BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

21.477 Parlamentarische Initiative Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz Entwurf und erläuternder Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 23. August 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

23. August 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Bastien Girod

2021-2935

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Übersicht Die Stimmbevölkerung hat das neue CO2-Gesetz am 13. Juni 2021 abgelehnt.

Diese Totalrevision hätte das geltende Recht per 2022 ablösen sollen. Um Instrumente, die ohne Gesetzesrevision auslaufen würden, zu verlängern, hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) am 21. Juni 2021 eine parlamentarische Initiative (21.477) eingereicht. Dieser hat die UREK-S am 12. August 2021 Folge gegeben.

In der Herbstsession 2020 hat das Parlament eine Totalrevision des CO2-Gesetzes beschlossen, die Verminderungsziele und Massnahmen bis 2030 festlegen wollte. Weil das Volk in der Referendumsabstimmung vom 13. Juni 2021 die Vorlage ablehnte, fehlt insbesondere für die Befreiung der Unternehmen von der CO2-Abgabe und die CO2-Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe eine Anschlussregulierung ab 1. Januar 2022. Die UREK-N hat daher an ihrer Sitzung vom 23./24. August 2021 beschlossen, das gesetzliche Reduktionsziel bis Ende 2024 um jährlich 1,5 Prozent gegenüber 1990 fortzuschreiben. Diese Verminderung soll ab 2022 zu mindestens 75 Prozent im Inland erfolgen.

Das Reduktionsziel bildet gleichzeitig einen Ankerpunkt, um den Umfang der CO2Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure vorzugeben. Damit die Entwickler von Klimaschutzprojekten über das Jahr 2024 hinaus eine gewisse Investitionssicherheit haben, soll der Bundesrat den Kompensationssatz auch losgelöst von einem Reduktionsziel festlegen können.

Verminderungsverpflichtungen von Unternehmen, die von der CO2-Abgabe befreit sind, werden nach einem standardisierten Verfahren bis 2024 weitergeführt. Zur administrativen Vereinfachung führt das BAFU ein Informations- und Dokumentationssystem.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Am 13. Juni 2021 hat die Stimmbevölkerung eine Totalrevision des Bundesgesetzes über die Reduktion der Treibhausgasemissionen (CO2-Gesetz)1 abgelehnt, welche in Umsetzung der internationalen Verpflichtung der Schweiz nach dem Übereinkommen von Paris die klimapolitischen Ziele und Massnahmen bis 2030 rechtlich verankern wollte. Gegen diese vom Parlament am 25. September 2020 beschlossene Vorlage2 hatten Teile der Wirtschaft zum einen sowie Teile der Klimajugend zum anderen das Referendum ergriffen.

Das CO2-Gesetz selbst ist zwar nicht befristet. Allerdings fehlt ohne Revision ein nationales Verminderungsziel für die Zeit nach 2021 und somit ein Ankerpunkt für die CO2-Kompensationspflicht. Zudem entfällt die bis Ende 2021 befristete CO2-Abgabebefreiung mit Verminderungsverpflichtung. Um insbesondere diese beiden Instrumente zu verlängern, hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (UREK-N) eine parlamentarische Initiative eingereicht.3 Der vorliegende Entwurf ist so ausgestaltet, dass die Reduktionsziele mit den bestehenden und verlängerten Massnahmen erreicht werden können.

1.2

Entstehungsgeschichte

Die Klimagesetzgebung der Schweiz wird im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen periodisch weiterentwickelt. In Umsetzung des Kyoto-Protokolls verlangt das geltende CO2-Gesetz, dass die Treibhausgasemissionen in der Schweiz bis 2020 um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Inwieweit dieses Ziel erreicht wurde, wird sich anhand des Treibhausgasinventars für das Jahr 2020 zeigen, das im April 2022 veröffentlicht werden wird. Im Jahr 2019 lagen die Treibhausgasemissionen der Schweiz knapp 14 Prozent unter dem Niveau von 1990.

Mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris am 6. Oktober 2017 hat sich die Schweiz international verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren und im Durchschnitt der Jahre 2021­2030 um 35 Prozent gegenüber 1990 zu vermindern. Diesem Ziel hat das Parlament mit Bundesbeschluss am 16. Juni 2017 zugestimmt.4 Zur Umsetzung dieser internationalen Verpflichtung und gemäss der Aufforderung in Artikel 3 Absatz 5 des geltenden CO2-Gesetzes unterbreitete der Bundesrat dem Parlament mit Botschaft vom 1. Dezember 20175 eine Totalrevision des CO2-Gesetzes, um Ziele und Massnahmen bis 2030 festzulegen.

1 2 3 4 5

SR 641.71 BBl 2020 7847 21.477 Pa.Iv. UREK-N. Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz.

BBl 2017 4281 BBl 2018 247

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Weil sich die parlamentarischen Beratungen zur Totalrevision des CO2-Gesetzes verzögerten, beschloss das Parlament im Dezember 2019 ­ angestossen durch eine parlamentarische Initiative6 ­ eine Teilrevision des CO2-Gesetzes7, um befristete Massnahmen lückenlos zu verlängern. Die Vorlage, die zusammen mit einer Teilrevision der CO2-Verordung auf 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, umfasst folgende Elemente: ­

Verminderungsziel von 1,5 Prozent für das Jahr 2021 gegenüber 1990 (Art. 3 Abs. 1bis);

­

Umrechnung der CO2-Zielwerte für Personenwagen infolge des neuen Messzyklus in Anlehnung an die EU (Art. 10 Abs. 4);

­

Unbefristete Verlängerung des EU-kompatibel ausgestalteten Emissionshandels (Art. 15­21) sowie die Übertragung von Emissionsrechten und Emissionsminderungszertifikaten (Art. 48a);

­

Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen für die Befreiung von der CO2-Abgabe um ein Jahr bis Ende 2021 (Art. 31 Abs. 1bis);

­

Verlängerung der Steuererleichterungen für biogene Treibstoffe bis Ende 2023 durch eine Änderung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG)8 und des Umweltschutzgesetzes (USG)9 sowie Verlängerung der Frist zum Ausgleich der Steuerausfälle bis Ende 2028.

Das Verminderungsziel für das Jahr 2021 schaffte die rechtliche Grundlage, um einen Kompensationssatz10 für die Treibstoffimporteure und einen weiteren Erhöhungsschritt für die CO2-Abgabe festzulegen. Weil das entsprechende Zwischenziel für fossile Brennstoffe gemäss Artikel 94 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung vom 30. November 2012 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Verordnung)11 verfehlt wurde, steigt die CO2-Abgabe per 2022 auf das gesetzliche Maximum von 120 Franken pro Tonne CO2. Um die Mineralölsteuererleichterungen für biogene Treibstoffe haushaltsneutral auszugestalten, erhöhte der Bundesrat die Steuersätze für Benzin und Diesel per 2021 um 3,7 Rappen pro Liter. Damit sollte die Ertragsneutralität bis Ende 2028 erreicht werden können.

Ohne weitere Revision des CO2-Gesetzes müsste sich die Schweizer Klimapolitik zukünftig einzig an den internationalen Verpflichtungen (Art. 4 Abs. 2 Übereinkommen von Paris) sowie am Zweckartikel des CO2-Gesetzes (Art. 1) orientieren, der einen Beitrag zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf weniger als 2 Grad Celsius zum Ziel hat. Die Schweiz müsste also weiterhin eine Reduktion der Emissionen ihrer Treibhausgase anstreben, hätte aber im CO2-Gesetz kein quantitatives (nationales) Ziel mehr. Das Fehlen eines gesetzlichen Verminderungszieles hat ausserdem zur Folge, dass die CO2-Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe 6 7 8 9 10 11

17.405 Pa.Iv. Burkart. Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe.

BBl 2019 8655 SR 641.61 SR 814.01 Der Kompensationssatz definiert den prozentualen Anteil der verkehrsbedingten CO2, welcher im Inland kompensiert werden muss.

