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21.039 Botschaft zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (Reform des regionalen Personenverkehrs und der Rechnungslegung) vom 4. Juni 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Personenbeförderungsgesetzes.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2014

M 13.3663

Regionaler Personenverkehr. Sicherstellung der Finanzierung und Harmonisierung des Bestellverfahrens (S 10.12.13, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen SR; N 6.5.14)

2020

P

19.4387

Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr (S 11.3.20, Geschäftsprüfungskommission SR)

2020

P

19.4388

Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs (RPV) (S 11.3.20, Geschäftsprüfungskommission SR)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. Juni 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-1921

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Übersicht Mit der Änderung des Personenbeförderungsgesetzes werden Regelungen für den öffentlichen Verkehr vereinfacht und an die Entwicklung der letzten Jahre angepasst. Zudem wird der Service public im öffentlichen Verkehr weiter gestärkt.

Erreicht wird dies mit mehr Transparenz, vereinheitlichten Instrumenten und Prozessen bei der Bestellung des regionalen Personenverkehrs sowie eindeutigen Verantwortlichkeiten. Die Regelungen ermöglichen eine höhere Effizienz im öffentlichen Verkehr. Die Aufarbeitung der Subventionsfälle rund um die Post-Auto AG und die BLS AG hat gezeigt, dass im Bereich der Subventionen die Bestimmungen verdeutlicht und die Kontrollen präzisiert werden müssen.

Ausgangslage Der öffentliche Verkehr (öV) ist ein zentrales Standbein für einen gut funktionierenden Alltag in der Schweiz: Zweieinhalb Millionen Personen pro Tag bringt der öV zur Arbeit, zum Einkaufen oder an ihr Freizeitziel. Er verbindet Dörfer und Agglomerationen untereinander sowie mit den Zentren und Städten in allen Regionen der Schweiz und den umliegenden ausländischen Regionen. Nebst dem eigenwirtschaftlichen Fernverkehr tragen insbesondere die bestellten Linien des regionalen Personenverkehrs (RPV) und des Ortsverkehrs zur umfassenden Erschliessung der ganzen Schweiz bei.

Der Grossteil der Personen bewegt sich regional, weshalb der RPV eine tragende Säule für eine funktionierende, mobile Schweiz ist. Dieser starke Service public ­ ein Markenzeichen der Schweiz ­ muss gepflegt werden. Forderungen und Wünsche von Kantonen und Transportunternehmen sowie die fortschreitende Digitalisierung zeigen auf, in welchen Bereichen das Personenbeförderungsgesetz (PBG) an aktuelle Gegebenheiten anzupassen ist.

Eine kritische Überprüfung der Rechtsgrundlagen fordern die in jüngerer Zeit bekannt gewordenen Subventionsfälle. In allen Fällen spielten (effektive oder behauptete) Gewinnvorgaben oder Gewinnansprüche eine Rolle. Die Gewinnorientierung steht jedoch im Widerspruch zum Service-public-Auftrag derjenigen Bereiche der Unternehmen, die Subventionen erhalten. Bereits im Nachgang zum Fall Postauto hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) Massnahmen ergriffen, um die Verantwortlichkeiten zu präzisieren und die Transparenz zu erhöhen.

Die Vorlage setzt den mit der Motion 13.3663 erteilten Auftrag zur Anpassung der Grundlagen
für den RPV (Reform RPV) um. Dazu wurde die Vernehmlassung 2019 durchgeführt. Wie in der Vernehmlassung angekündigt, enthält die Vorlage zudem die gesetzliche Verankerung der Vorgaben in den Bereichen Rechnungslegung und Controlling. Ein dritter Teil der Vorlage war Gegenstand der Vernehmlassung zur multimodalen Mobilität: Es sind dies Bestimmungen zur Vertriebsinfrastruktur sowie zum Datenschutz, welche ebenfalls eine Anpassung des PBG bedingen.

Nicht Teil dieser Vorlage ist die Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Krise.

Am 25. September 2020 hat das Parlament dringliche Massnahmen verabschiedet, um den öffentlichen Personen- und den Schienengüterverkehr bei der Bewältigung 2 / 48

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der Covid-19-Krise zu unterstützen. Die Krise führte zudem zu einer stärkeren Verbreitung von Homeoffice und reduzierte phasenweise die Nutzung des öV stark. Ob dieser Effekt nachhaltig ist und die erforderlichen Kapazitäten des öV langfristig beeinflusst, wird im Rahmen der normalen Planungsprozesse beurteilt.

Inhalt der Vorlage Mit den Änderungen am PBG wird das heutige System weiterentwickelt. Die Vorlage trägt dazu bei, das Bestellverfahren im RPV effizienter und einfacher zu machen. Mit präziseren Vorgaben für die Rechnungslegung und Anpassungen beim künftigen Aufsichts- und Controllingsystem werden die Rahmenbedingungen geklärt und die Verantwortlichkeiten genauer definiert. In Bezug auf zweckmässige Anreize für Transportunternehmen wird auch die Verwendung von Überschüssen präzisiert. Dank mehrjähriger Zielvereinbarungen der Besteller mit den Transportunternehmen erhöhen sich die Planungssicherheit und die Verbindlichkeit. Ein nationales Benchmarking schafft mehr Transparenz und bringt Anreize für Effizienzsteigerungen. Mit einer erweiterten Möglichkeit zur Förderung von Innovationen wird dem Anliegen der Transportunternehmen für eine breiter aufgestellte Innovationsfinanzierung nachgekommen. Dank einer neuen digitalen Bestellplattform wird das Bestellverfahren vereinfacht und harmonisiert. Weiter wird statuiert, dass die Transportunternehmen eine gemeinsame Vertriebsinfrastruktur betreiben, wie sie heute mit der sogenannten «Netzweiten ÖV-Anbindung» (NOVA) bereits besteht. Für Reisende werden die Datenschutzbestimmungen geklärt und verbessert.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.1.1 Der regionale Personenverkehr als Grundgerüst des öffentlichen Verkehrs 1.1.2 Kantone und Bund bestellen den RPV gemeinsam 1.1.3 Rund die Hälfte der Kosten des RPV wird von Bund und Kantonen abgegolten 1.1.4 Motion, thematische Vorarbeiten und Auftrag des Bundesrates 1.1.5 Zeitgemässe Grundlagen für den Service public im öV 1.1.6 Abgrenzung dieser Vorlage gegenüber dem Projekt Aufgabenteilung II und dem Bürgschafts-Rahmenkredit 1.1.7 Bereits realisierte Verbesserungen: 4-jährige Verpflichtungskredite und weiterentwickelte Instrumente 1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung 1.2.1 Geprüfte Alternativen 1.2.2 Gewählte Lösung: Variante Optimierung 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

6 6 6 7 8 10 10 11 11 15 16 17

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vorverfahren 2.2 Vernehmlassungsverfahren und Zusammenfassung der Ergebnisse

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3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

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4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Die beantragte Neuregelung 4.1.1 Anpassungen betreffend Aufsicht und Controlling 4.1.2 4- bis 6-jährige Zielvereinbarungen zwischen Bestellern und Transportunternehmen 4.1.3 Nationales Benchmarking sowie Transparenz bei den Kennzahlen 4.1.4 Präzisierung der gesetzlichen Regelungen zur ÜberschussVerwendung 4.1.5 Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen 4.1.6 Zentrale Bestellplattform RPV 4.1.7 Funktionale Bestellung übergeordneter Kostenblöcke 4.1.8 Optimierung der Kriterien für die Bundesbeteiligung an der Abgeltung 4.1.9 Statuierung der gemeinsamen öV-Vertriebsinfrastruktur 4.1.10 Datenbearbeitung

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4.2 4.3

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen Umsetzungsfragen

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5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

34

6

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5 Auswirkungen auf die Umwelt 6.6 Andere Auswirkungen

45 45 45 45

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz 7.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes 7.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 7.8 Datenschutz

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Bundesgesetz über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz, PBG) (Reform des regionalen Personenverkehrs und der Rechnungslegung) (Entwurf) BBl 2021 1586

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1

Der regionale Personenverkehr als Grundgerüst des öffentlichen Verkehrs

Der regionale Personenverkehr (RPV) bringt die Menschen zur Arbeit oder zum Einkaufen, er verbindet Dörfer und Agglomerationen untereinander sowie mit den Zentren und Städten in allen Regionen der Schweiz und dem umliegenden Ausland und er bringt die Reisenden zu den Knotenbahnhöfen und Fernbushalten für den Umstieg in den öffentlichen Fernverkehr. Die Nachfrage (in Personenkilometern) im RPV hat zwischen 2008 und 2019 um 40 % zugenommen, im Schnitt um 3,4 % pro Jahr. Insbesondere die Bahn hat in diesem Zeitraum ein starkes Wachstum erlebt. Auf sie entfallen rund 80 % des RPV. Dieser Trend setzt sich gemäss den 2016 aktualisierten Verkehrsperspektiven des Bundes fort. So nimmt die Nachfrage im öffentlichen Personenverkehr bis ins Jahr 2040 ­ gerechnet ab 2010 ­ um 51 % zu, in einzelnen Regionen wie Zürich­Winterthur oder am Genferseebogen verdoppelt sie sich sogar. Inwieweit die Covid-19-Krise und deren Folgeerscheinungen, wie beispielsweise der Umgang mit Homeoffice, die Entwicklung nachhaltig beeinflussen wird, ist derzeit nicht absehbar.

1.1.2

Kantone und Bund bestellen den RPV gemeinsam

Der Bund und die Kantone bestellen die für den RPV nötigen Leistungen heute gemeinsam bei den verschiedenen Transportunternehmen. Der Bund beteiligt sich nicht an der Bestellung von Angeboten des Ortsverkehrs (Feinerschliessung in Städten), Angeboten ohne Erschliessungsfunktion (rein touristischer Verkehr) sowie einzelnen Regionalverkehrs-Angeboten, welche die Kriterien des Bundes nicht erfüllen. Der Fernverkehr grenzt sich vom RPV ab, da er nicht bestellt und abgegolten wird; er ist insgesamt eigenwirtschaftlich zu erbringen. Im Gegenzug sind die Unternehmen im Fernverkehr im Rahmen der Konzession freier in der Ausgestaltung des Angebots sowie der Verwendung allfälliger Überschüsse.

1.1.3

Rund die Hälfte der Kosten des RPV wird von Bund und Kantonen abgegolten

Trotz der grossen Nachfrage kann das Angebot im RPV nicht kostendeckend erbracht werden: Es bestehen grosse Unterschiede in der Auslastung zwischen Spitzenstunden und Randzeiten sowie zwischen Angeboten in ländlichen und städtischen Regionen.

Es entspricht dem Selbstverständnis der Schweiz, dass ­ im Sinne des Service public ­ auch Randregionen mit einem angemessenen Regionalverkehrsangebot erschlossen 6 / 48

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werden, auch wenn dieses ­ wie die allermeisten Angebote in den Zentren und Agglomerationen ­ nicht selbsttragend ist. Deshalb übernehmen Bund und Kantone die ungedeckten Kosten des RPV: Im Durchschnitt finanzieren die Passagiere rund die Hälfte der Kosten. Die andere Hälfte der Kosten wird von der öffentlichen Hand abgegolten: Bund und Kantone teilen sich die ungedeckten Kosten im Durchschnitt wiederum hälftig, wobei der Bundesanteil je nach Kanton zwischen 27 und 80 % variiert.

Im Jahr 2019 zahlten Bund und Kantone je rund eine Milliarde Franken Abgeltung für die ungedeckten Kosten des RPV. Nicht eingeschlossen sind die Abgeltungen Dritter, das heisst die Abgeltungen nach Artikel 28 Absatz 4 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 20091 (PBG), die von den Kantonen und Gemeinden bezahlt werden, z. B. um zusätzliche Kurspaare zu finanzieren («Überangebote» aus Bundessicht).

Abbildung 1: RPV-Bestellung heute

1.1.4

Motion, thematische Vorarbeiten und Auftrag des Bundesrates

Der Ursprung der Vorlage geht zurück auf die im Frühjahr 2014 vom Parlament an den Bundesrat überwiesene Motion 13.3663 («Regionaler Personenverkehr. Sicherstellung der Finanzierung und Harmonisierung des Bestellverfahrens»). Diese verlangt vom Bundesrat Reformvorschläge für mehr Finanzierungs- und Planungssicherheit sowie eine Vereinfachung und Harmonisierung des Bestellverfahrens. Zudem verpflichtet sie den Bundesrat, dem Parlament Reformvorschläge zu unterbreiten, wie die Finanzierung des RPV langfristig sichergestellt und wie dessen Angebot besser auf die beschlossenen Infrastrukturausbauten abgestimmt werden kann.

1

SR 745.1

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In der Folge gab das Bundesamt für Verkehr (BAV) im Sommer 2014 eine Evaluation des bestehenden Bestellverfahrens in Auftrag und setzte eine Expertengruppe aus Fachleuten von Transportunternehmen, Beratungsunternehmen, Kantonen und Bund ein, um eine Auslegeordnung zu erarbeiten.

Die Evaluation2 wies darauf hin, dass die Transportunternehmen wenig Anreize für Effizienzsteigerungen erhalten. Als Indikator für die Effizienz der Branche kann die Abgeltung pro Personenkilometer (Pkm) verwendet werden: In den Jahren 2007­2010 ist die Abgeltung pro Pkm von 22,3 auf 20,6 Rappen/Pkm gesunken. Die Effizienz konnte damals verbessert werden. Seit 2010 stagniert die Abgeltung pro Pkm jedoch weitgehend und damit auch die Effizienz der Branche. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dieser Periode zahlreiche Bahnflotten erneuert wurden, um den bestehenden und erwarteten Anforderungen zu entsprechen. In den Jahren von 2010 bis 2019 schwankte die durchschnittliche Abgeltung pro Pkm zwischen 20,6 und 21,3 Rappen/Pkm.

Die Expertengruppe hat im November 2015 ihren Bericht3 vorgelegt, in dem sie Varianten geprüft und Handlungsoptionen aufgezeigt hat. Der Bericht weist darauf hin, dass das Gesamtsystem des Fern-, Regional- und Ortsverkehrs unter schwierig zu handhabenden Schnittstellen leidet. Der Bestellprozess hat sich zwar grundsätzlich bewährt, ist aber aufwendig und vereinzelt kompliziert und mit vielen Schnittstellen behaftet. Die Transportunternehmen bemängeln, dass der administrative Aufwand in der Vergangenheit immer weiter zugenommen hat. Gleichzeitig bemängeln die Besteller die teilweise unzureichenden Steuerungsmöglichkeiten oder die fehlenden Informationen über die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung durch die Transportunternehmen.

Im Juni 2016 erteilte der Bundesrat dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) den Auftrag, das System des RPV unter Einbezug des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), der Kantone und der Transportunternehmen zu überarbeiten. Die Reform soll die Kompetenzen bei Bestellung und Finanzierung zwischen Bund und Kantonen möglichst sinnvoll aufteilen.

Überdies sollen die Transportunternehmen Anreize erhalten, unternehmerisch zu handeln und die Effizienz zu steigern.

1.1.5

Zeitgemässe Grundlagen für den Service public im öV

Die Vorlage will mit verschiedenen Massnahmen das PBG an die Entwicklung der letzten Jahre anpassen und für bestehende und künftige Herausforderungen wappnen.

Der öffentliche Verkehr (öV) braucht modernisierte, zeitgemässe Grundlagen, um weiterhin seine Funktion als vorbildlicher Service public wahrzunehmen. Es ist für den RPV zentral, mit den rasch voranschreitenden Entwicklungen Schritt halten 2 3

Evaluation Bestellverfahren im Regionalen Personenverkehr (Ecoplan; 2014): www.bav.admin.ch > a ­ z > Regionaler Personenverkehr.

Bericht der Expertengruppe ­ Reform für den Regionalen Personenverkehr in der Schweiz (2015): www.bav.admin.ch > a ­ z > Regionaler Personenverkehr.

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zu können. Kundinnen und Kunden sollen von einem hochstehenden Angebot im öV profitieren, und dieser soll als tragende Säule für eine funktionierende, mobile Schweiz weiter gestärkt werden.

Das heute mit vielen Schnittstellen behaftete und aufwendige Bestellverfahren im RPV soll vereinfacht und harmonisiert werden. Mit der schweizweiten Einführung von Zielvereinbarungen profitieren die Transportunternehmen von mehr Planungssicherheit und Verbindlichkeit. Ebenso bringt die Einführung eines nationalen Benchmarkings, welches erlaubt, Qualität und Wirtschaftlichkeit mit anderen Transportunternehmen zu vergleichen, Anreize für die Transportunternehmen, sich weiter zu verbessern. Die erhöhte Transparenz und der wirtschaftliche Anreiz fördern Effizienzsteigerungen im öV und sichern, dass die Qualität auf einem hohen Niveau bleibt.

