BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

21.016 Botschaft zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes betreffend Härtefälle, Arbeitslosenversicherung, familienergänzende Kinderbetreuung und Kulturschaffende, zu einem Bundesbeschluss über die Finanzierung von Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz und zu einer Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 17. Februar 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf: ­

zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes betreffend Härtefälle, Arbeitslosenversicherung, familienergänzende Kinderbetreuung und Kulturschaffende,

­

zu einem Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz,

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zu einer Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (ausserordentlicher Beitrag 2021 an den Ausgleichsfonds).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2020

M 20.3917

Covid-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung vom 20. Mai 2020. Überdenken der Umsetzung (N 15.09.20, WBK-NR; S 9.12.20)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. Februar 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-0307

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Übersicht Das Covid-19-Gesetz bildet die Grundlage für gesundheitspolizeiliche Massnahmen in Zusammenhang mit Covid-19 wie auch für Massnahmen zur Bekämpfung der negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Aufgrund der Entwicklung der Epidemie und der seit Dezember 2020 getroffenen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus wird beantragt, das Covid-19-Gesetz anzupassen. Dies umfasst die Beteiligung des Bundes an den Härtefallmassnahmen der Kantone, Anpassungen der Covid-19-Massnahmen bei der Arbeitslosenversicherung, Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung sowie die Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende. Beantragt wird dazu ein Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 8,2 Milliarden Franken für die Beteiligung des Bundes an den Härtefallmassnahmen der Kantone. Gleichzeitig soll der Bund auch im Jahr 2021 die Kosten der Kurzarbeitsentschädigungen übernehmen; dazu wird eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 1982 beantragt.

Ausgangslage Die Kantone sind zurzeit daran, die im Covid-19-Gesetz vorgesehenen Härtefallprogramme umzusetzen. Der Bund unterstützt diese Programme durchschnittlich mit rund zwei Dritteln des Finanzierungsbedarfs. Aufgrund der seit der Inkraftsetzung des Gesetzes beschlossenen Massnahmen gegen die Ausbreitung der Epidemie zeichnet sich ab, dass eine Aufstockung der Härtefallmittel erforderlich ist.

Auf dem Arbeitsmarkt führen die behördlichen Massnahmen dazu, dass die Chancen arbeitsloser Personen, eine Stelle zu finden, erschwert sind. Zusätzlich belasten die Kosten für die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) den Fonds der Arbeitslosenversicherung (ALV) auch im Jahr 2021 stark.

Zudem muss eine gesetzliche Grundlage zur Umsetzung der Motion 20.3917 geschaffen werden. Diese verlangt, dass von der öffentlichen Hand betriebene Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung für die finanziellen Ausfälle während der ausserordentlichen Lage im Frühjahr 2020 von den Kantonen analog zu den privaten Institutionen entschädigt werden. Der Bund soll sich finanziell an dieser Entschädigung beteiligen.

Schliesslich wurde das Instrument der Ausfallentschädigung an Kulturschaffende vom Parlament am 18. Dezember 2020 in das Covid-19-Gesetz aufgenommen. Eine
Rückwirkung der Ausfallentschädigung an Kulturschaffende wurde im Covid-19-Gesetz hingegen nicht vorgesehen. Für den Zeitraum vor dem 19. Dezember 2020 gibt es damit keine Rechtsgrundlage zur Ausrichtung von Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende. Das soll geändert werden.

Inhalt der Vorlagen Der Bundesrat beantragt, die Mittel für die kantonalen Härtefallprogramme um 7,5 Milliarden Franken auf insgesamt 10 Milliarden Franken aufzustocken. Schätzungen haben gezeigt, dass die Mittel für die vorgesehenen Härtefallmassnahmen nicht ausreichen dürften. Um den Kantonen die notwendige Planungssicherheit zu 2 / 38

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geben, soll der entsprechende Bundesbeitrag erhöht werden. Zudem sollen die im Gesetz vorgesehenen drei Finanzierungstranchen auf Wunsch der Kantone zusammengeführt werden. Neu sind noch zwei Tranchen vorgesehen: Mit einer ersten Tranche von 6 Milliarden Franken unterstützen die Kantone Unternehmen mit Jahresumsätzen von bis und mit 5 Millionen Franken; an diesen Massnahmen beteiligt sich der Bund zu 70 Prozent. Eine zweite Tranche im Umfang von 4 Milliarden Franken wird ausschliesslich durch den Bund finanziert. Diese dient zwei Zielsetzungen: Erstens soll der Bund die Kosten der kantonalen Massnahmen zugunsten von Unternehmen mit Jahresumsätzen von mehr als 5 Millionen Franken übernehmen. Dazu gehören auch grössere Unternehmen, die mit Zweigniederlassungen in verschiedenen Kantonen tätig sind. Deshalb wird festgehalten, dass der Kanton, in dem ein Unternehmen am 1. Oktober 2020 seinen Sitz hatte, für das Verfahren zuständig sein soll. Indem der Bund die Beiträge an grössere Unternehmen vollständig finanziert, wird der meist kantonsübergreifenden wirtschaftlichen Bedeutung dieser Firmen Rechnung getragen, und überproportionale Belastungen einzelner Kantone durch die Anknüpfung an den Unternehmenssitz («Sitzprinzip») werden weitestgehend vermieden. Für diesen Zweck sind rund 3 Milliarden Franken der neuen «Bundestranche» vorgesehen. Zweitens soll rund 1 Milliarde Franken dieser zweiten Tranche eingesetzt werden, um ex post besondere Belastungen der Kantone (z. B. Tourismuskantone) auszugleichen.

Mit dieser Erhöhung der Mittel für Härtefälle können die betroffenen Unternehmen bis zum Ende der Epidemie unterstützt werden.

Im Bereich der ALV soll eine Erhöhung der Anzahl Taggelder für versicherte Personen um drei Monate (66 Taggelder) dazu beitragen, dass arbeitslose Personen aufgrund der schwierigen Lage auf dem Schweizer Arbeitsmarkt für die Stellensuche nicht benachteiligt werden. Bei der Kurzarbeit soll die Voranmeldefrist aufgehoben werden. Für die von den behördlichen Massnahmen seit dem 18. Dezember 2020 betroffenen Betriebe beginnt die Kurzarbeit auf Gesuch hin rückwirkend auf das Inkrafttreten der entsprechenden Massnahmen. Weiter sollen Kurzarbeitsbewilligungen bis zum 31. Dezember 2021 statt für drei Monate bis zu sechs Monate gültig sein. Zudem soll dem Bundesrat die Möglichkeit gegeben
werden, die Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) auf maximal 24 Abrechnungsperioden (Monate) zu verlängern, sollte sich die wirtschaftliche Lage bis in den Sommer 2021 nicht verbessern.

In Umsetzung der Motion 20.3917 soll der Bund die Kantone nachträglich auch für Beiträge an durch die öffentliche Hand geführte Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung unterstützen. Bisher hat der Bund lediglich Beiträge an kantonale Finanzhilfen für private Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung geleistet.

Der Bundesrat beantragt für die Ausrichtung von Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende eine Rückwirkung. Damit soll eine Unterstützung auch für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 18. Dezember 2020 ermöglicht werden.

Diese Änderungen des Covid-19-Gesetzes werden ergänzt durch zwei weitere Vorlagen: Beantragt wird erstens ein Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit im Umfang der Bundesbeteiligung an den Härtefallmassnahmen in der Höhe von 8,2 Milliarden Franken (70 % der 6 Mrd. aus der 1. Tranche plus die ganzen 4 Mrd.

der 2. Tranche, Vorlage 2). Der mit dem Bundesbeschluss Ia über den Voranschlag 3 / 38

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für das Jahr 2021 beantragte Verpflichtungskredit für Härtefallmassnahmen (1,933 Mrd.) wird im Rahmen der Botschaft zum Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 geändert. Beantragt wird zweitens eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes: Mit einem ausserordentlichen Beitrag an den Ausgleichsfonds der ALV soll der Bund die Kosten für die KAE übernehmen, die für das Jahr 2021 von der ALV geleistet werden (Vorlage 3).

