelegation ­ selbst beschliessen (Vorschuss). Bei der Beantragung einer Bevorschussung übt der Bundesrat Zurückhaltung, um das Kreditbewilligungsrecht des Parlaments möglichst nicht zu beeinträchtigen.

Die umfangreichsten dringlichen Kredite hatte die Finanzdelegation zwischen 2001 und 2019 für die Luftfahrt (rund 1,2 Milliarden Franken im 2001), den Golderlös an den AHV-Fonds (rund 7 Milliarden im 2007) und die UBS-Rettung (rund 6 Milliarden Franken im 2008) beschlossen. Unter Ausklammerung dieser drei ausserordentlichen Faktoren gingen die übrigen Nachtragskreditbegehren des Bundesrats bis Ende 2019 stetig zurück (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 2).

Diese Entwicklung änderte im Berichtsjahr abrupt. Zwischen Mitte März und Mitte April 2020 legte der Bundesrat der Finanzdelegation mit drei Nachmeldungen zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 dringliche Kredite im Gesamtumfang von rund 41,5 Milliarden Franken zur Genehmigung vor. Davon betrafen 30 Milliarden Franken Verpflichtungskredite (Covid-19-Solidarbürgschaften für Unternehmen) und rund 11,5 Milliarden Franken Voranschlagskredite für die Erhöhung des Bundesbeitrags an die ALV (6 Milliarden), Erwerbsersatzleistungen (4 Milliarden), die Beschaffung von Sanitätsmaterial und Arzneimittel (rund 1,1 Milliarden), die Unterstützung von Kultur (280 Millionen) und Sport (100 Millionen) sowie für Gesundheitsschutz und Prävention (10 Millionen). Alle Kreditanträge standen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Sie dienten der unmittelbaren Bekämpfung der Pandemie und deren massiven Auswirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft.

Um die Kreditanträge gewissenhaft zu prüfen, traf sich die Finanzdelegation am 22./23. März, 7. April und 14. April ­ wenige Tage nach den Beschlüssen des Bundesrats vom 20. März, 3. April und 7. April 2020 ­ zu drei kurzfristig anberaumten
Sitzungen. Sie hörte die zuständigen Bundesratsmitglieder und die EFV an und befasste sich eingehend mit der Dringlichkeit der Kredite sowie der Wirksamkeit und den Risiken. Dabei diskutierte sie unter anderem auch Möglichkeiten zur Etappierung 13 / 90

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einzelner Kredite. Sie kam allerdings zum Schluss, dass das Massnahmenpaket des Bundesrates als Gesamtkonzept zu sehen ist, bejahte die Dringlichkeit der Kreditbegehren und genehmigte die beantragten Mittel.

In ihrer 119-jährigen Geschichte hat die Finanzdelegation noch nie Kredite in einem solch gewaltigen Ausmass und innerhalb derart kurzer Zeit bewilligt. Sie hat bewiesen, dass das Parlament auch unter ausserordentlichen Umständen wie einem Lockdown und einer Sistierung des Ratsbetriebs ihre Finanzhoheit (Kreditbewilligungsrecht) mittels der Finanzdelegation wirksam wahrnehmen kann.

Besorgt zeigt sich die Finanzdelegation über die mittel- und langfristigen Auswirkungen der milliardenschweren ausserordentlichen Ausgaben und finanziellen Verpflichtungen des Bundes sowie der zu erwartenden Mindereinnahmen in unbekannter Höhe auf den Finanzhaushalt. Sie befürchtete eine massive Einschränkung des finanzpolitischen Spielraums des Bundes, weshalb sie die beiden Finanzkommissionen ersuchte, sich eingehend mit diesen Fragen zu befassen.

Vom Bundesrat erwartete sie, dass spätestens bei fehlenden Amortisationen seitens der Kreditnehmer genaue Prüfungen über ungerechtfertigte Kreditvergaben veranlasst werden, Missbrauch verfolgt und die EFK für die Kontrolle der Umsetzung der Covid-19-Massnahmen beigezogen wird. Der Bundesrat und die betroffenen Departemente sind dem Anliegen der Finanzdelegation im Berichtsjahr nachgekommen. Im Rahmen ihrer mitschreitenden Finanzoberaufsicht hat die Finanzdelegation die Verwendung der bewilligten Mittel sowie die Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge und Kreditvergaben anhand regelmässiger Standberichte der Departemente und Zwischenberichte der EFK sehr eng begleitet und mit den zuständigen Bundesrätinnen und Bundesräten regelmässig Aussprachen geführt. Im vorliegenden Bericht wird in den Kapiteln 4.1, 5.3.1, 5.5.1, 5.7.1, 5.7.2 und 5.8.1 näher darauf eingegangen.

Überschreiten von der Finanzdelegation bewilligte Kredite 500 Millionen Franken, kann gestützt auf Artikel 28 Absatz 3 und Artikel 34 Absatz 4 Finanzhaushaltgesetz (FHG; SR 611.0) die Einberufung der Bundesversammlung verlangt werden. Dieses Begehren ist innert einer Woche nach dem Beschluss der Finanzdelegation zu stellen.

Wird das Begehren gestellt, so findet die ausserordentliche Session in der dritten
Kalenderwoche nach der Einreichung des Begehrens für die Einberufung der Session statt. Für die Einberufung braucht es laut Artikel 2 Absatz 3 ParlG ein Viertel der Mitglieder eines Rates. Auch der Bundesrat kann gestützt auf Artikel 151 Absatz 2 Bundesverfassung die Einberufung der Räte zu einer ausserordentlichen Session verlangen. Der Bundesrat hat von diesem Recht Gebrauch gemacht. Die von der Finanzdelegation im März und April 2020 bewilligten dringlichen Voranschlags- und Verpflichtungskredite wurden vom Parlament in einer ausserordentlichen Session Anfang Mai 2020 nachträglich genehmigt.

Das im FHG festgeschriebene dringliche Bewilligungsverfahren sollte allerdings nur zurückhaltend und nicht über einen längeren Zeitraum zur Anwendung gelangen, da das Kreditbewilligungsrecht des Parlaments sonst übermässig beeinträchtigt wird.

Aus diesen institutionellen Überlegungen heraus empfahl die Finanzdelegation dem Bundesrat Mitte April 2020, weitere finanzielle Hilfen, wie die damals geplante Liquiditätshilfe zuhanden der Luftfahrtindustrie, dem Parlament im ordentlichen Verfahren zu unterbreiten, mit Vorberatung in den Finanzkommissionen sowie Beratung 14 / 90

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und Beschlussfassung im Parlament. Der Bundesrat sicherte der Finanzdelegation zu, dem Parlament weitere Covid-19-Kredite ­ wenn immer möglich ­ auf dem ordentlichen Weg zu beantragen. Im weiteren Verlauf des Berichtsjahrs wurden der Finanzdelegation keine weiteren dringlichen Kreditbegehren vorgelegt. Mitte Februar 2021 hat der Bundesrat die Erhöhung der finanziellen Mittel für die Härtefallprogramme der Kantone dem Parlament mit einer Nachtragsbotschaft zum Voranschlag 2021 auf dem ordentlichen Weg unterbreitet.

Die Finanzdelegation legt auch in ausserordentlichen Situationen grossen Wert darauf, dass die Planung der Verwaltung rechtzeitig und sorgfältig erfolgt und dringliche Nachtragskredite ausschliesslich aufgrund unerwarteter, nicht planbarer Ereignisse beantragt werden. Sie wird ihre langjährige Praxis weiterführen, strenge Anforderungen an die Begründung der Dringlichkeit von Nachtragskrediten zu stellen und bei Kreditbegehren zu verlangen, dass das zuständige Departement immer die Möglichkeiten prüft, wie diese bundesintern kompensiert werden können.

2.2

Kreditüberschreitungen zur Rechnung 2020

Kreditüberschreitungen können im Jahresabschluss entstehen, wenn für einen Aufwand oder für eine Investitionsausgabe kein ausreichender Kredit mehr vorhanden ist.

Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament Kreditüberschreitungen nachträglich mit der Staatsrechnung zur Genehmigung (Art. 35 FHG). Seit 2011 müssen Kreditüberschreitungen von mehr als 5 Millionen Franken von der Finanzdelegation genehmigt werden (Art. 34 FHG).

Zur Bundesrechnung 2020 hat der Bundesrat der Finanzdelegation keine Anträge für Kreditüberschreitungen von mehr als 5 Millionen Franken vorgelegt.

3

Personalgeschäfte

3.1

Vereinbarung 2015

3.1.1

Einreihung von höheren Kaderstellen

Gemäss den Ziffern 2.1 und 2.2 der Vereinbarung 2015 zwischen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und dem Schweizerischen Bundesrat betreffend die Aufsicht in personalrechtlichen Angelegenheiten unterbreiten die Departemente die Einstufung von Stellen in die Lohnklasse 32 oder höher und die Umbenennung von Funktionen vor Inkrafttreten der Finanzdelegation zur Genehmigung. Diese Geschäfte durchlaufen zuerst einen Prozess, bei dem das Eidgenössische Personalamt (EPA), das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) und die Finanzdelegation die Stellenbewertung festlegen bzw. ihr zustimmen, bevor sie dem Bundesrat unterbreitet werden.

Die Finanzdelegation stellt fest, dass die Abläufe bei einem Grossteil der Personalgeschäfte keine Probleme bereiten. Bei einer Neueinreihung musste sie jedoch zusätzliche Informationen einholen und einen Vertreter des betroffenen Departements sowie die Direktorin des EPA anhören, bevor sie sich den Empfehlungen des EPA anschloss.

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3.1.2

Konsultation zu den Personalverordnungen der bundesnahen Einheiten

Bevor die Departemente neue oder geänderte personalrechtliche Erlasse ihrer ausgelagerten Einheiten (z. B. Personalreglemente oder -verordnungen) dem Bundesrat vorlegen, unterbreiten sie diese gemäss Ziffer 4 der Vereinbarung 2015 der Finanzdelegation zur Konsultation. Die Finanzdelegation nimmt innert Monatsfrist dazu Stellung. Diese Regelung betrifft verselbstständigte Einheiten des Bundes, die dem Bundespersonalgesetz (BPG) unterstellt sind oder deren spezialgesetzliche Regelung öffentlich-rechtliche Anstellungsverhältnisse unter der obersten Verantwortung des Bundesrates begründet.

Die Finanzdelegation prüfte im Berichtsjahr die personalrechtlichen Erlasse der Stiftung Pro Helvetia, des Rats der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und der neuen Trassenvergabestelle (TVS).

Das EDI konsultierte die Finanzdelegation zu den Änderungen der Verordnung des Stiftungsrats der Stiftung Pro Helvetia für das Personal der Stiftung Pro Helvetia, auch wenn diese Verordnung eigentlich nicht in den Zuständigkeitsbereich der Delegation fällt, da das Personal der Stiftung Pro Helvetia dem Obligationenrecht (OR) und nicht dem BPG untersteht. Die Finanzdelegation hatte keine Anmerkungen zu den Änderungen.

Die Finanzdelegation nahm ferner Kenntnis davon, dass die Revision der Personalverordnung ETH-Bereich (PVO-ETH) in zwei Schritten erfolgt. Mit den Änderungen der ersten Etappe, die im Jahr 2020 eingereicht wurden, sollen die Bestimmungen an die aktuellen Gegebenheiten, die Anforderungen des Rechnungslegungsstandards IPSAS und, wo sinnvoll und möglich, an die Regelungen der Bundesverwaltung angepasst werden. Zudem sind Massnahmen vorgesehen, die weniger grosszügig als diejenigen des Bundes sind, insbesondere bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Der ETH-Rat plant eine zweite Etappe für 2021, welche die Berufsinvalidität, die Treueprämie nach fünf Dienstjahren und die Überbrückungsrente für die zweite Säule betrifft. Es handelt sich um Bestimmungen, die in der Bundespersonalverordnung (BPV, SR 172.220.111.3) bereits restriktiver geregelt sind oder gestrichen wurden.

Die Finanzdelegation tauschte sich an ihrer Sitzung vom Juni 2020 mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) über die Revision aus. Dieser räumte ein, dass die aktuelle Situation nur
provisorisch sein kann. Wenn das Personalrecht mit den Bestimmungen des Bundes in Einklang gebracht werde und diese Anpassungen in zwei Schritten ­ mit der dafür benötigten Zeit ­ ausgehandelt werden, dann könne es durchaus gerechtfertigt sein, gewisse Bestimmungen vorübergehend beizubehalten. An vorteilhafteren Regelungen auch nach den Verhandlungen festzuhalten, scheint ihm jedoch problematisch. Die Finanzdelegation beharrte darauf, dass die spezifischen vorteilhafteren Bestimmungen zu keinen Mehrkosten führen, die zulasten der Forschung und der Lehre gehen. Sie verlangte zudem, dass die Unterschiede zwischen den personalrechtlichen Bestimmungen des ETH-Bereichs und dem Bundespersonalgesetz bei der nächsten Revision der PVO-ETH verringert werden.

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Bei der Prüfung der Verordnung über das Personal der Schweizerischen Trassenvergabestelle (PVO-TVS) nahm die Finanzdelegation zur Kenntnis, dass zahlreiche Punkte ähnlich wie in der BPV geregelt sind und nur wenige Bestimmungen von der BPV abweichen. Die Finanzdelegation stellt sich allerdings die Frage, ob die neue Trassenvergabestelle bei lediglich 15 Mitarbeitenden tatsächlich eine derart lange und komplexe Personalverordnung benötigt. Die verselbstständigten Einheiten des Bundes verfügen über Handlungsspielraum, um ihren Besonderheiten Rechnung zu tragen. Die Finanzdelegation empfahl dem UVEK, in der PVO-TVS nur diejenigen Punkte zu regeln, die nicht von der BPV abgedeckt sind oder von dieser abweichen.

Die Vorsteherin des UVEK begrüsste den Vorschlag der Finanzdelegation. Das UVEK habe erfolgreich darauf hingewirkt, dass die BPV anwendbar ist, sofern die PVO-TVS keine besondere Regelung enthält.

3.2

Kaderlohnreporting

Der Bundesrat erstellt gemäss Artikel 6a des Bundespersonalgesetzes (BPG; SR 172.220.1) einen jährlichen Bericht zuhanden der Finanzdelegation über die Löhne der Kader von Unternehmen und Anstalten des Bundes. Dieser Bericht gibt detailliert Auskunft über die Entlöhnung der Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitglieder dieser Unternehmen und Anstalten. Er enthält insbesondere Informationen über den Personalbestand, die Löhne und Honorare, die Bonifikationen sowie die Lohnsysteme. Zudem wird über die Sprachenanteile und die Geschlechterverteilung in den obersten Leitungsorganen Bericht erstattet.

Die Finanzdelegation hatte die EFK 2018 beauftragt, die in diesem Dokument enthaltenen Informationen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit und Rückverfolgbarkeit hin zu überprüfen. Auch die Mandatskumulierung der Kader in den Konzernen sowie potenzielle Interessenkonflikte sollten untersucht werden. Die Finanzdelegation wollte zudem mehr über die Löhne in den Unternehmen (Tochtergesellschaften) wissen, die nicht im Bericht publiziert werden. Die EFK befasste sich mit dem Kaderlohnreporting 2017 und konzentrierte sich dabei auf die Löhne der RUAG Holding AG und der Schweizerischen Post AG. Diese Gesellschaften sind angesichts ihrer zahlreichen Tochtergesellschaften in der Schweiz und im Ausland von besonderem Interesse.

Die Finanzdelegation nahm an ihrer Septembersitzung Kenntnis vom Bericht der EFK und hielt fest, dass die EFK keine Abweichung und kein signifikantes Problem festgestellt hatte. Allerdings sind laut Bericht Aktualisierungen der gesetzlichen Grundlagen erforderlich, damit im Kaderlohnreporting alle Einheiten erfasst werden. Die EFK empfiehlt Überlegungen darüber anzustellen, wie gross der Kreis der einbezogenen Schweizer Tochtergesellschaften und wie hoch der Detaillierungsgrad der kommunizierten Entlöhnung sein sollen. Der EFK-Bericht wurde im Oktober 2020 veröffentlicht.

Die Finanzdelegation sieht in diesem Dossier derzeit keinen Handlungsbedarf, wird es aber weiterhin aufmerksam verfolgen.

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4

Querschnittsthemen

4.1

Covid-19: Regelmässige Berichterstattung

Bis Ende 2020 haben die eidgenössischen Räte zur Bekämpfung von Covid-19 und zur Abfederung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen Kredite im Umfang von rund 79 Milliarden Franken beschlossen, wovon 41,5 Milliarden für Darlehen und Bürgschaften, 31,3 Milliarden für Ausgaben im Jahr 2020 und 6,65 Milliarden für Ausgaben im Jahr 2021. Rund 41,5 Milliarden Franken (52 Prozent) hat die Finanzdelegation im Berichtsjahr als dringliche Kredite genehmigt (vgl. Kapitel 2.1).

Die Bereitstellung der benötigten finanziellen Mittel und die rasche Umsetzung einer Vielzahl von Massnahmen erfolgten ­ insbesondere in der ersten Phase der Pandemie bis Herbst 2020 ­ unter enormem Zeitdruck. Einerseits konnten Bund und Kantone auf bewährte Instrumente wie beispielsweise die Kurzarbeitsentschädigung zurückgreifen, die jedoch an die neuen Gegebenheiten angepasst werden mussten. Andererseits mussten für die Abfederung der Auswirkungen der Pandemie und gezielte Hilfen neue Instrumente entwickelt, verhandelt und umgesetzt werden, wie beispielsweise die durch Solidarbürgschaften des Bundes abgesicherten Überbrückungskredite für KMU oder Garantien für Fluggesellschaften.

Hohe finanzielle Risiken Bei der Genehmigung der dringlichen Kredite im Frühjahr 2020 beurteilte die Finanzdelegation die finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt aufgrund der enormen Kreditbeträge und des grossen Zeitdrucks für die Umsetzung der Massnahmen als sehr hoch. Sie stimmte den dringlichen Krediten in Kenntnis der hohen Risiken zu. Die Folgen eines Zuwartens oder von Verzögerungen bei der Umsetzung der Massnahmen hätten unter Umständen zu drastischeren Auswirkungen auf den Bundeshauhalt führen können. Die einfache, schnelle und möglichst unkomplizierte Zurverfügungstellung der benötigten Mittel an die Betroffenen hatte Priorität. Gleichzeitig forderte die Finanzdelegation den Bundesrat auf sicherzustellen, dass die Mittel nur den tatsächlich Berechtigten zugutekommen und Missbrauch durch Unberechtigte konsequent verfolgt wird.

Seither begleitet die Finanzdelegation die Beanspruchung und Verwendung der bewilligten Mittel, den Vollzug der Massnahmen sowie die Verhinderung ungerechtfertigter Mittelbezüge und Kreditvergaben sehr eng. Angesichts der Breite der Massnahmen konzentriert sie sich dabei auf diejenigen Kredite und Massnahmen,
bei denen sie die grössten Risiken identifiziert.

Berichterstattung der Departemente Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) informierten die Finanzdelegation ab Frühjahr 2020 alle zwei Monate mittels Standberichten über die Verwendung ausgewählter Kredite, den Vollzug sowie die von der Verwaltung wahrgenommene Aufsicht und Kontrolle zur Verhin-

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derung und Bekämpfung von Missbräuchen. Seit Mitte 2020 verfolgt die Finanzdelegation auch die vom Parlament im Flugbereich gesprochenen Garantien und Kredite mittels Standberichten des UVEK.

Mit den zuständigen Bundesratsmitgliedern führte sie regelmässig Aussprachen, in denen sie jeweils auch die Aufsicht, Kontrolle und Missbrauchsbekämpfung diskutierte (vgl. Ausführungen in Kapiteln 5.3.1, 5.5.1, 5.7.1, 5.7.2 und 5.8.1).

Im 2021 konzentriert die Finanzdelegation ihre begleitende Finanzaufsicht mittels neu vierteljährlichen Standberichten der Departemente vor allem auf die Bereiche Härtefallmassnahmen nach Covid-19-Gesetz (SR 818.102), Arbeitslosenversicherung und Covid-19-Solidarbürgschaftskredite (WBF), Corona-Erwerbsersatz, Impfstoffe und Arzneimittel (EDI), Armeeapotheke (VBS) sowie den Luftfahrtbereich und die Skyguide (UVEK). In den regelmässigen Aussprachen mit Bundesratsmitgliedern will sie zusätzlich auch die finanzielle Entwicklung in den Bereichen Kultur und Sport thematisieren.

Berichterstattung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) Eines der wirksamsten Instrumente der begleitenden Finanzoberaufsicht ist die EFK.

Die Finanzdelegation verlangte bei der Genehmigung der ersten dringlichen Kredite im März 2020 vom Bundesrat, dass die EFK für die Kontrolle der Umsetzung der Covid-19-Massnahmen frühzeitig beigezogen wird.

Angesichts der ausserordentlichen Lage passte die EFK ihr Prüfprogramm im Frühjahr an, um für ihre Sonderprüfungen und -kontrollen im Zusammenhang mit Covid-19 über die erforderlichen Ressourcen zu verfügen. In besonders betroffenen Bereichen legte sie ­ mit Unterstützung der Finanzdelegation ­ den Fokus ihrer Kontrollen auf begleitende anstelle von nachträglichen Prüfungen. Im Vordergrund standen dabei die Prüfung der Vorgaben und Prozesse der Verwaltung, die Prüfung von Dossiers und Transaktionen sowie Datenanalysen, um ungerechtfertigte Auszahlungen und Mehrfachbezüge aufzudecken. In einer Anfangsphase begegnete die Verwaltung der begleitenden Prüftätigkeit der EFK vereinzelt mit Vorbehalten, die im Verlaufe des Berichtsjahrs jedoch ausgeräumt werden konnten.

Die Finanzdelegation legte besonderen Wert auf eine klare Rollenteilung zwischen EFK und Verwaltung. Begleitende Sonderprüfungen der EFK dürfen nicht zu einer Mitverantwortung der EFK an der Umsetzung
der Massnahmen durch die zuständigen Verwaltungsstellen führen. Die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der künftigen Prüftätigkeit der EFK darf durch begleitende Sonderprüfungen nicht gefährdet werden.

Die EFK legte der Finanzdelegation im Berichtsjahr vier Zwischenberichte zu ihren Sonderprüfungen vor und veröffentlichte diese. Auf die Ergebnisse einzelner Prüfungen wird im vorliegenden Tätigkeitsbericht in den Kapiteln 5.3.1, 5.5.1, 5.7.1 und 5.7.2 näher eingegangen.

Mitte März 2020 stufte der Bundesrat die Situation in der Schweiz als ausserordentliche Lage gemäss Epidemiengesetz (SR 818.101) ein. Diese dauerte bis im Juni 2020.

Der Bundesrat führte in dieser Zeit neben den 12 ordentlichen Sitzungen 7 ausserordentliche Sitzungen durch, verabschiedete über 40 Verordnungen und erteilte rund

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130 Aufträge an die Bundeskanzlei und die Departemente. Aufgrund des hohen Sitzungs- und Entscheidungsrhythmus standen Bundesrat und Verwaltung unter einem enormem Druck, Rechtsgrundlagen, Prozesse und Instrumente an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dies führte unter anderem dazu, dass die beschlossenen Massnahmen und die Bedingungen für die Mittelvergabe in den verschiedenen Ausführungsbestimmungen nicht systematisch aufeinander und untereinander abgestimmt wurden.

Viele Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 standen in Abhängigkeit zu anderen Massnahmen. Ein Anspruch der Betroffenen auf finanzielle Mittel galt über alle Massnahmen hinweg teils kumulativ, teils subsidiär oder teils nur in einer vorgegebenen zeitlichen Abfolge. Auf Stufe Parlament, Bundesrat und Verwaltung fehlte anfänglich ein Überblick über die gegenseitigen Abhängigkeiten. Mit ihren Datenanalysen und dem Abgleich verschiedener Datenbanken leistet die EFK einen bedeutenden Beitrag dazu, dass die zuständigen Verwaltungseinheiten die Einhaltung der Vorgaben im Gesamtzusammenhang besser prüfen können. Die im Rahmen ihrer Datenanalyse identifizierten Auffälligkeiten und Unregelmässigkeiten übermittelt die EFK den zuständigen Verwaltungseinheiten jeweils zur weiteren Abklärung.

Bis im Herbst 2020 sind einige der im ersten Halbjahr beschlossenen Sofortmassnahmen ausgelaufen und andere in ordentliches Recht überführt worden. Die EFK schloss ihre begleitenden Prüfungshandlungen deshalb Anfang 2021 ab und konzentriert sich bei ihren nachträglichen Prüfungen auf die Wirksamkeit der Massnahmen und den Umgang mit den finanziellen Folgen der Pandemie (vgl. Jahresprogramm 2021 der EFK).

Die Finanzdelegation anerkennt den Sondereinsatz, den die Mitarbeitenden der EFK im 2020 mit ihren begleitenden Prüfungen geleistet haben. Sie begrüsst ausdrücklich, dass die EFK ihre Datenanalysen im Bereich der Covid-19-Solidarbürgschaften, des Corona Erwerbsersatzes, der Kurzarbeitsentschädigung und die massnahmenübergreifenden Datenanalysen im 2021 weiterführen und die Finanzdelegation über die Ergebnisse informieren wird. Diese Analysen bilden eine wichtige Grundlage, um Missbrauch und Verstösse gegen die Anspruchsvoraussetzungen zu identifizieren sowie die Verwaltung bei ihren vorgelagerten Kontrollen zu unterstützen.

4.2

Ruhegehalt von Magistratspersonen

Die Finanzdelegation hat sich im Berichtsjahr eingehend mit dem Ruhegehaltssystem für Magistratspersonen befasst. Das heutige System ist im Bundesgesetz über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen (SR 172.121) und in der Verordnung der Bundesversammlung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen (SR 172.121.1) verankert und wird seit Oktober 1989 angewendet.

Die Bestimmungen finden Anwendung auf Bundesratsmitglieder, ordentliche Bundesrichterinnen und Bundesrichter sowie Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler.

Antrag auf rückwirkende Auszahlung eines Ruhegehalts Mitte 2020 stellte ein ehemaliges Bundesratsmitglied der Bundeskanzlei den Antrag auf Auszahlung des bisher nicht bezogenen Ruhegehalts. Der Bundesrat hiess den 20 / 90

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Antrag Anfang Juli ­ unter Vorbehalt der Zustimmung der Finanzdelegation ­ gut.

Nach Auffassung des Bundesrats handelt es sich bei einer vollständigen rückwirkenden Auszahlung um einen Ermessensentscheid, der ­ analog zu Artikel 4 der Verordnung der Bundesversammlung ­ der Finanzdelegation vorgelegt werden muss.

Die Finanzdelegation befasste sich Ende August eingehend mit dem Antrag des Bundesrats und hörte den Bundeskanzler an. Die Bundeskanzlei händigte der Finanzdelegation im Vorfeld und während der Sitzung alle von der Delegation verlangten Akten aus.

Finanzdelegation verneint Genehmigungskompetenz bei rückwirkender Auszahlung Die Finanzdelegation setzte sich eingangs mit der Frage auseinander, inwieweit sie aufgrund der bestehenden rechtlichen Bestimmungen und deren Auslegung zuständig ist und ob auf den Antrag des Bundesrats im Sinne einer verbindlichen Genehmigung oder Ablehnung einzutreten ist.

Die Bestimmungen des Bundesgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung sehen keine ausdrückliche Kompetenz der Finanzdelegation vor, einen rückwirkenden Anspruch von Magistratspersonen auf ein Ruhegehalt zu genehmigen. Ebenso wenig ist das Erfordernis einer Zustimmung der Finanzdelegation dazu in der Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der Finanzdelegation betreffend die Aufsicht in personalrechtlichen Angelegenheiten (Vereinbarung 2015) festgehalten.

Nach Auffassung der Finanzdelegation kann eine Kompetenz der Finanzdelegation nicht durch eine Analogie zu den in Artikel 3 Absatz 3 bzw. Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung enthaltenen Einzelfallbestimmungen hergeleitet werden. In diesen Bestimmungen hat der Gesetzgeber die Zustimmung der Finanzdelegation bei der Ausrichtung eines Ruhegehalts bei vorzeitigem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen bzw. bei einem vorzeitigen Ausscheiden von Magistratspersonen vorgesehen.

Das Parlament wollte mit der Zustimmung der Finanzdelegation in diesen Einzelfällen eine minimale Mitwirkung des Parlaments in der Verordnung festschreiben (AB 1989 III 825). Deshalb ist nicht in allen Fällen, bei denen das Parlament dem Bundesrat ein Ermessen im Vollzug der Verordnung eingeräumt hat, eine Genehmigung durch die Finanzdelegation erforderlich. Ein Eintreten auf den Antrag des Bundesrats hätte präjudiziellen Charakter für künftige Sachverhalte, die vom
Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt sind.

Die Finanzdelegation stellte deshalb fest, dass sie im beantragten Fall über keine Genehmigungskompetenz und damit auch nicht über ein Mitwirkungsrecht in der Sache verfügt. Sie trat deshalb nicht auf den Antrag des Bundesrats im Sinne einer verbindlichen Genehmigung oder Ablehnung ein.

Beurteilung der Finanzdelegation im Rahmen ihrer begleitenden Oberaufsicht Allerdings obliegt der Finanzdelegation gemäss Artikel 51 Absatz 2 Parlamentsgesetz (ParlG) die nähere Prüfung und Überwachung des gesamten Finanzhaushaltes. Angesichts der finanziellen Dimension und des Präzendenzcharakters des Bundesratsentscheids äusserte sich die Finanzdelegation gegenüber dem Bundesrat im Rahmen ihrer Finanzoberaufsichtskompetenz grundsätzlich zur Frage einer rückwirkenden Ausrichtung von Ruhegehältern an Magistratspersonen.

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Magistratspersonen haben direkt nach dem Ausscheiden aus dem Amt Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegehalt. Im Gegensatz zu einer Rente einer Pensionskasse handelt es sich beim Ruhegehalt um eine Abgeltung für geleistete Dienste. Ein Ruhegehalt soll ein standesgemässes Leben nach dem Ausscheiden aus dem Amt ermöglichen.

Es ist ein Institut sui generis und keine berufliche Vorsorge in Form einer Versicherung.

Gesetz und Verordnung enthalten keine Bestimmungen für den Fall, dass eine Magistratsperson ihren Anspruch auf die Auszahlung des Ruhegehalts nicht direkt nach dem Ausscheiden aus dem Amt geltend macht, sondern zu einem späteren Zeitpunkt eine rückwirkende Auszahlung beantragt. Auch die Auslegung des Gesetzes und der Verordnung geben nach Auffassung der Finanzdelegation keine Anhaltspunkte für einen Anspruch auf eine rückwirkende Auszahlung.

Würde ein rückwirkender Anspruch auf ein Ruhegehalt im Einzelfall bejaht, hätte dies nach Auffassung der Finanzdelegation eine präjudizielle Wirkung für alle Magistratspersonen. Zudem käme dies dem Bezug eines angesparten Kapitals, wie dies heute im Bereich der Altersvorsorge möglich ist, gleich. Das entspräche weder dem Willen des Gesetzgebers noch der Rechtsnatur des Ruhegehalts.

