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Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Prümer Zusammenarbeit) vom 27. Juni 2019

Die Europäische Union einerseits und die Schweizerische Eidgenssenschaft andererseits, im Folgenden zusammen die «Vertragsparteien» genannt, in dem Wunsch, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft unbeschadet der Vorschriften zum Schutz der Freiheit des Einzelnen zu verbessern, in der Erwägung, dass die gegenwärtigen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien, insbesondere das Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands1, Ausdruck der engen Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung sind, unter Hinweis auf das gemeinsame Interesse der Vertragsparteien sicherzustellen, dass die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft schnell und effizient in einer Weise erfolgt, die mit den wesentlichen Grundsätzen ihrer nationalen Rechtsordnungen vereinbar ist und mit den Rechten des Einzelnen sowie den Grundsätzen der am 4. November 19502, in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Einklang steht, in dem Bewusstsein, dass im Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union3 bereits Vorschriften festgelegt sind, nach denen die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft rasch und wirksam vorhandene Informationen und Erkenntnisse zum Zwecke der Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen oder polizeilicher Erkenntnisgewinnungsverfahren austauschen können, SR ...

1 SR 0.362.31 2 SR 0.101 3 ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89.

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in dem Bewusstsein, dass es für die Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung von grundlegender Bedeutung ist, dass zeitnah und effizient genaue Informationen ausgetauscht werden können, in dem Bewusstsein, dass es hierfür erforderlich ist, Verfahren einzuführen, mit denen ein schneller, effizienter und kostengünstiger Datenaustausch gefördert werden kann, und dass für die gemeinsame Nutzung von Daten diese Verfahren der Rechenschaftspflicht unterliegen sollten und geeignete Garantien zur Gewährleistung der Richtigkeit und Sicherheit der Daten während der Übermittlung und Speicherung sowie Verfahren zur Protokollierung des Datenaustauschs und Beschränkungen für die Verwendung ausgetauschter Informationen vorsehen werden sollten, unter Hinweis darauf, dass dieses Abkommen daher Bestimmungen enthält, die auf den wichtigsten Bestimmungen des Beschlusses 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität 4, des Beschlusses 2008/616/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität 5 und seines Anhangs sowie des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates vom 30. November 2009 über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen6 beruhen und nach denen sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Schweizerische Eidgenossenschaft zur Verbesserung des Informationsaustauschs gegenseitig Zugriffsrechte für ihre automatisierten DNA-Analyse-Dateien, ihre automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssysteme und ihre Fahrzeugregisterdaten gewähren.

unter Hinweis darauf, dass bei Daten aus den nationalen DNA-Analyse-Dateien und den nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungs-systemen ein Treffer/Kein-Treffer- System dem abfragenden Staat die Möglichkeit geben sollte, in einem zweiten Schritt den Datei führenden Staat um die spezifischen dazugehörigen personenbezogenen Daten und erforderlichen- falls im Wege der gegenseitigen Amtshilfe um weitere Informationen zu ersuchen; dies schließt auch die nach dem
Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates festgelegten Verfahren ein, in der Erwägung, dass die genannten Bestimmungen eine erhebliche Beschleunigung der derzeit geltenden Verfahren bewirken würden, die es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft ermöglichen, in Erfahrung zu bringen, ob ein anderer Staat über die von ihnen benötigten Informationen verfügt, und, wenn ja, um welchen Staat es sich handelt, in der Erwägung, dass der grenzüberschreitende Datenabgleich eine neue Dimension in der Kriminalitätsbekämpfung eröffnen wird und dass die durch den Datenabgleich gewonnenen Informationen neue Ermittlungsansätze erschließen und so maßgeblich

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ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1.

ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 12.

