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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates, (Vom 19. Februar 1895.)

Nach Einsicht eines Berichtes des Departements des Innern über das von der Regierung des Kantons Zürich mit Schreiben vom 6. Dezember 1894 gestellte und von den Regierungen von Uri, Nidwaiden und St. Gallen unterstützte Begehren um Vornahme einer eidgenössischen Volkszählung im Dezember 1895, welcher zu folgenden Schlüssen gelangt: Die von Zürich beantragte Vornahme einer außergewöhnlichen eidgenössischen Volkszählung im Jahre 1895 darf mit Rücksicht auf den überwiegenden Widerspruch der übrigen Kantonsregierungen, mit Rücksicht auf die zu große Nähe einer andern großen Erhebung, der eidgenössischen Viehzählung von 1896, sowie mit Rücksicht auf die dem Bunde, den Kantonen und Gemeinden erwachsenden, in jedem Falle sehr beträchtlichen Kosten nur beschlossen werden, wenn für dieselbe ein ganz dringenendes Bedürfnis vorliegt.

Diese letztere Eigenschaft kann den von Zürich vorgebrachten Gründen nicht zuerkannt werden, weil eine gute schweizerische Bevölkerungsstatistik auch mit den bisher vorgeschriebenen Volkszählungen auszukommen vermag; weil das finanzielle Interesse des Kantons Zürich an einem neuen Maßstabe für die Verteilung des Alkoholertrages -- abgesehen von seiner Einseitigkeit -- nicht so bedeutend sein kann und die Billigkeitsgründe nicht ausschließlich zu gunsten einer möglichst häufigen Erneuerung dieses Maßstabes sprechen ; weil die behaupteten Mißverhältnisse in der gegenwärtigen Volksvertretung der Gemeinde Zürich ein Eingreifen des Bundes nicht zu rechtfertigen vermögen ; weil den angeregten internationalen Erwägungen ein Einfluß auf die Entscheidung der vorliegenden Frage überhaupt nicht einzuräumen ist, hat der Bundesrat beschlossen, das Gesuch der Regierung des Kantons Zürich um Vornahme einer eidgenössischen Volkszählung im Jahr 1895 ablehnend zu beantworten.

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Auf Grund des Beschlusses der eidgenössischen Räte vom 31. März 1894 bezüglich der Petition der Pferdezüchter der romanischen Schweiz wurde das Militärdepartement unterm 4. April gleichen Jahres ermächtigt, im Inlande 50 Pferde im Alter von 5--6 Jahren für die Artillerie anzukaufen, in der Meinung, daß dieselben nach Schluß des letzten Dienstes bestmöglich wieder zu veräußern seien, und zwar unter der. Bedingung, daß diese Pferde nicht ins Ausland verkauft werden dürfen.

Das Militärdepartement hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht; das eingeschlagene Verfahren beim Ankauf war folgendes: Die Vorbereitungsmaßnahmen und die Ausführung des Ankaufes wurden dem Direktor der eidgenössischen Pferderegieanstalt übertragen, welchem zwei fachkundige Personen, worunter ein Tierarzt, beigegeben wurden. Als Vorführung-Sorte der Pferde wurden Payerne, Cossonay, Aigle, Delémont, Tavannes und Colombier bestimmt, zu welchen nachträglich noch Bern, Zollbrück, Herzogenbuchsee und Aarberg hinzukamen, und als Zeitpunkt die Tage vom 30. April bis 11. Mai festgesetzt.

Die Kaufsbedingungen gingen in erster Linie dahin, daß nur solche Pferde angekauft würden, welche im Inlande geboren waren und von einem vom Bunde anerkannten Hengste abstammten, was durch Vorweisung einer bezüglichen Bescheinigung zu beweisen war. Ferner wurde verlangt, daß die Pferde in jeder Hinsicht .zum Dienste bei der Artillerie tauglich wären und mit keinen Währschaftsmängeln behaftet sein dürften. Überdies hatte der Verkäufer für 14 Tage Garantie zu leisten. Als Minimum für die Höhe der Pferde waren 154 cm. Stockmaß angenommen.

Im ganzen gelangten nur 49 Pferde zur Vorführung, von denen 20 angekauft werden konnten. Diese Pferde wurden in 7 Artilleriekursea während 2769 Tagen verwendet und 18 dcr.selben nach Schluß der Schulen auf den Plätzen Zürich, Born und Bière zur Versteigerung gebracht.