Abbildung 2: Kernelemente der Vorlage

Im Lichte der in jüngerer Zeit bekannt gewordenen Subventionsfälle ist eine erhöhte Transparenz im finanziellen Bereich ein zentrales Anliegen dieser Vorlage. Einzelne öV-Unternehmen haben vermutlich wissentlich Offerten über mehrere Jahre hinweg nicht korrekt eingereicht. Dies führte dazu, dass mit den Bestellern (Bund und Kan-

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tone) zu hohe Abgeltungen vereinbart wurden. Es sind bereits verschiedene Massnahmen aufgegleist, um die Aufsicht und das Controlling zu stärken; diese Massnahmen werden nun auf Gesetzesstufe verankert. Mit dieser Vorlage werden die Verlässlichkeit im Offertprozess gestärkt und die Transparenz erhöht. Wichtig dabei ist die klare Umschreibung und Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zwischen den Bestellern und den Transportunternehmen. Ebenso werden mit einer Präzisierung der Überschussverwendung wie auch mit dem Verbot, Eigenkapitalzinsen in die Berechnung der ungedeckten Kosten einzubeziehen, klare Rahmenbedingungen gesetzt.

1.1.6

Abgrenzung dieser Vorlage gegenüber dem Projekt Aufgabenteilung II und dem Bürgschafts-Rahmenkredit

Im Rahmen des Projekts Aufgabenteilung II sah das Mandat der Arbeitsgruppe öV die Prüfung einer vollständigen Entflechtung des Aufgabenbereichs RPV vor. Es wurde festgehalten, dass, falls eine vollständige Entflechtung nicht sinnvoll erscheint, die Möglichkeit besteht, eine Teilentflechtung zu untersuchen. Das Projekt ist jedoch zurzeit sistiert.

Das Parlament hat am 17. Dezember 2020 einer Verlängerung des BürgschaftsRahmenkredits in der Höhe von 11 Milliarden Franken für die Beschaffung von Betriebsmitteln im RPV zugestimmt.4 Alle Transportunternehmen des RPV können dank der vom BAV im Namen des Bundes gewährten Solidarbürgschaften zinsgünstig Fremdkapital für die Finanzierung von Rollmaterial oder anderen Betriebsmitteln beschaffen.

1.1.7

Bereits realisierte Verbesserungen: 4-jährige Verpflichtungskredite und weiterentwickelte Instrumente

Seit der Überweisung der Motion 13.3663 und der Evaluation des Bestellverfahrens wurden bereits verschiedene Verbesserungen realisiert: So hat das Parlament 2017 auf Antrag des Bundesrates einen 4-jährigen Verpflichtungskredit für die Jahre 2018­ 2021 verabschiedet. Auch künftig soll die Finanzierung durch den Bund gemäss Artikel 30a PBG über 4-jährige Verpflichtungskredite gesteuert werden. Ein Verpflichtungskredit ist erforderlich, weil mit den 2-jährigen Bestellungen überjährige Verpflichtungen eingegangen werden, Verpflichtungen abgesichert sind und ein längerfristiger Rahmen vorhanden ist. Damit sind die Finanzierung durch den Bund verlässlicher und die Planbarkeit erhöht worden. Die parlamentarische Beratung des Verpflichtungskredits für die Jahre 2022­2025 ist für 2021 geplant. Auch verschiedene Kantone haben sich des Themas «verlässlichere Finanzierung» angenommen.

Dabei werden verschiedene Instrumente angewendet, so etwa Angebotsbeschlüsse, generelle Leistungsaufträge und mehrjährige Rahmenkredite.

4

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In den letzten Jahren wurden verschiedene Steuerungs-Instrumente entwickelt, zum Beispiel Qualitätsmesssysteme (QMS RPV Bund) oder ein interkantonales Benchmarking der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Bern, Luzern, Solothurn, St. Gallen und Thurgau. Letzteres wurde nicht flächendeckend in der Schweiz etabliert. Die bestehenden gesetzlichen Instrumente wie Ausschreibungen und Zielvereinbarungen wurden bislang nur vereinzelt eingesetzt. Es zeigt sich jedoch, dass vermehrt Zielvereinbarungen abgeschlossen und Busnetze ausgeschrieben worden sind. Überdies haben die gemeinsamen Arbeiten von Bund, Kantonen und Transportunternehmen im Hinblick auf die vorliegende Änderung des PBG zu einer engeren Zusammenarbeit namentlich der Besteller geführt.

1.2

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Die Expertengruppe hat in ihrem Bericht vom November 2015 verschiedene Optionen aufgezeigt und geprüft. Auf dieser Basis wurden zwei Varianten in die Vernehmlassung geschickt (siehe Ziff. 2): eine Variante «Teilentflechtung» und eine Variante «Optimierung». Es folgen die Darstellung der geprüften und verworfenen Alternativen sowie die Auslegung der in der Vernehmlassung abgelehnten Variante Teilentflechtung. Anschliessend wird die Variante Optimierung als gewählte Lösung beschrieben.

1.2.1

Geprüfte Alternativen

Kantonalisierung der Besteller-Rolle zu einschneidend und aufwendig Das UVEK und die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) haben gestützt auf die Arbeitsergebnisse am 16. August 2017 in einem Zwischenentscheid festgehalten, die Varianten «Optimierung» und «Teilentflechtung» weiter zu konkretisieren. Eine dritte Variante, die «Kantonalisierung», wurde von der Projektsteuerung und den Auftraggebern nicht weiterverfolgt. Bei einer Kantonalisierung würde das gesamte RPV-Angebot neu durch die Kantone bestellt. Der Bund würde sich finanziell mit einer an die Kantone ausbezahlten, indexierten Pauschale beteiligen, statt wie heute pro Linie.

Diese Variante würde zwar die Vorhersehbarkeit und Stabilität der Bundesfinanzierung erhöhen. Sie wäre jedoch aus öV-Sicht nur bedingt bedarfsgerecht, denn bei der Bahn führen rund 60 % der Linien des RPV über die Kantonsgrenzen hinaus (in Nachbarkantone oder -staaten), sodass eine übergeordnete Koordination der Kantone nötig wäre. Der Bund würde sich auf nationale Standards für den Bestellprozess beschränken, und die Kantone wären allein für die Bestellungen des RPV bei den Transportunternehmen verantwortlich. Die Anreize für Leistungssteigerungen wären abhängig von den jeweiligen kantonalen Instrumenten. Die Finanzierungs-Schnittstelle zum Ortsverkehr würde zwar weitgehend verschwinden, doch würde die Abstimmung unter Kantonen aufwendiger. Im Bahnbereich würde die Koordination mit der Infrastruktur und dem Fernverkehr erschwert. Die integrale Planung und Abstimmung des

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Ausbaus der Bahninfrastruktur würde stark durch kantonale Interessen beeinflusst.

Die Umsetzung dieser Variante wäre für die Kantone unverhältnismässig aufwendig.

Alleinige Bestellung des Bahnangebots durch den Bund nicht zielführend Die Expertengruppe hat verschiedene Modelle diskutiert und bewertet, darunter eine Variante mit einer alleinigen Bestellerrolle des Bundes im Bahnverkehr inklusive Fernverkehr. Dieses Modell konnte nicht überzeugen. Auch im Rahmen der Projektarbeiten zur Reform RPV wurde eine alleinige Bestellung der Bahnleistungen durch den Bund als mögliche Variante diskutiert, bewertet und im Resultat nicht weiterverfolgt. Die Rolle der Kantone in der Planung des Bahnangebots im RPV ist mit der Annahme und Umsetzung der Vorlage «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur» (FABI) gestärkt worden. Die Kantone haben die neue Rolle angenommen und den RPV auf der Schiene für die Ausbauschritte 2025 und 2035 des Strategischen Entwicklungsprogramms (STEP) Bahninfrastruktur geplant. Sie haben damit ihre Rolle als Besteller im RPV gefestigt. Bei diesem Modell wäre der Bund alleiniger Besteller des Bahnangebots im RPV. Die Kantone würden sich auf die Bestellung der Busangebote beschränken. Die Schnittstellen zwischen Bahn und Bus wären schwieriger zu handhaben. In diesem Modell würde die Mitfinanzierung des Bahnangebots durch die Kantone infrage gestellt, was allenfalls weitere Ausgleichsmassnahmen erfordern würde. Auch wenn eine eindeutige Verantwortung des Bundes für den Bahnverkehr auf den ersten Blick Vorteile hätte, wurde aus den genannten Gründen ein kompletter Rückzug bzw. eine Verdrängung der Kantone aus der Bestellung der Bahnlinien im Rahmen dieser Reform als nicht zielführend verworfen.

Ausschreibungen als Regelfall zu komplex und schwer umzusetzen Kernelement für mehr Wettbewerb im öV sind Ausschreibungen. Sie ermöglichen die Auswahl des Betreibers mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Bezüglich Ausschreibungen von RPV-Angeboten hat das Parlament 2012 den Vorschlag des Bundesrates, die auf Verordnungsstufe bestehenden Regelungen zu Ausschreibungen auf Gesetzesstufe zu heben, zwar angenommen, jedoch die bestehenden Möglichkeiten für den Busbereich eingeschränkt und für den schienengebundenen RPV nur rudimentär geregelt. Im Rahmen der Arbeiten zur RPV-Reform wurde das
Thema Ausschreibungen im Expertenbericht von November 2015 und in den Arbeiten bis Sommer 2017 diskutiert. Ein Übergang zu einem Ausschreibungsmodell im Sinne entweder einer Ausschreibungspflicht oder einer Ausschreibungsquote wurde sowohl von der Expertengruppe als auch von der politischen Projektsteuerung, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone und des Bundes (BAV, Eidgenössische Finanzverwaltung EFV), nicht weiterverfolgt. Im Grundlagenbericht «Reform des Regionalen Personenverkehrs (RPV): Grundlagen für einen StossrichtungsEntscheid»5 der Projektsteuerung und Projektoberleitung des Projekts Reform RPV vom 22. August 2017 ist festgehalten, dass ein Ausschreibungsmodell den Rahmen des Projektauftrages von Bundesrat und Kantonen sprengen würde und als politisch chancenlos betrachtet wird.

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Reform RPV ­ Grundlagen für den Stossrichtungs-Entscheid (2017): www.bav.admin.ch > a ­ z > Regionaler Personenverkehr.

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Öffentliche Ausschreibungen wurden bislang vereinzelt im Busbereich durchgeführt, nicht jedoch im komplexeren Bahnbereich. Bund und Kantone haben seit 1996 42 Ausschreibungen im gemeinsam bestellten RPV durchgeführt. Eine Ausschreibung umfasste in der Regel mehrere Linien in einer Region. Daneben gab es eine Reihe von Ausschreibungen im vom Bund nicht mitbestellten Ortsverkehr. Es gibt grundsätzlich verschiedene Modelle, wie die Marktorganisation ausgestaltet werden kann. Diese reichen von einem komplett geschlossenen Markt ohne jeden Wettbewerb bis zur Ausschreibungspflicht oder gar Deregulierung. Geschlossene Märkte zeichnen sich dadurch aus, dass die zugrunde liegende Logik die Kooperation ist. Einzelne wettbewerbliche Vergaben sind durchaus möglich. In wettbewerblichen Märkten ist die zugrunde liegende Logik diejenige der Konkurrenz und Gewinnerzielung. Auch hier sind Direktvergaben in untergeordnetem Ausmass möglich. Das schweizerische öVSystem zeichnet sich aus durch eine hohe Integration (z. B. national abgestimmter Netzausbau, einheitliches Tarifsystem, schweizweiter Taktfahrplan, schlanke Anschlüsse) und verlangt deshalb eine hohe Kooperationsbereitschaft aller beteiligten Transportunternehmen. Es enthält einzelne wettbewerbliche Elemente wie Ausschreibungen unter bestimmten Bedingungen. Die Reform RPV ist darauf ausgerichtet, in der kooperativen Grundlogik zu bleiben, da diese einen Teil des Erfolgs des heutigen guten öV-Systems ausmacht.

Eine Variante mit «Ausschreibungen für (Bahn und) Bus als Regelfall» wurde erarbeitet und von der Projektsteuerung kritisch beurteilt. Eine entsprechende Variante wäre im schweizerischen System, das auf Zusammenarbeit u. a. im Bereich der Tarife, der Fahrplangestaltung und der Kundeninformation ausgerichtet ist, schwer umsetzbar. Es wäre eine umfassende Vorbereitung und Ausstattung vor allem der Besteller mit Knowhow und Ressourcen nötig, um die gute Qualität des Systems nicht zu gefährden; dies nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Ausschreibungsverfahren.

Ausschreibungen sollen im geltenden gesetzlichen Rahmen weiterhin möglich sein.

Normabgeltungen geprüft und nicht weiterverfolgt Dieser Ansatz sah vor, künftig nicht mehr die geplanten ungedeckten Kosten jeder einzelnen Linie abzugelten. Stattdessen würden bei Direktvergaben sogenannte
«Normabgeltungen» ausgerichtet. Diese würden, regional differenziert, von den Bestellern für definierte Linienbündel resp. (Teil-)Netze pro Angebotskilometer in Höhe der aktuellen durchschnittlichen Abgeltungen festgelegt. Durch einen in der Zielvereinbarung festgelegten Abbaupfad für diese Normabgeltungen würden Anreize für eine effizientere Produktion geschaffen. Transportunternehmen mit einer unterdurchschnittlichen Kostenstruktur könnten Gewinne erzielen und darüber frei verfügen.

Das Bestellverfahren würde vereinfacht.

Trotz dieser Vorteile wurde der Ansatz verworfen. Es bestehen Vorbehalte bezüglich der Umsetzbarkeit, da sich die Ausgangslage je nach Linie stark unterscheidet und es fachlich schwierig ist, die Normabgeltungen festzusetzen, wie frühere Bestrebungen im Kanton Zürich zeigten. Ein Benchmarking in Kombination mit Zielvereinbarungen bietet weniger Umsetzungsschwierigkeiten und Konflikte zwischen Bestellern und Transportunternehmen.

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Modell «Markträume» sowie «Liniennetze statt Linien bestellen» ebenfalls zu komplex und mit grösseren Risiken behaftet Im Modell «Markträume» gäbe es je RPV-Region ein Transportunternehmen (Systemführer), welches die Angebote im RPV im Auftrag der Region plant und anbietet.

Die Systemführer würden teils diese Leistungen mit eigenen Ressourcen erbringen, teils Dritte mit der Erbringung der Leistungen beauftragen. Sie würden für ihre Leistungen, einschliesslich der Systemführerleistungen, durch die Besteller entschädigt.

Ein «Verbund Schweiz» müsste die Systemvorteile im Gesamtnetz Schweiz sichern, da hier die regionalen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Hauptziele sind ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis und eine kundenorientierte und innovative Weiterentwicklung der Angebote in den Regionen. In die gleiche Richtung würde eine Bestellung von Liniennetzen (und damit ganzen Räumen) statt einzelner Linien gehen.

In jedem Fall würde sich in einem von den Bestellern definierten Raum ein Transportunternehmen etablieren. Es bestünde die Gefahr von Gebietsmonopolen und entsprechenden Abhängigkeiten der Besteller. Damit dieses Modell die gewünschten positiven Effekte entfalten könnte, wären entweder periodische Ausschreibungen (alle 8­12 Jahre) oder die Möglichkeit des Leistungsentzugs bei Nichterreichen der Ziele nötig. Diese Variante würde zu einer massgeblichen und vergleichsweise raschen Veränderung in der öV-Landschaft Schweiz führen. Transportunternehmen, die keinen Systemführerauftrag hätten, würden zu «Fuhrhaltern».

Dieses Modell bietet in einigen Punkten ­ genau wie der Übergang in eine Wettbewerbswelt ­ interessante Potenziale. Es wirft aber zu viele komplexe Fragen auf und scheint in der Umsetzung kurz- bis mittelfristig nicht realistisch. Deshalb wurde es nicht weiter vertieft.

Modell ZVV nicht in der ganzen Schweiz anwendbar Im Rahmen der Projektarbeiten wurde eine Ausweitung des Modells Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) auf die ganze Schweiz geprüft und verworfen.