SR 641.711

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(Art. 26ff.) entfällt. Damit einhergehend würde auch die Inverkehrbringung biogener Treibstoffe einbrechen, weil der Preisvorteil durch die Steuererleichterung allein nicht ausreicht. Erst die Kombination mit der CO2-Kompensationspflicht ab 2013 führte zu einer markanten Zunahme beim Absatz biogener Treibstoffe in der Schweiz.

1.3

Beratung in den Kommissionen

Die UREK-N hat am 21. Juni 2021 mit 18 zu 7 Stimmen beschlossen, einen Erlassentwurf auszuarbeiten. Diesem Entscheid ist die UREK-S am 12. August 2021 einstimmig gefolgt.

An der Sitzung vom 23./24. August 2021 hat die Kommission den Entwurf beraten und die Gesetzesänderungen mit 18 zu 7 Stimmen angenommen. Sie will mit der Fortschreibung des Verminderungszieles um jährlich 1,5 Prozent gegenüber 1990 bis Ende 2024 eine Übergangslösung schaffen. Diese ermöglicht einerseits Verminderungsverpflichtungen von Unternehmen und andererseits die Weiterführung der CO2Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure, die der Bundesrat neu auch losgelöst von einem Verminderungsziel festlegen kann. Unbestritten war zudem, dass in einem beschränkten Umfang auch Massnahmen im Ausland zugelassen sind.

Bei der Beratung des Entwurfs stimmte die Kommission über verschiedene Anträge ab, die bestehende Massnahmen zur CO2-Reduktion verschärfen oder neue Bestimmungen einführen wollen. Sie wurden von der Kommission abgelehnt und als Minderheitsanträge eingereicht (siehe dazu die Erläuterungen Ziffer 3.1).

Eine Minderheit will ein weniger ambitioniertes Verminderungsziel von 21,5 Prozent bis 2024 gegenüber 1990. Gemäss einer weiteren Minderheit darf der Kompensationsaufschlag 1,5 Rappen pro Liter Treibstoff nicht übersteigen.

1.4

Verzicht auf eine Vernehmlassung

Das Vorhaben fällt grundsätzlich unter Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 18. März 200512 über das Vernehmlassungsverfahren (VlG) und wäre damit «Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens». Gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG verzichtet die UREK-N auf eine Vernehmlassung, da bezüglich der befristeten Weiterführung einzelner Instrumente des geltenden CO2-Gesetzes keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind und die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind. So hat der Bundesrat im Rahmen der Vernehmlassung 2016 zur Klimapolitik der Schweiz nach 2020 drei Vorlagen, die thematisch eng miteinander verzahnt sind, zur Diskussion gestellt: das Übereinkommen von Paris, das bilaterale Abkommen mit der EU über die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme und die Totalrevision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 202013. Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass die Genehmigung des Übereinkommens von Paris breite Unterstützung

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SR 172.061 www.admin.ch/ch/d/gg/pc/ind2016.html#UVEK

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geniesst und sich eine Mehrheit der Teilnehmenden für das vorgeschlagene Gesamtziel zur Verminderung der Treibhausgasemissionen um 50 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 aussprach.

Für die Weiterführung der CO2-Abgabebefreiung äusserte sich eine grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden positiv. Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmenden sprach sich für die Beibehaltung und den Ausbau der Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure aus.

Angesichts dieser Vernehmlassungsergebnisse scheint ein Verzicht auf eine weitere Vernehmlassung zur Verlängerung der Instrumente Kompensationspflicht und CO2Abgabebefreiung im geltenden CO2-Gesetz zulässig.

2

Grundzüge der Vorlage

Um die von einer potenziellen Regulierungslücke betroffenen klimapolitischen Instrumente zu verlängern, ist eine Änderung des CO2-Gesetzes notwendig. Die Anpassungen sind so ausgestaltet, dass sie eine nahtlose Weiterführung der Instrumente erlauben und auf den bestehenden Vollzug aufbauen. Die Fortschreibung der Reduktionsziele richtet sich nach dem Verminderungspotenzial, das sich mit den bestehenden und neu verlängerten Instrumenten sowie mit Massnahmen im Ausland erschliessen lässt. Die Teilrevision soll nach Ablauf der Referendumsfrist rückwirkend per 1. Januar 2022 in Kraft treten.

2.1

Reduktionsziel

Mit der Ratifikation des Klimaübereinkommens von Paris im Oktober 2017 hat sich die Schweiz dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren und im Durchschnitt über die Jahr 2021­2030 um 35 Prozent zu senken.

Das Übereinkommen von Paris verlangt in Artikel 4 Absatz 2, dass die Verminderungsziele in erster Linie mit Massnahmen innerhalb der Landesgrenzen erreicht werden. Damit die Vertragsparteien ambitioniertere Ziel verfolgen, die über das inländische Potenzial hinausgehen, erlaubt Artikel 6 des Übereinkommens ergänzend auch die Anrechnung von Verminderungen, die im Ausland erzielt werden.

Die Totalrevision des CO2-Gesetzes, die das Volk am 13. Juni 2021 an der Urne verworfen hat, sah im Jahr 2030 ein Inland-Ausland-Verhältnis von 75 zu 25 Prozent vor.

Der Bundesrat hatte in seiner Botschaft vom 1. Dezember 2017 vorgeschlagen, mindestens 60 Prozent im Inland und maximal 40 Prozent im Ausland zu realisieren.

Die Ziele des geltenden CO2-Gesetzes, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 bis 2020 um 20 Prozent (Art. 3 Abs. 1) und im Jahr 2021 um weitere 1,5 Prozent zu senken (Art. 3 Abs. 1bis), dürfen ausschliesslich mit Massnahmen innerhalb der Schweiz erreicht werden. Die Anrechnung von Verminderungen im Ausland erlaubt das geltende Recht für den Fall, dass der Bundesrat das Ziel im Einklang mit internationalen Vereinbarungen anhebt, im Umfang von 75 Prozent der zusätzlichen Verminderungsleistung (Art. 3 Abs. 2). Diesen Absatz hatte das Parlament im Lichte 6 / 22

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der internationalen Bestrebungen eingefügt, die Ambition der Industriestaaten für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokoll bis 2020 zu verstärken. Aufgrund der internationalen Entwicklung hat der Bundesrat diese Kompetenz letztlich nicht genutzt.

Für die Jahre 2021­2024 schlägt die UREK-N eine Absenkung der Treibhausgasemissionen um jährlich 1,5 Prozent gegenüber 1990 vor, die ab 2022 mindestens zu 75 Prozent durch Massnahmen im Inland erbracht werden muss. Diese Absenkung knüpft nicht direkt an das Ziel von 20 Prozent für das Jahr 2020 an, sondern gilt eigenständig. Die Zielerreichung soll angesichts der witterungsbedingten Schwankungen der Emissionen nicht für jedes Kalenderjahr gesondert abgerechnet, sondern erst nach Ablauf der vier Jahre in der Summe beurteilt werden.

Das Ziel entspricht dem Verminderungspotenzial, das unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts mit der Weiterführung der bestehenden Massnahmen im Inland und neuen Klimaschutzprojekten im Ausland ausgeschöpft werden kann. Zudem bildet es einen Ankerpunkt für die Festlegung der CO2-Kompensationspflicht. Um die Schweiz auf Kurs zu bringen, die internationale Verpflichtung bis 2030 unter dem Übereinkommen von Paris einzuhalten, müssen die Anstrengungen nach 2024 massiv verstärkt werden und die Treibhausgasemissionen schneller abgesenkt werden. Ausserdem ist voraussichtlich ein wesentlich höherer Auslandanteil notwendig.