Gemäss Artikel 12 Absatz 4 FHG sind der Bundesrat und die Verwaltung zur Führung des Bundeshaushalts nach dem Grundsatz der Sparsamkeit verpflichtet. Die Mittel des Bundes sind wirtschaftlich einzusetzen. Dies gilt auch für die Ausrichtung von Ruhegehältern an Magistratspersonen. Es dürfen deshalb nur dann Ruhegehälter ausbezahlt werden, wenn sie tatsächlich geschuldet sind.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen empfahl die Finanzdelegation dem Bundesrat, grundsätzlich auf eine rückwirkende Ausrichtung von Ruhegehältern für ehemalige Mitglieder des Bundesrats zu verzichten.

Ende Oktober beschloss der Bundesrat, die nachträgliche Auszahlung eines Ruhegehalts auf fünf Jahre ab Antragstellung zu beschränken. Gleichzeitig nahm er zur Empfehlung der Finanzdelegation Stellung. Ende November erläuterten der Bundeskanzler und der Direktor des Bundesamts für Justiz (BJ) die Haltung des Bundesrats.

Mit seinem Entscheid ist der Bundesrat der Empfehlung der Finanzdelegation insoweit nachgekommen, als dass er mit der Beschränkung der Rückwirkung auf fünf Jahre den Grundsatz der
Sparsamkeit nach FHG in seinem Ermessensbereich stärker beachtet hat und nur diejenige Ruhegehaltssumme auszahlen will, die durch seine von der Finanzdelegation abweichenden Auslegung der Bestimmungen rechtlich geschuldet ist. Die Finanzdelegation nahm von den Ausführungen Kenntnis.

Vollzug der bestehenden Rechtsbestimmungen der Bundesversammlung Solange eine ehemalige Magistratsperson ein Erwerbs- oder Ersatzeinkommen erzielt, das zusammen mit dem Ruhegehalt die Jahresbesoldung einer amtierenden Magistratsperson übersteigt, wird das Ruhegehalt um den Mehrbetrag gekürzt. Zuständig für die Berechnung und Überprüfung der Höhe des Ruhegehalts ist die für den Vollzug der Verordnung zuständige Stelle. Im Falle von Mitgliedern des Bundesrates ist dies die Bundeskanzlei, im Falle von ordentlichen Bundesrichterinnen und Bundesrichtern das Generalsekretariat des Bundesgerichts.

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Im Rahmen der Anhörung legte der Bundeskanzler Ende August 2020 die Vollzugspraxis der Bundeskanzlei näher dar. Mit dem Ziel, sich einen Gesamtüberblick über die Praxis der Bundeskanzlei und des Bundesgerichts zu verschaffen, hat die Finanzdelegation die EFK beauftragt, den Vollzug des Bundesgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung für die Jahre 2015 bis 2020 bei den zuständigen Stellen zu prüfen und ihr bis Mitte 2021 Bericht zu erstatten.

Punktuelle Anpassung der bestehenden Rechtsgrundlagen Die Finanzdelegation begrüsst den Beschluss des Bundesrats von Mitte 2020, die Einforderung nicht bezogener Ruhegehälter für Mitglieder des Bundesrates und für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die ab 1. Juli 2020 im Amt sind, auszuschliessen. Ehemalige Mitglieder des Bundesrats und ehemalige Bundeskanzlerinnen bzw. Bundeskanzler sowie ordentliche Bundesrichterinnen bzw. Bundesrichter werden vom Beschluss des Bundesrats allerdings nicht erfasst. Laut Bundeskanzler handelt es sich hierbei nur um sehr wenige Einzelfälle.

Überprüfung des Besoldungs- und Ruhegehaltssystems für Magistratspersonen Nach Auffassung der Finanzdelegation basiert die heutige Besoldungs- und Ruhegehaltsregelung auf veralteten Arbeitsmarkt- und Lebensbedingungen, berücksichtigt die seit 1989 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen nicht und ist für den Vollzug lückenhaft. Da die Finanzdelegation nicht über ein direktes Antragsrecht an das Parlament verfügt, beauftragte sie ihren Präsidenten ­ nach Rücksprache mit dem Präsidenten der Staatspolitische Kommission des Ständerates ­ im Ständerat ein Postulat (20.4099) einzureichen. Mit dem Postulat wird der Bundesrat beauftragt, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die geltende Besoldung und berufliche Vorsorge von Magistratspersonen durch eine moderne Gehaltsordnung mit beruflicher Vorsorge inkl. Hinterlassenenrente sowie allfälliger Abgangsentschädigung bis zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ersetzt werden könnten, welche weder systemische Ungereimtheiten mit dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) aufweist noch Schwierigkeiten im Vollzug bereitet. Der Bundesrat hat dabei mögliche Modelle zu prüfen und deren Vor- und Nachteile sowie finanziellen Konsequenzen aufzeigen.

Das Postulat wurde von den beiden
ständerätlichen Mitgliedern der Finanzdelegation mitunterzeichnet. Der Bundesrat beantragte Mitte November 2020 die Annahme des Postulats, der Ständerat überwies das Postulat Anfang Dezember an den Bundesrat.

4.3

Digitalisierung und Informatik

4.3.1

Digitale Transformation in der Bundesverwaltung

Seit über 12 Jahren ist die nähere Überwachung des Bereichs der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) des Bundes ein zentraler Schwerpunkt der Finanzdelegation. In den Jahren 2014 und 2015 richtete sie Empfehlungen zu grundsätzlichen Themen an den Bundesrat, deren Umsetzung sie jedes Jahr prüft. Sie forderte eine zentralere Führung und Steuerung der Informatik (Gouvernanz), die

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Einführung einer bundesweiten Geschäfts- und Informatik-Architektur und departementsübergreifenden Mittelfristplanung sowie die Anpassung von Rechtsgrundlagen (vgl. Übersicht im Anhang). In ihrem letzten Tätigkeitsbricht anerkannte sie, dass der Bundesrat die Wichtigkeit der Digitalisierung in der Bundesverwaltung erkannt, Prüfaufträge erteilt und in einzelnen Bereichen Änderungen beschlossen habe, insgesamt aber zu zögerlich auf die gewaltigen Herausforderungen der Digitalisierung reagiere (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 4.1.1).

Im 2020 hat der Bundesrat weitreichende Entscheidungen getroffen zur Stärkung der Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden im Bereich der digitalen Transformation (Digitale Verwaltung Schweiz, vgl. Kapitel 4.3.2) sowie der Lenkungs- und Steuerungsstruktur der IKT und Digitalisierung innerhalb der Bundesverwaltung. Zur letzteren beschloss der Bundesrat Mitte April die Eckwerte, präzisierte Mitte Juni deren Umsetzung und genehmigte Mitte November neue bzw. angepasste Rechtsgrundlagen. Die bisherige Verordnung über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung (BinfV) wurde per 1. Januar 2021 durch die neue Verordnung über die digitale Transformation und die Informatik (VDTI, SR 172.010.58) abgelöst.

Organisatorisches Kernelement der Neuausrichtung der digitalen Transformation der Bundesverwaltung ist der Bereich «Digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI)», der als Teil der Bundeskanzlei direkt dem Bundeskanzler unterstellt ist. Anfang Januar 2021 hat der Bereich DTI seine Tätigkeit aufgenommen. Er beschäftigt rund 65 Mitarbeitende und hat die zentralen Aufgaben des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB), welches Ende 2020 aufgelöst wurde, übernommen. Die Geschäftsstelle «Digitale Schweiz» aus dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) und die Fachstelle GEVER-Bund aus der Bundeskanzlei wechselten in den Bereich DTI. Die neue Einheit fungiert zugleich als Stabsstelle des neuen Bundesratsausschusses «Digitalisierung und IKT» und arbeitet eng mit der Generalsekretärenkonferenz (GSK) zusammen. Die GSK unterstützt die Bundeskanzlei bei der überdepartementalen Koordination und bei der Differenzbereinigung.

Die Finanzdelegation befasste sich im Berichtsjahr eingehend mit der Neuerung, führte mehrere Aussprachen mit dem Bundeskanzler,
Mitte November auch mit dem designierten Leiter des Bereichs DTI. Im Fokus der Diskussionen standen vor allem Fragen zu den Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der involvierten Stellen (Bundesrat, GSK, Digitalisierungsrat, Bundeskanzler und Leiter DTI), den Weisungsbefugnissen des Bundeskanzlers bzw. des Leiters DTI gegenüber den Departementen sowie die geplante Zusammenarbeit des Bereichs DTI in der Bundeskanzlei mit dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC, vgl. Kapitel 4.3.3) und dem Beauftragten von Bund und Kantonen für die Digitale Verwaltung Schweiz (DVS, vgl. Kapitel 4.3.2), beide im Generalsekretariat des EFD angesiedelt.

Die Finanzdelegation unterstützt die mit der Neuorganisation verfolgten Ziele, Geschäftsprozesse innerhalb der Bundesverwaltung besser aufeinander abzustimmen, Daten besser zu nutzen, IKT-Anwendungen möglichst wirtschaftlich und effizient einzusetzen sowie Entscheide rascher herbeizuführen. Sie stellt allerdings fest, dass mit der Neuorganisation weiterhin die Departemente und Ämter die wichtigsten Akteure der Digitalisierung in ihrem Zuständigkeitsbereich bleiben und damit Konflikte zwischen departementalen Einzelinteressen und den übergeordneten Interessen des 24 / 90

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Bundes auch weiterhin nicht ausgeschlossen werden können. Der Bereich DTI sorgt zwar für eine departementsübergreifende Sicht auf die Vorhaben, Mittel und Verwaltungsleistungen der digitalen Transformation und der IKT in der Bundesverwaltung und darf Vorgaben erlassen, eigene Digitalisierungsprojekte initiieren oder Vorhaben von Departementen und Ämtern unterstützen, verfügt aber über beschränkte Weisungsbefugnisse gegenüber den Departementen.

Grossen Wert legt die Finanzdelegation darauf, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Bereich DTI, dem NCSC und dem Beauftragten DVS reibungslos funktioniert.

Die neue Verordnung VDTI sieht vor, dass alle drei im Digitalisierungsrat, der den Bereich DTI berät, vertreten sind und eine gegenseitige Information und bestimmten Fällen auch Konsultation erfolgt.

Die Finanzdelegation begrüsst, dass der Bundesrat im Berichtsjahr mit der Neuorganisation einen mutigen Entscheid getroffen und diesen rasch umgesetzt hat. Die neu eingeführten Strukturen und Prozesse müssen allerdings erst noch den Praxistest bestehen und beweisen, dass sie geeignet sind, den Herausforderungen der digitalen Transformation zu begegnen und diesbezügliche Interessengegensätze innerhalb der Bundesverwaltung besser und schneller als bisher zu lösen. Die Delegation hält deshalb an ihren Empfehlungen, die sie in den Jahren 2014 und 2015 an den Bundesrat gerichtet hat, fest und wird deren weitere Umsetzung, die neu durch die Bundeskanzlei und den Bereich DTI erfolgt, mit wachem Auge weiterverfolgen.

4.3.2

Digitale Verwaltung Schweiz

Die Finanzdelegation verfolgt seit mehreren Jahren IKT-Projekte, die unter engem Einbezug der Kantone verwirklicht werden. Die föderale Struktur stellt eine grosse Herausforderung für die Umsetzung und den Betrieb solcher Systeme dar und hat in der Vergangenheit zu Projektabbrüchen oder komplexen, kostenintensiven Lösungen geführt. Gemäss einem Rechtsgutachten des BJ von Mitte Dezember 2011 mit dem Titel «Rechtsgrundlagen für die IKT-Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen» besteht zurzeit allerdings keine Verfassungsgrundlage für eine allgemeine Regelungskompetenz des Bundes gegenüber den Kantonen im IKT-Bereich.

Die Finanzdelegation hat den Bundesrat 2019 aufgefordert, die Einführung einer solchen Verfassungsnorm an die Hand zu nehmen. In seiner Antwort vom April 2020 betont der Bundesrat, dass die Digitale Transformation nur in enger Zusammenarbeit aller drei Staatsebenen gelingen könne. Die einseitige Schaffung einer neuen Regelungskompetenz des Bundes dürfte auf grossen Widerstand stossen. Der Bundesrat hat daher ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und den Rechtsetzungsbedarf ermitteln soll. Im Rahmen des Projektes «Digitale Verwaltung Schweiz» haben sich der Bundesrat und die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) für ein stufenweises Vorgehen und die Umsetzung der ersten Etappe entschieden. In einem ersten Schritt soll aus E-Government Schweiz und der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) bis 2022 die Digitale Verwaltung Schweiz (DVS) entstehen. Damit können bestehende Kräfte gebündelt werden. Zudem sollen die Anstrengungen beim Aufbau von nationalen Infrastrukturen und Basisdiensten für die digitale Verwaltung deutlich intensiviert werden. In einer zweiten 25 / 90

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Etappe wird die DVS bis 2025 evaluiert, der rechtliche Anpassungsbedarf für die verbindliche Standardsetzung erhoben und entsprechende Vorschläge erarbeitet.

Die neue Organisation «Digitale Verwaltung Schweiz» ist paritätisch aufgebaut und wird von Bund und Kantonen gemeinsam getragen und geführt. Sie wird vorerst als politische Plattform mit Standardentwicklung ausgestaltet und dem EFD unterstellt.

Die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Grundlagen der DVS werden durch eine Arbeitsgruppe von Bund und Kantonen im 2021 finalisiert und bis Ende Jahr verabschiedet. Der Beauftragte von Bund und Kantonen für die DVS nimmt am 1. März 2021 seine Arbeit auf.

Die digitale Transformation von Bund und Kantonen ist eine enorme Herausforderung. Die Finanzdelegation hat die Ausgestaltung der DVS kritisch aufgenommen, ebenso die mangelnde Weisungsbefugnis des Beauftragten. Sie wird die Umsetzung der DVS, die nächsten Schritte in Richtung einer Verfassungsgrundlage für eine erweiterte Regelungskompetenz des Bundes sowie die Zusammenarbeit des Beauftragten für die DVS mit dem Bereich DTI der Bundeskanzlei und dem NCSC des EFD (vgl. Kapitel 4.3.1) aufmerksam weiterverfolgen.

4.3.3

Cybersicherheit und Cyberabwehr

Die Finanzdelegation befasst sich seit 2015 mit der Cybersicherheit und Cyberabwehr des Bundes (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 4.1.3). Sie führt dazu regelmässig Aussprachen mit dem Vorsteher des EFD und der Vorsteherin des VBS.

Auch im Berichtsjahr war die Cybersicherheit und Cyberabwehr an vier Tagungen traktandiert. Mehrfach diskutiert wurde die Frage des Weisungsrechts des Delegierten des Bundes für Cybersicherheit. Die Finanzdelegation beurteilt ein solches als notwendig für eine effektive Cyberabwehr.

Mitte Februar diskutierte die Delegation den Stand der Cybersicherheit mit der Vorsteherin des VBS und dem Vorsteher des EFD, der vom Delegierten des Bundes für Cybersicherheit begleitet wurde. Die Vorsteherin des VBS präsentierte die Umsetzung in ihrem Departement. Wichtige Aufgaben bei der Cyberabwehr kommen der Armee und dem Nachrichtendienst zu, in technischer Hinsicht auch Armasuisse Wissenschaft + Technologie, welche einen Cyber-Defence Campus aufbaut. Die Aufbauarbeit im VBS liefen gemäss deren Vorsteherin gemäss Planung. Es gebe aber zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. In Bezug auf die Frage eines Weisungsrechtes des Delegierten hielt sie fest, dass das VBS ein Weisungsrecht als nicht notwendig erachte. Der Delegierte für Cyber-Sicherheit könne gar nicht über so viel Wissen verfügen, um in allen Bereichen der Verwaltung Weisungen erteilen zu können.

Wichtig sei eine gute Koordination. Der Delegierte des Bundes für Cybersicherheit hielt fest, dass er gewisse Weisungsbefugnisse benötige. Zum einen gehe es um die Möglichkeit, den Ämtern Vorgaben zur Cybersicherheit machen zu können, zum anderen darum, bei einem Cyber-Vorfall die Federführung zu übernehmen. Der Vorsteher EFD und der Delegierte für Cybersicherheit legten dar, dass der Bund auch mit dem Finanzplatz in engem Kontakt stehe. Als besonders anfällig betrachte man die Zahlungssysteme. Die Kontakte innerhalb der Verwaltung aber auch mit der Privatwirtschaft verliefen gut.

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Mitte Mai diskutierte die Finanzdelegation den Bericht über die Informatiksicherheit Bund 2019. Aus diesem ergibt sich, dass der Stand der Informatiksicherheit der aktuellen Bedrohung angemessen und auf vergleichbarem Niveau wie in ähnlichen staatlichen Organisationen und in der Privatwirtschaft ist. Um den Sicherheitsstandard zu halten und nachhaltig sicherzustellen, müssen insbesondere die Informatiksicherheitsvorgaben überall vollständig umgesetzt und kontrolliert werden. Ein gewisses Problem stellen die zu wenig vorgenommenen Kontrollen dar. Diskutiert wurde auch ein Bericht der EFK zu den Sicherheitsvorgaben in der Führungsunterstützungsbasis der Armee (FUB). Die EFK hatte festgestellt, dass die Umsetzung von Sicherheitsvorgaben länger dauerte als angenommen. Die FUB vertrat eine andere Auffassung als die EFK. Die Feststellungen der EFK haben Eingang in den Informatiksicherheitsbericht gefunden und der Bundesrat hat das VBS beauftragt, die Empfehlungen der EFK umzusetzen.

Ende Juni befasste sich die Finanzdelegation mit der vom Bundesrat erlassenen Cyberrisikenverordnung (CyRV, SR 120.73). Diese weist dem Delegierten des Bundes für Cybersicherheit vor allem koordinative Funktionen zu. Für die Finanzdelegation verfügt der Delegierte über zu wenig weitgehende Weisungsbefugnisse. Er darf nicht nur nachträglich auf einen Cyberangriff reagieren, sondern sollte auch präventiv einschreiten können.

Mitte November diskutierte die Finanzdelegation mit dem Vorsteher des EFD und dem Cyber-Delegierten eine Studie der Universität Oxford über die Cybersicherheit in der Schweiz. Der Vorsteher EFD und der Delegierte führten aus, dass die Sicherheit der Bedrohungslage angemessen sei, es aber noch Unterschiede bei den Leistungserbringern gebe. Die Erkenntnisse aus der Studie würden im Cyber-Ausschuss des Bundesrates diskutiert, der Bund sei allerdings nicht bei allen der gemachten Empfehlungen zuständig. Die Studie äussert sich nicht zu den Entscheidkompetenzen bei der Cyberabwehr. Der Delegierte hielt fest, dass seine Weisungskompetenzen zurzeit genügten. Die Frage werde aber ständig geprüft. Die Finanzdelegation beschloss, die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem Bericht weiterzuverfolgen.

Mitte Februar 2021 nahm die Finanzdelegation zwei Prüfberichte der EFK zur Kenntnis. Die erste Prüfung befasste sich mit
der Informatiksicherheit bei Gebäudesteuerungen und -automation (Domotik) von Bundesgebäuden. Gebäudesteuerungen sind ein Einfallstor für Cyberangriffe. Die EFK stellte fest, dass die Gebäudesysteme besser geschützt werden müssen. Das zuständige BBL wird die Empfehlungen der EFK umsetzen. Der zweite Bericht betraf die Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) über die Cybersicherheit bei Finanzdienstleistern. Ein Problem besteht darin, dass die Banken Cybervorfälle nur ungenügend an die FINMA melden.

Aus diesem Grund hat die FINMA eine aufsichtsrechtliche Mitteilung erlassen. Sie will die Empfehlungen der EFK umsetzen. Die Finanzdelegation ersuchte die beiden FK, die Thematik bei ihren Sitzungen zur Erreichung der strategischen Ziele der FINMA zu diskutieren.

Für die Finanzdelegation ist für eine erfolgreiche Digitalisierung der Schweiz unabdingbar, dass Cyberangriffen rasch und wirksam begegnet werden kann. Dazu müssen eine effiziente und effektive Organisation, wirksame Schutzmassnahmen sowie genügend Fachwissen vorhanden sein. Gefordert sind nicht nur die Bundesverwaltung,

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sondern angesichts der starken Vernetzung auch die Kantone, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Finanzdelegation wird den Aufbau der Cybersicherheit und -abwehr weiterhin verfolgen und insbesondere die Frage der Entscheidmechanismen mit den zuständigen Bundesratsmitgliedern erneut aufgreifen, sobald genügend Erfahrungen mit der Umsetzung der Cyberrisikenverordnung vorhanden sind.

4.3.4

Finanzoberaufsicht über IKT-Schlüsselprojekte

IKT-Schlüsselprojekte sind Informatikvorhaben der Bundesverwaltung, die aufgrund ihres finanziellen und personellen Ressourcenbedarfs, ihrer strategischen Bedeutung und Komplexität sowie ihrer Auswirkungen und Risiken eine verstärkte übergeordnete Führung, Steuerung, Koordination und Kontrolle erfordern. Der Bundesrat bestimmt, welche Vorhaben als Schlüsselprojekte geführt werden. Die EFK führt gestützt auf das FKG und die Weisungen des Bundesrates vom 16. März 2018 zu den IKT-Projekten in der Bundesverwaltung und zum IKT-Portfolio des Bundes regelmässige und systematische Prüfungen bei den IKT-Schlüsselprojekten durch.

Die Finanzdelegation konzentriert ihre Oberaufsicht auf die IKT-Strategie des Bundes und die vom Bundesrat definierten IKT-Schlüsselprojekte. Sie stützt sich dabei auf die halbjährlichen Statusübersichten zu den IKT-Schlüsselprojekten, die ihr der Bundesrat jeweils im Frühjahr und Herbst zustellt, auf die Prüfberichte der EFK sowie ihre eigenen Aussprachen mit den zuständigen Departementen.

Im vorliegenden Kapitel wird auf die Form der halbjährlichen Berichterstattung des Bundesrats sowie projektübergreifende Aspekte eingegangen. Diejenigen IKTSchlüsselprojekte, die im Berichtsjahr in der Finanzdelegation zu grösseren Diskussionen oder Beanstandungen Anlass gaben, werden in separaten Kapiteln dieses Berichts behandelt (vgl. Kapitel 5).

Die Schlüsselprojekte Ende 2020 wurden insgesamt 15 Informatikprojekte der zentralen Bundesverwaltung mit einem Volumen von über 6 Milliarden Franken als IKT-Schlüsselprojekte geführt.

Nicht mehr als Schlüsselprojekte geführt wird das Programm APS2020, da abgeschlossen, und das Projekt Voice-System der Armee, da die Projektziele weitgehend erreicht wurden. Die Leistungswertanalyse liegt bei der Mehrzahl der Projekte vor und kann als Steuerungs- und Reporting-Instrument eingesetzt werden. Die von der Finanzdelegation vorgeschlagene Präzisierung zur Leistungswertanalyse hat das ISB in die Weisung Berichterstattung über die IKT-Schlüsselprojekte des Bundes aufgenommen und per 15. Mai 2020 in Kraft gesetzt.

Risiko Personalressourcen Die Finanzdelegation stellte 2020 fest, dass in den Statusübersichten bei wichtigen Schlüsselprojekten unter den Top-Risiken oder Statusangaben oftmals auf die mangelnde Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal auf Seiten des Bundes und/oder auf dem Markt hingewiesen wurde. Zu Ressourcenengpässen ist es in den Projekt- und

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Stammorganisation sowie bei den internen und externen Leistungserbringern gekommen. Corona-bedingt ist es in der ersten Welle der Pandemie nur im Projekt ASALfutur zu einer ressourcenbedingten Verzögerung gekommen.

Der Bundesrat hat im September 2020 von der Statusübersicht für das erste Halbjahr 2020 Kenntnis genommen. Der Finanzdelegation teilte er mit, dass aus Sicht des Bundesrats derzeit keine zusätzlichen Massnahmen zur Sicherstellung des Projekterfolgs bei den Schlüsselprojekten notwendig sind.

Die Finanzdelegation teilte die Ansicht des Bundesrates nicht. Sie stellte vielmehr fest, dass in der Leistungswertanalyse per 30. Juni 2020 alle ausgewiesenen Werte zu den Terminen im «roten» Bereich liegen, d. h. Verzögerungen aufweisen. Bei mehreren Schlüsselprojekten sind fehlende Personalressourcen ein wiederkehrendes Problem.

Die Finanzdelegation erachtet zusätzliche Massnahmen als notwendig. Die Ressourcenplanung ist grundsätzlich und gerade auch unter den besonderen Rahmenbedingungen der Covid-19-Pandemie ein ausschlaggebendes Element für den Projekterfolg. Laut ISB konnten die Covid-bedingten Engpässe der ersten Welle in der Regel aufgefangen werden. Die zusätzlich erschwerenden Bedingungen unter Covid halten jedoch an und können die Situation weiter verschärfen.

Das Projekt ASALfutur ist in mehrfacher Hinsicht davon betroffen. Bereits im Juni 2020 schien eine Covid-19-bedingte Gefährdung des geplanten Projektabschlusses von ASALfutur vorzuliegen. Die Arbeitslosenkassen und das SECO sahen sich gezwungen, grosse Teile der internen Projektressourcen zur Krisenbewältigung abzuziehen. Zudem müssen die während der Covid-19-Pandemie vorgenommenen Änderungen, v. a. bei der Kurzarbeitsentschädigung, zusätzlich in der neuen Anwendung ASAL 2.0 nachvollzogen werden. Damit verändert sich der Projektumfang. Die für Ostern 2021 geplante Einführung des Gesamtsystems muss gemäss WBF um bis ein Jahr verschoben werden. Die Mehrkosten des Projektes könnten beträchtlich ausfallen.

Die Bedenken der Finanzdelegation beziehen sich auf alle IKT-Schlüsselprojekte und die damit verbundenen Covid-bedingten Verzögerungen sowie auf die Personalprobleme, welche bereits vor März 2020 bestanden haben. Die Finanzdelegation wies den Bundesrat darauf hin, dass sie übergeordnete Massnahmen angezeigt erachtet.

Mitte Februar
2021 legte der Bundesrat der Finanzdelegation dar, mit welchen Massnahmen die personelle Ressourcensituation und die personalbezogenen Risiken in den einzelnen IKT-Schlüsselprojekten bis Ende 2020 gesenkt werden konnten beziehungsweise im 2021 gesenkt werden sollen. Bedingt durch die Covid-19-Pandemie erfahren die Vorhaben ASALfutur, Werterhalt Polycom 2030 und SUPERB mehrmonatige Verzögerungen. Der Vorsteher des WBF bestätigte der Finanzdelegation im Februar, dass neben den personellen Ursachen vor allem der Einbau von durch die Covid-19-Krise bedingten temporären gesetzlichen Änderungen in das bestehende und parallel in das neue System zu einer Verschiebung des Einführungstermins von ASALfutur um rund ein Jahr und zu Mehrkosten von rund 1 Million Franken führen wird. Die Finanzdelegation ist der Meinung, dass die Ressourcenprobleme seit Jahren bestehen und nicht einfach auf die Covid-Krise zurückgeführt werden können. Die

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Finanzdelegation wird die Entwicklung im 2021 aufmerksam verfolgen und in Aussprachen den zuständigen Bundesratsmitgliedern sowie mit dem Bundeskanzler und dem Delegierten der Einheit DTI erörtern.

4.4

Beschaffungswesen Bund

4.4.1

Beschaffungscontrolling

Seit dem Jahr 2015 informiert der Bundesrat die Finanzdelegation jeweils jährlich im Herbst über die Beschaffungen des Bundes des Vorjahres. Gestützt auf den Bericht zum Beschaffungswesen der zentralen Beschaffungsstellen des Bundes und das Reporting Set Beschaffungscontrolling des EFD, die beide publiziert wurden, hat sich die Finanzdelegation auch 2020 ein Bild über die Beschaffungen der Bundesverwaltung gemacht. Sie hat die weitere Entwicklung des Controllings mit dem Vorsteher des EFD sowie einzelne Beschaffungsfragen mit der Vorsteherin des VBS besprochen und geklärt. Dabei stellte sich heraus, dass die Qualität des Controllings noch verbessert werden kann. Beim VBS zeigte sich an zwei erörterten Fragestellungen (Publikationspflicht bei freihändigen Vergaben, Leistungsumfang/Pflichtenheft), dass die Beschaffungen korrekt erfolgten, jedoch die statistische Erfassung fehlerhaft war.

4.4.2

Preisprüfung

Der sorgfältige Umgang mit Steuergeldern verlangt, dass diese sparsam und wirtschaftlich für die Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Hand eingesetzt werden.

Ziel von Preisprüfungen ist zu vermeiden, dass die Bundesverwaltung bei Beschaffungen ohne Wettbewerb zu hohe Preise bezahlt. Laut Beschaffungscontrolling vergibt die Bundesverwaltung Jahr für Jahr mehrere Hundert Aufträge über dem jeweiligen WTO-Schwellenwert, im Gesamtumfang von ca. 1 Milliarde Franken, freihändig an Unternehmen, das heisst ohne Wettbewerb und Konkurrenzdruck.

Gestützt auf die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB, SR 172.056.11) wird seit Jahrzehnten das Einsichtsrecht zwischen den Leistungserbringern und der Bundesverwaltung in den Verträgen vereinbart. Damit können die EFK oder die internen Revisionsstellen der Bundesämter treuhänderisch für die Beschaffungsstellen des Bundes die Preiskalkulation beim Anbieter vertieft überprüfen.

Aufgrund der Preisprüfung berichten sie dem beschaffenden Amt, ob eine Preiskorrektur angezeigt ist, weil das Monopol zum Nachteil des Bundes wirkt. Für den betroffenen Leistungserbringer ist die Überprüfung der Kalkulation und deren Resultat transparent und nachvollziehbar.

Die Vereinbarung des Einsichtsrechts hat einerseits eine präventive Wirkung bei den Monopolanbietern. Andererseits werden in den durchgeführten Preisprüfungen tatsächlich immer wieder nicht begründete Kostenpositionen in der Preiskalkulation gefunden. Steuergelder werden manchmal wegen unbegründet einkalkulierten Kosten pro Auftrag bis in Millionenhöhe ohne Gegenleistung ausgegeben. Der Blick ins Ausland zeigt, dass Preis- und Kostenprüfungen bei Auftragnehmern der öffentlichen Hand üblich sind. Im Verteidigungsbereich schlossen beispielsweise einige NATO30 / 90

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Staaten spezifische Vereinbarungen für die gegenseitige Amtshilfe bei Preis- und Kostenprüfungen ab. Solche Amtshilfeabkommen für die nationalen Preisprüfungsbehörden bestehen zwischen Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Kanada, Norwegen, Spanien und den USA.