Der ZVV hat eine Sonderstellung in der Verbundlandschaft und der öV-Landschaft Schweiz. Es gibt 17 Tarifverbünde in der Schweiz; sie bieten einen einheitlichen Tarif in ihrem Geltungsbereich. Der ZVV ist der einzige Verkehrsverbund; er besteht von (kantonalen) Gesetzes wegen und nicht wie die Tarifverbünde nur durch Übereinkunft
der Transportunternehmen und gegebenenfalls der Kantone. Er hat weitgehende Kompetenzen, die im Gesetz vom 6. März 19886 über den öffentlichen Personenverkehr (PVG) des Kantons Zürich geregelt sind. Das PVG wurde erlassen, bevor die gesetzlichen Bundesregelungen des Bestellverfahrens im Jahr 1996 worden sind.

Während die S-Bahn Zürich den Verkehrsraum in mehreren Kantonen abdeckt, geht der Perimeter des ZVV nur ganz vereinzelt über die Kantonsgrenzen hinaus. Die Mitfinanzierung durch die umliegenden Kantone und Gemeinden ist vertraglich geregelt.

Als Verkehrsverbund ist der ZVV sowohl Transportunternehmen als auch Besteller.

Er sorgt für ein einheitliches Leistungsangebot und übernimmt die marktbezogenen Verkehrsaufgaben (Planung von Netz und Fahrplan, Angebotsgestaltung, Tarif etc.).

Er ist eine unselbstständige Anstalt des Kantons Zürich.

6

ZH-Lex, Nr. 740.1

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Die Hürden für die Übertragung des Modells ZVV auf andere Regionen in der Schweiz wären gross. Sie würden noch grösser in den Modellen der Kantonalisierung und Regionalisierung. Es müssten kantonsübergreifende Räume definiert werden und die Transportunternehmen müssten Kompetenzen abgeben. Für beide Stossrichtungen ­ regionale Einheiten und deutliche Kompetenzverschiebung weg von den Transportunternehmen hin zu den Bestellern ­ gibt es eine deutliche Ablehnung.

Variante «Teilentflechtung» in der Vernehmlassung nicht mehrheitsfähig Mit der Variante Teilentflechtung würde das regionale Bahnangebot weiterhin von Bund und Kantonen gemeinsam bestellt, während das Busangebot neu allein die Kantone bestellen würden. Für diejenigen Kantone, die auch den Ortsverkehr allein bestellen, würde dadurch im Busbereich die heutige Abgrenzung zwischen dem gemeinsam finanzierten RPV und dem Ortsverkehr, den der Bund nicht mitfinanziert, entfallen. Der Bund würde sich finanziell mit einer an die Kantone ausbezahlten Pauschale an der Finanzierung des Busangebots beteiligen. Mit der Variante Teilentflechtung würde im Busbereich die Trennung von Regional- und Ortsverkehr entfallen. Die Kantone könnten damit die Buspauschale des Bundes für die Finanzierung beider Verkehrsarten einsetzen.

Für das Busangebot würde der Bund mit der Variante Teilentflechtung weder die Finanzierungskriterien noch Zielwerte bezüglich Qualitäts- und Finanzanforderungen vorschreiben. Der Bund würde jedoch seine Aufsichtsfunktion über den gesamten öV behalten. Dies betrifft nebst den konzessionsrechtlichen Kompetenzen auch Mindestvorgaben bezüglich Rechnungslegung der Transportunternehmen und Benchmarking.

Die Kantone müssten für die interkantonalen Linien jeweils ein gemeinsames, einheitliches Bestellverfahren anwenden. Transportunternehmen, die in mehreren Kantonen tätig sind, wären womöglich mit unterschiedlichen Verfahren konfrontiert.

Ohne kantonale Regelung gälten subsidiär die Regeln des Bundes zum Bestellverfahren und zu Zielvereinbarungen auch bei den von den Kantonen allein bestellten Verkehrsangeboten. Im Übrigen enthielte die Variante Teilentflechtung die Kernelemente der im Folgenden vorgestellten Variante Optimierung.

Die vom Bundesrat favorisierte Variante Teilentflechtung erhielt in der Vernehmlassung keine genügende Unterstützung, um weiterverfolgt zu werden. Daher dient die Variante Optimierung als Basis der Vorlage.

1.2.2

Gewählte Lösung: Variante Optimierung

Gemeinsame Finanzierung des RPV durch Bund und Kantone bleibt erhalten, Zielvereinbarungen und Benchmarking werden gestärkt Bei der Variante Optimierung bestellen und finanzieren Bund und Kantone die Angebote des RPV der Verkehrsträger Bahn, Bus, Schiffe und Seilbahnen weiterhin gemeinsam bei den Transportunternehmen. Die mittelfristige Abstimmung zwischen Infrastrukturausbau, Angebot und finanziellen Möglichkeiten wird durch Zielvereinbarungen verbessert, mit denen Bund und Kantone als Besteller mit den Transportunternehmen die mittelfristige Angebots- und Kostenentwicklung vereinbaren. Das Bestellverfahren wird zudem dank einer digitalen Bestellplattform vereinfacht. Ein 15 / 48

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schweizweit einheitliches Benchmarking zu Qualität und Kosten ergänzt das Instrumentarium.

Mehr Fokus auf Innovationen Innovationen werden gefördert. Diese werden in den Zielvereinbarungen festgelegt und über den Bestellprozess sowie ergänzend mittels Förderprogrammen für Innovationen im Personenverkehr mitfinanziert, insbesondere für Innovationsprojekte, die auf mehrere Verkehrsunternehmen angewendet bzw. übertragen werden können.

Klarere Regelung zu Überschüssen Ausserdem werden die gesetzlichen Regelungen für die Verwendung allfälliger Überschüsse in den Sparten des bestellten RPV präzisiert. Wie bis anhin gilt das Verbot, in den Planrechnungen Gewinne vorzusehen. Die Abgeltungsbeträge entsprechen den laut Planrechnung ungedeckten Kosten für den Betrieb einer Linie. Arbeitet das Transportunternehmen effizienter, so kann es weiterhin über einen Drittel des Überschusses frei verfügen. Wie bisher sind mindestens zwei Drittel des Überschusses der Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge im gemeinsam von Bund und Kantonen bestellten RPV zuzuweisen. Die Schwellenwerte, ab denen Überschüsse frei verwendbar sind, entfallen. So verbleiben die Mittel weitgehend im bestellten RPV.

Bei ausgeschriebenen Linien sollen allfällige Überschüsse neu frei verwendet werden dürfen. Es wird also unterschieden zwischen einem marktnäheren Bereich mit Ausschreibungen, in denen die Transportunternehmen mehr Risiken übernehmen und daher auch mehr finanzielle Spielräume haben sollen, und einem Bereich, in dem das Angebot im RPV weiterhin direkt vergeben wird und die Mittelverwendung restriktiver geregelt ist.

Anpassungen bei Rechnungslegung, Aufsicht und Controlling führen zu mehr Transparenz und klaren Verantwortlichkeiten Die Umsetzung der Massnahmen aufgrund der bisher bekannten Subventionsfälle bedarf rechtlicher Anpassungen. Für die Prüfung der Jahresrechnungen der Transportunternehmen wurde die Verordnung des UVEK vom 18. Januar 2011 7 über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen (RKV) bereits angepasst. Weitere Anpassungen der Vorschriften über die Rechnungslegung der Transportunternehmen, die Subventionen erhalten, sowie über das Aufsichts- und Controllingsystem erfordern Änderungen der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen (7. Abschnitt des PBG). Organisatorische und operative Massnahmen im Nachgang zum Fall Postauto wurden bereits unabhängig von dieser Vorlage angegangen und umgesetzt.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage Reform des regionalen Personenverkehr ist in der Botschaft vom 27. Januar 20168 zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 7 8

SR 742.221 BBl 2016 1105, hier 1171 und 1221.

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20169 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Die Abstimmung der Vorlage zwischen Bund und Kantonen hat länger gedauert als geplant, sodass die Verabschiedung der Botschaft entgegen der Planung nicht mehr in der Legislatur 2015­ 2019 möglich war.

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes. Es gibt keine Schnittstellen mit Strategien des Bundesrates.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Motion 13.3663 KVF-SR, Regionaler Personenverkehr. Sicherstellung der Finanzierung und Harmonisierung des Bestellverfahrens Mit der Vorlage werden Massnahmen umgesetzt, welche das Angebot des RPV besser auf die beschlossenen Infrastrukturausbauten abstimmen. Ebenso beinhaltet die Vorlage die in der Motion geforderten Massnahmen, um das Bestellverfahren zu harmonisieren und zu vereinfachen, damit mehr Planungssicherheit und Verbindlichkeit für die Besteller wie für die Transportunternehmen entstehen. Eine wichtige Massnahme, der 4-jährige Verpflichtungskredit, hat das Parlament 2017 auf Antrag des Bundesrates für die Jahre 2018­2021 bereits verabschiedet. Auch künftig soll die Finanzierung seitens des Bundes über 4-jährige Verpflichtungskredite gesteuert werden. Die Motion 13.3663 wird mit dieser Vorlage erfüllt.

Postulat 19.4387 GPK-SR, Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr Mit der Vorlage wird die Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV nicht angepasst. Die GPK-SR hat zur Postauto-Affäre festgestellt, dass die Verteilung der Aufsichtskompetenzen geregelt und es angemessen ist, dass die Hauptverantwortung für die Beaufsichtigung des subventionierten RPV beim BAV liegt. Zu verbessern sei die Koordination zwischen Bund und Kantonen. Hierzu hat das BAV ausserhalb dieser Vorlage Massnahmen ergriffen, z. B. den Einbezug und Austausch mit den Kantonen bezüglich des Controllings der Leistungen. Das BAV entwickelt bis Ende 2021 ein neues Controlling-Konzept für den subventionierten RPV (siehe Ziff. 4.1.1). Ziel ist es, die korrekte Höhe und die Verwendung der Subventionen umfassender zu prüfen, und zwar sowohl in den Offerten (Planrechnungen) als auch in den Jahresrechnungen der Transportunternehmen. Im Rahmen dieser Arbeiten wird eine vertiefte Klärung der Rollen von Bund und Kantonen bei der Prüfung der Offerten sowie der Jahresrechnungen vorgenommen. Weiter erfolgt jährlich ein formalisierter Austausch zwischen der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), einigen kantonalen Finanzkontrollen und der Revisionsstelle des BAV. Dies erfolgt im Rahmen einer Arbeitsgruppe auf Grundlage des Konzepts der EFK für die Koordination der Aufsichtstätigkeiten im öV. Bei der Ausarbeitung einzelner Massnahmen zum Fall Postauto (z. B. Richtlinie Spezialprüfung Subventionen) wurde zudem die Schweizerische Konferenz der Finanzkontrollen einbezogen. Weiter wurde in Artikel 37 Ab-

9

BBl 2016 5183, hier 5186.

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satz 3 PBG die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass das BAV die Informationen und Erkenntnisse aus den Prüfungen mit den kantonalen Stellen austauschen kann. Damit wird der Forderung des Postulats nach besserer Abstimmung der Aufsicht entsprochen.

Postulat 19.4388 GPK-SR, Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs (RPV) Mit der Vorlage wird dem Prüfauftrag des Postulats entsprochen, indem die Überschussverwendung präzisiert wird. Die Vorlage sieht vor, dass, wenn Transportunternehmen aufgrund höherer Effizienz oder Nachfrage einen Überschuss erzielen, dieser weiterhin zu zwei Dritteln in eine gesetzliche Spezialreserve fliesst, welche in späteren Jahren zur Deckung ungeplanter Verluste im von Bund und Kantonen gemeinsam bestellten RPV dient. In Absprache mit Bund und Kantonen können die Unternehmen ­ wie bereits heute in Ausnahmefällen ­ einen Teil der Reserve für andere Zwecke innerhalb des öV-Systems einsetzen (z. B. für Pensionskassen-Sanierung, Rekrutierungs- und Umschulungsprojekte, Innovationsprojekte). Die bisherige Bestimmung, wonach Reserven oberhalb gewisser Schwellenwerte frei verwendet werden können, wird mit dieser Vorlage gestrichen. Damit sollen zwei Drittel der Überschüsse im öV-System bleiben. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die Transportunternehmen im heutigen System mit der überwiegenden Direktvergabe von Aufträgen für öV-Leistungen, der Verbürgung von Fremdkapital durch den Bund, der Abgeltung der ungedeckten Plankosten und der Übernahme der Kostenfolgen von externen Krisen (z. B. Covid-19-Krise) kaum ein unternehmerisches Risiko tragen.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vorverfahren

Grundlagen für den Auftrag des Bundesrates vom 22. Juni 2016 zur Überarbeitung des Systems des RPV waren die Evaluation des bestehenden Bestellverfahrens des BAV von 2014 sowie die Arbeit der vom BAV eingesetzten Expertengruppe (siehe Ziff. 1.1.4).

Basis für die Arbeiten an der Vernehmlassungsvorlage bilden die Eckwerte, die auf den Empfehlungen der Expertengruppe beruhen und in Zusammenarbeit mit der KöV erarbeitet wurden.

Bis im August 2017 wurden in einer breit angelegten Projektorganisation die Grundlagen erarbeitet. Daraufhin haben die KöV und das UVEK entschieden, die beiden Varianten «Optimierung» und «Teilentflechtung» zu vertiefen. Diese Vertiefungsarbeiten konnten im Frühling 2018 abgeschlossen werden.

Gestützt auf die Vertiefungsarbeiten wurde dem Bundesrat eine Vernehmlassung mit zwei Varianten vorgeschlagen. Zudem galt es, die Vorlage im Lichte der PostautoAffäre sowie weiterer Subventionsfälle zu überprüfen. Im zweiten Halbjahr 2018 wurde diese Vernehmlassungsvorlage mit beiden Varianten erarbeitet. Der Bundesrat eröffnete die Vernehmlassung am 17. April 2019.

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2.2

Vernehmlassungsverfahren und Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 15. August 2019. Die Vernehmlassungsunterlagen enthielten einen Katalog mit 12 Fragen und 5 Unterfragen. Die Fragen bezogen sich auf grundsätzliche Punkte zur RPV-Reform betreffend Reformbedarf und -ziele, auf Grundsatzentscheide zum System sowie auf die Wahl und Ausgestaltung der beiden einander gegenübergestellten Varianten «Optimierung» und «Teilentflechtung».

Zur Vernehmlassung eingeladen waren 338 Adressaten: die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete sowie der Wirtschaft, die nach PBG abgegoltenen Transportunternehmen sowie die nur im Ortsverkehr tätigen konzessionierten Busunternehmen, die öV-Verbünde und weitere Organisationen. Insgesamt sind 85 Stellungnahmen eingegangen. Diese verteilen sich ungefähr zu je einem Drittel auf Kantone und Parteien, die öV-Branche sowie Organisationen und Verbände.10 Die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden erachtet den Reformbedarf als gegeben. Die Ziele der RPV-Vorlage werden breit unterstützt, wobei einzelne Stimmen den gegenwärtigen Zustand als ausreichend gut erachten. Einige Teilnehmende finden, dass die Reform zu wenig weit gehe. Der Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden jedoch unterstützt die Variante Optimierung, da diese Variante der Zielsetzung der Reform gesamthaft besser entspreche. Die Variante Teilentflechtung wird nur von einer Minderheit favorisiert (siehe Abb. 3).

Abbildung 3: Präferenzen bezüglich der in der Vernehmlassung vorgelegten Varianten

10

Der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung ist einsehbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > UVEK.

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Es gibt fast keine Unterstützung für weitergehende Schritte wie eine vollständige Kantonalisierung.

Die meisten Bemerkungen betreffen die Themen Gewinnverwendung und Innovationsfinanzierung. Der Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden möchte weitergehende Schritte sehen als in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagen. Die Mehrheit möchte mehr finanzielle Spielräume für die Transportunternehmen und Möglichkeiten für die Finanzierung von Innovationen; daher werden die Öffnung der Reserven und die freie Verwendung von Überschüssen sowie mehr Mittel für Innovationen gefordert. Mehrere Teilnehmende erachten die Schlussfolgerungen aus der PostautoAffäre als zu wenig klar dargestellt.

Verschiedene Forderungen beziehen sich auf die Definition des RPV, so auf die Abgrenzung gegenüber dem Fernverkehr, dem Ortsverkehr und dem Freizeitverkehr ohne Erschliessungsfunktion. Dort soll die Mitfinanzierung des Bundes bzw. die Definition des RPV geöffnet werden. Das Gleiche gilt für neue, flexible Mobilitätsangebote mit kleinen Fahrzeugen an der Grenze zum öV. Verbindliche Zielvereinbarungen sowie ein schweizweites Benchmarking für alle bestellten öV-Linien erhalten eine breite Unterstützung der Vernehmlassungsteilnehmenden. Vermehrte öffentliche Ausschreibungen von Verkehrsleistungen werden hingegen nur vereinzelt gefordert.

