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Schutz der Biodiversität in der Schweiz Bericht der GPK-S vom 19. Februar 2021 Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 2021

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der GPK-S vom 19. Februar 20211 betreffend den Schutz der Biodiversität in der Schweiz nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Mai 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) befasste sich zwischen März 2019 und Februar 2021 mit den Arbeiten des Bundesrates zum Schutz der Biodiversität in der Schweiz. Am 19. Februar 2021 übermittelte die GPK-S dem Bundesrat den Bericht «Schutz der Biodiversität in der Schweiz» und bat ihn, bis zum 28. Mai 2021 eine Stellungnahme vorzulegen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat dankt der GPK-S für den Bericht, der sich kritisch mit den Massnahmen des Bundes zugunsten der Biodiversität auseinandersetzt. Die biologische Vielfalt ist in der Schweiz und global in einem besorgniserregenden Zustand und geht spürbar zurück. Der Bundesrat ist über diese negative Entwicklung der Biodiversität besorgt. Denn mit dem Verlust von Arten und Lebensräumen schwinden auch die Leistungen der Biodiversität (Ökosystemleistungen) zugunsten von Gesellschaft und Wirtschaft2.

Trotz der bereits eingeleiteten Massnahmen durch Bund und Kantone konnte der Biodiversitätsverlust in der Schweiz nicht angehalten werden. Deshalb hat der Bundesrat das UVEK beauftragt, eine Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 19663 (NHG) als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» (Biodiversitätsinitiative) vorzubereiten; er hat am 31. März 2021 die Vernehmlassung dazu eröffnet. Mit diesem Gegenvorschlag will der Bundesrat ein Schutzgebietsflächenziel von 17 Prozent gesetzlich verankern, die Vernetzung fördern, bestehende nationale Schutzgebiete wo nötig sanieren und den ökologischen Ausgleich, insbesondere in der Siedlung und der Agglomeration, stärken. Zusammen mit der Verabschiedung der Strategie Biodiversität Schweiz (SBS) und des zugehörigen Aktionsplans (AP SBS), der Aufstockung der Bundesgelder für Naturschutz und Waldbiodiversität im Rahmen der Programmvereinbarungen (Sofortmassnahmen) und dem aktualisierten Landschaftskonzept hat der Bundesrat damit wichtige und notwendige Schritte zugunsten der Biodiversität gefällt. Um sie aber langfristig zu erhalten und zu fördern, bedarf es des Bewusstseins und der Bereitschaft aller Politikbereiche, bei Entscheidungen die Auswirkung auf die Biodiversität miteinzubeziehen.

Der Bundesrat nimmt zu den Empfehlungen des Berichts gerne wie folgt Stellung:

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www.bafu.admin.ch > Daten, Karten, Indikatoren > Publikationen zum Umweltzustand > Bericht «Umwelt Schweiz 2018».

SR 451

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2.1

Empfehlung 1 ­ Umsetzung der SBS

2.1.1 Der Bundesrat wird ersucht, sich im Rahmen der Analyse zur Wirkung des Aktionsplans SBS kritisch mit den in der ersten Umsetzungsphase festgestellten Schwächen auseinanderzusetzen und auf dieser Grundlage zu bestimmen, in welchen Bereichen die Massnahmen zum Schutz der Biodiversität verstärkt werden müssen.

Der Bundesrat hat 2017 den Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz (AP SBS) verabschiedet und in zwei Umsetzungsphasen unterteilt. 2022 wird ihm eine Wirkungsanalyse vorgelegt, welche die Wirkung der Massnahmen der ersten Umsetzungsphase 2019-2023 evaluiert. Diese Wirkungsanalyse ist eine der relevanten Grundlagen für die Präzisierungen der Massnahmen und die Freigabe der zweiten Umsetzungsphase ab 2024. Danach ist 2026 eine Gesamtevaluation geplant. Schliesslich soll 2027 unter Berücksichtigung der finanziellen und personellen Möglichkeiten über eine allfällige Fortsetzung des AP SBS entschieden werden.

2.1.2 Der Bundesrat wird ersucht, in seine Wirkungsanalyse konkrete Indikatoren zu den Auswirkungen der SBS auf die Biodiversität einzubeziehen.

