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9.2.2

Botschaft zur Genehmigung der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein bezüglich Würzfleisch vom 20. Januar 2021

2021-0218

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Übersicht Um ihren im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen, hat die Schweiz eine Erhöhung ihrer Maximalzölle auf Würzfleisch ausgehandelt. Die entsprechende Änderung wurde in die Verpflichtungsliste LIX der Schweiz und Liechtensteins aufgenommen.

Ausgangslage Aufgrund der parlamentarischen Initiative 10.426 «Aufhebung der zolltariflichen Begünstigung der Importe von gewürztem Fleisch» hat die Schweiz auf den 1. Juli 2016 die für Würzfleisch geltenden Zollansätze mittels einer Änderung der schweizerischen Anmerkungen zum Zolltarif angepasst. Einige WTO-Mitglieder monierten diese geänderte Praxis und führten an, dies sei mit den von der Schweiz im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen nicht konform.

Nach Konsultation der interessierten Kreise und gestützt auf ein Verhandlungsmandat des Bundesrates hat die Schweiz bei der WTO in einem sogenannten Dekonsolidierungsverfahren eine Erhöhung der Maximalzölle auf Würzfleisch in ihrer Verpflichtungsliste ausgehandelt. Diese Änderung wird ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet.

Inhalt des Vorhabens In Übereinstimmung mit den WTO-Verfahren, die Verhandlungen oder Konsultationen mit den interessierten Mitgliedern vorsehen, in diesem Fall mit der Europäischen Union (EU) und Brasilien, darf die Schweiz ihre Maximalzölle für gewürztes Schweine- und Rindfleisch anpassen. Als Ausgleich erhöht sie das WTO-Kontingent für rotes Fleisch um 1200 Tonnen; davon reserviert sie mindestens 600 Tonnen für gesalzene und gewürzte zugeschnittene Rindsbinden. Die Änderung der Liste LIXSchweiz-Liechtenstein zieht eine Anpassung des Zolltarifs nach sich. Um die Zollansätze für Würzfleisch so rasch wie möglich mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz in Einklang zu bringen, wird die Änderung der Liste LIX-SchweizLiechtenstein bereits ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet. Da das EU-Recht für den Abschluss eines WTO-Dekonsolidierungsverfahrens dies so vorsieht, haben die Schweiz und die EU auf Antrag der EU ein Abkommen in Form eines Briefwechsels abgeschlossen, dessen Inhalt mit dem der WTO notifizierten Verhandlungsergebnis identisch ist. Mit dieser Botschaft unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung die Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein sowie den Briefwechsel mit der EU zur Genehmigung.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Im Jahr 2015 haben die eidgenössischen Räte die parlamentarische Initiative 10.426 zur «Aufhebung der zolltariflichen Begünstigung der Importe von gewürztem Fleisch» angenommen. In der Folge hat der Gesetzgeber schweizerische Anmerkungen1 in die Kapitel 2 (Fleisch und geniessbare Schlachtnebenprodukte) und 16 (Zubereitungen von Fleisch, Fischen, Krebstieren, Weichtieren oder anderen wirbellosen Wassertieren) von Anhang I des Zolltarifgesetzes vom 9. Oktober 19862 (ZTG) aufgenommen. Diese «schweizerischen Anmerkungen» oder Erläuterungen zum schweizerischen Zolltarif umfassen Erklärungen zur Zollbehandlung von Waren. Sie sind als Hilfe zur Auslegung des Zolltarifs gedacht und sollen eine einheitliche Anwendung gewährleisten. Der Bundesrat hat die entsprechenden Bestimmungen am 1. Juli 2016 nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft gesetzt. Seither unterliegen Fleisch und geniessbare Schlachtnebenprodukte, die lediglich gewürzt sind, den wesentlich höheren Zollansätzen in Kapitel 2 des Zolltarifs statt denjenigen in Kapitel 16. Dies war das Ziel der parlamentarischen Initiative. So beträgt der Zollansatz ausserhalb des Zollkontingents in Kapitel 2 für Schweinefleisch 2304.­ Fr./100 kg brutto, während er in Kapitel 16 mit 850.­ Fr./100 kg brutto viel tiefer ist. Bei Rindfleisch beläuft sich der Zollansatz in Kapitel 2 auf 2212.­ Fr./100 kg brutto, derjenige in Kapitel 16 liegt bei 638.­ Fr./100 kg brutto.

