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zu 14.470 Parlamentarische Initiative Schweizer Stiftungsstandort, Stärkung Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 22. Februar 2021 Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Mai 2021

Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 22. Februar 20211 betreffend die parlamentarische Initiative 14.470 «Schweizer Stiftungsstandort. Stärkung» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Mai 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 9. Dezember 2014 reichte Ständerat Werner Luginbühl eine parlamentarische Initiative mit folgendem Wortlaut ein: «Das Parlament wird dazu aufgefordert, entsprechende Gesetzesänderungen vorzunehmen, damit die Rahmenbedingungen für ein wirksames und liberales Schweizer Gemeinnützigkeits- und Stiftungswesen gestärkt werden; insbesondere soll folgenden Punkten Rechnung getragen werden: 1.

eine regelmässige Publikation von Daten zu den wegen Gemeinnützigkeit steuer-befreiten Organisationen durch das Bundesamt für Statistik;

2.

eine klarere Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde im Sinne eines Beschwerderechts von Personen mit einem berechtigten Kontrollinteresse;

3.

die Optimierung der Rechte des Stifters durch eine Ausdehnung des Änderungs-vorbehalts in der Stiftungsurkunde auf Organisationsänderungen;

4.

die Vereinfachung von Änderungen der Stiftungsurkunde durch unbürokratische Änderungen ohne notarielle Beurkundung und durch eine offenere Regelung für unwesentliche Urkundenänderungen;

5.

eine Haftungsbegrenzung für ehrenamtliche Organmitglieder durch den Ausschluss einer Haftung für leichte Fahrlässigkeit (unter Vorbehalt einer gegenteiligen statutarischen Regelung);

6.

eine steuerliche Privilegierung für von Erben vorgenommene Zuwendungen aus dem Nachlass durch die Gewährung einmalig erhöhter Spendenabzüge im Jahr des Todesfalls oder im Folgejahr bzw. im Jahr der Erbteilung;

7.

die Möglichkeit eines Spendenvortrags auf spätere Veranlagungsperioden, wenn die Höchstgrenze des Spendenabzugs überschritten ist;

8.

keine Verweigerung bzw. kein Entzug der Steuerbefreiung, wenn gemeinnützige Organisationen ihre strategischen Leitungsorgane angemessen honorieren; dies ist zivilrechtlich zulässig und soll dementsprechend auch steuerrechtlich möglich sein.»

Die Begründung der parlamentarischen Initiative lautete wie folgt: «Der Stiftungsstandort Schweiz geniesst mit einem hochentwickelten Philanthropiesektor und als Standort für internationale gemeinnützige Organisationen eine weltweite Bedeutung. Um diese Stellung auch in Zukunft zu festigen, sind institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den aktuellen Bedürfnissen des gemeinnützigen bzw. Nonprofitsektors Rechnung tragen. Die Schweiz ist dabei international führend hinsichtlich der Selbstregulierung von gemeinnützigen Organisationen. Das Zewo-Gütesiegel, der Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER 21 sowie die beiden Governance-Kodizes Swiss NPO-Code und Swiss Foundation Code haben international Massstäbe gesetzt und tragen massgeblich zu einem effizienten 2/4

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NPO-Sektor bei. Damit besteht eine wichtige Grundlage für die wirksame Zweckerfüllung dieses gesellschaftlich bedeutsamen Sektors.

Ziel der Initiative ist eine weitere Stärkung der bereits guten Rahmenbedingungen für diesen wichtigen Bereich durch entsprechende Gesetzesänderungen bzw. -ergänzungen, insbesondere des ZGB und des DBG. Die Schwerpunkte der Forderungen liegen dabei auf mehr Branchentransparenz, einer erhöhten Wirksamkeit der Stiftungstätigkeit und einer Optimierung der stiftungs- und steuerrechtlichen Bestimmungen.

Neben den Verbesserungen auf Bundesebene ist gleichzeitig auch der Dialog mit den Kantonen für weitere Massnahmen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu führen.» Im Rahmen der Vorprüfung beschloss die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) am 3. November 2015 mit 7 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen, der Initiative gemäss Artikel 109 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20022 (ParlG) Folge zu geben. Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) befasste sich an ihren Sitzungen vom 12. Mai 2016 und 19. August 2016 mit der Initiative und führte dazu auch Anhörungen durch. Am 3. November 2016 entschied sie mit 13 zu 6 Stimmen, dem Beschluss ihrer Schwesterkommission nicht zuzustimmen. Die RK-S befasste sich daher am 15. August 2017 im Rahmen der Vorprüfung erneut mit der Initiative und entschied mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung, dem Ständerat zu beantragen, der Initiative Folge zu geben. Im Kommissionsbericht vom 15. August 2017 legte sie dar, dass sie einen Handlungsbedarf bezüglich der Verbesserung der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen für in der Schweiz ansässige Stiftungen bejaht. Am 12. September 2017 folgte der Ständerat dem Antrag der RK-S ohne Gegenstimme und gab der Initiative Folge. Vor dem Hintergrund des deutlichen Ratsentscheids erteilte die RK-N an ihrer Sitzung vom 20. Oktober 2017 schliesslich mit 9 zu 5 Stimmen bei 8 Enthaltungen ebenfalls ihre Zustimmung zur Initiative. Damit konnte die RK-S ihre Arbeiten zur Ausarbeitung einer Vorlage beginnen.