2.2

CO2-Kompensationspflicht

Die Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe wird weitergeführt (Art. 26ff des geltenden CO2-Gesetzes). Im Einklang mit der Fortschreibung des Verminderungszieles für die Jahre 2021­2024 wird der Bundesrat auf Verordnungsstufe den erforderlichen Kompensationssatz festlegen können. Für das Jahr 2021 liegt der Anteil der zu kompensierenden CO2-Emissionen aus dem Verkehr gemäss Artikel 89 Absatz 1 Buchstabe e der CO2-Verordnung bei 12 Prozent, was je nach Treibstoffabsatz voraussichtlich 1,7­1,8 Mio. Tonnen CO2 entspricht. Diese Verminderungsleistung muss gemäss geltender CO2-Gesetzgebung im Inland und im Jahr 2021 erbracht werden, weil das gesetzliche Verminderungsziel von 1,5 Prozent gegenüber 1990 für das Jahr 2021 definiert ist.

Diese starre Vorgabe soll aufgehoben werden, indem auch Emissionsverminderungen aus den Jahren 2013­2020 im Zeitraum 2021­2024 für die Erfüllung der Kompensationspflicht verwendet werden dürfen. Aufgrund dieser Lockerung ist es wenig wahrscheinlich, dass die kompensationspflichtigen Importeure für fehlende Inlandkompensation Sanktionen bezahlen müssen. Die Mittel können sie stattdessen in emissionsvermindernde Projekte und Programme im In- und Ausland investieren.

Dies erlaubt, den Kompensationssatz auf gesamthaft 20 Prozent anzuheben, wobei mindestens 15 Prozent im Inland zu erbringen sind.

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2.3

Rückerstattung der CO2-Abgabe

Die Rückerstattung der CO2-Abgabe an Betreiber von Anlagen mit Verpflichtung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen (Art. 31ff des geltenden CO2-Gesetzes) ist durch Artikel 31 Absatz 1bis bis Ende 2021 befristet. Damit die Rückerstattung der CO2-Abgabe an die dazu berechtigten Betreiber von Anlagen auch für die Jahre 2022­2024 gewährleistet bleibt, sind die festgelegten Verminderungsverpflichtungen aus dem Zeitraum 2013­2021 um ein Reduktionsziel für die Jahre 2022­2024 zu erweitern. Betreiber von Anlagen mit einer bestehenden Verminderungsverpflichtung sollen diese auf Gesuch hin um weitere drei Jahre verlängern können. Der Reduktionspfad soll dabei mit einer einheitlichen Absenkung von 2 Prozent fortgeschrieben und das Massnahmenziel für Kleinemittenten weitergeführt werden. Eine relativ aufwendige Potenzialerhebung müssen nur Unternehmen durchlaufen, die sich ab 2022 erstmals von der CO2-Abgabe befreien wollen.

Für die Zielerreichung 2021 können noch Emissionsminderungszertifikate aus dem Regime des Kyoto-Protokolls angerechnet werden. Weil dieses jedoch durch das Übereinkommen von Paris abgelöst wird, ist deren Verwendung ab dem Jahr 2022 nicht mehr zulässig. Aus diesem Grund ist bei einer Zielverfehlung, die eine Ersatzleistung nach sich zieht, neu ein Emissionsrecht für jede zu viel emittierte Tonne CO2 nachzureichen.

2.4

Informations- und Dokumentationssysteme

Die Verlängerung des CO2-Gesetzes soll dazu genutzt werden, eine rechtliche Grundlage für ein Informations- und Dokumentationssystem zu schaffen. Dieses dient der elektronischen Abwicklung von Verfahren sowie der bundesinternen Geschäftsabwicklung und Datenbearbeitung und verringert sowohl den Vollzugsaufwand der Unternehmen als auch der Bundesbehörden.

2.5

Übertragung nicht verwendeter Emissionsgutschriften

Damit nicht verwendete Emissionsrechte, Emissionsminderungszertifikate und Bescheinigungen aus Kompensationsprojekten ihre Gültigkeit nicht verlieren und weiterhin im Nationalen Emissionshandelsregister gehalten werden können, dürfen sie uneingeschränkt in die Zeitspanne 2022­2024 übertragen werden.

3

Erläuterungen

3.1

Änderung des CO2-Gesetzes

Art. 2 Begriffe Bei der Definition von Emissionsminderungszertifikaten in Absatz 4 wird präzisiert, dass diese nach dem Kyoto-Protokoll ausgestellt werden. In Abgrenzung dazu ergänzt 8 / 22

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Absatz 4bis den Begriff der internationalen Bescheinigungen für Emissionsverminderungen im Ausland nach dem Übereinkommen von Paris.

Art. 3

Reduktionsziel 1bis

Absatz legt fest, dass die Treibhausgasemissionen in den Jahren 2021­2024 um 1,5 Prozent pro Jahr gegenüber 1990 verringert werden müssen. Gemäss Absatz 1ter sind ab 2022 mindestens 75 Prozent der Verminderungen über Massnahmen im Inland zu erbringen.

Die Kompetenzdelegation an den Bundesrat, das Reduktionsziel im Einklang mit internationalen Vereinbarungen bis zu 40 Prozent anheben zu können, war auf die zweite Verpflichtungsperiode 2013­2020 gemünzt. Im Sinne der Klarheit wird Absatz 2 aufgehoben.

Der Vorschlag der Minderheit will die Treibhausgasemissionen im Jahr 2024 gegenüber 1990 um 21,5 Prozent und im Durchschnitt der Jahre 2021­2024 um 19,5 Prozent senken und auf die Möglichkeit verzichten, dass der Bundesrat Ziele und Zwischenziele für einzelne Sektoren festlegen kann. Die dafür unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts noch nötigen Reduktionsleistungen sind über die Weiterführung der bestehenden Massnahmen des geltenden CO2-Gesetzes und neu auch über Massnahmen im Ausland zu erzielen.

Eine Minderheit schlägt einen zusätzlichen Absatz 1quater vor, der vom Bundesrat die Unterbreitung eines Klimaschutz-Investitionspakets verlangt, wenn sich die Treibhausgasemissionen nicht zielgemäss vermindern.

Eine weitere Minderheit will Absatz 2 beibehalten und dem Bundesrat die Kompetenz übertragen, das Ziel auf 40 Prozent anzuheben, wobei bis zu 75 Prozent dieser zusätzlichen Verminderungsleistung im Ausland erbracht werden darf.

Art. 26

Grundsatz

Die Kompensationspflicht soll in Absatz 2 auch losgelöst von einem Reduktionsziel nach Artikel 3 weitergeführt werden. Aus diesem Grund soll der Bundesrat den Kompensationssatz innerhalb der gesetzlichen Bandbreite von 5 bis maximal 40 Prozent alternativ auch abgestützt auf die Entwicklung der CO2-Emissionen im Verkehr festgelegen können.

Eine Minderheit verlangt in Absatz 3 den maximal zulässigen Kompensationszuschlag von 5 Rappen pro Liter auf 1,5 Rappen pro Liter zu senken.

Art. 28

Sanktion bei fehlender Kompensation

Absatz 2 differenziert neu zwischen Emissionsminderungszertifikaten, die für den Fall einer Zielverfehlung im Jahr 2021 abgegeben werden können, und Emissionsrechten respektive internationale Bescheinigungen, die ab 2022 im Umfang der fehlenden Kompensationsleistung nachgereicht werden müssen.

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Art. 29

CO2-Abgabe auf Brennstoffe

Eine Minderheit will den maximal möglichen Abgabesatz von 120 auf 145 Franken pro Tonne CO2 anheben. Er käme subsidiär zum Tragen, wenn Zwischenziele für die CO2-Emissionen aus Brennstoffen verfehlt würden.