Indikatoren zum Zustand der Biodiversität werden in verschiedenen Programmen erhoben ­ so etwa im Biodiversitätsmonitoring BDM, in der Wirkungskontrolle Biotopschutz WBS, im Agrarmonitoring ALL-EMA, in den Roten Listen oder in den Statistiken zu Jagd und Fischerei. Aus diesen Programmen werden soweit möglich die Indikatoren ausgewählt, welche auch die Wirkung der SBS und der Massnahmen des AP SBS abzubilden vermögen. Wo sinnvoll und nötig werden für die Wirkungsanalyse 2022 des AP SBS zusätzliche Indikatoren definiert und erhoben. Ziel ist, mit diesem Set an Indikatoren aufzuzeigen, wie sich der Zustand der Biodiversität in wichtigen Zielbereichen der SBS entwickelt hat und wie der AP SBS zu dieser Entwicklung beigetragen hat.

2.1.3 Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass in der zweiten Umsetzungsphase ausreichend Personalressourcen für die Verwirklichung der Ziele der SBS zur Verfügung stehen.

Der Bundesrat ist sich des Ressourcenbedarfs für die Biodiversität sowie der Dringlichkeit und Wichtigkeit dieses Themas bewusst. Dies hat er nicht zuletzt mit der Eröffnung der Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative deutlich gemacht. Aus der Umsetzung der ersten Phase des AP SBS kann der Bundesrat auf wertvolle Erfahrungen zurückgreifen und den Personalbedarf gut abschätzen, wenn er 2023 über dessen Fortsetzung entscheidet.

2.2

Empfehlung 2 ­ Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft

2.2.1 Der Bundesrat wird ersucht, mindestens alle vier Jahre die Wirksamkeit der Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft kritisch zu evaluieren. Er wird ersucht, darauf zu achten, dass die Subventionen in diesem Bereich sinnvoll eingesetzt werden, indem er vor allem auf deren tatsächliche mittelfristige Wirkung achtet.

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Die Evaluationen der agrarpolitischen Instrumente gemäss Artikel 185 Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 19984 (LwG) werden bedürfnisgerecht geplant und durchgeführt. Das bedeutet, dass insbesondere dann evaluiert wird, wenn an den Grundpfeilern eines Instruments Änderungen erfolgt sind, zum Beispiel grössere Anpassungen bei den Massnahmen vorgenommen wurden oder neue Wirkungsdaten eine vertiefte Analyse rechtfertigen.

Die letzte Evaluation der Biodiversitätsbeiträge5 wurde 2019 abgeschlossen. Die Evaluation unterstreicht, dass mit den Biodiversitätsbeiträgen zwar quantitative Ziele bezüglich der Biodiversitätsförderflächen (BFF) allgemein erreichet werden, deren Qualität jedoch nicht den Zielen entspricht. Die effektive ökologische Qualität der Flächen respektive der Vernetzungsprojekte wurden als nicht zufriedenstellend eingestuft. Ein Defizit an BFF wurde speziell auf Ackerland festgestellt. Auf der Basis dieser Erkenntnisse sind Anpassungen der Massnahmen im Rahmen der Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 vorgeschlagen worden. Beispiele sind die neu vorgeschlagene Anforderung im ökologischen Leistungsnachweis nach einem Mindestanteil an BFF auf Ackerfläche und die Beiträge für standortangepasste Landwirtschaft, mit denen eine gezielte Abstimmung mit der ökologischen Infrastruktur gefördert werden soll.

Auch nach der Sistierung der Beratung der Agrarpolitik 2022 durch das Parlament im März 2021 bleiben diese Vorschläge aktuell. Der Mindestanteil an BFF auf Ackerfläche hat auch eine Wirkung auf die Verminderung der Nährstoffverluste der Landwirtschaft und wurde deshalb in den Vorschlag des ersten Verordnungspakets zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» aufgenommen. Auch im Bericht über die zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik zur Erfüllung des Postulats 20.3931 wird die Erhaltung und Förderung der Biodiversität berücksichtigt.