Auf diese geänderte Schweizer Praxis reagierten einige Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) und monierten, dass die höheren Zollansätze die von der Schweiz im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen verletzten. Als Antwort darauf und nach Konsultation der interessierten Kreise erteilte der Bundesrat am 10. Januar 2018 ein Verhandlungsmandat zur Dekonsolidierung, d. h. zur Änderung der rechtlich gültigen Maximalzölle für gewürztes Fleisch in der Schweizer WTOVerpflichtungsliste LIX, sodass diese die seit dem 1. Juli 2016 angewendeten Anpassungen des schweizerischen Zolltarifs (vgl. oben) abbildet. Eine Verhandlungsdelegation wurde damit beauftragt, im Rahmen des Dekonsolidierungsverfahrens gestützt auf das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen von 19943 (GATT) Artikel XXVIII und die Vereinbarung zur Auslegung des Artikels XXVIII des GATT 1994 (Anhang 1A.1.f des Abkommens vom 15. April
19944 zur Errichtung der Welthandelsorganisation) die Verpflichtungen der Schweiz bei der WTO betreffend Einfuhrzölle für gewürztes Fleisch anzupassen und entsprechend Ausgleichsmassnahmen mit den betroffenen Mitgliedern auszuhandeln. Dieses Verfahren sieht vor, dass das betreffende WTO-Mitglied dem WTO-Sekretariat die geplante Änderung notifiziert. Die betroffenen Mitglieder müssen sodann innerhalb von 90 Tagen ihre Ansprüche geltend machen. Im Rahmen von bilateralen Verhandlungen wird in der Folge eine Einigung 1 2 3 4

AS 2016 1401 SR 632.10 SR 0.632.21 SR 0.632.20

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gesucht, mit dem Ziel, ein allgemeines Mass an Zugeständnissen aufrechtzuerhalten, das nicht weniger günstig für den Handel ist als das zuvor geltende Mass. Anschliessend wird ein Bericht mit dem Verhandlungsergebnis in Umlauf gebracht. Die Änderung der Verpflichtungsliste, die die bilateral vereinbarte Lösung enthält, wird sämtlichen Mitgliedern notifiziert. Diese haben wiederum 90 Tage Zeit für eine Reaktion, sollten sie damit nicht einverstanden sein. Die WTO-Mitglieder können die rechtlichen Verpflichtungen in ihren Verpflichtungslisten somit durch eine Vereinbarung mit den betroffenen Ländern ändern, wobei diese Änderung letztlich auf alle WTOMitglieder anwendbar ist.

Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen wurden konsultiert und haben das Verhandlungsmandat gutgeheissen: die Aussenpolitische Kommission des Ständerates (APK-S) am 29. Januar 2018, die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) am 13. Februar 2018 und die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) am 27. März 2018; die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) hat das Geschäft nicht traktandiert. Da das Vorhaben weder die Kompetenzen noch die Interessen der Kantone tangierte, wurden diese zum Verhandlungsmandat nicht konsultiert.

Am 4. April 2018 hat die Schweiz ein WTO-Dekonsolidierungsverfahren gestützt auf Artikel XXVIII GATT und die Vereinbarung zur Auslegung des Artikels XXVIII GATT eröffnet. In diesem Zusammenhang meldeten die Europäische Union (EU) und Brasilien gegenüber der Schweiz ihre jeweiligen Interessen an, weshalb die Schweiz mit der EU (wichtigster Handelspartner) Verhandlungen aufnahm und mit Brasilien (Land mit einem wesentlichen Interesse5) Konsultationen abhielt.

Am 9. Dezember 2019 wurde nach Abschluss der Verhandlungen mit der EU in Brüssel das Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Rahmen von Verhandlungen gemäss Artikel XXVIII des GATT 1994 über die Änderung der WTO-Zugeständnisse der Schweiz für gewürztes Fleisch (Briefwechsel zwischen der EU und der Schweiz vom 9. Dezember 2019) unterzeichnet. Dieser völkerrechtlich verbindliche Briefwechsel wurde auf Antrag der EU abgeschlossen, da das EU-Recht einen solchen Rechtserlass zum Abschluss von Verhandlungen im Rahmen von
Artikel XXVIII GATT vorschreibt. Er ist inhaltlich identisch mit dem der WTO notifizierten Verhandlungsergebnis (vgl. unten) und steht folglich mit dem Verhandlungsmandat des Bundesrates vom 10. Januar 2018 im Einklang. Rechtskräftig wird der Briefwechsel erst nach Abschluss der internen Genehmigungsverfahren der EU und der Schweiz. Er zieht keine zusätzliche Verpflichtung im Vergleich zu dem der WTO notifizierten Ergebnis nach sich. Am 13. Juli 2020 hat die EU die Schweiz über den Abschluss ihrer internen Verfahren informiert.