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

2

1

7 7 8 8

Ausgangslage 1.1 Überblick 1.2 Kantonale Härtefallmassnahmen 1.3 Arbeitslosenversicherung 1.4 Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung 1.5 Ausfallentschädigung für Kulturschaffende 1.6 Geprüfte und zurückgestellte oder verworfene Massnahmen 1.6.1 Solidarbürgschaftskredite 1.6.2 Verlängerung der Erhöhung der Kurzarbeitsentschädigung für tiefe Einkommen 1.6.3 Beitrag an die Arbeitgeberkosten von geschlossenen Unternehmen 1.6.4 Rechtsstillstand 1.6.5 Erleichterungen im Mietbereich 1.6.6 Anschubfinanzierung für die Veranstaltungsbranche

9 9 9 9 11 11 12 13 14

2

Verhältnis zur Legislaturplanung

15

3

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

15

4

Beantragte Neuregelung 4.1 Kantonale Härtefallmassnahmen 4.2 Arbeitslosenversicherung 4.2.1 Erhöhung der Anzahl Taggelder für versicherte Personen der ALV und entsprechende Verlängerung der Rahmenfristen 22 4.2.2 Aufhebung der Voranmeldefrist von Kurzarbeit und Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Kurzarbeitsbewilligungen 22 4.2.3 Kompetenzerteilung an den Bundesrat zur Verlängerung der Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung auf maximal 24 Abrechnungsperioden 4.2.4 Leistung eines Bundesbeitrags an die ALV im Umfang der Kurzarbeitsentschädigungen für die Abrechnungsperioden 2021 4.3 Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung 4.4 Ausfallentschädigung an Kulturschaffende

18 18 22

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 5.1 Covid-19-Gesetz (Vorlage 1) 5.2 Kreditbeschluss (Vorlage 2)

26 26 32

5

23 24 25 25

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5.3 6

7

Arbeitslosenversicherungsgesetz (Vorlage 3)

33

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

34 34 34 35

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungsmässigkeit 7.2 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

37 37 38

36 36

Vorlage 1 Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) (Härtefälle, Arbeitslosenversicherung, familienergänzende Kinderbetreuung, Kulturschaffende) (Entwurf)

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Vorlage 2 Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz (Entwurf)

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Vorlage 3 Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) (Ausserordentlicher Beitrag 2021 an den Ausgleichsfonds) (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Überblick

Die Bundesversammlung hat am 25. September 2020 das Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid19-Epidemie (Covid-19-Gesetz1) verabschiedet und es am 18. Dezember 20202 ein erstes Mal ergänzt. Das Gesetz bildet die Grundlage für gesundheitspolizeiliche Massnahmen in Zusammenhang mit Covid-19 wie auch für Massnahmen zur Bekämpfung der negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat dem Parlament weitere Änderungen des Covid-19-Gesetzes wie auch eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 19823 (AVIG). Die Botschaft fasst den Anpassungsbedarf aufgrund der seit Dezember 2020 beschlossenen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus, insbesondere der Massnahmen des Bundesrates vom 13. Januar 2021, zusammen. Dies betrifft die folgenden Gebiete: ­

Erhöhung des Beitrags des Bundes an kantonale Härtefallmassnahmen sowie Vereinheitlichung und Neugliederung der Tranchen;

­

Erhöhung der Anzahl Taggelder für versicherte Personen der Arbeitslosenversicherung (ALV) und entsprechende Verlängerung der Rahmenfristen;

­

Aufhebung der Voranmeldefrist von Kurzarbeit und Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Kurzarbeitsbewilligungen;

­

Kompetenzdelegation an den Bundesrat zur Verlängerung der Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) auf maximal 24 Abrechnungsperioden;

­

Leistung eines Bundesbeitrags an die ALV im Umfang der KAE für die Abrechnungsperioden 2021 (Änderung des AVIG).

Zudem sollen in Umsetzung einer Motion auch Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung durch den Bund unterstützt werden (Mo 20.3917 WBK-NR). Schliesslich soll für die Ausfallentschädigung an Kulturschaffende eine Rückwirkung vorgesehen werden.

Bis am 14. Januar 2021 lief die Referendumsfrist zum Covid-19-Gesetz. Das Referendum ist zustande gekommen und die Volksabstimmung ist für den 13. Juni 2021 vorgesehen. Der hier beantragte Änderungserlass würde ­ wie bereits der Änderungserlass vom 18. Dezember 2020 ­ dazu führen, dass im Zeitpunkt der Referendumsabstimmung der Grunderlass nicht mehr dem geltenden Covid-19-Gesetz entspricht.

Sollte das Covid-19-Gesetz in der Referendumsabstimmung abgelehnt werden, würden auch allfällige Änderungen ausser Kraft treten. Damit könnten ab dem Zeitpunkt 1 2 3

SR 818.102 AS 2020 5821 SR 837.0

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des Ausserkrafttretens des Covid-19-Gesetzes keine neuen Verpflichtungen gestützt auf den Verpflichtungskredit in der Vorlage 2 eingegangen werden. Alle bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Verpflichtungen bleiben aber gültig. Von dieser Thematik unberührt bleibt die Änderung des AVIG in der Vorlage 3.

1.2

Kantonale Härtefallmassnahmen

Die Kantone haben für Unternehmen, die von den Folgen von Covid-19 besonders betroffen sind, Härtefallprogramme eingerichtet. Artikel 12 des Covid-19-Gesetzes sieht vor, dass sich der Bund an diesen Programmen beteiligt. Im bisherigen Gesetz sind drei Tranchen im Gesamtbetrag von 1,75 Milliarden Franken vorgesehen, an denen sich der Bund mit durchschnittlich rund zwei Dritteln beteiligt. 4 Zusätzlich hat das Parlament die Grundlage für eine «Bundesratsreserve» in der Höhe von maximal 750 Millionen Franken geschaffen, die der Bund vollständig trägt und die für Zusatzbeiträge an besonders betroffene Kantone eingesetzt werden kann (Art. 12 Abs. 6 Covid-19-Gesetz). Die Höhe dieser Mittel wurde vor dem zweiten schweizweit geltenden Lockdown, der am 13. Januar 2021 verordnet wurde, festgelegt. Aufgrund der zusätzlichen Massnahmen sowie der ebenfalls am 13. Januar 2021 durch den Bundesrat beschlossenen Erweiterung der Härtefalldefinition ist die Anzahl potenzieller Antragstellendenden beträchtlich gestiegen.

1.3

Arbeitslosenversicherung

Mit der KAE und der Arbeitslosenentschädigung (ALE) verfügt die ALV über wirksame und bewährte Instrumente zur raschen Stabilisierung von Beschäftigung und Einkommen. Die ALV nimmt damit eine wichtige Funktion als Konjunkturstabilisator wahr. Die erneute Schliessung von Unternehmen sowie die angeordneten gesellschaftlichen Einschränkungen führen zu einer schwierigeren Lage auf dem Arbeitsmarkt und zu einer erneuten direkten finanziellen Mehrbelastung der ALV. Neben einer erwarteten Zunahme der Arbeitslosenquote gerade in den betroffenen Branchen und damit der Ausgaben der ALV für die ALE nehmen auch die Voranmeldungen der Unternehmen für den Bezug von KAE wieder zu. Die Unsicherheiten bei den Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung bleiben sehr hoch. Um auf die aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt reagieren zu können, erweitert der Bundesrat die Abfederungsmassnahmen der ALV. Der Bund soll zudem einen finanziellen Beitrag an die ALV in Höhe der KAE des Jahres 2021 leisten.

4

1. Tranche von 400 Mio. Fr. mit 50 % Kantonsbeteiligung; 2. Tranche von 600 Millionen Franken mit 20 % Kantonsbeteiligung; 3. Tranche von 750 Millionen Franken mit 33 % Kantonsbeteiligung (Art. 12 Abs. 1 Covid-19-Gesetz).