ABl. L 322 vom 9.12.2009, S. 14

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zur Unterstützung der Strafverfolgungs- und Justizbehörden der Staaten beitragen werden, in der Erwägung, dass die Vorschriften auf der Vernetzung der nationalen Datenbanken der Staaten beruhen, in der Erwägung, dass die Staaten unter bestimmten Voraussetzungen in der Lage sein sollten, personenbezogene und nicht personenbezogene Daten zu übermitteln, um den Informationsaustausch im Hinblick auf die Prävention von Straftaten und die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug zu verbessern, in dem Bewusstsein, dass zusätzlich zum verbesserten Informationsaustausch weitere Formen der engeren Zusammenarbeit der Polizeibehörden, insbesondere durch gemeinsame Einsätze zur Gefahrenabwehr (zum Beispiel gemeinsame Streifen), geregelt werden müssen, in der Erwägung, dass das Treffer/Kein-Treffer-System eine Struktur für den Abgleich anonymer Profile bietet, bei der zusätzliche personenbezogene Daten nur nach einem Treffer ausgetauscht werden und Übermittlung wie Empfang dieser Daten dem nationalen Recht, einschließlich der Vorschriften über die Rechtshilfe, unterliegen, und dass damit ein angemessenes Datenschutzsystem gewährleistet wird, wobei davon ausgegangen wird, dass die Übermittlung personenbezogener Daten an einen anderen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau seitens des empfangenden Staates voraussetzt, in der Erwägung, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft die Kosten tragen sollte, die ihren Behörden aus der Anwendung dieses Abkommens entstehen, in dem Bewusstsein, dass, da die Akkreditierung von Anbietern kriminal-technischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen, ein wichtiger Schritt hin zu einem sichereren und wirksameren Austausch kriminaltechnischer Erkenntnisse ist, einige Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates von der Schweizerischen Eidgenossenschaft beachtet werden sollten, in der Erwägung, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nach diesem Abkommen durch die Behörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Aufklärung von Terrorismus und grenzüber-schreitenden Kriminalität einem Standard für den Schutz personenbezogener Daten nach dem nationalen Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen sollte, der der Richtlinie
(EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.

April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personen-bezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates7 entspricht,

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ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.

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auf der Grundlage des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft in die Struktur und die Funktionsweise ihrer Rechtsordnungen, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach dem Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein, in dem auf die Zusammenarbeit im Rahmen der schweizerischen Informationssysteme für daktyloskopische Daten und DNA- Profile Bezug genommen wird8, beide Länder dieselbe Datenbank und dieselben Systeme für den Austausch von Informationen bezüglich DNA- bzw. daktyloskopischen Daten gemeinsam nutzen, in dem Bewusstsein, dass für alle Angelegenheiten, die nicht unter dieses Abkommen fallen, weiter die Bestimmungen bilateraler und multilateraler Übereinkünfte gelten, haben beschlossen, dieses Abkommen zu schliessen:

Art. 1

Gegenstand und Zweck

Vorbehaltlich dieses Abkommens finden die Artikel 1 bis 24, Artikel 25 Absatz 1, die Artikel 26 bis 32 und Artikel 34 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und jedem der Mitgliedstaaten Anwendung.

1

Vorbehaltlich dieses Abkommens finden die Artikel 1 bis 19 und Artikel 21 des Beschlusses 2008/616/JI des Rates zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, und seines Anhangs mit Ausnahme von dessen Kapitel 4 Nummer 1 in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und jedem der Mitgliedstaaten nach Absatz 1 Anwendung.

2

Die Erklärungen der Mitgliedstaaten nach den Beschlüssen 2008/615/JI und 2008/616/JI des Rates finden auch für ihre bilateralen Beziehungen zur Schweizerischen Eidgenossenschaft Anwendung.

3

Vorbehaltlich dieses Abkommens finden die Artikel 1 bis 5 und Artikel 6 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen, in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und jedem der Mitgliedstaaten Anwendung.

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SR 0.360.514.1

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Art. 2

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Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck 1.

«Vertragsparteien» die Europäische Union und die Schweizerische Eidgenossenschaft;

2.

«Mitgliedstaat» einen Mitgliedstaat der Europäischen Union;

3.

«Staat» einen Mitgliedstaat oder die Schweizerische Eidgenossenschaft.

Art. 3

Einheitliche Anwendung und Auslegung

Um eine möglichst einheitliche Anwendung und Auslegung der in Artikel 1 genannten Bestimmungen zu gewährleisten, verfolgen die Vertragsparteien ständig die Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der zuständigen Gerichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu diesen Bestimmungen.