Die jüngsten Beispiele sind zwei Preisprüfungen der EFK bei VBS-Projekten. Es wurden Preisreduktionen von insgesamt rund 9 Millionen Franken ermittelt. Die EFK prüft, ob die Preiskalkulation zu den konkreten Verträgen nachvollziehbar, verursachergerecht und angemessen erfolgte. Eine Preisprüfung gibt lediglich darüber Auskunft, ob die Auftragnehmerin nur tatsächliche und verhältnismässige Kosten in die Preiskalkulation eingerechnet hat und Dritten vergleichbare Leistungen zu gleichen Konditionen anbietet (Meistbegünstigungsklausel). Ob andere Anbieter die Leistung zu besseren Konditionen hätten anbieten können, beantwortet die Preisprüfung nicht.

4.4.3

Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen

Am 12. Februar 2020 hat der Bundesrat die revidierte VöB genehmigt und sie zusammen mit dem Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB, SR 172.056.1) auf den 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt. Er hat im Sinne der Finanzdelegation und der Finanzkommissionen die Preisprüfung (vormals Einsichtsrecht) als Kompromisslösung entsprechend der früheren Praxis in Artikel 24 der neuen VöB aufgenommen. Die Preisprüfung wurde als «Kann-»Vorschrift formuliert. Die Auftraggeberin entscheidet somit im konkreten Beschaffungsvorhaben, ob mit der Anbieterin ein Preisprüfungsrecht vertraglich vereinbart werden soll. Die Finanzdelegation begrüsst den Entscheid des Bundesrats im Interesse der Steuerzahlenden und der Finanzoberaufsicht ausdrücklich (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 4.2.2).

Im Parlament regte sich Widerstand, da es die Verankerung der Preisprüfung als zwingende Norm im neuen BöB abgelehnt hat. Auf die Motion Feller 20.3251 und die gleichlautende Motion Gapany 20.3266 («Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen. Artikel 24 aufheben, damit der Grundsatz "Pacta sunt servanda" gewahrt bleibt») antwortete der Bundesrat im August 2020 und beantragte die Ablehnung.

Weil das Einsichts- bzw. Preisprüfungsrecht schon immer eine vertragliche Vereinbarung war und auch in Zukunft sein soll, kann der Grundsatz «pacta sunt servanda» nicht verletzt sein. Bei Bedarf muss der wirtschaftliche Umgang mit den Bundesmitteln durch eine Preisprüfung gewährleistet werden können. Die «kann»-Formulierung erfüllt dieses Bedürfnis. Die Motion 20.3266 ist im Ständerat auf Grund eines Ordnungsantrags zur Vorberatung an die zuständige Sachbereichskommission überwiesen worden.

4.4.4

Beschaffungsstrategie

Ende 2017 hat die Finanzdelegation dem Bundesrat empfohlen, auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des totalrevidierten BÖB eine bundesweite Beschaffungsstrategie mit

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Stossrichtungen und Zielen zu beschliessen (vgl. Empfehlung im Anhang). Diese sollen den Beschaffungsstellen des Bundes als Rahmen für die Festlegung und Umsetzung ihrer eigenen operativen Ziele dienen. Die Umsetzung der Ziele wird mit dem strategischen Beschaffungscontrolling gesteuert und überprüft. Dieses soll nicht nur als Instrument für die Berichterstattung, sondern auch als Instrument der Führungsunterstützung genutzt werden.

Ende Oktober 2020 hat der Bundesrat in Erfüllung der Empfehlung der Finanzdelegation die «Beschaffungsstrategie der Bundesverwaltung ­ Umsetzungsstrategie zur Totalrevision des öffentlichen Beschaffungsrechts für die Strategieperiode 2021­ 2030» verabschiedet und veröffentlicht. Die Strategieperiode wird wie die Strategie Nachhaltige Entwicklung für den Zeitraum von 2021 bis 2030 festgelegt.

Die Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) und Koordinationskonferenz der Bauund Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) werden die Vorgaben des Bundesrates mit Empfehlungen und weiteren Instrumenten konkretisieren und unterstützen so die Beschaffung- und Bedarfsstellen des Bundes bei der Umsetzung der vorgegebenen Stossrichtung. Die Beschaffungs- und Bedarfsstellen leiten aus den Empfehlungen und Instrumenten ihre eigenen operativen Ziele ab. Sie sind für die Umsetzung und Erreichung der bundesrätlichen Zielsetzungen im Beschaffungswesens verantwortlich.

Die BKB und die KBOB werden jährlich die Überprüfung der Umsetzung der Ziele aus der Beschaffungsstrategie durch das strategische Beschaffungscontrolling sicherstellen. Bei Bedarf können weitergehende Empfehlungen und Instrumente der BKB und KBOB für das Folgejahr erlassen werden.

Die BKB und KBOB haben auch die regelmässige Berichterstattung im öffentlichen Beschaffungswesen gegenüber der Öffentlichkeit sicherzustellen und bis 2023 eine entsprechende Teilrevision der Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens in der Bundesverwaltung (Org-VöB, SR 172.056.15) zu erarbeiten.

Die Finanzdelegation stellte Mitte November 2020 fest, dass der Bundesrat die Massnahmen zur Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2017 weiter realisiert hat. Die Verordnung zum öffentlichen Beschaffungswesen ist revidiert und formell existiert eine Beschaffungsstrategie. Diese wird jedoch erst konkret durch die Vorgaben
der BKB und KBOB. Die Finanzdelegation sah keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, will jedoch die Umsetzung und Konkretisierung der Strategie (Empfehlungen und Instrumente der BKB und KBOB) abwarten, bevor sie über eine Abschreibung ihrer Empfehlung beschliesst.

4.5

Corporate Governance

Gestützt auf verschiedene Feststellungen der EFK im Zusammenhang mit Prüfungen bei RUAG und Skyguide ersucht die Finanzdelegation den Bundesrat, in den strategischen Zielen für die verselbständigten Einheiten explizit festzuhalten, dass regelmässig Prüfungen der Informatiksicherheit durchzuführen sind.

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Im Sinne der Eignerstrategie muss es ein Anliegen des Bundes sein, insbesondere bei den kritischen Infrastrukturen konkrete Ziele zur Informatik- und Cyber-Sicherheit festzulegen. Die Verwaltungsräte der verselbständigten Einheiten werden damit stärker in die Verantwortung genommen und eine effektive Überprüfung durch die Revisionsgesellschaften ermöglicht. Die Finanzdelegation denkt bei der Informatiksicherheit als strategisches Ziel für verselbständigte Einheiten in erster Linie an Einheiten wie die RUAG oder die Skyguide, aber auch an die SBB und Swisscom.

Der Bundesrat erklärte gegenüber der Finanzdelegation, dass das angesprochene Thema auch für den Bundesrat ein wichtiges Anliegen ist. Er steuert das Management von Risiken, Sicherheit und Compliance in bundesnahen Unternehmen mit einem eigenen strategischen Ziel, das als Standard auf die internationale Norm ISO 31000 (Risikomanagement) verweist. Die Norm ist umfassend und deckt alle Risikokategorien ab. Die strategischen Ziele sollen den obersten Führungsorganen der bundesnahen Unternehmen die wesentlichen Leitplanken vorgeben, während ihnen möglichst umfassende unternehmerische Verantwortung übertragen bleibt. Wenngleich das strategische Ziel zum Risikomanagement bei Skyguide und der Schweizerischen Post AG um eine Vorgabe der Normen ISO 19600 bzw. 37301 erweitert wurde, ist der Bundesrat der Auffassung, dass in den strategischen Zielen auf weitere, differenzierende Managementnormen nur mit grosser Zurückhaltung referenziert werden soll.

Der Bundesrat hat die Steuerung der Informationssicherheit bei den Einheiten Swisscom, SBB, Post, Skyguide und BGRB Holding (RUAG) abgeklärt und festgestellt, dass diese bereits heute Informationssicherheitssysteme (ISMS) nach internationalen Normen besitzen. So sind die ISMS von Swisscom, SBB und Post nach dem einschlägigen Standard ISO 27001 zertifiziert und der Bundesrat geht davon aus, dass sie auch jährlich mindestens einmal extern und intern geprüft werden.

4.5.1

Entflechtung RUAG

Das Rüstungsunternehmen RUAG wird in eine RUAG MRO Schweiz, welche primär für die Schweizer Armee als Materialkompetenzzentrum arbeitet, und in eine RUAG International, in welche die zivilen Teile wie die zivile Luft- und Raumfahrttechnik (RUAG Space) eingebracht werden, aufgespaltet. Die organisatorische Trennung wurde am 1. Januar 2020 vollzogen; die vollständige rechtliche und finanzielle Entflechtung des RUAG Konzerns wird sich bis Ende 2021 hinziehen. Für die Finanzdelegation ist wichtig, dass der Bund als Eigner eine starke Stellung gegenüber der RUAG einnimmt und die Bundesinteressen mit Bestimmtheit vertritt. Sie verfolgt die finanzielle Entflechtung sowie den Verkaufs- und Liquidationsprozess bei RUAG International aufmerksam. Ein spezielles Augenmerk richtet sie auf die Frage, wohin die Verkaufserlöse fliessen, wenn einzelne Teile verkauft werden (siehe Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.5.1). Die Entflechtung liegt in der Verantwortung des VBS und des EFD bzw. der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Diese hat die Federführung für die Geschäfte im Bereich der RUAG International Holding AG. Die Finanzdelegation hat sich daher von den Vorstehern beider Departemente sowie dem Direktor der EFV über den Stand der Entflechtung sowie den Gefahren und Möglichkeiten dieses Vorganges informieren lassen.

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Prüfauftrag an die EFK Am 8. Juni 2020 ersuchte die Finanzdelegation die EFK, die Entflechtung der RUAG mit Fokus auf deren finanzielle Abwicklung zu prüfen. Namentlich soll geklärt werden, ob die Desinvestitionen/Reinvestitionen und Finanzflüsse bei RUAG MRO Holding AG bzw. RUAG International Holding AG der Zielsetzung des Bundesrates entsprechen, ob die Splittingkosten nachvollziehbar und wirtschaftlich sind und ob die Bundesinteressen bei der Bilanzspaltung gewahrt bleiben. Die EFK nahm den Auftrag an und erstattete der Finanzdelegation im November 2020 einen Zwischenbericht. Zu diesem Zeitpunkt hielt die Finanzdelegation Aussprachen mit dem VBS sowie dem EFD bzw. der EFV zum aktuellen Stand der Arbeiten.

Im Dezember 2020 erfolgte eine Meldung der EFK nach Artikel 15 Absatz 3 FKG an den Bundesrat über besondere Vorkommnisse bei der RUAG. Die RUAG hat umgehend reagiert und die Mängel an einer Immobilie mit einem Notfallkonzept und weiteren Massnahmen gesichert.

An der Sitzung im Februar 2021 nahm die Finanzdelegation vom Prüfbericht der EFK zur Entflechtung der RUAG Kenntnis. Die Prüfung der EFK ergab, dass die Bundesinteressen bei der Bilanzspaltung gewahrt sind und das Entflechtungsprojekt nachvollziehbar und wirtschaftlich umgesetzt wird. Das gilt auch für die Splittingkosten.

Die Ausführung der Desinvestitionen und der Finanzflüsse sind unter Kontrolle, entsprechen jedoch nicht den Vorgaben in den strategischen Zielen. Weder investierte die RUAG International in die Bildung einer Aerospace-Gruppe noch schüttete sie eine Sonderdividende aus. Aufgrund der angespannten Liquiditätslage der RUAG International werden die Desinvestitionserlöse temporär als Liquiditätsreserve im Unternehmen gehalten. Denn zum Erhalt ihrer Zahlungsbereitschaft benötigt die RUAG International eine Kreditlinie von 392 Millionen Franken, für deren Gewährung die Banken Garantien verlangten. Diese hat die BGRB Holding am 17. April 2020 abgegeben. Sie laufen bis 31. Dezember 2021. Weil die BGRB Holding AG mit ihrem Vermögen dafür haftet, besteht zum aktuellen Zeitpunkt noch eine finanzielle Abhängigkeit zwischen der RUAG International und der RUAG MRO. Würde die Garantie in Anspruch genommen werden, müsste auf die Substanz der RUAG MRO zurückgegriffen werden. Der Bundesrat passte die Vorgaben für die Weiterentwicklung
der RUAG International am 18. Dezember 2020 an die aktuellen Verhältnisse an. Mangels Handlungsoptionen verzichtete die EFK auf eine Empfehlung.

Die Finanzdelegation liess sich zudem vom VBS über Immobilien informieren, welche nötigenfalls zur Liquiditätserhöhung beitragen könnten. Die Finanzdelegation wird die Entflechtung der RUAG auch weiterhin eng begleiten.

4.5.2

Swisscom AG

Die Finanzdelegation beauftragte die EFK im 2018, eine Prüfung des Risikomanagementsystems der Swisscom AG durchzuführen. Sie verband den Prüfauftrag mit der Auflage, dass die EFK die Prüfung mit der gebotenen Sensibilität, unter Beachtung der aktien- und börsen- bzw. kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen und Wahrung der Vertraulichkeit potenziell kursrelevanter Informationen durchführt sowie ihre Abklärungen nicht zu einer Ungleichbehandlung der Aktionäre führen dürfen.

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Die Finanzdelegation hat die Prüfbefugnisse der EFK gegenüber der Swisscom AG mehrfach diskutiert. Das UVEK und die Swisscom äusserten gegenüber der Finanzdelegation Bedenken vor allem aktien- und börsen- bzw. kapitalmarktrechtlicher Natur. Die Finanzdelegation zeigte Verständnis für die besondere Situation der Swisscom AG als börsenkotierter Publikumsgesellschaft. Sie anerkannte, dass es für das Unternehmen schwerwiegende Folgen haben könnte, wenn im Rahmen der Prüfung der EFK sensible Informationen an die Öffentlichkeit gelangen würden. Eine Sistierung zwecks Präzisierung und Anpassung der gesetzlichen Grundlagen lehnte die Finanzdelegation jedoch ab, da sie die geltenden Bestimmungen als ausreichend erachtete, um den Schutz der berechtigten Interessen der Swisscom AG zu gewährleisten.

Vor der Überweisung des Berichts an die Finanzdelegation hat die EFK den Verwaltungsrat der Swisscom AG auf seine Pflicht aufmerksam gemacht, die Öffentlichkeit und damit alle Aktionäre über die Prüfungsergebnisse zu informieren, falls der EFKBericht potentiell kursrelevante Tatsachen enthalten würde. Diese sogenannte «Ad hoc Publizität» (gemäss Art. 53 des Kotierungsreglements von SIX) hat nicht stattgefunden; ein Zeichen, dass die EFK über keine solche Tatsachen berichtet hat.

Den Prüfbericht der EFK hat die Finanzdelegation im April 2020 beraten. Die EFK hält in ihrem Bericht u. a. fest, dass das Risikomanagementsystem der Swisscom AG während 10 Jahren nie Gegenstand einer Prüfung der Internen Revision der Swisscom war. Die EFK hatte den von der Swisscom geforderten Rahmenbedingungen zur Durchführung der Prüfung zugestimmt. Normalerweise toleriert die EFK derartige Einschränkung nicht, weil sie die unabhängigen und objektiven Prüfhandlungen beeinflussen.

Berichte, welche die EFK im Auftrag der Finanzdelegation verfasst, gelten als Kommissionsunterlage und unterstehen dem Kommissionsgeheimnis gemäss Artikel 47 ParlG. Sie sind dem Anwendungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes entzogen (vgl.

Art. 4 BGÖ [SR 152.3] in Verbindung mit Art. 47 ParlG). Eine Veröffentlichung solcher Prüfberichte bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der Finanzdelegation. Sie hat beschlossen, dass der Prüfbericht im vorliegenden Fall nicht veröffentlicht wird.

Die Finanzdelegation hat den Bericht zur Kenntnisnahme den Finanz- und
Geschäftsprüfungskommissionen (Oberaufsichtskommissionen) für deren gemeinsame Subkommissionssitzung, an welcher die Erreichung der strategischen Ziele der Swisscom Gegenstand ist, zukommen lassen. Der Bericht untersteht auch dort dem Kommissionsgeheimnis. Insbesondere sollte die FK-N die Motion Ettlin vom 27. September 2019 (19.4371 «Keine Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle bei teilprivatisierten Unternehmen des Bundes») in Kenntnis des Prüfberichts der EFK zum Risikomanagement der Swisscom AG beraten.

Stellungnahme zur Motion Ettlin 19.4371 Zur Stossrichtung der Motion Ettlin (19.4371) hat sich die Finanzdelegation ebenfalls geäussert. Sie wies darauf hin, dass bei einer Annahme der Motion nicht nur die Reichweite der Prüfbefugnisse der EFK als oberster Rechnungskontrollbehörde des Bundes beschnitten, sondern gleichzeitig auch diejenige der Finanzoberaufsicht der Finanzkommissionen, der Finanzdelegation und des Parlaments ohne Not und unverhältnismässig eingeschränkt würde. Denn gemäss Artikel 26 Absatz 2 ParlG übt die 35 / 90

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Bundesversammlung die Oberaufsicht über den Finanzhaushalt im Bereich von Artikel 8 des FKG aus. Gemäss Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e FKG sind der Finanzaufsicht durch die EFK Unternehmungen unterstellt, an deren Stamm-, Grund- oder Aktienkapital der Bund mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist. Wird die Finanzaufsicht der EFK eingeschränkt, ist der Finanzoberaufsichtsbereich der Finanzdelegation und der Finanzkommissionen ebenfalls betroffen. Die Finanzdelegation ist daher aus finanzaufsichtsrechtlichen und -politischen Überlegungen klar der Ansicht, dass der Bund bei allen Unternehmen, an denen er kapitalmässig mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist, Kontrollen durchführen können muss. Die Motion Ettlin 19.4371 wurde in der Folge vom Nationalrat am 30. Oktober 2020 abgelehnt.

4.5.3

PostFinance

Gemäss Postorganisationsgesetz (POG, SR 783.1) darf PostFinance keine Kredite und Hypotheken an Dritte vergeben. Aufgrund der seit 2008 anhaltenden Tiefzinsphase ist die Ertragskraft von PostFinance stark zurückgegangen und wird ohne Gegenmassnahmen weiter schrumpfen. Dadurch vermindern sich sowohl der Unternehmenswert als auch die Fähigkeit von PostFinance, Eigenkapital aufzubauen oder Dividenden auszuschütten. Die Finanzierung der Grundversorgung wird erschwert.

Der Bundesrat führte 2020 eine Vernehmlassung zur Teilrevision des POG durch. In der Vernehmlassungsvorlage sollte PostFinance der Zugang zum Kredit- und Hypothekarmarkt gewährt werden, umfangmässig beschränkt auf diejenigen Kundeneinlagen, welche PostFinance aufgrund des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr zufliessen. Gestützt auf die Stellungnahmen der Vernehmlassung hat der Bundesrat im Januar 2021 entschieden, zusätzlich die Kontrollmehrheit der Post (und damit indirekt die des Bundes) an PostFinance abzugeben und dennoch die von der FINMA geforderten zusätzlichen Eigenmittel als (indirekte) Eigentümerin zuzusichern, damit im Konkursfall eine verbleibende Eigenmittellücke gedeckt wird. Diese Zusicherung soll zeitlich und betragsmässig begrenzt sein und zu marktüblichen Bedingungen abgegolten werden.

Die Privatisierung von PostFinance bedeutet gleichzeitig deren Herauslösung aus dem Postkonzern. Dies setzt eine Revision der Bestimmungen zur Grundversorgung im Postgesetz (PG, SR 783.0) voraus. Eine Expertengruppe erhielt vom UVEK den Auftrag, Vorschläge für die künftige Ausgestaltung der Grundversorgung mit Postdiensten und mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs sowie deren Finanzierung auszuarbeiten. Der Bundesrat hat das UVEK beauftragt, ihm bis Ende 2021 die Ergebnisse der Expertengruppe vorzulegen und, in Absprache mit dem EFD (EFV), Antrag zum weiteren Vorgehen zu stellen. Im Austausch mit den Aufsichts- und Sachbereichskommissionen, welche sich ebenfalls mit der PostFinance beschäftigen, und anhand von Aussprachen mit den Vorstehenden von UVEK und EFD hat die Finanzdelegation die Weiterentwicklung der PostFinance beobachtet. Für die begleitende Finanzoberaufsicht bestand bis anhin kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Die weitere Entwicklung und die geplanten Teilrevisionen des POG sowie des PG wird die Finanzdelegation enger begleiten. Dabei wird die Absicht des Bundesrates, die von der

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FINMA geforderten zusätzlichen Eigenmittel als (indirekte) Eigentümerin zuzusichern, von besonderem Interesse sein.

5

Schwerpunktthemen pro Departement

5.1

Behörden und Gerichte (B+G)

5.1.1

Anwaltskosten des Bundesanwalts

Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) eröffnete im Mai 2019 ein Disziplinarverfahren betreffend den Bundesanwalt. Aus der veröffentlichten Verfügung der AB-BA vom 2. März 2020 wurde der Entscheid des Bundesanwalts bekannt, dass alle Mitarbeitenden der Bundesanwaltschaft (BA), welche als Auskunftspersonen durch die AB-BA befragt wurden, auf Kosten der BA einen Rechtsvertreter mandatieren konnten. Weiter hat der Bundesanwalt entschieden, der AB-BA hingegen nicht mitgeteilt, dass er die Frage der Bezahlung seiner eigenen Anwaltskosten der Finanzdelegation unterbreite und bis zum Entscheid darüber die BA seine Anwaltskosten übernehme, d. h. vorschiesse.

Ein entsprechendes Ersuchen war bei der Finanzdelegation nie eingegangen. Sie wäre auch nicht zuständig gewesen, ein solches Gesuch zu behandeln oder in der Sache zu entscheiden. Zur Klärung dieses spezifischen Sachverhalts hörte die Delegation den Bundesanwalt sowie die AB-BA an. Der Bundesanwalt erklärte, dass er den Vorschuss zurückzahlen werde und die Kostenfrage vor Gericht geklärt werde. Die ABBA informierte die Finanzdelegation in der Folge über ihre Feststellungen betreffend die Rückzahlung des Vorschusses.

5.1.2

Bundeskanzlei: IKT-Schlüsselprojekt «Realisierung und Einführung GEVER-Bund (GENOVA)

Die Finanzdelegation befasst sich seit 2013 mit dem Geschäftsverwaltungssystem der Bundesverwaltung (GEVER Bund). Die Realisierung und Einführung eines einheitlichen GEVER erfolgt im Rahmen des Programms GENOVA (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.1.1). Das Projekt wird von der Bundeskanzlei geführt, die Umsetzung erfolgt in den Departementen.

Die Finanzdelegation führte im Berichtsjahr zwei Aussprachen mit einer Vertretung der für das Projekt federführenden Bundeskanzlei. Sie nahm zur Kenntnis, dass das Programm, welches lange Zeit mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, inzwischen gut vorankommt und voraussichtlich innerhalb der vorgesehenen Kosten von 150 Millionen Franken abgeschlossen werden kann. Der Betrieb beim Leistungserbringer ISCeco lief Ende 2020 stabil. Die in der Botschaft zum Verpflichtungskredit GEVER (15.062, BBl 2015 6963) aufgeführten Einsparungen bei den Betriebskosten können laut Bundeskanzlei voraussichtlich erreicht werden. Bei den hypothetisch angenommenen 30 000 Nutzerinnen und Nutzern sollen während zehn Betriebsjahren jährlich 18,4 Millionen Franken eingespart werden. Ein gewisses Problem stellt die Akzeptanz bei Nutzern dar, welche das System nicht oft nutzen müssen. Dem Problem 37 / 90

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wird mit Aus- und Weiterbildungsmassnahmen und einer gewissen Vereinfachung der Benutzeroberfläche begegnet. Auch die elektronische Abgabe der Dokumente an das Bundesarchiv war Ende 2020 auf gutem Wege.

Ein wichtiges Anliegen der Finanzdelegation ist die Abstimmung mit den Programmen DaziT und SUPERB. Laut Bundeskanzlei ist diese sichergestellt. Ein koordiniertes Vorgehen bei DaziT und GENOVA wurde vereinbart.

Für die Finanzdelegation ist zentral, dass die Bundesverwaltung angesichts der doch hohen Kosten das System in der vorgesehenen Weise nutzt und die Einsparungen bei den Betriebskosten realisiert werden. Genutzt werden muss GEVER aber auch als Instrument für die Umsetzung der Digitalisierung der Bundesverwaltung. Corona-bedingt ergaben sich Verzögerungen bei der Einführung im EDA-Inland von sechs Monaten. Noch offen ist die vollständige Einführung in den Auslandvertretungen des EDA sowie im Bereich Verteidigung des VBS. Die Finanzdelegation wird das Programm GENOVA bis zu dessen vorgesehenen Abschluss im Jahre 2021 weiter begleiten.

5.2

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

5.2.1

Expo 2020 in Dubai

Die Finanzdelegation begleitet seit 2016 alle Teilnahmen der Schweiz an internationalen Veranstaltungen, für die Kosten von mehr als 10 Millionen Franken anfallen.

Sie ersucht in diesen Fällen das zuständige Departement darum, ein detailliertes Budget vorzulegen und ihr regelmässig Zwischenberichte zukommen zu lassen. Die Delegation wird dementsprechend jedes Jahr über den Projektstand und alle budgetrelevanten Risiken informiert. Da für die Präsenz der Schweiz an der Weltausstellung in Dubai ein Zahlungsrahmen von 14,84 Millionen Franken veranschlagt wurde, ist dieses Projekt Gegenstand einer solchen Begleitung durch die Finanzdelegation.

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Einschränkungen erstellte das EDA zuhanden der Finanzdelegation einen ausserordentlichen Zwischenbericht über die Risikolage per Anfang März 2020. Die Ausgaben für die Expo in Dubai beliefen sich bislang auf 5,6 Millionen Franken. 2,7 Millionen Franken waren für den Bau des Pavillons vorgesehen. Ende 2019 waren 920 000 der anvisierten 1,15 Millionen Franken an Sponsoringeinnahmen erreicht.

Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden mehrere internationale Grossveranstaltungen verschoben. Die Olympischen Spiele in Tokio und die Expo 2020 in Dubai wurden ins Folgejahr verlegt. Der Bundesrat bekräftigte am 29. April 2020 die Absicht der Schweiz, an diesen beiden Grossereignissen teilzunehmen. Die zusätzlichen Kosten belaufen sich auf 1,5 Millionen Franken für den Schweizer Pavillon in Dubai. Der Zahlungsrahmen für die Schweizer Teilnahme an der Expo stieg dadurch von 14,84 Millionen auf 16,34 Millionen Franken. Der Bundesrat teilte mit, dass die zusätzlichen Kosten innerhalb des EDA kompensiert werden und dass alle Sponsoren ihr Interesse an einer Teilnahme im Jahr 2021 bestätigt haben.

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Die Finanzdelegation thematisierte an ihrer Septembersitzung mit dem Vorsteher des EDA die finanziellen Auswirkungen der Verschiebung dieser beiden Veranstaltungen ins Jahr 2021. Sie nahm in diesem Zusammenhang Kenntnis vom vierten Zwischenbericht zum Schweizer Pavillon für die Expo in Dubai (Stand 30. Juni 2020), aus dem hervorgeht, dass die zusätzlichen 1,5 Millionen Franken für Mehrkosten in den Bereichen Unterhalt, Bau und Lohn benötigt werden. Die Sponsoren haben zugesichert, dass sie den Pavillon trotz der Verschiebung der Expo und der ungünstigen Wirtschaftslage mit den ursprünglich vorgesehenen Mitteln unterstützen werden. Die Sponsoringeinnahmen belaufen sich insgesamt auf 4,3 Millionen Franken. Als Ziel für die externe finanzielle Unterstützung wurden ursprünglich 7,5 Millionen Franken anvisiert.

Nach den heftigen Reaktionen auf eine Partnerschaft mit einem grossen Zigarettenhersteller wurde das Reglement für das Veranstaltungssponsoring vom EDA überarbeitet. Die Finanzdelegation nahm an ihrer Sitzung von Februar 2021 Kenntnis von den neuen Weisungen des EDA zur Zusammenarbeit mit Sponsoren. Diese treten 2021 in Kraft und gelten für die Zentrale in Bern, das gesamte Aussennetz und die Beteiligung der Schweiz an internationalen Grossveranstaltungen. Die Beziehungen zwischen dem EDA und den Veranstaltungssponsoren sind nun also global geregelt.

Diese Weisungen wurden vom Bundesrat am 18. Dezember 2020 zusammen mit der internationalen Kommunikationsstrategie gutgeheissen. Der Bundesrat kann dadurch nun auf alle Departemente dieselben Regeln anwenden.

Aufgrund der vom EDA erhaltenen Informationen erkannte die Finanzdelegation keinen Handlungsbedarf für die Finanzoberaufsicht. Sie wird sich 2021 weiterhin regelmässig über die Entwicklungen in diesem Dossier informieren lassen.

5.2.2

Prüfung von Bau- und Sanierungsprojekten im Ausland

Gemäss dem Bericht der EFK zur «Prüfung des Gesamtsanierungsprojekts Kanzleigebäude Washington» (Prüfbericht 19383) beim EDA und beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) stiegen die Projektkosten zwischen 2015 und 2018 von rund 7 auf 14 Millionen Franken. Aus dem Vorhaben einer Teilrenovation wurde eine Gesamtrenovation. Im Rahmen des Nachtrags I zum Voranschlag 2020 wurden zudem 6 Millionen Franken für die Aufstockung des Verpflichtungskredites zur Gesamtsanierung des Kanzleigebäudes der Schweizer Botschaft in Washington, D.C, bewilligt. Ursächlich für diese Aufstockung waren finanzielle und bausektorielle Faktoren. Die Gesamtkosten der Arbeiten werden demnach aktuell auf 20 Millionen Franken geschätzt.

Die Finanzdelegation stellte an ihrer Sitzung von September 2020 fest, dass aus der ursprünglich geplanten leichten Sanierung der Botschaft eine Gesamtsanierung wurde, wodurch sich das Budget verdreifachte. Auf Ersuchen der Finanzdelegation klärte die EFK mit dem BBL ab, ob eine Anpassung des Projekts noch möglich ist.

Da die Sanierungsarbeiten schon zu weit fortgeschritten sind, nahm sie Kenntnis davon, dass das Projekt nicht mehr ­ auch nicht teilweise ­ in Frage gestellt werden kann.

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Die EFK beabsichtigt jedoch, nach Abschluss der Bauarbeiten eine rückblickende Prüfung der Budgets und der effektiven Kosten vorzunehmen. Anhand dieser Prüfung wird die Delegation sehen, ob daraus Lehren für andere Projekte in Schweizer Auslandvertretungen gezogen werden können. In den Augen der Delegation ist es nicht annehmbar, dass die Kosten bei künftigen Bau- oder Sanierungsprojekten im Ausland derart zunehmen wie beim Kanzleigebäude in Washington, D.C.

Die Sanierungsarbeiten sollten noch bis 2022 andauern. Sobald die rückblickende Prüfung der EFK vorliegt, wird sich die Finanzdelegation erneut mit diesem Dossier befassen.

5.2.3

Flaggenstaatpolitik und Strategie «Schweizer Flagge 2020+»

Die Finanzdelegation tauschte sich an ihrer Sitzung von September 2020 mit dem Vorsteher des EDA über die Zukunft der Schweizer Hochseeschifffahrt, über die Zusammenarbeit zwischen dem Schweizerischen Seeschifffahrtsamt (SSA) und dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) sowie über die Situation des in Nigeria festsitzenden Schiffs «San Padre Pio» aus (zu den Bürgschaften für die Schweizer Hochseeflotte im Allgemeinen siehe Kapitel 5.7.4).