Diese Aussagen gelten weitgehend auch für die Kantone. Nur vier Kantone unterstützen die Variante «Teilentflechtung», sechs Kantone die Aufarbeitung des Themas RPV im Rahmen der Aufgabenteilung II. In zwei etwa gleich grosse Gruppen gespalten sind die Kantone jeweils bei den Themen Gewinnverwendung, Innovationsfinanzierung und Änderung der Mitfinanzierungskriterien des Bundes.

Der Bundesrat hat das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens zur Reform RPV am 12. Juni 2020 zur Kenntnis genommen, auf der Basis der Ergebnisse die Stossrichtung für die weiteren Arbeiten festgelegt und das UVEK beauftragt, bis im Frühling 2021 eine Botschaft vorzulegen.

Wie in der Vernehmlassungsvorlage in Aussicht gestellt und von Vernehmlassungsteilnehmenden gefordert, werden die gesetzlichen Anpassungen für das Aufsichtsund Controllingsystem im öV mit dieser Vorlage präzisiert.

Des Weiteren werden die Statuierung der Infrastruktur für den Vertrieb von Angeboten des öV («Netzweite ÖV-Anbindung», NOVA), und
die Anpassung der Datenschutzbestimmungen im öV in die Vorlage integriert. Diese beiden Massnahmen waren Teil der Vernehmlassung zur Gesetzesvorlage über multimodale Mobilitätsdienstleistungen11 und wurden dort mehrheitlich gutgeheissen. Der Bundesrat hat das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens am 1. Juli 2020 zur Kenntnis genommen und das UVEK beauftragt, bis im Frühling 2021 eine Botschaft vorzulegen. Aufgrund des engeren sachlichen Zusammenhangs zum öV und weil es sich dabei ebenfalls um Anpassungen des PBG handelt, werden die beiden Massnahmen in diese Vorlage integriert.

11

Der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung ist einsehbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2018 > UVEK.

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3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Gemäss Artikel 81a der Bundesverfassung (BV)12 haben Bund und Kantone in allen Landesgegenden für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen zu sorgen. Dies erfolgt mit der Vergabe von Personenbeförderungskonzessionen an Transportunternehmen. Diese Konzessionen sind mit Auflagen verbunden, etwa bezüglich Koordination von Angebot und Tarifen. Der eigenwirtschaftliche Fernverkehr wird ergänzt durch den Regional- und den Ortsverkehr. Der in der Regel nicht kostendeckend zu betreibende RPV wurde 1996 mit der Revision des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 195713 (EBG) zur Verbundaufgabe von Bund und Kantonen (Art. 28 Abs. 1 PBG). Damit unterscheidet sich die Trägerschaft von bestellten öV-Leistungen in den umliegenden EU-Staaten, in welchen jeweils eine einzige Staatsebene für eine bestimmte Verkehrsart finanziell zuständig ist.

Es handelt sich somit beim RPV um eine im öffentlichen Interesse liegende Leistung, die von Transportunternehmen erbracht wird. Diese konzessionierten Leistungen unterstehen nicht dem Beschaffungsrecht des Bundes. Sie können gemäss der spezialgesetzlichen Regelung im PBG direkt vergeben oder auch ausgeschrieben werden (vgl. hierzu Art. 32 ff.).

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Die Massnahmen, mit welchen die Ziele der Vorlage erreicht werden, sind in den folgenden Abschnitten zusammengefasst. Zentrale Massnahmen sind die 4- bis 6-jährigen Zielvereinbarungen, die Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen, das nationale Benchmarking, die Präzisierung der Verwendung von Überschüssen im bestellten RPV sowie die gesetzlichen Anpassungen für das neue Aufsichts- und Controllingsystem. Daneben werden weitere Massnahmen beschrieben, welche den RPV verlässlicher, effizienter und einfacher machen. Es handelt sich um eine zentrale digitale Bestellplattform im RPV, Regelungen zur funktionalen Bestellung übergeordneter Kostenblöcke sowie die Optimierung der Kriterien für die Bundesbeteiligung an der Abgeltung.

Zusätzlich wird in dieser Vorlage mit dem neuen Artikel 17a PBG statuiert, dass die öV-Unternehmen eine Vertriebsinfrastruktur betreiben, wie sie mit NOVA bereits besteht. Weiter werden mit Artikel 54 PBG die Datenschutzbestimmungen hinsichtlich der Bearbeitung von Personendaten durch die Transportunternehmen im öV angepasst.

12 13

SR 101 SR 742.101

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4.1.1

Anpassungen betreffend Aufsicht und Controlling

Nach verschiedenen Feststellungen in den Jahren 2018 und 2019 hat das BAV im Frühjahr 2019 beschlossen, sein Aufsichtssystem zu den Subventionen im öV anzupassen. Ziel dieser Neuausrichtung ist es, die korrekte Verwendung der Subventionen durch die Transportunternehmen besser zu gewährleisten. In der Vernehmlassungsvorlage wurden diese Änderungen in Aussicht gestellt. Die konkreten gesetzlichen Anpassungen im 7. Abschnitt des PBG wurden jedoch später erarbeitet und waren nicht Gegenstand der Vernehmlassung.

Das BAV hat beschlossen, mit dem neuen Ansatz auf die bisherige formelle Genehmigung der Jahresrechnung der Transportunternehmen zu verzichten. Dies bedeutet, dass die Verantwortung für die Erstellung und die Präsentation korrekter Rechnungsabschlüsse klarer bei den Transportunternehmen liegt. Das BAV entwickelt neue und erweiterte Controllingsysteme für die subventionierten öV-Sparten (Infrastruktur, RPV, Güterverkehr) entlang des Regelkreises im Controlling (siehe Abb. 4). Ziel ist es, die korrekte Höhe und die Verwendung der Subventionen umfassender zu kontrollieren, sowohl in den Offerten der Transportunternehmen (Planrechnung) als auch in deren Jahresrechnungen. In der Sparte RPV ist unter anderem geplant, Abweichungen zwischen Budget und Jahresrechnung vertieft zu analysieren, um Offerten und IstRechnungen plausibilisieren zu können. Zudem soll mittels Benchmarkings ein systematischer Vergleich der bestellten Angebote vorgenommen werden.

Abbildung 4: Regelkreis im Controlling

Die Revisionsstelle des BAV wird zudem zusätzliche vertiefte, stichproben- und risikoorientierte Prüfungen bei den Transportunternehmen durchführen.

Darüber hinaus erarbeitet das BAV zusammen mit den Transportunternehmen und Kantonen eine Wegleitung (Guidance), die die gesetzlichen Vorgaben für die Rechnungslegung und das Controlling präzisiert. Verbindlich festgelegt werden soll u. a., welche Kosten in den Offerten angerechnet werden dürfen, insbesondere in Konzernoder Holdingstrukturen (konzerninterne Leistungsverrechnungen).

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Schliesslich hat das UVEK bereits die drei folgenden Massnahmen umgesetzt: ­

Transportunternehmen, die pro Jahr mehr als 10 Millionen Franken an Abgeltungen für den RPV und die Infrastruktur erhalten, müssen ihre Jahresrechnung künftig ordentlich prüfen lassen.

­

Transportunternehmen, deren Abgeltungen nach Artikel 28 PBG und deren Abgeltungen und Darlehen aus Leistungsvereinbarungen nach Artikel 51 EBG für die Infrastruktur gesamthaft 1 Million Franken pro Jahr übersteigen, müssen künftig jährlich eine Spezialprüfung durch eine Prüfgesellschaft durchführen lassen, die die Zulassungsanforderungen der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde erfüllt. Das BAV hat zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, der Unternehmen, der Bundesverwaltung und des Expertenverbandes für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand (EXPERTsuisse) eine Richtlinie zur Durchführung dieser Prüfungen erarbeitet. Diese Prüfungen sind ab dem 1. Januar 2021, d. h. erstmals für die Jahresrechnung 2020, erforderlich.

­

Seit dem 1. Januar 2021 müssen die Transportunternehmen eine Erklärung abgeben, dass sie die subventionsrechtlichen Grundsätze einhalten.

Mit der am 1. Mai 2020 in Kraft getretenen Anpassung der RKV konnten die Massnahmen umgesetzt werden. Abbildung 5 zeigt zusammenfassend das Zusammenspiel zwischen Aufsicht und Controlling beim RPV.

Abbildung 5: Aufsicht und Controlling im RPV

Um die oben genannten neuen Regelungen gesetzlich zu verankern, ist es notwendig, den 7. Abschnitt des PBG anzupassen. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Neuerungen wird darin für die Transportunternehmen neu eine Verpflichtung eingeführt, einen Rechnungslegungsstandard anzuwenden. Das BAV sieht vor, den Standard Swiss GAAP FER als anwendbar zu erklären. Internationale Standards wären für kleine und mittlere Unternehmen zu aufwendig und zu kostspielig. Im Einzelfall kann das BAV andere Standards zulassen. Zusätzlich wird die rechtmässige Verbuchung bestimmter Kosten und Erlöse geregelt. Darunter fällt das Verbot der Eigenkapitalverzinsung.

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4.1.2

4- bis 6-jährige Zielvereinbarungen zwischen Bestellern und Transportunternehmen

Bei allen Bestellungen mit Bundesbeteiligung werden zwischen Bestellern und Transportunternehmen ergänzend zur 2-jährigen Angebotsvereinbarung 4- bis 6-jährige Zielvereinbarungen abgeschlossen. Die Zielvereinbarungen sind ein Instrument zur Verbesserung von Stellenwert und Verbindlichkeit der Mittelfristplanung. Damit kann frühzeitig eine Einigung über Eckpunkte zur Angebots- und Kostenentwicklung getroffen werden, was insbesondere für das Bahnangebot angezeigt ist. Das verbessert u. a. die Abstimmung zwischen Infrastrukturausbau, Angebot und den finanziellen Möglichkeiten der Besteller. Die bestehenden Instrumente (u. a. Netznutzungspläne der Bahn-Infrastruktur, Mittelfristplanungen der Transportunternehmen und Betriebsmittelgenehmigungen der Besteller) werden besser genutzt und aufeinander abgestimmt. Die Abbildung 6 zeigt die möglichen Elemente der Zielvereinbarungen auf.

Abbildung 6: Mögliche Elemente der Zielvereinbarung

Es werden Angebotsziele, Qualitätsziele und finanzielle Ziele vereinbart. Der kurzfristigere Bestellprozess mit dem Abschluss der weiterhin in der Regel 2-jährigen Angebotsvereinbarung kann somit deutlich entlastet werden. Alternativ zum 2-jährigen Bestellverfahren kann die Zielvereinbarung eine jährliche Bestellung vorsehen.

Um eine gewisse Einheitlichkeit und Gleichbehandlung zwischen den Transportunternehmen zu gewährleisten, wird der Bund für Bahnleistungen drei Modellvarianten und für Busleistungen zwei Modellvarianten von Zielvereinbarungen zur Verfügung stellen, die sich an den bestehenden Modellen orientieren. Sie unterscheiden sich insbesondere in der Verbindlichkeit und dem Detaillierungsgrad der vereinbarten Ziele.

Als Anreiz kann ein Bonus-Malus-System integriert werden.

In der Regel soll pro Transportunternehmen eine Zielvereinbarung abgeschlossen werden. Diese soll sinnvollerweise das gesamte Gebiet eines Transportunternehmens und einen einheitlichen Zeitraum umfassen. Bei grösseren Transportunternehmen können Zielvereinbarungen auch pro Liniennetz abgeschlossen werden. Die Wahl des im Einzelfall passenden Modells der Zielvereinbarung wird den Bestellern und Transportunternehmen überlassen. Insbesondere für kleine Unternehmen mit nur wenigen 24 / 48

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Linien soll in Einzelfällen auf den Abschluss von Zielvereinbarungen verzichtet werden können. Der Bundesrat wird daher auf Verordnungsstufe Ausnahmen von der Verpflichtung definieren, Zielvereinbarungen abzuschliessen.

Bei Angeboten, die im Ausschreibungsverfahren bestellt werden, ersetzt die Zielvereinbarung das bisherige Instrument der Vergabevereinbarung, da weite Teile der Inhalte übereinstimmen und mit dem Verzicht auf die Vergabevereinbarung das System der Abgeltung des RPV vereinfacht werden kann.

Zur Vereinfachung der Verfahren sollen neu die Konzessionsdauer und die Dauer der Zielvereinbarungen aufeinander abgestimmt werden. Konzessionen sollen neu in der Regel für 12 Jahre erteilt und erneuert werden. Dies entspricht zwei 6-jährigen oder drei 4-jährigen Zielvereinbarungen.

4.1.3

Nationales Benchmarking sowie Transparenz bei den Kennzahlen

Im Marktmodell mit Direktvergaben bleiben die Transparenz und wirtschaftliche Anreize für die Transportunternehmen wichtig. Transparenz und Anreize werden erhöht, indem ein nationales Benchmarking, basierend auf bestehenden finanziellen und qualitativen Kennzahlen für den bestellten Personenverkehr, eingeführt wird.

Das schweizweite Benchmarking-System, welches das bestehende Kennzahlensystem des BAV ergänzen wird, soll einen differenzierten und fairen Vergleich der Kosten von Linienbündeln oder Transportunternehmen ermöglichen, indem es deren unterschiedliche Produktionsbedingungen und Leistungsumfänge berücksichtigt. Die Beurteilung der Kosten wird auf den Produktionskosten pro Kilometer jeder Linie basieren und dabei die unterschiedlichen Voraussetzungen der einzelnen Linien berücksichtigen (Nachfrage, durchschnittliche Geschwindigkeit etc.). Damit wird eine verlässliche und objektive Grundlage geschaffen, um die Effizienz der Leistungserbringung besser beurteilen zu können, dies mit dem Ziel: ­

Kostensenkungspotenziale und entsprechenden Handlungsbedarf zu erkennen;

­

Anreize zur Optimierung des Angebots zu schaffen;

­

die Verhandlungsposition der Besteller im regulären Bestellverfahren zu stärken;

­

Zielwerte für Zielvereinbarungen festzulegen;

­

fundierte Ausschreibungsplanungen gemäss PBG zu erstellen;

­

den virtuellen Wettbewerb innerhalb der Branche zu fördern.

Ein im Rahmen der Zielvereinbarungen vereinbartes Bonus-Malus-System kann sich auf dieses Benchmarking stützen, um der spezifischen Situation des jeweiligen Transportunternehmens Rechnung zu tragen. Bonus-Malus-Systeme beziehen sich auf objektiv messbare Qualitätskriterien wie etwa Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Sau-

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berkeit. Übertrifft ein Transportunternehmen die vereinbarten (Mindest-)Zielsetzungen, so zahlen die Besteller einen Bonus. Unterschreitet es den Zielwert, so muss es den Bestellern einen Malus bezahlen.

Aufgrund der unterschiedlichen Kostenstruktur wird für die Kategorien Bus und Bahn je ein separates Benchmark-System etabliert. Nicht betrachtet werden Speziallinien sowie Schiffe und Seilbahnen.

Grundlage für das Benchmarking-System ist das seit gut zehn Jahren bestehende Kennzahlensystem des BAV. Dieses System wird im Rahmen der Erarbeitung des Benchmarking-Systems überprüft und gegebenenfalls angepasst. Aktuell veröffentlicht das BAV jährlich die Kostendeckungsgrade aller Linien. Zur Erhöhung der Transparenz sollen zukünftig sämtliche Kennzahlen linienweise veröffentlicht werden. Damit wird eine einheitliche Information aller Marktakteure und der Öffentlichkeit erreicht, um Informationsasymmetrien zu vermeiden. Die Information ist auf das für die Ziele des Benchmarking-Systems Erforderliche und Notwendige beschränkt, um den virtuellen Wettbewerb innerhalb der Branche zu fördern, ohne wettbewerbsbeschränkende Wirkung zu entfalten. Zu prüfen sein wird, ob jährlich ein Bericht zum RPV mit der Entwicklung von Angebot und Nachfrage sowie mit Angaben zu finanziellen Kennzahlen und Qualität erstellt werden soll, wie dies beispielsweise der Kanton St. Gallen macht.

4.1.4

Präzisierung der gesetzlichen Regelungen zur Überschuss-Verwendung

Die Frage der zweckmässigen Anreize für Transportunternehmen und die Möglichkeiten für die Gewinnerzielung und Überschuss-Verwendung wurden vertieft geprüft.