Zu diesem Zweck wird ein Mechanismus eingerichtet, der den regelmäßigen gegenseitigen Austausch dieser Rechtsprechung gewährleistet.

1

Die Schweizerische Eidgenossenschaft kann beim Gerichtshof der Europäischen Union Schriftsätze einreichen oder schriftliche Stellungnahmen abgeben, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats diesem eine Frage zur Auslegung einer in Artikel 1 genannten Bestimmung zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.

2

Art. 4

Streitbeilegung

Streitigkeiten zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und einem Mitgliedstaat über die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens oder einer der in Artikel 1 genannten Bestimmungen und diesbezüglicher Änderungen können von einer Streitpartei in einer Sitzung von Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur raschen Beilegung unterbreitet werden.

Art. 5

Änderungen

Wird eine Änderung der in Artikel 1 genannten Bestimmungen erforderlich, so unterrichtet die Europäische Union die Schweizerische Eidgenossenschaft so früh wie möglich und holt ihre Stellungnahme ein.

1

Eine Änderung der in Artikel 1 genannten Bestimmungen wird der Schweizerischen Eidgenossenschaft von der Europäischen Union notifiziert, sobald die Änderung angenommen ist. Die Schweizerische Eidgenossenschaft entscheidet unabhängig, ob sie den Inhalt der Änderung akzeptiert und ob sie ihn in ihre innerstaatliche Rechtsordnung umsetzt. Diese Entscheidung wird der Europäischen Union innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der in Unterabsatz 1 genannten Notifizierung notifiziert.

2

Kann der Inhalt der Änderung für die Schweizerische Eidgenossenschaft erst nach Erfüllung verfassungsrechtlicher Voraussetzungen rechtsverbindlich werden, so unterrichtet die Schweizerische Eidgenossenschaft die Europäische Union davon zum 3

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Zeitpunkt ihrer Notifizierung. Die Schweizerische Eidgenossenschaft unterrichtet die Europäische Union unverzüglich in schriftlicher Form über die Erfüllung aller verfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Wird kein Referendum ergriffen, so erfolgt die Notifizierung unverzüglich nach Ablauf der Referendumsfrist. Wird ein Referendum ergriffen, so verfügt die Schweizerische Eidgenossenschaft für ihre Notifizierung über eine Frist von höchstens zwei Jahren ab der Notifizierung durch die Europäische Union. Von dem Zeitpunkt an, der für das Inkrafttreten der Änderung für die Schweizerische Eidgenossenschaft vorgesehen ist, bis zur Mitteilung über die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen wendet die Schweizerische Eidgenossenschaft den Inhalt der Änderung, wenn möglich, vorläufig an.

Akzeptiert die Schweizerische Eidgenossenschaft den Inhalt der Änderung nicht, so wird dieses Abkommen ausgesetzt. Eine Sitzung der Vertragsparteien wird einberufen, um alle weiteren Möglichkeiten zu prüfen, das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Abkommens aufrechtzuerhalten, einschließlich der Möglichkeit einer Anerkennung der Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften. Die Aussetzung wird beendet, sobald die Schweizerische Eidgenossenschaft notifiziert, dass sie den Inhalt der Änderung akzeptiert, oder wenn die Vertragsparteien übereinkommen, das Abkommen wieder anzuwenden.

4

Sind die Vertragsparteien nach einer sechsmonatigen Aussetzung nicht übereingekommen, das Abkommen wieder anzuwenden, so findet es keine Anwendung mehr.

5

Die Absätze 4 und 5 dieses Artikels gelten nicht für eine Änderung der Kapitel 3, 4 oder 5 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates oder des Artikels 17 des Beschlusses 2008/616/JI des Rates, zu der die Schweizerische Eidgenossenschaft der Europäischen Union unter Angabe der Gründe für ihren Einwand notifiziert hat, dass sie die Änderung nicht akzeptiert. Unbeschadet des Artikels 10 des vorliegenden Abkommens sind in solchen Fällen die betreffenden Bestimmungen in ihrer vor der Änderung geltenden Fassung in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und jedem der Mitgliedstaaten weiter anwendbar.

