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Übersetzung

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Tunesien über soziale Sicherheit Abgeschlossen am 25. März 2019 Von der Bundesversammlung genehmigt am ...1 In Kraft getreten durch Notenaustausch am ...

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Tunesien, nachstehend Vertragsstaaten genannt, vom Wunsch geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit zu regeln, haben Folgendes vereinbart:

Titel I Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Anwendung dieses Abkommens bedeuten die Ausdrücke: a) b)

«Schweiz» die Schweizerische Eidgenossenschaft, und «Tunesien» die Republik Tunesien;

«Gebiet» ­ ­

c)

1

in Bezug auf die Schweiz das Gebiet der Schweiz, in Bezug auf Tunesien das Gebiet und die Meeresgebiete, über welche Tunesien die Souveränität ausübt, eingeschlossen der Küstengebiete, Inseln, Binnengewässer, Hoheitsgewässer und des darüberliegenden Luftraums sowie anderer Meeresgebiete, in denen Tunesien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht die Gerichtshoheit hat;

«Staatsangehörige» ­ in Bezug auf die Schweiz Personen schweizerischer Staatsangehörigkeit, ­ in Bezug auf Tunesien Personen tunesischer Staatsangehörigkeit;

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2021-2800

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Soziale Sicherheit. Abk. mit Tunesien

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d)

«zuständige Behörde» ­ in Bezug auf die Schweiz das Bundesamt für Sozialversicherungen, ­ in Bezug auf Tunesien der Minister oder die Minister oder die Behörden, die für die in Artikel 2 des vorliegenden Abkommens genannten Rechtsvorschriften zuständig sind;

e)

«Leistungen» die in den Rechtsvorschriften gemäss Artikel 2 dieses Abkommens vorgesehenen Leistungen;

f)

«Familienangehörige», « Hinterlassene» und «Anspruchsberechtigte» die Personen, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als solche bestimmt oder anerkannt sind;

g)

«zuständiger Träger» der Träger, der die Leistungen gemäss den für ihn geltenden Rechtsvorschriften gewähren muss, oder der Träger, dem die Person angeschlossen ist;

h)

«Verbindungsstelle» der von der zuständigen Behörde jedes Vertragsstaats zur Sicherstellung von Koordination, Informationsaustausch und Verwaltungshilfe zwecks Anwendung dieses Abkommens bezeichnete Träger;

i)

«Rechtsvorschriften» die in Artikel 2 dieses Abkommens aufgeführten Rechtsvorschriften;

j)

«Versicherungszeiten» die Beitrags- oder Versicherungszeiten, die aufgrund der Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt wurden, als solche anerkannt sind, sowie alle Zeiten, die nach diesen Rechtsvorschriften einer Versicherungszeit gleichgestellt sind;

k)

«Wohnsitz» der Ort, an dem sich eine Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;

l)

«Wohnort» der Ort, an dem sich eine Person gewöhnlich aufhält;

m) «Flüchtlinge» Flüchtlinge im Sinne des Übereinkommens vom 28. Juli 19512 und des Protokolls vom 31. Januar 19673 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; n)

2 3 4

«Staatenlose» staatenlose Personen im Sinne des Übereinkommens vom 28. September 19544 über die Rechtsstellung der Staatenlosen.

SR 0.142.30 SR 0.142.301 SR 0.142.40

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(2) Andere, in Absatz 1 nicht definierte Ausdrücke haben die Bedeutung, die ihnen nach den anwendbaren Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten zukommt.

Art. 2

Sachlicher Geltungsbereich

(1) Dieses Abkommen ist anwendbar auf folgende Rechtsvorschriften: A) in der Schweiz: a) auf die Bundesgesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, b) auf die Bundesgesetzgebung über die Invalidenversicherung; B) in Tunesien: auf die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit zur Invaliden-, Alters- und Hinterlassenenversicherung im öffentlichen und privaten Sektor.

(2) Soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, gehören zu den Rechtsvorschriften im Sinne von Absatz 1 weder Verträge oder andere zwischenstaatliche Vereinbarungen noch zwischen einem Vertragsstaat und einem Drittstaat vereinbarte überstaatliche Rechtsvorschriften zur sozialen Sicherheit noch die zu deren Anwendung erlassenen Gesetzesbestimmungen.

(3) Dieses Abkommen bezieht sich auch auf alle Rechtsvorschriften, welche die in Absatz 1 aufgeführten Rechtsvorschriften kodifizieren, ändern oder ergänzen.

(4) Dieses Abkommen bezieht sich auf Gesetze und Verordnungen, welche die bestehenden Versicherungszweige auf neue Kategorien von Personen ausdehnen oder neue Leistungen einführen, sofern die zuständige Behörde des Vertragsstaats, der seine Rechtsvorschriften geändert hat, der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats nicht innert sechs Monaten nach der amtlichen Veröffentlichung der neuen Rechtsvorschrift eine gegenteilige schriftliche Mitteilung zukommen lässt.

(5) Dieses Abkommen bezieht sich nur dann auf Rechtsvorschriften, die einen neuen Zweig der sozialen Sicherheit einführen, wenn dies zwischen den Vertragsstaaten so vereinbart wird.