Die Zukunft der Schweizer Hochseeflotte ist Gegenstand einer externen Untersuchung, in deren Rahmen verschiedene Szenarien geprüft werden und eine vollständige Analyse der politischen und wirtschaftlichen Aspekte einer Schweizer Handelsflotte vorgenommen wird, welche die Vorteile, Chancen und Risiken aufzeigt. Die Finanzdelegation nahm Kenntnis davon, dass das entsprechende Gutachten und das dazugehörige Aussprachepapier dem Bundesrat im zweiten Quartal 2021 vorliegen dürften.

Dieser verfügt dann über die notwendigen Informationen, um innert nützlicher Frist einen begründeten Entscheid zu treffen.

Das SSA und das BWL haben unterschiedliche Aufgaben und Zuständigkeiten. Dennoch ist eine enge Zusammenarbeit der beiden Ämter unerlässlich für einen effektiven Umgang mit dem Dossier. Nach Kenntnis der Finanzdelegation wurde die Zusammenarbeit nach der Analysesitzung einer Subdelegation der Finanzdelegation beim SSA im Herbst 2019 weiter verbessert. Die Teilnahme der Leiterin der Direktion für Völkerrecht des EDA an den Sitzungen des Lenkungsausschusses der Krisenorganisation Hochseeschiffe hat sich bewährt. Damit die Verantwortlichkeiten der Einheiten nicht vermischt werden, nimmt sie lediglich als Gast ohne Stimmrecht an diesen Sitzungen teil. Das SSA ist ­ ebenfalls mit Gaststatus ­ sowohl im Lenkungsausschuss als auch in der Projektorganisation Krisenmanagement Hochseeschiffe vertreten.

Die Finanzdelegation informierte sich beim Vorsteher des EDA über die Situation rund um das Schiff «San Padre Pio», das seit Januar 2018 von den nigerianischen Behörden festgehalten wird. Obwohl im März 2020 erneut gerichtlich bestätigt wurde, dass die Anschuldigungen bezüglich des Schiffs, der Besatzung und der Ladung unbegründet sind, hindert Nigeria das Schiff weiterhin am Verlassen des Landes. Der Vorsteher des EDA teilte mit, dass das Hauptverfahren vor dem Internationalen Seegerichtshof weitergeht. Mit einem Urteil sei frühestens in zwei Jahren zu rechnen.

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Die lange Festsetzung der «San Padre Pio» führte zu einem Erwerbsausfall der Eignergesellschaft des Schiffs. Diese war deshalb nicht mehr in der Lage, der kreditgebenden Bank die geschuldeten Zinsen und Amortisationen zu bezahlen. Aus diesem Grund zog die Bank die Bürgschaft. Zusätzliche Mittel von 4 Millionen Franken wurden im Rahmen des Nachtrags II zum Voranschlag 2020 dafür beantragt.

Die zunehmende Zahl von Schweizer Schiffen, die in Häfen im Bereich des Memorandum of Understanding (MoM) von Paris (Europa, Kanada und Russland) vorübergehend festsitzen, erhöht die Gefahr, dass die Schweiz auf die Liste der Länder gesetzt wird, deren Schiffe ein erhöhtes Risiko darstellen (schwarze Liste). Eine solche Herabstufung würde für den gesamten Bereich des MoM von Paris gelten. Zur Vermeidung dieses Schrittes, der allen Schiffen unter Schweizer Flagge schaden und das Risiko des Bundes, weitere Bürgschaftsverpflichtungen erfüllen zu müssen, erhöhen würde, verabschiedete der Bundesrat am 11. September 2020 eine Änderung der Verordnung über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe (SR 531.44). Sollte die Schweizer Flagge auf die schwarze Liste kommen, können die Schiffe, für deren Finanzierung der Bund bürgt, unter einer geeigneten ausländischen Flagge fahren. Die Schweiz behält in diesem Fall ihr vorrangiges Pfandrecht.

5.3

Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)

5.3.1

Covid-19: Corona-Erwerbsersatz, Kultur, Arzneimittel und Impfleistungen

Corona-Erwerbsersatz Am 23. März 2020 genehmigte die Finanzdelegation einen dringlichen Nachtragskredit (Voranschlagskredit) von 4 Milliarden Franken zur Ausrichtung von Entschädigungen an Personen, welche im Zusammenhang mit dem Coronavirus einen Erwerbsausfall erleiden (vgl. Kapitel 2.1). Zusammen mit einem zusätzlichen Nachtragskredit von 1,3 Milliarden Franken, den das Parlament in der Sondersession Anfang Mai 2020 bewilligte, standen im 2020 insgesamt 5,3 Milliarden Franken für die Auszahlung von Corona-Erwerbsersatzleistungen zur Verfügung. Bis Ende 2020 wurden gut 2,2 Milliarden Franken an Leistungen ausbezahlt.

Die Finanzdelegation diskutierte im Berichtsjahr gestützt auf zweimonatliche Standberichte des BSV¸ Aussprachen mit dem Vorsteher des EDI sowie Zwischenberichten der EFK vor allem den Vollzug durch die Ausgleichskassen, die Ausgestaltung der Missbrauchsbekämpfung sowie Fragen zur Praxis der Selbstdeklaration.

Die Finanzierung der Corona-Erwerbsersatzentschädigung erfolgt durch den Bund und wird nachschüssig ausbezahlt. Zuständig für deren Auszahlung sind die 84 AHVAusgleichskassen inkl. Zweigstellen. Da es sich bei der Einführung um eine neue Entschädigung handelte, mussten innert kürzester Zeit neue Verfahren, Formulare, Merkblätter sowie die notwendigen Anpassungen in den Prozessen sowie in den ITProgrammen der Ausgleichskassen entwickelt werden.

Damit die Abwicklung der Leistungen schnell und unbürokratisch erfolgen kann, basiert das automatisierte Verfahren auf Selbstdeklaration der Gesuchstellenden und bei 41 / 90

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den Ausgleichkassen bereits vorhandene Daten. Um das Missbrauchsrisiko zu minimieren, greifen auf Stufe Ausgleichkassen bei der elektronischen Anmeldung und dem internen Verfahren erste Plausibilitätsprüfungen. Das BSV als Aufsichtsbehörde lässt die korrekte Bearbeitung, Berechnung und Auszahlung der Corona-Erwerbsersatzentschädigungen im Rahmen von Revisionen nachträglich prüfen.

Einen wesentlichen Beitrag leistet die EFK. Im Fokus stehen dabei systematische Datenanalysen; dafür standen ihr bis Ende 2020 über 1 Million Datensätze zur Verfügung. Sie meldet allfällige Befunde an das BSV zur weiteren Abklärung mit den betroffenen Kassen. Insgesamt hat die EFK rund 350 Fälle dem BSV zur Abklärung übermittelt.

Die Finanzdelegation nimmt positiv zur Kenntnis, dass bisher wenige Fälle Auffälligkeiten aufwiesen und sich der Grossteil davon nach weiteren Abklärungen als korrekt herausstellte.

Die Anspruchsbasis, der Kreis der Anspruchsberechtigen und die Bedingungen für die Ausrichtung des Erwerbsersatzes veränderten sich im Verlaufe des Berichtsjahrs mehrfach. Sie wurden vom Parlament im Covid-19-Gesetz präzisiert (Erwerbstätigkeit musste aufgrund von Massnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Epidemie unterbrochen oder massgeblich eingeschränkt werden). Ebenso wurde die Covid-19-Verordnung Erwerbsersatz seit Frühjahr 2020 mehrfach angepasst.

Im September 2020 nahm die Finanzdelegation zur Kenntnis, dass der Corona-Erwerbsersatz für gewisse Personengruppen bis Mitte 2021 weitergeführt werden soll.

Als stossend erachtete sie dabei die Praxis, dass der Corona-Erwerbsersatz basierend auf Selbstdeklaration mit einmaligem Antrag geleistet wird und die Verlängerung ausserdem erfolgt, solange der Leistungsbezüger nicht schriftlich einen Verzicht auf diese Entschädigung angemeldet hat. Eine stillschweigende Weiterführung der Leistung ohne Antrag bzw. periodische Überprüfung der Anspruchsberechtigung widerspricht nach Auffassung der Finanzdelegation dem Grundsatz der Sparsamkeit, der den Bundesrat und die Verwaltung vor allem verpflichtet, die Mittel des Bundes wirksam und wirtschaftlich einzusetzen. Der Bundesrat berücksichtigte das Anliegen der Finanzdelegation, dass die Anspruchsvoraussetzungen in regelmässigen Zeitabständen überprüft werden müssen und präzisierte, dass die AHV-Ausgleichskassen
zu diesem Zweck Stichproben selbst vornehmen oder durch externe Sachverständige vornehmen lassen können. Zudem müssen Leistungen für bestimmte Gruppen der Anspruchsberechtigten für jeden einzelnen Monat neu beantragt werden.

Unterstützung des Kulturbereichs Am 23. März 2020 genehmigte die Finanzdelegation ein dringliches Nachtragskreditpaket (Voranschlagskredit) von 280 Millionen Franken für Soforthilfe an die Kultur (vgl. Kapitel 2.1), den das Parlament nachträglich bestätigte. Bis Ende 2020 wurden knapp 200 Millionen Franken des Kredits beansprucht.

Die Unterstützung des Kulturbereichs durch den Bund erfolgte in zwei Phasen. Bis Ende September 2020 konnten Betroffene Kulturunternehmen, Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich gestützt auf die damals gültige «Covid-Verordnung Kultur» Gesuche einreichen. Mit dem Covid-19-Gesetz legte das Parlament im Herbst 42 / 90

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sektorspezifische Massnahmen für den Kulturbereich fest, die der Bundesrat in der Covid-19-Kulturverordnung präzisiert hat.

Die Finanzdelegation befasste sich im Berichtsjahr gestützt auf zweimonatliche Standberichte des Bundesamts für Kultur (BAK), Zwischenberichte der EFK sowie Aussprachen mit dem Vorsteher des EDI vor allem mit dem Vollzug und der Vermeidung von Missbrauch. Die Finanzdelegation nahm zur Kenntnis, dass sich die Auszahlung von Finanzhilfen im Verlaufe des Berichtsjahrs stabilisiert hat. Bis Ende 2020 lag ein einziger Missbrauchsfall (Doppelbezug Solidarbürgschaft und Kulturdarlehen) vor und ein weiterer Verdachtsfall (Belegfälschung) befand sich in Abklärung.

Angesichts des überschaubaren Missbrauchsrisikos will sie die weitere Entwicklung im 2021 mit einer gewissen Distanz begleiten und sich vom Vorsteher des EDI mündlich informieren lassen.

Beschaffung von Arzneimitteln, Impfstoffen und Finanzierung von Impfleistungen Am 14. April 2020 genehmigte die Finanzdelegation zwei dringliche Nachtragskredite (Voranschlagskredite) des Bundesamts für Gesundheit: 65 Millionen Franken für die Beschaffung von Arzneimitteln und 10 Millionen Franken zur Unterstützung der Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur schnellen Erforschung und Entwicklung eines zukünftigen Covid-19-lmpfstoffes (vgl. Kapitel 2.1). Aufgrund von Kreditverschiebungen standen dem BAG im 2020 rund 30 Millionen Franken für die Arzneimittelbeschaffung zur Verfügung. Der Bund kauft die Arzneimittel nur im Ausnahmefall direkt ein, handelt aber mit den Lieferfirmen die Mengen und Preise aus und stellt ihnen dafür eine entsprechende Abnahmegarantie aus. Im 2020 wurden Abnahmegarantien im Umfang von 10,4 Millionen Franken unterzeichnet und Zahlungen von insgesamt 2,9 Millionen Franken geleistet. Ende 2020 bestand eine genügend grosse Reserve an Covid-Arzneimitteln für die zweite Welle.

Um sicherzustellen, dass keine Missbräuche entstehen können, müssen die Lieferfirmen dem Bund mit der Endabrechnung der unverkauften Ware eine Übersicht zukommen lassen, auf welcher sämtliche Verkäufe mit Angabe der Empfänger ersichtlich sind. Die Finanzdelegation stellt fest, dass das Missbrauchsrisiko gering ist.

Die Finanzdelegation befasste sich im Berichtsjahr gestützt auf zweimonatliche Standberichte des BAG, Zwischenberichte
der EFK sowie Aussprachen mit dem Vorsteher des EDI vor allem mit der Beschaffung von Impfstoffen. Die Armeeapotheke im VBS erbringt im Auftrag des BAG die logistischen Leistungen der Covid19-Impfstoffe. Die dafür benötigten Mittel (rund 0,8 Milliarden Franken) waren durch den Voranschlagskredit 2020 von 2 Milliarden Franken für die Beschaffung von Sanitätsmaterial abgedeckt (vgl. Kapitel 5.5.1). Ende 2020 hatte der Bund Zahlungen von rund 190 Millionen Franken getätigt.

Der Bund übernimmt diejenigen Kosten für Impfungen, die nicht von den Sozialversicherungen übernommen werden. Anfang Februar 2021 dehnte er den Kreis der Personen aus, die sich in der Schweiz kostenlos gegen das Coronavirus impfen lassen können. Mit dem Voranschlag 2021 hat das Parlament einen Zahlungskredit von 33 Millionen Franken gesprochen.

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5.3.2

Beschaffungen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

Die EFK führte im Frühjahr 2020 eine Prüfung der Beschaffungen und der entsprechenden Beschaffungsverträge durch, welche das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zwischen 2016 und 2019 mit der Universität Bern, einem seiner wichtigsten Lieferanten, abgeschlossen hatte. Die Beschaffungsorganisation und -prozesse wurden dabei ebenfalls überprüft.

Die Einhaltung der Beschaffungsprozesse und die Verringerung der Anzahl freihändiger Vergaben beschäftigen die Finanzdelegation seit mehreren Jahren. Sie nahm an ihrer Sitzung vom November 2020 Kenntnis vom Bericht der EFK und tauschte sich diesbezüglich mit dem Vorsteher des EDI aus.

Aufgrund des immer komplexer werdenden öffentlichen Beschaffungswesens und der erforderlichen spezifischen Kompetenzen war im BLV 2016 eine Reorganisation durchgeführt und eine zentralisierte Gruppe Beschaffung und Verträge ins Leben gerufen worden. Seit 2018 gibt es ein regelkonformes Ausschreibungsverfahren für Forschungsprojekte. Dies führte zu bedeutenden Veränderungen im Beschaffungswesen.

In den Augen der EFK muss die positive Wirkung jedoch gestärkt werden.

Das BLV akzeptierte die sechs Empfehlung der EFK vorbehaltlos. Gemäss einer dieser Empfehlungen sollen die am Beschaffungsprozess beteiligten Personen aller Hierarchiestufen für die Verpflichtung zur Unbefangenheit sensibilisiert werden. Bei Interessenkonflikten müssen die betroffenen Personen in den Ausstand treten. In der Schweiz sind im Bereich der Veterinärmedizin nur wenige Fachleute tätig. Diese kennen sich oft und bilden somit einen engen Personenkreis. Eine andere Empfehlung betrifft die Evaluationsberichte, bei denen auf eine stärkere Transparenz zu achten ist (die Beurteilung der Zuschlagskriterien ist zu dokumentieren und zu begründen). Bei der Analyse der Verträge waren verschiedene formelle und materielle Mängel zutage getreten. Dies belegt, dass die Vertragsvorlagen überarbeitet werden müssen, womit das BLV bereits begonnen hat.

Die im BLV festgestellten Mängel sind dem Departement bekannt. Wie der EFK mitgeteilt wurde, erarbeitet das Bundesamt derzeit die notwendigen Massnahmen, die 2021 umgesetzt werden dürften. Der entsprechende Bericht wurde im Dezember 2020 veröffentlicht.

Aufgrund der erhaltenen Informationen sieht die Finanzdelegation derzeit keinen Handlungsbedarf. Sie wird sich erneut mit den Beschaffungen des BLV befassen, wenn die EFK eine Folgeprüfung durchgeführt hat.

5.3.3

Verfahrenseffizienz von Health Technology Assessment

Unter Health Technology Assessments (HTA) versteht man die systematische Evaluation der medizinischen Verfahren und Technologien. HTA sind ein wichtiges Instrument, um zu ermitteln, welche Produkte und Behandlungen unwirksam, ungeeignet oder unwirtschaftlich sind. Diese Produkte und Behandlungen werden dann aus dem 44 / 90

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Leistungskatalog der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) gestrichen oder ihre Vergütung wird zumindest eingeschränkt.

Die Finanzdelegation befasste sich an ihrer Sitzung von Juni 2020 mit dem Bericht «Verfahrenseffizienz von Health Technology Assessments» der EFK über deren Audit beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Herbst 2019. Die EFK hält darin fest, dass das BAG zu wenig Gebrauch macht von diesem Verfahren, welches darin besteht, die medizinischen Leistungen im Hinblick auf die Verringerung der Kosten im Gesundheitsbereich regelmässig zu überprüfen. Der Bundesrat bezeichnete die HTA in seiner 2013 veröffentlichten Gesamtstrategie «Gesundheit2020» als vielversprechendes Instrument zur Kostendämpfung und hielt Kosteneinsparungen von bis zu 220 Millionen Franken pro Jahr für möglich. Sieben Jahre später kommt die EFK allerdings zum Schluss, dass keines der gesetzten Ziele erreicht wurde.

Die Finanzdelegation nahm bei der Prüfung des Berichts zur Kenntnis, dass das BAG das maximal mögliche, jährliche Einsparpotenzial der 15 damals laufenden HTA nach wie vor auf 602 Millionen Franken einschätzte. Dieser Wert wurde aber komplett verfehlt, vielmehr fielen für die Lancierung der Verfahren Kosten von jährlich 5 bis 6 Millionen Franken an. Die EFK formuliert in ihrem Bericht daher mehrere Empfehlungen. Eine der Empfehlungen von hoher Priorität lautet, für das HTA-Programm jährliche Einsparziele zu setzen.

Die Finanzdelegation besprach dieses Dossier an ihrer Sitzung von November 2020 mit dem Vorsteher des EDI. Dieser erklärte, die 2015 gestartete Pilotphase habe gezeigt, dass für die Entwicklung der HTA Fachwissen benötigt werde. 2016 habe der Bundesrat deshalb beschlossen, im Jahr 2017 eine spezialisierte HTA-Abteilung zu schaffen. Zwischen 2015 und 2019 wurden 29 Themen ausgewählt und 12 HTABerichte erstellt, von denen drei in den zuständigen Kommissionen beraten wurden.

In zwei dieser Berichte wurden keinerlei Änderungen hinsichtlich der Vergütung von Leistungen vorgeschlagen, zum dritten Bericht wurden zusätzliche Abklärungen verlangt.

Das BAG beschloss, die von der EFK vorgeschlagenen Massnahmen dort umzusetzen, wo es ihm sinnvoll erscheint, um so das Verfahren deutlich zu beschleunigen.

Der Vorsteher des EDI teilte mit, dass das BAG und das EDI häufig mit Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht konfrontiert sind. Die betroffenen Parteien machten von ihrem Recht Gebrauch, Einsicht in die Dossiers zu nehmen, und verzögerten so den Evaluations- und Entscheidprozess. Die Finanzdelegation nahm Kenntnis davon, dass die Schweiz mit ihrer Desinvestmentstrategie, unwirksame oder ineffiziente Leistungen von der Liste der OKP-Leistungen zu streichen, bei den HTA eine internationale Pionierrolle innehat und wenig internationale Berichte existieren, die eins zu eins übernommen werden können. Das BAG wird das HTA-Programm im Jahr 2023 neu bewerten.

Die Finanzdelegation hat beschlossen, sich erneut mit diesem Dossier zu befassen, wenn die EFK die Umsetzung ihrer Empfehlungen überprüft hat.

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5.3.4

Subvention für die Milchprüfung

Das Labor Suisselab AG kontrolliert seit mehreren Jahren im Auftrag der nationalen Milchproduzenten- und Milchverwerterorganisationen die Milchqualität. Zweimal im Monat werden in rund 20 000 Betrieben Stichprobenkontrollen durchgeführt. Der Bund kann sich gemäss der Milchprüfungsverordnung (MiPV, SR 916.351.0) im Rahmen der bewilligten Kredite an der Finanzierung der Milchprüfung beteiligen.

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) befasste sich im Frühjahr 2019 auf Ersuchen des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) mit der Subventionierung der Milchprüfung und überprüfte die Subventionen an die Suisselab AG aus den Jahren 2016 und 2017. Die EFK stellte fest, dass sich mehr als 1,9 Millionen der 6,6 Millionen Franken an Subventionen, die in diesen beiden Jahren ausbezahlt wurden, nicht durch zulässige Ausgaben rechtfertigen lassen. Der Empfehlung der EFK, die zu viel bezahlten Subventionen zurückzuverlangen, wird das BLV Rechnung tragen.

Die EFK empfahl dem BLV zudem, die Milchprüfung über einen Pauschalbetrag abzugelten, um so die Aufsicht zu vereinfachen. Dabei soll die Höhe des Beitragssatzes so festgelegt werden, dass sich die Milchwirtschaft in signifikantem Masse beteiligt.

Zudem soll der Nachweis der Kosten für die Milchkontrolle auf transparente und zuverlässige Weise geregelt werden. Das BLV muss regelmässig überprüfen können, ob der Pauschalbetrag den tatsächlichen Kosten entspricht. Das Bundesamt akzeptierte diese Empfehlung, die seinen Bestrebungen entspricht, im Zusammenhang mit dem Bundesbeitrag an die Kosten für die Milchprüfung einerseits den rechtlichen Voraussetzungen für die Subventionsgewährung zu entsprechen und andererseits den Kontrollaufwand zu reduzieren. Die Suisselab AG war mit der grundsätzlichen Forderung der EFK nach einer einfacheren Finanzierung der Milchprüfung einverstanden, zweifelte allerdings einzelne Aussagen der EFK zu den Verwaltungskosten und zur übermässigen Abschreibung an.

Die Finanzdelegation nahm an ihrer Sitzung von Februar 2020 Kenntnis vom Bericht der EFK und begrüsste die darin enthaltenen Empfehlungen. Im März ersuchte sie die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben per Schreiben, bei der Vorberatung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+, 20.022s) eine Vereinfachung der Abgeltung der Milchkontrolle durch Pauschalbeiträge
unter Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenleistung der Milchwirtschaft zu unterstützen.

Das Parlament hatte sich in der Wintersession 2017 im Rahmen der Beratungen zum Voranschlag 2018 entgegen dem Antrag des Bundesrates dafür ausgesprochen, die Milchprüfung weiterhin zu unterstützen. Der Bundesrat möchte deshalb im Entwurf zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes (Entwurf LwG) eine explizite gesetzliche Grundlage für die finanzielle Unterstützung der Milchprüfung schaffen (siehe Art. 41 Abschnitt 4a [Beitrag an die Milchprüfung]). In Artikel 41 Absatz 2 Entwurf LwG ist eine Ausrichtung der Beiträge in Form von Pauschalbeträgen an die nationalen Milchproduzenten- und Milchverwerterorganisationen vorgesehen. Die Anforderungen und das Verfahren für die Gewährung der Beiträge sollen durch den Bundesrat festgelegt werden.

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5.4

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)

5.4.1

IKT-Schlüsselprojekt Fernmeldeüberwachung (FMÜ)

Das Programm zum Ausbau und Betrieb des Verarbeitungssystems zur Fernmeldeüberwachung sowie der polizeilichen Informationssysteme des Bundes ist seit 2014 ein Schlüsselprojekt des Bundes. Das Informatik Service Center EJPD (ISC-EJPD) hat die Federführung für dieses Projekt, das am 1. Januar 2016 gestartet wurde und dessen Gesamtkosten auf 129,9 Millionen Franken geschätzt werden (Stand 30.6.2020).

Ziel dieses IKT-Projekts ist es, potenzielle Lücken in der bestehenden und künftigen Überwachung des Fernmeldeverkehrs zu vermeiden und die Überwachung qualitativ zu verbessern.

Die Finanzdelegation nahm an ihrer Sitzung vom November 2020 davon Kenntnis, dass die Gesamtplanung des Projekts infrage gestellt ist und die Fristen nicht eingehalten werden können. Der ursprünglich für 2021 geplante Abschluss ist neu für Mitte 2024 vorgesehen. Die Schwierigkeiten sind in einem Projekt darauf zurückzuführen, dass sich Menge und Struktur der Daten gegenüber der Konzeptionierung deutlich verändert haben. Ansonsten sind die Verzögerungen auf verschiedene technische und organisatorische Gründe zurückzuführen.

Der Risikowert dieses Projekts war Ende Juni 2020 der höchste aller IKTSchlüsselprojekte des Bundes. Dies war bereits im vorangehenden Halbjahresbericht (Stand 31.12.2019) der Fall. Seither ist der Gesamtwert leicht gesunken dank der verbesserten Situation im Projekt P2020 zum modularen und ausbaufähigen Echtzeitüberwachungs- und -bearbeitungssystem.

Die Finanzdelegation nahm in der Aussprache mit der Vorsteherin EJPD im Februar 2021 zudem zur Kenntnis, dass sich die per Ende Juni 2020 ausgewiesenen TopRisiken nicht realisiert hatten, dass aber per Ende 2020 eine Budgetüberschreitung gedroht hatte. Der ursprünglich errechnete finanzielle Mehrbedarf von 1 Million Franken war auf 10 Millionen gestiegen. Dieser Mittelbedarf ist zurückzuführen auf die schon bekannten Probleme wie auch eine Fehlberechnung und die mangelnde Verfügbarkeit interner Ressourcen beim Informatikleistungserbringer ISC-EJPD und beim Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr. Überprüfungen und Massnahmen wurden bereits in die Wege geleitet, damit sich das Projekt möglichst im Rahmen der Neuplanung von Ende 2020 entwickelt.

Die Finanzdelegation wird sich bei ihrer nächsten Aussprache mit der Vorsteherin des EJPD mit der Entwicklung des Projekts befassen.

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5.5

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

5.5.1

Covid-19: Beschaffung medizinischer Güter und Unterstützung des Sports

Beschaffung von wichtigen medizinischen Gütern Um eine drohende Versorgungslücke zu verhindern, beauftragte der Bundesrat zu Beginn der Corona-Pandemie die in der Gruppe Verteidigung angesiedelte Armeeapotheke mit der Beschaffung wichtiger medizinischer Güter (Einweghandschuhe, Ganzkörperschutzanzüge, Beatmungsgeräte sowie Test- und Labormaterial, etc. und Defibrillatoren) für das Gesundheitswesen. Die Armeeapotheke hielt bis dahin lediglich Sanitätsmaterial für die Armee sowie Arzneimittel für Armee und Bundesverwaltung vorrätig. Die Bevorratung von Schutzmasken oder Pandemiematerial für das Gesundheitswesen und die Bevölkerung war nicht vorgesehen. Die Beschaffungen der Armeeapotheke erfolgen auf Vorgabe des Bundesamts für Gesundheit (BAG), das seinerseits für die Beschaffung von Arzneimitteln (Medikamenten) zuständig ist.

Die Finanzdelegation liess sich im Rahmen der zweimonatlichen Berichterstattung des VBS und Aussprachen mit der Vorsteherin des VBS über den Stand der Versorgungssicherheit, die Beanspruchung und Verwendung der Kredite sowie die Rückerstattung der Beschaffungskosten durch die Kantone, die gemeinnützigen Organisationen sowie Dritte informieren.

Im März und April 2020 genehmigte die Delegation dringliche Voranschlagskredite im Umfang von 1,05 Milliarden Franken für die dringende Beschaffung von Sanitätsmaterial (vgl. Kapitel 2.1). Mit den in der Folge vom Parlament zusätzlich gesprochenen Krediten standen der Armeeapotheke im 2020 Mittel im Umfang von gut 2 Milliarden Franken zur Verfügung. Bis Ende 2020 wurden davon lediglich 618 Millionen Franken beansprucht, die hauptsächlich für die Beschaffung von Masken, Covid-19Impfstoffen und Beatmungsgeräten verwendet wurden.

Mitte Januar 2021 beschloss der Bundesrat, für die Beschaffung von Impfstoffen und Sanitätsmaterial im 2021 rund 410 Millionen Franken des Kreditrests von 2020 auf das neue Jahr zu übertragen. Für den Eingang überjähriger Verpflichtungen beantragte der Bundesrat dem Parlament mit der Botschaft betreffend den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 (21.007) einen Verpflichtungskredit von 500 Millionen Franken zur Beschaffung von Impfstoffen (400 Millionen Franken) und Sanitätsmaterial (100 Millionen Franken).

Bis Anfang Februar 2021 hat der Bund mit insgesamt fünf Impfstoffherstellern Verträge für die Lieferung von rund
33 Millionen Impfdosen abgeschlossen, um sicherzustellen, dass der Bevölkerung auch bei Lieferschwierigkeiten genügend Impfdosen eines zugelassenen Impfstoffs zur Verfügung stehen.

Ende 2020 bestand für die wichtigsten Schutzmaterialien kein Engpass und die Beschaffungssituation für Schutzmaterialien war stabil. Zur Erfüllung ihres Auftrages musste die Armeeapotheke jedoch logistische Leistungen ausbauen oder neu erbringen und die Lagermöglichkeiten erweitern. Die Lagerbewirtschaftung ist eine Herausforderung, da die Lagerung von medizinischen Produkten wie persönlichem

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Schutzmaterial, Test- und Laborutensilien oder Beatmungsgeräten spezifischer Voraussetzungen bedarf und die Ablaufdaten der Güter je nach Qualität der Produkte variiert. Qualitätsprobleme konnten nicht vermieden werden.

Die EFK stellte im Herbst fest, dass sich die Migration des bestehenden SAP-Systems der Armeeapotheke ins SAP-System der Gruppe Verteidigung verzögert, weil die Mitarbeitenden der Armeeapotheke durch die Beschaffungen stark beansprucht waren. Damals konnte die Logistikbasis der Armee (LBA) nicht nachweisen, dass für 2020 an allen Standorten, Lagerorten und Lagerplätzen der Armeeapotheke eine Inventur durchgeführt wird. Die EFK konnte hingegen im Rahmen der Prüfung zur Staatsrechnung bereits feststellen, dass die Inventarisierung vervollständigt wurde.

Der Wert der Lagerbestände muss allenfalls noch angepasst werden. Das GS VBS bestätigte die rechtzeitige SAP-Integration und die zeitnahe Behebung des Ressourcenengpasses.

Die Kosten für die zentrale Beschaffung werden vom Bund vorfinanziert. Die Kantone, die gemeinnützigen Organisationen sowie Dritte erstatten dem Bund so rasch wie möglich die Einkaufskosten zurück. Der Bund trägt die Kosten für die Lieferung der beschafften Güter an die Kantone und diese die Kosten für die Weiterverteilung innerhalb des Kantons. Die Finanzdelegation legte ein besonderes Augenmerk auf die Rückerstattung an den Bund. Bis Ende 2020 wurden rund 85 Prozent der Rechnungen im Umfang von knapp 45 Millionen Franken termingerecht bezahlt. Die Finanzdelegation stellte fest, dass die Zahlungsmoral bei privaten Bezügern am höchsten war.