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1.4

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung

Der Bund hat sich im Sinne einer Nothilfe an Ausfallentschädigungen beteiligt, welche die Kantone für entgangene Betreuungsbeiträge der Eltern an Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung ausgerichtet haben. Voraussetzung für die Beteiligung des Bundes war, dass die Institutionen durch private Trägerschaften geführt werden. Das Parlament hat einer Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-NR; Mo 20.39175) zugestimmt, die vorsieht, dass auch Institutionen berücksichtigt werden können, die von einem Kanton oder einer Gemeinde betrieben werden.6 Mit der Covid-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung vom 20. Mai 20207 hat der Bund mit Notrecht die Möglichkeit geschaffen, private Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung für den Ausfall von Elternbeiträgen aufgrund der Massnahmen der Krisenbekämpfung zu unterstützen. Mit der vorgesehenen Änderung des Covid-19-Gesetzes soll nun auch eine ähnliche Lösung für die öffentlichen Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung geschaffen werden. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Westschweiz vorwiegend öffentliche Institutionen tätig sind, die bisher nicht unterstützt werden konnten. Die Beteiligung des Bundes an den ausgerichteten Beiträgen der Kantone beträgt 33 Prozent.

1.5

Ausfallentschädigung für Kulturschaffende

Das Instrument der Ausfallentschädigung an Kulturschaffende wurde vom Parlament am 18. Dezember 2020 in Artikel 11 Absatz 2 des Covid-19-Gesetzes aufgenommen.

Die Änderung trat am 19. Dezember 2020 in Kraft. Eine Rückwirkung der Ausfallentschädigung an Kulturschaffende ist im Covid-19-Gesetz nicht enthalten. Für den Zeitraum vor dem 19. Dezember 2020 gibt es damit keine Rechtsgrundlage zur Ausrichtung von Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende. Das soll mit der beantragten Gesetzesänderung nachgeholt werden.

1.6

Geprüfte und zurückgestellte oder verworfene Massnahmen

1.6.1

Solidarbürgschaftskredite

Mit Artikel 26 des Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetzes vom 18. Dezember 20208 (Covid-19-SBüG) besteht eine Delegationsnorm, damit der Bundesrat rasch auf eine

5 6 7 8

Mo 20.3917 WBK-NR, Covid-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung vom 20. Mai 2020. Überdenken der Umsetzung.

Zustimmung des Nationalrats am 15. Sept. 2020 und des Ständerats am 9. Dez. 2020.

AS 2020 1753; ausser Kraft getreten am 16. Sept. 2020.

SR 951.26

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deutliche Verschlechterung der Situation an den Kreditmärkten mittels eines Solidarbürgschaftssystems reagieren kann. Angesichts der erneuten Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie haben das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) und das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) bei den Kantonen und den Wirtschaftsverbänden eine Umfrage durchgeführt, ob und für welche Zielgruppen eine Wiedereröffnung eines nationalen Covid-19-Kreditsystems notwendig sein könnte.

Die Bankenbranche sieht derzeit grundsätzlich keine Anzeichen für verbreitete Liquiditäts- und Kreditengpässe, die nicht durch die Härtefallhilfen aufgefangen werden können. Sie erkennt aus heutiger Sicht keine Notwendigkeit für eine Neuauflage eines Covid-19-Kreditprogramms. Zum gegebenen Zeitpunkt würden sich die Banken einer Neuauflage des Covid-19-Kreditprogramms grundsätzlich nicht verschliessen, sofern die zentralen Eckwerte des bisherigen Kreditprogramms möglichst unverändert bleiben.

Die Umfrage bei den Kantonen und den Wirtschaftsverbänden zeigt, dass die Vorbereitungsarbeiten begrüsst werden, um eine Neuauflage des Solidarbürgschaftsprogramms bei Bedarf rasch zu ermöglichen. Bezüglich des konkreten Bedarfs zeigt sich indessen ein heterogenes Bild: Eine rasche Neuauflage wird nur vereinzelt gefordert.

Die Mehrheit der Kantone befürwortet tendenziell eine Neuauflage. Bei den Wirtschaftsverbänden sind die Rückmeldungen ausgeglichen, wobei sich die grösseren Verbände wie economiesuisse, SwissBanking, ExpertSuisse sowie verschiedene Handelskammern ablehnend äusserten. Dies insbesondere mit dem Argument, es bestünden derzeit keine Kredit- oder Liquiditätsengpässe.

Die Kantone und die Verbände halten mehrheitlich fest, dass den nicht rückzahlbaren Beiträgen (A-Fonds-perdu-Beiträgen) und der gezielten Verbesserung des Härtefallprogramms Priorität zukomme. Mit den Anpassungen des Härtefallprogramms werden diese Anliegen aufgenommen. Eine zusätzliche Verschuldung der Unternehmen wird kritisch bis ablehnend beurteilt, weil dies deren Kreditfähigkeit und -würdigkeit nachhaltig beeinträchtigen würde.

Die Rückmeldungen zeigen, dass Unklarheit über das Ziel einer allfälligen Reaktivierung der Bürgschaftskredite besteht: Es gibt aus heutiger Sicht keinen Grund für den Bund, in einen funktionierenden Kreditmarkt
einzugreifen. Auf eine Neuauflage des Solidarbürgschaftssystems mit der Zielsetzung, die Liquiditätsversorgung für die Gesamtwirtschaft sicherzustellen, soll daher vorläufig verzichtet werden. Grosse Unternehmen mit gesunder Basis erhalten auf dem privaten Markt Zugang zu Krediten; zudem können sie im Rahmen der Härtefallprogramme Darlehen bis zu 10 Millionen Franken beziehen; eine Erhöhung auf 15 Millionen Franken ist vorgesehen. Für kleinere Unternehmen stehen ohnehin A-Fonds-perdu-Beiträge im Vordergrund. Angesichts der Tatsache, dass unterdessen die Härtefallprogramme in allen Kantonen angelaufen sind, erübrigt sich auch eine Wiedereröffnung mit der Zielsetzung einer Überbrückungsfinanzierung.

Auf eine sofortige Neuauflage des Solidarbürgschaftssystems oder allfällige Anpassungen von Artikel 26 Covid-19-SBüG auf Vorrat soll daher verzichtet werden. Mit diesem Artikel besteht zurzeit ein ausreichender Handlungsspielraum, um gegebenenfalls insbesondere Unternehmen unterstützen zu können, die noch keinen oder nur 10 / 38

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einen teilweisen Covid-19-Kredit gemäss der Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung vom 25. März 20209 bezogen oder ihren Kredit bereits wieder vollständig zurückbezahlt haben. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Umsetzung des Härtefallprogramms Priorität. Der Bundesrat wird die Situation ­ insbesondere am Kreditmarkt ­ weiterhin genau beobachten.

1.6.2

Verlängerung der Erhöhung der Kurzarbeitsentschädigung für tiefe Einkommen

Der Bundesrat verzichtet auf einen Vorschlag zur Verlängerung der Geltungsdauer von Artikel 17a des Covid-19-Gesetzes, der die Erhöhung der KAE für tiefe Einkommen vorsieht. Diese Regelung wurde vom Parlament intensiv beraten. Die Befristung auf Ende März 2021 wurde ausdrücklich als Bedingung für diese Massnahme beschlossen. Eine Weiterführung hätte eine Verlängerung der Ungleichbehandlung zwischen KAE-Beziehenden und arbeitslosen Personen zur Folge, da Letztere in jedem Fall höchstens 80 Prozent ihres versicherten Verdienstes als Taggeld erhalten. Gleichzeitig können KAE-Beziehende Einkommen aus Zwischenbeschäftigung erzielen, die sie mit den derzeitigen Regelungen zusätzlich zur KAE vollständig behalten können.

Zudem erschwert die Regelung für Geringverdienende das derzeit geltende summarische Verfahren für KAE: Die Regelung für Geringverdienende führt sowohl bei den Betrieben als auch bei den Durchführungsstellen zu bedeutendem Mehraufwand und widerspricht der ursprünglichen Absicht des vereinfachten Verfahrens.