Der Zustand und die Entwicklung der Biodiversität auf Landwirtschaftsflächen und spezifisch auf BFF erfasst der Bund über das Monitoringprogramm «Arten und Lebensräume Landwirtschaft» ­ ALL-EMA6. Die Resultate des ersten Erhebungszyklus von ALL-EMA (2015-2019) zeigen insgesamt eine positive Wirkung der Biodiversitätsförderflächen, gleichzeitig aber auch ein Defizit bei der Arten- und Lebensraumvielfalt
vor allem in der Talzone. Der Druck auf die Biodiversität nimmt insbesondere auch in den Hügel- und Bergzonen zu7. ALL-EMA startete 2020 den zweiten Erhebungszyklus. Nach Abschluss im Jahr 2025 werden Aussagen zu Veränderungen möglich sein. In diesem Zyklus untersucht ALL-EMA neu neben dem Zustand der Biodiversität auch Einflussfaktoren auf die Biodiversität. Aus diesen Resultaten können zusätzliche Erkenntnisse über die Wirkung der Biodiversitätsbeiträge abgeleitet

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SR 910.1 www.blw.admin.ch > Instrumente > Biodiversitätsbeiträge > Schlussbericht Evaluation Biodiversitätsbeiträge (PDF, 5 MB, 09.10.2019); www.blw.admin.ch > Instrumente > Biodiversitätsbeiträge > Evaluation der Biodiversitätsbeiträge ­ Kurzinformation (PDF, 396 kB, 23.10.2019).

www.agroscope.admin.ch > Aktuell > Umwelt und Ressourcen > Monitoring, Analytik > Monitoringprogramm ALL-EMA.

www.bafu.admin.ch > Daten, Karten, Indikatoren > Publikationen zum Umweltzustand > Bericht «Umwelt Schweiz 2018».

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und Massnahmen im Rahmen der Agrarpolitik definiert werden, um deren Wirksamkeit zu optimieren. Eine Verkürzung des Zyklus von ALL-EMA von fünf auf vier Jahre erachtet der Bundesrat im Übrigen als wenig zielführend.

Der Bundesrat anerkennt den Bedarf nach einer Wirkungssteigerung der Biodiversitätsbeiträge. Die definierten Ziele und Massnahmen der Biodiversitätsbeiträge (BFF und Vernetzungsbeiträge nach der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 20138 (DZV) sollen dazu beitragen, dass die Umweltziele der Landwirtschaft (UZL) als Konkretisierung des Um-weltrechtes in der Landwirtschaft erreicht werden; dies ist bisher nicht der Fall9. Der Bundesrat plant im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative, insbesondere die BFF weiterzuentwickeln, indem besonders wertvolle BFF zum gesetzlich verankerten Schutzgebietsflächenziel zählen und besser vernetzt werden sollen. Dies mit dem Ziel, die Qualität zu erhöhen und so seitens der Landwirtschaft einen wirkungsvollen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität zu leisten. Ebenso will er zeitnah den Einbezug und den Beitrag der Landwirtschaft zur Ökologischen Infrastruktur (Ziel 2 der SBS) sicherstellen.

2.2.2 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Beaufsichtigung der kantonalen Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge durch das BLW verstärkt werden muss, und der GPK-S die Ergebnisse seiner Prüfung mitzuteilen.

Die Evaluation von 2019 stellt grosse kantonsspezifische Unterschiede in der Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge fest. Dabei werden insbesondere die Unterschiede in den untenstehenden Punkten hervorgehoben. Das BLW hat bei allen vier Aspekten Schritte unternommen:

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Unterschiede bei der Konzeption der Vernetzungsprojekte: Aktuell bewilligen die Kantone die einzelnen Vernetzungsprojekte. Trotz einheitlicher Grundanforderungen gemäss der DZV kann dadurch die Konzeption der Projekte zwischen den Kantonen stark variieren. In der Weiterentwicklung der Vernetzungsprojekte ist deshalb unter anderem geplant, dass neu die Projekte durch den Bund bewilligt werden. Dies wird zu einer Vereinheitlichung führen. Der mit der Bewilligung für den Bund entstehende Mehraufwand ist gerechtfertigt durch eine entsprechende Entlastung der Kantone und die Vereinfachung der Aufsicht.

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Unterschiedliche Art und Umfang der Beratungsangebote: Die Qualitätssicherung in der Biodiversitätsberatung ist ein wichtiger Punkt in der Weiterentwicklung der Biodiversitätsförderung in der Landwirtschaft des Bundes.

Hierzu laufen Arbeiten in enger Abstimmung mit den für die Beratung zuständigen Kantonen.

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Unterschiede bei Kontrollen und ihren Konsequenzen: Das BLW hat in den letzten Jahren die Aufsicht über die Kantone verstärkt. Mit der Revision der Verordnung vom 31. Oktober 201810 über die Koordination der Kontrollen

SR 910.13 Bericht des Bundesrates vom 9.12.2016 in Erfüllung des Postulats 13.4284 Bertschy.