Art. 3

Persönlicher Geltungsbereich

Dieses Abkommen gilt: a)

für die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, die den Rechtsvorschriften einer der beiden Vertragsstaaten unterliegen oder unterlagen, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen;

b)

für Flüchtlinge und Staatenlose sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, soweit diese Personen im Gebiet eines der Vertragsstaaten wohnen; günstigere innerstaatliche Rechtsvorschriften bleiben vorbehalten;

c)

in Bezug auf die Artikel 6­9 und 11­13 sowie soweit möglich in Bezug auf die Artikel 24­28 für alle Personen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit.

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Art. 4

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Gleichbehandlung

(1) Soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, sind die in Artikel 3 Buchstabe a bezeichneten Personen bei der Anwendung der in Artikel 2 genannten Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten in ihren Rechten und Pflichten den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaats gleichgestellt.

(2) Absatz 1 gilt nicht in Bezug auf die schweizerischen Rechtsvorschriften über den Beitritt zur: a)

freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung 5;

b)

Alters-, Hinterlassenen-6 und Invalidenversicherung7 von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder einer vom Bundesrat bezeichneten Organisation tätig sind;

c)

freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für Schweizer Angestellte eines institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 20078, die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen geniessen.

(3) Absatz 1 gilt nicht in Bezug auf die tunesischen Rechtsvorschriften über den Beitritt zum Sozialversicherungssystem von tunesischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Ausland.

Art. 5

Zahlung der Leistungen ins Ausland

(1) Die aufgrund der in Artikel 2 aufgeführten Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats an eine der in Artikel 3 Buchstabe a bezeichneten Personen gewährten Leistungen können nicht mit der alleinigen Begründung, dass die Leistungsbezügerin oder der Leistungsbezüger im Gebiet des anderen Vertragsstaats wohnt, gekürzt, sistiert, geändert, aufgehoben oder konfisziert werden.

(2) Ordentliche Renten der schweizerischen Invalidenversicherung für Versicherte, die zu weniger als 50 Prozent invalid sind, sowie die ausserordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung werden nur an Personen ausgerichtet, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

(3) Geldleistungen nach den Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats werden den in einem Drittstaat wohnenden Staatsangehörigen des anderen Vertragsstaats sowie deren Familienangehörigen, Hinterlassenen und Anspruchsberechtigten unter denselben Voraussetzungen und in gleichem Umfang gewährt wie den eigenen Staatsangehörigen beziehungsweise deren Familienangehörigen, Hinterlassenen und Anspruchsberechtigten, die in diesem Drittstaat wohnen.

5 6 7 8

SR 831.111 SR 831.10 SR 831.20 SR 192.12

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Titel II Bestimmungen über die anwendbaren Rechtsvorschriften Art. 6

Allgemeiner Grundsatz

Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens ist eine Person, die im Gebiet eines oder beider Vertragsstaaten eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, für jede Tätigkeit den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats unterstellt, in dessen Gebiet sie die Erwerbstätigkeit ausübt.

Art. 7

Entsendung

(1) Wird eine Person, die gewöhnlich auf dem Gebiet des einen Vertragsstaats beschäftigt ist, von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Gebiet dieses Vertragsstaats vorübergehend in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt, so bleibt sie ausschliesslich den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates unterstellt, als wäre sie dort beschäftigt, vorausgesetzt die voraussichtliche Dauer der Beschäftigung beträgt längstens fünf Jahre.

(2) Eine Person, die gewöhnlich in einem der beiden Vertragsstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und die im anderen Vertragsstaat eine ähnliche Tätigkeit ausübt, unterliegt weiterhin ausschliesslich den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Tätigkeit 24 Monate nicht überschreitet.

(3) Für den Nachweis der Entsendung wird eine Bescheinigung gemäss der in Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehenen Verwaltungsvereinbarung ausgestellt.

Art. 8

Personal von international tätigen Luftverkehrsunternehmen

(1) Personen, die im Gebiet beider Vertragsstaaten als Mitglied der Besatzung von Luftverkehrsunternehmen beschäftigt werden, unterstehen nur den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, in dessen Gebiet das Unternehmen seinen Sitz hat, ausser sie sind bei einer Filiale, Zweigniederlassung oder ständigen Vertretung dieses Unternehmens auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats beschäftigt.

(2) Absatz 1 gilt ausschliesslich für Flugpersonal. Für alle anderen Angestellten gelten die Bestimmungen der Artikel 6, 7 und 12.

Art. 9

Angestellte von Seefahrtsunternehmen

(1) Für die Besatzung eines Seeschiffes, das die Flagge eines Vertragsstaats führt, gelten nur die Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats. Für die Anwendung des vorliegenden Artikels wird eine Tätigkeit, die an Bord eines Seeschiffes ausgeübt wird, das die Flagge eines Vertragsstaats führt, einer auf dem Gebiet dieses Vertragsstaats ausgeübten Tätigkeit gleichgestellt. Werden diese Personen jedoch von einem Arbeitgeber mit Sitz auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats beschäftigt, so sind sie nur den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats unterstellt.

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(2) Für die mit der Beladung, Entladung sowie mit Reparaturarbeiten und anderen Hafentätigkeiten beschäftigen Personen gelten nur die Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, auf dessen Gebiet der Arbeitshafen liegt.

