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21.482 Parlamentarische Initiative Covid-Zertifikatspflicht im Parlamentsgebäude Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 21. September 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Parlamentsgesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

21. September 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Andrea Caroni

2021-3159

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Übersicht Mit dieser Vorlage werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen für eine CovidZertifikatspflicht im Parlamentsgebäude. Danach erhalten Personen ab dem 16. Altersjahr nur mit einem gültigen Covid-19 Zertifikat Zutritt zum Gebäude.

Ziel der Vorlage ist es, die Handlungsfähigkeit der Bundesversammlung auch in epidemiologisch unsicheren Zeiten sicherzustellen. Dabei soll die Bundesversammlung tagen können, ohne Schutzmassnahmen wie Maskenpflicht oder Plexiglaswände vorsehen zu müssen, welche die Kommunikationsmöglichkeiten der Ratsmitglieder untereinander erheblich erschweren können. Auch werden Ansteckungen von Ratsmitgliedern verhindert, was ebenfalls der Handlungsfähigkeit des Parlaments dient und darüber hinaus einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leistet. Schliesslich kann die Bundesversammlung mit diesem Instrument eine Vorbildfunktion übernehmen.

Vor dem Hintergrund dieser Ziele wird es als verhältnismässig erachtet, auch von den Ratsmitgliedern für den Zugang zum Parlamentsgebäude die Vorweisung eines Zertifikats zu verlangen. De facto bedeutet dies lediglich eine Testplicht für Ratsmitglieder, welche weder geimpft noch genesen sind. Da sie die Kosten für die Tests nicht übernehmen müssen, scheint dies eine zumutbare Hürde für den Eintritt ins Parlamentsgebäude, wird doch ihre persönliche Integrität in keiner Weise tangiert.

Die Einführung einer Zertifikatspflicht für den Zugang zum Parlamentsgebäude kann nicht verglichen werden mit der Zertifikatspflicht für einen Besuch eines Restaurants, eines Kinos oder eines Fitnessstudios. Die verfassungsmässig geschützte demokratische Vertretung der Stimmberechtigten durch die von ihnen gewählten Parlamentsmitglieder darf nicht ohne Weiteres eingeschränkt werden. Die Ratsmitglieder sind zur Ausübung ihres von den Stimmberechtigten verliehenen Mandats gesetzlich zur Teilnahme an den Sitzungen der Kommissionen und Räte verpflichtet. Die Einführung einer Zertifikatspflicht muss deshalb auf Gesetzesstufe erfolgen und verhältnismässig sein.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative der Staatspolitischen Kommission des Ständerates

Mit Änderung vom 19. März 20211 hat die Bundesversammlung einen neuen Artikel 6a in das Covid-19-Gesetz vom 25. September 20202 eingefügt, welcher die Grundlage für Impf-, Test- und Genesungsnachweise schuf. Nachdem der Bundesrat am 25. August 2021 eine Vorlage zum breiteren Einsatz dieses Covid-19-Zertifikates in die Konsultation gab und am 8. September 2021 die entsprechende Verordnungsänderungen3 erliess, stellte sich die Verwaltungsdelegation (VD) die Frage, ob dies allenfalls ein Instrument wäre, welches auch für den Zutritt zum Parlamentsgebäude zur Anwendung kommen könnte. Sie kam jedoch zum Schluss, dass eine gesetzliche Grundlage notwendig wäre, um einem Ratsmitglied, das sich weder impfen noch testen lassen will, den Zugang zum Parlamentsgebäude zu untersagen. Die Büros beider Räte stellten mit Schreiben vom 13. September 2021 den Staatspolitischen Kommissionen (SPK) den Antrag, mittels Kommissionsinitiative die Rechtsgrundlagen für eine Zertifikatspflicht zu schaffen.