SR 910.15

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auf Landwirtschaftsbetrieben im Jahr 2020 hat der Bundesrat zudem das Kontrollsystem in der Landwirtschaft risikobasierter ausgerichtet. Die Auswertung von Kontrolldaten von Daten aus geografischen Informationssystemen (GIS-Daten) erlaubt seit einigen Jahren, Unterschiede im Vollzug der Kantone aufzuzeigen.

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Unterschiedliche Organisation der Zuständigkeiten und der Zusammenarbeit innerhalb der kantonalen Verwaltung: Der Vollzug der rechtlichen Grundlagen betreffend die Biodiversität liegt in der Zuständigkeit der Kantone. Der Bund kann den Kantonen keine Vorschriften über die Organisation der Zuständigkeiten machen. Hingegen werden in der Aufsicht über den Vollzug der Biodiversitätsbeiträge jeweils auch die Schnittstellen zwischen den verschiedenen rechtlichen Grundlagen, namentlich das LwG, die DZV, das NHG und die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung vom 18. Mai 200511 sowie die Zuständigkeiten und Zusammenarbeiten zwischen verschiedenen kantonalen Ämtern angeschaut. Teilweise resultieren daraus Empfehlungen an die Kantone.

2.2.3 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob dem Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft im Aktionsplan SBS im Hinblick auf dessen zweite Umsetzungsphase grössere Bedeutung beizumessen ist.

In seinem Umweltbericht hat der Bundesrat 2018 festgehalten12, dass Veränderungen der Produktions- und Verbrauchssysteme in den Bereichen Ernährung, Wohnen und Mobilität notwendig sind, damit ein nachhaltig intakter Lebensraum realisiert werden kann. In der Landwirtschaft besteht grosses Potenzial für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität, das heute noch ungenügend ausgeschöpft wird, z.B. im Bereich der Qualitätssteigerung der BFF oder der Insektenförderung13 14, und der Vernetzung.

Eine Massnahme des AP SBS (Massnahme 4.2.3) hat weiter zum Ziel, das Nachhaltigkeitspotenzial der beteiligten Landwirtschaftsbetriebe besser auszuschöpfen.

Die Landwirtschaft wird auch in Zukunft für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität eine entscheidende Rolle spielen und speziell mit Blick auf eine zweite Phase noch stärker in die Umsetzung des AP SBS einbezogen werden müssen ­ dies auch aus eigenem Interesse, sind doch intakte Produktionsgrundlagen die Voraussetzung für die Landwirtschaft und die Versorgungssicherheit schlechthin15 16.

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SR 814.81 www.bafu.admin.ch > Daten, Karten, Indikatoren > Publikationen zum Umweltzustand > Bericht «Umwelt Schweiz 2018».

Mo 19.3207 (Guhl) «Das dramatische Bienen- und Insektensterben rasch und konsequent stoppen»; Mo 20.3010 (UREK-N) «Das Insektensterben bekämpfen».

Akademien der Wissenschaften Schweiz (2019): Insektenschwund in der Schweiz und mögliche Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft. Faktenblatt.

www.agroscope.admin.ch > Themen > Newsroom > «Je höher die Artenvielfalt, desto mehr Ertrag in der Landwirtschaft» (17.10.2019).

Ip 20.3207 (Häberli-Koller) «Die Land- und Ernährungswirtschaft ist versorgungsrelevant»; Ip. 20.3279 (Juillard) «Welche Konsequenzen für die Landwirtschaft, namentlich für die einheimische Produktion, wenn die Corona-Krise vorbei ist?»; Ip 20.4587 (Baumann) «Kulturlandverlust als Gefahr für die langfristige Versorgungssicherheit?».

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Auch wenn die Landwirtschaft einen entscheidenden Beitrag für die Biodiversität leisten kann und deren Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist, darf der Beitrag anderer Sektoren nicht ausser Acht gelassen werden. So sind beispielsweise die Bereiche Siedlung, Verkehr und Energie besonders angesprochen. Potenzial besteht aber auch in der Ressourceneffizienz und im nachhaltigen Finanzbereich sowie generell bei der Ausgestaltung von staatlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Anreizen.

2.2.4 Der Bundesrat wird ersucht, auf eine stärkere Harmonisierung zwischen den «Umweltzielen Landwirtschaft» von 2008 und denjenigen der SBS und des Aktionsplans SBS zu achten.

