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20.455 Parlamentarische Initiative Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. April 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

12. April 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christian Lüscher

2021-1553

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Übersicht Die vorgeschlagene Gesetzesänderung verfolgt das Ziel, dem inländischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Dies soll durch die stärkere Berücksichtigung der Kosten für die Kinderbetreuung im Steuerrecht erreicht werden. Eltern sollen bei der direkten Bundessteuer die Kosten für die Drittbetreuung ihrer Kinder bis maximal 25 000 Franken pro Kind vom Einkommen abziehen können.

Der Bundesrat hatte dem Parlament bereits im Jahr 2018 eine mit der vorliegenden Gesetzesrevision identische Vorlage zur Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs unterbreitet. Die Räte ergänzten diese mit einer Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs, worauf das Referendum dagegen ergriffen und die Vorlage schliesslich in der Volksabstimmung vom 27. September 2020 abgelehnt wurde. Die vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagene Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bleib im Abstimmungskampf praktisch unbestritten und soll mit der vorliegenden Vorlage wiederaufgenommen werden.

Vorgeschlagen wird, dass Eltern nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) die Kosten für die Drittbetreuung ihrer Kinder bis maximal 25 000 Franken pro Kind vom Einkommen abziehen können. Der Kinderdrittbetreuungsabzug soll weiterhin in der Form eines anorganischen Abzuges ausgestaltet und damit nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Personen in Ausbildung und Erwerbsunfähige möglich bleiben. Den Kantonen soll weiterhin überlassen bleiben, in welchem Umfang sie die Kosten der Kinderbetreuung zum Abzug zulassen.

Kurzfristig hätte die Reform geschätzte Mindereinnahmen in der Höhe von rund 10 Millionen Franken jährlich bei der direkten Bundessteuer zur Folge. Auf längere Sicht ist davon auszugehen, dass ein erhöhter Kinderdrittbetreuungsabzug aufgrund der positiven Beschäftigungsimpulse steuerlich kompensiert wird oder sogar zusätzliche Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen generiert.

Aufgrund sinkender Betreuungskosten infolge des erhöhten Steuerabzugs dürften die Teilnahme am Arbeitsmarkt und damit auch die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigen. Dies dürfte zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität führen. Längerfristig dürfte
sich dies auch günstig auf die Steuereinnahmen auswirken. Tendenziell werden die Erwerbsanreize, insbesondere diejenigen für gut qualifizierte Mütter, gestärkt.

Eine Minderheit beantragt Nichteintreten auf die Vorlage. Es sei nach dem negativen Volksentscheid vom 27. September 2020 zu früh für eine neue Gesetzesrevision. Eine weitere Minderheit möchte zusätzlich zum Kinderdrittbetreuungsabzug auch den allgemeinen Kinderabzug von heute 6500 auf 8250 Franken erhöhen, um auch jenen Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, entgegenzukommen. Dies sei ein ausgewogener Kompromiss nach dem negativen Volksentscheid, bei welchem der allgemeine Kinderabzug auf 10 000 Franken hätte erhöht werden sollen. Der Vorschlag der Minderheit hätte Mindereinnahmen bei der Bundessteuer von grob geschätzt 150 Millionen Franken zur Folge.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Arbeiten der Kommission und Zusammenhang mit der Volksabstimmung vom 27. September 2020

Am 19. Juni 2020 reichte Nationalrätin Christa Markwalder die parlamentarische Initiative 20.455 Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25 000 Franken pro Kind und Jahr ein. Mit der Initiative wird eine Änderung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19901 über die direkte Bundessteuer (DBG) verlangt, so dass die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung von Kindern bis höchstens 25 000 Franken pro Kind und Jahr von den Einkünften abgezogen werden können. Die Initiative verlangt somit genau dieselbe Anpassung des DBG, die der Bundesrat im Rahmen seiner Botschaft vom 9. Mai 20182 beantragt hatte. Die Räte hatten diesen Entwurf des Bunderates um eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs von 6 500 auf 10 000 Franken erweitert, worauf das Referendum dagegen ergriffen wurde.