Die SPK des Ständerates prüfte am 15. September 2021 dieses Anliegen und beschloss mit 10 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung die Kommissionsinitiative 21.482 «Covid-Zertifikatspflicht im Parlamentsgebäude». Danach sollen die rechtlichen Grundlagen für eine solche Zertifikatspflicht ausgearbeitet werden, wobei im Initiativtext die Eckwerte für die Regelung festgelegt wurden.

Die SPK des Nationalrates gab am 16. September 2021 mit 16 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung ihre Zustimmung und somit grünes Licht für die Ausarbeitung einer Vorlage.

1.2

Ausarbeitung einer Vorlage durch die SPK des Ständerates

Die SPK des Ständerates hat an ihrer Sitzung vom 21. September 2021 eine Vorlage für eine Änderung des Parlamentsgesetzes beraten und diese in der Gesamtabstimmung mit 9 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Diese Vorlage wurde anschliessend dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet bis am 24. September 2021.

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AS 2021 153 SR 818.102 Covid-19-Verordnung besondere Lage (SR 818.101.26).

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Ausgangslage

2.1

Die Ausdehnung der allgemeinen Zertifikatspflicht im Herbst 2021

Mit einer Änderung vom 8. September 2021 der Covid-19-Verordnung besondere Lage4 erweiterte der Bundesrat die Anwendung des Covid-19 Zertifikats, indem dieses nun Voraussetzung für den Einlass in Restaurants sowie in verschiedenen Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen ist. Keine Zertifikatspflicht ist hingegen für Parlamente und Gemeindeversammlungen vorgesehen. In den Erläuterungen vom 11. August 2021 zur Covid-19-Verordnung besondere Lage bezeichnet der Bundesrat eine Zertifikats-Zugangsbeschränkung für politische Versammlungen der Legislative auf eidgenössischer, kantonaler oder kommunaler Ebene als unzulässig. Der Bundesrat schützt somit die Ausübung der politischen Rechte, indem deren Wahrnehmung nicht an irgendwelche Voraussetzungen geknüpft wird.

2.2

Zugangserfordernisse für Ratsmitglieder: Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage

Damit die Mitglieder der Bundesversammlung ihre Rechte wahrnehmen können, müssen sie ungehindert Zugang zu den Rats- und Kommissionssitzungen haben.

Artikel 10 des Parlamentsgesetzes (ParlG)5 verpflichtet die Ratsmitglieder sogar, an den Sitzungen der Räte und Kommissionen teilzunehmen. Mit einer Einschränkung der Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder würde indirekt auch das aktive Wahlrecht der Wählerinnen und Wähler eingeschränkt. Umso mehr müssen Einschränkungen auf einer formellen gesetzlichen Grundlage beruhen und verhältnismässig sein (vgl. BGE 123 I 97ff und 125 I 289). Aus diesem Grund sind etwa die Ausstandspflichten, Unvereinbarkeiten, Disziplinarmassahmen sowie das Verbot der Stimmabgabe durch die Ratspräsidentin oder den Ratspräsidenten auf Stufe Parlamentsgesetz geregelt (vgl. auch Ausführungen im Bericht der SPK-NR vom 1. März 20016).

Mit den vorliegenden neuen Gesetzesbestimmungen wird denn auch kein Privileg abgeschafft, sondern im Gegenteil den Ratsmitgliedern eine neue Pflicht auferlegt, damit sie Zugang zum Parlamentsgebäude erhalten. Von einer Privilegierung der Ratsmitglieder ­ wie dies gewisse Medienberichte nahelegten ­ könnte nur dann gesprochen werden, wenn Mitglieder des Parlamentes z.B. ohne Zertifikat ein Restaurant besuchen könnten.