In der SBS sind die strategischen Ziele zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität definiert. Diese strategischen Ziele wurden 2012 durch den Bundesrat verabschiedet und sind auch heute noch aktuell. Sie beschreiben die Schwerpunkte, an denen sich alle Akteure zu orientieren haben, um gemeinsam genügend Wirkung zu entfalten und klare Ergebnisse zu erreichen. Die UZL sind auf sektoraler Ebene äusserst wichtig.

Sie dienen als Grundlage für die Erarbeitung von Massnahmen und entsprechen direkt den Zielen der SBS, da sie den Zustand beschreiben, der die langfristige Erhaltung der Tragfähigkeit der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen auf den Landwirtschaftsflächen gewährleisten soll.

Eine Harmonisierung zwischen den UZL und den biodiversitätsbezogenen strategischen Zielen hat bereits stattgefunden. Der Bundesrat wird diese Ziele weiterhin aufeinander abstimmen, insbesondere im Falle einer Änderung der internationalen Biodiversitätsziele oder der nationalen Gesetze.

2.3

Empfehlung 3 ­ Massnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der biodiversitätsschädigenden Bundessubventionen

2.3.1 Der Bundesrat wird ersucht, die Empfehlungen aus der Studie von SCNAT und WSL von August 2020 zu den biodiversitätsschädigenden Bundessubventionen eingehend zu analysieren.

Im vom Bundesrat verabschiedeten Aktionsplan Biodiversität ist eine Evaluation der Bundessubventionen (Massnahme 4.2.4) vorgesehen. Diese soll die Bundessubventionen und deren Auswirkungen auf die Biodiversität vertieft untersuchen. Wo es Verbesserungspotenzial gibt, sollen Reformvorschläge erarbeitet werden. Die Studie von WSL und SCNAT bietet eine wertvolle Übersicht und Grundlage für die weiterführenden Arbeiten.

Derzeit laufen die Arbeiten zur Auswahl der vertieft zu überprüfenden Subventionen.

Die Federführung liegt beim BAFU, das in Zusammenarbeit mit den anderen von den verschiedenen Themenbereichen betroffenen Bundesämtern die Subventionen analysiert. Gemäss Zeitplan werden die Resultate der Subventionsüberprüfung bis Mitte 2023 vorliegen.

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2.3.2 Er wird gebeten, auf der Grundlage dieser Analyse die konkreten Massnahmen zu präsentieren, die er zur Umsetzung der Empfehlungen aus der Studie beschlossen hat.

Wie unter 2.3.1 ausgeführt, stellt die Studie von WSL und SCNAT eine wertvolle Grundlage für die weiterführenden Arbeiten im Rahmen des Aktionsplans Biodiversität dar. Der Bundesrat wird verschiedene Reformvorschläge zur Behebung von biodiversitätsschädigenden Fehlanreizen vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Interessenskonflikte erarbeiten und gegeneinander abwägen. Ziel ist es, dass bei Entscheidungen in allen Politikbereichen die Auswirkungen auf die Biodiversität transparent dargelegt und berücksichtigt werden.

2.3.3 In diesem Rahmen wird der Bundesrat ersucht zu klären, ob an der langfristigen Agrarpolitik des Bundes Anpassungen vorzunehmen sind, insbesondere bei den Subventionen, die sich stark auf die Biodiversität auswirken.

Neben den bisher zu wenig genutzten Potenzialen zur Biodiversitätsförderung in der Landwirtschaft sieht der Bundesrat bei der Reduktion von Ammoniak, Phosphor und Pflanzenschutzmitteln Handlungsbedarf. Entsprechend hat er sich auch bereits in seiner Gesamtschau zur Agrarpolitik und seiner Botschaft zur AP 22+ geäussert. Konkrete Massnahmen dazu sind nun im Rahmen des Verordnungspakets zur parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» vorgeschlagen worden. Mit Blick auf die Biodiversität sind darüber hinaus die agrarpolitischen Rahmenbedingungen stärker auf die Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft und denjenigen der SBS und des Aktionsplans SBS auszurichten. Dazu gehören unter anderem die Anpassung der Landwirtschaft an die Tragfähigkeit der Ökosysteme (standortangepasste Landwirtschaft), die dadurch notwendige Reduktion der regional zu hohen Intensität, die Eliminierung von Fehlanreizen durch eine stärkere Beachtung der Kostenwahrheit und eine wirkungsvollere Zielausrichtung der Subventionen in den Bereichen Biodiversitätsförderung, Vernetzung und Strukturverbesserungen.

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