Am 14. Mai 2019 befasste sich die RK-S mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative. Nach Kenntnisnahme eines Arbeitspapiers der Verwaltung sowie einer Stellungnahme einer Expertengruppe beschloss die RK-S, die Verwaltung zu beauftragen, gestützt auf die Vorarbeiten
einen Vorentwurf auszuarbeiten.

Die RK-S hat den Vorentwurf am 28. Oktober 2019 zur Kenntnis genommen, darüber beraten und ihn verabschiedet. Am 21. November 2019 hat sie den erläuternden Bericht zur Kenntnis genommen und verabschiedet. Zu diesem Vorentwurf wurde nach dem Vernehmlassungsgesetz vom 18. März 20053 (VlG) eine Vernehmlassung durchgeführt.

An ihrer Sitzung vom 3. September 2020 hat die RK-S von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens Kenntnis genommen 4 und entschieden, auf nachfolgend genannte Revisionspunkte zu verzichten: 2 3 4

SR 171.10 SR 172.061 Der Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens ist abrufbar unter www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Sachbereichskommissionen > Kommissionen für Rechtsfragen > Berichte und Vernehmlassungen > Vernehmlassungen > 14.470.

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die regelmässige Publikation von Daten zu den wegen Gemeinnützigkeit steuerbefreiten Organisationen (Ziff. 1 der Pa.Iv.);

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die klarere Regelung der Stiftungsaufsichtsbeschwerde (Ziff. 2 der Pa.Iv.);

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die Haftungsbeschränkung für ehrenamtliche Organmitglieder (Ziff. 5 der Pa.Iv.);

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die steuerliche Privilegierung für Zuwendungen aus dem Nachlass (Ziff. 6 der Pa.Iv.);

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die Möglichkeit eines Spendenvortrags auf spätere Veranlagungsperioden (Ziff. 7 der Pa.Iv.);

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keine Verweigerung bzw. kein Entzug der Steuerbefreiung, wenn gemeinnützige Organisationen ihre strategischen Leitungsorgane angemessen honorieren (Ziff. 8 der Pa.Iv.).

Die RK-S war der Ansicht, dass die Vorlage mit diesen Revisionspunkten nicht mehrheitsfähig gewesen wäre.

Am 22. Februar 2021 hat die RK-S die Detailberatung des überarbeiteten Entwurfs durchgeführt und diesen mit 12 Stimmen gegen 0 bei 1 Enthaltung in der Gesamtabstimmung angenommen. Diese Vorlage beinhaltet nur noch die Entwürfe der Gesetzesbestimmungen zu folgenden Revisionspunkten, die in der Vernehmlassung grundsätzlich positiv aufgenommen wurden und daher nach der Ansicht der RK-S mehrheitsfähig sind: ­

Optimierung der Stifterrechte durch eine Ausdehnung des Änderungsvorbehalts des Stifters in der Stiftungsurkunde auf Organisationsänderungen (Ziff. 3 der Pa.Iv.),

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Vereinfachung von Änderungen der Stiftungsurkunde (Ziff. 4 der Pa.Iv.).

Gestützt auf Artikel 112 Absatz 3 ParlG wurden der Erlassentwurf und der Bericht dem Bundesrat zur Stellungnahme überwiesen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass die Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz auch in Zukunft sichergestellt werden soll. Die von der RK-S vorgeschlagenen moderaten Gesetzesänderungen dienen dem Schweizer Stiftungsstandort und können daher unterstützt werden, da diese nicht nur in der Vernehmlassung positiv aufgenommen wurden, sondern auch die Praxis von zahlreichen Stiftungsaufsichtsbehörden wiedergeben. Jedoch sollten bei der Ausdehnung des Änderungsvorbehalts auf Organisationsänderungen (Ziff. 3 der Pa.Iv.) nicht ausschliesslich die Eigeninteressen des Stifters, sondern auch das bessere Funktionieren der Stiftung im Vordergrund stehen.

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Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Eintreten und Zustimmung zur Vorlage der RK-S.

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