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SR 818.101.26 SR 171.10 BBl 2001 3528; 3567

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2.3

Zugang weiterer Personengruppen

Zugang zum Parlamentsgebäude haben auch Mitarbeitende der Parlamentsdienste, der Fraktionssekretariate, der Bundesverwaltung, Medienschaffende, und Mitarbeitende, welche aufgrund eines Anstellungsverhältnisses im Bundeshaus tätig sind (z.B. Personal der Galerie des Alpes und Sicherheitspersonal). Gemäss Artikel 25 Absatz 2bis der Covid-19-Verordnung besondere Lage7 sind Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber berechtigt, das Vorliegen eines Covid-Zertifikats zu überprüfen. Im Weiteren wird das Parlamentsgebäude während und zwischen den Sessionen von einer Vielzahl von Personen besucht (z.B. Altparlamentarierinnen und ­parlamentarier, Gäste von Ratsmitgliedern, Gäste auf den Tribünen). Diese Besuche wurden bereits während der Pandemie eingeschränkt oder zeitweise ganz ausgesetzt. Die VD kann für diese Personenkategorien gestützt auf das Hausrecht gemäss Artikel 69 ParlG Vorgaben für ihren Aufenthalt im Parlamentsgebäude machen, wenn sachliche Gründe es nahelegen.

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Grundzüge der Vorlage

3.1

Ziel der Vorlage: Handlungsfähigkeit des Parlaments auch ohne umfangreiche Schutzvorkehrungen sichern

Wenn gesetzliche Vorgaben für den Zugang zum Parlamentsgebäude gemacht werden, dann hat dies im Interesse der Institution Parlament zu geschehen. Dieses Interesse ist hier gegeben: Sind alle Personen, welche das Parlamentsgebäude betreten, im Besitze eines CovidZertifikats ist die Gefahr von Ansteckung als gering zu beurteilen. Es muss somit auch nicht mehr wie vor Jahresfrist befürchtet werden, dass z.B. mehrere Mitglieder einer Fraktion plötzlich ausfallen. Die Repräsentativität und Handlungsfähigkeit des Parlamentes ist somit gesichert.

Die Bundesversammlung tagt mittlerweile schon länger als ein Jahr mit umfangreichen Schutzvorkehrungen, welche zwar wirksam eine Verbreitung des Virus im Parlament verhindert haben, die Zusammenarbeit und Kommunikationsmöglichkeiten unter den Ratsmitgliedern aber doch erheblich beeinträchtigen. Die Einführung einer generellen Zertifikatspflicht für den Zugang zum Parlamentsgebäude wird es ermöglichen, auf die Maskenpflicht und auf die Trennwände aus Plexiglas zu verzichten.

Die VD wird diese Schutzmassnahmen somit umgehend aufheben können, sobald die Zertifikatspflicht in Kraft getreten ist. Eine gesetzesmässige Verankerung des Verzichts auf Schutzmassnahmen soll hier nicht vorgesehen werden, damit die VD die Möglichkeit hat, im Falle unvorhergesehener Ereignisse Massnahmen zu ergreifen.

Weiter leistet die Bundesversammlung mit diesem Instrument einen weiteren Beitrag zur Pandemiebekämpfung und übernimmt eine gewisse Vorbildsfunktion. Die Bundesversammlung zeigt, dass durch die Nutzung des Zertifikats auf umständliche 7

SR 818.101.26

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Schutzmassnahmen verzichtet und somit ein effizienteres Arbeitsumfeld in Innenräumen ermöglicht werden kann.

3.2

Das Parlamentsgebäude als 3G-Zone

Es sollen deshalb die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, damit das Parlamentsgebäude nur noch von Geimpften, Genesen und Getesteten betreten werden darf, also zur 3G-Zone wird. Dies gilt für alle Personen über 16 Jahren. Es wird also nicht unterschieden, ob man das Parlamentsgebäude als Ratsmitglied, als Mitglied des Bundesrates oder des Bundesgerichts, als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der Parlamentsdienste oder der Verwaltung, als Medienschaffende oder Medienschaffender oder als Besucherin oder Besucher betritt.

Was die Personen unter 16 Jahren betrifft (z.B. Schulklassen), behält die VD ihre Kompetenz, Schutzmassnahmen anzuordnen oder den Zutritt zum Parlamentsgebäude zu verbieten.

