BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

zu 17.423 Parlamentarische Initiative Mitwirkungspflicht im Asylverfahren.

Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 16. Oktober 2020 Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Januar 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Staatspolitischen Kommission vom 16. Oktober 20201 betreffend die parlamentarische Initiative Rutz 17.423 «Mitwirkungspflicht im Asylverfahren.

Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Januar 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Nationalrat Gregor Rutz hat am 17. März 2017 die parlamentarische Initiative 17.423 «Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen» eingereicht.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat der parlamentarischen Initiative am 1. Februar 2018 Folge gegeben. Am 21. Juni 2018 stimmte die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) dieser Initiative ebenfalls zu.

Als erstberatende Kommission oblag es der SPK-N, eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative auszuarbeiten.

Der Gesetzesentwurf der SPK-N sieht vor, dass eine asylsuchende Person im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht im Asylverfahren und beim Vollzug der Wegweisung verpflichtet werden kann, Personendaten auf elektronischen Datenträgern durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) auswerten zu lassen, wenn ihre Identität nicht auf andere Weise festgestellt werden kann. Der Entwurf regelt zudem die möglichen Datenträger, welche ausgewertet werden können, die Dauer der Zwischenspeicherung der Daten, die Aufbewahrung der Daten sowie das Verfahren zur Auswertung der elektronischen Datenträger. Am 20. Februar 2020 hat die SPK-N zu dieser Vorlage die Vernehmlassung eröffnet; diese dauerte bis zum 4. Juni 2020.

Im Rahmen der Vernehmlassung sind 53 Stellungnahmen eingegangen. Insgesamt haben 25 Kantone, fünf politische Parteien, zwei Dachverbände der Wirtschaft sowie 21 weitere interessierte Kreise eine Stellungnahme eingereicht. 24 Kantone unterstützen die Vorlage grundsätzlich. Der Kanton NE lehnt die Vorlage ab. Von den fünf politischen Parteien, die Stellung genommen haben, unterstützen die CVP, die FDP sowie die SVP die Vorlage. Die GPS und die SP lehnen die Vorlage ab. Von den Verbänden, die sich zur Vorlage geäussert haben, befürwortet der Schweizerische Gewerbeverband die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen, während sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund dagegen äussert. Die überwiegende Mehrheit der weiteren interessierten Kreise lehnt die Vorlage ab.

Am 16. Oktober 2020 hat die SPK-N die Ergebnisse der Vernehmlassung2 zur Kenntnis genommen. Eine Minderheit der SPK-N lehnt die Vorlage nach der Vernehmlassung ab und beantragt Nichteintreten. Eine Mehrheit erachtet die vorgeschlagenen Massnahmen als sinnvoll und effizient, um bei einem ausgewiesenen Bedarf
Informationen über die Identität von Asylsuchendenden zu erhalten. Sie ist der Auffassung, dass der Klärung der Identität in einem Asyl- und Wegweisungsverfahren eine zentrale Bedeutung zukommt und dass die Asylsuchenden im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht massgeblich zu dieser Klärung beitragen müssen. Aus diesem Grund sollen im Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) 3 die Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden 2

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Zu den Ergebnissen der Vernehmlassung vgl.www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Sachbereichskommissionen > Staatspolitische Kommission > Berichte und Vernehmlassungen > Berichte SPK-N > 20170423.

SR 142.31

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und die Kompetenzen der zuständigen Behörden bei der Identitätsklärung auf den Zugriff auf mobile Datenträger ausgeweitet werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Identität der betroffenen Person nicht auf andere Weise festgestellt werden kann.

Artikel 8 AsylG soll mit einem neuen Buchstaben g entsprechend ergänzt werden.