Mit Brasilien, das aufgrund seines geringeren Importanteils nicht zur Aushandlung von Ausgleichsmassnahmen berechtigt war, wurden die Konsultationen am 14. Januar 2020 in Genf mit dem «Memorandum of Understanding between the Federative

5

Gemäss WTO-Praxis hat ein Land ein wesentliches Interesse, wenn sich sein Marktanteil an den Importen des Landes, das ein Zugeständnis für die betreffende Tariflinie ändern will, auf mindestens 10 % beläuft.

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Republic of Brazil and the Swiss Confederation regarding consultations under article XXVIII of the GATT» (MoU zwischen Brasilien und der Schweiz vom 14. Januar 2020) abgeschlossen. Dieses MoU ist völkerrechtlich nicht verbindlich und beinhaltet keinerlei völkerrechtliche Verpflichtungen für die Schweiz. Es bestätigt lediglich den Informationsaustausch zwischen den Partnern und steht mit dem Verhandlungsmandat des Bundesrates vom 10. Januar 2018 im Einklang.

1.2

Verhandlungsergebnis des Verfahrens zur Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein (Dekonsolidierung)

Die Verhandlungen führten zu folgendem Ergebnis: 1)

Erhöhung der konsolidierten Zollansätze gemäss den Zielen der parlamentarischen Initiative 10.426 a) Tarifnummer 1602.4990 (Schweinefleisch): Aktueller konsolidierter Zollansatz: 850.- Fr./100 kg Neue konsolidierte Zollansätze: 2304.- Fr./100 kg für lediglich gewürztes, aber nicht weiter zubereitetes Fleisch und 850.- Fr./100 kg für andere Zubereitungen.

b) Tarifnummer 1602.5099 (Fleisch von Tieren der Rindviehgattung): Aktueller konsolidierter Zollansatz: 638.- Fr./100 kg Neue konsolidierte Zollansätze: 2212.- Fr./100 kg für lediglich gewürztes, aber nicht weiter zubereitetes Fleisch und 638.- Fr./100 kg für andere Zubereitungen.

2)

Ausgleich und Verpflichtungen Die Schweiz verpflichtet sich, das Zollkontingent Nr. 5 für rotes Fleisch um 1200 Tonnen zu erhöhen. Davon reserviert sie eine Mindestmenge von 600 Tonnen für den Import von zugeschnittenen Rindsbinden, gesalzen, gewürzt und ausgebeint der Tarifnummer 1602.5091.

Darüber hinaus wurde in den Verhandlungen festgehalten, dass die Schweiz den auch nach dem 1. Juli 2016 gewährten tieferen Zollansatz von 638.- Fr./ 100 kg für zugeschnittene, rohe, ausgebeinte, gesalzene und gewürzte Rindsbinden zur Herstellung von Trockenfleisch nicht nur beibehält, sondern diesen wie im Völkerrecht vorgesehen ebenfalls in die Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein aufnimmt.

Am 12. Februar 2020 hat die Schweiz das unter Artikel XXVIII GATT mit der EU erzielte Verhandlungsergebnis der WTO unter Vorbehalt der internen Genehmigungsverfahren vorgelegt. Anschliessend hat die Schweiz die revidierte Verpflichtungsliste LIX-Schweiz-Liechtenstein unter Vorbehalt der Genehmigung der Änderung durch das Parlament der WTO zur Zertifizierung unterbreitet. Das WTO-Sekretariat übermittelte am 3. März 2020 die geänderte LIX-Liste an die WTO-Mitglieder, die innerhalb von 90 Tagen nach der Publikation der Notifizierung durch die WTO Bemerkungen abgeben oder Vorbehalte anmelden und so verhindern oder verzögern konnten, dass die entsprechende Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein ihre völkerrechtliche Wirkung entfaltet. Die für die Zertifizierung vorgeschriebene Frist von drei Monaten ist 5 / 12

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am 3. Juni 2020 ohne Beanstandung abgelaufen.6 Erst wenn das Parlament dieser Änderung zugestimmt und die Schweiz den Abschluss ihrer internen Verfahren notifiziert hat, wird die geplante Änderung somit definitiv in Kraft treten.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Dieser Antrag steht im Einklang mit der Botschaft zur Legislaturplanung 2019-2023, insbesondere mit Ziel 4 «Die Schweiz leistet ihren Beitrag zu einer tragfähigen Weltwirtschaftsordnung und sichert der Schweizer Wirtschaft den Zugang zu internationalen Märkten und zum EU-Binnenmarkt»7.