3.3

Wahrung des Prinzips der Verhältnismässigkeit und Auswirkungen auf die verschiedenen Personengruppen

Für die Ratsmitglieder ist die Frage zu stellen, ob es verhältnismässig ist, von diesen die Vorweisung eines Covid-Zertifikats zu verlangen, bevor sie das Parlamentsgebäude betreten. Das Ratsmitglied darf nicht daran gehindert werden, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Die Ausübung des Parlamentsmandats ist nicht mit anderen bereits zertifikatspflichtigen Tätigkeiten vergleichbar.

Das Vorliegen eines Zertifikats als Voraussetzung für den Zugang zum Parlamentsgebäude wäre dann nicht verhältnismässig, wenn dieses nur mit grossem Aufwand, allenfalls verbunden mit Kosten erhalten werden könnte. Die Hürden für den Erhalt eines Covid-19 Zertifikats sind jedoch gering. Ein grosser Teil der Ratsmitglieder ist geimpft und verschiedene sind genesen, wodurch sie bereits im Besitz dieses Zertifikats sind bzw. einfach dazu kommen. Ist ein Ratsmitglied weder geimpft noch genesen, dann reicht es, wenn es sich z.B. während einer Sessionswoche zweimal testen lässt. Antigen-Schnelltests werden an vielen Orten angeboten und das Resultat ist nach 15-30 Minuten verfügbar. Die Kosten werden vergütet. Es wäre nicht verhältnismässig, wenn ein Ratsmitglied für den Zutritt zum Parlamentsgebäude bezahlen müsste. Nach erstmaligem Zutritt kann das Ratsmitglied vom Testangebot im Parlamentsgebäude profitieren. Es wurde geprüft, ob für den Test zu Beginn einer Sessionswoche eine Testmöglichkeit direkt ausserhalb des Parlamentsgebäudes zur Verfügung gestellt werden soll. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass es für die Ratsmitglieder einfacher ist, an einem selbst ausgewählten Ort diskret ihren Test zu machen. Ebenso ist davon abzusehen, Ungetestete ins Parlamentsgebäude zu lassen, damit diese den Test im Haus machen können. Auch diese Variante würde sich für das betroffene Ratsmitglied als wenig diskret erweisen, wenn es bis Vorliegen des

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Testergebnisses mit Maske im Haus herumgehen müsste. Ausserdem würde es das Konzept des Parlamentsgebäudes als 3G-Zone unterlaufen.

Die Vornahme eines Tests ist unkompliziert, zumutbar und stellt keinen Eingriff in die körperliche Integrität des Ratsmitglieds dar, zumindest was die Speicheltests betrifft. Der Zutritt zum Parlamentsgebäude wird in keiner Weise eingeschränkt, er wird nur an das Ergreifen einer bescheidenen Vorsichtsmassnahme geknüpft. Es wird hingegen nicht als sinnvoll erachtet, Personen, die über kein Covid-Zertifikat verfügen, die Teilnahme an Abstimmungen in Abwesenheit zu ermöglichen. Wie oben dargelegt, kann ein Covid-Zertifikat ohne grossen Aufwand erworben werden. Kein Ratsmitglied wird dadurch an der Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichte gehindert.

Ebenso ist es für Personen, welche im Parlamentsgebäude in einer beruflichen Funktion tätig sind, zumutbar, ein Covid-Zertifikat vor dem Betreten des Parlamentsgebäudes vorzuzeigen. Zwar besteht nach wie vor für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Zertifikatspflicht. Das Vorliegen eines Zertifikats kann aber geprüft werden. Es werden auch in diesen Fällen die Kosten für den Test übernommen oder Testmöglichkeiten geboten. Mit dieser Vorlage wird keine Zertifikatspflicht geschaffen, wenn die betroffenen Personen jedoch in Ausübung ihrer beruflichen Funktion das Parlamentsgebäude zu betreten haben, dann müssen sie ein Zertifikat vorweisen können. Organisationseinheiten müssen sich so organisieren, dass nur noch geimpfte, genesene oder getestete Personen im Parlamentsgebäude zum Einsatz kommen. Eine Person, die sich weder impfen noch testen lassen will, müsste dann allenfalls an einem anderen Ort eingesetzt werden. Von anderen Personengruppen, welche nicht zwingend Zugang zum Parlamentsgebäude benötigen, darf ohne Weiteres das Vorweisen eines Zertifikats verlangt werden ohne Kostenübernahme oder Testmöglichkeit.