Die Finanzdelegation hat die Medienberichte zu den Maskenbeschaffungen der Armeeapotheke sowie öffentliche und interne Informationen des VBS im Februar 2021 zur Kenntnis genommen. Die GPK werden im Jahr 2021 die Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Beschaffungen überprüfen. Die Finanzdelegation geht unter diesen Umständen von keinem unmittelbaren Handlungsbedarf für die Finanzoberaufsicht aus. Sie wird sich vom VBS informieren lassen.

Massnahmen im Bereich des Sports Die Einschränkungen im Zusammenhang mit Covid-19 wirken sich stark nachteilig auf den Sport aus. Der Bundesrat und das Parlament haben im Berichtsjahr verschiedene Finanzhilfen zur Abfederung dieser Auswirkungen beschlossen. Diese sollen eine nachhaltige
Schädigung der Schweizer Sportstrukturen verhindern, den Trainings- und Wettkampfbetrieb des professionellen und semiprofessionellen Sports unterstützen und die Förderung des Breiten- und Leistungssport gewährleisten.

Im März bewilligte die Finanzdelegation als Nothilfe zwei dringliche Voranschlagskredite im Umfang von 100 Millionen Franken für A-fonds-perdu-Finanzhilfen im Bereich des Breitensports und Darlehen für den professionellen Sport (vgl. Kapitel 2.1). Die Finanzdelegation stellte fest, dass die als Nothilfe gedachten Mittel nur zu einem geringen Teil beansprucht wurden. Finanzhilfen im Umfang von 46,7 Millionen Franken wurden an Swiss Olympic ausbezahlt, zur Verwendung im Rahmen des Stabilisierungspakets «Breiten-/Leistungssport sowie leistungsorientierte Nachwuchsförderung». Die regelmässige Berichterstattung des VBS über die von Bundesrat und Parlament beschlossenen weiteren Massnahmen im Bereich des professionellen und semiprofessionellen Mannschaftssports sowie von Jugend und Sport (J+S) haben für die Finanzdelegation keinen Handlungsbedarf ergeben. Sie verzichtet 49 / 90

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deshalb auf eine weitere regelmässige Berichterstattung und wird die Entwicklung ab 2021 bei Bedarf mit der Vorsteherin des VBS im Rahmen von Aussprachen thematisieren.

5.5.2

Top-Projekte des VBS

Die Finanzdelegation begleitet grosse Projekte des VBS seit Jahren (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.5.2) und diskutiert sie mit der Vorsteherin des VBS im Rahmen von Aussprachen. Als Grundlage stehen der Finanzdelegation jeweils die halbjährliche Statusübersicht über die IKT-Schlüsselprojekte (vgl. Kapitel 4.3.4), die halbjährlich nachgeführte Liste der Top-Projekte des VBS sowie allfällige Prüfberichte der EFK zur Verfügung. Insbesondere die Liste der Top-Projekte erweist sich als nützliches Instrument für die parlamentarische Begleitung der Projekte des VBS. Sie weist die Beurteilung aus Sicht des Projektleiters bzw. des Projektauftraggebers in den Bereichen «Ziele», «Finanzen», «Personal», «Zeit» und «Risiken» auf.

In Umsetzung einer Empfehlung der SiK-N überarbeitete das VBS die Liste der TopProjekte und setzte die Änderungen im ersten Semester 2020 um. Es werden nun mehr Projekte und zusätzliche Parameter festgehalten. Die Periodizität für die Nachführung der Liste der Top-Projekte wurde an das Reporting der IKT-Schlüsselprojekte angepasst.

Die Aussprache der Finanzdelegation mit einer Vertretung des VBS fand im November 2020 statt. Es wurden einzelne Projekte vertieft diskutiert. Die Finanzdelegation stellte fest, dass das Projekt 12cm-Mörser 16 kein gutes Beispiel für eine beschleunigte Beschaffung ist. Wenn in früheren Stadien gewisse Schritte ausgelassen werden, müssen diese vor der Feststellung der Truppentauglichkeit nachgeholt werden. Für beschleunigte Beschaffungen will das VBS daher neue Prozesse definieren. Beim Projekt Werterhalt des geländegängigen Lastwagens 4x4 DURO I kommt es laut VBS zu einer zeitlichen Verzögerung des Gesamtprojektes um rund zwei Jahre. Ein wichtiger Grund dafür ist die Verpflichtung eines neuen Motorenherstellers, nach Lieferschwierigkeiten beim ursprünglichen Lieferanten. Das ehemalige Munitionslager der Armee in Mitholz wurde an der Aussprache ebenfalls angesprochen. Kurz nach der Aussprache mit dem VBS hat der Bundesrat die Räumung der Anlagen sowie der Ortschaft Mitholz beschlossen. Die finanzielle Dimension wird die Finanzdelegation im 2021 diskutieren.

Neu in die Liste der Top-Projekte des VBS aufgenommen ist das Programm Air2030.

Zwei Projekte daraus sind von besonderem Interesse für die Politik sowie Öffentlichkeit: das neue
Kampfflugzeug (NKF) und die Bodengestützte Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv GR). Die Finanzdelegation hat im November 2020 beschlossen, dieses Vorhaben halbjährlich bei der Diskussion der Liste der Top-Projekte mit einer Vertretung des VBS weiterzuverfolgen.

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5.6

Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)

5.6.1

IKT-Schlüsselprojekt SUPERB

Die Bundesverwaltung wickelt wie ein Grossteil der Privatwirtschaft ihre Supportprozesse über Standardlösungen der Firma SAP ab. Diese kündigte 2015 an, dass die derzeit eingesetzte Version ab Ende 2025 nicht mehr unterstützt werde und die Benutzer künftig die neue Business Suite SAP S/4 HANA nutzen müssten. Später teilte SAP mit, dass das alte System bis Ende 2027 unterstützt werde. Der Bundesrat beschloss, auf die neue Business-Suite zu migrieren. Das entsprechende Programm der zivilen Bundesverwaltung wird unter dem Namen SUPERB geführt. Die Migration wird von der Finanzdelegation seit der Ankündigung von SAP eng begleitet, weil ein Scheitern für die Bundesverwaltung weitreichende Konsequenzen hätte. Dasselbe gilt für das System «ERP Systeme V/ar» des VBS (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.6.).

Im Februar 2020 diskutierte die Finanzdelegation mit dem Vorsteher EFD und der Vorsteherin des VBS den Stand der Arbeiten und die anstehenden Herausforderungen.

Das VBS legte insbesondere die Bedürfnisse der Armee dar und hielt fest, dass es keinen Sinn mache, Funktionen, die nur für die Armee von Bedeutung sind, für die ganze Bundesverwaltung einzuführen. Im Mai nahm die Delegation bei der Behandlung des Statusberichts per Ende 2019 zur Kenntnis, dass die Risikosituation sich leicht verbessert hatte. Im November versicherten der Vorsteher des EFD und der Direktor des BBL als Programmauftraggeber, dass SUPERB auf Kurs sei. Die Finanzdelegation erkannte im Berichtsjahr keinen Handlungsbedarf.

Neben der Finanzdelegation befassten sich 2020 auch die Finanzkommissionen intensiv mit SUPERB. Sie berieten einen Verpflichtungskredit von 320 Millionen Franken für SUPERB und einen solchen von 240 Millionen für das System «ERP Systeme V/ar» des VBS vor (Botschaft 19.079). Die nationalrätliche Finanzkommission (FKN) beantragte, die Kredite zu bewilligen, verlangte aber - wie die Finanzdelegation im Vorjahr ­ eine klare Festlegung der Verantwortlichkeiten und eine zielführende Regelung der Governance. Der Bundesrat erliess daraufhin am 12. Februar 2020 entsprechende Weisungen. Die FK-N zeigte sich nicht befriedigt. Sie fügte im Bundesbeschluss einen neuen Artikel 4 ein, der festhielt, dass die Verpflichtungskredite erst bewilligt sind, wenn der Bundesrat eine Weisung erlassen und in Kraft gesetzt
hat, welche ein Weisungsrecht des Programmauftraggebers der Programme «SUPERB» und «ERP Systeme V/ar» enthält für die Fälle, in denen sich beteiligte Ämter und Departemente nicht einigen können. Der Nationalrat folgte mit 189 Stimmen (1 Enthaltung) seiner Finanzkommission. Der Bundesrat änderte daraufhin mit Beschluss vom 12. August 2020 die Weisungen und setzte die Forderung des Nationalrates um.

Die ständerätliche Finanzkommission und der Ständerat schlossen sich in der Herbstsession dem Beschluss des Nationalrates an. Oberster Verantwortlicher und Programmauftraggeber ist der Direktor des BBL. Ein enger Austausch findet mit den Verantwortlichen von DaziT und GEVER statt.

Seit der Bewilligung der Kredite durch das Parlament begleitet die Finanzdelegation die Umsetzung des Programms wieder eng. Mitte Februar 2021 diskutierte sie einen Prüfbericht der EFK. Die EFK stellt fest, dass SUPERB mit dem Wechsel des Auftraggebers und des Programmleiters Fahrt aufgenommen hat. Die Finanzkontrolle 51 / 90

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prüfte, ob die gemeinsame Verwendung von Stammdaten über die Supportprozesse hinweg sowie bei den Fachanwendungen konzeptionell sichergestellt ist. Dieses zentrale Ziel wird erst teilweise erreicht. Grosser Handlungsbedarf ergibt sich bei der Einbindung der rund 500 Fachanwendungen, die ebenfalls Supportprozesse nutzen bzw.

zu diesen Schnittstellen haben. Die Zusammenarbeit von SUPERB mit den Departementen ist zu intensivieren. Die Empfehlungen der EFK wurden aufgenommen und teilweise bereits umgesetzt. Nach Meinung der FinDel ist die Anzahl der 500 Fachanwendungen mit Supportprozessen zu reduzieren, und wie es in der Botschaft zum Verpflichtungskredit dargelegt wurde, durch SAP zu ersetzen.

Die FinDel koordiniert sich bei der Begleitung von SUPERB mit den beiden Finanzkommissionen. Sie wird den Fortgang der Programmumsetzung regelmässig mit dem Vorsteher des EFD diskutieren.

5.6.2

IKT-Schlüsselprojekt DaziT

Seit 2016 begleitet die Finanzdelegation DaziT, mit welchem die Zoll- und Abgabenerhebung vereinfacht, harmonisiert und durchgehend digitalisiert wird (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.6.2). Im Berichtsjahr wurden die Verpflichtungskredite mit Einwilligung des Parlaments zusammengefasst und vereinfacht und der Bundesrat eröffnete die Vernehmlassung zur Totalrevision des Zollgesetzes und zur Schaffung eines Vollzugsabgabengesetzes für das künftige Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG).

Die Finanzdelegation diskutierte mit dem Vorsteher des EFD und dem Direktor der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) im Februar 2020 den Projektfortschritt. Im November nahm sie zur Kenntnis, dass das Programm trotz der Corona-Pandemie auf Kurs und schneller als geplant unterwegs ist. Aufgrund der speziellen Verhältnisse mit Arbeiten aus dem Homeoffice mussten die Mitarbeitenden flexibler eingesetzt werden, was zu einer Aufbruchstimmung geführt hat. Viele Apps (z. B. «quickzoll», «via») wurden eingeführt, die das Zollverfahren stark vereinfachten. Die Gesamtkosten des Programms DaziT liegen voraussichtlich tiefer als budgetiert. Das Ziel, durch die Digitalisierung 300 Stellen freizuspielen, sollte nach heutigem Kenntnisstand erreicht werden. Eine erhebliche Herausforderung ist laut dem Direktor der EZV die Kommunikation. Das Personal wird regelmässig über den Stand des Programms informiert. Sehr intensiv kommuniziert wird auch mit den Kantonen. Die Abstimmung mit dem Programm SUPERB ist sichergestellt und funktioniert gut.

Die Finanzdelegation wertete den Stand des Projekts und die Abstimmung mit den Programmen GENOVA und SUPERB positiv und sah im Berichtsjahr keinen Handlungsbedarf. Sie wird das Projekt weiter begleiten.

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5.7

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)

5.7.1

Covid-19: Solidarbürgschaften des Bundes

Im Rahmen der finanziellen Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Unternehmen beschloss der Bundesrat am 20. März 2020, dass der Bund Solidarbürgschaften für Darlehen an grundsätzlich solvente KMU übernimmt, die unter den Folgen des Coronavirus leiden. Die Bürgschaften sollten über die bestehenden vier Bürgschaftsgenossenschaften ausgerichtet werden und die Banken bei der Abwicklung Unterstützung leisten. Ziel war eine rasche und unbürokratische Überbrückung von Liquiditätsengpässen und die Vermeidung vorübergehender Insolvenz. Dazu beantragte er dem Parlament mit dem Nachtrag I 2020 einen Verpflichtungskredit für Covid-19-Solidarbürgschaften von 40 Milliarden Franken, wovon er der Finanzdelegation am 20. März 20 Milliarden und am 3. April weitere 10 Milliarden Franken zur dringlichen Genehmigung vorlegte (vgl. Kapitel 2.1).

Am 22./23. März 2020 befasste sich die Finanzdelegation erstmals mit der Liquiditäts- und Härtefallhilfe für Unternehmen. Eine Besonderheit war, dass die Delegation über einen Verpflichtungskredit von 20 Milliarden Franken befinden musste, obwohl der Bundesrat die Einzelheiten der Kreditverwendung noch nicht abschliessend festgelegt hatte. Die Verhandlungen mit den kreditvergebenden Banken und der Schweizerischen Nationalbank standen unmittelbar vor dem Abschluss. Gestützt auf einen Entwurf der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung liess sie sich vom Vorsteher des EFD und einer Vertretung der EFV über den Stand der Verhandlungen, die damals noch offenen Punkte, vor allem die Höhe des Zinses für die Darlehen, sowie die weiteren Modalitäten orientieren. Im Verordnungsentwurf vorgesehen war, dass die Banken einen Teil der Risiken bei verbürgten Darlehen zwischen 0,5 und 20 Millionen Franken mittragen und eine bankübliche Kreditprüfung vornehmen sollten. Die Finanzdelegation begrüsste die teilweise Übernahme des Verlustrisikos durch die Banken ausdrücklich. Intensiv diskutierte sie den Einsatz von Solidarbürgschaften als Instrument zur Abfederung von Liquiditätsengpässen von Unternehmen. Sie prüfte andere Unterstützungsmöglichkeiten, kam jedoch in einer Gesamtbeurteilung zum Schluss, dass vom Bund verbürgte Darlehen in einem ersten Schritt am besten geeignet sind, um den dringenden Liquiditätsbedarf der betroffenen Unternehmen schnell und unbürokratisch zu decken. Angesichts
der ausserordentlichen Situation und in Kenntnis der schwer abschätzbaren Verlustrisiken für den Bund stimmte sie dem dringlichen Verpflichtungskredit von 20 Milliarden Franken am 23. März 2020 zu.

Am 25. März 2020 verabschiedete der Bundesrat die Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung und am 3. April 2020 beantragte er der Finanzdelegation eine dringliche Aufstockung des Verpflichtungskredits für Covid-19-Solidarbürgschaften um zusätzliche 10 Milliarden Franken. Innert kürzester Zeit wurden über 14 Milliarden Franken verpflichtet und es bestand die Gefahr, dass der bereits bewilligte Verpflichtungskredit aufgrund der grossen Anzahl an Kreditanträgen in Kürze bereits ausgeschöpft sein würde.

Die Finanzdelegation nahm am 7. April 2020 zur Kenntnis, dass die mit den Banken vereinbarten Modalitäten einen vorteilhaften Darlehenszins vorsahen und die Solidarbürgschaftsverordnung in den für die Finanzdelegation wesentlichen Punkten dem 53 / 90

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Entwurf entsprachen, den sie am 22./23. März 2020 mit dem EFD diskutiert hatte. Sie bejahte die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Zusatzkreditbegehrens und stimmte diesem zu. Gleichzeitig forderte sie den Bundesrat auf, die verbleibenden 10 Milliarden Franken (zweite Tranche des Zusatzkredits) dem Parlament im ordentlichen Verfahren mit Vorberatung in den beiden Finanzkommissionen und Beschluss in der ausserordentlichen Session Anfang Mai 2020 zu unterbreiten.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung der Finanzdelegation zu den 30 Milliarden Franken war die Zusicherung des Bundesrats, wirksame Prüfungen zur Aufdeckung ungerechtfertigter Kreditvergaben zu veranlassen, Missbrauchsfälle mit aller Härte zu verfolgen und die EFK beizuziehen. Der Bundesrat kam dem Anliegen der Finanzdelegation nach. Anfang April beschloss er Eckwerte zur Missbrauchsbekämpfung bei der Covid-19-Überbrückungshilfe, Mitte Mai erliess das SECO ein Prüfkonzept über die Aktivitäten zur Missbrauchsbekämpfung. Grundlage für die Prüfaktivitäten bildeten der in der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung geregelte Daten- und Informationsaustausch sowie die Entbindung der involvierten Akteure vom Bankkunden-, Steuer- und Amtsgeheimnis.

Die Finanzdelegation befasste sich eingehend mit dem Prüfkonzept und diskutierte es mit dem Vorsteher des WBF und dem SECO. Im Rahmen des elektronischen Antragsprozesses erfolgt eine erste Vorabprüfung durch die Verknüpfung mit dem Register der Unternehmens-Identifikationsnummer (UID). Die Banken sind verpflichtet, die zwingenden Schritte zur Identifikation der Kunden gemäss Geldwäschereigesetz durchzuführen. Eine von den Bürgschaftsorganisationen eingerichtete Zentralstelle prüft sämtliche von den Banken eingegangenen Unterlagen auf die Vollständigkeit und formelle Einhaltung der Anspruchsvoraussetzungen. Die Bürgschaftsorganisationen sind verantwortlich für die Einleitung und die Führung der straf- und zivilrechtlichen Verfahren bei den zuständigen Staatsanwaltschaften und Gerichten. Mittels Analyse und Verknüpfung der Daten zu den gewährten Bürgschaften mit Daten der Verrechnungs- und Mehrwertsteuer und weiteren Datensätzen nimmt die EFK einen systematischen Abgleich sämtlicher vergebenen Bürgschaften vor, wobei sie unter anderem die Korrektheit der Umsatzangaben für die Festlegung der
Kreditlimite und die Sicherstellung der Einhaltung des Dividenden- und Tantiemenverbots überprüft.

Insgesamt hat die EFK dem Staatssekretariat für Wirtschaft resp. den Bürgschaftsorganisationen 4646 Fälle im Gesamtbetrag von 1,2 Milliarden Franken für vertiefte Abklärungen übergeben.

Bei den Bürgschaftsorganisationen befanden sich Ende 2020 insgesamt 3858 potentielle Missbrauchsfälle in Abklärung. In 1794 weiteren Fällen, die abgeklärt wurden, konnte kein Missbrauch festgestellt werden. In 352 Fällen mit einer Deliktsumme von knapp 50 Millionen Franken wurde Anzeige erstattet. Verfahren, die von anderer Stelle wie z. B. den Banken ausgelöst wurden, sind in diesen Zahlen nicht enthalten.

Die Frist für Kreditgesuche von KMU lief am 31. Juli 2020 und diejenige für Startups am 31. August 2020 ab. Bis Ende 2020 wurden vom Verpflichtungskredit für Covid-19-Solidarbürgschaften knapp 17 Milliarden (42,5 Prozent) benutzt und die Bürgschaftsverluste für den Bund beliefen sich auf rund 66 Millionen Franken. Von 16,5 Milliarden Franken verbürgten Krediten wurde 1,2 Milliarden per Ende 2020 bereits zurückbezahlt.

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Im ersten Quartal 2021 bereitet die Verwaltung eine Neuauflage der Covid-Solidarbürgschaften vor, um dieses Instrument bei einer Verschlechterung des Kreditmarktes rasch aktivieren zu können. Im Fokus standen dabei KMU, die in der ersten Welle keinen Covid-Kredit erhalten haben.

Die Finanzdelegation wird sich über die weitere Entwicklung und Wahrnehmung der Aufsicht durch den Bund gestützt auf vierteljährliche Standberichte des WBF und Aussprachen mit dem Vorsteher des WBF laufend informieren lassen.

5.7.2

Covid-19: Bundesbeiträge an kantonale Härtefallprogramme

Mit Artikel 12 des Covid-19-Gesetzes hat das Parlament die Gesetzesgrundlage für die Beteiligung des Bundes an kantonalen Unterstützungsmassnahmen für Härtefälle geschaffen. Mitte Dezember 2020 wurde das Gesetz angepasst, womit Bund und Kantonen insgesamt 2,5 Milliarden Franken (inkl. eine «Bundesratsreserve» von 750 Millionen Franken) zur Verfügung standen. Die Kantone leisten für ihre Massnahmen eine Vorfinanzierung und erhalten anschliessend eine Rückerstattung des Bundes.

Mitte Februar 2021 beantragte der Bundesrat dem Parlament mit der Botschaft über den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 (21.007) eine Erhöhung des Bundesbeitrags für die kantonalen Härtefallmassnahmen um 6,3 Milliarden Franken sowie mit der Botschaft zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes (21.016) die gesetzliche Möglichkeit, die Mittel von Bund und Kantonen für Härtefallmassnahmen auf insgesamt 10 Milliarden Franken aufzustocken (Gesetzesänderung) und den Bundesanteil auf bis zu 8,2 Milliarden Franken (inkl. eine «Bundesratsreserve» von 1 Milliarde Franken) zu erhöhen (Verpflichtungskredit). Auch hat er inhaltliche Änderungen vorgeschlagen.

Die Covid-19-Härtefallverordnung (SR 951.262) definiert, unter welchen Voraussetzungen sich der Bund an den Kosten und Verlusten, die den Kantonen aus ihren Härtefallmassnahmen entstehen, beteiligt. Gemäss Artikel 11 der Verordnung erfolgt eine Beteiligung des Bundes nur, wenn die Kantone für geeignete Massnahmen zur Bewirtschaftung von Darlehen, Garantien oder Bürgschaften sorgen, die Missbrauchsbekämpfung mit geeigneten Mitteln sicherstellen und dem Bund regelmässig über ihre Vorkehrungen zur Missbrauchsbekämpfung Bericht erstatten. Das SECO prüft im Rahmen der Berichterstattung die entsprechenden Vorkehrungen. Ergänzend dazu kann der Bund bei den Kantonen jederzeit stichprobenweise Kontrollen durchführen.

Mitte Februar 2021 befasste sich die Finanzdelegation erstmals mit den Bundesbeiträgen an kantonale Härtefallprogramme. Der Vorsteher des WBF orientierte darüber, wie der Bund seine Aufsichts-, Prüf- und Kontrollaufgaben vollziehen will.

Die Finanzdelegation legt grossen Wert auf eine wirksame Aufsicht und Kontrolle des Bundes. Dabei sollte der Bund auf eine einheitliche Anwendung in den einzelnen Kantonen achten. Sie wird sich über die weitere Entwicklung und Wahrnehmung der Aufsicht durch den Bund gestützt auf vierteljährliche Standberichte des WBF und Aussprachen mit dem Vorsteher des WBF laufend informieren lassen.

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Im März 2021 werden die im Gesetz beantragten Änderungen in der Härtefallverordnung nachvollzogen.

5.7.3

Covid-19: Kurzarbeitsentschädigung

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 und die vom Bundesrat getroffenen Massnahmen zur Abfederung der arbeitsmarktlichen Folgen haben zu einem starken Anstieg der Kosten der Arbeitslosenversicherung (ALV), insbesondere im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung (KAE), geführt. Das SECO schätzte Ende 2020, dass sich die Ausgaben für die KAE für 2020 auf insgesamt rund 10,775 Milliarden Franken belaufen werden.

Im Frühjahr 2020 bewilligte die Finanzdelegation einen dringlichen Kredit von 6 Milliarden Franken zur Erhöhung des Bundesbeitrags an die ALV, um deren kurzfristige Liquidität abzusichern (vgl. Kapitel 2.1). Die Genehmigung war in der Finanzdelegation unbestritten, da sich das Instrument der KAE in vergangenen Wirtschaftskrisen als verlässliches und wirksames Instrument bewährt hat.

Um zu vermeiden, dass der Fonds der ALV Ende 2020 die gesetzlich definierte Schuldenobergrenze überschreitet, hat der Bund in der 2. Jahreshälfte ausserordentlich sämtliche Ausgaben für KAE des Jahres 2020 übernommen. Das Parlament hat dem ALV-Fonds dafür eine ausserordentliche Zusatzfinanzierung von bis zu 14,2 Milliarden Franken zugesagt und die gesetzliche Grundlage in Artikel 90a des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG) angepasst.

Im Februar 2021 beschloss der Bundesrat eine Verlängerung der Taggeldbezugsdauer für Arbeitslose um drei Monate, die Aufhebung der Voranmeldefrist bei der Kurzarbeit, die Verlängerung der Dauer der Kurzarbeitsbewilligungen und die volle Übernahme der Kosten der ALV für die 2021 ausbezahlten KAE durch den Bund. Die Kosten für den Bundeshaushalt betragen rund 6 Milliarden Franken. Das Parlament hat die entsprechenden Anträge des Bundesrats im Rahmen der Botschaft über den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 (21.007) und der Botschaft zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes (21.016) in der Frühjahrssession im März 2021 beraten.

Für die Finanzdelegation ist unbestritten, dass die Bereitstellung der ausserordentlichen Bundesmittel für die ALV zur Abfederung der Folgen der Pandemie auf die Wirtschaft und Arbeitnehmenden dringend notwendig ist. Ohne KAE würde die Arbeitslosenquote ansteigen, mit unabsehbaren Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft.

Im März 2020 führte der Bundesrat erstmals ­ befristet bis Ende August 2020 ­
Erleichterungen zum Bezug von KAE ein, darunter die Einführung des vereinfachten Verfahrens und des «summarischen Abrechnungsverfahrens» mit dessen Hilfe sowohl die Voranmeldung von Kurzarbeit als auch der Antrag und die Abrechnung von KAE stark beschleunigt wurden. Der anrechenbare Verdienstausfall wird im summarischen Verfahren nicht pro beschäftigte Person, sondern über die gesamte Belegschaft berechnet. Die Arbeitgeber müssen weniger Nachweise als im normalen Verfahren vorlegen und die KAE von 80 Prozent wird als Pauschale ausgerichtet. Das beschleunigte Verfahren hat unter anderem den positiven Effekt, dass die Liquidität 56 / 90

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von Unternehmen rasch unterstützt werden kann. Andererseits birgt es aufgrund der pauschalen Abrechnung und reduzierten Nachweispflicht ein erhöhtes Risiko betreffend unrechtmässige Leistungsbezüge und Missbrauch der Leistungen.

Die Finanzdelegation legte im Berichtsjahr ein besonderes Augenmerk auf die Missbrauchsbekämpfung im Bereich der KAE. Bei der EFK als zentraler WhistleblowingStelle des Bundes gehen seit Einführung des summarischen Verfahrens eine Vielzahl an Hinweisen auf potentielle Missbrauchsfälle ein. Sie zeigen, dass bei einzelnen Arbeitgebern Not erfinderisch macht.

Seit Mitte 2020 geht der Revisionsdienst der ALV den aktuellen Missbrauchsmeldungen nach und publiziert die Zahlen dazu monatlich aktualisiert auf dem Portal der ALV. Im September 2020 führten die EFK und der Revisionsdienst der ALV gemeinsam System-Audits in ausgewählten Kantonen durch und veröffentlichten diese.

Ab 2021 werden temporär zusätzliche Inspektoren für Arbeitgeberkontrollen und Juristen zur Unterstützung allfälliger Gerichtsverfahren beim Revisionsdienst der ALV eingesetzt.

Die Finanzdelegation begrüsst die Verstärkung der Kontrolltätigkeit und die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit ausdrücklich. Auch wenn sich Missbrauch im Bereich der KAE bisher nicht als symptomatisch herausgestellt hat, so untergraben die aufgedeckten Fälle dennoch das Gerechtigkeitsempfinden und das Vertrauen der Öffentlichkeit sowie all derjenigen Unternehmen, welche sich an die Regeln halten.

Kritik äusserte die Finanzdelegation gegenüber dem Bundesrat, als dieser das summarische Verfahren mit der pauschalen Abrechnung verlängerte, zuerst im August bis Ende 2020 und später im Dezember bis Ende März 2021. Das WBF legte der Finanzdelegation dar, dass die Verlängerungen es den Kantonen ermöglichen soll, Lösungen zu finden und die technischen Mittel bereitzustellen, um die hohe Anzahl von Anträgen unter Einhaltung der ordentlichen Verfahren rechtzeitig behandeln zu können.

Trotz Verständnisses für die schwierige Lage in gewissen Kantonen zeigte sich die Finanzdelegation von der Antwort nicht befriedigt. Sie empfahl eine Änderung der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, um sicherzustellen, dass die Arbeitgeber bei Kontrollen am Sitz der Betriebe alle erforderlichen Belege ­ auch diejenigen, die im summarischen Verfahren
nicht einzureichen sind ­ vorweisen müssen.

Der Vorsteher WBF versicherte, dass die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für die nachträgliche Feststellung der Rechtmässigkeit der ausbezahlten KAE in Gesetz und Verordnung bereits ausreichend geregelt seien. Unrechtmässige Leistungen können innerhalb von 5 Jahren seit Auszahlung zurückgefordert werden und die Arbeitgeber müssen die Unterlagen über die Arbeitszeitkontrolle fünf Jahre aufbewahren.

Die Finanzdelegation forderte den Bundesrat auf, das summarische Verfahren nach Ablauf der Befristung Ende März 2021 nicht mehr zu verlängern. Seit August 2020 haben die Kantone genügend Zeit gehabt, um Lösungen zu finden und diese umzusetzen.

Im Rahmen der Missbrauchsbekämpfung befasste sich die Finanzdelegation auch mit den Anspruchsvoraussetzungen für KAE bei Erbringern von öffentlichen Leistungen wie Gemeinden, öffentlichen Verkehrsbetrieben, Bibliotheken, Museen, Schulen und Schwimmbädern. Die Gewährung von KAE ist in diesen Fällen zulässig, wenn die 57 / 90

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betroffenen Arbeitnehmenden einem unmittelbaren Kündigungsrisiko ausgesetzt sind. In der Anfangsphase der Pandemie haben die Vollzugsstellen in den Kantonen angesichts der enormen Menge an Voranmeldungen zum Bezug von KAE in gewissen Fällen den gesetzlichen Bestimmungen nicht genügend Beachtung geschenkt, was zu einer unterschiedlichen Anwendung der Bestimmungen zwischen den Kantonen führte. Die Ausgleichsstelle der ALV beim SECO ­ als Aufsichtsbehörde für den rechtskonformen und rechtsgleichen Vollzug in der gesamten Schweiz zuständig ­ stellte nach anfänglichen Unklarheiten eine einheitliche Anwendung sicher.