6

Art. 6

Überprüfung

Die Vertragsparteien kommen überein, spätestens fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten eine gemeinsame Überprüfung dieses Abkommens vorzunehmen. Die Überprüfung bezieht sich insbesondere auf die praktische Durchführung, die Auslegung und die Weiterentwicklung des Abkommens und umfasst auch Fragen wie die Folgen der Weiterentwicklung der Europäischen Union für den Gegenstand dieses Abkommens.

Art. 7

Verhältnis zu anderen Rechtsinstrumenten

Die Schweizerische Eidgenossenschaft kann bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte oder Vereinbarungen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten, die am Tag des Abschlusses dieses Abkommens in Kraft sind, weiter anwenden, soweit diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen nicht mit den Zielen dieses Abkommens unvereinbar sind. Die Schweizerische Eidgenossenschaft notifiziert 1

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der Europäischen Union Übereinkünfte oder Vereinbarungen, die weiter angewendet werden.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft kann nach Inkrafttreten dieses Abkommens zusätzliche bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte oder Vereinbarungen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten schließen oder in Kraft setzen, soweit in diesen Übereinkünften oder Vereinbarungen vorgesehen ist, über die Ziele dieses Abkommens hinauszugehen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft notifiziert der Europäischen Union neue Übereinkünfte oder Vereinbarungen innerhalb von drei Monaten nach deren Unterzeichnung, oder, falls es sich um Übereinkünften oder Vereinbarungen handelt, die vor Inkrafttreten dieses Abkommens unterzeichnet wurden, innerhalb von drei Monaten nach deren Inkrafttreten.

2

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Übereinkünfte und Vereinbarungen lassen die Beziehungen zu Mitgliedstaaten, die nicht Vertragspartei dieser Übereinkünfte und Vereinbarungen sind, unberührt.

3

Dieses Abkommen lässt bestehende Übereinkünfte über Rechtshilfe oder die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen unberührt.

4

Art. 8

Notifizierungen, Erklärungen und Inkrafttreten

Die Vertragsparteien notifizieren einander den Abschluss der Verfahren, die erforderlich sind, um ihre Zustimmung dazu zu bekunden, durch dieses Abkommen gebunden zu sein.

1

Die Europäische Union kann ihre Zustimmung dazu, durch dieses Abkommen gebunden zu sein, auch dann bekunden, wenn die Beschlüsse hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten, die nach dem Beschluss 2008/615/JI des Rates übermittelt werden oder übermittelt worden sind, noch nicht für alle Mitgliedstaaten gefasst wurden.

2

Artikel 5 Absätze 1 und 2 wird ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens vorläufig angewendet.

3

Für Änderungen der in Artikel 1 genannten Bestimmungen, die nach Unterzeichnung, aber vor Inkrafttreten dieses Abkommens angenommen werden, beginnt die Frist von drei Monaten nach Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens.

4

Bei der Notifizierung nach Absatz 1 oder, falls dies so vorgesehen ist, zu einem späteren Zeitpunkt gibt die Schweizerische Eidgenossenschaft die Erklärungen nach Artikel 1 Absatz 3 ab.

5

Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats nach dem Tag der letzten Notifizierung nach Absatz 1 in Kraft.

6

Die Mitgliedstaaten und die Schweizerische Eidgenossenschaft übermitteln personenbezogene Daten nach diesem Abkommen erst nachdem die Bestimmungen des Kapitels 6 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates in das nationale Recht der an der 7

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betreffenden Übermittlung beteiligten Staaten umgesetzt worden sind. Um zu überprüfen, ob dies in der Schweizerischen Eidgenossenschaft der Fall ist, werden dort ein Bewertungsbesuch und ein Testlauf unter Bedingungen und nach Vereinbarungen durchgeführt, die für die Schweizerische Eidgenossenschaft annehmbar sind und denjenigen ähneln, die für die Mitgliedstaaten nach Kapitel 4 des Anhangs des Beschlusses 2008/616/JI des Rates durchgeführt wurden. Auf der Grundlage eines Gesamtbewertungsberichts legt der Rat nach dem gleichen Verfahren wie bei der Einleitung des automatisierten Datenaustauschs in den Mitgliedstaaten den Tag oder die Tage fest, ab dem beziehungsweise ab denen die Mitgliedstaaten nach diesem Abkommen der Schweizerischen Eidgenossenschaft personenbezogene Daten übermitteln dürfen.