Das aktuelle Bestellverfahren basiert auf geplanten Vollkosten und Erlösen. Nach Abschluss des Rechnungsjahres wird die Ist-Rechnung bei jedem Transportunternehmen bezüglich Kosten und Erlösen von der Plan-Rechnung abweichen, einerseits wegen externen, nicht beeinflussbaren Faktoren, andererseits aufgrund von durch das Transportunternehmen beeinflussbaren Faktoren. Dadurch ergeben sich Fehlbeträge oder Überschüsse. Die Steuerung der Besteller ist darauf ausgerichtet, die Abgeltung möglichst so festzulegen, dass sich keine signifikanten Fehlbeträge oder Überschüsse ergeben. Dieses Vorgehen hat sich aus Sicht der Besteller bewährt und ist im Marktmodell mit Direktvergaben weiterhin angezeigt.

Bei Ausschreibungen von Verkehrsleistungen wird der Zuschlag demjenigen Angebot gegeben, das für die Besteller wirtschaftlich und qualitativ am besten ist.

Im Umgang mit der Überschuss-Verwendung wird neu unterschieden zwischen einem marktnahen Bereich mit Ausschreibungen, in denen die Transportunternehmen mehr Risiken übernehmen und daher auch mehr finanzielle Spielräume haben sollen, und einem Bereich, in dem per Direktvergabe Transportleistungen vergeben werden, was für den bestellten RPV in den allermeisten Fällen zutrifft.

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Bezüglich Verwendung der allfälligen Überschüsse in den Sparten des bestellten RPV werden die gesetzlichen Regelungen daher wie folgt präzisiert: ­

Die bisherige Regel bezüglich der zweckgebundenen Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge im bestellten RPV wird beibehalten: Mindestens zwei Drittel der Überschüsse sind der Spezialreserve zuzuweisen; höchstens ein Drittel steht zur freien Verwendung.

­

Die Schwellenwerte (12 Mio. Fr. oder 25 % des Jahresumsatzes), ab denen Überschüsse bisher frei verwendbar sind, werden gestrichen: Dieser Schwellenwert ist zu tief gesetzt, insbesondere für die grösseren Transportunternehmen. Mit der Abschaffung wird sichergestellt, dass mindestens zwei Drittel der Überschüsse zwingend im RPV bleiben. Es wird damit ausgeschlossen, dass ein Transportunternehmen den gesamten Überschuss frei verwenden kann. Gleichzeitig werden damit alle Transportunternehmen gleichbehandelt, da die Kriterien für die Überweisung in die Reserve für alle gleich sind (siehe Abb. 7).

­

Bei ausgeschriebenen Linien können allfällige Überschüsse neu frei verwendet werden.

­

Neu wird gesetzlich ermöglicht, dass die Besteller-Kantone auch im nicht gemeinsam mit dem Bund bestellten Verkehr (insb. Ortsverkehr) von Transportunternehmen die Äufnung einer zweckgebundenen Spezialreserve vorschreiben können.

Abbildung 7: Bisherige und neue Bestimmungen bezüglich Überschussverwendung

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4.1.5

Finanzierungsmöglichkeiten für Innovationen

Bereits heute ist die öV-Branche in der Schweiz innovativ, und entsprechende Finanzierungen liessen sich schon bisher finden. Dennoch äusserten sich Branchenvertreter besorgt, dass die Innovationsfinanzierung zunehmend schwierig werde und sich schlecht in das Bestellverfahren des RPV integrieren lasse.

Innovationen sollen gemäss dieser Vorlage auf verschiedene Arten gefördert und finanziert werden: ­

Projekte im RPV können in die Zielvereinbarungen und Angebotsvereinbarungen zwischen Bestellern und Transportunternehmen aufgenommen und über den Bestellprozess mitfinanziert werden, wenn sie planbar und die Umsetzungschancen hoch sind sowie der Hauptnutzen beim RPV anfällt. Zudem sollen die Reserven gemäss Artikel 36 PBG in Absprache mit den Bestellern für Innovationen verwendet werden können.

­

Auf Basis von Artikel 31 Absatz 2 PBG sollen ergänzend dazu Projekte von finanzieller Unterstützung des Bundes profitieren können, wenn sie den öV insgesamt und damit auch den RPV weiterentwickeln. Hierbei handelt es sich namentlich um Pilotprojekte und die Realisierung von Prototypen, welche insbesondere unternehmensübergreifende Lösungen anstossen können. Diese werden direkt vom Bund durch das Förderprogramm für Innovationen im Personenverkehr finanziert. Entsprechend werden die Artikel 28 Absatz 2 und 31 Absatz 2 PBG so geändert, dass das Förderprogramm, das bisher den allein dem RPV dienenden Projekten vorbehalten war, auf die anderen Kategorien des Personenverkehrs (Ortsverkehr, Fernverkehr, Personenverkehr ohne Erschliessungsfunktion) ausgedehnt wird. Die Transportunternehmen können Anträge allein oder in Partnerschaft mit Universitäten und Firmen des Privatsektors dem BAV einreichen. Es wurden vier Eignungskriterien für das Förderprogramm definiert, welche kumulativ erfüllt sein müssen: Innovation, öffentliches Interesse, Anwendung im Personenverkehr und Risikobewältigung.

Da auch der RPV als Teil des Gesamtsystems öV von diesen Projekten profitieren wird, erfolgt die Finanzierung des Bundesanteils an diesen Projekten über den Verpflichtungskredit für den RPV. Grundsätzlich ist eine Mitfinanzierung dieser Projekte durch Dritte vorgesehen. In Ausnahmefällen kann das Förderprogramm sämtliche Projektkosten decken. Dies ist jedoch nur möglich, wenn sich der Innovationscharakter mehrheitlich im RPV-Bereich niederschlägt und wenn insbesondere der verbleibende Teil der Projektkosten durch andere Quellen nicht finanziert werden kann. Diese Ausnahmebedingungen werden in der Verordnung näher beschrieben. Das Förderprogramm finanziert die Innovationsprojekte vorzugsweise mittels A-Fonds-perdu-Beiträgen. Jährlich sind Mittel in der Höhe von rund 5 Millionen Franken vorgesehen.

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Abbildung 8 zeigt anhand von Beispielen auf, wie die Finanzierung von Innovationsprojekten im öV umgesetzt werden kann.

Finanzierungsquelle Beispiel

Förderprogramm für Innnovation im öV

Pilotprojekte zur Erprobung einer innovativen Idee, einer neuen Technologie, eines neuen Prozesses oder einer neuen Dienstleistung, die im schweizerischen öV noch nicht getestet oder eingesetzt wurde.

Bestellverfahren im RPV

X

Anschaffung von Fahrzeugen oder anderen Betriebsmitteln als Teil langfristiger Investitionspläne für den RPV, die Innovationen oder neue Technologien beinhalten.

X

Pilotprojekte zur Erprobung eines innovativen oder neuen Verkehrsmittels, das im schweizerischen öV noch nicht verfügbar ist. Realisierung eines Prototyps oder Kauf/Miete eines Einzelstücks zum Testen.

X

Anschaffung einer innovativen oder neuen Lösung, die als Standard im gesamten öV in der Schweiz eingesetzt werden soll (z. B. eine neue Webplattform).

X

Anschaffung für den RPV von neuen und industrialisierten Produkten, die aus einem vom Innovationsprogramm unterstützten Pilotprojekt hervorgehen.

X

Abbildung 8: Beispiele für die Finanzierung von Innovationsprojekten

4.1.6

Zentrale Bestellplattform RPV

Bund und Kantone sehen vor, das Bestellverfahren ab der Offertperiode 2024/2025 zu digitalisieren und eine gemeinsame, zentrale Bestellplattform einzuführen. Diese soll Besteller und Transportunternehmen im gesamten Bestellverfahren unterstützen und dafür Schnittstellen für den sicheren Austausch von schützenswerten Daten bieten. Ziel ist es, das Bestellverfahren administrativ zu entlasten, indem die Transportunternehmen die nötigen Daten und Unterlagen für die Besteller direkt in die zentrale Bestellplattform einspeisen können. Die Kantone können die Offertunterlagen über diese Plattform herunterladen oder über eine Schnittstelle mit ihrem eigenen System verbinden und austauschen. Gleichzeitig können erste automatisierte Prüfungen und Plausibilisierungen durchgeführt werden und den Transportunternehmen allfällig nötige Korrekturen angezeigt werden, womit das Bestellverfahren weiter vereinfacht und beschleunigt wird. Dazu bedarf es keiner gesetzlichen Änderung.

4.1.7

Funktionale Bestellung übergeordneter Kostenblöcke

Im Rahmen der Offerten wird die gesamte Leistung der Transportunternehmen verhandelt und vereinbart; dies gilt auch für Kostenblöcke, die nicht unmittelbar mit der Produktion des Fahrplanangebotes verbunden sind. Zu diesen Leistungen zählen z. B.

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Leistungen der Bahnpolizei oder auch einzelne Projekte. Aufgrund der Linienorientierung im Bestellprozess fehlt der Gesamtüberblick über diese übergeordneten Kostenblöcke.

Neu soll daher zusätzlich zu den einzelnen Linienofferten für zentrale übergeordnete Kostenblöcke eine Zusammenstellung aller Linienofferten der Sparte RPV verlangt werden können. Damit können Kostenblöcke sowie deren finanzielle Veränderungen einfacher identifiziert werden und mit den Transportunternehmen einfacher diskutiert oder verhandelt werden und gegebenenfalls ausserhalb der Linienofferten bestellt und finanziert werden. Die Umsetzung bedarf keiner Anpassung des PBG. Ergänzt werden soll jedoch Artikel 29 der Verordnung vom 11. November 200914 über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs (ARPV), welcher die Möglichkeit einer separaten Bestellung und Finanzierung bereits für den Verkauf und Vertrieb vorsieht.

4.1.8

Optimierung der Kriterien für die Bundesbeteiligung an der Abgeltung

Bei der Festlegung des bestellten Verkehrsangebotes wird gemäss Artikel 31a Absatz 1 PBG in erster Linie die Nachfrage berücksichtigt. Der Takt und die Anzahl Kurspaare werden aufgrund der Anzahl Fahrgäste einer Linie bestimmt. Für eine Buslinie verwendet der Bund gestützt auf Artikel 7 ARPV seit längerer Zeit eine AngebotNachfrage-Tabelle. Liegt das von den Kantonen gewünschte Angebot über diesen Vorgaben, so wird von einem Überangebot gesprochen, das von den Kantonen allein zu finanzieren ist. Diese Praxis berücksichtigt die wirtschaftliche Situation der einzelnen Linien jedoch nicht und führt bei Agglomerationslinien mit hoher Nachfrage zu häufigen Kürzungen der Mitfinanzierung. In der praktischen Umsetzung entsteht ein grosser Abstimmungsaufwand zwischen Bund und den betroffenen Kantonen. Zur Vereinfachung des Bestellverfahrens soll die aktuelle Praxis überarbeitet werden. Neben der Nachfrage sollen auch der Kostendeckungsgrad und weitere Kennzahlen berücksichtigt werden, sodass bei einem genügend hohen Kostendeckungsgrad die Mitfinanzierung des Bundes für das gesamte Angebot sichergestellt ist. Bei Angeboten der Grunderschliessung mit bis zu 18 Kurspaaren pro Tag wird geprüft, ob die bestehende Regelung unverändert fortgeführt werden soll. Bei solchen Angeboten hat sich die heutige Praxis grundsätzlich bewährt, Überangebote sind die Ausnahme. Damit wird der Weiterbetrieb der bestehenden Linien in Rand- oder Bergregionen sichergestellt. Die Anzahl Fälle mit nicht vollständiger Beteiligung des Bundes an der Bestellung soll insgesamt reduziert werden.

Ohne Anpassung der gesetzlichen Grundlagen soll die Abstimmung zwischen Bund und Kantonen weiter vereinfacht werden: ­

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Gemäss Artikel 7 ARPV werden Linien, die bereits erschlossene Ortschaften oder Ortsteile bedienen (Mehrfachbedienung), vom Bund nicht mitbestellt.

Gerade in dicht besiedelten Agglomerationen ist die Festlegung, welche Linien unter eine Mehrfachbedienung fallen, im Einzelfall häufig schwierig.

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Vorgesehen ist eine Vereinfachung der Regelung, sodass zukünftig auch solche Linien mitbestellt werden können. Denkbar und zu prüfen ist die Verknüpfung mit Vorgaben zum Kostendeckungsgrad.

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Bereits heute beteiligt sich der Bund unter gewissen Voraussetzungen an der Bestellung von touristischen Linienverlängerungen ohne Erschliessungsfunktion. Dabei handelt es sich meistens um Linien, die zu Freizeitanlagen oder Talstationen von Bergbahnen weitergeführt werden. Voraussetzung ist, dass die zusätzlichen Kosten durch zusätzliche Erlöse gedeckt werden. Diese Praxis soll beibehalten werden.

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Nachtangebote werden heute teilweise durch den Bund mitbestellt, beispielsweise die Nachtangebote der S-Bahn Zürich. Dies ist auch in Zukunft so vorgesehen; neu sollen diese Angebote aber ohne Zuschlag verkehren.

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Überprüfung und Ergänzung der Kriterien für die Bestimmung des zu bestellenden Leistungsumfangs in Artikel 7 ARPV: Auch für über die Grunderschliessung hinausgehende Angebote wie den Halb- und Viertelstundentakt sollten Schwellenwerte für die Nachfrage festgelegt werden. Damit kann dem Angebotsausbau der letzten Jahre Rechnung getragen werden. Mit dem aktuellen Stand der Verordnung wird ein wesentlicher Teil des Angebots auf Basis von nicht quantifizierten, auslegungsbedürftigen Kriterien bestellt. Allenfalls sind auch die Schwellenwerte der Mindestnachfrage für die gemeinsame Bestellung eines Stundentakts und des Mindestangebots anzupassen.

4.1.9

Statuierung der gemeinsamen öV-Vertriebsinfrastruktur

Die öV-Unternehmen betreiben heute mit NOVA eine Vertriebsinfrastruktur, über welche der Vertrieb von Angeboten des öV abgewickelt wird. NOVA hat alle bisherigen Vertriebs-Kernsysteme des nationalen direkten Verkehrs und der regionalen Verbünde abgelöst und in einem einzigen System vereinigt. Sie beinhaltet alle zentralen Elemente für den Verkauf von öV-Leistungen.

Artikel 17a PBG legt im Interesse eines effizienten und nachhaltigen öV neu gesetzlich fest, dass alle Unternehmen mit einer Personenbeförderungskonzession nach Artikel 6 PBG die Vertriebsinfrastruktur gemeinsam betreiben, wie dies heute mit NOVA faktisch der Fall ist. Mit der Aufnahme ins PBG sollen die Investitionen der Besteller in NOVA nachhaltig geschützt werden.

Um das Funktionieren der gemeinsamen Vertriebsinfrastruktur sicherzustellen, wird festgehalten, dass die konzessionierten Transportunternehmen dieser Vertriebsinfrastruktur zum erforderlichen Zeitpunkt alle für den Vertrieb von Angeboten des öV erforderlichen Sach- und Personendaten in der nötigen Form und Qualität zur Verfügung zu stellen haben. Es handelt sich dabei um sämtliche relevanten Vertriebsdaten, konkret um sämtliche Daten zur Gewährleistung des direkten Verkehrs. Dazu gehören Sachdaten wie Preisdaten, Tarifdaten oder Sortimentsdaten aus den Sortimenten des nationalen direkten Verkehrs und den Sortimenten der regionalen Tarifverbünde.

Weiter sind in beschränktem Umfang Personendaten zur Verfügung zu stellen, z. B.

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sofern diese nötig sind, um festzustellen, ob eine Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums über bereits gekaufte Tickets oder Abonnemente verfügt, die für eine Reise relevant sind. Die Beschränkung ist sowohl eine sachliche als auch eine zeitliche. Von Gesetzes wegen dürfen nur diejenigen Daten bearbeitet werden, die für die Personenbeförderung unerlässlich sind. Zeitlich dürfen diese Daten nur so lange gespeichert werden, wie es für die betreffende Reise erforderlich ist, also bis der «Service aprèsvente» abgeschlossen und die Bezahlung erfolgt ist. Um bezüglich der Datenbearbeitung mehr Klarheit zu schaffen, werden die diesbezüglichen Regelungen angepasst (siehe Ziff. 4.1.10).