Nachdem das Referendum am 27. Januar 2020 zustande gekommen war, lehnte das Volk die Vorlage am 27. September 2020 mit 63,2 Prozent ab. Die Gegnerinnen und Gegner erachteten die Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs als Steuerbonus für reiche Eltern, da nur diejenigen Steuerpflichtigen profitiert hätten, die es nicht nötig hätten.

Um die ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagene und im Abstimmungskampf praktisch unbestritten gebliebene Änderung betreffend Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs wiederaufzunehmen, gab die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) der parlamentarischen Initiative am 2. November 2020 mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge. Die ständerätliche Schwesterkommission (WAK-S) stimmte dem Entscheid der WAK-N am 19. Januar 2021 mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Am 12. April 2021 trat die WAK-N mit 21 zu 4 Stimmen auf den vorliegenden Entwurf ein und verabschiedete ihn zuhanden des Nationalrates. Gleichzeitig gab sie dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

1.2

Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren

Nach Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 18. März 20053 über das Vernehmlassungsverfahren (Vernehmlassungsgesetz, VlG) kann auf eine Vernehmlassung verzichtet werden, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, 1 2

3

SR 642.11 Botschaft vom 9. Mai 2018 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten), BBl 2018 3019.

SR 172.061

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weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind, insbesondere weil über den Gegenstand des Vorhabens bereits eine Vernehmlassung durchgeführt worden ist.

Diese Bedingung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Der Bundesrat hat im Rahmen seiner Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten) vom 5. April 2017 bis zum 12. Juli 2017 eine Vernehmlassung durchgeführt.4

2

Ausgangslage

2.1

Geltendes Recht

Der Abzug für die Kosten der Kinderdrittbetreuung ist heute in der Form eines anorganischen Abzugs ausgestaltet. Anorganische Abzüge stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Einkommenserzielung. Sie finden ihre Berechtigung darin, dass diese Aufwendungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schmälern und deren Abzugsfähigkeit somit aus sozialpolitischen Gründen (allgemeiner Abzug) als wünschenswert erscheint oder ein bestimmter sozialer Status (Sozialabzug) berücksichtigt werden soll.

Der Abzug ist auf einen Maximalbetrag pro Kind und Jahr beschränkt. Gemäss DBG können jährlich die nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung eines Kindes bis zu einem Maximalbetrag von 10 100 Franken pro Kind, welches das 14. Altersjahr noch nicht vollendet hat, abgezogen werden. Vorausgesetzt ist, dass die Kosten in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Erwerbsunfähigkeit der steuerpflichtigen Person stehen (Art. 33 Abs. 3 DBG). Der Kinderdrittbetreuungsabzug ist seit dem 1. Januar 2011 in Kraft.

Die Kantone sind aufgrund von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe m des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19905 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG) ebenfalls verpflichtet, die Kosten für die Drittbetreuung von Kindern in Form eines anorganischen Abzugs zuzulassen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind identisch definiert wie bei der direkten Bundessteuer. Die maximale Höhe des Abzugs ist von den Kantonen selber festzusetzen.

Der Abzug beläuft sich je nach Kanton auf 3000 bis 25 000 Franken pro Kind (Stand 2020). Im Kanton Uri können sogar sämtliche nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung der Kinder abgezogen werden. Daneben kennen einzelne Kantone (LU, NW, VS, ZG) zusätzlich einen Abzug für die Eigenbetreuung der Kinder.6

4 5 6

BBl 2018 3019 SR 642.14 Für eine Übersicht über sämtliche Kantone siehe «Abzug der Kosten für die Drittbetreuung der Kinder», abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Publikationen > Publikationen > Fachinformationen > Schweizerisches Steuersystem > Steuermäppchen > Allgemeine Abzüge.