1.6.3

Beitrag an die Arbeitgeberkosten von geschlossenen Unternehmen

Geprüft und verworfen wurde ein Beitrag an die Arbeitgeberkosten für Sozialversicherungen für geschlossene Unternehmen im Umfang von 10 Prozent der KAE. Mit den KAE übernimmt die ALV bereits die Arbeitgeberbeiträge für die obligatorischen Sozialversicherungen (AHV, IV, EO und ALV). Zudem besitzt der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Anteil der Arbeitnehmenden an den obligatorischen Sozialversicherungsbeiträgen von der Leistung der KAE abzuziehen. Diese Regelungen tragen dazu bei, Versicherungslücken bei den obligatorischen Sozialversicherungen zu vermeiden. Die vereinbarten Sozialleistungen ­ dazu gehört insbesondere die 2. Säule ­ werden nicht abgedeckt, da der Arbeitgeber in der Ausgestaltung über einen grossen Spielraum verfügt. Unternehmen können in der beruflichen Vorsorge auf freiwilliger Basis eine Reserve aufbauen, die sie in wirtschaftlich schwierigen Jahren für die Finanzierung der Arbeitgeberbeiträge heranziehen können. Zudem dürfen die vorhandenen Arbeitgeberbeitragsreserven bis Ende 2021 auch zur Bezahlung der Arbeitnehmendenbeiträge verwendet werden (Art. 16 Covid-19-Gesetz). Von einem zusätzlichen pauschalen Beitrag an die vereinbarten Arbeitgeberleistungen sollte daher abgesehen werden, zumal er in Verbindung mit den Härtefallhilfen zu Abgrenzungsproblemen und Überentschädigungen führen würde.

9

AS 2020 1077, 1207, 1233, 3799; ausser Kraft getreten am 19. Dez. 2020.

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1.6.4

Rechtsstillstand

Nachdem der Bundesrat am 16. März 2020 die ausserordentliche Lage gemäss Artikel 7 des Epidemiengesetzes vom 28. September 201210 angeordnet hatte, verfügte er am 18. März 2020 einen allgemeinen Rechtsstillstand gemäss Artikel 62 SchKG11, der vom 19. März bis zum Beginn der ordentlichen Betreibungsferien am 5. April 2020 dauerte.12 Nach dem Ende der Betreibungsferien am 19. April 2020 wurde der Rechtsstillstand vom Bundesrat nicht verlängert oder erneuert.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2021 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) dem Bundesrat unter anderem empfohlen, «den Rechtsstillstand im Sinne von Artikel 62 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs für die ganze Schweiz ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen, so wie er es bereits im Frühjahr 2020 getan hatte.»13 Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) hat an ihrer Sitzung vom 5. Februar 2021 beschlossen, sich der Empfehlung eines generellen Rechtsstillstandes nicht anzuschliessen.14 Der Bundesrat hat bereits im März 2020 festgehalten, dass der Rechtsstillstand kein geeignetes Instrument sei, um den Schwierigkeiten, die sich durch die Epidemie für die Unternehmen ergeben, langfristig zu begegnen.15 Der Rechtsstillstand wurde deshalb nur für eine verhältnismässig kurze Zeit (16 Tage) angeordnet. Dem Bundesrat war bewusst, dass damit den Unternehmen nicht längerfristig geholfen werden konnte. Ziel der damaligen Anordnung war es vielmehr, dass sich die Betroffenen ­ Schuldner, Gläubiger, Betreibungs- und Konkursämter und Gerichte sowie Banken, Treuhänder und Wirtschaftsberater ­ ein Bild der neuen ausserordentlichen Situation verschaffen und allenfalls die notwendigen Massnahmen treffen konnten. Vor allem aber erhielt der Bundesrat dadurch Zeit, um über weitere Massnahmen zu entscheiden.

Dies hat er am 16. April 2020 vor dem Ablauf der Betreibungsferien mit der Covid19-Verordnung Insolvenzrecht16, die am 20. April 2020 in Kraft getreten ist, getan.

Ein Rechtsstillstand würde einem Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten zwar kurzfristig etwas Luft verschaffen. Ohne Sanierungsmassnahmen (z. B. Darlehen, Stundung, Schuldenerlass) würde der Rechtsstillstand die betroffenen Unternehmen aber nicht vor einer Insolvenz bewahren. Darüber hinaus könnte ein Rechtsstillstand schwerwiegende Folgen auf
den gesamten Wirtschaftskreislauf haben: Rechnungen würden nicht mehr bezahlt, und die Liquiditätsprobleme der betroffenen Unternehmen würden an weitere Unternehmen weitergegeben, die aufgrund des Ausbleibens der Zahlungen ihrerseits in Schwierigkeiten geraten würden. Daher steht für den Bundesrat fest, dass der Rechtsstillstand nicht geeignet ist, um die Folgen der Krise für 10 11 12 13 14 15 16

SR 818.101 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SR 281.1).

Verordnung vom 18. März 2020 über den Rechtsstillstand gemäss Artikel 62 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (AS 2020 839).

Medienmitteilung der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 2. Februar 2021.

Medienmitteilung der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 5. Februar 2021.

Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. März 2020.

Verordnung vom 16. April 2020 über insolvenzrechtliche Massnahmen zur Bewältigung der Coronakrise (AS 2020 1233); ausser Kraft getreten am 19. Oktober 2020.

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die Unternehmen zu lindern. Für die Unterstützung von Unternehmen in der Krise sind vielmehr andere Massnahmen erforderlich, die in den vergangenen Monaten bereits eingeleitet wurden.17 Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Unternehmen, das sich in einer Krise befindet, seinen Gläubigern schutzlos ausgeliefert ist. Vielmehr besteht die Möglichkeit, eine provisorische Nachlassstundung (Art. 293 SchKG) zu beantragen. Dies hat für das einzelne Unternehmen vergleichbare Wirkungen wie ein Rechtsstillstand. Das Unternehmen erhält Zeit, um mögliche Sanierungsmassnahmen zu prüfen und allenfalls vorzubereiten.18 Eine Stundung ­ anders als ein allgemeiner Rechtsstillstand ­ kommt indessen nur denjenigen Unternehmen zu Gute, bei denen eine Sanierung überhaupt möglich ist. Der Bundesrat hat im Übrigen mit dem Erlass von Artikel 20 der Covid19-Härtefallverordnung19 den Zugang zur provisorischen Nachlassstundung weiter erleichtert, indem die betroffenen Unternehmen von den Gerichtsgebühren befreit werden. Zudem hat er festgehalten, dass im Regelfall von der (kostenpflichtigen) Einsetzung eines Sachwalters abzusehen ist.

1.6.5

Erleichterungen im Mietbereich

Die WAK-N hat in ihrem oben aufgeführten Schreiben vom 2. Februar 2021 dem Bundesrat ebenfalls empfohlen, zwei mietrechtliche Regelungen ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen. Die RK-N hat sich dieser Empfehlung angeschlossen. Erstens soll die Frist, welche die Vermietenden den Mietenden zur Zahlung ausstehender Mietzinse und Nebenkosten setzt, von 30 auf mindestens 90 Tage (und bei Pachtverträgen von 60 auf mindestens 120 Tagen) verlängert werden. Diese Regelung war im Frühjahr 2020 Teil der COVID-19-Verordnung Miete und Pacht20 und galt vom 28. März bis zum 31. Mai 2020. Zweitens soll gesetzlich festgelegt werden, dass Kündigungen von Geschäftsmiet- oder Geschäftspachtverträgen, die während des Lockdowns und in den sechs Monaten nach dem Lockdown ausgesprochen werden, nichtig sind, wenn es sich um Miet- oder Pachtbetriebe handelt, die von behördlichen Schliessungsanordnungen betroffen sind.

Der Bundesrat verzichtet darauf, diese Bestimmungen in die Revision des Covid-19Gesetzes aufzunehmen. Hintergrund der Empfehlungen der WAK-N und der RK-N dürfte die Befürchtung sein, dass für die betroffenen Betriebe die Härtefallgelder nicht ausreichen und vor allem die Auszahlungen nicht genügend rasch erfolgen. Mit verschiedenen Massnahmen, die in der vorliegenden Botschaft dargelegt werden, trägt 17 18

19 20

Insbesondere Kurzarbeit, Covid-19-Darlehen, Härtefallzahlungen, Gewährung eines Zahlungsaufschubs bei Steuern und Abgaben.

Das Gesetz verlangt für die Bewilligung der provisorischen Nachlassstundung lediglich einen provisorischen Sanierungsplan, d.h. das Unternehmen muss darlegen, wie es sich aus der Krise befreien will. Dieser Sanierungsplan muss nicht im Einzelnen feststehen; verlangt wird aber zumindest ein mögliches Sanierungskonzept. Kann ein Unternehmen ein solches nicht darlegen, hätte die Stundung lediglich eine Verzögerung des Konkurses zur Folge. Und zeigt sich im Laufe einer angeordneten Nachlassstundung, dass keine Aussicht auf Sanierung mehr besteht, ist unverzüglich der Konkurs zu eröffnen.