Die Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates werden von der Schweizerischen Eidgenossenschaft umgesetzt und angewendet. Die Schweizerische Eidgenossenschaft teilt der Europäischen Kommission den Wortlaut der wichtigsten Bestimmungen mit, die sie auf dem unter jene Richtlinie fallenden Gebiet erlassen hat.

8

Die Artikel 1 bis 24, Artikel 25 Absatz 1 sowie die Artikel 26 bis 32 und Artikel 34 des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates werden von der Schweizerischen Eidgenossenschaft umgesetzt und angewendet. Die Schweizerische Eidgenossenschaft teilt der Europäischen Kommission den Wortlaut der wichtigsten Bestimmungen mit, die sie auf dem unter jenen Rahmenbeschluss des Rates fallenden Gebiet erlassen hat.

9

Die zuständigen Behörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft wenden die Bestimmungen des Kapitels 2 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates erst an, nachdem sie die in den Absätzen 8 und 9 dieses Artikels genannten Maßnahmen umgesetzt und angewendet hat.

10

Art. 9

Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union

Der Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union begründet zwischen diesen neuen Mitgliedstaaten und der Schweizerischen Eidgenossenschaft Rechte und Pflichten nach diesem Abkommen.

Art. 10

Kündigung

Dieses Abkommen kann jederzeit von einer der Vertragsparteien durch Hinterlegung einer Notifizierung der Kündigung bei der anderen Vertragspartei gekündigt werden.

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Die Kündigung dieses Abkommens gemäß Absatz 1 wird sechs Monate nach Hinterlegung der Notifizierung der Kündigung wirksam.

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Dieses Abkommen ist in zwei Urschriften in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Erklärung der Vertragsparteien anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens Die Europäische Union und die Schweizerische Eidgenossenschaft, Vertragsparteien des Abkommens über die Anwendung einiger Bestimmungen des Beschlusses 2008/615/JI des Rates zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, des Beschlusses 2008/616/JI des Rates zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, und seines Anhangs sowie des Rahmenbeschlusses 2009/905/JI des Rates über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen (nachstehend «das Abkommen» genannt), geben folgende Erklärung ab: Für den Austausch von Informationen, insbesondere von Daten betreffend DNAProfile, daktyloskopischen und Fahrzeugregisterdaten, muss die Schweizerische Eidgenossenschaft für jede der genannten Datenkategorien bilaterale Verbindungen mit jedem der Mitgliedstaaten aufbauen.

Um dies zu erleichtern, werden der Schweizerischen Eidgenossenschaft alle verfügbaren Unterlagen, eine spezielle Software und eine Liste nützlicher Kontakte zur Verfügung gestellt.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft kann eine informelle Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten eingehen, die einen solchen Informationsaustausch bereits aufgebaut haben, um gewonnene Erfahrungen austauschen und auf praktische und technische Unterstützung zugreifen zu können. Die Bedingungen einer derartigen Partnerschaft sind zwischen den betreffenden Staaten direkt zu vereinbaren.

Schweizerische Experten können sich jederzeit mit dem Vorsitz des Rates, der Europäischen Kommission oder anerkannten Experten für die Bereiche, in denen sie Informationen, Erläuterungen oder Unterstützung anderer Art benötigen, in Verbindung setzen. Die Kommission kann ihrerseits in derselben Weise an die Schweizerische Eidgenossenschaft herantreten, wenn es um die Ausarbeitung von Vorschlägen oder Mitteilungen geht und sie deshalb mit den Mitgliedstaaten in Kontakt steht.

Die schweizerischen Experten können zur Teilnahme an Sitzungen geladen werden, in denen die Experten der Mitgliedstaaten über verschiedene technische Aspekte beraten, die direkt mit der Anwendung und Weiterentwicklung der oben genannten Beschlüsse des Rates in Zusammenhang stehen.

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