5.7.4

Bundesbürgschaften für Hochseeschiffe

Im Rahmen ihrer begleitenden Finanzoberaufsicht überwacht die Finanzdelegation seit dem Sommer 2015 die Bürgschaftsverpflichtungen des Bundes für die Schweizer Hochseeschifffahrt. In den Jahren 2018 und 2019 untersuchte sie den Verkaufsprozess von Schiffen der Gesellschaften Swiss Cargo Line (SCL) und Swiss Chemical Tankers (SCT) vertieft und richtete in ihrem Mitte 2019 veröffentlichten Untersuchungsbericht1 neun Empfehlungen an den Bundesrat (siehe Anhang).

Ende 2019 ersuchte die Finanzdelegation das WBF, die Modalitäten und Erfolgsaussichten einer Weiterführung des Betriebs der Hochseeschiffe unter Schweizer Flagge mit bestehenden Solidarbürgschaften zu prüfen. Sie verlangte eine Gesamtbeurteilung der Risiken für den Bund sowie die Prüfung einer «Exit-Strategie», sollte eine Amortisation der verbürgten Darlehen und eine wirtschaftliche Betriebsführung mittel- bis langfristig gefährdet sein. Die Ergebnisse der Abklärungen sollten in eine Bürgschaftsstrategie des Bundes münden (siehe Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.7.1).

Im Berichtsjahr verfolgte die Finanzdelegation insbesondere die Umsetzung ihrer Empfehlungen an den Bundesrat und die Erarbeitung von Eckwerten für eine Bürgschaftsstrategie des Bundes im Bereich der Hochseeschiffe. Sie befasste sich zudem mit den halbjährlichen Berichten des WBF zu den verbleibenden Bürgschaftsverpflichtungen, der Gewährung einzelner Bürgschaften ab Mitte 2015, der Sicherstellung rechtzeitiger Amortisationszahlungen durch einzelne Schiffsgesellschaften sowie der Bürgschaftsziehung im Falle weiterer Hochseeschiffe, für die das Parlament im 2020 Nachtragskredite gesprochen hat.

Im Rahmen ihrer Begleitung führte die Finanzdelegation an jeder ihrer sechs ordentlichen Tagungen längere Aussprachen mit dem Vorsteher bzw. der Generalsekretärin des WBF. Dabei liess sie sich auch orientieren über die Ergebnisse einer vom WBF in Auftrag gegebenen Administrativuntersuchung zu Organisation, Strukturen und Prozessen in der wirtschaftlichen Landesversorgung sowie die Wahrnehmung der Interessen des Bundes in einem Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Eigner der SCL-/SCT-Gesellschaften.

1

Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte vom 27. Juni 2019, Solidarbürgschaften des Bundes für Schweizer Hochseeschiffe, Untersuchung des Verkaufsprozesses der SCL- und SCT-Schiffe (BBl 2020 6137).

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Der Vorsteher des EDA informierte die Finanzdelegation Anfang September über den Stand der Erarbeitung der Strategie «Schweizer Flagge 2020+» sowie die Entwicklungen im Falle des seit Januar 2018 in Nigeria festgehaltenen Tankers San Padre Pio (siehe Ausführungen unter Kapitel 5.2.3).

Die Finanzdelegation berichtete in den Finanzkommissionen (FK) über den Stand ihrer Erkenntnisse bei der Vorberatung eines Nachtragskredits von 28,3 Millionen Franken (Nachtrag I 2020) für die Honorierung der Bürgschaftsverpflichtungen des Bundes für die Investorenschiffe SCL Trudy und SCL Helvetia und eines weiteren Nachtragskredits von 4 Millionen Franken (Nachtrag II 2020) aufgrund der Bürgschaftsziehung im Falle des Tankers San Padre Pio. Im Herbst 2020 orientierte sie die beiden FK zudem über die eingangs erwähnten Themen.

Umsetzung der Empfehlungen der Finanzdelegation Mit Bericht vom 4. September 2019 nahm der Bundesrat zu den Erkenntnissen und Empfehlungen der Finanzdelegation aus ihrem Untersuchungsbericht Stellung (Einzelheiten siehe Anhang). Er stimmte den Empfehlungen 1 bis 4 (Verlustminimierung, Abwicklungsstrategie, Bewertungskriterien und Wettbewerbssituation) zu und erachtete diese als umgesetzt. Die Finanzdelegation war von der Argumentation des Bundesrates nicht restlos überzeugt, da sich die angepassten Verfahrensabläufe noch in der Praxis beweisen mussten. Die Empfehlung 5 (Schutz vor Indiskretionen) lehnte der Bundesrat ab, da bereits ausreichende Massnahmen getroffen worden seien. Zu den Empfehlungen 6 bis 9 (Unterschriftenregelung, Teilrechtswahl, Freihandvergaben und Verzicht auf Solidarbürgschaften) erteilte der Bundesrat Prüfaufträge.

Am 26. Februar 2020 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zu den Empfehlungen 6 ­ 9 zusammen mit dem Ergebnis seiner Abklärungen. Die Finanzdelegation nahm zur Kenntnis, dass der Bundesrat bei den Empfehlungen 6 ­ 8 keinen weiteren Handlungsbedarf erkennt.

Mit Empfehlung 9 ersuchte die Finanzdelegation den Bundesrat, das Instrument der Solidarbürgschaft in Zukunft nicht mehr einzusetzen, die bestehenden Solidarbürgschaften zu überprüfen und nach Möglichkeit in einfache Bürgschaften umzuwandeln.

Der Bundesrat lehnt in seiner Stellungnahme einen vollständigen Verzicht auf Solidarbürgschaften ab. Der Bundesrat geht mit der Finanzdelegation einig,
dass einfache Bürgschaften für den Bund im Grundsatz weniger Risiken bergen als Solidarbürgschaften. Wenn eine einfache Bürgschaft genügt, um den Förderzweck zu erreichen, so ist diese einer Solidarbürgschaft vorzuziehen. Wenn sich der Zweck aber nur mit einer Solidarbürgschaft erreichen lässt, so sollte diese Möglichkeit offenbleiben. Das Instrument könne unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und wirtschaftlich sein.

Verwaltungsinterne Abklärungen hätten gezeigt, dass die Umwandlung von bereits gesprochenen Solidarbürgschaften in vielen Bereichen unrealistisch sei. Der Bundesrat stellte jedoch in Aussicht, dem Parlament die Aufhebung jener Gesetzesgrundlagen für Bürgschaften und Garantien zu beantragen, die heute und in absehbarer Zukunft nicht verwendet werden (Bürgschaften im Kulturförderungs-, Film- und Umweltschutzgesetz) sowie die Voraussetzungen und Leitplanken für die Ausgestaltung von Bürgschaften in den Leitfaden zur Subventionsberichterstattung in Botschaften aufzunehmen.

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Die Finanzdelegation betrachtet die Absicherung von Darlehen durch Solidarbürgschaften des Bundes nach wie vor als grösseres finanzielles Risiko. Sie anerkennt, dass das Instrument ausserhalb des Bereichs der Hochseeschifffahrt in vereinzelten Fällen sinnvoll eingesetzt werden kann, dies allerdings unter klar definierten Bedingungen. Die Finanzdelegation selbst hat am 21. März und 7. April 2020 dringliche Verpflichtungskredite um Umfang von 30 Milliarden Franken genehmigt, um mit Solidarbürgschaften des Bundes Darlehen an KMU, die unter den Folgen der Covid-19Pandemie leiden, finanziell abzufedern. In solchen Ausnahmefällen muss der Bund die Rahmenbedingungen klar definieren, die Risiken vorgängig sorgfältig abklären und die finanzierenden Geldinstitute stärker als bei den Solidarbürgschaften für Hochseeschiffe in die Pflicht nehmen, beispielsweise durch eine Beteiligung am Verlustrisiko, wie dies bei einem Teil der Covid-19-Solidarbürgschaften der Fall war.

Ende Mai präsentierte das BWL anhand konkreter Beispiele, wie das Amt und die Krisenprojektorganisation die Empfehlungen 1 ­ 4 in der Praxis umsetzt.

Die Finanzdelegation kommt zum Schluss, dass der Bundesrat der Mehrheit ihrer Empfehlungen ­ wenn teils auch nicht so weitgehend, wie von ihr gewünscht ­ nachgekommen ist. In Bezug auf den vollständigen Verzicht auf Solidarbürgschaften erwartet sie vom Bundesrat und der Verwaltung, dass sie das Instrument mit Zurückhaltung einsetzen (vgl. Anhang).

Bürgschaftsverpflichtungen des Bundes Anhand von halbjährlichen Standberichten des WBF lässt sich die Finanzdelegation über den Stand und die Entwicklung der Bundesbürgschaften für Hochseeschiffe unter Schweizer Flagge sowie die Amortisationszahlungen informieren. Ende 2020 bürgte der Bund für Kredite von 17 Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge in der Höhe von rund 326 Millionen Franken. Durch Amortisationen sowie Bürgschaftsziehungen und den Verkauf mehrerer Schiffe hat die Summe der verbürgten Darlehen gegenüber dem Jahr 2016 (794 Millionen Franken) um rund 60 Prozent abgenommen.

Die bisher erwarteten Verluste im Zusammenhang mit den Solidarbürgschaften belaufen sich auf rund 355 Millionen Franken (Stand Ende 2020). Dieser Betrag enthält bereits Rückstellungen für zwei Schiffe, deren Bundesbürgschaften 2021 sowie 2022 in Anspruch genommen werden. Zu
Beginn der Hochseeschifffahrtskrise Mitte 2015 hat das WBF die Vergabe neuer Bürgschaften grundsätzlich untersagt. Bürgschaften sollten nur noch vergeben werden, wenn sich das BWL aufgrund entsprechender Zusagen bereits früher dazu verpflichtet hatte und die vom BWL gestellten Bedingungen für eine Vergabe erfüllt wurden.

Ab Mitte 2015 erfolgten keine Zusicherungen mehr, bis Herbst 2016 wurden jedoch noch sechs Bürgschaftsverträge abgeschlossen. In fünf Fällen lagen Zusicherungen des Bundes aus den Jahren 2013 und 2014 vor, die alle im Zuge einer Flottenerneuerung erfolgten. Diese war eine Voraussetzung dafür, dass die Schiffsgesellschaften den Bau neuer Schiffe finanzieren konnten. Im Gegenzug wurden fünf verbürgte Schiffsdarlehen vollumfänglich zurückbezahlt. In einem Fall vergab das BWL nach Rücksprache mit dem WBF und der EFV eine Bürgschaft nach Mitte 2015 ohne eine vorgängige Zusicherung, um das betroffene Unternehmen vor einer finanziellen Schieflage zu bewahren. Die Fortführungsfähigkeit war erheblich gefährdet. Ein un-

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geordneter Zusammenbruch der Gesellschaft hätte hohe Verluste aus den zuvor eingegangenen Bundesbürgschaften zur Folge gehabt. Im Gegenzug wurde eine bereits bestehende Bürgschaft für ein Schiff derselben Schiffsgesellschaft abgelöst.

Die Finanzdelegation setzte sich anhand von Originalunterlagen mit der Frage auseinander, inwieweit die Zusicherungen rechtlich verbindlich waren, die Erfüllung der bei der Zusage gestellten Bedingungen vor Unterzeichnung der Bürgschaftsverträge geprüft wurden und die termingerechte Amortisation der Bürgschaften sichergestellt wird. Sie forderte das WBF mit Blick auf die Zukunft auf, die Sicherstellung der vereinbarten Amortisationszahlungen zu prüfen und nötigenfalls Massnahmen zu treffen.

Eckwerte für eine Bürgschaftsstrategie Mitte Juni 2020 informierte der Vorsteher des WBF die Finanzdelegation über den Stand der Arbeiten für eine Bürgschaftsstrategie des Bundes im Bereich der Hochseeschiffe. Das WBF liess die Eigentümergesellschaften von insgesamt 14 mit Hilfe von Bundesbürgschaften finanzierten Hochseeschiffe extern prüfen. Der Umfang der mit Solidarbürgschaften des Bundes verbürgten Kredite dieser Gesellschaften beträgt Ende 2020 knapp 293 Millionen Franken, was rund 90 Prozent aller noch verbürgten Kredite entspricht. Gestützt darauf hat das WBF verschiedene Strategieoptionen erarbeitet und der Finanzdelegation zur Diskussion vorgelegt.

Die Finanzdelegation erachtet es als unabdingbar, an der heutigen Strategie der Verlustminimierung des Bundes durch die Ablösung der Bürgschaften im Zuge von Bürgschaftsziehungen bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Schiffsgesellschaft festzuhalten. Gleichzeitig unterstützte sie das WBF in seiner Absicht, eine vorzeitige Ablösung der Bürgschaften im Einvernehmen mit den Geldinstituten und Schiffsgesellschaften anzustreben. Der Eintritt des Bundes in die Position einer Bank als Gläubigerin gegenüber den Schiffsgesellschaften erachtet die Finanzdelegation hingegen als wenig zielführend, da die Risiken dadurch kaum reduziert werden können.

Mitte Februar 2021 orientierte der Vorsteher des WBF die Finanzdelegation über den Stand der Abklärungen mit den Geldinstituten und Schiffsgesellschaften. Die Delegation begrüsst den vom WBF eingeschlagenen Weg und erwartet, dass es die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzt,
um eine Reduktion der Bürgschaftsrisiken zu erreichen. Die Ergebnisse sollen in eine Bürgschaftsstrategie im Bereich der Hochseeschiffe münden, mit der sich die Finanzdelegation im Sommer 2021 befassen wird.

Vom Bund verbürgte Schifffahrts- und Covid-19-Kredite für Schiffsgesellschaften Von der Covid-19-Pandemie sind unter anderem auch Reedereien und Schiffsgesellschaften stark betroffen. Die Ausrichtung von Covid-19-Krediten an Schiffsgesellschaften, die bereits vom Bund verbürgte Kredite im Bereich der Hochseeschifffahrt beziehen, war rechtlich nicht verboten, solange sich die kreditgebende Bank an die Bestimmungen in der (damals geltenden) Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung hielt.

Nach Hinweisen der EFK informierte das GS WBF die Finanzdelegation Mitte 2020, dass von einer Reederei und ihren Schiffsgesellschaften Covid-19-Solidarbürgschaftskredite in Höhe von rund 2,2 Millionen Franken beantragt wurden. Das BWL bat die kreditgebende Bank um eine Sperrung der Auszahlung, bis eine Prüfung der 61 / 90

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finanziellen Lage der Reederei und ihrer Schiffsgesellschaften vorlag. Ein vom BWL in Auftrag gegebenes externes Gutachten kam zum Schluss, dass die zusätzliche Liquidität durch Covid-19-Kredite im vorliegenden Fall einen wichtigen Beitrag zu einer Stabilisierung der Reederei leistet, und damit die Risiken einer Inanspruchnahme der Hochsee-Solidarbürgschaften verringert werden können.

Die Finanzdelegation äusserte grundsätzliche Vorbehalte gegenüber einer Gewährung von Covid-19-Solidarbürschaftskrediten an Schiffsgesellschaften, die bereits vom Bund verbürgte Kredite im Bereich der Hochseeschifffahrt beziehen. Dadurch würde der Bund mehrfach bürgen sowie unter gewissen Umständen zusätzliche, nicht verantwortbare Risiken eingehen. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass der Betrag im vorliegenden Fall reduziert werden konnte und die Schiffsgesellschaften die Kredite bis Mitte Februar 2021 nicht bezogen haben.

Administrativuntersuchung des WBF zur wirtschaftlichen Landesversorgung Die beiden Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) hatten den Bundesrat Mitte 2019 ersucht, die Zweckmässigkeit der Organisationsstruktur der wirtschaftlichen Landesversorgung regelmässig zu überprüfen. In der Folge gab Vorsteher des WBF eine diesbezügliche Administrativuntersuchung in Auftrag. Mitte November 2020 orientierte der Vorsteher des WBF die Finanzdelegation über die für die Finanzoberaufsicht relevanten Ergebnisse der Untersuchung. Der Bericht ortet in den Führungs- und Organisationsstrukturen der wirtschaftlichen Landesversorgung und im Bereich Compliance und Governance Handlungsbedarf. Dabei handelt es vor allem um Fragen, die in den Zuständigkeitsbereich der beiden GPK fallen. Da sich die Finanzdelegation in ihrem Untersuchungsbericht zum Verkauf der SCL-/SCT-Schiffe auch mit der Frage der Krisenprojektorganisation auseinandergesetzt hat, diskutierte sie die Empfehlung 11 des Administrativuntersuchungsberichts, der eine gestaffelte Rückführung der vom GS-WBF geleiteten Krisenprojektorganisation auf Stufe BWL nahelegt.

Die Finanzdelegation unterstützt die Stossrichtung der Empfehlung, die Verantwortung der Krisenorganisation mittelfristig wieder in die Linienorganisation zurückzuführen.

Parlamentarische Initiative 19.500 Betreffend die parlamentarische Initiative 19.500 (Parlamentarische Untersuchungskommission im
Zusammenhang mit den Hochseeschifffahrt-Bürgschaften) richtete die Finanzdelegation ein Schreiben an die Büros des National- und Ständerats. Darin informierte sie über ihre bisherigen Abklärungen und Feststellungen zur Rolle der finanzierenden Geldinstitute und Revisionsgesellschaften sowie zur Zusammenarbeit des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) im WBF mit dem Schweizerischen Seeschifffahrtsamt (SSA) im EDA. Auf eine politische Wertung der Initiative verzichtete die Finanzdelegation, da sich die beiden FK ­ wie auch die beiden Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) ­ in eigenen Mitberichten an die Büros dazu äusserten. Sie nahm zur Kenntnis, dass sich beide Büros dagegen aussprachen, der Initiative Folge zu geben.

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5.8

Eidgenössisches Departement für Verkehr, Energie, Umwelt und Kommunikation (UVEK)

5.8.1

Covid-19: Massnahmen im Flugbereich

Garantien für Luftfahrtunternehmen und Unterstützung von flugnahen Betrieben Nachdem der Bundesrat Anfang April die Öffentlichkeit über eine geplante Überbrückungsfinanzierung für die Luftfahrtindustrie orientiert hatte, liess sich die Finanzdelegation vom Vorsteher des EFD über den Stand der Abklärungen und den weiteren Zeitplan informieren. Sie teilte dem Bundesrat mit, dass finanzielle Liquiditätshilfen zuhanden der Luftfahrtindustrie dem Parlament im ordentlichen Verfahren für die ausserordentlichen Session Anfang Mai 2020 zu unterbreiten sind. Die Finanzdelegation hatte bis dahin im Zusammenhang mit Covid-19 bereits dringliche Kredite (Voranschlags- und Verpflichtungskredite) von über 40 Milliarden Franken bewilligt. Sie erachtete es aus rechtlichen wie institutionellen Überlegungen als problematisch, ein weiteres milliardenschweres Hilfspaket zu genehmigen, wenn gleichzeitig die zuständigen Kommissionen nach einer temporären Sistierung des Ratsbetriebs ihre Arbeiten wiederaufnahmen und die nächste Session des Parlaments in Griffnähe lag.

Inhaltlich regt die Finanzdelegation an, dass der Bundesrat als weiteres Instrument neben Garantien und Bürgschaften des Bundes auch die Ausrichtung von Darlehen prüfen und auf jeden Fall sicherstellen sollte, dass bei Bürgschaften oder Darlehen keine vom Bund beschlossenen Mittel ins Ausland fliessen.

Für die beiden Flugbetriebe Swiss International Air Lines AG (SWISS) und Edelweiss Air AG (Edelweiss) beschloss das Parlament an der ausserordentlichen Session im Mai 2020 gestützt auf das Luftfahrtgesetz (LFG; SR 748.0) einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 1,275 Milliarden Franken. Zur Sicherstellung eines unterbruchfreien Betriebs der Landesflughäfen wurde zudem eine Änderung des LFG beschlossen. Damit kann sich der Bund an bestimmten Betrieben der Schweizer Zivilluftfahrt beteiligen oder Finanzhilfen gewähren, um die bei diesen Unternehmen (insbesondere auch Bodenabfertigungsdienste und Flugzeugwartungsbetriebe) aufgrund der Covid-19-Pandemie eingetretenen Liquiditätsschwierigkeiten zu überbrücken. Für diese Fälle hat das Parlament Anfang Mai einen Verpflichtungs- sowie einen Nachtragskredit in der Höhe von 600 Millionen bewilligt.

Ende 2020 war der Verpflichtungskredit für SWISS und Edelweiss ausgeschöpft, während der Verpflichtungskredit zur
Sicherstellung des unterbruchfreien Betriebs der Landesflughäfen mit 79,2 Millionen Franken für eine Beihilfe an SR Technics (SR Technics Switzerland AG) in Form einer Ausfallbürgschaft beansprucht wurde.

Angesichts der Höhe der Mittel und der finanziellen Risiken für den Bund verfolgte die Finanzdelegation die Kreditverwendung anhand von Standberichten des UVEK aufmerksam und führte eine Aussprache mit der Vorsteherin des UVEK. Im Vordergrund der Diskussion standen vor allem die Vorkehrungen, mit denen die Einhaltung der Vertragsbedingungen überwacht werden, sowie die Kontrollmechanismen. Für die Überwachung der Einhaltung der standortpolitischen Auflagen bei SWISS und Edelweiss ist die Schweizerische Luftfahrtstiftung zuständig, die Ende 2020 ihre Arbeit aufnahm.

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Die Finanzdelegation erkannte am Ende der Berichtsperiode keinen unmittelbaren Handlungsbedarf für die Finanzoberaufsicht. Sie wird die weitere Entwicklung im 2021 anhand vierteljährlicher Standberichte des UVEK und eines Prüfberichts der EFK weiter begleiten.

Refinanzierung von Skyguide AG Skyguide ist die nicht kotierte Schweizerische Aktiengesellschaft für zivile und militärische Flugsicherung mit einer Bundesbeteiligung von 99,97 Prozent. Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Flugbewegungen eingebrochen, weshalb die Gebührenerträge von Skyguide stark rückläufig sind. Der Bund ist verpflichtet, für eine genügende Kapitalausstattung von Skyguide zu sorgen. Das Parlament hat im September einen Betrag von 150 Millionen Franken und im Dezember 2020 zusätzliche 250 Millionen Franken für die finanzielle Stabilisierung der Skyguide bewilligt. Sollte auf europäischer Ebene keine Einigung gefunden werden, die Verluste der Flugsicherungen zwischen Fluggesellschaften und Flugsicherungen aufzuteilen, müssten die 250 Millionen beansprucht werden. Bedingung für die finanzielle Unterstützung des Bundes sind Sparmassnahmen seitens Skyguide, die den Liquiditätsbedarf reduzieren.

So muss Skyguide bis Ende 2024 Einsparungen im Umfang von kumuliert 90 bis 100 Millionen Franken vornehmen. Zudem erwartet der Bundesrat, dass die Sozialpartner bis Ende 2021 einen gemeinsamen Plan erarbeiten, wie das Rentenalter der Fluglotsinnen und Fluglotsen zur langfristigen finanziellen Entlastung von Skyguide von heute 56 auf mindestens 60 Jahre erhöht werden kann.

Angesichts der fast 100-prozentigen Bundesbeteiligung, der Wahrnehmung einer sicherheitskritischen hoheitlichen Aufgabe (zivile und militärische Flugsicherung) sowie den Herausforderungen, vor denen Skyguide steht, erkennt die Finanzdelegation neben dem bedeutenden finanziellen Risiko auch die Gefahr eines Reputationsschadens für den Bund, sollte die Skyguide ihre Aufgaben nicht mehr vollumfänglich wahrnehmen können. Die Finanzdelegation plant, die weitere Entwicklung, die Verwendung der 250 Millionen Franken und die Umsetzung der Sparmassnahmen der Skyguide mittels vierteljährlichen Standberichten sowie Aussprachen mit den zuständigen Bundesräten und einer Vertretung der Skyguide eng zu überwachen.

5.8.2

Eisenbahnausbauprogramme des Bahninfrastrukturfonds (BIF) inkl. NEAT

Im Frühjahr veröffentlicht das Bundesamts für Verkehr (BAV) jeweils einen Bericht über den Stand der Eisenbahnausbauprogramme des Bahninfrastrukturfonds (BIF).

Die Finanzdelegation diskutierte den Standbericht Mitte 2020 mit der Vorsteherin des UVEK.

Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) Seit der Auflösung der NEAT-Aufsichtsdelegation der eidgenössischen Räte Ende November 2019 führt die Finanzdelegation die begleitende Oberaufsicht über die Fertigstellung der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) weiter. Sie setzte Anfang 2020 eine Subdelegation aus drei Mitgliedern ein mit dem Auftrag, seitens des 64 / 90

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Parlaments vor allem die Vorbereitung der Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels, dem letzten grossen Bauwerk der NEAT, sowie die Entwicklung der Kosten (inkl.

Nachforderungen von beauftragten Unternehmen), der Kreditbeanspruchung, der Termineinhaltung sowie der Risiken der NEAT zu überwachen und der Finanzdelegation Bericht zu erstatten. Die Subdelegation hörte im Juni und November den Direktor des BAV an und fokussierte vor allem auf diejenigen Risiken, welche die NAD der Finanzdelegation zur aufmerksamen Weiterverfolgung empfohlen hat (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 5.8.2).

Mitte November 2020 konnte die Finanzdelegation mit Genugtuung feststellen, dass die Vorbereitungen für die kommerzielle fahrplanmässige Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels seitens der SBB als Betreiberin und des BAV als Betriebsbewilligungsbehörde auf Kurs waren.

Der durch die Covid-19-Pandemie bedingte einmonatige Unterbruch der Testfahrten im Frühjahr hatte keine Auswirkungen auf die Übergabe des Bauwerks von der Erstellergesellschaft AlpTransit Gotthard AG (ATG) an die Betreiberin SBB. Dieser fand Ende August statt. Der Rückstand auf den Terminplan konnte aufgeholt werden.

Am 4. September eröffnete Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zusammen mit Bundesrat Ignazio Cassis und dem Tessiner Staatsratspräsidenten Norman Gobbi in Anwesenheit der beiden CEO des ATG und der SBB den Ceneri-Basistunnel beim Nordportal in Camorino feierlich. Wegen Covid-19 fand die Eröffnungsfeier nur in sehr kleinem Rahmen statt. Von September bis November führten die SBB im Rahmen eines Probebetriebs rund 5800 kommerzielle Personen- und Güterzüge durch den Basistunnel. Mit dem Probebetrieb wurden die Abläufe eingeübt und die Anlagen unter realen Bedingungen getestet. Der Probebetrieb zeigte, dass der Ceneri-Basistunnel (CBT) die geforderte Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit aufwies. Nach Prüfung der erforderlichen Sicherheitsnachweise erteilte das BAV den SBB am 1. Dezember 2020 die Bewilligung für die Aufnahme des fahrplanmässigen Verkehrs durch den Ceneri-Basistunnel. Seit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2020 ist das letzte grosse Bauwerk der NEAT in Betrieb.

Mit der zeitgerechten und erfolgreichen Betriebsaufnahme haben sich die Kosten- und Terminrisiken weiter verringert. Das BAV beziffert die Kosten
der gesamten NEAT bis Projektende (ca. 2026) auf rund 17,74 Milliarden Franken (Preisstand Oktober 1998, ohne Mehrwertsteuer, Teuerung und Bauzinsen). Die Endkosten liegen unverändert deutlich unter den vom Parlament gesprochenen Verpflichtungskrediten von 19,1 Milliarden Franken (NEAT-Gesamtkredit, Preisstand Oktober 1998). Das Risiko, dass bis zur definitiven Abrechnung der noch nicht abgerechneten NEATWerke (Lötschberg-Basistunnel und Streckenausbauten Achse Lötschberg im 2021, Gotthard-Basistunnel und Ceneri-Basistunnel ca. 2026) zusätzliche Kosten aufgrund von Nachforderungen von Unternehmen, der Erfüllung der Betriebsauflagen und weiteren Abschlussarbeiten anfallen, ist gering und liegt gemessen an den Gesamtkosten im Promillebereich.

Nicht Bestandteil des NEAT-Projekts sind und nicht über den NEAT-Gesamtkredit finanziert werden die Umsetzung der baulichen Massnahmen der BLS zur Vermeidung weiterer Wassereinbrüche im Lötschberg-Basistunnel sowie die Sicherung der

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Zufahrt zum Rettungsstollen des Basistunnels bei Mitholz im Zusammenhang mit der Sanierung des Munitionslagers Mitholz.

Die Finanzdelegation hat am Ende der Berichtsperiode beschlossen, die Subdelegation aufzulösen. Die verbleibenden Risiken und die Abschlussarbeiten bis zur Abrechnung der letzten NEAT-Werke wird sie im Rahmen der jährlichen Berichterstattung des BAV zu den Eisenbahnausbauprogrammen des BIF weiterverfolgen. Die EFK wird die verbleibenden Risiken jeweils bei der Festlegung ihres Prüfprogramms beurteilen und bei Bedarf punktuell eine Prüfung einzelner Teilprojekte und Projektabrechnungen vorsehen.

Weitere Eisenbahnausbauprogramme des Bahninfrastrukturfonds (BIF) Laut dem Standbericht waren die Eisenbahnausbauprogramme Ende 2019 grösstenteils auf Kurs. Die Kosten lagen in den meisten Fällen tiefer als ursprünglich vorgesehen. In einigen Vorhaben wie dem Ausbau der Bahnhöfe Lausanne und Fribourg/Freiburg sowie dem Agglomerationsfonds für den Knoten Bern, bestand allerdings das Risiko, dass die Terminplanung nicht eingehalten werden kann. Gründe waren bei den beiden Bahnhöfen Einsprachen und beim Knoten Bern die komplexe Koordination zwischen Projekten.

Mit der Vorsteherin des UVEK diskutierte die Finanzdelegation die kurz- und längerfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Eisenbahnausbauprogramme.

Die Frage, inwieweit die Pandemie kurzfristige Auswirkungen auf die Realisierung der Programme hat, kann erst im nächsten Standbericht beantwortet werden. Längerfristig stellt sich die Frage, inwieweit sich der Einsatz von Home-Office und mobilem Arbeiten auf die den Ausbauprogrammen zugrundeliegenden Verkehrsszenarien auswirken. Das UVEK erarbeitet in neuen Verkehrsszenarien auch ein Szenario mit einem gegenüber heute deutlich höheren Einsatz von Home-Office. Für eine fundierte Beurteilung, ob die durch Corona bedingten Veränderungen und Home-Office nachhaltige Anpassungen bewirken, ist es allerdings noch zu früh. Das BAV sicherte zu, im Rahmen seiner rollenden Planung grundlegende Veränderungen im Mobilitätsverhalten zu berücksichtigen.

5.8.3

Subventionsbezüge im öffentlichen Verkehr und Investitionsbeiträge an private Güterverkehrsanlagen

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG haben in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass Bund und Kantone die korrekte Abwicklung der Subventionierung von Verkehrsleistungen aufmerksam begleiten müssen. Die Risiken, dass Bund und Kantone zu viel Subventionen auszahlen, sind mit der zunehmenden Gewinnorientierung und dem Trend zu vielschichtigen Holding-Strukturen bei den Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (TU), komplexen Verbund- und Tarifsystemen sowie zunehmendem Subventionsvolumen gestiegen.