3.4

Kontrollmöglichkeiten

Das Gesetz gibt der Verwaltungsdelegation die Kompetenz, die Kontrolle der Zertifikate zu organisieren. Grundsätzlich sind drei Varianten denkbar, welche unterschiedliche Kosten nach sich ziehen: 1.

Erfassen des Gültigkeitsdatums des Covid-Zertifikats auf dem elektronischen Zutrittsausweis: Die Inhaberin oder der Inhaber eines elektronischen Zutrittsausweises kann das Gültigkeitsdatum des Covid-Zertifikates (geimpft oder genesen) auf dem elektronischen Zutrittsausweis erfassen lassen und erhält dadurch unbeschränkten Zugang zum Parlamentsgebäude. Alle anderen Personen gehen durch die Kontrolle bei den Eingängen Süd oder Nord, auch wenn sie über einen elektronischen Zutrittsausweis verfügen. Sie können die Schleusen im Gebäude nicht mehr passieren. Diese Variante ermöglicht eine lückenlose Kontrolle. Personen, die ihre Daten auf dem Zutrittsausweis erfasst haben, erhalten so auch Zutritt zum Gebäude ausserhalb der Öffnungszeiten.

Allerdings bringt die Variante einen beachtlichen administrativen Aufwand zum Erfassen der Daten auf dem Zutrittsausweis mit sich. Gemäss heutigem Wissensstand kann davon ausgegangen werden, dass maximal 800 Zutrittsausweise bearbeitet werden müssten, wodurch mit einem Arbeitsaufwand von insgesamt 16 Arbeitstagen gerechnet werden muss.

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2.

Lückenlose Kontrolle ohne Erfassen der Daten auf dem Zutrittsausweis: Es erfolgt keine Erfassung des Covid-Zertifikats auf dem elektronischen Zutrittsausweis. Die auf dem Ausweis gespeicherten Zutrittsberechtigungen würden gesperrt. Aller Inhaberinnen und Inhaber müssen durch die Kontrollen an den Eingängen Süd oder Nord bzw. durch die Schleusen in den Bundeshäusern West und Ost und dort sowohl den Zutrittsausweis wie auch das Covid-Zertifikat zeigen. Auch mit dieser Variante wird eine lückenlose Kontrolle ermöglicht. Allerdings könnte ausserhalb der Öffnungszeiten niemand das Gebäude betreten. Es ist zu Stosszeiten auch mit erheblichen Wartezeiten zu rechnen.

Für die Umsetzung dieser Zusatzvariante wird zusätzliches Kontrollpersonal benötigt, wodurch erhebliche Zusatzkosten entstehen können. Somit handelt es sich um die kostenaufwändigste Variante.

3.

Stichprobenkontrollen: Es erfolgt keine Erfassung des Covid-Zertifikats auf dem elektronischen Zutrittsausweis. Die auf dem Ausweis gespeicherten Zutrittsberechtigungen bleiben gespeichert und das Gebäude kann somit jederzeit betreten werden. Zu Beginn der Zertifikatspflicht könnte allenfalls eine lückenlose Kontrolle wie bei Variante 2 erfolgen. Nach einer gewissen Zeit (z.B. nach 2 Wochen) wird auf Stichproben umgestellt. Bei den Stichproben werden nicht einzelne Personen ausgewählt und kontrolliert, sondern während eines bestimmten Zeitraums alle Personen, die das Gebäude betreten wollen. Es wäre die Frage zu stellen, ob Stichprobenkontrollen genügen, um die Aufhebung der Schutzmassnahmen im Parlamentsgebäude zu rechtfertigen.