Art. 31

Verpflichtung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen

Anlagebetreiber mit einer bestehenden Verminderungsverpflichtung im Jahr 2021 können gemäss Absatz 1ter die Rückerstattung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe in den Jahren 2022­2024 weiterhin beantragen, wenn sie sich zu einer Verlängerung der bestehenden Verminderungsverpflichtung bis 2024 verpflichten. Anlagebetreiber mit einem Emissionsziel müssen dafür ihre Treibhausgasemissionen um jährlich 2 Prozent absenken. Das Massnahmenziel wird dupliziert, wobei die Wirkung der umgesetzten Massnahmen zur Zieleinhaltung beiträgt. Für eine Verlängerung muss ein Anlagebetreiber beim BAFU bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Gesuch einreichen.

Für den Fall, dass gegen dieses Gesetz kein Referendum ergriffen wird, soll die Frist auf Ende Juni 2022 festgesetzt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Anlagebetreiber mit den Monitoringdaten 2021 die notwendige Entscheidungsgrundlage. Das BAFU stellt eine Gesuchsvorlage zur Verfügung und kann den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung anordnen (Art. 39 Abs. 5).

Absatz 1quater gibt Anlagebetreibern, die seit 2013 keine Verminderungsverpflichtung eingegangen sind, die Möglichkeit, sich ab 2022 neu von der CO2-Abgabe befreien zu lassen. Sie müssen dafür beim BAFU ein Gesuch mit einer Zielvereinbarung für ein Emissionsziel oder ein Massnahmenziel einreichen.

Gemäss Absatz 4 können Anlagebetreiber zur Erfüllung der Verminderungsverpflichtung in einem beschränkten Umfang Emissionsgutschriften abgeben. Für das Jahr 2021 ist noch die Anrechnung von Emissionsminderungszertifikate möglich, ab dem Jahr 2022 können stattdessen Emissionsrechte angerechnet werden.

Art. 32

Sanktion bei Nichteinhaltung der Verpflichtung

Anlagebetreiber, die ihre bis 2024 verlängerte Verminderungsverpflichtung nicht einhalten, müssen für die in den Jahren 2013­2024 zu viel emittierten Tonnen CO2eq anstelle von Emissionsminderungszertifikaten neu Emissionsrechte abgeben.

Art. 38a

Abgabe Allgemeine Luftfahrt

Eine Minderheit beantragt die Einführung einer Lenkungsabgabe auf Flügen, die nach Schweizer Recht und mit einem Luftfahrzeug von mehr als 5,7 Tonnen Startmasse durchgeführt werden. Ausgenommen sind Linien- und Charterflüge, Schulungs-, Fracht-, Werk- und Arbeitsflüge sowie Flüge, die der Mineralölsteuer unterliegen. Die Abgabe richtet sich innerhalb der Bandbreite von 500 und 5000 Franken nach der Startmasse und wird beim Abflug ab der Schweiz fällig. Die Hälfte des Ertrags ist für die Entwicklung von Hochgeschwindigkeits- und Nachtzügen zweckgebunden, die übrige Hälfte wird an die Bevölkerung zurückverteilt.

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Art. 40bis

Überprüfung der klimabedingten finanziellen Risiken

Eine Minderheit will die Finanzmarktaufsicht und die Schweizerische Nationalbank verpflichten, über die klimabedingten finanziellen Risiken regelmässig Bericht zu erstatten.

Art. 40c

Informations- und Dokumentationssysteme

Absatz 1 schafft die rechtliche Grundlage für Informations- und Dokumentationssysteme des BAFU, welche der elektronischen Durchführung von Verfahren im Rahmen des Vollzugs der CO2-Gesetzgebung dienen und für die bundesinterne Geschäftsabwicklung und Datenbearbeitung verwendet werden. Soweit Gesetz und Verordnung nichts anderes bestimmen, richtet sich das elektronische Verfahren nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG)14 und der Verordnung über die elektronische Übermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens vom 18. Juni 2010 (VeÜ-VwV)15. Der Bundesrat wird ermächtigt, die Verfahren zu bezeichnen, die elektronisch durchgeführt werden sollen. Die Verfahrensbeteiligten können in diesen Verfahren abweichend von Artikel 21a und Artikel 34 Absatz 1bis VwVG insbesondere dazu verpflichtet werden, Eingaben über die Informations- und Dokumentationssysteme elektronisch einzureichen und Mitteilungen und Verfügungen ohne ihre Zustimmung elektronisch entgegenzunehmen.

Das BAFU stellt die Authentizität und die Integrität der übermittelten Daten sicher (Abs. 2). Um die Authentizität einer Eingabe zu gewährleisten, muss insbesondere der Absender oder die Absenderin authentifiziert und die Verbindung zwischen dieser Person und der Eingabe belegbar hergestellt werden. Es ist geplant, dass die Nutzerinnen und Nutzer über eine webbasierte Schnittstelle auf die eIAM-Seite des Bundes gelangen und sich über das CH-LOGIN identifizieren und einloggen können. Damit sind die Anforderungen an die Authentizität und die Integrität der übermittelten Daten erfüllt und Eingaben müssen nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Dieselbe oder eine ähnliche elektronische Bestätigung von Angaben anstelle der elektronischen Signatur kann gemäss Absatz 3 und in Abweichung von Artikel 6 Absatz 1 VeÜ-VwV auch bei Eingaben anerkannt werden, deren Unterzeichnung gesetzlich vorgeschrieben ist.

In verschiedenen Verfahren sollen zukünftig, wenn möglich und sinnvoll, automatisierte Einzelentscheide erlassen werden. Die notwendige rechtliche Verankerung soll auf Verordnungsstufe erfolgen.

Absätze 4 und 5 halten fest, welchen Stellen und Personen in welchem Umfang und zu welchem Zweck Zugang zu den Informations- und Dokumentationssystemen gewährt werden kann. Die Mitarbeitenden
der für den Vollzug zuständigen Behörden und Organisationen haben Zugang, soweit es für den Vollzug des CO2-Gesetzes notwendig ist. Das BAFU hat einen vollständigen Zugang zu allen Daten und Dokumenten, sobald diese kundenseitig freigegeben sind. Der Zugang anderer Bundesbehörden und privater Organisationen ist auf die ihnen zugewiesenen Vollzugsaufgaben be-

14 15

SR 172.021 SR 172.021.2

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schränkt, dies gilt insbesondere für besonders schützenswerte Daten. So hat das Bundesamt für Energie BFE (Bst. a) Zugang zu den Daten der Verminderungsverpflichtung, der Kompensationsprojekte und -programme sowie der Rückerstattung für Betreiber von WKK-Anlagen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV (Bst. b) hat Zugriff auf die für die Rückverteilung der CO2-Abgabe relevanten Daten. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL (Bst. c) hat Zugang zu den Daten der Betreiber von Luftfahrzeugen. Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG (Bst. d) hat Zugriff auf die für die Rückerstattung der CO2-Abgabe relevanten Daten. Die vom Bund mit Vollzugsaufgaben beauftragten privaten Organisationen (Bst. e) haben Zugang zu den Daten der Anlagebetreiber mit Verminderungsverpflichtung, sofern diese den Zugriff erlauben.

Gesuchsteller, Meldepflichtige und Betreiber (Bst. f) haben Zugriff auf die sie betreffenden Daten und Dokumente. Sie können unternehmensinternen Personen sowie unternehmensexternen, vom BAFU zugelassenen Validierungs- und Verifizierungsstellen (Bst. g) den Zugriff auf ihre Daten und Dokumente erlauben.