Verweigert die asylsuchende Person die Einsicht in ihr Mobiltelefon oder ihren Laptop, wird dies im Rahmen der Glaubwürdigkeitsprüfung beim Entscheid über das Asylgesuch berücksichtigt. Eine solche Verweigerung kann letztlich dazu führen, dass das Asylgesuch abgelehnt oder abgeschrieben wird (Art. 8 Abs. 3 bis sowie Art. 31a Abs. 4 AsylG). Die von einer Minderheit zusätzlich geforderte zwangsweise Abnahme elektronischer Datenträger lehnt die Mehrheit der SPK-N hingegen ab.

Der Mehrheit der SPK-N ist es ein wichtiges Anliegen, dass die vorgeschlagenen Massnahmen verhältnismässig sind und dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Sie schlägt daher eine Bestimmung vor, wonach die betroffenen Asylsuchenden mit der Aufforderung zur Abgabe des elektronischen Datenträgers umfassend über ihre Rechte und Pflichten zu informieren sind (vgl. Art. 8a Abs. 3bis E-AsylG). Zudem muss in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob die Massnahme für die Identitätsabklärung geeignet und tatsächlich notwendig ist (vgl. Art. 8a Abs. 2bis E-AsylG). Eine Minderheit der SPK-N lehnt diese zusätzlichen Regelungen ab.

Der Gesetzesentwurf sieht weiter vor, dass die Aushändigung eines elektronischen Datenträgers nur vorübergehend erfolgen soll und nur dann, wenn die Identität, Nationalität oder der Reiseweg weder gestützt auf Identitätsausweise noch auf andere Weise festgestellt werden können (Art. 8 Abs. 1 Bst. g E-AsylG). Zudem ist in den Schlussbestimmungen vorgesehen, dass der Bundesrat drei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen dem Parlament einen Bericht über die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Massnahmen vorlegen soll.

Personendaten von Drittpersonen dürfen gemäss dem Beschluss der Mehrheit der SPK-N nur dann bearbeitet werden, wenn die Bearbeitung der Personendaten der Asylsuchenden selber nicht ausreicht, um die Identität, Nationalität oder den Reiseweg feststellen zu können (Art. 8a Abs. 1bis E-AsylG). Eine Minderheit lehnt diese Regelung als zu weitgehend
ab. Schliesslich spricht sich eine Minderheit der SPK-N für die Löschung der zwischengespeicherten Personendaten bereits nach sechs Monaten und nicht erst nach einem Jahr aus (vgl. Art. 8a Abs. 5 E-AsylG).

Die SPK-N verabschiedet die Vorlage mit einzelnen Anpassungen aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung an ihrer Sitzung vom 16. Oktober 2020.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich das Anliegen der parlamentarischen Initiative Rutz und die von der SPK-N beantragte Gesetzesrevision. Er ist der Ansicht, dass die Auswertung von elektronischen Datenträgern zusätzlich zu den bereits bestehenden Möglichkeiten im Einzelfall zur Abklärung der Identität, der Nationalität und des Reisewegs einer asylsuchenden Person beitragen kann. Die vorgeschlagenen Regelungen zur Auswertung elektronischer Datenträger könnten in Einzelfällen dazu führen, dass gewisse Verfahrensschritte im Asylverfahren länger dauern. Im Gegenzug ist davon 3/8

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auszugehen, dass aufgrund der gewonnenen Hinweise der Wegweisungsvollzug beschleunigt werden kann.

Die Überprüfung eines elektronischen Datenträgers stellt jedoch einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre nach Artikel 13 der Bundesverfassung4 (BV) dar, wonach jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs hat.