3.5

Sanktionen, Beschwerdemöglichkeiten

Wer ohne gültiges Covid-Zertifikat das Parlamentsgebäude betreten will, erhält keinen Zugang. Damit ist auch gleich die Sanktionierung des Fehlverhaltens erfolgt, es braucht keine weiteren Disziplinarmassnahmen. Das Sicherheitspersonal hat die Befugnis, Personen ohne Zertifikat den Zugang zu verweigern. Für das Durchsetzen der Zertifikatpflicht kann die VD gestützt auf das Hausrecht Massnahmen vorsehen.

Entscheide der Bundesversammlung und ihrer Organe können gemäss Artikel 189 Absatz 4 der Bundesverfassung nur angefochten werden, wenn ein Gesetz dies vorsieht. Das geltende Recht sieht keine Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheide der VD auf dem Gebiet des Hausrechts vor.

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

4.1

Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002 (Parlamentsgesetz ParlG)

Art. 69a

Covid-19 Zertifikatspflicht im Parlamentsgebäude

Artikel 69 ParlG regelt, wer das Hausrecht in den Ratssälen und wer das Hausrecht in den übrigen Räumlichkeiten wahrnimmt. Da es bei den nachfolgenden Bestimmungen 8 / 12

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um den Zugang zum Parlamentsgebäude geht, werden sie als neuer Artikel 69a eingefügt. Der Artikel befindet sich somit im Kapitel «Parlamentsverwaltung».

Abs. 1 Absatz 1 hält fest, dass alle Personen ab dem 16. Altersjahr ein gültiges Covid-19 Zertifikat vorlegen müssen, wenn sie das Parlamentsgebäude betreten wollen. Es handelt sich um ein Zertifikat gemäss Artikel 6a des Covid-19-Gesetzes8. Somit ist klar, dass die vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen nur Gültigkeit haben, solange dieses Zertifikat gemäss Covid-19-Gesetz existiert. Das Vorweisen des Zertifikats wird von allen Personen verlangt, ungeachtet ihres Grundes für das Betreten des Parlamentsgebäudes. Somit gilt die Regel z.B. auch für Mitglieder des Bundesrates und des Bundesgerichts.9 Über den Zutritt von Personen unter dem 16. Altersjahr (insbesondere Schulklassen) entscheidet die VD.

Wenn die epidemiologische Lage sich dergestalt entwickelt, dass die Zertifikatspflicht überflüssig ist, soll die Verwaltungsdelegation die Massnahme aussetzen können. Die Aussetzung der Massnahme ist einer Aufhebung der Änderung des Gesetzes dann vorzuziehen, wenn nach wie vor Ungewissheiten über die weitere Entwicklung der Epidemie bestehen. Die VD kann auch beschliessen, die Zertifikatspflicht wieder zu aktivieren.

Abs. 2 Bei den in Fussnote 9 aufgeführten Personengruppen gibt es solche, welche zwingend Zugang zum Parlamentsgebäude haben müssen. Das sind neben den Ratsmitgliedern sicher auch Personen, welche im Parlamentsgebäude ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen, welche für das Funktionieren des Parlamentsbetriebs notwendig ist. Diese Personen, welche zwingend Zutritt zum Parlamentsgebäude benötigen, sollen sich die Kosten für einen allfälligen Test zurückerstatten lassen können. Im Gegensatz zu einem Aufenthalt in einer Kultur-, Sport- oder Freizeiteinrichtung geht es hier um die Ausübung eines Amtes oder einer beruflichen Tätigkeit im Hinblick auf die Gewährleistung des Parlamentsbetriebs, wodurch die Rückerstattung der Testkosten angezeigt sind. Gerade im Falle der Ratsmitglieder geht es auch darum, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren: Es kann nicht verlangt werden, dass sie für die Ausübung ihres Amtes im Parlamentsgebäude Eintritt bezahlen müssen.