2

Konsultation der parlamentarischen Kommissionen und der interessierten Kreise

Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen wurden konsultiert und haben sich für die vorläufige Anwendung ausgesprochen (vgl. Ziff. 4.4).

Aus formeller Sicht hätte gemäss dem Vernehmlassungsgesetz vom 18. März 20058 (VlG) ein Vernehmlassungsverfahren nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c VlG stattfinden müssen. Da die Positionen der interessierten Kreise jedoch bekannt sind (die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft «Proviande» wurde vor den Verhandlungen konsultiert und während des Verhandlungsprozesses regelmässig informiert) und das Ergebnis mit dem Verhandlungsmandat im Einklang steht, sind von einem Vernehmlassungsverfahren zur Änderung im Bereich Würzfleisch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Da die Umsetzung der Änderung der Liste LIX-SchweizLiechtenstein auf Bundesebene erfolgt, haben die Kantone keinerlei Aufgaben zu erfüllen, und ihre Interessen sind nicht tangiert. Ein Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen ist somit ebenfalls überflüssig. Gemäss Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG kann auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind. Aus diesen Gründen wurde auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Dieses Vorgehen entspricht auch der etablierten Praxis, die bereits bei anderen ähnlichen internationalen Abkommen angewendet wurde.

6

7 8

Ohne Bemerkungen und Vorbehalte gelten die geplanten Anpassungen als bestätigt, also endgültig genehmigt, und entfalten somit ihre Rechtswirkung. Siehe dazu Beschluss vom 26. März 1980 über die Verfahren zur Änderung und Berichtigung der Listen der Zollzugeständnisse, GATT, BISD, S27/26 auf der Website der WTO unter: www.wto.org > Documents, données et ressources > Documents en ligne > GATT > Cote du document > L/4962 BBl 2020 1777, hier 1890 SR 172.061

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Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Erhöhung des Zollkontingents Nr. 5 für rotes Fleisch um 1200 Tonnen wird kaum zu weniger Importen ausserhalb des Kontingents und damit kaum zu einer Reduktion der Zolleinnahmen führen, da das Zollkontingent bereits bisher autonom um weit grössere Mengen erhöht wurde.

Konkret wird das Zollkontingent Nr. 5 von 22 500 auf 23 700 Tonnen erhöht. Ausserdem sind innerhalb dieses Kontingents 600 Tonnen für zugeschnittene Rindsbinden, gesalzen und gewürzt, zu einem Zollansatz von 140.- Fr./100 kg brutto reserviert. Bisher wurden diese von den Trockenfleischproduzenten ausserhalb des Zollkontingents zum reduzierten Zollansatz von 638.- Fr./100 kg brutto importiert. Würden diese 600 Tonnen ab dem 1. Januar 2021 vollständig im Rahmen des erhöhten Kontingents eingeführt, statt wie bis 2020 ausserhalb des Zollkontingents, hätte dies einen Rückgang der Zolleinnahmen um knapp 3 Millionen Franken zur Folge. Im Einklang mit der Schlachtviehverordnung vom 26. November 20039 werden diese 600 Tonnen des zusätzlichen Kontingentanteils versteigert. Zurzeit lässt sich nicht genau sagen, welchen Zuschlagspreis die Importeure dafür zu zahlen bereit sein werden, aber die zusätzlichen Zolleinnahmen aus der Versteigerung werden auf 0,9 bis 1,5 Millionen Franken geschätzt.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Das Inkrafttreten der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein bezüglich Würzfleisch kann mit dem bestehenden Personalbestand umgesetzt werden.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Da das für den Import von Würzfleisch geltende System infolge der auf Bundesebene vollzogenen Umsetzung der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein nicht ändert, ergeben sich weder für Kantone und Gemeinden noch für urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete finanzielle Auswirkungen.

9

SR 916.341

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3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Erhöhung der Importzölle schützt den Binnenmarkt vor einer Zunahme der Importe von gewürztem Fleisch, wie in der parlamentarischen Initiative 10.426 gefordert. Die Erhöhung des Zollkontingents Nr. 5 als Ausgleich liegt im Rahmen des tatsächlichen Importbedarfs und steht nicht im Widerspruch zu den Zielen der Agrarpolitik. Die Schweizer Produzenten von Trockenfleisch haben die Möglichkeit, 600 Tonnen Rohstoff zu einem leicht tieferen Preis zu importieren. Damit können sie Trockenfleisch kostengünstiger produzieren.