Das BAFU beauftragt externe Prüfstellen unter anderem für die Berechnung und Validierung der kostenlosen Zuteilung im EHS, für die Prüfung der Monitoringkonzepte und -berichte oder für die Auditierung von Zielvereinbarungen. Das BAFU kann diesen Prüfstellen einen temporären Zugang zu Kundendossiers gewähren, sofern dies für die Erfüllung von Vollzugsaufgaben notwendig ist (Bst. h). Sollten für den Vollzug des CO2-Gesetzes weitere Bundesstellen oder Personen einen Zugang benötigen, kann der Bundesrat dies auf Verordnungsstufe vorsehen (Bst. i).

Art. 45 Abs. 2 und 3 Verhältnis zum Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht Auf 2022 wird die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) umbenannt in Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). Diese Namensänderung soll mit dieser Teilrevision abgebildet werden.

Art. 48b

Übertragung nicht verwendeter Emissionsrechte und Emissionsminderungszertifikate und Bescheinigungen

Emissionsrechte nach Artikel 2 Absatz 3 und Emissionsminderungszertifikate nach Artikel 2 Absatz 4, die im Jahr 2021 nicht verwendet wurden, sollen unbeschränkt in den Zeitraum 2022­2024 übertragen werden können (Abs. 1 und 2). Die Übertragbarkeit von Emissionsrechten in den Zeitraum nach 2024 wird im Folgegesetz geregelt.

Bescheinigungen, die nach Artikel 7 in den Jahren 2013­2021 ausgestellt und nicht verwendet wurden, können unbeschränkt in den Zeitraum 2022­2024 übertragen werden.

Art. 49b

Übergangsbestimmung

Eine Minderheit will den Bundesrat verpflichten, der Bundesversammlung bis Ende 2022 Vorschläge für die Einhaltung des Übereinkommens von Paris zu unterbreiten. Der Bundesrat wird zudem ermächtigt, in der Zwischenzeit nach Anhörung der betroffenen Kreise Massnahmen in eigener Kompetenz zu ergreifen.

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3.2

Inkraftsetzung

Damit Regulierungslücken verhindert werden können, soll die vorgeschlagene Verlängerung des CO2-Gesetzes auf den 1. Januar 2022 in Kraft treten. Das Geschäft kann voraussichtlich frühestens in der Wintersession 2021 durch das Parlament verabschiedet werden. Da im Anschluss noch die Referendumsfrist abzuwarten ist, muss die Änderung des CO2-Gesetzes rückwirkend auf den 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt werden können. Diese Möglichkeit muss im Gesetz vorgesehen werden.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen

Ohne Revision des CO2-Gesetzes existiert ab 2022 rechtlich kein verbindliches Verminderungsziel mehr. Mit der Verlängerung um weitere drei Jahre sollen die Treibhausgasemissionen um jährlich weitere 1,5 Prozent gegenüber 1990 sinken. Die Emissionen im Basisjahr 1990 betrugen 53,7 Mio. Tonnen CO2eq. Eine Verminderung von 1,5 Prozent gegenüber 1990 entspricht in absoluten Werten ausgedrückt 0,8 Mio. Tonnen CO2eq. Weil dieses Ziel nicht an die vorangehende Emissionsentwicklung anschliesst, sondern isoliert zu betrachten ist, übersetzt sich diese Vorgabe in eine kumulierte Verminderungsleistung von 8 Mio. Tonnen CO2eq16 über die Jahre 2021­2024. Davon müssen ab 2022 mindestens 75 Prozent im Inland erbracht werden, was 6 Mio. Tonnen CO2eq entspricht.

Im Jahr 2019 lagen die Treibhausgasemissionen gemäss dem im April 2021 veröffentlichen Treibhausgasinventar um knapp 14 Prozent unter dem Wert von 1990. Die Zielerreichung für das Jahr 2020 ist somit keineswegs gesichert. Absehbar ist, dass der Verkehr sein Sektorziel (minus 10 Prozent) deutlich verfehlen wird. Auch der Gebäudesektor wird sein Sektorziel (minus 40 Prozent) verfehlen. Der Industriesektor wird sein Ziel (minus 15 Prozent) aufgrund einer neu entdeckten Lachgasquelle bei einem Chemiewerk nicht erreichen. Der Betreiber hat sich jedoch zum Einbau eines Katalysators per Ende 2021 verpflichtet, der diese Emissionen um 97 Prozent senken wird. Auch bei den übrigen Treibhausgasen aus der Landwirtschaft und industriellen Anwendungen dürfte die Abnahme bis 2020 unter den Anforderungen (minus 10 Prozent) bleiben.

Die Festlegung von Sektorzielen bringt angesichts der kurzen Zeit und des geringen Handlungsspielraums, die Massnahmen anzupassen, einen geringen Mehrwert. Inwieweit die vom Bundesrat für die Totalrevision der CO2-Verordnung vorgeschlagenen Sektorziele bis 203017 noch realistisch sind, wird die neue Vorlage für eine Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 zeigen.

16 17

Summe aus 0,8 Mio. im Jahr 2021 plus 1,6 Mio. im Jahr 2022 (2x0,8 Mio.) plus 2,4 Mio.

im Jahr 2023 (3x0,8 Mio.) plus 3,2 Mio. im Jahr 2023 (4x0,8 Mio.).

Gebäude: minus 65 Prozent, Verkehr: minus 25 Prozent, Industrie: minus 35 Prozent und Sektor Landwirtschaft: minus 20 Prozent bis 2030 gegenüber 1990.

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Die Verminderungen in den Jahren 2021­2024 müssen unter anderem mit der Weiterführung der Massnahmen des CO2-Gesetzes, den in der vorliegenden Teilrevision vorgeschlagenen Anpassungen sowie mit allfälligen Massnahmen aus anderen klimarelevanten Bereichen (beispielsweise in der Energiepolitik oder in der Landwirtschaft) realisiert werden. Zusätzlich leistet der technologische Fortschritt, der sich auch ohne klimapolitische Massnahmen einstellt, einen Beitrag.

Der technologische Fortschritt sowie die Fortführung der bereits beschlossenen Massnahmen vermindern die Treibhausgasemissionen bis 2024 auf 79 Prozent des Wertes von 1990. Diese Abschätzung stützt sich grösstenteils auf das Szenario «Weiter wie bisher» der neuen Energieperspektiven 2050+. Ausnahme bildet der Verkehr, bei dem aufgrund neuerer Annahmen über die Elektrifizierung vom Szenario Zero Basis ausgegangen wird. Im Schätzwert enthalten sind zudem die Erhöhung der CO2-Abgabe auf 120 Franken pro Tonne CO2 ab 2022, die Fortführung des Gebäudeprogramms, die Zielwerte von 95 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer für Personenwagen und von 147 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer für Lieferwagen und kleine Sattelschlepper, die kantonalen Massnahmen im Gebäudebereich sowie der Massnahmen der Energiestrategie 2050 gemäss heute gültiger Gesetzgebung. Ebenfalls enthalten sind die Wirkungen des Emissionshandels (jährliche Absenkung der maximalen Menge an verfügbaren Emissionsrechten seit 2021 um 2,2 Prozent) und der Einbau des Katalysators für die entdeckten Lachgasemissionen in der chemischen Industrie.

Kumuliert über die Jahre 2021­2024 muss bei einer Fortschreibung bis 2024 eine Verminderungsleistung von 8 Mio. Tonnen CO2eq (davon mindestens 6 Mio. Tonnen CO2eq im Inland) erbracht werden. Aufgrund des technischen Fortschritts und der bestehenden Massnahmen gehen die Emissionen um rund 1 Mio. Tonnen CO2eq pro Jahr bzw. über die vier Jahre um insgesamt 4 Mio. Tonnen CO2eq zurück. Für die Einhaltung des Verminderungszieles bis 2024 sind daher weitere Reduktionen im Umfang von 4 Mio. Tonnen CO2eq nötig.