Anders sieht es aus bei Personen, die das Parlament aus eigenem Interesse betreten, wobei dies durchaus auch beruflicher Natur sein kann. Dazu gehören Medienschaf-

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SR 818.102 Neben Mitgliedern der eidg. Räte, des Bundesrates und des Bundesgerichts gibt es folgende Personengruppen: Mitarbeitende der Parlamentsdienste, Medienschaffende, Sicherheitspersonal fedpol, Reinigungspersonal BBL, Mitarbeitende Galerie des Alpes, Mitarbeitende Fraktionssekretariate, Mitarbeitende Bundesverwaltung, Persönliche Mitarbeitende, externe Sitzungsteilnehmende, Besucherinnen und Besucher (Teilnahmen an Führungen, Besuch der Tribüne), Gäste von Ratsmitgliedern, Botschafter und Chargé d'affaires, Gäste von Mitarbeitenden der PD, Gäste Galerie Alpes.

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fende, Gäste von Ratsmitgliedern und weitere Besucherinnen und Besucher. Von diesen Personen kann verlangt werden, dass sie die Kosten für einen allenfalls notwendigen Test selber übernehmen.

Der Entscheid, wem Kosten vergütet werden, obliegt der VD.

Antrag der Minderheit Abs. 2bis Parlamentarische Organe tagen bisweilen ausserhalb des Parlamentsgebäudes. Die Minderheit der Kommission (Hefti, Caroni, Graf Maya, Jositsch, Stöckli) ist der Ansicht, dass in diesem Fall die gleichen Regeln gelten sollen wie im Parlamentsgebäude. Findet also eine Kommissionsitzung z.B. in einem Hotel statt, dann haben gemäss Ansicht der Minderheit alle, die das Sitzungszimmer betreten wollen, bei der Weibelin oder beim Weibel oder einer anderen vom Kommissionspräsidenten oder von der Kommissionspräsidentin bezeichneten Person das Covid-Zertifikat vorzuweisen. Betritt eine Person ohne Zertifikat dennoch den Saal, dann hat die Kommissionspräsidentin oder der Kommissionspräsident sie hinauszuweisen. Gemäss Ansicht der Minderheit kann dadurch vermieden werden, dass in auswärtigen Sitzungslokalen unter z.T. nicht ganz einfachen Bedingungen kurzfristig Schutzvorrichtungen installiert werden müssen. Wenn die Covid-19 Zertifikatspflicht auch für Sitzungen parlamentarischer Organe ausserhalb des Parlamentsgebäudes gilt, muss dies auch im Titel des Artikels ergänzt werden.

Die Mehrheit der Kommission ist hingegen der Ansicht, dass den Kommissionspräsidentinnen und den Kommissionspräsidenten sowie dem auswärts eingesetzten Personal nicht zugemutet werden kann, diese Kontrollfunktion zu übernehmen. Es ist davon auszugehen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an auswärtigen Sitzungen sowieso mit dem Zertifikat anreisen, da es ihnen ansonsten in der Regel gar nicht möglich wäre, an den Programmpunkten ausserhalb des Sitzungszimmers, wie z.B. beim gemeinsamen Essen im Restaurant, teilzunehmen. Zudem ist davon auszugehen, dass in auswärtigen Sitzungslokalen die nötigen Schutzeinrichtungen bereits bestehen.

Abs. 3 Die VD wird zu entscheiden haben, wie die Kontrolle der Covid-Zertifikate vorgenommen werden soll. Unter Ziff. 3.4 wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt.

Es soll hier jedoch darauf verzichtet werden, auf Gesetzesstufe ein bestimmtes Vorgehen zu verankern. Je nach Entwicklung der epidemiologischen Lage kann das
eine oder andere Vorgehen sinnvoller sein. Will die VD mit der Variante arbeiten, wonach das Gültigkeitsdatum der Covid-Zertifikate auf dem elektronischen Zutrittsausweis erfasst wird, kann jede betroffene Person im Einzelfall darüber entscheiden, ob ihre Daten erfasst werden oder nicht. Gemäss Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe c des Datenschutzgesetzes dürfen Bundesorgane ausnahmsweise besonders schützenswerte Personendaten im Einzelfall mit Einwilligung der betroffenen Person bearbeiten. Daher kann auf eine formell gesetzliche Grundlage verzichtet werden.