Art. 10

Mitglieder von diplomatischen oder konsularischen Vertretungen

(1) Das vorliegende Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Anwendung der Bestimmungen des Wiener Übereinkommens vom 18. April 19619 über die diplomatischen Beziehungen und des Wiener Übereinkommens vom 24. April 196310 über konsularische Beziehungen.

(2) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die als Mitglieder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt werden, unterstehen den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaats.

(3) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats für eine diplomatische oder konsularische Vertretung des ersten Vertragsstaats rekrutiert werden, sind nach den Rechtsvorschriften des zweiten Vertragsstaats versichert. Angehörige des Entsendestaats können innert drei Monaten ab Beginn ihrer Tätigkeit und innert sechs Monaten ab Inkrafttreten dieses Abkommens die Anwendung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats wählen.

(4) Absatz 3 gilt auch für Staatsangehörige eines Vertragsstaats, die im persönlichen und privaten Dienst von Mitgliedern einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung beschäftigt sind.

(5) Beschäftigt eine diplomatische oder konsularische Vertretung des einen Vertragsstaats im Gebiet des anderen Vertragsstaats Personen, die nach den Rechtsvorschriften des zweiten Vertragsstaats versichert sind, so muss sie die Pflichten erfüllen, die die Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats den Arbeitgebern im Allgemeinen auferlegen. Dasselbe gilt für die in den Absätzen 2 und 3 genannten Staatsangehörigen, die solche Personen in ihrem persönlichen Dienst beschäftigen.

(6) Die Absätze 2­5 gelten nicht für Honorarmitglieder konsularischer Vertretungen und ihre Angestellten.

(7) Staatsangehörige des einen Vertragsstaats, die im Gebiet des anderen Vertragsstaats im Dienste einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Drittstaates beschäftigt sind und weder in diesem noch in ihrem Heimatstaat versichert sind, werden nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats versichert, auf dessen Gebiet sie ihre Tätigkeit ausüben. Gleiches gilt für Familienangehörige die mit ihnen im gleichen Haushalt leben.

Art. 11

Beamtinnen und Beamte

Beamtinnen und Beamte sowie ihnen gleichgestellte Personen des einen Vertragsstaates, die in das Gebiet des anderen Vertragsstaats entsandt werden, unterstehen den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltung angehört.

9 10

SR 0.191.01 SR 0.191.02

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Art. 12

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Ausnahmen

Die zuständigen Behörden können für Einzelpersonen oder bestimmte Personengruppen Ausnahmen von den Artikeln 6­11 vereinbaren.

Art. 13

Familienangehörige

(1) Bleibt eine Person nach den Artikeln 7­12 während der Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet des einen Vertragsstaats weiterhin den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats unterstellt, so gilt dies auch für ihren Ehegatten oder ihre Ehegattin und ihre Kinder, welche sich mit ihr im Gebiet des ersten Vertragsstaats aufhalten, sofern sie dort nicht selbst eine Erwerbstätigkeit ausüben.

(2) Gelten für den Ehegatten oder die Ehegattin und die Kinder, welche sich nach Absatz 1 mit der erwerbstätigen Person im Gebiet von Tunesien aufhalten, die schweizerischen Rechtsvorschriften, so sind sie in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung versichert.

Titel III Bestimmungen zu den Leistungen A. Bestimmungen zu den schweizerischen Leistungen Art. 14

Eingliederungsmassnahmen

(1) Staatsangehörige von Tunesien, die unmittelbar vor Eintritt der Invalidität der Beitragspflicht in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung unterliegen, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie sich in der Schweiz aufhalten.

(2) Nichterwerbstätige Staatsangehörige von Tunesien, die bei Eintritt der Invalidität die altersmässigen Voraussetzungen für die Beitragspflicht in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht erfüllen, aber dort versichert sind, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie in der Schweiz Wohnsitz haben, wenn sie unmittelbar vor Eintritt der Invalidität mindestens ein Jahr lang ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben. Minderjährige Kinder haben ausserdem Anspruch auf solche Massnahmen, wenn sie in der Schweiz Wohnsitz haben und dort entweder invalid geboren sind oder seit der Geburt ununterbrochen gewohnt haben.

(3) In der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige von Tunesien, die die Schweiz für nicht länger als drei Monate verlassen, unterbrechen ihre Wohndauer in der Schweiz im Sinne von Absatz 2 nicht.

(4) Kinder, die in Tunesien invalid geboren sind und deren Mutter sich während der Schwangerschaft insgesamt während höchstens zwei Monaten in Tunesien aufgehalten und ihren Wohnsitz in der Schweiz behalten hat, sind den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt. Die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt im Falle eines Geburtsgebrechens des Kindes die während der ersten drei Monate nach der Geburt in Tunesien entstandenen Kosten bis zu dem Umfang, in dem 7 / 18

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sie solche Leistungen in der Schweiz hätte gewähren müssen. Der erste und der zweite Satz gelten sinngemäss für Kinder, die ausserhalb des Gebietes der Vertragsstaaten invalid geboren sind; die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt in einem solchen Fall die im Ausland entstandenen Kosten nur, wenn die Massnahmen wegen des Zustandes des Kindes sofort durchgeführt werden mussten.