Die vorgeschlagene Einschränkung dieses Grundrechts bedarf einer formell-gesetzlichen Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV). Vor diesem Hintergrund begrüsst der Bundesrat die von der SPK-N vorgeschlagenen Regelungen, insbesondere zur Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips und zum Datenschutz. So erachtet es der Bundesrat für die Einhaltung des Verhältnismässigkeitsprinzips als sehr wichtig, dass keine systematische Auswertung elektronischer Datenträger erfolgen soll. Wie im Bericht der SPK-N bereits ausgeführt, sollen vor der Überprüfung eines elektronischen Datenträgers zuerst andere geeignete Massnahmen zur Identitätsfeststellung mit geringerer Eingriffsintensität ergriffen werden. Der verhältnismässige Einsatz der Mittel zur Identitätsabklärung in der Praxis soll zudem Gegenstand der Berichterstattung des Bundesrates (siehe unten) bilden.

In der Praxis ist sicherzustellen, dass die betroffenen Personen vor der Anordnung der vorgeschlagenen Massnahme von sich aus Angaben zur Identität, zur Nationalität und zum Reiseweg machen können. Die Betroffenen müssen daher umfassend über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Der Bundesrat begrüsst deshalb den Mehrheitsbeschluss der SPK-N, der eine solche Informationspflicht im AsylG vorsieht (vgl. Art. 8a Abs. 3bis E-AsylG). Eine solche spezifische Informationspflicht ist neben der bereits vorgesehenen generellen Information über die Rechte und Pflichten im Asylverfahren durch die Rechtberatung (vgl. Art. 102g AsylG) gerade in diesem sensiblen Bereich sinnvoll und wichtig. Dies gilt auch für die ausdrückliche Regelung des Verhältnismässigkeitsprinzips auf Gesetzesstufe (Art. 8a Abs. 2bis E-AsylG). Wie im Bericht der SPK-N dargelegt, muss in jedem Fall dem datenschutzrechtlichen Zweckbindungsprinzip (Art. 4 Abs. 3 und 4 des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 1992)5 Rechnung getragen werden, welches auch ausdrücklich Teil der
Informationspflicht bildet (Art. 8a Abs. 3bis E-AsylG). In diesem Zusammenhang gilt es auch darauf hinzuweisen, dass aus Sicht des Bundesrates der Umfang der im Bericht der SPKN erwähnten Informationspflichten an die Strafverfolgungsbehörden oder den Nachrichtendienst durch diese Vorlage nicht erweitert werden soll.

Der Entwurf sieht weiter vor, dass Personendaten von Drittpersonen nur dann subsidiär bearbeitet werden dürfen, wenn die Personendaten der asylsuchenden Person nicht ausreichen, um deren Identität festzustellen (Art. 8a Abs. 1bis AsylG). Dies ist zu begrüssen. Es ist zentral, dass auch bei der Bearbeitung dieser Daten das Verhältnismässigkeitsprinzip und der Datenschutz vollumfänglich eingehalten werden. Im Vorschlag der SPK-N wird diesbezüglich vorgesehen, dass die asylsuchende Person oder die Rechtsvertretung oder beide bei der Auswertung der Daten anwesend sind und dass die Daten, sofern die technischen Mittel hierzu vorhanden sein werden, vortriagiert werden sollen. Zusätzlich wird der Bundesrat prüfen, ob bei der Bearbeitung 4 5

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von Daten von Drittpersonen weiterer Regelungsbedarf auf Verordnungsstufe besteht.

Dies hängt unter anderem auch mit der zukünftigen technischen Umsetzung der Vorlage zusammen. Die Bearbeitung von Daten von Drittpersonen wird zudem ebenfalls Gegenstand der Berichterstattung des Bundesrates sein.