Verordnung vom 25. November 2020 über Härtefallmassnahmen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie (SR 951.262).

AS 2020 1099, ausser Kraft getreten am 31. Mai 2020.

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der Bundesrat diesen Befürchtungen Rechnung und stockt das Härtefallprogramm auf. Die vorgeschlagenen mietrechtlichen Bestimmungen wären nicht rascher einsatzbereit und zudem mit verschiedenen Nachteilen und Nebenwirkungen verbunden. So ist davon auszugehen, dass im März 2021, wenn das revidierte Covid-19-Gesetz in Kraft treten kann, bereits in allen Kantonen die Auszahlungen der Entschädigungen angelaufen sind. Auch würden die Zahlungsschwierigkeiten von Geschäften und Betrieben nur verschoben, da die Miet- oder Pachtzinse nach wie vor geschuldet bleiben.

Weiter werfen die Bestimmungen verschiedene Abgrenzungsfragen auf ­ z. B. ist nicht klar, was gilt, wenn sich die Vertragsparteien auf eine Miet- oder Pachtzinssenkung geeinigt haben. Vor dem Inkrafttreten derartiger Bestimmungen könnte es zudem zu «Torschluss»-Aktionen kommen, um den Auswirkungen der Bestimmungen zu entgehen. Insbesondere die Bestimmung, dass Kündigungen nichtig erklärt werden sollen, könnte dazu führen, dass Vermieterinnen und Vermieter sowie Verpächterinnen und Verpächter während Monaten auf ihre Miet- oder Pachteinahmen warten müssten und dadurch ihrerseits in wirtschaftliche Schwierigkeiten gelangen könnten.

Für Vermietende könnte dies dazu führen, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis über Monate weitergeführt werden muss, selbst wenn die Miet- oder Pachtpartei auch mit den umfangreichen Unterstützungsmassnahmen nicht überlebensfähig ist.

Um wirtschaftliche Schwierigkeiten von Geschäftsinhaberinnen und -inhabern zu lösen, sind nach Auffassung des Bundesrates die bisherigen Instrumente ­ Härtefallzahlungen, die Entschädigungen für Kurzarbeit und Erwerbsausfall sowie sektorspezifische Hilfen ­ deutlich besser geeignet als Eingriffe in das Mietrecht und damit in privatrechtliche Vertragsverhältnisse.

1.6.6

Anschubfinanzierung für die Veranstaltungsbranche

Aufgrund der gesundheitspolizeilichen Massnahmen sind grosse Veranstaltungen seit bald einem Jahr verboten. Auch kleinere Veranstaltungen durften nur zeitweise durchgeführt werden. Für die Unternehmen der Veranstaltungsbranche führt dies zu namhaften Einnahmenausfällen. Ausserdem werden derzeit wegen der grossen Unsicherheiten nur noch wenige Veranstaltungen geplant. Die WAK-N beauftragte die Verwaltung vor diesem Hintergrund, einen sogenannten Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche zu prüfen. Damit erhielten die Unternehmen die Sicherheit, dass ihnen die ungedeckten Kosten von geplanten Veranstaltungen bis zum einem Höchstsatz und -betrag ausgeglichen würden, z. B. wenn der Anlass wegen coronabedingter gesundheitspolizeilicher Einschränkungen abgesagt werden muss. Um in den Genuss einer solchen Entschädigung zu kommen, müssten die Anlässe vorgängig angemeldet werden.

Ein solcher Schutzschirm könnte als spezifische Massnahme für den Veranstaltungsbereich in das Covid-19-Gesetz aufgenommen werden.

Aus Sicht des Bundesrates ist eine solche spezifische Anschubfinanzierung derzeit aber nicht angezeigt. Auch wenn die Hoffnung besteht, dass im Sommer 2021 wieder grössere Anlässe stattfinden können, ist dies zum heutigen Zeitpunkt noch sehr unsicher. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich nicht, staatliche Gelder zur Absicherung von Anlässen einzusetzen, die derselbe Staat derzeit noch verbietet. Hinzu 14 / 38

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kommt, dass im Kulturbereich mit den Ausfallentschädigungen bereits ein schutzschirmähnliches Konstrukt besteht. Auch beim Sport hat der Bund umfassende Hilfsmassnahmen ergriffen, die den Erhalt der wichtigen Strukturen gewährleisten. Den Unternehmen der Veranstaltungsbranche stehen die allgemeinen Abfederungsmassnahmen für die Wirtschaft ­ Kurzarbeitsentschädigung, Corona-Erwerbsersatz und Härtefallmassnahmen ­ ebenfalls zur Verfügung.

2

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das hier beantragte dringliche Bundesgesetz ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202021 über die Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202022 über die Legislaturplanung 2019­2023 vorgesehen. Die Covid19-Epidemie und deren Auswirkungen waren, als der Bundesrat die Botschaft zur Legislaturplanung verabschiedete, noch nicht vorauszusehen.

3

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200523 (VlG) ist für Gesetzesvorlagen eine Vernehmlassung durchzuführen. Zum Covid-19-Gesetz wurde vom 19. Juni bis zum 10. Juli 2020 eine Vernehmlassung durchgeführt. Alle Kantone und zahlreiche Organisationen hatten sich zum Entwurf geäussert.

Aufgrund der Dringlichkeit der Vorlage konnte vorliegend keine ordentliche Vernehmlassung zur gesamten Vorlage durchgeführt werden. Es fanden jedoch verschiedene Konsultationen bei den Kantonen und Wirtschaftsverbänden statt.

Härtefallmassnahmen Die Kantone wurden vom 27. bis 29. Januar 2021 zur Stossrichtung und den materiellen Eckpunkten bei der Mittelaufstockung für die Härtefallprogramme und vom 8. bis 10. Februar 2021 zusätzlich zur Änderung der Covid-19-Härtefallverordnung konsultiert. Zudem wurden die Vertretungen der Wirtschaft am 9. Februar 2021 an einen runden Tisch geladen. Fünf Verbände haben im Anschluss auch noch schriftlich Stellung genommen.

Die Konsultation der Kantone erfolgte über die Konferenzen der kantonalen Volkswirtschaftsdirektorinnen und Volkswirtschafsdirektoren (VDK) und der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK). In der zweiten Umfrage haben zudem alle 26 Kantone eine Stellungnahme eingereicht, und die VDK und die FDK haben konsolidiert zur Frage des Gesamtbetrags für Härtefallmassnahmen und der Höhe der Kantonsbeteiligung Stellung genommen.

21 22 23

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Die VDK und die FDK haben sich in den Konsultationen klar für eine Aufstockung der Mittel für die Härtefallprogramme ausgesprochen. Sie haben darauf hingewiesen, dass diese Aufstockung in Abhängigkeit von der Dauer der Schliessung zu sehen ist.

So unterstützt auch eine überwiegende Mehrheit der Kantone in ihren Stellungnahmen eine Erhöhung der Gesamtmittel auf 10 Milliarden Franken, wobei verschiedentlich die Erwartung geäussert wird, dass eine rasche Lockerung der behördlichen Einschränkungen und nicht Mittelerhöhungen im Vordergrund stehen müssten. Die vorgeschlagene Kantonsbeteiligung wird hingegen von praktisch allen Kantonen als zu hoch angesehen. Die VDK und die FDK fordern, dass die Kantonsbeteiligung an den 6 Milliarden auf 20 Prozent reduziert wird; dies würde einer Kantonsbeteiligung von nur noch 12 Prozent an den gesamten 10 Milliarden entsprechen.

Das Sitzkantonsprinzip für Firmen mit Zweigniederlassungen, das in das Covid-19Gesetz aufgenommen werden soll, wird mit Ausnahme der Kantone BS und AR von allen Kantonen unterstützt, wobei eine Mehrheit fordert, dass in Gesetz oder Verordnung geklärt wird, dass im kantonalen Recht Unternehmen mit Hauptsitz nicht ausgeschlossen werden dürften.