Art. 15

Zusammenrechnung von Versicherungszeiten

(1) Erfüllt eine Person, die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für den Anspruch auf eine ordentliche Rente der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht allein aufgrund der nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten, so rechnet der zuständige Träger für den Erwerb des Anspruchs auf diese Leistungen die nach den tunesischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten hinzu, soweit sie sich nicht mit den nach schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Zeiten überschneiden.

(2) Betragen die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten weniger als ein Jahr, so findet Absatz 1 keine Anwendung.

(3) Für die Festlegung der Leistungen werden ausschliesslich die nach den schweizerischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt. Die Festlegung erfolgt gemäss den schweizerischen Rechtsvorschriften.

Art. 16

Einmalige Abfindung

(1) Staatsangehörige von Tunesien und ihre Hinterlassenen haben unter den gleichen Voraussetzungen wie schweizerische Staatsangehörige und deren Hinterlassene Anspruch auf die ordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung. Die Absätze 2­ bleiben vorbehalten.

(2) Haben Staatsangehörige von Tunesien oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen, Anspruch auf eine ordentliche Teilrente, die höchstens zehn Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente beträgt, so wird ihnen anstelle der Teilrente eine einmalige Abfindung in der Höhe des Barwertes der Rente gewährt. Verlassen Staatsangehörige von Tunesien oder deren Hinterlassene, die eine solche Teilrente bezogen haben, die Schweiz endgültig, so wird ihnen ebenfalls eine Abfindung gewährt, die dem Barwert der Rente im Zeitpunkt der Ausreise entspricht.

(3) Beträgt die ordentliche Teilrente mehr als zehn Prozent, aber höchstens zwanzig Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente, so können die Staatsangehörigen von Tunesien oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen oder die diese endgültig verlassen, zwischen der Ausrichtung der Rente oder einer Abfindung wählen. Diese Wahl ist im Verlauf des Rentenfestsetzungsverfahrens zu treffen, falls die berechtigte Person bei Eintritt des Versicherungsfalles ausserhalb der Schweiz wohnt, oder bei Verlassen des Landes, falls sie in der Schweiz bereits eine Rente bezogen hat.

(4) Waren im Falle eines Ehepaares beide Ehegatten in der schweizerischen Versicherung versichert, so wird die Abfindung nur dann einem Ehegatten ausbezahlt, wenn der andere Ehegatte ebenfalls rentenberechtigt ist.

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(5) Nach Auszahlung der Abfindung durch die schweizerische Versicherung können gegenüber dieser Versicherung keine Ansprüche aus den bis dahin entrichteten Beiträgen mehr geltend gemacht werden.

(6) Die Absätze 2­5 gelten sinngemäss für die ordentlichen Renten der schweizerischen Invalidenversicherung, sofern die rentenberechtigte Person das 55. Altersjahr zurückgelegt hat und in ihrem Fall keine Überprüfung der invaliditätsmässigen Voraussetzungen mehr vorgesehen ist.

Art. 17

Ausserordentliche Renten

(1) Staatsangehörige von Tunesien haben unter den gleichen Voraussetzungen wie schweizerische Staatsangehörige Anspruch auf eine ausserordentliche Hinterlassenenrente, eine ausserordentliche Invalidenrente oder eine ausserordentliche Altersrente, die eine ausserordentliche Hinterlassenen- oder Invalidenrente ablöst, wenn die betroffene Person unmittelbar vor dem Zeitpunkt, von dem an die Rente verlangt wird, ununterbrochen während mindestens fünf vollen Jahre in der Schweiz gewohnt hat.

(2) Die Wohndauer in der Schweiz im Sinne von Absatz 1 gilt als ununterbrochen, wenn die betroffene Person die Schweiz im Kalenderjahr für nicht länger als drei Monate verlässt. In Ausnahmefällen kann die Frist verlängert werden. Dagegen werden Zeiten, während denen in der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige von Tunesien von der Versicherung in der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung befreit waren, auf die Wohndauer in der Schweiz nicht angerechnet.

(3) Rückvergütungen der an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge sowie einmalige Abfindungen nach Artikel 16 Absätze 2­ 6 stehen der Gewährung ausserordentlicher Renten nach Absatz 1 nicht entgegen; in diesen Fällen werden jedoch die rückvergüteten Beiträge oder die ausgezahlten Abfindungen mit den zu gewährenden Renten verrechnet.

Art. 18

Rückvergütung von Beiträgen

(1) Staatsangehörige von Tunesien, welche die Schweiz endgültig verlassen haben, können auf Antrag zwischen der Rückvergütung der an die schweizerische Altersund Hinterlassenenversicherung entrichteten Beiträge oder einer schweizerischen Rente wählen. Gleiches gilt für ihre Hinterlassenen, welche die Schweiz endgültig verlassen haben und nicht schweizerische Staatsangehörige sind. Für die Rückvergütung gelten die hierfür massgebenden schweizerischen Rechtsvorschriften.

(2) Nach erfolgter Beitragsrückvergütung können gegenüber der schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung keine Ansprüche aufgrund früherer Versicherungszeiten oder zwecks Zusammenrechnung von Versicherungszeiten nach Artikel 15 mehr geltend gemacht werden.