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2.2

Handlungsbedarf und Ziele

Mit dem Volksentscheid vom 27. September 2020 wurde nicht nur die im Abstimmungskampf sehr umstrittene Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs abgelehnt, sondern auch die Erhöhung des Abzugs für nachgewiesene Kinderdrittbetreuungskosten. Dieses ursprüngliche Anliegen des Bundesrats ist nach wie vor berechtigt und als sinnvolle Massnahme im Rahmen der Fachkräfte-Initiative (FKI)7 zu beurteilen. Die Motivation für einkommensstarke Eltern ­ vor allem für Frauen ­, einer Erwerbstätigkeit in erheblichem Umfang nachzugehen, wird durch das Steuerrecht immer noch negativ beeinflusst. Heute ist es nicht immer möglich, den Aufwand für die Kinderdrittbetreuung vollständig vom steuerbaren Einkommen abzuziehen. Es ist deshalb wichtig, die im Abstimmungskampf gemachten Zusagen einzulösen und rasch eine Vorlage zu verabschieden, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert und die Gleichstellung von Mann und Frau verbessert.

Mit der Erhöhung des Abzugs für Kinderdrittbetreuungskosten kann der negative Erwerbsanreiz im Steuerrecht praktisch neutralisiert werden. Gleichzeitig schiesst die vorgeschlagene Änderung nicht über das Ziel hinaus: Es können nur Abzüge geltend gemacht werden, wenn effektive Kosten entstehen und ein Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Erwerbsunfähigkeit besteht. Der Vorschlag ist somit sehr zielgerichtet.

2.3

Nichteintreten: Begründung der Minderheit

Eine Kommissionsminderheit (Dettling, Aeschi Thomas, Burgherr, Friedli Esther) spricht sich grundsätzlich gegen eine Anpassung der Abzüge bei der direkten Bundessteuer aus. Nach dem deutlichen Nein des Volkes vom 27. September 2020 sei es zu früh für eine neue Gesetzesänderung. Das Hauptargument für die Ablehnung der damaligen Vorlage sei gewesen, dass vor allem reiche Eltern von der Neuregelung profitieren würden. Knapp sieben Monate nach der verlorenen Abstimmung bereits wieder eine Gesetzesänderung vorzunehmen, komme einer Zwängerei gleich.

2.4

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Die Kommission beantragt mit der Erhöhung der Obergrenze des Kinderdrittbetreuungsabzugs für die direkte Bundessteuer von 10 100 auf 25 000 Franken bei gleichbleibenden Voraussetzungen für die Geltendmachung dieselbe Massnahme wie der Bundesrat in seiner Botschaft.

Der Bundesrat hatte im Rahmen der Vernehmlassung neben der Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bei der direkten Bundessteuer vorgeschlagen, dass den Kantonen im StHG eine Obergrenze für den Kinderdrittbetreuungsabzug von mindestens

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Die vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) 2011 lancierte FKI hat zum Ziel, das inländische Potenzial an Fachkräften mit arbeitsmarktlichen und bildungspolitischen Massnahmen besser auszuschöpfen.

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10 000 Franken vorgeschrieben wird. Aufgrund der Ablehnung in der Vernehmlassung hat der Bundesrat diese Anpassung des StHG nicht in die Botschaft aufgenommen.8 Ebenfalls geprüft aber verworfen hat der Bundesrat die Ausgestaltung des Kinderdrittbetreuungsabzugs als unbegrenzter Abzug sowie die Anerkennung der Kinderdrittbetreuungskosten als Gewinnungskosten (Berufsauslagen).9 Die Kommission nimmt die vom Bundesrat geprüften Alternativen nicht wieder auf.

Die Räte haben den Entwurf des Bunderats im Rahmen der parlamentarischen Beratung um eine Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs für die direkte Bundessteuer von 6500 auf 10 000 Franken erweitert. Für die Kommissionsmehrheit ist klar, dass dieses zusätzliche Element zum Referendum gegen die Vorlage geführt hat. Aufgrund des klaren Ergebnisses der Volksabstimmung ist eine Anpassung des allgemeinen Kinderabzugs für sie deshalb ausgeschlossen.