Die Verwendung eines Teils der «Bundesratsreserve» (Art. 12 Abs. 6 geltendes Covid-19-Gesetz) zur Entschädigung der Sonderlasten der Sitzkantone wird von knapp der Hälfte der Kantone gutheissen, wobei vereinzelt auch andere Einsatzzwecke für die «Bundesratsreserve» gefordert werden (2/3 nach kantonalem BIP und 1/3 nach Wohnbevölkerung gemäss geltendem Schlüssel, für grosse Unternehmen allgemein, für Sonderbelastungen in Tourismuskantonen, für finanzschwächere Kantone oder ex post proportional zu den geleisteten A-Fonds-perdu-Beiträgen).

Die Kantone äusserten sich zudem auch zur Festlegung der Maximalbeträge in der Covid-19-Härtefallverordnung. Eine Erhöhung der A-Fonds-perdu-Beiträge für grosse Unternehmen wie auch eine Eigenleistung des Unternehmens bei hohen Beiträgen wird von praktisch allen Kantonen unterstützt, und der Maximalbetrag von 8 Millionen wird nur vereinzelt als zu hoch oder zu tief angeschaut. Dabei fordern aber die Kantone GR, VS, AG, GE, dass die Obergrenze ohne Eigenleistung von 750 000 Franken auf 1­3 Millionen angehoben wird; die Kantone BS und BE möchten die Eigenleistung auf
beispielsweise 30 Prozent des Zusatzbeitrags reduzieren.

Schliesslich sprachen sich die Kantone einstimmig für eine Vereinheitlichung der Finanzierungstranchen gemäss geltendem Artikel 12 Absatz 1 des Covid-19-Gesetzes aus. Die Vereinfachung im Gesetz ermöglicht eine einfachere Abrechnung der Bundesbeiträge anhand eines fixen Verteilschlüssels und verhindert offene Fragen über die Ausschöpfung der Tranchen und sich ändernde Bundesbeteiligungen.

Die Konsultation der Branchenverbände im Rahmen des runden Tisches erfolgte hauptsächlich zu Umsetzungsfragen, die in der Covid-19-Härtefallverordnung geregelt sind. Die grundsätzlichen Stellungnahmen sind jedoch auch für die vorliegende Gesetzesänderung von Interesse.

Die Wirtschaftsverbände gaben in der Konsultation ihrer Sorge Ausdruck, dass die Lockdown-Massnahmen negative wirtschaftliche Konsequenzen haben und möglichst gelockert werden müssten. Sie wiesen insbesondere auf den Zielkonflikt zwischen gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Anliegen hin.

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Bezüglich der Härtefallprogramme forderten die Verbände eine unbürokratische und rasche Umsetzung in den Kantonen. Die Zuständigkeit des Sitzkantons für die Antragseinreichung wurde mehrheitlich begrüsst. Für Zweigniederlassungen wurde teilweise aber beantragt, dass diese einzeln beurteilt bzw. kompensiert werden.

Die Anspruchsvoraussetzungen wurden von einem Teil der Branchenverbände als positiv, von einem Teil aber auch als zu streng beurteilt. Insbesondere wurde auf Probleme aufgrund von saisonalen Umsätzen hingewiesen oder darauf, dass teilgeschlossene Betriebe ebenfalls automatisch härtefallberechtigt sein sollten. Auch das Verbot in Artikel 12 Absatz 1ter, Dividenden oder Tantiemen auszuschütten oder Rückerstattungen von Kapitaleinlagen vorzunehmen, wurde für Einzelfälle wie z. B. Nachfolgeregelungen oder bei Lohnausschüttung kritisch beurteilt.

Zur Festlegung der Maximalbeträge in der Covid-19-Härtefallverordnung wurde verschiedentlich gefordert, die Höchstgrenze von A-Fonds-perdu-Beiträgen in der Covid-19-Härtefallverordnung zu erhöhen. Es wurde aber auch die Idee geäussert, eine Rückzahlung der Härtefallgelder vorzusehen, falls ein Unternehmen nach drei Jahren Gewinne erzielt. Der Grundsatz, dass die Unternehmen für höhere A-Fonds-perduBeiträge zusätzliches Eigenkapital oder einen Forderungsverzicht von Fremdkapitalgebern beibringen müssen, wurde von einem Teil der Verbände kritisiert; gewisse Unternehmen könnten diese Anforderungen in der vorliegend angespannten Situation nicht erfüllen.

Die meisten Branchenverbände haben sich nicht zur Bundes- bzw. Kantonsbeteiligung an den Finanzhilfen geäussert. In einer Stellungnahme wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Kantonsbeteiligung beizubehalten sei. Dies schaffe für die Kantone einen Anreiz für einen sorgfältigen Mitteleinsatz. Zudem würden die Kantone an der Sonderausschüttung der Schweizerischen Nationalbank beteiligt, während der Bund mit den KAE einen grossen Teil der coronabedingten staatlichen Ausgaben übernimmt.

Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung Zu den vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich der ALV wurden die Sozialpartner informell konsultiert. Aus der Konsultation ergaben sich keine Differenzen.

Familienergänzende Kinderbetreuung Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK)
wurde zur Meinung der Kantone hinsichtlich eines Ausfallentschädigungssystems für von der öffentlichen Hand betriebene Institutionen konsultiert. 18 Kantone sowie die Conférence latine de promotion et de protection de la jeunesse (CLPPJ) haben bei der SODK eine Stellungnahme eingereicht. 16 Kantone24 und die CLPPJ sprachen sich für die Schaffung eines solchen Systems aus, ein Kanton (NW) dagegen, und ein Kanton (AR) enthielt sich der Stimme.

24

AG, BE, BS, FR, GE, JU, NE, OW, SO, SG, SZ, TI, VD, VS, ZG, ZH

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4

Beantragte Neuregelung

4.1

Kantonale Härtefallmassnahmen

Das Parlament hat im Covid-19-Gesetz die Grundlage geschaffen, dass der Bund kantonale Härtefallprogramme unterstützen kann. Das Covid-19-Gesetz enthält die Mindestvoraussetzungen für eine Bundesbeteiligung an diesen Härtefallprogrammen. Der Bund trägt einen wesentlichen Teil der Kosten der Kantone. Die Kantone verfügen darüber hinaus über Entscheidungsfreiheit, wie sie ihre Härtefallregelungen ausgestalten.

Die Konkretisierung, unter welchen Voraussetzungen sich der Bund an den Härtefallmassnahmen der Kantone beteiligt, erfolgte in der Covid-19-Härtefallverordnung vom 25. November 2020, die am 1. Dezember 2020 in Kraft trat. In der Verordnung werden u. a. die Anforderungen an die Regelungen der Kantone in Bezug auf anspruchsberechtigte Unternehmen, die Ausgestaltung der Massnahmen wie auch die Aufteilung der Bundesbeiträge auf die Kantone festgelegt. Aufgrund der Entwicklung der Corona-Epidemie hat das Parlament die Grundlage für die Bundesbeiträge in Artikel 12 des Covid-19-Gesetzes am 18. Dezember 2020 angepasst und die vorgesehenen Mittel erhöht. In der Covid-19-Härtefallverordnung wurden zudem die Anspruchsvoraussetzungen für die Beitragsberechtigung mit Änderung vom 13. Januar 202125 gesenkt und die Maximalbeiträge je Unternehmen erhöht. Die Kantone setzen diese Anpassungen in ihren Härtefallprogrammen um.

Die Kantone bestimmen die Ausgestaltung der Härtefallprogramme damit weitgehend selbst, insbesondere die Anspruchsvoraussetzungen und die Leistungen. An den Rahmenbedingungen, die mit der Änderung vom 18. Dezember 2020 des Covid-19-Gesetzes festgelegt wurden, soll vorliegend nichts geändert werden. In Artikel 12 des Gesetzes werden jedoch neu einige Zuständigkeitsfragen geklärt, die bei der Umsetzung in den Kantonen zu unklaren Situationen geführt haben. So wird festgelegt, dass für die Massnahmen nur der Kanton zuständig ist, in dem ein Unternehmen am 1. Oktober 2020 seinen Sitz hatte. Der Sitzkanton ist auch für Unternehmen zuständig, die Niederlassungen oder Betriebsstätten in anderen Kantonen haben, d. h. ihre Geschäftstätigkeit in mehreren Kantonen ausüben, oder die ihren Sitz nach dem 1. Oktober 2020 in einen anderen Kanton verlegen. Vor allem aber sollen der Gesamtbetrag für Härtefallmassnahmen (Bund und Kantone) auf insgesamt 10 Milliarden erhöht und die Finanzierungsregelungen
angepasst werden.