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B. Bestimmungen zu den tunesischen Leistungen Art. 19

Bemessung des Leistungsbetrags

(1) Erfüllt eine Person die Anspruchsvoraussetzungen nach den tunesischen Rechtsvorschriften ohne Zusammenrechnung der Versicherungszeiten, so legt der zuständige tunesische Träger den Leistungsanspruch direkt anhand der in Tunesien zurückgelegten Versicherungszeiten und nach den tunesischen Rechtsvorschriften fest.

(2) Entsteht der Anspruch einer Person auf eine Leistung nach den tunesischen Rechtsvorschriften nur durch die Zusammenrechnung der in beiden Vertragsstaaten und gegebenenfalls in einem Drittstaat zurückgelegten Versicherungszeiten, so gelten die folgenden Grundsätze: a)

Der zuständige tunesische Träger berechnet den theoretischen Betrag der Leistungen, auf welche die betroffene Person Anspruch hätte, als wären die nach den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten und gegebenenfalls eines Drittstaates zurückgelegten Versicherungszeiten alleine nach den für Tunesien geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden;

b)

Danach berechnet die zuständige tunesische Behörde den Betrag der Leistungen auf der Grundlage des unter Buchstabe a errechneten Betrags anteilsmässig für die nach Artikel 19 Absatz 2 zusammengerechneten Versicherungszeiten;

c)

Zur Berechnung der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterlassenenleistung werden die Versicherungszeiten berücksichtigt, sofern das nach den tunesischen Rechtsvorschriften zulässige Maximum für Versicherungszeiten nicht überschritten wird.

Art. 20

Verfahren bei aufgeschobenen und aufeinanderfolgenden Anträgen auf die Feststellung von Ansprüchen

(1) Beantragt eine Person die Feststellung ihres Anspruchs nach den tunesischen Rechtsvorschriften, während sie die Voraussetzungen für die Leistung nach den schweizerischen Rechtsvorschriften nicht erfüllt oder die Feststellung der Leistung aufschiebt, wird die Leistung nach den tunesischen Rechtsvorschriften unter Zusammenrechnung der Versicherungszeiten bemessen.

(2) Beantragt eine Person die Feststellung ihres nach den schweizerischen Rechtsvorschriften aufgeschobenen Anspruchs oder erreicht eine Person das gesetzliche Mindestalter nach diesen Rechtsvorschriften, so wird die Leistung nach den schweizerischen Rechtsvorschriften festgelegt, ohne dass die Leistung nach den tunesischen Rechtsvorschriften erneut festgelegt wird.

Art. 21

Umwandlung der Invalidenrente in eine Altersrente

(1) Die tunesische Invalidenrente wird in eine Altersrente umgewandelt, sobald die Voraussetzungen, namentlich das Alter, nach den tunesischen Rechtsvorschriften für die Gewährung einer Altersrente erfüllt sind.

(2) Die Umwandlung erfolgt nach den tunesischen Rechtsvorschriften.

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C. Gemeinsame Bestimmung zu den Invaliditätsleistungen Art. 22

Bestimmungen zu den Invaliditätsleistungen

(1) Zur Bemessung der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit oder der Invalidität im Hinblick auf die Gewährung einer Invalidenrente nimmt der zuständige Träger jedes Vertragsstaats eine Evaluation gemäss eigenen Rechtsvorschriften vor.

(2) Zwecks Anwendung von Absatz 1 stellt der Träger des Vertragsstaats, in dessen Gebiet die antragstellende Person wohnt, dem zuständigen Träger des anderen Vertragsstaats die sich in seinem Besitz befindlichen ärztlichen Berichte und Unterlagen kostenlos zur Verfügung.

(3) Ärztliche Berichte, die nach den Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten vorgenommen werden und Personen betreffen, die sich im Gebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten oder dort wohnen, werden vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnortes beigebracht. Berichte, die gemäss zwischen den beiden Vertragsstaaten vereinbarten Formularen erstellt werden, sind kostenlos.

(4) Verlangt der Träger eines Vertragsstaats eine zusätzliche ärztliche Untersuchung einer Person, die eine Leistung beantragt hat oder bezieht, so veranlasst der Träger des anderen Vertragsstaats die verlangte Untersuchung im Gebiet, in dem die betroffene Person wohnt, gemäss den für ihn geltenden Vorschriften und den im Wohnland geltenden Tarifen. Der Träger, der die Untersuchung verlangt, erstattet die Kosten auf Vorweisen einer detaillierten Abrechnung und der entsprechenden Nachweise.

Die Einzelheiten des Rückerstattungsverfahrens legen die Verbindungsstellen wenn nötig gemeinsam fest.

Der antragstellende Träger ist berechtigt, auf eigene Kosten eine ärztliche Untersuchung durch den Arzt oder die Ärztin seiner Wahl zu veranlassen.