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Aufsichtskonzept des BAV und Verantwortlichkeit der Transportunternehmen Aufgrund der Lehren zum «Fall Postauto» haben das UVEK seine Verordnung über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen (RKV) (SR 742.221) und das BAV sein Aufsichtskonzept angepasst.

Die Verantwortlichkeiten zwischen dem BAV und den TU wurden klarer geregelt.

Die TU sind neu dafür verantwortlich, dass die Jahresabschlüsse korrekt sind und dass die gesetzlichen Vorgaben zur Subventionsverwendung eingehalten werden. Bis anhin führte das BAV bei den abgegoltenen TU ergänzend zu den Prüfungen, welche die Revisionsstellen der Unternehmen vornehmen müssen, eine formelle Rechnungsgenehmigung durch, die nur einen beschränkten Einblick in die Zahlen gab.

TU mit mehr als zehn Millionen Franken Abgeltung pro Jahr müssen sich neu zwingend einer ordentlichen Revision unterziehen. Unternehmen, welche jährlich gesamthaft mehr als eine Million Subventionen erhalten, unterliegen einer jährlichen Spezialprüfung zu den Subventionen. Sie müssen diese bei einer zugelassenen Prüfgesellschaft in Auftrag geben. Alle Unternehmen müssen zudem jährlich explizit bestätigen, dass sie die subventionsrechtlichen Grundsätze einhalten.

Seitens des Bundes führt das BAV im Rahmen eines erweiterten Controllings künftig risikoorientiert Prüfungen bei den Rechnungen der Unternehmen durch.

Die Finanzdelegation diskutierte die Anpassungen mit der Vorsteherin des UVEK und dem Direktor des BAV. Sie erwartet, dass das BAV seine Aufsichtsaufgabe im Rahmen der risikoorientierten Prüfungen wirksam wahrnimmt.

Abgeltungen für Regionalen Personenverkehr und Spartenrechnung der BLS 2019 hatte das BAV bei einem Zinsglättungsmodell der BLS zur Rollmaterialfinanzierung bedeutende Fehler festgestellt. Diese hatten zu überhöhten Abgeltungszahlungen im zweistelligen Millionenbereich geführt, die zurückbezahlt werden. In der Folge nahm die Interne Revision BAV die Glättungsmodelle systematisch unter die Lupe. Die Prüfung hat aufgezeigt, dass das fehlerhafte BLS-Modell ein Einzelfall ist.

Glättungsmodelle sollen in Zukunft nur noch eingesetzt werden, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Verstetigung der Subventionszahlungen leisten und verständlich konzipiert sind. Die Finanzdelegation hat zur Kenntnis genommen, dass das BAV diese im Rahmen ihrer Aufsicht neu
jährlich bewertet.

Die EFK ihrerseits stellte im Rahmen einer Prüfung bei der BLS Mängel in der Spartenrechnung des Bahnunternehmens fest. Die Finanzdelegation führte Ende Juni 2020 eine Aussprache mit der Vorsteherin des UVEK und befasste sich Ende August 2020 mit dem Prüfbericht der EFK zur Spartenrechnung der BLS.

Die BLS und ihre Tochtergesellschaft Busland AG budgetierten von 2011 bis 2018 Verkäufe von Halbtax-Abos im Libero-Verbund nicht und haben deshalb von Bund und den betroffenen Kantonen zu hohe Abgeltungen für den regionalen Personenverkehr im Umfang von 43,6 Millionen Franken erhalten. Der Bund und der Kanton Bern verlangten eine Rückzahlung der überhöhten Subventionsbezüge samt Strafzinsen.

Unter Federführung des Kantons Bern wird eine entsprechende Vereinbarung erarbeitet. Bund und Kanton forderten von der BLS zudem, die Kontrollen und Steuerung in den Subventionsbereichen grundlegend überprüfen zu lassen.

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Die EFK kam in ihrem Bericht zum Schluss, dass das betriebliche Rechnungswesen zu komplex und dadurch teils intransparent ist, systemische Mängel aufweist und Fehler nicht oder zu spät erkannt wurden. Das betriebliche Rechnungswesen bildet die Grundlage der Spartenrechnung und für die Bemessung der Abgeltungen. Vor allem bei der konzerninternen Verrechnung bestehen regulatorische Unklarheiten, die das BAV klären und verbindlich regeln muss.

Die Finanzdelegation forderte, dass die regulatorischen Unklarheiten seitens Bund und die Mängel in der Spartenrechnung der BLS umgehend behoben werden. Sie nahm zur Kenntnis, dass das BAV eine Branchenlösung zur Präzisierung der gesetzlichen Vorgaben rund um die Themen Rechnungslegung und Controlling («Anrechenbarkeit») erarbeitet. Die BLS hat eine Anpassung des Offertprozesses eingeleitet und das interne Kontrollsystem verstärkt. Die gesellschaftsübergreifende Leistungsverrechnung, die zentral für die Zuteilung von Kosten in abgeltungsberechtigte und nicht abgeltungsberechtigte Sparten ist, soll verbessert werden. Die Verrechnung von Leistungen zwischen Tochterfirmen der BLS und dem Stammhaus erfolgt inzwischen ohne Gewinnzuschläge und ohne kalkulatorische Elemente.

Die Geschäftsleitung der BLS hat gegenüber Bund und Kantonen seit mehreren Jahren bewusst nicht alle Einnahmen im Tarifverbund «Libero» offengelegt. Sie wurde im Frühling 2017 in Kenntnis gesetzt, dass die Halbtaxerlöse im Libero-Verbund nicht budgetiert wurden und hat dieses Vorgehen als betriebswirtschaftliche Risikominimierung akzeptiert. Im November 2020 reichte das BAV deshalb Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der BLS wegen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung sowie Subventionsvergehen ein. Weiter hat das BAV die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) gebeten, zu prüfen, ob die Revisionsstelle der BLS ihre Pflichten in den vergangenen Jahren genügend wahrgenommen hat.

Die Finanzdelegation kritisierte das Vorgehen der BLS scharf, wird im 2021 eine Nachkontrolle zum Stand der Mängelbehebung, der Umsetzung der Massnahmen und der Rückerstattung der zu viel bezahlten Abgeltungen durchführen und sich mit der Rolle der verantwortlichen Revisionsgesellschaften in Fällen, bei denen Bahn- oder Busunternehmen zu hohe Abgeltungen von Bund und Kantonen erhalten haben,
befassen.

Unregelmässigkeiten bei Investitionsbeiträgen für private Güterverkehrsanlagen Zahlreiche Schweizer Firmen betreiben Anschlussgleise, damit Güterwagen vom öffentlichen Bahnnetz direkt auf das private Firmengelände fahren können. Der Bund unterstützt den Bau von Anschlussgleisen mit Finanzhilfen. Das BAV fordert die Investitionsbeiträge anteilmässig zurück, wenn bestimmte, vertraglich vereinbarte Transportmengen nicht erreicht werden oder das Gleis nicht benutzt wird.

Die EFK teilte der Finanzdelegation Anfang 2020 mit, aufgrund einer internen Meldung habe die interne Revision des BAV Anzeichen dafür, dass in den letzten Jahren die Transportmengen in einer Datenbank des BAV nicht korrekt registriert und dadurch Rückforderungen gegenüber Anschlussgleisbetreibern nicht geltend gemacht worden seien. Da es sich dabei um eine Urkundenfälschung handelt, schaltete das BAV die Bundesanwaltschaft ein, welches ein Verfahren eröffnete. Zu überprüfen

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waren rund 230 Dossiers, die das BAV im Berichtsjahr einzeln aufarbeitete und die Rückerstattungspflicht abklärte.

Die Abklärungen haben ergeben, dass dem Bund ein Schaden (inkl. Zinsen) von rund 1,5 Millionen Franken entstanden ist, hauptsächlich deshalb, weil Rückforderungen nicht eingeleitet wurden und inzwischen verjährt sind. In weiteren, noch nicht verjährten Fällen hat das BAV Rückforderungsverfahren im Umfang von knapp 300 000 Franken eingeleitet.

Die Vorsteherin des UVEK und der Direktor des BAV orientierten die Finanzdelegation Mitte 2020 über den Stand der Abklärungen und die vom BAV getroffenen Massnahmen. Das BAV hat die Prozesse bei der Anschlussgleis-Finanzierung überprüft und Massnahmen zur Verbesserung der Abläufe und Kontrollen umgesetzt. Dazu gehört zum Beispiel die lückenlose Dokumentation der einzelnen Verfahren oder die Klärung verfahrensrechtlicher Fragen.

5.8.4

Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Im Februar 2016 stimmte das Schweizer Stimmvolk dem Bau einer zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels und der Sanierung der bestehenden Tunnels zu. Die Kosten für den Bau der zusätzlichen Röhre belaufen sich auf etwa 2 Milliarden Franken. Die Finanzdelegation hat deshalb beschlossen, das Projekt eng zu begleiten. Sie stützt sich dabei insbesondere auf einen Statusbericht, den ihr das zuständige Departement UVEK jährlich per Ende April für das vergangene Jahr zu unterbreiten hat.

Dieser gibt Auskunft über den Stand des Projekts, die Entwicklung der Kosten, die Verwendung der vom Parlament bewilligten Kredite und die Einhaltung des Zeitplans. Weiter muss er eine Risikoanalyse und eine Stellungnahme des Departements zu den Angaben des Bundesamts für Strassen (ASTRA) enthalten.

Anfang Februar 2020 wurde die Plangenehmigung des Projektes rechtskräftig. Das Projekt zum Bau der zweiten Röhre ist trotz leichter Verzögerungen kostenmässig auf Kurs. Die Delegation hat dazu an ihrer Juni-Sitzung eine Aussprache mit der Vorsteherin des UVEK geführt und Fragen zu möglichen Risiken diskutiert.

5.8.5

Fonds zur Förderung der Wald- und Holzforschung

Auf der Grundlage eines Berichts der EFK vom 25. August 2017 über den Nutzen des Fonds zur Förderung der Wald- und Holzforschung empfahl die Finanzdelegation dem Bundesrat in einem Schreiben, diese Bagatellsubvention aufzuheben. UVEK und BAFU akzeptierten die Empfehlungen der EFK. Sie kamen jedoch gemeinsam mit den Kantonen zum Schluss, dass das Förderinstrument in der Förderlandschaft im Sinne von Anschubfinanzierungen eine Lücke füllt. Mit einer Vereinbarung zwischen den Kantonen und dem BAFU wurde eine neue Zusammenarbeitsform der zwei Förderinstitutionen geregelt. Die Entscheid- und Finanzflüsse von Bund und Kantonen erfolgen demnach neu klar getrennt. Der bestehende Fonds wurde per 1. Januar 2020 durch die neue Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz abgelöst.

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An ihrer Sitzung vom Juni 2020 diskutierte die Finanzdelegation diese Beschlüsse mit der Vorsteherin des UVEK. Sie hält fest, dass ihre Empfehlung auf andere Art und Weise, aber in ihrem Sinne erledigt wurde und schliesst das Geschäft ab (vgl. Anhang).

6

Auftrag und Organisation der Finanzdelegation

6.1

Aufgaben und Kompetenzen der Finanzdelegation

Die Finanzdelegation ist im Rahmen ihrer mitschreitenden Finanzoberaufsicht zuständig für die nähere Prüfung und Überwachung des Finanzhaushalts des Bundes (Art. 51 Abs. 2 ParlG). Sie erstattet den FK über ihre Tätigkeit Bericht und stellt ihnen allenfalls Antrag (Art. 51 Abs. 4 ParlG). Sie kann sich mit weiteren Beratungsgegenständen befassen und ihre Feststellungen den FK oder anderen Kommissionen zur Kenntnis bringen (Art. 51 Abs. 5 ParlG), beispielsweise in Form eines Mitberichts. Die Finanzdelegation führt zudem Besuche bei Dienststellen des Bundes durch, um bestimmte Fragen näher zu klären (Art. 45 Abs. 1 Bst. d ParlG).

Den vom Gesetz vorgesehenen besonderen Delegationen von Aufsichtskommissionen können gemäss Artikel 169 BV keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden. Die Finanzdelegation erhält laufend sämtliche Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte (Art. 154 Abs. 3 ParlG). Zudem hat sie gestützt auf Artikel 154 Absatz 2 ParlG das Recht auf Herausgabe von Protokollen der Bundesratssitzungen sowie von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste als geheim klassifiziert sind oder deren Kenntnisnahme durch Unberechtigte den Landesinteressen einen schweren Schaden zufügen könnte.

Die Finanzdelegation erhält zudem von der EFK sämtliche Berichte und Unterlagen, die im Zusammenhang mit deren Aufsichtstätigkeit stehen (Art. 14 Abs. 1 FKG).

Der Bundesrat und die Departemente unterbreiten der Finanzdelegation ­ gestützt auf eine Vereinbarung zwischen der Finanzdelegation und dem Bundesrat ­ Anträge auf Funktionseinreihungen für Mitarbeitende des höheren Kaders der zentralen Bundesverwaltung sowie weitere ausgabenrelevante Entscheide zur Genehmigung (vgl.

Kap. 3.1). Personalrechtliche Erlasse der ausgelagerten Einheiten des Bundes werden der Finanzdelegation zur Konsultation unterbreitet (vgl. Kap. 3.2).

Zu guter Letzt hat die Finanzdelegation die Kompetenz, auf Antrag des Bundesrates und vor der Genehmigung durch das Parlament dringliche Verpflichtungs- und Voranschlagskredite zu beschliessen (Art. 28 Abs. 1 und Art. 34 Abs. 1 FHG). Seit 2011 müssen der Finanzdelegation auch Kreditüberschreitungen von über 5 Millionen Franken zur Genehmigung vorgelegt werden (vgl. Ziff. 2.3).

6.2

Verhältnis von Oberaufsicht und Aufsicht

Die Aufsichtstätigkeiten von Parlament und Bundesrat gehen auf das Prinzip der Gewaltenteilung zurück.

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Der Bundesrat ist die oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes (Art. 174 BV). Er beaufsichtigt die Bundesverwaltung und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes (Art. 187 Abs. 1 BV). Gemäss Artikel 183 Absatz 2 BV ist der Bundesrat verpflichtet, für eine ordnungsgemässe Haushaltführung zu sorgen und somit sicherzustellen, dass die Mittel des Bundes wirtschaftlich und wirkungsvoll eingesetzt werden. Artikel 24 Absätze 1 und 2 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV) präzisiert hierzu: «Mit der Aufsicht stellen der Bundesrat, die Departemente und die Bundeskanzlei die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben sicher. Die Aufsicht über die zentrale Bundesverwaltung ist umfassend».

Die Bundesversammlung ihrerseits übt die Oberaufsicht aus über den Bundesrat und die Bundesverwaltung, die eidgenössischen Gerichte und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes (Art. 169 Abs. 1 BV). In diesem Rahmen ­ und im Gegensatz zum Bundesrat ­ nimmt die Finanzdelegation ihre Aufsichtsaufgabe selektiv wahr und setzt Schwerpunkte.

Die Verantwortung für die umfassende Aufsicht und für seine Entscheide und Weisungen trägt ausschliesslich der Bundesrat. Er trägt damit in Zusammenarbeit mit der Verwaltung die operative Führungsverantwortung. Bei der Kontrolle über die Linienorganisation ist die Oberaufsicht auf genaue, transparente und vollständige Informationen angewiesen, damit sie ihre Aufgabe wahrnehmen kann. Zudem bedürfen die Empfehlungen eines Oberaufsichtsorgans letztlich der Annahme und Umsetzung durch den Bundesrat bzw. den Adressaten der Empfehlung.

6.3

Koordination mit den Oberaufsichtskommissionen

Die Aufsichtskommissionen und -delegationen des Parlamentes üben die Oberaufsicht über den Bundesrat, die Bundesverwaltung und den Bundeshaushalt aus (Art. 50 ff. ParlG). Diese Aufgaben sind demnach sachgebietsübergreifend. Da sich der Aspekt der finanziellen Relevanz meist nicht von Fragen der Geschäftsführung abgrenzen lässt, koordinieren die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane ihr Vorgehen in zeitlicher und sachlicher Hinsicht untereinander und mit den Sachbereichskommissionen (Art. 49 ParlG).

Die Koordination zwischen der Finanzdelegation und den FK erfolgt sowohl schriftlich (Briefe) als auch mündlich (Berichterstattung) und auf Sekretariatsstufe über das gemeinsame Sekretariat. Die Finanzdelegation informiert die FK über die hängigen Geschäfte, insbesondere über solche, bei denen sich der Bundesrat oder die Verwaltung ihren Anregungen oder Empfehlungen widersetzt. Dabei achtet die Finanzdelegation auf die Gewährleistung des Geheimnisschutzes (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Die Koordination zwischen den Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Finanzdelegation wird insbesondere über deren Sekretariate sichergestellt. Diese sprachen sich nicht nur bei den einzelnen Geschäften laufend ab, sondern führten 2020 auch vier gemeinsame Sitzungen durch, um sich abzustimmen und gegenseitig über die Schwerpunkte der Arbeit ihrer Aufsichtskommissionen und -delegationen zu orientieren.

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Bei wichtigen Geschäften, welche vor allem die Geschäftsführung betreffen, informiert die Finanzdelegation die GPK und FK auch schriftlich.

Vereinzelt wird die Koordination zwischen den Aufsichtskommissionen auch durch gegenseitige Mitwirkung in Subkommissionen oder Arbeitsgruppen sichergestellt, beispielsweise beim Risikomanagement des Bundes. Im Bereich der Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste ist die Zusammenarbeit in der Vereinbarung vom 1. November 2011 zwischen der Finanzdelegation und der GPDel detailliert geregelt.

6.4

Organisation der Finanzdelegation und Statistik

Die FK von National- und Ständerat wählen aus ihrer Mitte je drei Mitglieder in die Finanzdelegation, die sich selbst konstituiert (Art. 51 Abs. 1 ParlG). Präsidiert wird sie für jeweils ein Jahr abwechselnd von einem Mitglied des Nationalrates und einem Mitglied des Ständerates. Im Berichtsjahr setzte sich die Finanzdelegation zusammen aus den Mitgliedern des Ständerates Peter Hegglin (Präsident), Thomas Hefti und Eva Herzog sowie den Mitgliedern des Nationalrates Pirmin Schwander (Vizepräsident), Jean-Paul Gschwind und Ursula Schneider Schüttel.

Die Finanzdelegation arbeitet nach dem Referentensystem. Ihre Mitglieder sind für die Vorbereitung und Vertretung der Geschäfte eines oder mehrerer Departemente inklusive Behörden und Gerichte sowie einzelner Querschnittsgeschäfte zuständig.

Ihnen wird in aller Regel kein Departement zugewiesen, dessen Vorsteherin oder Vorsteher derselben Partei angehört. Um eine gewisse Kontinuität zu gewährleisten, sind die Mitglieder während mindestens zweier Jahre für dieselben Bereiche zuständig.

Die Finanzdelegation trat 2020 zu sechs ordentlichen und fünf ausserordentlichen Sitzungen zusammen. Die Neat-Subdelegation führte zwei Sitzungen durch (vgl.

Kap. 5.8.2).

Im Berichtsjahr 2020 übermittelte die EFK der Finanzdelegation 126 Prüfberichte und Notizen (Vorjahr 152), wovon die Delegation an ihren Sitzungen deren 66 vertieft diskutierte (Vorjahr 64). Die Finanzdelegation befasste sich zudem mit 108 Bundesratsbeschlüssen (Vorjahr 65). Im Weiteren prüfte sie 14 personalrechtliche Anträge der Departemente gemäss Vereinbarung 2015 (Vorjahr 5). Ferner genehmigte sie dringliche Kredite über 41,5 Milliarden Franken (vgl. Kap. 2.1).

7

Verhältnis zur Eidgenössischen Finanzkontrolle

Im Rahmen ihrer Oberaufsichtstätigkeit nimmt die Finanzdelegation das Jahresprogramm (Prüfprogramm), den Jahresbericht, die Jahresrechnung sowie den Voranschlag mit Aufgaben- und Finanzplan der EFK zur Kenntnis. Sie überwacht ferner, ob die EFK ihren gesetzlichen Auftrag rechtmässig, ordnungsmässig, zweckmässig, zielgerichtet und wirtschaftlich erfüllt.

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7.1

Funktion der EFK

2019 hat sich die Finanzdelegation eingehend mit der Rolle der EFK im Verhältnis zur parlamentarischen Oberaufsicht im Allgemeinen und zur Finanzdelegation im Besonderen befasst (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, BBl 2020 9599, Kapitel 7.1). Die Ergebnisse hat sie in ihren Handlungsgrundsätzen vom 26. November 2019 festgehalten und veröffentlicht.

Im Berichtsjahr stellte die Finanzdelegation aufgrund von Aussprachen fest, dass die Arbeit der EFK von den Geprüften grundsätzlich geschätzt wird. Die Sensibilität der EFK in der Kommunikation nach aussen wird in der Finanzdelegation weiterhin ein Thema bleiben.

In ihrer Stellungnahme zur Motion Ettlin 19.4371 an die Finanzkommission des Nationalrates hat sich die Finanzdelegation explizit für die gesetzlich vorgesehene Finanzaufsicht der EFK bei allen Bundesunternehmen ausgesprochen. Die Finanzaufsicht durch die EFK wie auch die Stellen für die Revision der zentralen Bundesverwaltung (Interne Revision) sind für die parlamentarische Finanzoberaufsicht von grosser Bedeutung. Die Reichweite der parlamentarischen Finanzaufsicht lehnt sich an jene der Prüfbefugnisse der EFK an. Deswegen akzeptiert die Finanzdelegation keine Einschränkungen in den gesetzlich vorgesehenen Prüfbefugnissen (vgl. Kapitel 4.5.2) oder Defizite in der Unabhängigkeit der Kontrollbehörden.

Gemäss Artikel 11 Absatz 2 des FKG überwacht die EFK die Aufgabenerfüllung und die Wirksamkeit der Internen Revision (IR) der Bundesverwaltung (insgesamt 70 FTE). Ebenso müssen sich die IR alle fünf Jahre betreffend Einhaltung der Standards des «Institute of Internal Auditors» (IIA-Standards) einer externen Qualitätsbeurteilung unterziehen. Im Berichtsjahr präsentierte die EFK die Ergebnisse der Überprüfungen der IR im Zeitraum von 2016­2019 der Finanzdelegation.

Es zeigte sich, dass die Standards von den IR mit unterschiedlichem Reifegrad erfüllt werden. Defizite bestehen insbesondere in der Unabhängigkeit. Die IR werden gelegentlich als Controlling-Dienstleister missverstanden. Wie bei der EFK ist auch bei den IR die Unabhängigkeit ein grundlegendes Element für die erfolgreiche Erfüllung der Aufgabe. Je nach Reifegrad (professioneller Besetzung) und faktischer Unabhängigkeit der IR in der Bundesverwaltung können diese die Prüfungstätigkeit der EFK entlasten und ergänzen sowie frühzeitig auf Mängel hinweisen.

7.2

Jahresbericht und Jahresrechnung 2019 der EFK

Die EFK erstattet der Finanzdelegation und dem Bundesrat jährlich einen Bericht über den Umfang und die Schwerpunkte ihrer Revisionstätigkeit, über wichtige Feststellungen und Beurteilungen sowie über die hängige Umsetzung von Empfehlungen mit der höchsten Wichtigkeit (Art. 14 Abs. 3 FKG). Die EFK veröffentlicht ihre Jahresberichte.

Die EFK muss den Bundesrat umgehend unterrichten, wenn sie Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder von erheblicher finanzieller Bedeutung feststellt

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(Art. 15 Abs. 3 FKG). Derartige Meldungen sowie die Stellungnahme des Bundesrates werden auch der Finanzdelegation zur Kenntnis gebracht.

Die EFK erwähnt im Jahresbericht die wichtigsten Empfehlungen, welche akzeptiert wurden, aber nicht innert Frist umgesetzt wurden. Der Bundesrat überwacht die Beseitigung der gemachten Beanstandungen bezüglich Ordnungs- und Rechtmässigkeit und die Umsetzung der Anträge im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen (Art. 14 Abs. 4 FKG).

Die Finanzdelegation nimmt zusammen mit dem Jahresbericht die Jahresrechnung der EFK zur Kenntnis. Die Jahresrechnung 2019 der EFK wurde von der Finanzkontrolle des Kantons Solothurn geprüft und entsprach den gesetzlichen Vorschriften. Die Finanzdelegation hat zudem den Management Letter zur Kenntnis genommen. Die Jahresrechnung der EFK weist 2019 um 312 022 Franken tiefere Erträge als im Voranschlag, jedoch auch einen um 918 000 Franken tieferen Globalaufwand auf. Die EFK erzielt ihren Ertrag fast ausschliesslich aus der Verrechnung ihrer Leistungen für Revisionsstellenmandate bei selbständigen Anstalten, Bundesunternehmen und angeschlossenen Organisationen. Hingegen wird aus der Revisionstätigkeit in der zentralen Bundesverwaltung sowie im Bereich der Finanzaufsicht kein Ertrag erzielt, da es sich dabei um eine hoheitliche Aufgabe handelt. Das Parlament hat die Rechnung 2019 der EFK ohne Diskussion genehmigt.

7.3

Jahresprogramm 2020 der EFK

Die EFK legt jährlich ihr Revisionsprogramm fest und bringt dieses der Finanzdelegation und dem Bundesrat zur Kenntnis (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 FKG).

Die Finanzdelegation nimmt das Jahresprogramm der EFK jeweils an ihrer Sitzung im Januar zur Kenntnis. Sie hält das Geschäft solange pendent, bis der Jahresbericht und die Jahresrechnung der EFK über das entsprechende Jahr vorliegt, um dann zu prüfen, inwieweit die EFK die Ziele ihres Jahresprogramms erreicht hat.

Gestützt auf die vom Bundesrat und Parlament gewählten Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie hat die EFK ihr Prüfprogramm 2020 gestützt auf eine neue Risikoeinschätzung umgestellt (vgl. Kapitel 4.1). Die Finanzdelegation wird über die Verschiebung von ursprünglich geplanten Prüfungen informiert, wie auch über jene Prüfungen, welche nicht mehr durchgeführt werden.

Die Finanzdelegation kann der EFK während des Jahres und bei der Behandlung des Jahresprogramms Sonderaufträge erteilen. Die EFK kann die Übernahme von Sonderaufträgen ablehnen, wenn diese die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit ihrer künftigen Prüftätigkeit oder die Abwicklung des Revisionsprogrammes gefährden (Art. 1 Abs. 2 FKG). Neben der Finanzdelegation kann auch der Bundesrat der EFK Sonderaufträge erteilen. Die EFK prüft im Auftrag des Bundesrates zum Beispiel die vom Bundesrat festgelegten IKT-Schlüsselprojekte (vgl. auch Kapitel 4.3.4).

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7.4

Voranschlag 2021 mit IAFP 2022­2024 der EFK

Die EFK reicht ihren Voranschlag direkt dem Bundesrat ein, der ihn unverändert an die Bundesversammlung weiterleitet (Art. 2 Abs. 3 FKG). Die Finanzdelegation ihrerseits prüft den Voranschlag der EFK und übermittelt ihre Einschätzungen den beiden Finanzkommissionen, welche für die Vorberatung des Voranschlags der EFK zuständig sind. Die Finanzdelegation vertritt den Voranschlag der EFK bei Bedarf vor dem Parlament (Art. 142 Abs. 3 ParlG).

Mit der Botschaft zum Voranschlag 2020 beantragte die EFK dem Parlament eine Erhöhung des Funktionsaufwands (Globalbudget) für die Jahre 2021­2023 um je rund eine Million. Mit den zusätzlichen Mitteln soll vor allem die Wirksamkeit der Kontrolltätigkeit der EFK mittels einer besseren Abdeckung der zunehmenden Risiken erhöht werden.

Die Finanzdelegation befasste sich im Juni 2020 mit dem Voranschlag 2021 und Finanzplan 2022­2024 der EFK. Sie stellte fest, dass die Eingabe der EFK mit dem vom Parlament im Dezember 2019 beschlossenen Finanzplan 2021­2023 konform ist. Der geplante Funktionsertrag für 2021 beträgt 1,14 Millionen Franken bzw. rund 455 000 Franken weniger als im Vorjahr. Dieser Rückgang ist auf die Reduktion der verrechenbaren Mandate zurückzuführen. Die Finanzdelegation wird im Frühjahr 2022 ­ bei Vorliegen der Rechnung 2021 der EFK ­ prüfen, inwieweit die EFK die mit der Erhöhung des Funktionsaufwands (Globalbudget) verbundenen Erwartungen erfüllen kann. Das Parlament hat den Voranschlag der EFK ohne Diskussion verabschiedet.

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Anhang

Empfehlungen der Finanzdelegation A) Im 2020 neu ausgesprochene Empfehlungen Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Ruhegehältern an Magistratspersonen vom 01.09.2020 (siehe Kapitel 4.2)

Keine rückwirkende Ausrichtung von Ruhegehältern an Magistratspersonen Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, auf eine rückwirkende Ausrichtung von Ruhegehältern für ehemalige Mitglieder des Bundesrats zu verzichten.

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Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des Bundesrats vom 28. Oktober 2020 Bei Anträgen von ehemaligen Bundesratsmitgliedern, die bis zu einer allfälligen Anpassung der Rechtsgrundlagen durch das Parlament einen Antrag auf eine rückwirkende Auszahlung nicht bezogener Ruhegehälter stellen, muss der Bund gemäss rechtlicher Beurteilung des Bundesrats die Verjährung geltend machen im Falle von Ruhegehaltszahlungen, die länger als fünf Jahre zurückliegen. Im Übrigen erachtet der Bundesrat die Empfehlung der Finanzdelegation als erfüllt.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 23. November 2020 Die Finanzdelegation anerkennt, dass der Bundesrat das Anliegen der Finanzdelegation teilweise erfüllt hat. Sie verzichtet darauf, auf einer vollständigen Umsetzung ihrer Empfehlung ­ inklusive Verzicht auf eine rückwirkende Auszahlung von Ruhegehältern bis fünf Jahre ab einer Antragstellung ­ zu beharren. Sie begrüsst den Beschluss des Bundesrats von Anfang Juli 2020, die Einforderung nicht bezogener Ruhegehälter für Mitglieder des Bundesrates und für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler, die ab 1. Juli 2020 im Amt sind, auszuschliessen und dem Parlament gegebenenfalls eine Präzisierung der rechtlichen Bestimmungen vorzulegen.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Die Empfehlung wurde bis Ende 2020 teilweise umgesetzt. Sie bleibt pendent.

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B) Hängige Empfehlungen Hochseeschiffe Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

1. Verlustminimierung als oberstes Ziel im Krisenfall Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, im Falle von finanziell in Schieflage geratenen Hochseeschiffen mit Solidarbürgschaften im Sinne der Schadensminimierung umgehend geeignete Massnahmen einzuleiten, sobald mit dem Bund und den finanzierenden Banken vereinbarte Amortisationspläne seitens der Schiffsgesellschaften nicht eingehalten werden.