Als Bedingungen wurden unter andern folgende festgesetzt : 7. Die Pferde sind auf der linken Halsseite mit dem Zeichen ·der Bundespferde gebrannt.

9. Die Pferde dürfen nicht außerhalb des Landes veräußert werden. Bei Handänderungen ist die eidgenössische Pferderegieanstalt jeweilen in Kenntnis zu setzen etc.

10. Im Falle einer vorschriftswidrigen Veräußerung eines Pferdes ins Ausland kann der Fehlbare zur Bezahlung einer Konventionalstrafe von 40 °/o der Kaufsumme angehalten werden.

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11. Die eidgenössische Pferderegieanstalt ist berechtigt, jederzeit vom Käufer einen Ausweis über den Besitz des Pferdes zu verlangen.

12. Bei Dienstverwendung von Lieferantenpferden erhalten diese Bundespferde den Vorrang.

Nachdem das finanzielle Ergebnis dieses erstmaligen An- und Verkaufes günstig ausgefallen-ist, hält das Militärdepartement dafür, daß ein fernerer Ankauf von Pferden hinreichend begründet sei,, und daß die Anzahl derselben auf 100 erhöht werden dürfte.

Immerhin werde es sich dabei empfehlen, die Kauf'bedingungen zu mildern nud als solche nur diejenigen festzusetzen, welche gemäß Art. 33 des Verwaltungsreglements für den Ankauf von Kavalleriepferden maßgebend sind, jedoch mit dem Zusätze, daß denjenigen Pferden, welche im Lande auferzogen sind und von den vom Bunde anerkannten Hengsten abstammen, der Vorzug gegeben würde.

Der Bundesrat hat nun das Militärdepartement ermächtigt, im Sinne des Beschlusses vom 4. April 1894 weitere 100 Pferde für die Artillerie anzukaufen.

(Vom 22. Februar 1895.)

Der Bundesrat hat durch die Bundeskanzlei an den Vorstand des schweizerischen Banernbundes folgendes Schreiben erlassen : ,,Mit Zuschrift vom 21. Juli 1894 gelangen Sie an den hohen Bundesrat, um, anknüpfend an die Notlage, in welcher die Landwirtschaft infolge von Bodenverschuldung und hohem Zinsfuß sich befinde, die Hülfe des Bundes zur Schuldenamortisation anzurufen.

Sie sprechen dabei die Hoffnung aus, daß die ins Leben zu rufende Bundesbank so organisiert werden könnte, daß sie dem bäuerlichen Grundbesitzer, sei es direkte, sei es durch Vermittlung der Kantonalbanken, Geld zu 4 % beschaffe, wovon jedoch l % zur Schuldentilgung verwendet und 3 % als jährlicher Zins verrechnet würden. Auf diesem Wege hoffen Sie eine gänzliche Sehuldenamortisation in 45--50 Jahren durchführen zu können.

,,Da der Bundesrat seinen Gesetzesentwurf betreffend Errichtungeiner schweizerischen Bundesbank schon in der ersten Woche des Monats Juli festgestellt hatte, so war Ihre Eingabe zu spät eingelangt, um auf die Gestaltung dieses Gesetzesentwurfes irgend einen Einfluß ausüben zu können, und wenn er eine Beantwortung

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Ihrer Zuschrift bis heute hinausgeschoben hat, so geschah es hauptsächlich aus dem Grunde, daß er abwarten wollte, welche Stellung die nationalrätliche Kommission zum Entwürfe des .Bundesrates einnehme. Nachdem nun diese Kommission ihre Beratungen in der-Hauptsache beendigt hat -- die beiden zurückgelegten Abschnitte beschlagen nur noch die Straf- und die Übergangsbestimmungen -- und, die Eintretensfrage einmal erledigt, das Ergebnis dieser Beratungen eine nahezu rückhaltlose Zustimmung zu dem Entwurfe des Bundesrates bedeutet, haben wir die Ehre, Ihnen im Auftrage des h. Bundesrates auf Ihre Anregungen folgendes zu ·erwidern.