Die Verminderungsverpflichtungen decken heute Emissionen von rund 1,6 Mio. Tonnen CO2eq ab. Die im Gegenzug zu einer Verlängerung geforderte Absenkung um 2 Prozent pro Jahr verringert die Emissionen 2022­2024 um jährlich 30 000 Tonnen CO2eq. Rund 60 Prozent
der Anlagebetreiber können ihr Emissionsziel ohne die Umsetzung weiterer Massnahmen einhalten.18 Allfällige neue Verminderungsverpflichtungen sind in der Wirkung der erhöhten CO2-Abgabe enthalten, weil sich die Befreiungen auch an der eingesparten Abgabe ausrichten.

Die einzige Stellschraube, um die in den Jahren 2021­2024 geforderte Verminderungsleistung herbeizuführen, ist die Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure.

Das dafür erforderliche Potenzial innerhalb der gesetzlichen Vorgabe, dass der für die Finanzierung der Kompensationsmassnahme nötige Zuschlag an der Tanksäule 5 Rappen pro Liter nicht übersteigen darf, ist vorhanden. Der Kompensationssatz soll ab 2022 auf insgesamt 20 Prozent angehoben werden; mindestens 15 Prozent sollen im Inland und maximal 5 Prozent im Ausland erbracht werden. Mit den Massnahmen im Ausland wird das Ziel von gesamthaft 8 Mio. Tonnen CO2eq leicht übertroffen.

18

Basierend auf den Monitoringdaten 2020 unter der Annahme, dass die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Jahre 2021­2024 den durchschnittlichen CO2-Emissionen der Jahre 2018­2020 entsprechen und keine zusätzlichen Massnahmen umgesetzt werden.

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Aufgrund der uneingeschränkten Übertragbarkeit von Bescheinigungen aus den Jahren 2013­2020 müssen für die bis 2024 geforderte Inlandkompensation keine neuen Projekte mehr angestossen werden. Denn mit bestehenden Projekten und Programmen können jedes Jahr rund 1,2 Mio. CO2eq abgedeckt werden. Zwischen 0,5 und 0,6 Mio.

Tonnen CO2eq pro Jahr erbringen die kompensationspflichtigen Treibstoffimporteure über das Inverkehrbringen biogener Treibstoffe.

Weil biogene Treibstoffe einen bedeutenden Beitrag an die Verminderung der CO2Emissionen im Verkehr leisten und von den kompensationspflichtigen Treibstoffimporteuren genutzt werden, hat Nationalrat Page am 17. Juni 2021 eine parlamentarische Initiative eingereicht, die eine Verlängerung der bis Ende 2023 befristeten Steuererleichterungen bis 2030 fordert.19 Entfällt die steuerliche Entlastung, übersteigen die Kompensationskosten das gesetzlich mögliche Mass. Diesen Ausfall könnten die Treibstoffimporteure im Jahr 2024 noch über überschüssige Bescheinigungen ausgleichen.

Die Möglichkeit, auch im Ausland Massnahmen durchzuführen, soll eine Nachfrage nach solchen Verminderungsleistungen generieren und damit eine Signalwirkung gegenüber den potenziellen Gastländern entfalten. Die Schweiz hat bislang drei bilaterale Abkommen mit Peru, Ghana und Senegal abgeschlossen und eine Absichtserklärung mit Thailand und Island unterzeichnet. Die Umsetzung von Projekten im Ausland, die im Hinblick auf das international verbindliche Verminderungsziel bis 2030 in der Zeit nach 2024 in einem weitaus grösseren Umfang erfolgen muss, braucht eine gewisse Vorlaufzeit. Dies ist eine Konsequenz aus der Ablehnung der Totalrevision vom 13. Juni 2021.

4.2

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Für die Verwaltung ergibt sich aus der Teilrevision des bestehenden CO2-Gesetzes und der Weiterführung der befristeten Instrumente kein unmittelbarer personeller Mehrbedarf gegenüber heute, da die Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen standardisiert ausgestaltet wird. Auch basierend auf Erfahrungswerten in der Vergangenheit auf 2022 neu zu erwartenden 200­300 Gesuche können mit dem bestehenden Personal bewältigt werden.

Eine Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen hat zur Folge, dass die betroffenen Anlagebetreiber und ihre Berater beim Bund bis Ende Juni 2022 ein Verlängerungsgesuch für ihre Verpflichtungen stellen sowie ihren Monitoringpflichten für die Jahre 2022­2024 nachkommen müssen. Das BAFU hat für die Unterstützung der Anlagebetreiber mit der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) als Vollzugsorganisation einen bis Ende 2021 laufenden Vertrag über jährlich 500 000 Franken abgeschlossen. Die Cleantech Agentur Schweiz (act) unterstützt die Anlagebetreiber ebenfalls, dies ohne Kostenfolge für das BAFU. Durch BAFU und BFE ist zu prüfen, ob und wie für das Monitoring der Daten 2022­2024 aus beschaffungsrechtlicher Sicht die bestehenden Rahmenverträge mit den heutigen Vollzugsorganisationen EnAW und act verlängert werden können und welche Kosten entstehen. Unabhängig 19

21.466 Pa.Iv. Page. CO2-Reduktion oder Preiserhöhung für biogene Treibstoffe.

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von der Revision des CO2-Gesetzes unterstützt das BFE die beiden Organisationen mit jährlich 600 000 Franken für die Umsetzung der freiwilligen Zielvereinbarungen, der Rückerstattung des Netzzuschlags und des Grossverbraucherartikels der Kantone.

Ohne Vertragsverlängerung reduziert sich dieser Betrag ab 2022.

Die Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen um weitere drei Jahre hat zudem eine Anpassung der Informatiktools des Bundes zur Folge. Das BAFU legt neben Inhalt und Form des Gesuchs auf Verlängerung auch den anzuwendenden IT-Standard fest. Um den administrativen Aufwand möglichst gering zu halten, ist ein Prozess zur elektronischen Datenverarbeitung vorgesehen.

4.3

Andere Auswirkungen

4.3.1

Rückerstattung der CO2-Abgabe

Für die Wirtschaft relevant ist, dass die Abgabebefreiung mit Verminderungsverpflichtungen lückenlos verlängert und standardisiert weitergeführt wird. Ohne Revision des CO2-Gesetzes käme es für die Unternehmen mit Verminderungsverpflichtung bei einem CO2-Abgabesatz von 120 Franken zu einer finanziellen Mehrbelastung von rund 200 Mio. Franken. Diese zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Abgabe würden jedoch an die Wirtschaft proportional zur AHV-Lohnsumme rückverteilt. Davon würden insbesondere Dienstleistungsunternehmen profitieren, die pro Lohnfranken einen relativ geringen CO2-Ausstoss aufweisen.

Bezüglich Beratertätigkeit von privaten Organisationen wie EnAW und act hätte eine Regulierungslücke keine grösseren Auswirkungen. Die Zielvereinbarungen der Unternehmen laufen auch ohne Revision des CO2-Gesetzes weiter, da die meisten Unternehmen Verpflichtungen nach kantonalen Grossverbraucherartikeln oder für die Rückerstattung des Netzzuschlags erfüllen müssen. Auch die jährlichen Emissionen werden weiterhin überwacht und in einem Monitoringbericht festgehalten.

Mehraufwand in Form von zusätzlichen Beratungsarbeiten für die Organisationen entstünde dann, wenn die Verminderungsverpflichtung für die Jahre 2022­2024 nicht standardisiert weitergeführt würde.

4.3.2

CO2-Kompensationspflicht

Wird die Regulierungslücke für Kompensationspflichtige geschlossen, so können Eigner von Kompensationsprojekten ihre Investitionen weiterhin aus dem Verkauf von Bescheinigungen amortisieren. Die Stiftung Klimaschutz und CO2Kompensation KliK, die von einem Grossteil der kompensationspflichtigen Treibstoffimporteure mandatiert ist, zahlt nach eigenen Angaben bis zu 150 Franken pro Tonne CO2eq, wobei die durchschnittlichen Kosten im Jahr 2020 87 Franken pro Tonne betrugen.20 Für Betreiber von Kompensationsprojekten, welche auf jährliche Einnahmen aus dem Verkauf der Bescheinigungen angewiesen sind, könnte es ohne 20

Vgl. KliK. Jahresbericht 2020.