Eine Minderheit (Aeschi Thomas, Amaudruz, Burgherr, Dettling, Friedli Esther, Martullo, Matter Thomas, Müller Leo, Regazzi, Ritter) beantragt hingegen, auch den allgemeinen Kinderabzug von 6500 auf 8250 Franken zu erhöhen. Im Sinne der Ausgewogenheit der Vorlage sollen nicht nur Eltern, die ihre Kinder familienextern betreuen lassen, sondern auch jene, die ihre Kinder selber betreuen, steuerlich entlastet werden.

Es handle sich dabei um eine moderate Erhöhung, die weniger weit gehe als die in der Volksabstimmung verworfene Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs. Die damit verbundenen Mindereinnahmen seien für die Bundeskasse verkraftbar und fielen vor dem Hintergrund der Ausgaben des Bundes in Milliardenhöhe zur Bewältigung der Corona-Krise nicht wesentlich ins Gewicht.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Die beantragte Neuregelung sieht vor, dass der heutige Kinderdrittbetreuungsabzug bei der direkten Bundessteuer deutlich erhöht wird. Anstelle von 10 100 Franken sollen neu maximal 25 000 Franken pro Kind und Jahr abgezogen werden können.

Der Kinderdrittbetreuungsabzug soll weiterhin in der Form eines anorganischen Abzuges ausgestaltet bleiben; d. h. der Abzug setzt nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit voraus, sondern er kann auch bei einer Ausbildung oder einer Erwerbsunfähigkeit geltend gemacht werden. Auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sollen unverändert bleiben. Den Abzug können somit nur jene Personen geltend machen, die zusammen mit den drittbetreuten Kindern im gleichen Haushalt leben und für deren

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Vgl. dazu den Ergebnisbericht zum Vernehmlassungsverfahren zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten, abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2017 > EFD sowie die Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten), BBl 2018 3019, insbsondere 3027 ff.

Vgl. dazu die Botschaft vom 9. Mai 2018 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten), BBl 2018 3019, insbesondere 3029 ff.

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Unterhalt sorgen. Der Abzug kann nur für Kinder beansprucht werden, die das 14. Altersjahr noch nicht vollendet haben.10 Die effektiv angefallenen, nachgewiesenen Kinderdrittbetreuungskosten können wie bisher nur geltend gemacht werden, wenn die Eigenbetreuung der Kinder in direktem kausalem Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, der Ausbildung oder der Erwerbsunfähigkeit nicht wahrgenommen werden konnte.11 Der Abzug ist auch dann bis zum Maximalbetrag zulässig, wenn die Kosten das Erwerbseinkommen des Zweitverdieners oder der Zweitverdienerin bzw. das Erwerbseinkommen der alleinerziehenden Person überschreiten.

Drittbetreuungskosten, die ausserhalb der Arbeits- oder Ausbildungszeit der Eltern angefallen sind, wie etwa durch Babysitten am Abend oder für Freizeitaktivitäten (Tenniskurs, Malkurs etc.), können nach wie vor nicht abgezogen werden. Solche Kosten, die den Eltern infolge Freizeitgestaltung entstehen, sind als nicht abziehbare Lebenshaltungskosten zu qualifizieren.

3.2

Umsetzung

Die direkte Bundessteuer wird von den Kantonen unter Aufsicht des Bundes veranlagt und bezogen. Die Erhöhung des maximalen Abzugsbetrags für die Kinderdrittbetreuungskosten bei der direkten Bundessteuer würde bei den Kantonen zu einmaligen Kosten für die IT-seitigen Anpassungen führen.