4

Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungsmässigkeit

Die Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein und der damit inhaltlich identische Briefwechsel vom 9. Dezember 2019 zwischen der EU und der Schweiz enthalten die Verhandlungsergebnisse zur Änderung der Verpflichtungen der Schweiz im Bereich Würzfleisch. Der Bundesbeschluss zur Genehmigung dieser zwei Anpassungen stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)10, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und vorbehaltlich der Genehmigung durch das Parlament zu ratifizieren.

Ausserdem ermächtigt Artikel 166 Absatz 2 BV die Bundesversammlung, völkerrechtliche Verträge zu genehmigen, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (vgl. auch Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200211 [ParlG] und Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199712 [RVOG]); dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

4.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192313 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins von den Bestimmungen des GATT 1994 miterfasst. Die im Bereich der Zölle geltende Verpflichtungsliste und allfällige Änderungen dieser Liste gelten somit gleichermassen für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein.

10 11 12 13

SR 101 SR 171.10 SR 172.010 SR 0.631.112.514

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4.3

Erlassform

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1-3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen bzw. wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Die Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein stellt einen Anhang zum GATT 1994 dar und ist als solcher kündbar (vgl. Protokoll von Marrakesch 14 zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT von 1994 Anhang 1A.2 Ziff. 1). Die vorgeschlagene Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein zieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation nach sich, da die Schweiz bereits seit 1995 Mitglied der WTO ist.15 Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Gemäss Artikel 9a ZTG erfordert die Änderung der Verpflichtungsliste LIXSchweiz-Liechtenstein eine Änderung des Zolltarifs (Anhang 1 ZTG) durch eine Verordnung des Bundesrates. Die entsprechende Verordnung vom 26. August 202016 ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten und wird vorläufig umgesetzt. Gemäss Artikel 13 Absatz 2 ZTG entscheidet die Bundesversammlung, ob die vom Bundesrat beschlossene vorläufige Änderung in Kraft bleibt, ergänzt oder geändert werden soll. Da die Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein die Änderung eines Bundesgesetzes erfordert, sind die Bedingungen von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV erfüllt und der Bundesbeschluss zur Genehmigung der Änderung der Liste LIXSchweiz-Liechtenstein bezüglich Würzfleisch untersteht somit dem fakultativen Referendum.

4.4

Vorläufige Anwendung und Inkrafttreten

Gemäss Artikel 7b Absatz 1 RVOG kann der Bundesrat die vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags, für dessen Genehmigung die Bundesversammlung zuständig ist, beschliessen oder vereinbaren, wenn die Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und eine besondere Dringlichkeit es gebieten. Wie unter Ziffer 4.3 dargelegt, bildet die Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein einen Anhang zum GATT 1994, das ein internationales Abkommen ist, und ist als solcher kündbar.

14 15 16

SR 0.632.20 Vgl. auch GATT-Botschaft 1 vom 19. Sept. 1994, BBl 1994 IV 1416 Ziff. 8.3.

Verordnung vom 26. Aug. 2020 über die Änderung des Zolltarifs in den Anhängen 1 und 2 zum Zolltarifgesetz und über die Anpassung von Erlassen im Zusammenhang mit dieser Änderung, AS 2020 3749.

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Der Bundesrat ist zum Schluss gekommen, dass die zwei Bedingungen für die vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags erfüllt sind. Die geltenden Zollansätze für Würzfleisch verstossen gegen die WTO-Verpflichtungen der Schweiz und müssen folglich umgehend angepasst werden.

Deshalb hat der Bundesrat beschlossen, die Änderung der Liste LIX-SchweizLiechtenstein ab 1. Januar 2021 vorläufig anzuwenden. Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen wurden im Einklang mit Artikel 152 Absatz 3bis ParlG am 22. Juni 2020 (APK-N) und am 2. Juli 2020 (APK-S) vorab konsultiert. Beide Kommissionen stimmten der vorläufigen Anwendung zu.

Nach Artikel 7b Absatz 2 RVOG endet die vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags, wenn der Bundesrat nicht binnen sechs Monaten ab Beginn dieser Anwendung der Bundesversammlung den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Vertrags unterbreitet. Im vorliegenden Fall wurde ihr die Botschaft innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt.

Sobald das Parlament die Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein bezüglich Würzfleisch genehmigt hat und die Referendumsfrist abgelaufen ist, kann diese Änderung in Kraft treten. Der Abschluss der internen Verfahren soll dem WTOSekretariat notifiziert werden, um das Zertifizierungsverfahren formell abzuschliessen.

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Texte, die Gegenstand dieser Botschaft sind Entwurf Bundesbeschluss Entwurf der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Rahmen von Verhandlungen gemäss Artikel XXVIII des GATT 1994 über die Änderung der WTO-Zugeständnisse der Schweiz für gewürztes Fleisch

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