Der Vertrieb von Angeboten des öV fällt überdies nicht unter das Personenbeförderungsregal. Dieses beschränkt sich auf den eigentlichen Transport. Deshalb ist beim Ticketvertrieb das Kartellgesetz vom 6. Oktober 199515 (KG) anwendbar. Das bedeutet, dass der Vertrieb von öV-Tickets grundsätzlich diskriminierungsfrei auch Dritten offenstehen muss. Die öV-Branche erlässt für den Zugang von Dritten zum öVVertrieb ein Reglement, das vom BAV genehmigt werden muss. Das BAV hört dazu zur Erhöhung der Rechtssicherheit vorgängig die Wettbewerbsbehörden zur Konformität des Reglements mit dem KG an und berücksichtigt ihre Stellungnahme beim Entscheid. Dritte haben die Möglichkeit, sich nach den Bestimmungen des Kartellgesetzes an die Wettbewerbsbehörden zu wenden. Denkbar sind sowohl horizontale als auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne von Artikel 5 KG als auch der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 7 KG.

Artikel 17a PBG enthält ausserdem die Rechtsgrundlage dafür, dass die Transportunternehmen gegebenenfalls für die Nutzung der Vertriebsinfrastruktur durch Dritte eine angemessene Entschädigung verlangen können.

4.1.10

Datenbearbeitung

Die rasche technologische Entwicklung, die Digitalisierung und die Verbreitung von Mobiltelefonen haben zu einer massiven Verschiebung bei den Verkaufskanälen für Fahrkarten geführt. Der klassische Schalterverkauf verliert an Bedeutung, und selbst an den Automaten werden weniger Tickets gekauft. Mehr und mehr gibt es Lösungen mit Mobil-Apps, die in erheblichem Mass auf der Bearbeitung von Personendaten basieren. Diese Bearbeitung wird in Artikel 54 PBG klar geregelt: Was an Daten für die Personenbeförderung und den Betrieb oder für die Sicherheit der Reisenden, des Betriebes oder der Infrastruktur erforderlich ist, sollen die Unternehmen ohne Einwilligung der betreffenden Personen bearbeiten dürfen. Für darüber hinausgehende Dienstleistungen soll die ausdrückliche Einwilligung der Reisenden vorbehalten bleiben.

Die neue gesetzliche Regelung soll der Entwicklung und den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden wie auch der Unternehmen Rechnung tragen. Sie soll aber auch so offen formuliert sein, dass künftige Innovationen möglich bleiben, ohne dass das Gesetz angepasst werden muss. Zu den Personendaten, die für die Personenbeförde-

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SR 251

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rung zwingend erhoben werden müssen, können in Abhängigkeit vom verkauften Produkt z. B. beim Verkauf persönlicher Billette gegen Rechnung etwa Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohn- bzw. Rechnungsadresse, Kredit- oder Debitkartendaten, Bankverbindungen, Familienverhältnisse (für gewisse Fahrkarten und Abonnemente) oder Angaben zu Reisestrecke und -zeitpunkt sowie Aufenthaltsort gehören. Diese Daten müssen bearbeitet werden können, dürfen aber aufgrund ihres Verwendungszwecks nur so lange gespeichert bleiben, bis der zugrunde liegende Vorgang abgeschlossen oder ein bestimmter Rabatt gewährt ist.

Die Datenschutzbestimmung wird daher angepasst. Die Transportunternehmen haben so die Rechtsgrundlage, um die für die Personenbeförderung erforderlichen Daten bearbeiten zu dürfen. Zur Bearbeitung gehört auch die Bekanntgabe innerhalb der Branche im In- und Ausland. Wenn sie Daten zu anderen Zwecken bearbeiten wollen, benötigen sie die Einwilligung der Reisenden. Diese Regelung hat für die Reisenden den Vorteil, dass sie wissen, dass sie auch dann einen Anspruch auf Beförderung haben, wenn sie der Bearbeitung ihrer Personendaten nicht zustimmen. Die Transportunternehmen erhalten die Gewissheit, dass sie auch ohne Einwilligung der Reisenden über eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenbearbeitung zum Zweck der Personenbeförderung verfügen. Sie haben aber die Möglichkeit, auf Basis der Einwilligung der Reisenden eine weitergehende Datenbearbeitung zu regeln, als dies für das Beförderungsangebot erforderlich wäre.

Die Möglichkeit des anonymen Reisens muss diskriminierungsfrei und für jedermann zugänglich sein. Es darf im Vergleich zu nicht anonymen Angeboten nur Nachteile aufweisen, die eine notwendige Folge der Anonymität des Angebots sind. Das heisst insbesondere, dass das Angebot zum anonymen Reisen nicht unnötig beschränkt werden darf. Daraus resultiert, dass Mehrkosten, die durch das anonyme Angebot entstehen, im Preis berücksichtigt werden dürfen. Preisvorteile, die beispielsweise den Ausschluss der Übertragbarkeit auf andere Personen voraussetzen (wie personalisierte Abonnemente usw.), sind vom Anspruch auf anonymes Reisen logischerweise ausgeschlossen. Vorteile des automatischen Ticketings können wie die Ermittlung des Preises erst nach Abschluss der Reise oder eines bestimmten Nutzungszeitraums nicht ohne die Bearbeitung der hierfür erforderlichen Personendaten beansprucht werden.

4.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Abstimmung der komplexen Aufgaben im öV und der bedeutenden finanziellen Beiträge an den RPV ist zentral und bleibt eine wichtige Verbundaufgabe von Bund und Kantonen. Insbesondere im Bahnverkehr ist die Abstimmung der primär vom Bund finanzierten Infrastrukturausbauten mit den verschiedenen Angeboten im Fernund Regionalverkehr, aber auch mit den Buslinien des RPV und der Feinerschliessung zentral: Ausbauten machen nur Sinn, wenn anschliessend die geplanten Angebote auch finanzierbar sind. Umgekehrt erfordern Angebotsausbauten oft eine sehr langfristige Planung bei der Infrastruktur und auch eine Abstimmung mit dem Rollmaterial. Zudem gibt es im Bahnverkehr viele interkantonale Linien.

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Durch das Instrument der Zielvereinbarungen wird im Zusammenspiel mit dem Verpflichtungskredit die längerfristige Abstimmung von Aufgaben und Finanzen einerseits und von Infrastruktur und Verkehrsangebot andererseits deutlich verbessert. Das gesamte Planungs- und Finanzierungsinstrumentarium gewinnt an Verlässlichkeit und Kohärenz.

4.3

Umsetzungsfragen

Die Inkraftsetzung der Gesetzesänderung ist per Sommer 2022 vorgesehen. Beim Bund ist u. a. eine Anpassung der ARPV nötig. Weiter werden die Aufhebung der RKV und die Integration ihres Inhalts in die ARPV geprüft. Bei einzelnen Kantonen sind voraussichtlich ebenfalls Anpassungen von rechtlichen Erlassen notwendig.

Die Gesetzesänderung soll erstmals für das Bestellverfahren für die Fahrplanperiode 2024/2025 wirksam sein.

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Ersatz von Ausdrücken Im ganzen Erlass werden die Ausdrücke «Verkehrsangebot» und «Transportangebot» durch «Angebot» ersetzt (Abs. 1 und 2). Damit wird die Verwendung der Begriffe harmonisiert. Bestellt werden können neben Verkehrsangeboten weitere Angebote wie etwa Tariferleichterungen (Art. 28 Abs. 4 PBG).

In den Artikeln 32d­32h wird der Ausdruck «Besteller» durch «Besteller der gemeinsam bestellten Angebote» ersetzt (Abs. 6). Dadurch wird klargestellt, dass die Bestimmungen Angebote des RPV betreffen, die von Bund und Kantonen gemeinsam bestellt werden.

Die Absätze 3­5 betreffen ausschliesslich den Ersatz von Ausdrücken im französischen Text.

Art. 9 Abs. 4 Da gemäss Artikel 32k das Instrument der Vergabevereinbarung durch die Zielvereinbarung ersetzt wird, entfällt in Absatz 4 der Verweis auf eine Vergabevereinbarung nach Artikel 32k.

Art. 17 Abs. 4 Dieser Absatz wird aufgehoben und durch den neuen Artikel 18a ersetzt.

Art. 17a

Gemeinsame Vertriebsinfrastruktur

Die öV-Unternehmen erhalten gemäss Absatz 1 neu den gesetzlichen Auftrag zum Betrieb einer gemeinsamen öV-Vertriebsinfrastruktur. Eine solche besteht heute bereits in Form der Vertriebsinfrastruktur NOVA, welche von der öV-Branche heute zur 34 / 48

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Umsetzung des direkten Verkehrs mit finanzieller Beteiligung der öffentlichen Hand über die Bestellungen im RPV betrieben wird. NOVA steht für «Netzweite öV-Anbindung».

Gemäss Absatz 2 stellen die öV-Unternehmen dieser Vertriebsinfrastruktur alle für den Vertrieb von Angeboten des öV erforderlichen Sach- und Personendaten zeitgerecht in der nötigen Form und Qualität zu Verfügung. Es handelt sich dabei um sämtliche relevanten Vertriebsdaten, konkret um sämtliche Daten zur Gewährleistung des direkten Verkehrs. Diese Daten dienen zum einen dazu, den Kundinnen und Kunden ein vollständiges Angebot machen zu können, zum anderen aber auch zur Abrechnung und zur Kontrolle der Transportberechtigung. Es kann sich dabei sowohl um Personen- als auch um Sachdaten handeln.

Gemäss Absatz 3 können die öV-Unternehmen von Dritten, welche die Vertriebsinfrastruktur zum Vertrieb von öV-Tickets nutzen, ein angemessenes Entgelt verlangen.

Unangemessen wäre das Entgelt, wenn es in keinem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung stehen würde. Es wird Sache der Unternehmen bzw. ihrer Branchenorganisation sein, die Nutzungsbedingungen und die Preise festzulegen.

Art. 18 Abs. 1 Bst. a In Absatz 1 Buchstabe a wird präzisiert, dass sich die Koordination nicht nur auf die Leistungen im engeren Sinn, sondern auf das Angebot als Ganzes bezieht. Darunter fallen also neben den eigentlichen Transportleistungen insbesondere auch Vermarktung und Kommunikation.

Art. 18a

Verfügungen des BAV

Der neue Artikel 18a tritt an die Stelle des aufzuhebenden Artikels 17 Absatz 4. Dieser erlaubte es dem BAV, die notwendigen Verfügungen zu erlassen, sollten die Unternehmen dem Bedürfnis entsprechenden direkten Verkehr nicht zeitgerecht sicherstellen. Diese Befugnis bezieht sich auf alle Grundpflichten der Unternehmen (3. Abschnitt; Art. 12­18). Daher ist die Verfügungskompetenz des BAV in einem eigenen Artikel festzuhalten, der sich auf den ganzen dritten Abschnitt bezieht.

Die bisherigen Artikel 18a und 18b müssen aufgrund des neuen Artikels umnummeriert werden; sie tragen neu die Nummern 18b (Benützungsvorschriften) und 18c (Nebennutzungen).

Art. 28 Abs. 1, 2, 3 und 4 Da aufgrund von Artikel 31 Absatz 2 Finanzhilfen auch für nicht vom Bund mitbestellte Angebote gewährt werden können, ist die Bestimmung in Absatz 2 zu präzisieren: Der Bund beteiligt sich nicht an der Abgeltung der ungedeckten Kosten von Angeboten des Ortsverkehrs sowie von Angeboten ohne Erschliessungsfunktion, was andere Bundesleistungen zugunsten solcher Angebote nicht ausschliesst. Die Absätze 1, 3 und 4 werden in der französischen Fassung redaktionell angepasst, in der deutschen Fassung bleiben sie unverändert.

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Art. 29 Abs. 1 Bst. c und 2 Da es neben dem von Bund und Kantonen gemeinsam bestellten RPV auch Angebote des RPV gibt, die von den Kantonen allein bestellt werden, wird Absatz 1 Buchstabe c präzisiert. Bei den von den Kantonen allein bestellten Angeboten handelt es sich primär um solche, welche die Abgeltungsvoraussetzungen gemäss Artikel 6 ARPV nicht erfüllen. Die übrigen Buchstaben von Absatz 1 bleiben unverändert.

In Absatz 2 wird der Ausdruck Streckenanteil durch Linienanteil ersetzt, da sich der Ausdruck Streckenanteil auf die Infrastruktur und nicht auf den Verkehr bezieht.

Art. 30a

Verpflichtungskredit

Es wird lediglich sprachlich präzisiert, dass die Bundesversammlung den Verpflichtungskredit für den Bundesanteil an der Abgeltung der ungedeckten Kosten des von Bund und Kantonen gemeinsam bestellten Angebots beschliesst.

Art. 31 Abs. 2 Bis anhin bestand für den Bund die Möglichkeit, im bestellten regionalen Personenverkehr, insbesondere um neuartige Lösungen zu fördern, an die Beschaffung von Fahrzeugen und an die Erstellung von Anlagen und Einrichtungen A-Fonds-perduBeiträge zu leisten sowie unverzinsliche Darlehen zu gewähren. Diese Möglichkeit steht zukünftig nur noch für neuartige Lösungen offen. Jedoch soll dem BAV neu die Möglichkeit offenstehen, Beiträge und Darlehen zur Innovationsförderung für den gesamten unter Artikel 28 fallenden Verkehr (Fernverkehr, regionaler Personenverkehr sowie Ortsverkehr) zu gewähren. Die Beiträge und Darlehen werden ausschliesslich an Transportunternehmen ausgerichtet, bei welchen ein Angebot nach Artikel 28 bestellt werden könnte. Auf Verordnungsstufe werden die Voraussetzungen, die anrechenbaren Kosten und das Verfahren näher umschrieben.

Art. 31a

Festlegung des Angebots

Der bisherige Artikel 31a wird auf verschiedene Artikel aufgeteilt. Die Regelungen der Absätze 1 und 5 zur Angebotsvereinbarung finden sich neu in Artikel 31aquater, die Regelung von Absatz 2 zum Bestellverfahren neu in Artikel 31b und die Regelung von Absatz 6 zur Streitbeilegung neu in Artikel 31bbis.

Im neuen Artikel 31a bleiben die Bestimmungen der bisherigen Absätze 2 und 3 zur Festlegung des von Bund und Kantonen gemeinsam bestellten Angebots im RPV. Die Sachüberschrift wird entsprechend angepasst. Die bei der Festlegung des Angebots zu berücksichtigenden Anliegen bleiben unverändert. Absatz 1 Buchstaben c und e wird rein sprachlich angepasst.

In Absatz 2 wird bezüglich der nötigen Abstimmung mit Kantonen der Begriff «Einvernehmen» ersetzt durch «Anhörung». Damit wird verdeutlicht, dass nicht jeder einzelne Kanton ein Vetorecht gegen die Ausführungsregelungen des Bundesrates hat, was der bisherigen Praxis entspricht.

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Art. 31abis

Kennzahlen

Neu wird auf Gesetzesstufe festgelegt, dass das BAV von den Transportunternehmen finanzielle Kennzahlen und Kennzahlen zur Qualität der erbrachten Leistung einfordern kann. Basierend auf einem systematischen Vergleich dieser Kennzahlen wird ein Benchmark erstellt und veröffentlicht. Insbesondere ist vorgesehen, die finanziellen Kennzahlen der einzelnen Angebote grundsätzlich öffentlich zugänglich zu machen.

Damit werden die Transparenz und die Anreize zur Effizienzverbesserung erhöht.

Art. 31ater

Zielvereinbarung

Neu werden neben den 2-jährigen Angebotsvereinbarungen mit allen Transportunternehmen 4- bis 6-jährige Zielvereinbarungen abgeschlossen. Damit soll die mittelfristige Verbindlichkeit erhöht werden. Der Bundesrat wird auf Verordnungsstufe Ausnahmen von der Verpflichtung, Zielvereinbarungen abzuschliessen, definieren, beispielsweise bei kleinen Transportunternehmen mit tiefen Abgeltungsbeträgen.

Nach einer Ausschreibung wird neu gemäss neuem Artikel 32k anstelle einer Vergabevereinbarung ebenfalls eine Zielvereinbarung abgeschlossen. Dies, da weite Teile der Inhalte übereinstimmen und mit dem Verzicht auf die Vergabevereinbarung als separates Instrument das System der Abgeltung des RPV vereinfacht werden kann.

Art. 31aquater

Angebotsvereinbarung

Dieser Artikel ersetzt die Absätze 1 und 5 des bisherigen Artikels 31a. Der Wortlaut wird im Absatz 1 so geändert, dass die Verfahrensgrundsätze nur für die gemeinsam von Bund und Kantonen bestellten Angebote Gültigkeit haben. Zudem wird die Vergabevereinbarung gestrichen, da diese entfällt.