In der Vernehmlassung haben diverse Kantone zudem darauf hingewiesen, dass die deutliche Erhöhung des Abzuges bei der direkten Bundessteuer zu höherem Vollzugsaufwand führen werde. Insbesondere dürfte sich nach Ansicht der Kantone der Aufwand für die Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Drittbetreuungskosten und nicht abzugsfähigen Kosten für Verpflegung, Freizeitgestaltung oder «Luxusbetreuung» vergrössern. Die Rechnungen von Betreuungseinrichtungen (Kitas, Tagesschulen etc.) enthalten oft in einem Gesamtpreis auch die nicht abzugsfähigen Kosten, die nicht gesondert ausgewiesen werden. Auch die Überprüfung der Erwerbstätigkeit beider Eheleute während der Betreuungszeiten dürfte bei höheren Beträgen aufwendiger werden, vor allem bei Teilzeitpensen.

Den Kantonen sollte genügend Zeit eingeräumt werden, um den Vollzug der neuen Bestimmungen hinsichtlich der IT-Anpassungen vorzubereiten.

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Erläuterungen zur geänderten Bestimmung

Art. 33 Abs. 3 DBG Der Maximalbetrag für den Abzug der Kosten für die Kinderdrittbetreuung soll bei der direkten Bundessteuer erhöht werden. Anstelle von 10 100 Franken sollen neu 10 11

Vgl. dazu das Kreisschreiben Nr. 30 der Eidgenössischen Steuerverwaltung «Ehepaarund Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)».

Vgl. dazu die Botschaft vom 20. Mai 2009 zum Bundesgesetz über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern, BBl 2009 4729, insbesondere 4765.

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maximal 25 000 Franken pro Kind und Jahr abgezogen werden können. Die Anspruchsvoraussetzungen sollen hingegen unverändert bleiben. Es können weiterhin nur die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Kosten für die Drittbetreuung der Kinder geltend gemacht werden. Als tatsächlich angefallen gelten nur die Kosten der Drittbetreuung nach Abzug allfälliger Subventionen oder Vergünstigungen.

Art. 35 Abs. 1 Bst. a DBG Minderheit

(Aeschi Thomas, Amaudruz, Burgherr, Dettling, Friedli Esther, Martullo, Matter Thomas, Müller Leo, Regazzi, Ritter)

Gemäss Antrag der Kommissionsminderheit soll der allgemeine Abzug für jedes minderjährige oder in der beruflichen oder schulischen Ausbildung stehende Kind bei der direkten Bundessteuer von 6500 auf 8250 Franken erhöht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen bleiben unverändert.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

5.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Erhöhung der Obergrenze bei der direkten Bundesteuer auf 25 000 Franken hätte kurzfristig grob geschätzte jährliche Mindereinnahmen von rund 10 Millionen Franken zur Folge. Davon fallen rund 8 Millionen Franken beim Bund und rund 2 Millionen Franken bei den Kantonen an. Die Schätzung beruht auf Annahmen und kann sich nur auf wenige Daten abstützen. Auf längere Sicht ist davon auszugehen, dass ein erhöhter Kinderdrittbetreuungsabzug sich aufgrund der positiven Beschäftigungsimpulse selber finanziert oder sogar ­ zumindest bei einer gesamtstaatlichen Betrachtungsweise ­ zusätzliche Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen generiert.

5.1.2

Personelle Auswirkungen und Auswirkungen auf die IKT

Da die direkte Bundessteuer von den Kantonen veranlagt und bezogen wird, hat die vorgeschlagene Massnahme im Bereich der direkten Bundessteuer für den Bund weder personelle Auswirkungen noch Auswirkungen auf die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).

5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

5.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Von den grob geschätzten Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer in der Höhe von rund 10 Millionen Franken entfallen rund 2 Millionen Franken (21.2 %) auf die Kantone (Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer).

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Da der Kinderdrittbetreuungsabzug nur bei der direkten Bundessteuer erhöht werden soll, ergeben sich für die Kantone und die Gemeinden keine unmittelbaren Auswirkungen bei den Kantons- und Gemeindesteuern. In dynamischer Hinsicht ist aufgrund der positiven Beschäftigungsimpulse von Mehreinnahmen bei der Einkommenssteuer auszugehen.

