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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Volksabstimmung vom 3. Februar 1895.

(Vom 12. März 1895.)

Tit.

Das von Ihnen unterm 27. Juni 1894 vereinbarte Bundesgesetz betreffend die Vertretung der Schweiz im Auslande ist im Bundesblatt vom 11. Juli veröffentlicht worden. Die Referendumsfrist ist mit dem 9. Oktober abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkte sind ausallen Kantonen, mit Ausnahme von Glarus, Schaffhausen, Waadt und Genf, Referendumsbegehren eingegangen, welche insgesamt 40,839 Unterschriften tragen.

Wir haben das statistische Bureau mit Prüfung dieser Unterschriften beauftragt, und dasselbe hat uns seinen Befund in einem Berichte unterbreitet, welchem wir die nachfolgende Tabelle entnehmen :

973 Unterschriften.

Kantone.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwaldea Nidwaiden Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Appenzell A.-Rh .

Appenzell I.-Rh.' . . .

St. Gallen Graubünden . . . .

Aarsjau . . . .

Thurgau Tessin Wallis Neuenburg

GUItige.

Von zweifelhafter Gültigkeit.

Ungültige.

184 4,825 4,966 519 1,396 865 467 765 6,542 864 293 224 1 398 6,299 476 2,597 1,166 1,974 2,175 44

372 1,067 73 54

124 118

7 18 23 32

37,040

3,475

324

26 134 1,211 163

5 57 4 21 10 14 4 36 1 3

43 90

19 70

Als Unterschriften von zweifelhafter Gültigkeit bezeichnete das statistische Bureau diejenigen, welche von Individuen herrührten, deren Stimmberechtigung von andern Personen als den Gemeindevorstehern, z. B. von Gemeindeschreibern, Gemeinderatsmitgliedern, oder auch von Personen bescheinigt war, deren amtliche Eigenschaft sich überhaupt nicht ersehen ließ.

Als von vornherein ungültig mußten diejenigen Unterschriften angenommen werden, die teils von einer und derselben Hand, oder aber von Frauen herrührten, teils mit keinerlei Beglaubigung versehen waren. Dazu kamen noch 84 Unterschriften aus der Gemeinde Les Bois (Bernì, die zu spät, d. h. nach Ablauf der Referendumsfrist, einlangten.

974

Wir haben sowohl jene zweifelhaften als diese ungültigen Unterschriften kassiert und als gültig mithin nur 37,040 anerkannt.

Unter den Referendumsbogen befanden sich auch zwei aus den freiburgischen Gemeinden Grattavache und Altavilla, welche zwar die übliche Formel mit der Unterschrift des Gemeindevorstandes, jedoch sonst keine Unterschriften trugen, von denen somit anzunehmen war, daß sie zum voraus -- en blanc -- beglaubigt worden seien. Wir haben nicht ermangelt, die Regierung von Freiburg zur Vernehmlassung einzuladen, und von ihr folgende Auskunft erhalten : ,,In Erledigung ihres Schreibens vom 20. November abhin, haben wir unsere Direktion des Innern beauftragt, in Sachen der durch die Gemeindevorstände von Grattavache und Altavilla am Fuße von Referendumsbogen für das Gesandtschaf'tsgesetz angebrachten Beglaubigung eine Untersuchung anzuheben.

,,Aus den eingeholten Erklärungen und Erkundigungen geht hervor, daß diesen Beamten die betreffenden Unterschriften bogen mit dem Beifügen vorgelegt worden sind, dieselben hätten in der Gemeinde cirkuliert und die Cirkulation sei abgeschlossen.

,,Obgleich nun die Unterschriften bogen keine Referendumsunterschriften aufwiesen, hielten sich die Gemeindevorstände doch für verpflichtet, dieselben zu visieren und selbst weiter zu befördern, wobei ihre Unterschriften bloß den Zweck hatten, die hiervor erwähnten Thatsachen zu bezeugen. Eine weitergehende Bedeutung ist diesen Unterschriften nicht beizumessen und eine abweichende Auffassung bei der bona fides der in Frage stehenden Persönlichkeiten absolut ausgeschlossen.