Neben weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden (u.a. Privatim, Kanton AG) hat der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) in seiner Stellungnahme vom 4. Juni 2020 u.a. bezweifelt, ob die vorgeschlagenen Massnahmen tatsächlich geeignet sind, die gewünschte Wirkung zu erzielen. Der EDÖB äussert neben Bedenken grundsätzlicher Natur, dass es für Asylsuchende ein Leichtes sein dürfte, mit defekten oder präparierten Geräten vorzusprechen oder sich auf den Verlust oder das Fehlen entsprechender Geräte zu berufen. Dies hätte zur Folge, dass der schwere Eingriff in die Privatsphäre v.a. diejenigen treffen würde, die bereit sind, wahrheitsgemäss am Asylverfahren mitzuwirken. Der Bundesrat hat Verständnis für diese kritische Haltung. Allerdings hat das im Bericht der SPK-N vom 16. Oktober 2020 erwähnte Pilotprojekt des SEM gezeigt, dass bei den auf freiwilliger Basis abgegebenen Datenträgern in rund 15 Prozent der Fälle Daten für die Abklärung der Identität, Nationalität und des Reisewegs gefunden werden konnten6. Das SEM kommt im entsprechenden Bericht zum Schluss, dass damit die Ziele des Pilotprojektes erreicht werden konnten. Zudem hat sich gezeigt, dass die Bereitschaft zur freiwilligen Abgabe der Datenträger im Rahmen dieses Pilotprojekts relativ gross war 7.

Auch in verschiedenen anderen europäischen Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden werden im Rahmen des Asylverfahrens elektronische Datenträger beigezogen, insbesondere um Informationen über die Identität einer Person zu erhalten. Trotz der positiven Ergebnisse im Rahmen des Pilotprojektes SEM geht der Bundesrat mit dem EDÖB darin einig, dass die Wirksamkeit und Geeignetheit der vorgeschlagenen Massnahmen zum heutigen Zeitpunkt nicht abschliessend beurteilt werden können.

Dies liegt zum einen daran, dass die Abgabe elektronischer Datenträger nach dem Gesetzesentwurf der SPK-N nicht auf freiwilliger Basis, sondern im Rahmen der Mitwirkungspflicht im Asyl- und Wegweisungsverfahren erfolgen soll. Es kann somit zum heutigen
Zeitpunkt nicht abschliessend beurteilt werden, welche Auswirkungen dies auf die Verwertbarkeit der elektronischen Datenträger hat und ob im Lauf der Zeit mit einem gewissen Lerneffekt bei den Asylsuchenden gerechnet werden muss.

Zum anderen war die Dauer des Pilotprojektes auf sechs Monate beschränkt. Vor diesem Hintergrund begrüsst der Bundesrat den Beschluss der Kommission, wonach er drei Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen dem Parlament einen Bericht über die Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der vorgeschlagenen Massnahmen unterbreiten soll. Sollte der Bericht aufzeigen, dass die vorgeschlagenen Massnahmen nicht wirksam sind, können die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden. Der Bericht wird sich auch dazu äussern, ob künftig weitere Berichterstattungen vorgesehen werden sollen.

Wie bereits erwähnt sind die elektronische Datenträger nur im Rahmen der Mitwirkungspflicht beim Asyl- und Wegweisungsverfahren auszuhändigen. Verweigert eine 6

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Vgl. Bericht SEM vom 27. Juli 2018 «Projet-pilote: Saisie et évaluation des supports de données électroniques avec consentement des requérants d'asile, Rapport Final», S. 10 / unter: www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Berichte.

Ebenda S. 5

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betroffene Person dem SEM die Einsicht in einen elektronischen Datenträger, wird dies im Rahmen der Glaubwürdigkeitsprüfung beim Entscheid über das Asylgesuch berücksichtigt. Gegen einen ablehnenden Entscheid kann sie eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) einreichen. In diesem Rahmen kann das BVGer prüfen, ob tatsächlich eine Verletzung der Mitwirkungspflicht vorliegt. Auch bei einem Abschreibungsbeschluss, der in der Praxis insbesondere bei einem Untertauchen der gesuchstellenden Person ergeht, kann eine beschwerdefähige Verfügung verlangt werden. Sie kann ebenfalls beim BVGer angefochten werden.