,,Ohne den Ausführungen des verehrliehen Vorstandes des schweizerischen Bauernbundes über die Ursachen und den Umfang der gegenwärtigen mißlichen Verhältnisse in allen Teilen beipflichten zu können, anerkennt der Bundesrat rückhaltlos, daß ein weitverbreiteter Notstand bei unserer bäuerlichen Bevölkerung vorhanden ist, und daß auch dieser Teil unserer Bevölkerung berechtigt ist, vom Bunde thatkräftige Unterstützung in den Grenzen der Möglichkeit zu erwarten ; er glaubt auch, darauf hinweisen zu dürfen, ,daß das jüngst in Kraft getretene revidierte Gesetz betreffend Förderung der Landwirtschaft diesem Stande auf dem Gebiete der Bodenverbesserung, der Förderung der Groß- und Kleinviehzucht, der Vieh- und Hagelversicherung reiche Hülfsquellen eröffnet hat, ·die mehr und mehr über das ganze Land sich ergießen sollen.

^Was nun aber das vorliegende Gesuch betrifft, durch welches die Schuldenamortisation der bäuerlichen Grundbesitzer in direkte Verbindung mit der neu zu schaffenden Bundesbank gebracht wird, so bedauert der Bundesrat, sich dahin aussprechen zu müssen, daß der an und für sich so gerechtfertigte Gedanke einer staatlich begünstigten Schuldentilgung in d i e s e r F o r m schwerlich durchgeführt werden kann.

,,Bundesrat und Bundesversammlung haben eben bei der Organisation der Bundesbank durchaus keine freie Hand. Wegleitend für das Ausführungsgesetz sind vielmehr die Bestimmungen des Art. 39 der Bundesverfassung, wie er aus der Volksabstimmung vom 18. Oktober 1891 hervorgegangen ist, und es will dem Bundesrat scheinen, daß der petitionierende Vorstand sich mit dem Wesen und der Tragweite dieses Artikels nicht vollständig vertraut gemacht hat. Die Bundesbank wird
nicht geschaffen, um als großes centrales Bankinstitut diejenigen Geschäfte zu betreiben, welche bisher den Privat- und den Kantonalbanken zugefallen sind.

Die Bundesbank ist die Trägerin des Notenmonopols, und als

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solche ist ihr verfassungsmäßig die Hauptaufgabe gestellt worden, den Geldumlauf des Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern (Lemma 3 von Art. 39).

,,Diese Hauptaufgabe kann sie nur dann erfüllen, wenn ihr Geschäftskreis auf denjenigen einer reinen Noten-, Giro- und Diskontobank beschränkt ist.

.,,Die Monopolbank, welche verpflichtet ist, an ihrem Hauptsitze die ausgegebenen Noten jederzeit und in jedem Umfange gegen bares Geld wieder einzulösen, kann ihre aus der Notenemission und aus der Annahme von verzinslichen und unverzinslichen Depositengeldern beschafften Betriebsmittel nicht im Hypothekarverkehr in Hunderten von Millionen immobilisieren, sondern es ist eine Existenzbedingung einer Notenmonopolbank, daß der Gegenwert aller ihrer ausgegebenen Noten, sowie aller übrigen kurzfälligen Verbindlichkeiten in Barvorräten und in längstens auf drei Monateverfallenden Diskontowechseln vorhanden ist. Aus diesem Grunde untersagt der Gesetzosontwurf betreffend Errichtung der schweizerischen Bundesbank das gesamte Darlehensgeschäft in laufender Rechnung, den Hypothekarverkehr, das Sparkassawesen und den Ankauf und Verkauf von Wertschriften.

,,Der Bundesrat verweist, statt weiterer Ausführungen in dieser Richtung, auf die beigelegte Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Erlaß eines Ausführungsgesetzes zu Art. 39 der Bundesverfassung.

,,Im Verlaufe Ihrer Zuschrift bezeichnen Sie es ferner für angezeigt, aus dem Ertrage des Banknotonmonopols der Amortisation einen Teil Anzuwenden, so gut wie es möglich sein sollte, ,,den Kantonalbanken unverzinsliche oder zu ganz niedrigem Zinsfuße zu machende Anleihen zu gewähren"1. Dieser Auffassung ist zweierlei entgegenzustellen.

,,Wohl weiß der Bundesrat, daß in Kreisen von Kantonalbanken oder deren Vertretern der Gedanke aufgetaucht ist, daß die Bundesbank 100--150 Millionen von ihrer Notenemission den Kantonalbanken unentgeltlich abtreten solle, eine Forderung, welcher er mit aller Entschiedenheit in der oben erwähnten Botschaft, anläßlich der Besprechung des Verhältnisses der Bundesbank zu den Kantonalbanken (Seite 22--26), entgegenzutreten gezwungen war.

Man kann sich also auf eine zinslose Abtretung nicht berufen.