Sämtliche Kantone haben inzwischen Härtefallprogramme aufgestellt bzw. sind im Begriff, diese oder ähnliche Unterstützungsformen für die Wirtschaft zu institutionalisieren. Die Programme sind unterschiedlich ausgestaltet.26 Vor allem in der Westschweiz gibt es verbreitet Branchenprogramme (u. a. Hotellerie, Gastronomie, Schausteller).

Die Massnahmen umfassen Darlehen, Bürgschaften oder Garantien wie auch AFonds-perdu-Beiträge. Der Schwerpunkt liegt auf A-Fonds-perdu-Beiträgen, die in 25 26

AS 2021 8 Vgl. eine Übersicht zu den kantonalen Härtefallprogrammen und weiteren kantonalen Unterstützungsmassnahmen auf der Website der Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) unter: www.vdk.ch.

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den meisten Kantonen vorgesehen sind. Einige Kantone sehen daneben auch die Möglichkeit von Darlehen und Bürgschaften oder Kombinationen von A-Fonds-perduBeiträgen und Bürgschaften vor. Seit Februar 2021 werden in praktisch allen Kantonen Beiträge ausgezahlt, in wenigen Fällen muss noch der Ablauf des kantonalen Finanzreferendums abgewartet werden. Die Programme befinden sich damit erst in der Anfangsphase. Da es sich bei diesen Programmen um eine völlig neue Art von Existenzsicherung für betroffene Unternehmen handelt ­ bisher sorgte der Staat nur für die Existenzsicherung von natürlichen Personen ­, benötigt der Aufbau dieser Programme Zeit. Es sind noch kaum Aussagen zur Wirkung und zu den Kosten möglich.

Grundlageninformationen zu den kantonalen Härtefallmassnahmen werden zurzeit zusammengestellt. Eine Gesamtsicht zu den bereits bewilligten oder getätigten Zahlungen an die Unternehmen liegt noch nicht vor; die Kantone erfassen derzeit die bereits getätigten Auszahlungen in einer zentralen Datenbank, sodass bis Ende Februar 2021 eine erste Auswertung möglich sein wird.

Der Umfang der Ausgaben wird davon abhängen, wie sich die gesundheitspolizeilichen Massnahmen auf die einzelnen Unternehmen auswirken, wie viele Unternehmen Unterstützung beantragen und wie die Kantone ihre Leistungen ausgestalten. Eine Hochrechnung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht verlässlich möglich. Auch ein Vergleich mit dem ersten Lockdown im Frühling 2020 ist nur bedingt aussagekräftig, da sich die Regeln für die Schliessungen wie auch die Ausnahmebestimmungen unterscheiden und die Dauer der Schliessungen noch nicht bekannt ist. Zudem dürften sich gewisse Unternehmen in einer schwierigeren finanziellen Lage befinden als noch im ersten Lockdown.

Erste grobe Schätzungen für den Bedarf in den einzelnen Branchen auf Basis der Wertschöpfungsstatistik27 des Bundesamts für Statistik (BFS) sowie Rückmeldungen zu den Gesuchseingängen aus den Kantonen zeigen, dass der vorgesehene Gesamtbetrag (Bund und Kantone) von 2,5 Milliarden Franken selbst bei unverändertem Recht nicht in allen Kantonen für die vorgesehenen Härtefallmassnahmen für einen Schliessungszeitraum bis Ende Februar 2021 ausreichen dürfte. Da bei den Lockerungen aus epidemiologischen Gründen ein schrittweises Vorgehen nötig ist, sind auch ab März noch Einschränkungen
der wirtschaftlichen Tätigkeit nötig. Dadurch dürften mehr Unternehmen die Voraussetzungen erfüllen und ein höherer Umsatzausfall bzw. höhere ungedeckte Kosten resultieren. Hinzu kommt, dass die aktuellen Obergrenzen für die Beiträge an einzelne Unternehmen erhöht werden sollen. All diese Faktoren erhöhen den Bedarf nach Härtefallhilfen.

Um den Kantonen die notwendige Planungssicherheit für die Umsetzung ihrer Härtefallprogramme zu gewährleisten, sollen die Bundesmittel für die kantonalen Programme erhöht werden. Auf Basis von Plausibilisierungsüberlegungen und unter Berücksichtigung von provisorischen Bedarfsschätzungen der Kantone beantragt der Bundesrat, den Gesamtumfang für die Härtefallmassnahmen (Bund und Kantone) von 2,5 auf 10 Milliarden Franken zu erhöhen.

27

Die Wertschöpfungsstatistik basiert auf einer jährlich durch das BFS durchgeführten Stichprobenerhebung bei Unternehmen des sekundären und tertiären Sektors. Nicht in der Statistik enthalten sind u. a. öffentlich-rechtliche Betriebe, das Bank- und Versicherungswesen sowie Angaben zu Kleinstunternehmen mit weniger als 3 FTE (Vollzeitäquivalente).

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Bislang waren Höchstbetrag und Beteiligung der Kantone für jede Tranche einzeln im Covid-19-Gesetz definiert (Art. 12 Abs. 1 und 6). Dies verkompliziert den Vollzug in den Kantonen. Auf ausdrücklichen Wunsch der Kantone sollen die Tranchen vereinheitlicht werden. Neu sind zwei Tranchen vorgesehen: Mit einer ersten Tranche von 6 Milliarden Franken unterstützen die Kantone Unternehmen mit Jahresumsätzen von bis und mit 5 Millionen Franken; an diesen Massnahmen beteiligt sich der Bund zu 70 Prozent. Eine zweite Tranche im Umfang von 4 Milliarden Franken wird ausschliesslich durch den Bund finanziert. Diese dient zwei Zielsetzungen: Erstens soll der Bund die Kosten von A-Fonds-perdu-Beiträgen und Verlusten aus Darlehen übernehmen, welche die Kantone zum Ausgleich von ungedeckten Kosten an grössere, oft überregional tätige Unternehmen mit Jahresumsätzen von mehr als 5 Millionen Franken ausrichten. Zuständig für das Verfahren ist der Kanton, in dem ein Unternehmen am 1. Oktober 2020 seinen Sitz hatte. Damit kann die Problematik der Firmen mit Zweigniederlassungen gelöst werden: Das Gesetz regelt neu eindeutig die kantonale Zuständigkeit («Sitzprinzip», nicht «Niederlassungsprinzip»). Ein Vorgehen nach dem Niederlassungsprinzip wäre anfällig für Missbrauch (Definition einer Niederlassung, Einhaltung der Obergrenze pro Unternehmen) und würde grosse Unternehmen ohne Niederlassungen benachteiligen. Indem der Bund die Beiträge an grössere Unternehmen vollständig finanziert, wird der meist kantonsübergreifenden wirtschaftlichen Bedeutung dieser Firmen Rechnung getragen, und überproportionale Belastungen einzelner Kantone durch das «Sitzprinzip» werden weitestgehend vermieden. Da der Bund die Subventionen an die grösseren Unternehmen vollständig finanziert, kann er den Kantonen Vorschriften über die Anspruchsvoraussetzungen und die Bemessung der entsprechenden Hilfen machen. Damit wird einer Ungleichbehandlung unter den Unternehmen vorgebeugt. Für die Beiträge an grössere Unternehmen sind rund 3 Milliarden der neuen «Bundestranche» vorgesehen. Zweitens soll rund 1 Milliarde dieser zweiten Tranche eingesetzt werden, um ex post besondere Belastungen der Kantone (z.B. Tourismuskantone) auszugleichen; hierzu soll der Bund Zusatzbeiträge an besonders von Sonderlasten betroffene Kantone ausrichten können (vgl. Ziff. 5.1).
Die Gesamtbeträge sollen vom Parlament über Verpflichtungskredite gesteuert werden. Im Rahmen des Voranschlags 2021 hat das Parlament für den Bundesanteil am bisherigen Gesamtumfang der Härtefallmassnahmen einen Verpflichtungskredit im Umfang von 1932,5 Millionen Franken genehmigt. Aufgrund der Aufstockung auf insgesamt 10 Milliarden ergibt sich neu ein Bundesanteil von 8200 Millionen Franken (70 % an der 1. Tranche von 6 Mrd. plus die gesamte 2. Tranche von 4 Mrd.). Damit wäre ein Zusatzkredit von rund 6,3 Milliarden nötig. Angesichts der Höhe des Betrags und der Neuaufteilung der Mittel beantragt der Bundesrat dem Parlament aus Transparenzgründen einen neuen Bundesbeschluss über den gesamten Umfang der Bundesmittel für die Härtefallmassnahmen (8,2 Mrd.). Der im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Voranschlag bewilligte Verpflichtungskredit entfällt daher; das mit dem Voranschlag genehmigte Verpflichtungsvolumen für den Bereich «Wirtschaft» wird mit dem Bundesbeschluss über den Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 entsprechend reduziert.