Titel IV Verschiedene Bestimmungen Art. 23

Verwaltungsmassnahmen

(1) Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten: a)

schliessen eine Verwaltungsvereinbarung ab, treffen alle für die Durchführung dieses Abkommens notwendigen Massnahmen und bezeichnen die Verbindungsstellen;

b)

unterrichten sich gegenseitig über alle Massnahmen, die zur Durchführung dieses Abkommens getroffen werden;

c)

unterrichten sich gegenseitig so bald wie möglich über alle Änderungen ihrer Rechtsvorschriften, die sich auf die Anwendung dieses Abkommens auswirken könnten.

(2) Die zuständigen Träger können in gegenseitigem Einvernehmen Verfahren für den elektronischen Datenaustausch einführen, einschliesslich Daten zum Ableben von 11 / 18

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Leistungsberechtigten, um die Anwendung dieses Abkommens und die Gewährung von Leistungen zu rationalisieren.

Art. 24

Verwaltungshilfe

Die Behörden, die zuständigen Träger und die Verbindungsstellen der Vertragsstaaten leisten einander Hilfe bei der Durchführung dieses Abkommens. Diese Hilfe ist kostenlos, solange die Behörden und zuständigen Träger der Vertragsstaaten nichts anderes vereinbart haben.

Art. 25

Prävention und Bekämpfung von Beitrags- und Leistungsmissbrauch

(1) Über ihre jeweiligen zuständigen Behörden verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten zur Prävention und Bekämpfung von Betrug und Missbrauch im Bereich der Beiträge und in Bezug auf die nach den in Artikel 2 bezeichneten Rechtsvorschriften geschuldeten Leistungen, insbesondere betreffend den tatsächlichen Wohnort von Personen, die Arbeitsunfähigkeit, den Zivilstand, die Hinterlassenen, die Art und Dauer der Ausbildung von unterstützungsberechtigten Kindern, die Feststellung der finanziellen Mittel, die Beitragsberechnung und die Kumulierung von Leistungen anbelangt.

(2) Die zuständigen Behörden und Träger führen auf Antrag der zuständigen Stelle des anderen Vertragsstaats, gegebenenfalls auf dessen Kosten, Kontrollen, Überprüfungen, Abklärungen und den Austausch von Informationen nach den in ihrem Staat geltenden Rechtsvorschriften durch.

(3) Ist der angefragte Träger nicht in der Lage, die Kontrolle gemäss Absatz 2 durchzuführen, so kann der antragstellende Träger ein nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Kontrolle durchgeführt wird, anerkanntes Unternehmen damit beauftragen, wobei die Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten einzuhalten sind. Die zuständigen Behörden oder Träger der Vertragsstaaten informieren sich vorgängig über geplante Kontrollen.

(4) Die Verbindungsstelle eines Vertragsstaats stellt der Verbindungsstelle des anderen Vertragsstaats regelmässig Personendaten über Personen zur Verfügung, die nach seinen Rechtsvorschriften eine Rente beziehen und ihren Wohnsitz im Gebiet des anderen Vertragsstaates haben, um sich gegenseitig über Sterbedaten im Wohnland zu informieren.

(5) Abweichend von den Bestimmungen in Artikel 2 gilt der Informationsaustausch auch, wenn eine Person in der Schweiz Ergänzungsleistungen nach dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung11 beantragt. Der zuständige tunesische Träger erteilt dem zuständigen schweizerischen Träger auf dessen Antrag hin und im Rahmen der Verwaltungshilfe nach Artikel 24 die erforderlichen Auskünfte über Einkommen, Vermögen und Wohnsitz.

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SR 831.30

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Art. 26

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Rückforderung nicht geschuldeter Leistungen

Hat der zuständige Träger eines Vertragsstaats Geldleistungen zu Unrecht gewährt, so kann der zu Unrecht gezahlte Betrag auf Antrag und innerhalb der Voraussetzungen und Grenzen der Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats von einer nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats erbrachten Leistung gleicher Art einbehalten werden.

Art. 27

Einziehung von Beiträgen und Rückforderung von Leistungen

(1) Beiträge, die einem Träger des anderen Vertragsstaats geschuldet werden sowie nichtgeschuldete Leistungen, die von diesem Träger gewährt wurden, können im anderen Vertragsstaat nach den Verfahren und mit den Sicherungen und Vorrechten eingezogen bzw. zurückgefordert werden, die für die Einziehung der dem entsprechenden Träger des letzteren Vertragsstaats geschuldeten Beiträge bzw. für die Rückforderung der vom entsprechenden Träger des letzteren Vertragsstaats nichtgeschuldeten Leistungen gelten.

(2) Vollstreckbare Entscheidungen der Gerichte und Behörden über die Einziehung von Beiträgen, Zinsen und sonstigen Kosten oder die Rückforderung nichtgeschuldeter Leistungen gemäss den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats werden auf Antrag des zuständigen Trägers im anderen Vertragsstaats innerhalb der Grenzen und nach Massgabe der in diesem Vertragsstaat für ähnliche Entscheidungen geltenden Rechtsvorschriften und anderen Verfahren anerkannt und vollstreckt. Solche Entscheidungen sind in diesem Vertragsstaat für vollstreckbar zu erklären, sofern die Rechtsvorschriften und alle anderen Verfahren dieses Vertragsstaats dies erfordern.

(3) Bei Zwangsvollstreckung, Konkurs oder Vergleich geniessen die Forderungen des Trägers des einen Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat die gleichen Vorrechte, die die Rechtsvorschriften des letzteren Vertragsstaats Forderungen gleicher Art einräumen.