Die von der Minderheit beantragte Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs hätte in Kombination mit der Erhöhung des Abzugs für Kinderdrittbetreuungskosten Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von grob geschätzt 150 Millionen Franken zur Folge.

5.2.2

Personelle Auswirkungen und Auswirkungen auf die IT

Für die veranlagenden Behörden der Kantone hat die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs bei der direkten Bundessteuer einen administrativen Mehraufwand zur Folge (vgl. dazu Ziff. 3.2), der jedoch überschaubar bleiben dürfte. Die Erhöhung der Abzugsobergrenze erfordert eine IT-Anpassung.

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Ein Bericht der ESTV im Rahmen der Fachkräfteinitiative des Bundesrates (FKI) 12 aus dem Jahr 2015 hat Folgendes aufgezeigt:

12

­

Die Kinderdrittbetreuungskosten übersteigen den beim Bund maximal gewährten Betrag von 10 100 Franken meist nur bei Kleinkindern und fallen dort steuerlich teilweise ins Leere. Mit Eintritt des Kindes in den Kindergarten scheint die Obergrenze hingegen keine effektive Beschränkung mehr darzustellen. Positive Erwerbsanreize durch die Erhöhung der Abzugslimiten ergeben sich also vor allem für Eltern von Kleinkindern. Hier dürfte gleichzeitig das grösste Potenzial liegen, da Mütter mit kleinen Kindern einerseits überdurchschnittlich oft nicht oder nur mit kleinen Pensen erwerbstätig sind und andererseits gemäss Studienergebnissen relativ stark auf (steuerliche) Erwerbsanreize reagieren.

­

Die Beschränkung des heutigen Steuerabzugs trifft vor allem einkommensstarke Haushalte, in welchen beide Elternteile einen hohen Erwerbsumfang haben. In diesen Fällen entstehen hohe Betreuungskosten, weil die Betreuungsplätze nur gering oder gar nicht subventioniert werden. Aufgrund der Steuerprogression würden einkommensstarke Haushalte mehr entlastet als Haushalte mit tieferen Einkommen. Eine Erhöhung des Abzugs würde somit

Unterschiedliche Behandlung von Ehepaaren und Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer und steuerliche Behandlung der Kinderdrittbetreuungskosten, Bericht der ESTV im Rahmen der Fachkräfteinitiative, 12.06.2015; abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Berichte > 2015.

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gezielt denjenigen Personen zugutekommen, die aufgrund hoher Betreuungskosten und Steuern von einer Ausweitung des Beschäftigungsgrades absehen.

Aufgrund sinkender Betreuungskosten (infolge des erhöhten Steuerabzugs) dürften die Arbeitsmarktpartizipation und damit auch die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigen. Aufgrund der eher hohen Qualifikation der Zielgruppen würde dies zu einer besseren Ausnutzung des Fachkräftepotenzials, zu einer Belebung des Arbeitsmarktes und letztlich auch zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität führen. Dies würde sich auch günstig auf die Steuereinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden auswirken. Tendenziell würden die Erwerbsanreize, insbesondere diejenigen für gut qualifizierte Mütter, gestärkt.

Ein Arbeitspapier der ESTV13 hat aufgezeigt, dass bei Anerkennung der Kinderdrittbetreuungskosten als vollumfänglich abzugsfähige Gewinnungskosten bei den eidgenössischen und kantonalen Einkommenssteuern kurz- bis mittelfristig mit einer Zunahme um schätzungsweise rund 5000 Vollzeitstellen gerechnet werden könnte.

Mit der gegenwärtigen Vorlage sind die Kantone in der Gestaltung der Höhe des Abzugs weiterhin frei. Die Senkung der Steuerbelastung fällt somit tiefer aus als mit einer kantonalen Mindestvorgabe. Die Schätzung der zusätzlichen Vollzeitstellen beträgt bei dieser Regelung grob geschätzt 2500.