Absatz 2 entspricht inhaltlich unverändert dem bisherigen Artikel 31a Absatz 5.

Der Inhalt der Angebotsvereinbarung wird gemäss Absatz 3 nicht mehr auf Gesetzesstufe (bisher Art. 31a Abs. 4) geregelt, sondern vom Bundesrat in der ARPV festgelegt.

Art. 31b

Bestellverfahren

Der Titel wird geändert, weil Artikel 31b nicht mehr nur die Periodizität des Bestellverfahrens regelt. Mit dem Einschub im Absatz 1 besteht neu die Möglichkeit, das Bestellverfahren jährlich anstatt alle zwei Jahre durchzuführen, sofern die Besteller und die Unternehmen dies im Rahmen der Zielvereinbarung so festlegen. Insbesondere wenn die Zielvereinbarung die Eckpunkte der Angebots- und Kostenentwicklung bereits präzise festlegt, soll das dadurch vereinfachte Bestellverfahren auch jährlich durchgeführt werden können.

Absatz 2 legt fest, dass das Bestellverfahren mit den Kantonen abzustimmen ist.

Art. 31bbis

Streitbeilegung

Neu hat der Bund nicht nur Kompetenzen bei Uneinigkeiten bezüglich Angebotsvereinbarungen, sondern auch im Rahmen von Zielvereinbarungen. Es wird präzisiert, 37 / 48

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dass die Streitbeilegung durch den Bund nur bei gemeinsam von Bund und Kantonen bestellten Angeboten wahrgenommen wird.

Art. 32a Abs. 3 Der neue Wortlaut von Absatz 3 erwähnt den Verzicht des BAV auf eine Ausschreibung nicht mehr explizit. Der Verzicht auf eine Ausschreibung ergibt sich aus der Möglichkeit der Bestellung beim Unternehmen, das im Ausschreibungsverfahren für den im Nachbarstaat liegenden Linienabschnitt gesiegt hat.

Art. 32b

Koordination von Verfahren

Im Absatz 1 wird der zweite Satz gestrichen, dass der Vergabeentscheid aus dem Ausschreibungsverfahren und die Erteilung oder Erneuerung der Konzession Teil derselben Verfügung sind. Dies war in der Praxis schwierig umzusetzen, da die beiden Entscheide unterschiedliche Adressatenkreise haben und auch die Betroffenheit und somit die Beschwerdelegitimität unterschiedlich ist. Zudem ermöglicht dies eine zeitlich logische Abfolge der Verfügungen. Inhaltlich sind die Verfahren weiterhin aufeinander so abzustimmen, dass nur ein konzessionsfähiges Angebot den Zuschlag im Ausschreibungsverfahren erhält.

Absatz 2 ermöglicht es, Synergieeffekte von Ausschreibungen von Orts- und Regionalverkehrsangeboten innerhalb der gleichen Region zu erzielen und durch das Zusammenlegen in einem Ausschreibungsverfahren verwaltungsökonomisch vorzugehen. Dieses Ausschreibungsverfahren richtet sich dabei nach den Bestimmungen des PBG, ungeachtet dessen, ob damit neben den von Bund und Kanton gemeinsam bestellten Angeboten noch Angebote ausgeschrieben werden, welche der Kanton oder eine Gemeinde allein bestellt.

Absatz 3 entspricht sinngemäss dem bisherigen Absatz 2. Mit der Umformulierung wird verdeutlicht, dass im Rahmen des Konzessionsverfahrens die Konzessionsdauer verbindlich festgelegt wird. Dies entspricht der gesetzgeberischen Rollenteilung zwischen Bund als Konzessionsbehörde und Bund sowie Kantonen als Bestellern. Für die Erwägung der Konzessionsdauer ist jedoch die im Ausschreibungsverfahren vorgesehene Dauer massgeblich.

Art. 32c Sachüberschrift (Betrifft nur den französischen Text), Abs. 2 Einleitungssatz und Bst. b und c Im französischen Text bedingt der Ersatz von Ausdrücken eine Anpassung der Sachüberschrift.

Die Verbesserung von Preis, Qualität oder Quantität des Verkehrsangebotes war bisher Bestandteil der Vergabevereinbarung. Die Vergabevereinbarung konnte für Fälle der Nichterfüllung dieser Verbesserungen eine Ausschreibung als Sanktion vorsehen.

Mit dem Wegfall der Vergabevereinbarung sind neu auch die Verbesserung von Preis, Qualität oder Quantität des Verkehrsangebotes Bestandteil der Zielvereinbarung. Deshalb kann gemäss Absatz 2 Buchstabe b das bestellte Angebot ausgeschrieben werden, wenn das Unternehmen diese Verbesserungen während der Dauer der Konzession nicht erzielt. Aufgrund dieser Änderung wird Absatz 2 Buchstabe c aufgehoben.

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Art. 32d­32h Die Anwendungsbereiche der Artikel 32d­32h und von Artikel 32l werden auf die gemeinsam bestellten Angebote beschränkt. Inhaltlich ändert sich damit grundsätzlich nichts. Die Präzisierung in Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c macht jedoch die ausdrückliche Beschränkung auf die gemeinsam bestellten Angebote des RPV erforderlich, da sonst alle Bestellungen erfasst würden, auch von den Kantonen allein bestellte Angebote des RPV.

Art. 32d Abs. 2 Bst. a Im französischen Text bedingt der Ersatz von Ausdrücken eine begriffliche Anpassung in Buchstabe a («offres de prestations» statt «offres»).

Art. 32g Abs. 1 und 2 Die Bezeichnung «mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot» wird ersetzt durch «mit der wirtschaftlich günstigsten Offerte». Dies in Anlehnung an die Artikel 32 Absatz 2 Buchstabe e und 32d Absatz 2 Buchstabe a, wo der Ausdruck «Offerte» in diesem Sinne verwendet wird.

Art. 32k

Vergabeentscheid

Neu wird nach dem Vergabeentscheid eine Zielvereinbarung abgeschlossen; auf das Instrument einer Vergabevereinbarung wird verzichtet. Deswegen wird der Titel des Artikels geändert und Absatz 2 entfällt.

Art. 32l Abs. 1 Wie in Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe c wird auch hier präzisiert, dass die Bestimmung nur für gemeinsam bestellte Angebote und nicht für den gesamten RPV gilt.

6b. Abschnitt: (Art. 33 und 33a) Die Inhalte aus Artikel 33 wurden in Artikel 31abis integriert, weshalb dieser gestrichen werden kann.

Artikel 33a wird im Sinne einer Entschlackung der Rechtsgrundlagen gestrichen. Artikel 31bbis zur Streitbeilegung gibt dem Bund die Kompetenz, bei Uneinigkeiten zwischen Bestellern und Unternehmen nicht nur bei der Aushandlung, sondern auch bei der Anwendung einer Angebotsvereinbarung sowie neu bei der Zielvereinbarung die Abgeltung festzulegen. Die Kompetenz des Bundes, bei unwirtschaftlichem Verhalten eines Unternehmens eine tiefere Abgeltung festzulegen, wird dadurch bereits abgedeckt, und es braucht keine Präzisierung auf Gesetzesebene.

Gliederungstitel des 7. Abschnitts (Art. 35­39) Mit der Änderung des Gliederungstitels von «Rechnungswesen» zu «Rechnungslegung» wird verdeutlicht, dass der 7. Abschnitt insbesondere die Pflichten der Unter-

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nehmen regelt, ihr Rechnungswesen gegenüber den Gemeinwesen, von denen sie Finanzhilfen oder Abgeltungen erhalten, auf umfassende und transparente Weise offenzulegen.

Art. 35

Grundsätze

Das PBG regelt die Rechnungslegung der konzessionierten Unternehmen. Dies umfasst auch, soweit keine Spezialbestimmungen bestehen, die Eisenbahnunternehmen mit einer Infrastrukturkonzession nach Artikel 5 EBG. Die Verordnung dazu soll neu vom Bundesrat erlassen werden (bisher Departement), also auf die gleiche Ebene gestellt werden wie die übrigen Ausführungsbestimmungen für die Transportunternehmen. Die Verpflichtung der Unternehmen, ihren Geschäftsbericht mit Beilagen den Gemeinwesen zuzustellen, von denen sie Finanzhilfen oder Abgeltungen erhalten, wird weitergeführt. Neu eingeführt wird eine Verpflichtung, einen Rechnungslegungsstandard anzuwenden. Es muss sich um einen Standard nach Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung vom 21. November 201216 über die anerkannten Standards zur Rechnungslegung handeln. Das BAV kann festlegen, welcher Standard anzuwenden ist.

Mit der Neuordnung der Aufsicht und des Controllings der bestellten Verkehrsleistungen wurde eine Selbstdeklaration durch die Unternehmen als neues Instrument eingeführt. Dazu soll nun eine saubere gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Schliesslich wird ausdrücklich festgehalten, dass die Unternehmen dem BAV jederzeit und vollständig Auskunft geben müssen.

Der Inhalt von Absatz 3 bisherigen Rechts wird gestrichen, weil die Aussage lediglich deklaratorischer Natur ist. Die Vorschriften des Obligationenrechts (OR)17 gelten jedoch weiterhin subsidiär.

Art. 35a

Anrechenbarkeit von Kosten und Erlösen

Zwar kann die Verordnung des Bundesrates die Anrechenbarkeit von Kosten und Erlösen im Detail regeln. Auf Gesetzesstufe soll aber vorgegeben werden, dass in den Planrechnungen, mit welchen die Abgeltungshöhe für nicht ausgeschriebene Linien bestimmt wird, weder Eigenkapitalzinsen noch Gewinn- und Risikozuschläge eingerechnet werden dürfen. Bei öffentlichen Ausschreibungen bemisst sich die Abgeltung an der wirtschaftlich günstigsten eingereichten Offerte.

Das Verbot von Gewinnen und Risikozuschlägen gilt auch für Leistungsbezüge bei Nahestehenden. Der Begriff «nahestehende Personen» definiert sich nach Artikel 663bbis Absatz 5 OR. Er umfasst Personen, die in einer engen Beziehung zu jemand anderem stehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Beziehung persönlicher, wirtschaftlicher, rechtlicher oder tatsächlicher Natur ist. Als Alternative muss ein Verfahren nach dem Bundesgesetz vom 21. Juni 201918 über das öffentliche Beschaffungswesen durchgeführt werden, womit ein Vergleich mit externen Anbietern gegeben ist und ein möglicher Lieferantenwechsel in Kauf genommen wird.

16 17 18

SR 221.432 SR 220 SR 172.056.1

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Zu Absatz 4: Beim Zusammenschluss der Brig-Visp-Zermatt-Bahn AG (BVZ) mit der Furka-Oberalp-Bahn AG (FO) zur Matterhorn-Gotthard-Bahn Anfang der 2000er-Jahre vereinbarten die Aktionäre beider Gesellschaften eine Regelung im Hinblick auf die Abfindung der Privataktionärinnen und -aktionäre der BVZ. Bei den Verhandlungen im Vorfeld erhoben diese entsprechende Forderungen. Seit 1996 und der Bahnreform machten die Bestimmungen über die Abgeltung der ungedeckten Kosten des Regionalverkehrs es unmöglich, einen Betriebsgewinn zu erzielen, mit dem eine angemessene Rendite erwirtschaftet werden konnte. Statt eines Rückkaufs des privaten Kapitals wurde die Ausnahmebestimmung von Artikel 15 ARPV angewendet, mit der eine entsprechende Kapitalrendite als anrechenbare Kosten des bestellten Verkehrsangebots ausgewiesen werden konnte. Entsprechende Verträge sollen aus Gründen des Vertrauensschutzes der neuen Gesetzesbestimmung weiterhin vorgehen können.

Dieser neue Artikel wird als Artikel 35a nummeriert, damit die folgenden Artikel nicht umnummeriert werden müssen. Dies ist wichtig, da in vielen Geschäftsberichten der Transportunternehmen seit Jahren explizit die «Reserven nach Artikel 36 PBG» ausgewiesen werden und diesbezüglich Kontinuität gewahrt werden soll.

Art. 36

Reserven

Präzisiert wird, dass eine Spezialreserve für die gemeinsam bestellten Angebote einschliesslich der nach Artikel 28 Absatz 4 bestellten Verbesserungen dieser Angebote zu bilden ist. Nach Absatz 1 sind der Spezialreserve wie bisher mindestens zwei Drittel der Überschüsse aus diesen Angeboten zuzuweisen.

Absatz 2 schafft eine explizite Grundlage dafür, dass auch die Kantone im nicht gemeinsam bestellten Verkehr (insb. Ortsverkehr) eine analoge Reserveregelung vorsehen können.

Die Absätze 3 und 4 bezüglich Auflösung der Spezialreserve bei Beendigung der Tätigkeit und bezüglich Äufnung der allgemeinen Reserve gemäss OR werden präzisiert.

Der Gesetzestext entspricht der heutigen Praxis.

Art. 37

Prüfung durch die Aufsichtsbehörde

Statt einer regelmässigen subventionsrechtlichen Prüfung und Genehmigung prüft das BAV periodisch oder nach Bedarf, ob die Rechnungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Zudem hat das BAV als Aufsichtsbehörde das Recht, periodisch oder bei Bedarf Revisionen durchzuführen. Die Ergebnisse der Revision können den zuständigen kantonalen Stellen mitgeteilt werden. Die Prüfbefugnis des BAV erstreckt sich auch auf Konzerngesellschaften, von denen die Unternehmen Leistungen beziehen.

Art. 38

Revisionsstelle

Ungeachtet der Rechtsform des Unternehmens muss eine Revisionsstelle die Jahresrechnung prüfen. Eine ordentliche Revision nach OR ist erforderlich für Publikumsgesellschaften, Konzerne und Unternehmen, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen: Bilanzsumme über 20 Millionen Franken, Umsatzerlös über 40 Millionen Franken, mehr als 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Der Verzicht auf eine 41 / 48

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Revision wird nicht erlaubt, und Unternehmen, die von der öffentlichen Hand mehr als 10 Millionen Franken an Finanzhilfen oder Abgeltungen nach dem PBG oder dem EBG erhalten, müssen eine ordentliche Revision durchführen. Alle Unternehmen mit mehr als 1 Million Franken Finanzhilfen oder Abgeltungen der öffentlichen Hand müssen im Auftragsverhältnis eine Spezialrevision durchführen lassen. Die Spezialrevision wird in der Regel von der gesetzlichen Revisionsstelle durchgeführt, mindestens aber von einer Prüfgesellschaft, welche die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde erfüllt.

Art. 39

Streitigkeiten

Dieser Artikel entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 38.

Art. 51 Abs. 1 Der Ausdruck «des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957» wird durch die neu in Artikel 35 eingeführte Abkürzung «EBG» ersetzt.

Gliederungstitel vor Art. 54 Zur besseren Gliederung des Gesetzes wird ein neuer 11a. Abschnitt (Datenbearbeitung durch die Unternehmen) eingeführt, der die Bestimmungen über die Bearbeitung von Personendaten (Art. 54) und über die Videoüberwachung (Art. 55) umfasst.

Art. 54

Bearbeitung von Personendaten

Bei der Personenbeförderung handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe, auch wenn sie nicht vom Gemeinwesen selber, sondern in dessen Auftrag durch Dritte, nämlich die Transportunternehmen, erbracht wird.

Das geltende Recht enthält keine klare Abgrenzung zwischen der Datenbearbeitung, die zur Erfüllung der öffentlichen Personenbeförderungsaufgabe erforderlich und zulässig ist, und dem privatrechtlichen Handeln der Unternehmen. Das liegt auch daran, dass der Begriff des privatrechtlichen Handelns unterschiedliche Auslegungen zulässt. Je nachdem, ob man an den Handlungszweck (Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe oder nicht), oder an die Handlungsform (Vertrag oder Verfügung) anknüpft, fällt die Abgrenzung unterschiedlich aus. Privatrechtlich im Sinne des Handlungszwecks handeln öV-Unternehmen einerseits bei Beförderungsangeboten in Zusammenarbeit mit nicht konzessionierten Mobilitätsanbietern, andererseits bei der Kombination von Beförderungsleistungen mit anderen Dienstleistungen.

Eine eigenständige Vollzugsvorschrift erübrigt sich. Das geltende Recht (Art. 63 Abs. 1) enthält bereits eine solche, die es dem Bundesrat erlaubt, auch zum Datenschutz die nötigen Bestimmungen auf Verordnungsstufe zu erlassen.