Weitergehende Massnahmen, wie insbesondere die von einer Minderheit der Kommission vorgeschlagene zwangsweise Abnahme der Datenträger, lehnt der Bundesrat ab. Sie stellen einen unzulässigen Eingriff in die persönliche Freiheit der Betroffenen dar. Eine zwangsweise Abnahme der Datenträger würde den Asylsuchenden die Möglichkeit nehmen, von sich aus die notwendigen Angaben zur Identität zu machen. Zudem handelt es sich vorliegend lediglich um eine Massnahme im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens und nicht um eine Massnahme beispielsweise im Rahmen eines Strafverfahrens. Demgegenüber erachtet der Bundesrat die vorgeschlagene Zwischenspeicherung der erhobenen Daten auf einem gesicherten Server des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements als eine für die Praxis sinnvolle Massnahme (vgl.

Art. 8a Abs. 3 E-AsylG). Die erhobenen Daten gehen so bis zu ihrer Auswertung nicht verloren, und die Datenträger können den betroffenen Asylsuchenden nach der Zwischenspeicherung wieder ausgehändigt werden. Wie im Bericht der SPK-N erwähnt, möchte das SEM zudem auf technische Unterstützung für die Auswertung zurückgreifen. Verschiedene europäische Staaten (zum Beispiel die Niederlande und Deutschland) verwenden zur Unterstützung der Auswertung eine Auswertungssoftware. Solche Softwarelösungen ermöglichen es, einen vorhandenen Datensatz nach bestimmten, objektiven Kriterien zu durchsuchen und damit im Hinblick auf die Bewertung der Daten eine Vortriage vorzunehmen. Gegenstand dieser Vortriage können insbesondere reise-, und identitätsrelevante Daten der betroffenen Person sein wie Ländervorwahlen von Kontakten im Adressbuch oder entsprechende Daten zu aus- und eingehenden Nachrichten. Dabei ist
sicherzustellen, dass die notwendigen datenschutzrechtlichen Vorschriften und Sicherheitsvorkehrungen vollumfänglich eingehalten werden. Neben der Möglichkeit zur Zwischenspeicherung ist es aber in der Praxis ebenfalls sinnvoll, dass die Bearbeitung von Daten auch direkt auf dem elektronischen Datenträger erfolgen kann. Dies gilt ­ wie im Bericht der SPK-N dargestellt ­ vor allem dann, wenn ein Datenträger erst später im Verlauf des Asyloder Wegweisungsverfahrens aufgefunden wird (vgl. Art. 8a Absatz 4 letzter Satz E-AsylG). Die von der Mehrheit der SPK-N vorgeschlagene Dauer der Zwischenspeicherung von einem Jahr trägt dem Bedürfnis besser Rechnung, dass die Daten nach einem vorübergehenden Untertauchen der betroffenen Person bei einer späteren Wiederaufnahme des Asylverfahrens noch vorhanden sind und dann in Anwesenheit der betroffenen Person ausgewertet werden können. Insbesondere im Rahmen eines Dublin-Verfahrens können zwischen dem Untertauchen einer Person und der späteren Wiederaufnahme des Verfahrens mehrere Monate bis Jahre vergehen.

Der Bundesrat begrüsst es, dass die von der SPK-N vorgeschlagenen Massnahmen eine Anwesenheit der betroffenen Person bei der Auswertung der Daten vorsehen (Art. 8a Abs. 4 E-AsylG), dass jedoch bei einem Verzicht der betroffenen Person oder bei deren Nichterscheinen eine Auswertung der Daten auch ohne deren Anwesenheit 6/8

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durchgeführt werden kann. Damit können allfällige Verfahrensverzögerungen verhindert werden. Den Betroffenen wird auch in diesen Fällen das rechtliche Gehör zum Auswertungsresultat gewährt (Art. 8a Abs. 6 E-AsylG). Die Verfahrensrechte werden somit vollumfänglich eingehalten.

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Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Eintreten und Zustimmung zur Vorlage der SPK-N. Die Anträge der Minderheiten werden zur Ablehnung empfohlen.

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