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zu 20.455 Parlamentarische Initiative Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. April 2021 Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. April 20211 betreffend steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Mai 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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2021-1778

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 19. Juni 2020 reichte Nationalrätin Christa Markwalder die parlamentarische Initiative 20.455 «Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr» ein. Mit der Initiative wird eine Änderung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19902 über die direkte Bundessteuer (DBG) verlangt, sodass die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung von Kindern bis höchstens 25 000 Franken pro Kind und Jahr von den Einkünften abgezogen werden können. Nach geltendem Recht können höchstens 10 100 Franken pro Kind und Jahr abgezogen werden (Art. 33 Abs. 3 DBG). Die übrigen Voraussetzungen des Abzugs bleiben gleich: Das Kind darf das 14. Altersjahr noch nicht vollendet haben, muss mit der Person, die für seinen Unterhalt sorgt, im gleichen Haushalt leben und die Kosten müssen in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Erwerbsunfähigkeit der steuerpflichtigen Person stehen.

Die Initiative verlangt somit genau dieselbe Anpassung des DBG, die der Bundesrat im Rahmen seiner Botschaft vom 9. Mai 20183 beantragt hatte. Die Räte hatten diesen Entwurf des Bundesrates um eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6 500 auf 10 000 Franken erweitert, worauf das Referendum dagegen ergriffen wurde.

Nachdem das Referendum am 27. Januar 2020 zustande gekommen war, lehnte das Volk die Vorlage am 27. September 2020 mit 63,2 Prozent Nein-Stimmen ab. Die Gegnerinnen und Gegner erachteten die Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs als Steuerbonus für reiche Eltern, da nur diejenigen Steuerpflichtigen profitiert hätten, die es nicht nötig hätten. Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs blieb im Abstimmungskampf hingegen praktisch unbestritten.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) gab der parlamentarischen Initiative am 2. November 2020 mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) stimmte dem Entscheid der WAK-N am 19. Januar 2021 mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Am 12. April 2021 verabschiedete die WAK-N ihren Bericht und gab dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme. Es gab zwei Minderheitsanträge: ­

Nichteintreten auf den Gesetzesentwurf;

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Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von heute 6500 auf 8250 Franken (zusätzlich zur Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs).

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SR 642.11 Botschaft vom 9. Mai 2018 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten), BBl 2018 3019.

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Stellungnahme des Bundesrates

Die Initiative nimmt das Anliegen wieder auf, das der Bundesrat vertreten hatte; in diesem Sinne unterstützt der Bundesrat das Eintreten auf die Vorlage. Die Vorlage des Bundesrates ging zurück auf die Fachkräfteinitiative (FKI), die das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung im Jahr 2011 aufgrund der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Bedarfs an gut ausgebildeten Arbeitskräften in der Schweiz lanciert hatte. Die FKI hat zum Ziel, das inländische Potenzial an Fachkräften besser auszunutzen.

Die Beschränkung des heutigen Steuerabzugs trifft vor allem einkommensstarke Haushalte, in welchen beide Elternteile einen hohen Erwerbsumfang haben. In diesen Fällen entstehen hohe Betreuungskosten, weil die Betreuungsplätze nur gering oder gar nicht subventioniert werden. Der heutige Maximalabzug bei der direkten Bundessteuer deckt ungefähr die Kosten eines nichtsubventionierten Kita-Platzes während knapp zwei Tagen pro Woche. Da die Krippentarife in verschiedenen Kantonen vom steuerbaren Einkommen abhängig sind, werden Haushalte, die hohe Betreuungskosten aufweisen, doppelt belastet: Einerseits können sie nur einen Teil ihrer Kinderdrittbetreuungskosten von den Steuern abziehen und haben dadurch eine höhere Steuerbelastung. Andererseits steigt auch ihr steuerbares Einkommen, weshalb sie einen höheren Krippentarif haben.

Aufgrund sinkender Betreuungskosten infolge des erhöhten Steuerabzugs dürften die Arbeitsmarktpartizipation und damit auch die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigen. Angesichts der eher hohen Qualifikation der Zielgruppen würde dies zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität führen. Dies würde sich längerfristig auch günstig auf die Steuereinnahmen auswirken.

Tendenziell würden die Erwerbsanreize, insbesondere diejenigen für gut qualifizierte Mütter, gestärkt. Zudem würde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert.

Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bei der direkten Bundessteuer lässt sich auch damit begründen, dass sich die Reform mittel- bis längerfristig selber finanzieren dürfte, d. h. in einer dynamischen Betrachtung eher Mehr- als Mindereinnahmen für Bund und Kantone mit sich bringt.

Die Massnahme
wurde 2017 in der Vernehmlassung zur Vorlage des Bundesrates von der Mehrheit der Kantone und der teilnehmenden Organisationen unterstützt. Die Beseitigung eines steuerlichen Fehlanreizes könne massgeblich dazu dienen, dass mehr Personen ihren Beschäftigungsgrad erhöhten. Die Parteien waren hingegen gespalten: Vier Parteien begrüssten die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bei der direkten Bundessteuer (BDP, CVP, FDP, GLP). Vier Parteien lehnten die Massnahme ab, weil Familien mit tiefen Einkommen nicht profitieren würden (EDU, GPS, SPS, SVP) oder weil die Drittbetreuung gegenüber der Eigenbetreuung bevorzugt würde (SVP).

Die Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von heute 6500 auf 8250 Franken gemäss Minderheitsantrag führt zu einer ähnlichen Vorlage wie jene, die vom Volk am 27. September 2020 abgelehnt wurde. Der Hauptgrund für die Ablehnung der Vorlage war die Erhöhung des Kinderabzuges. Innerhalb so kurzer Zeit eine ähnliche Vorlage auszuarbeiten, entspricht nicht dem Volkswillen.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Eintreten auf den Gesetzesentwurf der WAK-N vom 12. April 2021 und dessen Annahme.

Die beiden Kommissionsminderheitsanträge (Nichteintreten bzw. Erhöhung des Kinderabzugs auf 8250 Franken) lehnt der Bundesrat ab.

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