Sodann regelt wiederum der Verfassungsartikel selber die Verwendung des Reingewinns der Bundesbank, und zwar in dem Sinne, daß derselbe über die nötigen Einlagen in den Reservefonds hinaus zu

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wenigstens 2/s den Kantonen zufallen solle. ' Es könnte sich also höchstens darum handeln, daß die Kantone, jeder nach freiem Ermessen, über ihre Gewinnanteile zu gunsten der Schuldenamortisation ihres Gebietes verfügen.

,,Wenn der Bundesrat nun auch nach all dem Gesagten zu dem Schlüsse gekommen ist, daß es sich mit dem Wesen und mit den durch den Verfassungsartikel schon aufgestellten Hauptaufgaben einer Notenmonopolbank nicht verträgt, dieselbe auch einem Hypothekarverkehr dienstbar zu machen, bei welchem die Ansprüche der Hypothekarschuldner den Betrag einer Milliarde Franken weit übersteigen würden, so ist er, wie schon einleitend bemerkt, weit davon entfernt, die Berechtigung der Bestrebungen aus bäuerlichen Kreisen für Zinsenerleichterung und Schuldenamortisation bestreiten zu wollen, nur glaubt er, daß es hierfür richtigere Mittel und Wege giebt. Er hält dafür, der Vorstand des schweizerischen Bauernbundes würde viel wirksamer zur Förderung der ihm anvertrauten Interessen beitragen, wenn er es aufgiebt, durch Verquickung von Notenmonopol und Agrarkredit das Unmögliche zu verlangen, das Mögliche aber anstrebt durch Schaffung einer unter staatlicher Mithülfe zu errichtenden selbständigen schweizerischen Hypothekenbank. Ein solches Institut, dessen Geldbeschaffung weder auf der Ausgabe von Banknoten, welche jeden Tag wieder zur Zählung bei der ausgebenden Stelle präsentiert werden können, noch auf der Annahme von Depositengeldern fußt, deren Kündigung beziehungsweise Rückzug jederzeit erfolgen kann, ein Institut, welches seinen Geschäftskreis ausschließlich auf den Hypothekarverkehr beschränkt und ebensosehr über die Sicherheit seiner Anlagen wacht, als bestrebt ist, dem Schuldner die billigsten Bedingungen für Verzinsung und Amortisation zu bewilligen, und, über die Bestreitung der Verwaltungskosten und die unentbehrlichen Reserverücklagen hinaus, auf jeden eigenen Gewinn verzichtet, das ist das Ziel, welches der schweizerische Bauernbund anstreben sollte. Und wäre die Erreichung dieses Zweckes nur möglich durch eine gründliche Reform des Hypothekarwesens, sei es in den Kantonen, sei es durch Unifikation des Hypothekarrechts für die ganze Eidgenossenschaft, so wäre hier der Punkt, wo nach der Auffassung des Bundesrates der Vorstand des Bauernbundes zuerst ansetzen sollte.

,,Da der
Gesetzesentwurf des Bundesrates der Bundesversammlung übergeben und von der nationalrätlichen Kommission bereits durchberaten ist, so liegt es in der Natur der Sache, daß der Bundesrat inzwischen dieser Angelegenheit ihren Verlauf läßt

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und mit Ihnen gewärtigt, ob im Schöße des Nationalrates die in Ihrer Zuschrift vom 21. Juli 1894 entwickelten Anschauungen zum Ausdruck gebracht werden.a

(Vom 26. Februar 1895.)

Herrn Oberst Hieronimus von Salis wird die aus Altersrücksichten nachgesuchte Entlassung als Pulververwalter des IV. Bezirks unter Verdankung der geleisteten guten Dienste erteilt.

Herrn Hauptmann R é g i s , Instruktor II. Klasse der II. Division, wird die nachgesuchte Entlassung unter Verdankung der geleisteten Dienste erteilt.

Als Stellvertreter des Waffenconroleurs der VI. Division wird, an Stelle des zurücktretenden Herrn Oberlieutenant S t u t z in Hottingen, Herr Lieutenant Casimir W e b e r in Zürich gewählt.

Wahlen.

(Tom 26. Februar 1895.)

Post- und Eisenbahndepartement.

Postverwaltung.

Postbureauchef in Burgdorf: Herr Jakob Kunz, von Lyßach, Postcommis in Burgdorf.

Telegraphenrerwaltung.

Telegraphist in Thielle : Herr Joseph Dey, von Enney (Freiburg), in Thielle.

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1895

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27.02.1895

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