Die vorliegende Änderung von Artikel 54 basiert darauf, dass sie gleichzeitig mit oder nach dem neuen Datenschutzgesetz vom 25. September 202019 (DSG) in Kraft tritt

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SR ...; BBl 2020 7639

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und die dort vorgesehene Änderung von Artikel 54 PBG ersetzt. Die Datenschutzbestimmung des Eisenbahngesetzes (Art. 16a EBG) wird hingegen mit dem neuen DSG (im Folgenden nDSG) soweit erforderlich angepasst (Anpassung der Verweise, Aufhebung von Abs. 3). Eine weitergehende Anpassung ist im vorliegenden Rahmen nicht erforderlich.

Absatz 1 schafft die Rechtsgrundlage für diejenige Datenbearbeitung durch die Unternehmen, die der Personenbeförderung dient. Die Unternehmen sollen also all jene Personendaten bearbeiten dürfen, die in Bezug auf das jeweilige Angebot auch wirklich erforderlich sind, um die staatliche Aufgabe der konzessionierten Personenbeförderung zu erfüllen. Es kann aus Gründen der Sicherheit auch erforderlich sein, dass die Unternehmen Daten von Nichtreisenden bearbeiten (z. B. Videoüberwachungübergangs oder von Gleisen, um illegale Gleisquerungen zu verhindern). Die übrigen zulässigen Bearbeitungstatbestände sind im Gesetzestext abschliessend geregelt.

Darunter fallen allerdings kaum besonders schützenswerten Personendaten. Insofern ist die Bestimmung gegenüber dem geltenden Recht zu präzisieren. Auch Profiling soll grundsätzlich ausgeschlossen sein. Dies erscheint mit Blick auf die Legaldefinitionen in Artikel 5 Buchstaben c und f nDSG geboten: Eine generelle Erlaubnis würde in beiden Fällen dazu führen, dass die Unternehmen auch solche sensiblen Daten bearbeiten dürften, die für die Personenbeförderung in keiner Weise erforderlich sind.

Die einzigen Ausnahmen sind in Absatz 2 geregelt.

Artikel 6 Absatz 3 nDSG enthält ein klares Zweckbindungsgebot: Personendaten dürfen nur zu einem bestimmten und für die betroffene Person erkennbaren Zweck beschafft werden; sie dürfen nur so bearbeitet werden, dass es mit diesem Zweck vereinbar ist. Damit dürfen auch die Daten, welche die Unternehmen in Erfüllung der öffentlichen Aufgabe erlangen, zu keinen anderen Zwecken verwendet werden.

Absatz 2: Profiling soll den Unternehmen nicht generell erlaubt sein: Im Rahmen der neuen Anwendungen (vgl. Ziff. 4.1.10) sind jedoch zwangsläufig die automatisierte Bearbeitung und die Analyse von Daten über Aufenthaltsort und Ortswechsel erforderlich, die nach Artikel 5 Buchstabe f nDSG unter das Profiling fallen. Diese werden in Absatz 2 Buchstabe a ausdrücklich erlaubt. Anderes Profiling, insbesondere
solches mit hohem Risiko (Art. 5 Bst. g nDSG), bleibt den Unternehmen jedoch verwehrt.

Auch die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten ist den Unternehmen grundsätzlich verboten. Sie kann jedoch ausnahmsweise für die Personenbeförderung erforderlich sein, insbesondere bei körperlichen Behinderungen oder anderen Mobilitätseinschränkungen. Darunter fallen etwa Nachweise für ermässigte Fahrkarten, Einstiegsmöglichkeiten für Rollstühle oder die Fahrberechtigung für Begleitpersonen oder -hunde für Sehbehinderte und Blinde. Die Bearbeitung solcher Gesundheitsdaten (Art. 5 Bst. c nDSG) wird durch Absatz 2 Buchstabe b ausdrücklich erlaubt.

Absatz 3: Die Unternehmen sollen den Reisenden keine Einwilligung in eine Bearbeitung von deren Daten abnötigen können. Reisende müssen also keinerlei Datenbearbeitung zustimmen. So können die Unternehmen zwar beispielsweise die Möglichkeit anbieten, ein Feld anzukreuzen für die Bestellung ihrer Newsletter oder Sonderangebote. Aber diese Möglichkeit muss von den Reisenden ausdrücklich gewählt werden,

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dies im Sinn der datenschutzfreundlichen Voreinstellungen nach Artikel 7 Absatz 3 nDSG.

Es liegt nahe, dass Unternehmen die Daten der Reisenden auch für andere Zwecke verwenden wollen (Werbung in eigener Sache, Weitergabe an Dritte, Verknüpfung mit anderen Informationen beispielsweise der Geschäftsmieter in den Bahnhöfen usw.). Aufgrund der erwähnten Zweckbindung des nDSG ist dies verboten Wer eine Fahrkarte oder ein Abonnement kaufen will, kann sich darauf verlassen, dass die Daten nur zum Zweck der Personenbeförderung verwendet werden.

Nicht zulässig wären auch allgemeine Vertragsbedingungen, die eine Einwilligung in eine weitergehende Datenbearbeitung enthalten. Die Preisgabe anderer als der für die Personenbeförderung erforderlichen Personendaten kann nur auf freiwilliger Basis, also durch Einwilligung, erfolgen.

Absatz 4: Auch wenn der klassische Schalter- oder Automatenverkauf normaler Fahrkarten von A nach B rückläufig ist, entspricht dieser bis auf Weiteres einem Bedürfnis.

Auch können Personen, aus welchen Gründen auch immer, überhaupt keine Personendaten für den Abschluss eines Transportvertrages preisgeben wollen. Das Gesetz sieht daher ausdrücklich vor, dass auch für dieses Kundensegment weiterhin gesorgt werden soll. Die Formulierung «zu vergleichbaren Bedingungen» trägt verschiedenen Besonderheiten Rechnung: So kann sich eine gewisse Preisdifferenzierung rechtfertigen aufgrund der höheren Distributionskosten gegenüber einer Internet- oder MobilApp-Lösung. Weiter dürften gewisse Sortimentsbestandteile oder Preise nur im Zusammenhang mit der Bekanntgabe von Personendaten möglich sein. Deshalb muss, wer auf die klassischen Kanäle setzen will oder muss oder wer keine Personendaten preisgeben will, teilweise mit höheren Preisen rechnen. Diese dürfen jedoch in keinem Fall übersetzt sein.

Absatz 5: Die Datenbearbeitung der konzessionierten Unternehmen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen für Bundesorgane (Art. 33­42 nDSG). Allerdings rechtfertigt sich in zwei Fällen die Unterstellung unter die Bestimmungen für Private (Art. 30­32 nDSG): Eine Vereinheitlichung ist erforderlich im Rahmen von ­ mitunter multimodalen ­ Mobilitätsangeboten, die öV-Unternehmen gemeinsam mit Privaten anbieten: Es wäre kaum umsetzbar, für ein solches umfassendes Angebot teils die Datenschutzbestimmungen
für Bundesorgane und teils die Datenschutzbestimmungen für Private anwendbar zu erklären. Den Reisenden droht dadurch kein Nachteil, weil für diejenigen Personendaten, die sie für die Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit den Unternehmen liefern müssen, ohnehin eine Gesetzesgrundlage erforderlich ist und vorliegend auch geschaffen wird. Wollen die Unternehmen in Konkurrenz zu rein privaten Transportketten treten und Beförderungen anbieten, die auch Teilstrecken enthalten, für die keine Konzession nach PBG erforderlich ist, so sollen dafür ­ genauso wie für die private Konkurrenz ­ die Bestimmungen über die Datenbearbeitung durch private Personen gelten (Abs. 5 Bst. a).

Sodann gibt es kombinierte Angebote, wo Personenbeförderungsleistungen konzessionierter Unternehmen mit weiteren Dienstleistungen zu «Packages» verbunden werden. Das können Hotelübernachtungen, Konzertbesuche, Museumseintritte, Skipässe oder Pauschalreisen mit teils anderen als konzessionierten Transportunternehmen 44 / 48

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sein. Auch hier rechtfertigt es sich, einheitlich das Datenschutzrecht für Private anwendbar zu erklären (Abs. 5 Bst. b). Dass diese anderen Dienstleistungen «wesentlich» sein müssen, soll verhindern, dass mit Zusatzangeboten von geringfügigem Wert die Flucht ins Privatrecht angetreten und die Anwendung der Bestimmungen für Bundesorgane umgangen werden kann.

Absatz 6: Einer besonderen Regel bedarf es noch für die Datenbearbeitung durch Dritte, wenn diese Fahrausweise für den öffentlichen Verkehr verkaufen, unabhängig davon, ob sie dies in eigenem Namen und auf eigene Rechnung oder im Namen und auf Rechnung der leistungserbringenden Unternehmen tun.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Beiträge des Bundes an den RPV werden weitergeführt und auch künftig an die veränderten Bedürfnisse, Kosten und Erträge angepasst. Die direkten finanziellen Auswirkungen auf den Bund sind daher gering.

Die Massnahmen der Vorlage führen in der Tendenz zu einer Effizienzsteigerung dank verstärkten Anreizen und auch dank einer verbesserten Kohärenz der mittel- bis langfristigen Planung. Damit kann die Effizienz der RPV-Leistungen gesteigert werden, auch wenn sich dieser Effekt im Voraus nicht quantifizieren lässt.

Bereits heute fallen für die Spezialprüfung Subventionen mit der am 1. Mai 2020 in Kraft getretenen Anpassung der RKV jährliche Kosten von rund 1 bis 1,5 Millionen Franken an. Für einige Aufgaben, wie die Umsetzung des Benchmarkings und den Aufbau der zentralen Bestellplattform RPV (siehe Ziff. 4.1.6), sind Anfangsinvestitionen notwendig, welche aber mittelfristig die Effizienz des Bestellverfahrens stärken.

Die geplante Optimierung für die Bundesbeteiligung wird zu einer leichten Erhöhung des finanziellen Bedarfs führen; diese sollten aber durch die höhere Effizienz kompensiert werden können, sodass insgesamt keine Erhöhung der Bundesbeiträge resultiert.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Zur Verbesserung der Aufsicht über die Transportunternehmen wurde mit dem Voranschlag 2020 beim BAV eine Personalaufstockung um acht Stellen bewilligt und zwischenzeitlich umgesetzt. Die erhöhte Planungssicherheit mit Zielvereinbarungen und das verstärkte Benchmarking werden ausserdem zu Beginn zusätzliche personelle Ressourcen in geringem Umfang benötigen, was aber im Rahmen der verfügbaren Ressourcen umgesetzt werden kann.

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6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Grundsätzlich ergeben sich durch die Vorlage beim Angebot im RPV keine direkten Auswirkungen.

Die Entscheide über die Bahnerschliessung im RPV werden weiterhin durch Bund und Kantone gemeinsam gefällt. Die nötigen Bundesmittel werden vom Parlament beschlossen, die kantonalen Mittel durch die Kantone und je nach kantonaler Regelung durch die Gemeinden. Dies gilt auch für den regionalen Busverkehr, auch wenn die diesbezügliche Angebotsplanung ­ wie bereits heute ­ eine Aufgabe der Kantone ist.

Die Optimierung der Kriterien für die Bundesbeteiligung kann unter Umständen einen Einfluss auf die Mitfinanzierung von bestimmten Linien haben. Die genauen Auswirkungen sind abhängig von der konkreten Umsetzung, die auf Verordnungsstufe festgelegt wird. Die Erarbeitung der entsprechenden Kriterien und der Schwellen- oder Richtwerte wird der Bund gemeinsam mit den Kantonen vornehmen. Bereits heute liegt die Kompetenz zur Festlegung solcher Kriterien beim Bundesrat.

Die Gleichbehandlung der Regionen wird durch die Vorlage nicht infrage gestellt. Die heutige Mittelverteilung nimmt auf die Siedlungsdichte Rücksicht, indem der Bundesanteil an den ungedeckten RPV-Kosten je nach Siedlungsdichte der Kantone variiert. Dies bleibt grundsätzlich unverändert.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Anpassung des PBG ist ein Schritt zur Stärkung des RPV und trägt damit zur langfristigen Sicherung des «Gesamtsystems öV Schweiz» bei. Der RPV sichert die Mobilität und die Grunderschliessung für den Arbeits-, Ausbildungs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr und ist damit eine zentrale Basisinfrastruktur für unsere Volkswirtschaft, die auf hohe Mobilität angewiesen ist. Die Vorlage leistet einen Beitrag zur weiteren Steigerung der Effizienz des RPV und damit für eine wirtschaftlich erforderliche und kostengünstige landesweite Erschliessung.

Für die Transportunternehmen entsteht dank den Zielvereinbarungen mehr Planungssicherheit. Sie sind gefordert, im Rahmen der verstärkten Anreize (z. B. Benchmarking, Bonus-Malus-System) ihre Effizienz weiter zu steigern. Um die Innovationspotenziale der Branche noch verstärkt ausschöpfen zu können, wird die Finanzierung von Innovationen verbessert und klarer geregelt.

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Weil die Erschliessung durch den öV durch die Vorlage nicht direkt verändert wird, sind die Auswirkungen auf die Gesellschaft gering. Der RPV leistet aber einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung mit einer bezahlbaren Mobilität für alle, auch für

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jene, die über kein Privatfahrzeug verfügen. Die Anpassungen des PBG tragen dazu bei, den Service public zu stärken.

6.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Aus der Vorlage ergeben sich zwar keine direkten Umwelteffekte. Der öV bietet jedoch in den meisten Fällen gegenüber dem motorisierten Individualverkehr deutliche ökologische Vorteile, weil er weniger Klima-, Luft- und Lärmbelastung erzeugt, aber auch weniger Raum beansprucht. Es entspricht dem Verfassungsauftrag und den Zielen des Bundesrates, das Umsteigen auf den öV weiterhin zu fördern. Die Vorlage unterstützt und sichert diese Bestrebungen.

6.6

Andere Auswirkungen

Die Vorlage führt zu keinen wesentlichen Auswirkungen in anderen Bereichen.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage betrifft einzig das PBG sowie nachgelagert einzelne Verordnungsanpassungen. Das PBG hat seine Verfassungsgrundlage in den Artikeln 87, 92, 95 Absatz 1 und 122 BV. Die beantragten Änderungen bewegen sich im Rahmen, der durch diese Artikel gesteckt wird. Die Vorlage ist verfassungskonform.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Vorlage entstehen keine Unvereinbarkeiten mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

7.3

Erlassform

Die Vorlage bedingt die Änderung des PBG. Es handelt sich um eine Gesetzesrevision. Diese untersteht dem fakultativen Referendum.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

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Die Beträge von jährlich bis zu 5 Millionen Franken, die der Bund für die Förderung von Innovationen im bestellten Verkehr leisten kann, stammen aus dem vom Parlament beschlossenen RPV-Verpflichtungskredit. Es gibt keinen separaten Kredit. Die Höhe des Betrags, welcher für das Förderprogramm für Innovationen im Personenverkehr zur Verfügung steht, wird durch das BAV festgelegt.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Gemäss Artikel 81a BV haben Bund und Kantone in allen Landesgegenden für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen zu sorgen. Die im RPV tätigen Transportunternehmen können die von der öffentlichen Hand bestellten Angebote in der Regel nicht kostendeckend betreiben.

Daher beteiligen sich Bund und Kantone an der Finanzierung der ungedeckten Kosten dieser Angebote. Der RPV bleibt eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen, weil das Angebot gesamtschweizerisch koordiniert und mit dem Infrastrukturausbau abgestimmt werden muss und weil es von Personen aus allen Kantonen und Gästen aus dem Ausland genutzt werden kann.

Das Subsidiaritätsprinzip ist erfüllt. Die Federführung für die Bestellungen liegt bereits heute bei den Kantonen und bleibt dies auch mit den Massnahmen der Vorlage; der Bund wirkt insbesondere bei der Koordination mit.

Die fiskalische Äquivalenz im Sinne der Übereinstimmung von Mitfinanzierung, Mitentscheidung und Nutzen ist erfüllt. Eine Mitfinanzierung durch den Bund ist aufgrund der interkantonalen Verflechtungen (Benutzung durch ausserkantonale Fahrgäste) sowie der grossen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des RPV im ganzen Land begründet.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Am Grundprinzip der gemeinsamen Finanzierung durch Bund und Kantone wird im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision festgehalten. Auch der Umfang der Mitfinanzierung durch Bund und Kantone wird nicht infrage gestellt.

7.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Gesetzesdelegation zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht.

7.8

Datenschutz

Die Vorlage enthält mit Artikel 54 PBG Vorschriften über den Datenschutz.

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