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Verlängerung zu Liquiditätsengpässen kommen, sollten die Kompensationspflichtigen keine Bescheinigungen mehr erwerben.

Die Möglichkeit, dass der Bundesrat den Kompensationssatz auch gestützt auf die Entwicklung der CO2-Emissionen im Verkehr festlegen kann, erhöht die Investitionssicherheit zusätzlich. Dies insbesondere für den Fall, dass ein Nachfolgegesetz für die Zeit nach 2024 nicht oder erst verspätet zustande kommen würde. Kann die Kompensationspflicht auch losgelöst von einem gesetzlichen Reduktionsziel weitergeführt werden, haben die kompensationspflichtigen Treibstoffimporteure einen Anreiz, zusätzliche Projekte und Programme anzustossen.

Die Treibstoffkonsumentinnen und -konsumenten sind durch die Überwälzung der Kompensationskosten durch die Treibstoffimporteure betroffen. Der von den Treibstoffimporteuren erhobene Kompensationsaufschlag müsste 1,9 Rappen pro Liter Treibstoff betragen, um laufende und neue Kompensationsprojekte im In- und Ausland zu finanzieren.21 Neue Vorhaben im Inland wären aufgrund der überschüssigen Bescheinigungen erst mit Blick auf die Zeit nach 2024 nötig.

Mit der Fortschreibung des Zieles über das Jahr 2021 hinaus entfällt auch die Pflicht, die Kompensationsleistung ausschliesslich in diesem Jahr zu erbringen. Neu können auch überschüssige Bescheinigungen aus den Vorjahren uneingeschränkt übertragen und angerechnet werden. Gesamthaft werden 6 Mio. überschüssige Bescheinigungen erwartet. Diese erhöhte Flexibilität führt dazu, dass die Kompensationskosten geringer und Sanktionen sehr unwahrscheinlich sind. KliK rechnet für den Fall, dass die Kompensationspflicht 2021 allein mit Bescheinigungen aus diesem Jahr erfüllt werden muss, mit Sanktionszahlungen von 50­70 Mio. Franken, die in die allgemeine Bundeskasse fliessen würden.

Dadurch, dass bei fehlender Kompensationsleistung pro Tonne CO2 neu ein Emissionsrecht oder eine internationale Bescheinigung anstelle eines Emissionsminderungszertifikats abgegeben werden muss, wird die Sanktion aufgrund des Preisunterschieds strenger.

4.4

Vollzugstauglichkeit

4.4.1

Rückerstattung der CO2-Abgabe

Die Ziele der Unternehmen mit bestehender Verminderungsverpflichtung werden bei einer Verlängerung des CO2-Gesetzes nicht neu ausgehandelt, sondern basierend auf den bestehenden Zielvereinbarungen standardisiert weitergeführt. Damit wird der zusätzliche Vollzugsaufwand für die Unternehmen und für den Bund minimiert.

Das verlängerte Emissionsziel berechnet sich vom bestehenden Ausgangspunkt anhand des bis Ende 2021 linear weitergeführten Reduktionspfads. Anlagebetreiber mit einem Emissionsziel müssen dafür ihre Treibhausgasemissionen um jährlich 2 Pro-

21

Annahme: Kompensationskosten pro Tonne CO2eq von 150 Franken im Inland und 30 Franken im Ausland.

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zent absenken. Diese Vorgabe können rund 60 Prozent der Anlagebetreiber ohne weitere Massnahmen einhalten.22 Wäre Ende 2020 Bilanz gezogen worden, hätten knapp zwei Drittel der Betreiber ihr Emissionsziel eingehalten. Beim Massnahmenziel für Kleinemittenten erreichen ohne die Umsetzung zusätzlicher Massnahme bereits über die Hälfte der Anlagebetreiber den geforderten Zielwert. Wäre Ende 2020 Bilanz gezogen worden, hätten zwei Drittel der Anlagebetreiber ihr Massnahmenziel eingehalten.

Die Frist, um das Gesuch auf Verlängerung der Verminderungsverpflichtung einzureichen, soll für den Fall, dass kein Referendum ergriffen wird, auf den 30. Juni 2022 festgesetzt werden. Bis dahin haben die Anlagebetreiber ihre Monitoringdaten für das Jahr 2021 eingereicht. Sie können deshalb abschätzen, ob sie die Verminderungsverpflichtung um drei Jahre verlängern, oder Ende 2021 abschliessen wollen. Bei einer verlängerten Verminderungsverpflichtung wird deren Einhaltung einmalig Ende 2024 überprüft. Wird auf eine Verlängerung verzichtet, erfolgt die Überprüfung der Zieleinhaltung bereits auf Ende 2021.

Die geltenden Bestimmungen werden, was die Anpassung von Emissionsziel und Massnahmenziel bei Anlagebetreibern im Änderungswesen betrifft, unverändert übernommen. Anstelle von Emissionsminderungszertifikaten können die Unternehmen ab dem Verpflichtungsjahr 2022 in einem beschränkten Umfang Emissionsrechte anrechnen. Das Maximum soll wie bisher bei 4,5 Prozent der Treibhausgasemissionen liegen.

4.4.2

CO2-Kompensationspflicht

Die geltende CO2-Gesetzgebung verlangt von den Treibstoffimporteuren für das Jahr 2021 eine Kompensationsleistung von 12 Prozent bzw. 1,7­1,8 Mio. Tonnen CO2eq.

Würde der inländische Kompensationssatz für die Jahre 2022­2024 auf 15 Prozent angehoben, müssten über die Jahre 2021­2024 gesamthaft 8 Mio. Bescheinigungen abgegeben werden. Unter Berücksichtigung der schätzungsweise noch unbenutzten Bescheinigungen im Umfang von knapp 6 Mio. Tonnen CO2eq müssten im Inland zusätzliche Verminderungen von 2 Mio. Tonnen CO2eq bzw. 0,5 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr erbracht werden. Rund 1,2 Mio. Tonnen CO2eq pro Jahr leisten bestehende Projekte und Programme. Neue Vorhaben sind daher für die Einhaltung der Kompensationspflicht bis 2024 nicht nötig. Diese würden jedoch im Hinblick auf die Weiterführung der Kompensationspflicht bis 2030 fehlen.

Die restlichen 5 Prozent bis zu einem Kompensationssatz von 20 Prozent ab 2022 dürften die Kompensationspflichtigen im Ausland erbringen. Dies entspricht über die Jahre 2022­2024 insgesamt 2,1 Mio. Tonnen CO2eq und übersteigt die erforderlichen Menge, um die Zielvorgabe von 1,5 Prozent Absenkung pro Jahr einzuhalten, leicht.

22

Basierend auf den Monitoringdaten 2020 unter der Annahme, dass die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Jahre 2021­2024 den durchschnittlichen CO2-Emissionen der Jahre 2018­2020 entsprechen und keine zusätzlichen Massnahmen umgesetzt werden.

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Neu kann der Bundesrat den Kompensationssatz bis zu einem Maximum von 40 Prozent ohne weitere Verlängerung des im CO2-Gesetz definierten Reduktionszieles gestützt auf die Entwicklung der CO2-Emissionen im Verkehr festlegen.

Wird bei den biogenen Treibstoffen das technische Potenzial (Beimischung von 7 Prozent Biodiesel und 5 Prozent Bioethanol zu fossilen Treibstoffen) ausgeschöpft, können weitere Reduktionen in der Höhe von 0,9 Mio. Tonnen CO2 erzielt werden.