,,Es hat also seitens derselben keinerlei Absicht vorgelegen, eine Beglaubigung en blanc auszustellen. Wäre dies der Fall gewesen, so würden sie offenbar nicht selbst die Unterschriftenbogen zurückgesandt, sondern dieselben vielmehr vernichtet haben.

,,Übrigens hat der Gemeindeammann von Grattavache das Beglaubigungsformular gar nicht ausgefüllt.

,,Was den Gemeindeammann von Altavilla betrifft, so ergiebt sich die Richtigkeit seiner Angaben ans der Thatsache, daß die Beglaubigung den Vormerk trägt: ,,Keine Unterschriften erhalten11, welche 'Bemerkung durch den Gemeindeschreiber beigefügt wurde, der auch die Zahl der Aktivbürger der Gemeinde beifügen zu müssen glaubte, die berechtigt gewesen wären, zu unterzeichnen.

,,Es ist also offensichtlich, daß die beiden Gemeindevorsteher keinerlei gesetzwidrige Absicht gehabt haben.

975 ,,Bei dieser Sachlage müssen wir, in Übereinstimmung mit unser m Staatsanwalt, dessen Ansichtsäußerung wir eingeholt haben, konstatieren, daß keine Bestimmung des Strafgesetzbuches auf sie anwendbar ist.

,,Wir glauben nicht, daß es angesichts dieser Erwägungen angezeigt wäre, die beiden Gemeindevorsteher dem Strafrichter zu überweisen; dieser würde sie zweifelsohne freisprechen.

,,Immerhin haben wir, um einer Wiederholung ahnlicher unregelmäßiger Vorgänge vorzubeugen, die Präfekten der Bezirke Veveyse und Lac beauftragt, den Gemeindevorstehern von Grattavache und Altavilla entsprechende Weisungen zu erteilen."

Wir haben uns, nach den erhaltenen Aufklärungen, zu weitern Schritten nicht veranlaßt gesehen.

Da mit den als gültig anerkannten 37,040 Unterschriften die erforderliche Anzahl erreicht und überschritten war, mußte die Volksabstimmung angeordnet werden.

Wir setzten dieselbe auf den 3. Februar laufenden Jahres an und erließen die erforderlichen Weisungen an Bundeskanzlei und Kantone.

Die Abstimmung ergab folgendes Resultat :

976

Kantone.

Ja.

Zürich . . .

Bern Luzern . . .

Uri Schwyz . . .

Obwalden Nidwaiden .

Glarus . . .

Zug . . .

Freiburg . . .

Solothurn ßaselstadt Basellaad Schaffhausen Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

St. Gallen . .

Graubünden .

Aargau . . .

Thurgan . . .

Tessin . . .

Waadt . . .

Wallis . . .

Neuenburg Genf

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

18,377 26,927 1,685 127 202 48 66 982 299 2,419 2,337 800 747 1,588 3,159 168 8,557 4,230 9,954 5,724 4,526 14,918 1,877 9,084 5,716

Total 124,517

Nein.

Leer.

UngUltig.

Stimmberechtigte.

29,215 8823 26 89,084 23,414 2722 118,449 5,171 20 18 32,544 2,378 73 4^338 2,190 3 2 12,318 828 3,687 8 847 -- 2 2,895 2,566 8,177 61 12 828 6,082 1 2 8,769 58 31 29,300 2,653 42 37 19,251 1,226 1 1 14,109 3,400 118 3 13,193 4,796 8,128 164 -- 3,912 448 7 12,191 2,098 42 3 2,971 26,613 51,647 1398 8,109 337 20 22,385 23,004 1203 41 42,492 8,391 347 18 24,098 4,555 122 61 33,277 1,635 27 10 63,577 9,729 13 17 27,808 1,018 70 23 27,032 646 92 246 20,147 177,991

16,773

689,180

Die Vorlage ist somit verworfen, wovon wir Sie am Protokoll Vormerk zu nehmen ersuchen.

Im übrigen benutzen wir diesen Anlaß, Ihnen, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung zu erneuern.

B e r n , den 12. März 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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12

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20.03.1895

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972-976

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