(4) Das Verfahren zur Durchführung dieses Artikels, einschliesslich der Kostenerstattung, wird durch die Verwaltungsvereinbarung geregelt.

Art. 28

Übergang von Forderungen

(1) Hat eine Person, der nach den in Artikel 2 bezeichneten Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats Leistungen für einen Schaden zustehen, der im Gebiet des anderen Vertragsstaats eingetreten ist, nach dessen Rechtsvorschriften gegen einen Dritten Anspruch auf Schadenersatz, so geht der Ersatzanspruch auf den leistungspflichtigen Träger des ersten Vertragsstaates nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften über; der zweite Vertragsstaat erkennt diesen Übergang an.

(2) Haben Träger beider Vertragsstaaten in Anwendung von Absatz 1 wegen Leistungen aufgrund desselben Schadensfalles Ersatzanspruch, so sind sie Gesamtgläubiger. Im Innenverhältnis sind sie anteilig im Verhältnis der von ihnen zu erbringenden Leistungen ausgleichspflichtig.

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Art. 29

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Schutz von Personendaten

(1) Soweit aufgrund dieses Abkommens Personendaten übermittelt werden, gelten für die Bearbeitung, die Aufbewahrung, die Sicherung und die Vernichtung dieser Daten, unter Berücksichtigung des im Vertragsstaat geltenden innerstaatlichen und internationalen Datenschutzrechts, die folgenden Bestimmungen: a)

Die Daten dürfen nur für die Durchführung dieses Abkommens und der Rechtsvorschriften, auf die es sich bezieht, an zuständige Träger des empfangenden Vertragsstaats übermittelt werden. Diese Träger dürfen sie nur zum angegebenen Zweck bearbeiten und nutzen. Die Bearbeitung für andere Zwecke ist im Rahmen der Gesetzgebung des empfangenden Vertragsstaats zulässig, wenn dies Zwecken der sozialen Sicherheit einschliesslich damit zusammenhängender gerichtlicher Verfahren dient.

b)

Die übermittelnde Stelle muss sicherstellen, dass die übermittelten Daten richtig sind und ihr Inhalt dem verfolgten Zweck entspricht. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Erweist sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind, so ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. Diese ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen.

c)

Die übermittelten Personendaten dürfen nur so lange aufbewahrt werden, wie es der Zweck erfordert, zu dem sie übermittelt worden sind. Die Daten dürfen nicht vernichtet werden, falls durch ihre Vernichtung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person im Bereich der sozialen Sicherheit beeinträchtigt werden könnten.

d)

Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, Personendaten, die übermittelt werden, wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.

Art. 30

Befreiung von Steuern und von der Beglaubigungspflicht

(1) Die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats vorgesehene Befreiung oder Ermässigung von Steuern, Stempelabgaben, Gerichtskosten oder der Eintragungsgebühren für die verlangten Urkunden und Schriftstücke gilt auch für die Urkunden und Schriftstücke, die in Anwendung der Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats oder dieses Abkommens vorzulegen sind.

(2) Sämtliche Urkunden, Schriftstücke oder andere offizielle Dokumente, die in Anwendung dieses Abkommens vorzulegen sind, bedürfen keiner Beglaubigung durch diplomatische oder konsularische Behörden und keiner anderweitigen ähnlichen Formalitäten.

Art. 31

Schriftverkehr und Sprachen

(1) Die zuständigen Behörden und die zuständigen Träger beider Vertragsstaaten können, wenn die Anwendung dieses Abkommen es erfordert, direkt miteinander oder mit jeder Person verkehren.

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(2) Die zuständigen Behörden und die zuständigen Träger eines Vertragsstaats dürfen die Bearbeitung von Gesuchen und die Berücksichtigung von Dokumenten nicht verweigern, nur weil sie in einer Amtssprache des anderen Vertragsstaats abgefasst sind.

Art. 32

Gesuche, Rechtsmittel und Fristen

Gesuche, Erklärungen oder Rechtsmittel, die in Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats innert einer bestimmten Frist bei einer Behörde, einem Träger oder einem Gericht dieses Vertragsstaats einzureichen sind, können innerhalb der gleichen Frist bei einer entsprechenden Behörde, einem entsprechenden Träger oder einem entsprechenden Gericht des anderen Vertragsstaats eingereicht werden. In diesem Fall übermitteln die in Anspruch genommenen Behörden, Träger oder Gerichte diese Gesuche, Erklärungen oder Rechtsmittel entweder unmittelbar oder durch Einschaltung der zuständigen Behörden der beteiligten Vertragsstaaten unverzüglich der zuständigen Behörde, dem zuständigen Träger oder dem zuständigen Gericht des ersten Vertragsstaats. Der Tag, an dem diese Gesuche, Erklärungen oder Rechtsmittel bei einer Behörde, einem Träger oder einem Gericht des zweiten Vertragsstaats eingegangen sind, gilt als Tag des Eingangs bei der zuständigen Behörde, dem zuständigen Träger oder dem zuständigen Gericht.