Die Schätzung der Beschäftigungswirkungen basiert auf zahlreichen Annahmen und ist daher mit hohen Unsicherheiten behaftet. Diese betreffen die Grösse der relevanten Zielgruppe, das Ausmass der Steuerersparnis, die wiederum vom Einkommen der Zielgruppe abhängt, sowie die Arbeitsangebotselastizität, d. h. die Reaktion der Zielgruppe infolge der Steuersenkung.

Langfristig könnte aber mit grösseren Beschäftigungseffekten gerechnet werden, insbesondere dann, wenn die deutliche Erhöhung des Abzugs im DBG eine Signalwirkung auf die Kantone hätte und es bei diesen ebenfalls zu einer spürbaren Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs käme.

5.4

Auswirkungen auf die Gleichstellung von Mann und Frau

Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist es erstrebenswert, bei Paaren mit Kindern im Vorschulalter eine Erhöhung des Erwerbspensums des zweitverdienenden Elternteils (meistens die Mutter) attraktiver zu machen. Dies fördert die gegenseitige finanzielle Unabhängigkeit der Eltern, erhöht die Chancengleichheit im Arbeitsmarkt für beide Elternteile und verringert negative Folgen bei den Sozialversicherungen insbesondere im Falle einer Trennung oder Scheidung sowie im Pensionsalter. Dieses Ziel kann mit einem deutlich erhöhten Abzug im DBG erreicht werden.

13

Arbeitspapier der ESTV vom 17. Dezember 2015: Welche Beschäftigungseffekte lösen steuerliche Entlastungen für Ehepaare und Eltern aus? Erkenntnisse aus der internationalen Literatur mit einer Anwendung auf mögliche Steuerreformen in der Schweiz, abrufbar unter www.estv.admin.ch > Steuerpolitik, Steuerstatistiken, Steuerinformationen > Steuerpolitik > Fachinformationen > Abstimmungen > Ehepaar- und Familienbesteuerung.

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Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Massnahme zur steuerlichen Entlastung von Eltern mit familienexterner Kinderbetreuung ist primär auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu prüfen (Art. 127 Abs. 2 BV).

Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig belastet werden müssen und dass sich die Steuerbelastung nach den der Person zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und den persönlichen Verhältnissen zu richten hat.14 Insbesondere sind Steuerpflichtige in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen gleich zu behandeln (horizontale Steuergerechtigkeit); Steuerpflichtige in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen sind unterschiedlich zu behandeln (vertikale Steuergerechtigkeit).15 Gemäss Bundesgericht können vom Grundsatz der horizontalen Steuergerechtigkeit aus Gründen der Praktikabilität, notwendiger Pauschalierung oder Schematisierung Abstriche gemacht werden. Die gesetzliche Regelung darf aber nicht zu einer wesentlichen Belastung oder systematischen Benachteiligung bestimmter Gruppen von Steuerpflichtigen führen.16 Durch die deutliche Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs im DBG werden die Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung stärker berücksichtigt. Dadurch kann eine Verbesserung der horizontalen Steuergerechtigkeit bei Steuerpflichtigen mit Kinderdrittbetreuung erreicht werden, und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird mehr Nachachtung verschafft.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs steht im Einklang mit den Massnahmen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, die im Übereinkommen vom 18. Dezember 197917 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau gefordert werden. Aufgrund von Artikel 5 des Übereinkommens ist die Schweiz verpflichtet, geeignete Massnahmen zur Beseitigung von auf «der stereotypen Rollenverteilung von Mann und Frau beruhenden Praktiken» zu treffen. Durch die vorgeschlagene Massnahme werden für Eltern, insbesondere für Frauen, bessere Voraussetzungen geschaffen, die Erwerbstätigkeit (wieder) aufzunehmen oder das Arbeitspensum zu erhöhen und so vermehrt am Erwerbsleben teilzunehmen.

14 15 16 17

Vgl. BGE 122 I 101, 120 Ia 329 Vgl. dazu BGE 133 I 206 BGE 126 I 79 SR 0.108

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6.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind.

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