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Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen dieser Vorlage hängen von der Art der Kontrolle ab.

Die Kosten sind am höchsten, wenn eine lückenlose physische Kontrolle der Zutrittsausweise und Covid-Zertifikate vorgenommen werden soll. In diesem Fall wird zusätzliches Personal eingestellt werden müssen. Wird das Gültigkeitsdatum des CovidZertifikates auf den elektronischen Zutrittsausweis geladen, fällt administrative Aufwand an, für dessen Bewältigung zusätzliche Personen vorgesehen werden müssen.

Geringere Kosten würden bei einem System der stichprobenweisen Kontrollen anfallen. Diese sind allerdings von der Dauer der lückenlosen Kontrolle zu Beginn der Zertifikatspflicht abhängig.

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Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Vorschriften, welche den Gleichbehandlungsgrundsatz für Ratsmitglieder tangieren und zu einer Einschränkung ihrer verfassungsmässigen Rechte und Pflichten führen, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und müssen verhältnismässig sein. Hier sind diese Bedingungen gegeben. Jedes Ratsmitglied erhält in gleicher Weise Zutritt zum Parlamentsgebäude, in welchem es seine Rechte und Pflichten wahrnehmen kann. Die Beschaffung eines Covid-Zertifikats stellt eine kleine Hürde dar. Verlangt wird nur eine Vorsichtsmassnahme zum Schutz der Gesundheit anderer Die körperliche Integrität der Ratsmitglieder wird ­ insbesondere beim Spucktest ­ nicht berührt, auch ist die Testmöglichkeit gratis. Die in Artikel 10 ParlG stipulierte Pflicht zur Sitzungsteilnahme sollte das Parlamentsmitglied zudem dazu anhalten, diese Massnahme zu treffen: Von einem Ratsmitglied kann erwartet werden, dass es eine allenfalls bestehende persönliche Abneigung gegen das Zertifikat in den Hintergrund stellt, um im Parlamentsgebäude die Interessen der Wählerinnen und Wähler wahrnehmen zu können.

Dieses neue Zugangserfordernis kann somit als verhältnismässig bezeichnet werden.

Zudem besteht auch ein öffentliches Interesse daran, dass das Parlament in repräsentativer Besetzung tagen kann. Mit der Zertifikatspflicht kann verhindert werden, dass plötzlich eine grössere Anzahl Ratsmitglieder, allenfalls noch von der gleichen Fraktion, nicht an den Ratssitzungen teilnehmen kann. Die Zertifikatspflicht ermöglicht zudem ein besseres Funktionieren des Parlamentsbetriebs, indem auf einschränkende Schutzmassnahmen verzichtet werden kann. Das Ermöglichen eines reibungslosen Parlamentsbetriebs geht der individuellen Skepsis einzelner Ratsmitglieder gegenüber dem Covid-Zertifikat vor.

Gemäss Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe g BV sind grundlegende Bestimmungen betreffend die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden in einem Bundesgesetz zu erlassen. Die vorgeschlagenen Bestimmungen betreffen die Organisation der Bundesversammlung.

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6.2

Erlassform

Es wird vorgeschlagen, ein dringliches Bundesgesetz gemäss Artikel 165 Absatz 1 BV10 vorzusehen. Die Covid-Zertifikatspflicht ist zum jetzigen Zeitpunkt angezeigt, weil jetzt Massnahmen gegen die Epidemie ergriffen werden müssen. Würde eine 100-tägige Referendumsfrist abgewartet, könnte die Massnahme schon wieder obsolet sein. Das Gesetz wird bis am 31. Dezember 2022 befristet. Bis dann gilt auch die gesetzliche Grundlage im Covid-19-Gesetz für das Zertifikat.

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SR 101

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