9. Solidarbürgschaften meiden Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, das Instrument der Solidarbürgschaft in Zukunft nicht mehr einzusetzen.

Die bestehenden Solidarbürgschaften sind zu überprüfen und nach Möglichkeit in einfache Bürgschaften umzuwandeln.

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des Bundesrats vom 4. September 2019 Der Bundesrat stimmt der Empfehlung zu. Er erachtete diese als bereits umgesetzt.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 7. November 2019 und 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation erachtete die Empfehlung im November 2019 in Bezug auf die Anpassung der Verfahrensabläufe als umgesetzt, wollte aber prüfen, ob das Konzept beim Verkauf weiterer Schiffe den Praxistest bestehen würde.

Das BWL informierte die Finanzdelegation Ende Mai 2020 anhand konkreter Beispiele, wie das WBF/BWL beim Verkauf weiterer Schiffe vorgegangen ist und das Konzept umgesetzt hat.

Die Finanzdelegation hat die Informationen zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er betrachtet sie als erfüllt.

Die Finanzdelegation betrachtet die Empfehlung als teilweise umgesetzt.

Sie wird die Umsetzung im Falle weiterer Schiffsverkäufe weiterverfolgen.

Stellungnahme des Bundesrats vom 26. Februar 2020 Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen und verwaltungsinterne Abklärungen getroffen. Er lehnt einen vollständigen Verzicht auf Solidarbürgschaften ab. Das Instrument kann unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und wirtschaftlich sein. Das Parlament hat das Instrument mehrfach, teils auf Antrag der vorberatenden Kommissionen, in Gesetze eingefügt.

Der Bundesrat geht mit der Finanzdelegation einig, dass einfache Bürgschaften für den Bund im Grundsatz weniger Risiken bergen als Solidarbürgschaften. Wenn eine einfache Bürgschaft genügt, um den Förderzweck zu erreichen, so ist diese einer Solidarbürgschaft vorzuziehen. Wenn sich der Zweck aber nur mit einer Solidarbürgschaft erreichen lässt, so sollte diese Möglichkeit offenbleiben.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen und verwaltungsintern Prüfaufträge erteilt.

Die Empfehlung ist teilweise umgesetzt in Bezug auf die Prüfung der Möglichkeit, bestehende Solidarbürgschaften in einfache Bürgschaften umzuwandeln.

Die Finanzdelegation erwartet, dass der Bundesrat bei

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Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

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Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Der Bundesrat will dem Parlament ferner die Aufhebung jener Gesetzesgrundlagen für Bürgschaften und Garantien beantragen, die heute und in absehbarer Zukunft nicht verwendet werden (Bürgschaften im Kulturförderungs-, Film- und Umweltschutzgesetz).

Er wird die Voraussetzungen und Leitplanken für die Ausgestaltung von Bürgschaften in den Leitfaden zur Subventionsberichterstattung in Botschaften aufnehmen.

Bei der Beschlussfassung über die für die Gewährung von Bürgschaften nötigen Verpflichtungskredite kann auch das Parlament weiterhin Einfluss auf die Art und Höhe der durch den Bund zu gewährenden Bürgschaften nehmen.

Weitere Einzelheiten siehe öffentlicher Bericht des Bundesrates an die Finanzdelegation vom 26. Februar 2020 betreffend Empfehlungen 6 bis 9 des Untersuchungsberichts der Finanzdelegation.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation besprach die Stellungnahme des Bundesrats mit dem Vorsteher des WBF. Sie nahm davon Kenntnis, dass der Bundesrat nicht grundsätzlich auf das Instrument von Solidarbürgschaften verzichten will und eine Umwandlung von bereits gesprochenen Solidarbürgschaften in vielen Bereichen als unrealistisch erachtet.

Sie anerkennt, dass ausserhalb des Bereichs der Hochseeschifffahrt in besonderen Fällen Solidarbürgschaften als Instrument sinnvoll eingesetzt werden können, dies allerdings unter klar definierten Bedingungen. Die Finanzdelegation selbst hat am 21. März und 7. April 2020 dringliche Verpflichtungskredite im Umfang von 30 Milliarden Franken genehmigt, um mit Solidarbürgschaften des Bundes Darlehen an KMU, die unter den Folgen des Coronavirus leiden, finanziell abzufedern.

In solchen Fällen muss der Bund die Rahmenbedingungen klar definieren, die Risiken vorgängig vertieft abklären und die finanzierenden Geldinstitute stärker als bei den Solidarbürgschaften für Hochseeschiffe in die Pflicht nehmen, beispielsweise durch eine Beteiligung

der Einsetzung des Instruments Zurückhaltung übt.

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Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

am Verlustrisiko, wie dies bei den Covid-19-Solidarbürgschaften der Fall war.

Die Finanzdelegation beharrt nicht auf der vollständigen Umsetzung ihrer Empfehlung, erwartet aber, dass der Bundesrat bei der Einsetzung des Instruments Zurückhaltung übt.

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C) Hängige Empfehlungen Informatik Empfehlung der Finanzdelegation an den Bundesrat zur Bundesinformatik vom 5. März 2014 (siehe Kapitel 4.3.1)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Zentrale Führung und Steuerung Die Finanzdelegation ist klar der Ansicht, dass die zentrale Führung und Steuerung im Bereich der Querschnittfunktionen weiter zu stärken sind. Sie erwartet, dass das ISB mit der IKT-Strategie 2016 ­ 2019 energischer als bisher die Gesamtsicht der Informatik im Bund wahrnimmt und ihre Steuerung in diesem Bereich ausbaut.

Dazu ist unabdingbar, dass eine IKT-Architektur für den Bund festgelegt und IKT-Leistungen, welche die Verwaltungseinheiten in gleicher oder ähnlicher Funktionalität und Qualität benötigen, vermehrt als IKT-Standarddienste definiert und zentral gesteuert und geführt werden.

Letzte Stellungnahme des EFD vom 23. November 2020 Seit dem 1. Januar 2021 ist der neu geschaffene Bereich «Digitale Transformation und IKT- Lenkung (DTI)» in der Bundeskanzlei für alle Aufgaben zuständig, welche mit der Empfehlung zusammenhängen. Sie hat die Aufgaben vom ehemaligen Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) übernommen, das Ende 2020 aufgelöst wurde.

Die BinfV wurde am 1. Januar 2021 durch die neue Verordnung über die digitale Transformation und die Informatik (VDTI) abgelöst.

Betreffend die IKT-Lenkung entsprechen die Weisungsbefugnisse des Bereichs DTI in der Bundeskanzlei weitgehend denjenigen des ehemaligen ISB. Im Vergleich zum ISB ist der Bereich DTI jedoch auch für die Koordination der digitalen Transformation der Bundesverwaltung verantwortlich und übernimmt die Aufgaben der Geschäftsstelle Digitale Schweiz des BAKOM sowie der Fachstelle GEVER Bund innerhalb der BK.

Gemäss der neuen VDTI hat der Bundeskanzler weitreichende Kompetenzen im Bereich der IKT-Standarddienste mit Bezugszwang und der Schlüsselprojekte sowie bei der Zuweisung der zentral eingestellten IKT-Mittel.

Laut der IKT-Strategie des Bundes 2020 ­ 2023 soll auf allen Stufen eine Kultur des Dialogs und der engen Kooperation zwischen Geschäft und IKT gepflegt werden. Die Steuerung der IKT soll im Geschäft integriert sein.

Der Rat für digitale Transformation und IKT-Lenkung des Bundes (Digitalisierungsrat) ersetzt den IRB. Der Digitalisierungsrat berät als departementsübergreifendes Organ den Bereich DTI-Delegierten bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Anders als der ehemalige IRB setzt er sich zusammen aus dem Delegierten DTI (Leitung) sowie je einem Vertreter bzw. einer Vertreterin jedes Departements, der Informatikbetreiberkonferenz, des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit

Der Bundesrat hat die Empfehlungen grundsätzlich angenommen.

Sie wurden mit dem neuen IKT-Lenkungsmodell nur teilweise umgesetzt.

Die nächste Nachkontrolle und Neubeurteilung der Empfehlung erfolgt im 2021 mit dem neuen Bereich DTI der Bundeskanzlei.

Revision der BinfV Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat zu prüfen, inwieweit die Kompetenzen und Weisungsbefugnisse des ISB in der BinfV klarer definiert und ausgebaut werden können und welche Rolle dem Informatikrat Bund (IRB) inskünftig zugewiesen werden soll.

IKT-Mittelfristplanung Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat mit Blick auf die nächste Revision der BinfV, das heutige System der finanziellen IKT-Steuerung auf Verbesserungspotenzial zu prüfen und dabei eine bundesweite IKTMittelfristplanung verbindlich umzusetzen.

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Empfehlung der Finanzdelegation an den Bundesrat zur Bundesinformatik vom 5. März 2014 (siehe Kapitel 4.3.1)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

(NCSC), des Bundesamtes für Statistik (BFS) und dem Beauftragten des Bundes und der Kantone für die digitale Verwaltung Schweiz.

Ausser für die Weiterentwicklung der IKT-Standarddienste sowie bei den zentral eingestellten IKT-Mitteln erfolgt die Budgetierung der IKT-Mittel des Bundes weiterhin dezentral. Gemäss IKT-Strategie des Bundes 2020­2023 sollen jedoch Planungsdisziplinen etabliert werden, die ein optimales Zusammenwirken von Geschäft und IKT in der digitalen Transformation sicherstellen. Dazu soll eine Unternehmensarchitektur als strategisches Planungsinstrument der Bundesverwaltung aufgebaut werden. Dies auch um sicherzustellen, dass bei der Digitalisierung bundesweit geringe Redundanzen, jedoch auch nur minimale Lücken bei Prozessen, Applikationen und Infrastrukturen entstehen.

IKT-Architektur Bund Die Finanzdelegation erwartet, dass überdepartementale Synergien in Zukunft frühzeitig erkannt und genutzt werden. Sie empfiehlt dem Bundesrat deshalb, in die IKTStrategie 2016­2019 den Aufbau eines bundesweiten IKT-Architektur-Managements einschliesslich einer bundesweiten Mittelfristplanung im Bereich IKT-Architektur aufzunehmen. Als Oberaufsicht wird die Finanzdelegation die IKT-Architekturentwicklung im Bund aufmerksam begleiten.

Letzte Stellungnahme des EFD vom 23. November 2020 Das Thema «IKT-Architektur Bund» wird gemäss Masterplan zur IKT-Strategie des Bundes 2020­2023 hauptsächlich im Rahmen der strategischen Initiative «Once-Only Prinzip» schrittweise vorangetrieben. In einem ersten Schritt werden bis Ende 2022 Architekturfähigkeiten sowie Fähigkeiten zum Informations-/Datenmanagement bundesweit aufgebaut und etabliert.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Die Umsetzung erfolgt schrittweise und in langer Frist, allenfalls nur teilweise.

Die nächste Nachkontrolle erfolgt im 2021 mit dem neuen Bereich DTI der Bundeskanzlei.

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D) Hängige Empfehlungen Beschaffungscontrolling Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zum Beschaffungscontrolling vom 12. Dezember 2017 (siehe Kapitel 4.4.1)

Beschaffungsstrategie Bund Die FinDel fordert den Bundesrat auf, spätestens auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des totalrevidierten BöB eine kohärente bundesweite «Beschaffungsstrategie Bund» mit konkreten Stossrichtungen und Zielen zu beschliessen. Diese sollen den Beschaffungsstellen des Bundes als Rahmen für die Festlegung und Umsetzung ihrer eigenen operativen Ziele dienen. Die Umsetzung der Ziele wird mit dem strategischen Beschaffungscontrolling gesteuert und überprüft. Dieses soll nicht nur als Instrument für die Berichterstattung, sondern auch als Instrument der Führungsunterstützung genutzt werden.

Reform der Beschaffungsprozesse des Bundes Die FinDel fordert den Bundesrat auf, in einem ersten Schritt die bestehenden Beschaffungsprozesse in der Bundesverwaltung in bundesweit gültige Standardbeschaffungsprozesse zu überführen und diese unter eine einheitliche Führung (Prozessverantwortung) zu stellen. Ziel sollte sein, die Beschaffungsverfahren in der Verwaltung speditiver und kostengünstiger durchzuführen, Synergien zu erzielen und Skaleneffekte zu realisieren. Die FinDel regt an, in

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Stellungnahme des Departements (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des EFD vom 23. November 2020 Die Beschaffungsstrategie sieht vor, dass die Überprüfung und die Steuerung der Zielerreichung künftig mit dem strategischen Beschaffungscontrolling vorgenommen werden. Dieses soll nicht nur als Instrument der Berichterstattung, sondern auch als Instrument der strategischen Steuerung und der Führungsunterstützung dienen.

Die kommentierten Ergebnisse der Erhebungen werden den zuständigen Ausschüssen der BKB und KBOB zugestellt, welche dies vorberatend prüfen und der BKB und der KBOB zur Verabschiedung vorlegen. Auf dieser Grundlage können BKB und KBOB den Umsetzungsstand aus strategischer Sicht prüfen und ggf. weitergehende Massnahmen ergreifen.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 23. November 2020 Der Bundesrat hat die Beschaffungsstrategie Ende 2020 veröffentlicht. Die FinDel möchte die Konkretisierung der Strategie durch die BKB und KBOB sowie die Handhabung und Umsetzung zur Kenntnis nehmen, bevor sie die Empfehlung als erledigt abschreibt. Vgl. Ziffer 4.4.5.

Die Empfehlung wurde angenommen.

Die Umsetzung ist weit fortgeschritten.

Die Strategie ist rechtzeitig vor in Kraft treten der neuen gesetzlichen Grundlagen beschlossen und veröffentlicht worden.

Die FinDel will die Umsetzung der Massnahmen abwarten. Die Empfehlung ist daher noch hängig.

Stellungnahme des EFD vom 23. November 2020 Mit dem Projekt GENOVA@BIL werden im Bereich der Geschäftsverwaltung die Beschaffungsprozesse bundesweit harmonisiert, standardisiert und digitalisiert.

Die Empfehlung wurde teilweise angenommen.

Die Umsetzung ist aufgenommen worden.

Die Empfehlung ist noch hängig.

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Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zum Beschaffungscontrolling vom 12. Dezember 2017 (siehe Kapitel 4.4.1)

Stellungnahme des Departements (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit die heutige Beschaffungsstruktur des Bundes mit den zentralen Beschaffungsstellen, verschiedenen dezentralen Beschaffungsorganisationen bei Bedarfsstellen, der BKB und der KBOB an die standardisierten Beschaffungsprozesse angepasst werden müsste.

Die Beschaffungsprozesse werden auf Basis von Acta Nova (GEVER) verwaltungseinheitsübergreifend digitalisiert, damit diese künftig vollumfänglich digital und End-to-end abgewickelt werden können. Bis Ende 2020 werden hierzu noch Piloten durchgeführt. Einer positiven Testphase vorausgesetzt, können sie ab Mitte nächstem Jahr in einer ersten Version ausgerollt werden. Für diese erste Version erscheint bei weiterhin positivem Projektverlauf eine umfassende erste Anwendung in der Bundesverwaltung per 2022 realistisch zu sein.

Verbesserung der Datenqualität des Beschaffungscontrollings Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, die Qualität der Daten für das Beschaffungscontrolling mittels Einführung einer einzigen Stammdatenverwaltung in der Bundesverwaltung und klarer Vorgaben für die Erfassung der Beschaffungsdaten weiter zu verbessern.

Stellungnahme des EFD vom 23. November 2020 Der Aufbau der zentralen Stammdatenverwaltung für Geschäftspartner (Kreditoren und Debitoren) wird im Programm SUPERB durch das Projekt MDG betreut. Die ersten Verwaltungseinheiten werden Ende 2021 auf die neue Plattform wechseln. Das neue Vertrags- und Vergabemanagement auf Basis von SAP Standardkomponenten befindet sich im Projekt Beschaffung des Programmes SUPERB im Aufbau. Auf Basis dieser beiden Bereiche soll das neue, verbesserte Beschaffungscontrolling aufsetzen.

Status

Die Empfehlung wurde angenommen.

Die Umsetzung ist aufgenommen worden.

Die Empfehlung ist noch hängig.

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BBl 2021 1690

E) Im Jahre 2020 erledigte Empfehlungen Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

2. Erarbeitung einer klaren Abwicklungsstrategie vor Ausbruch einer Liquiditätskrise Die Finanzdelegation ersucht den Bundesrat, in Zusammenarbeit mit den Gesellschaftsorganen und den Eigentümern und gestützt auf die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Liquidation der SCLund SCT-Gesellschaften eine klare Abwicklungsstrategie mit Meilensteinen zu erarbeiten. Dabei ist zu prüfen, inwiefern andere Lösungskonzepte wie ein Konkurs oder eine Nachlassstundung (allenfalls mit einer Auffanggesellschaft) als Alternative den Verlust des Bundes reduzieren oder den Schaden eliminieren könnten.

3. Erarbeitung von nachvollziehbaren Bewertungskriterien Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, die Erfahrungen aus dem Verkauf der SCL- und SCT-Flotte aufzuarbeiten und bei Schiffsverkäufen insbesondere Kriterien zur Beurteilung von eingegangenen Offerten, deren Gewichtung und den Selektionsprozess festzulegen.

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Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des Bundesrats vom 4. September 2019 Der Bundesrat begrüsst die Empfehlung. Er erachtete diese als bereits umgesetzt, da das WBF hat in enger Absprache mit der EFV die Vorgaben der Empfehlung umgesetzt hat.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 7. November 2019 und 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation erachtete die Empfehlung am im November 2019 in Bezug auf die Anpassung der Verfahrensabläufe als umgesetzt, wollte aber prüfen, ob das Konzept beim Verkauf weiterer Schiffe den Praxistest bestehen würde.

Das BWL informierte die Finanzdelegation Ende Mai 2020 anhand konkreter Beispiele, wie das WBF/BWL beim Verkauf weiterer Schiffe vorgegangen ist und das Konzept umgesetzt hat.

Die Finanzdelegation hat die Informationen zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er betrachtet sie als erfüllt.

Die Finanzdelegation betrachtet die Empfehlung als umgesetzt.

Stellungnahme des Bundesrats vom 4. September 2019 Der Bundesrat stimmt der Empfehlung zu. Er erachtete diese als bereits umgesetzt.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 7. November 2019 und 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation erachtete die Empfehlung am im November 2019 in Bezug auf die Anpassung der Verfahrensabläufe als umgesetzt, wollte aber prüfen, ob das Konzept beim Verkauf weiterer Schiffe den Praxistest bestehen würde.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er betrachtet sie als erfüllt.

Die Finanzdelegation betrachtet die Empfehlung umgesetzt.

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Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Das BWL informierte die Finanzdelegation Ende Mai 2020 anhand konkreter Beispiele, wie das WBF/BWL beim Verkauf weiterer Schiffe vorgegangen ist und das Konzept umgesetzt hat.

Die Finanzdelegation hat die Informationen zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

4. Gewährleistung einer Wettbewerbssituation unter den Kaufinteressenten Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, sich im Rahmen von Verkäufen von Hochseeschiffen mit Bundesbürgschaften nicht auf eine Handlungsoption zu beschränken. Vielmehr ist im Sinne der Schadensminimierung eine echte Wettbewerbssituation unter den Mitbewerbern zu gewährleisten.

Stellungnahme des Bundesrats vom 4. September 2019 Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen. Sie deckt sich vollumfänglich mit den Erfahrungen aus den bisherigen Schiffsverkäufen und den mittlerweile geltenden bundesinternen Vorgaben. Der Bundesrat erachtete diese Empfehlung deshalb als bereits umgesetzt.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 7. November 2019 und 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation erachtete die Empfehlung am im November 2019 in Bezug auf die Anpassung der Verfahrensabläufe als umgesetzt, wollte aber prüfen, ob das Konzept beim Verkauf weiterer Schiffe den Praxistest bestehen würde.

Das BWL informierte die Finanzdelegation Ende Mai 2020 anhand konkreter Beispiele, wie das WBF/BWL beim Verkauf weiterer Schiffe vorgegangen ist und das Konzept umgesetzt hat.

Die Finanzdelegation hat die Informationen zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er betrachtet sie als erfüllt.

Die Finanzdelegation betrachtet die Empfehlung als umgesetzt.

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BBl 2021 1690

Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

5. Schutz vor Indiskretionen bei geheimen und vertraulichen Informationen Die Finanzdelegation empfiehlt dem Bundesrat, geeignete Massnahmen zu ergreifen, damit geheim oder vertraulich klassifizierte Informationen in Zukunft nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen. Bei Indiskretionen sollten alle verfügbaren juristische Mittel ergriffen und die rechtlich möglichen Sanktionen ausgeschöpft werden.

6. Unterschriftenregelung des Bundes bei Verkaufsverträgen Die Finanzdelegation ersucht den Bundesrat zu prüfen, inwiefern der Bund als Bürge Verträge zum Verkauf von Hochseeschiffen mit Bundesbürgschaften mitunterzeichnen soll.

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Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des Bundesrats vom 4. September 2019 Der Bundesrat ist sich des Problems von Indiskretionen bewusst. Indiskretionen, namentlich bei vertraulichen und geheimen Informationen, drohen das Vertrauen in die bundesinternen Entscheidfindungsprozesse zu beeinträchtigen. Der Bundesrat hat in den letzten Jahren bereits verschiedene Massnahmen getroffen, um die Risiken der Weitergabe von Informationen an die Öffentlichkeit zu reduzieren. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass weitergehende Massnahmen zu keiner wesentlichen Verbesserung der Situation führen werden.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 7. November 2019 Die Finanzdelegation hat die Stellungnahme des Bundesrates zur Kenntnis genommen und schreibt die Empfehlung ab.

Der Bundesrat hat die Empfehlung abgelehnt.

Die Finanzdelegation hat davon Kenntnis genommen und schreibt die Empfehlung ab.

Stellungnahme des Bundesrats vom 26. Februar 2020 Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen und das unterschiedliche Vorgehen bei der Vertragsgestaltung durch den Bund bei der Abwicklung der Schiffsverkäufe nach erfolgten Bürgschaftsziehungen nochmals vertieft prüfen lassen.

Er kommt zum Schluss, dass im Falle weiterer Verkäufe jeweils im Einzelfall zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang sich der Bund von einer zusätzlichen Einbindung bei der Vertragsgestaltung eine vorteilhaftere Position im Hinblick auf einen erfolgreichen Verkauf und die Minimierung des Verlusts des Bundes verspricht. Aus der engeren Einbindung des Bundes in die Transaktion des Flottenverkaufs mit der Käuferschaft bei den SCL-/SCT-Schiffen lassen sich keine generellen Schlüsse oder Richtlinien für andere Verkäufe ableiten. Die Mitunterzeichnung einzelner Verpflichtungen in einem Verkaufsver-

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er hat eine rechtliche Prüfung vorgenommen.

Die Empfehlung ist umgesetzt.

BBl 2021 1690

Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

trag im Rahmen einer Transaktion, namentlich bei einem Blockverkauf, in die der Bund ­ wie im Falle der SCL-/SCT-Schiffsgesellschaften ­ durch die Besicherung von Überbrückungskrediten eng eingebunden ist, kann sich auch in Zukunft wieder als sinnvoll erweisen.

Weitere Einzelheiten siehe öffentlicher Bericht des Bundesrates an die Finanzdelegation vom 26. Februar 2020 betreffend Empfehlungen 6 bis 9 des Untersuchungsberichts der Finanzdelegation.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation hat die Stellungnahme zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

7. Teilrechtwahl in Verkaufsverträgen Die Finanzdelegation erachtet es als erforderlich, fundierte rechtliche Abklärungen ­ z. B. im Rahmen eines Rechtsgutachtens ­ zur Frage zu treffen, ob die Teilrechtwahl bei Vertragswerken zum Verkauf von Hochseeschiffen einer Beurteilung durch schweizerische Gerichte standhalten kann. Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass aus den Abklärungen eine einheitliche Praxis zum künftigen Verkauf von Hochseeschiffen mit Bundesbürgschaften abgeleitet wird.

Stellungnahme des Bundesrats vom 26. Februar 2020 Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen und ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Gestützt darauf kommt er zum Schluss, dass angesichts der Stellung des Bundes als Bürge und der Besonderheiten, die jeden Schiffsverkauf auszeichnen, kein Anlass für ein standardisiertes Verfahren besteht. Vielmehr sind im Einzelfall die Umstände zu berücksichtigen und dabei die Vor- und Nachteile namentlich bei der Ausgestaltung von Rechtswahlklauseln abzuwägen.

Weitere Einzelheiten siehe öffentlicher Bericht des Bundesrates an die Finanzdelegation vom 26. Februar 2020 betreffend Empfehlungen 6 bis 9 des Untersuchungsberichts der Finanzdelegation.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation hat die Stellungnahme zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er hat eine rechtliche Prüfung vorgenommen.

Die Empfehlung ist umgesetzt.

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BBl 2021 1690

Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

8. Verzicht auf sukzessive Freihandvergaben Die Finanzdelegation erkennt an, dass die Bewältigung unvorhersehbarer Krisen grundsätzlich Ausnahmesituationen darstellen und teilweise Ausnahmelösungen erfordern. Zur Überwindung unvorhersehbarer Krisensituationen sind jedoch seitens des Bundes die vom Gesetzgeber vorgegebenen rechtlichen Bestimmungen einzuhalten. In diesem Sinne empfiehlt die Finanzdelegation dem BR, dafür zu sorgen, dass in analogen Fällen zu den SCL/SCT-Gesellschaften die im Bund zuständigen Stellen ­ geeignete Massnahmen treffen, um im Krisenfall sukzessive Kostendacherhöhungen mittels freihändiger Vergaben zu vermeiden, ­ in aller Regel Konkurrenzofferten einholen und ­ Beratungsverträge vor Auftragsbeginn rechtsgültig abschliessen und datieren.

Weiterentwicklung im Bereich IKT-Controlling Die Finanzdelegation fordert den Bundesrat auf, die Steuerungsvorgaben und -instrumente für Informatikprojekte bundesweit vermehrt zu harmonisieren und vor allem bei den IKT-Schlüsselprojekten eine Zentralisierung des Controllings (Steuerung und Überwachung) bei einer verantwortlichen Stelle zu prüfen, um bei den strategisch wichtigen IKT-Vorhaben des Bundes eine einheitliche professionelle Steuerung zu garantieren.

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Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Stellungnahme des Bundesrats vom 26. Februar 2020 Der Bundesrat teilt die Beurteilung der Finanzdelegation und unterstützt deren Empfehlung. Die Bewältigung unvorhersehbarerer Krisensituationen stellt eine Ausnahmesituation dar. Wichtig ist die Antizipation des Beschaffungsbedarfs im Hinblick auf mögliche Entwicklungen und Krisensituationen. Der Umgang und die Überwindung von Krisensituationen beginnen bei der Identifizierung von Risiken und setzen eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Krisenszenario und auch einem allfälligen Beschaffungsbedarf voraus. Das WBF wird diesem Aspekt bei der Aufarbeitung der Risiken im Rahmen der Administrativuntersuchung betreffend Organisation, Strukturen und Prozesse in der wirtschaftlichen Landesversorgung Beachtung schenken.

Weitere Einzelheiten siehe öffentlicher Bericht des Bundesrates an die Finanzdelegation vom 26. Februar 2020 betreffend Empfehlungen 6 bis 9 des Untersuchungsberichts der Finanzdelegation.

Beurteilung der Finanzdelegation vom 27. Mai 2020 Die Finanzdelegation hat die Stellungnahme zur Kenntnis genommen und erachtet ihre Empfehlung als umgesetzt.

Der Bundesrat hat die Empfehlung angenommen.

Er hat eine rechtliche Prüfung vorgenommen.

Die Empfehlung ist umgesetzt.

Stellungnahme des Bundesrats Der Bundesrat lehnt die Empfehlung ab. Mit dem halbjährlichen Bericht des ISB zu den IKT-Schlüsselprojekten ist ein zentrales Reporting an den Bundesrat, die Finanzdelegation und der GPK installiert worden. Der Bundesrat lehnt die Zentralisierung der Verantwortung für die IKT-Schlüsselprojekte und der Projektsteuerung ab. Diese würde neue Gefahren bergen und namentlich die Verantwortlichkeiten für den Projekterfolg verwischen. Die Harmonisierung wird durch zentrale Vorgaben erreicht.

Beurteilung der Finanzdelegation

Der Bundesrat hat die Empfehlung abgelehnt.

Die Finanzdelegation hat davon Kenntnis genommen.

Sie plant, das Anliegen ausserhalb des Empfehlungscontrollings langfristig weiterzuverfolgen.

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Empfehlungen der Finanzdelegation an den Bundesrat zu Verkauf Hochseeschiffe vom 27.06.2019 (siehe Kapitel 5.7.4)

Stellungnahme des Bundesrats (Kurzfassung) Beurteilung der Finanzdelegation (Kurzfassung)

Status

Die Finanzdelegation hat von der Ablehnung Kenntnis genommen.

Sie verfolgt das Anliegen, bei den IKT-Schlüsselprojekten eine Zentralisierung des Controllings (Steuerung und Überwachung) bei einer einzigen verantwortlichen Stelle zu prüfen, in einem langfristigen Horizont ausserhalb des Empfehlungscontrollings weiter.

Abschaffung einer Bagatellsubvention Die Finanzdelegation empfiehlt der Vorsteherin des UVEK, eine Streichung der Finanzhilfe an den Fonds zur Förderung der Wald und Holzforschung (Bagatellsubvention) zu prüfen.

Die ehemalige Vorsteherin des UVEK war mit der Finanzdelegation einig, dass es sich bei dem Betrag von 770 000 Franken um eine kleine Subvention handelt und der Fonds aufgrund der von der EFK festgestellten Mängel in dieser Form nicht weitergeführt werden kann.

Das UVEK prüfte gemeinsam mit den Kantonen, ob mit einer alternativen Lösung der unbestrittene Anpassungsbedarf gedeckt und gleichzeitig die Qualitäten des heutigen Fonds erhalten werden können. Praxis und Forschung sowie die Kantonalen Verwaltungen der Wald- und Holzwirtschaft hatten klar geäussert, dass die unterstützte Forschung durch den bisherigen WHFF eine wichtige Lücke schliesst.

Die neue Vorsteherin des UVEK hat die Finanzdelegation im Juni 2020 informiert, dass eine neue Zusammenarbeitsform der zwei Förderinstitutionen mit einer Vereinbarung zwischen der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL) und dem BAFU geregelt werden konnte. Die Entscheid- und Finanzflüsse von Bund und Kantonen erfolgen demnach klar getrennt. Da die Abwicklung der Geschäfte im Rahmen des Normalbetriebs erfolgt, sind die Verwaltungskosten beim Bund sehr tief.

Die Finanzdelegation hält fest, dass die Empfehlung mit der nun gefundenen Lösung auf andere Art und Weise aber in ihrem Sinne erledigt wurde. Sie schliesst dieses Geschäft somit ab.

Das UVEK hat die Empfehlung angenommen.

Die Umsetzung ist 2020 erfolgt.

Die Forschungsförderung wird in einer neuen Vereinbarung zwischen KWL und BAFU geregelt, die Entscheid- und Finanzflüsse erfolgen getrennt, die Verwaltungskosten sind tief.

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