Art. 33

Zustellung von Verfügungen

Die Verfügungen des zuständigen Trägers des einen Vertragsstaats werden den betroffenen Personen direkt zugestellt. Die Verbindungsstelle des anderen Vertragsstaats erhält eine Kopie der Verfügung.

Art. 34

Währung

(1) Die Träger, welche die Leistung in Anwendung dieses Abkommens zu erbringen haben, befreien sich in der Währung ihres Staates von ihrer Leistungspflicht.

(2) Die in Anwendung dieses Abkommens oder der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats geschuldeten Geldleistungen können ebenso in jeder anderen von diesem Vertragsstaat bestimmten Währung gezahlt werden.

(3) Die Träger haben die freie Wahl der Währung, in der sie die Beträge an die Träger des anderen Vertragsstaats überweisen.

(4) Die rechtlichen Bestimmungen eines Vertragsstaats zur Devisenkontrolle können die in Anwendung dieses Abkommens oder der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats geschuldeten Zahlungen nicht verhindern.

(5) Erlässt ein Vertragsstaat Vorschriften über die Einschränkung des Devisenverkehrs, so treffen die Behörden oder zuständigen Träger unverzüglich Massnahmen, um die Zahlung der nach diesem Abkommen geschuldeten Beträge sicherzustellen.

Art. 35

Beilegung von Streitigkeiten

Alle Streitigkeiten, die sich bei der Durchführung oder der Auslegung dieses Abkommens ergeben, werden direkt von den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien geregelt.

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Art. 36

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Freiwillige Versicherung der Schweiz

Schweizer Staatsangehörige, die im Gebiet der Republik Tunesiens wohnen, können der freiwilligen Alters-, Hinterlassen- und Invalidenversicherung gemäss den schweizerischen Rechtsvorschriften vorbehaltlos beitreten; insbesondere bestehen keine Einschränkungen in Bezug auf die Beitragszahlungen in diese Versicherung und den Bezug der daraus erworbenen Renten.

Titel V Übergangs- und Schlussbestimmungen Art. 37

Übergangsbestimmungen

(1) Dieses Abkommen begründet keine Leistungsansprüche für den Zeitraum vor seinem Inkrafttreten.

(2) Vor dem Inkrafttreten des Abkommens getroffene Entscheide stehen seiner Anwendung nicht entgegen.

(3) Für die Feststellung eines Leistungsanspruchs nach diesem Abkommen werden die nach den Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten sowie Versicherungsereignisse berücksichtigt, die vor seinem Inkrafttreten zurückgelegt worden oder eingetreten sind.

(4) Die Anwendung dieses Abkommens darf keine Kürzung von vor seinem Inkrafttreten gewährten Leistungen zur Folge haben.

(5) Über Ansprüche von Personen, deren Rente vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens abgelehnt worden ist, wird auf Antrag nach diesem Abkommen neu entschieden.

Die Neufeststellung kann auch von Amtes wegen erfolgen.

(6) Die Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten zu Verjährung, Fälligkeit und Verwirkung betreffend die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus diesem Abkommen entstehen, gelten frühestens ab dem Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens.

(7) Dieses Abkommen gilt nicht für Ansprüche, die durch Abfindung oder Beitragsrückvergütung abgegolten worden sind.

(8) Wird eine Person nach Artikel 7 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens in einen Vertragsstaat entsandt, so beginnt die in Artikel 7 genannte Tätigkeit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens zu laufen.

Art. 38

Dauer und Kündigung des Abkommens

(1) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

(2) Beide Vertragsstaaten können dieses Abkommen unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten jederzeit auf diplomatischem Weg schriftlich kündigen. Die Wirksamkeit des Abkommens erlischt am ersten Tag des Monats, der dem zwölften Monat nach Eingang der Kündigung folgt.

(3) Wird dieses Abkommen gekündigt, so bleiben Ansprüche auf Leistungen und Zahlungen erhalten, die einer Person durch dieses Abkommen entstanden sind. Die 16 / 18

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Vertragsstaaten treffen die erforderlichen Massnahmen, um diese Ansprüche zu gewährleisten.

(4) Läuft im Zeitpunkt der Kündigung dieses Abkommens die Entsendung einer Person nach Artikel 7 bereits, so gelten die Bestimmungen von Artikel 7 bis zum Ende der Entsendungsdauer weiterhin.

(5) Die Vertragsstaaten treffen gemeinsam Vereinbarungen zur Gewährleistung von Anwartschaften aus Versicherungszeiten oder gleichgestellten Zeiten, die vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommen zurückgelegt worden sind.

Art. 39

Inkrafttreten des Abkommens

(1) Dieses Abkommen muss von beiden Vertragsstaaten gemäss eigener Gesetzgebung ratifiziert werden.

(2) Die Vertragsstaaten notifizieren einander auf diplomatischem Weg den Abschluss der durch Verfassung und Gesetzgebung für das Inkrafttreten dieses Abkommens vorgeschriebenen Verfahren.

(3) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats, der auf den Empfang der letzten Notifikation folgt, in Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Vertragsstaaten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Tunis, am 25. März 2019, in zwei Urschriften, eine in französischer, die andere in arabischer Sprache; beide Fassungen sind in gleicher Weise verbindlich.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung der Republik Tunesien:

Alain Berset

Mohamed Trabelsi

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