Würde das technische Potenzial von Hydrotreated Vegetable Oils (HVO) ausgeschöpft, das unter Einhaltung der gängigen Normen bei einer Dieselbeimischung von bis zu 50 Prozent liegt, könnten bis zu 4 Mio. Tonnen CO2 vermindert werden. Ohne Verlängerung der bis Ende 2023 befristeten Steuererleichterungen können biogene Treibstoffe ab 2024 mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht mehr über die Kompensationspflicht gefördert werden.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagene Teilrevision des CO2-Gesetzes steht im Einklang mit dem Recht der EU.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Rückwirkendes Inkrafttreten

Die vorgeschlagene Teilrevision soll auf den 1. Januar 2022 in Kraft treten. Nur so können Regulierungslücken verhindert werden. Da die Vorlage aber einerseits noch vom Parlament beraten werden und andererseits im Anschluss an diese Beratungen die Referendumsfrist abgewartet werden muss, wird sie nicht ordentlich am 1. Januar 2022 in Kraft treten können. Aus diesem Grund soll die Teilrevision des CO2-Gesetzes rückwirkend auf den 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt werden können.

Eine belastende Rückwirkung ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig. Die Rückwirkung muss dazu im Erlass ausdrücklich angeordnet oder zumindest klar gewollt sein. Sie muss zeitlich mässig sein (max. ein Jahr). Zudem muss sie durch triftige Gründe gerechtfertigt sein.

Eine Rückwirkung darf auch keine stossenden Rechtsungleichheiten bewirken oder Rechte Dritter beeinträchtigen, und sie muss sich durch überwiegende öffentliche Interessen rechtfertigen lassen. Schliesslich darf sie keinen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen.

Wie aufgezeigt worden ist, hätte die Totalrevision des CO2-Gesetzes ein Fortschreiben des Reduktionszieles ab dem 1. Januar 2022 sichergestellt. Durch die Ablehnung der Vorlage durch die Stimmbevölkerung am 13. Juni 2021 fehlt ab dem Jahr 2022 ein gesetzlich verbindliches nationales Reduktionsziel. Ein solches soll mit der vorliegenden Teilrevision eingeführt werden. Dadurch kann insbesondere sichergestellt werden, dass weiterhin eine Kompensationspflicht für Importeure von fossilem Treibstoff besteht. Damit soll wiederum ein Einbrechen des Inverkehrbringens von biogenen Treibstoffen verhindert werden. Die Teilrevision des CO2-Gesetzes soll zudem 19 / 22

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sicherstellen, dass Betreiber von Anlagen, die sich zu einer Verminderung der Treibhausgasemissionen verpflichtet haben (Art. 31ff. des geltenden CO2-Gesetzes), weiterhin von der CO2-Abgabe befreit werden können. Um diese Ziele sicherstellen zu können, soll die vorliegende Teilrevision nahtlos an das geltende CO2-Gesetz anschliessen. Dies bedingt die Möglichkeit, die Teilrevision des CO2-Gesetzes rückwirkend auf den 1. Januar 2022 in Kraft zu setzen. Es bestehen damit auch triftige Gründe für die Rückwirkung. Diese führt nicht zu stossenden Rechtsungleichheiten, beeinträchtigt auch keine Rechte Dritter und lässt sich durch das öffentliche Interesse an Massnahmen gegen die Klimaerwärmung rechtfertigen. Es wird auch in keine wohlerworbenen Rechte eingegriffen.

Unter der Annahme, dass die Vorlage in der Wintersession 2021 durch das Parlament verabschiedet werden kann, könnte sie nach Ablauf der Referendumsfrist anfangs April 2022 rückwirkend auf den 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt werden. Damit würde es sich um eine mässige zeitliche Rückwirkung handeln. Die Voraussetzungen für eine Rückwirkung sind damit erfüllt.

6.2

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage für das revidierte CO2-Gesetz bilden die Artikel 74 (Umweltschutz) und 89 (Energiepolitik) BV. Artikel 74 BV verpflichtet den Bund, Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen zu erlassen. Artikel 89 Absatz 3 BV verpflichtet den Bund insbesondere, Vorschriften über den Energieverbrauch von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zu erlassen. Dabei muss er die Entwicklung von Energietechniken fördern, insbesondere in den Bereichen des Energiesparens und der erneuerbaren Energien. Das CO2-Gesetz strebt die Eindämmung der Klimaänderung an, welche eine schädliche oder lästige Einwirkung im Sinne von Artikel 74 BV darstellt.

6.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die vorgeschlagene Teilrevision des CO2-Gesetzes begründet keine Mehrausgaben, die der Ausgabenbremse unterstehen.

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6.5

Erlassform

Gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Normen in der Form des Bundesgesetzes.

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Artikel 164 Absatz 2 BV legt fest, dass das Bundesgesetz die Delegation von Rechtsetzungskompetenzen vorsehen kann, soweit die Verfassung dies nicht ausschliesst.

Die Delegationsnorm hat Gegenstand, Umfang und Leitlinien der delegierten Regelung zu umschreiben. Solche Delegationen von Rechtsetzungsbefugnissen, die über die allgemeine Vollzugskompetenz hinausgehen, sind im Folgenden erläutert.

Art. 3 Abs. 1bis Der Bundesrat kann Zwischenziele auf dem Weg zur Erreichung des Reduktionszieles festlegen.

Art. 26 Abs. 2 Die Festlegung des Kompensationssatzes innerhalb der im Gesetz vorgegebenen Spannweite von 5 bis 40 Prozent wird an den Bundesrat delegiert. Der Bundesrat hat dabei die Erreichung des Reduktionszieles nach Artikel 3 oder die Entwicklung der CO2-Emissionen des Verkehrs zu beachten. Zudem wird der Bundesrat ermächtigt, den Anteil der im Inland durchzuführenden Kompensationsmassnahmen festzulegen.

Art. 31 Artikel 31 Absatz 1ter ermächtigt den Bundesrat, den Zeitpunkt auf Verordnungsstufe festzulegen, bis zu dem das Gesuch um Verlängerung der Verminderungsverpflichtung nach Artikel 31 Absatz 1bis eingereicht werden muss. Dadurch wird vorgesorgt für den Fall, dass ein Referendum ergriffen wird. Würde der Gesetzgeber die Frist vorgeben, so dürfte diese nicht erstreckt werden. Die Unternehmen könnten sie nicht einhalten, sollte ein Referendum gegen die Teilrevision zustande kommen.

Gemäss Artikel 31 Absatz 4 wird der Bundesrat ermächtigt, den Anteil der Treibhausgasemissionen festzulegen, die im Rahmen einer Verminderungsverpflichtung bis 2021 über Emissionsminderungszertifikate und ab 2022 über Emissionsrechte erbracht werden dürfen.

Art. 40c Gemäss Artikel 40c Absatz 1 zweiter Satz wird der Bundesrat ermächtigt, die Verfahren zu bezeichnen, die elektronisch durchgeführt werden sollen. Die Verfahrensbeteiligten können in diesen Verfahren abweichend von Artikel 21a und Artikel 34 Absatz 1bis VwVG insbesondere dazu verpflichtet werden, Eingaben über das Informations- und Dokumentationssystem elektronisch einzureichen und Mitteilungen und

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Verfügungen ohne ihre Zustimmung elektronisch entgegenzunehmen. Der Schriftverkehr und die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten findet somit direkt im Informations- und Dokumentationssystem statt.

Artikel 40c Absatz 4 Buchstabe i überträgt dem Bundesrat die Kompetenz, weitere Bundesstellen oder Personen zu bezeichnen, die Zugang zu Informations- und Dokumentationssystemen erhalten sollen, soweit dies für die Erfüllung von Aufgaben und Pflichten nach dem Gesetz erforderlich ist.

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