Die Aufteilung der Bundesbeiträge unter den einzelnen Kantonen ist in der Covid-19Härtefallverordnung festgelegt. Die bisherigen Mittel werden zu zwei Dritteln nach dem kantonalen Bruttoinlandprodukt (BIP) und zu einem Drittel nach der Wohnbevölkerung verteilt (Art. 15 Covid-19-Härtefallverordnung). Dieser Verteilschlüssel 20 / 38

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soll für die gesamte neue erste Tranche gelten. Die Aufteilung der zweiten, ausschliesslich durch den Bund finanzierten Tranche lässt sich nicht im Voraus mit einem Schlüssel regeln. 3 Milliarden sind für kantonale Beiträge an Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 5 Millionen Franken vorgesehen. Hier ergibt sich die Aufteilung aus der Aufteilung der Hauptsitze von solchen Unternehmen und damit dem Mittelbedarf für solche Unternehmen. 1 Milliarde Franken soll für den Ausgleich von besonderen Belastungen eingesetzt werden. Diese lassen sich erst ex post feststellen.

Der Bundesrat wird daher die Aufteilung unter Beizug der Kantone zu einem späteren Zeitpunkt festlegen. Die Aufteilung der Härtefallmassnahmen auf kleinere und grössere Unternehmungen lassen sich nur grob abschätzen. Aus heutiger Sicht sollten die 9 Milliarden (ohne Ausgleichsmilliarde) für die Finanzierung der Härtefallbeiträge insgesamt ausreichen; mit der im Finanzierungsbeschluss vorgesehenen Möglichkeit zur Mittelverschiebung können die Bundesmittel je nach Bedarf umgelagert werden.

Sollten entgegen der Erwartungen die Mittel für die gesetzlich zugesagte finanzielle Beteiligung des Bundes nicht ausreichen, würde der Bundesrat einen entsprechenden Zusatzkredit beantragen.

Mit der Erhöhung des Gesamtumfangs der Härtefallmassnahmen leistet der Bund einen wichtigen Beitrag an die rasche Unterstützung der Unternehmen durch die Kantone. Grundsätzlich sind die Kantone frei in der Ausgestaltung ihrer Härtefallprogramme. Der Bund beteiligt sich an deren Kosten bzw. übernimmt sie, sofern die im Covid-19-Gesetz (Art. 12) und in der Härtefallverordnung vorgegebenen Mindestvoraussetzungen eingehalten werden, und bis zum Erreichen des Kostendachs. Dabei lässt die Verordnung den Kantonen Gestaltungsspielraum in der Umsetzung. Dennoch enthalten die Vorgaben auf Bundesebene einige «harte» Fakten (z. B. Schliessung oder mehr als 40 % Umsatzrückgang als Anspruchsvoraussetzung, Obergrenze der Beiträge je Unternehmen, Gründungszeitpunkt). Diese haben verschiedentlich die Befürchtungen geweckt, dass das Dispositiv für die wirtschaftliche Abfederung für gewisse Kategorien oder Arten von Unternehmen Lücken aufweisen könnte oder im Vollzug unklar sei. Das EFD und das WBF unterstützen derzeit die Kantone bei der Lösung dieser Fragen. Der Bundesrat
sieht ebenfalls entsprechende Präzisierungen in der Covid-19-Härtefallverordnung vor. Unter anderem soll die nominelle Höchstgrenze von Härtefallhilfen je Unternehmen erhöht werden.

Es gilt auch sicherzustellen, dass die betroffenen Unternehmen keine überhöhten Beiträge erhalten, die etwa dazu führen könnten, dass sie im Coronajahr besser abschliessen als in den Jahren zuvor. Dass Bund und Kantone A-Fonds-perdu-Beiträge an Unternehmen gewähren, weckt Begehrlichkeiten, ruft unzählige Abgrenzungsfragen hervor und wird in einem gewissen Ausmass auch unzufriedene Unternehmen hinterlassen. In der Umsetzung gilt es, grobe Ungleichbehandlungen zwischen vergleichbaren Unternehmen möglichst zu vermeiden. Dazu ist es nach Auffassung des Bundesrates zielführend, auch im Rahmen der Härtefallhilfen wieder vermehrt auf Darlehen und Bürgschaften zu setzen oder zumindest einen namhaften Eigenbeitrag der Unternehmen an ihre Sanierung einzufordern. Damit wird die Überlebensfähigkeit der Unternehmen automatisch stärker in die Überlegungen einbezogen, was bei A-Fondsperdu-Beiträgen nicht der Fall ist. Für die grösseren Unternehmen, bei denen der Bund die ganzen Beiträge übernimmt, wird der Bundesrat strenge Vorschriften zur Vermeidung einer Überentschädigung erlassen.

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4.2

Arbeitslosenversicherung

4.2.1

Erhöhung der Anzahl Taggelder für versicherte Personen der ALV und entsprechende Verlängerung der Rahmenfristen

Aufgrund der aktuellen Lage gestaltet sich die Stellensuche für arbeitslose Personen schwierig. Daher soll mit der vorliegenden Botschaft Artikel 17 des Covid-19-Gesetzes zu den Massnahmen der ALV um zwei Absätze ergänzt werden. Der neue Absatz 2 regelt die Erhöhung der Anzahl Taggelder für versicherte Personen um maximal 66 zusätzliche Bezugstage, beginnend ab dem 1. März 2021. Dazu muss auch eine Verlängerung der Rahmenfristen erfolgen, weshalb ein neuer Absatz 3 eingefügt wird.

Die erneut angeordneten Betriebsschliessungen haben die Chancen der Arbeitssuchenden auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt stark verringert, da die Aussichten auf eine neue Stelle gering und die Unternehmen bei Neuanstellungen zurückhaltend sind. Für Betriebe in Kurzarbeit besteht zudem ein Verbot, neue Mitarbeitende einzustellen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit einer Aussteuerung für arbeitslose Personen. Die KAE entfaltet weiterhin ihre dämpfende Wirkung auf die Arbeitslosigkeit; nichtsdestotrotz ist ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen gerade in den von Schliessungen betroffenen Branchen wahrscheinlich. Die aktuellen Einschränkungen treffen erneut diejenigen Wirtschaftsbereiche, die bereits 2020 durch einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen waren. Mit einer erneuten, beschränkten Ausdehnung der maximalen Bezugsdauer von ALE kann diesem Umstand Rechnung getragen werden. Mit 66 zusätzlichen Taggeldern (drei Monate) können Aussteuerungen arbeitsloser Personen aufgrund der ausserordentlichen Lage auf dem Arbeitsmarkt verhindert werden, gerade wenn sie in einer von Betriebsschliessungen betroffenen Branche tätig sind. Dadurch kann eine Kostenverlagerung vom Bund (ALV) zu den Kantonen und Gemeinden (Sozialhilfe) vermieden werden.

Die aktuellen Prognosen gehen von einer Erholung des Arbeitsmarktes im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2021 aus. Unter der Annahme, dass aufgrund der Impfkampagne erste gesundheitspolizeiliche Massnahmen bald wegfallen, sollte eine Verlängerung der Taggeldbezugsdauer um drei Monate genügen, um gegenüber den betroffenen arbeitslosen Personen die Zeitspanne der Betriebsschliessung zu kompensieren und Aussteuerungen zu verhindern. Die Verlängerung soll ab dem 1. März 2021 aktiviert werden und bis Ende Mai 2021 andauern. Zugleich wird für die betroffenen Personen auch die Dauer der Rahmenfrist für die Beitragszeit verlängert.

4.2.2

Aufhebung der Voranmeldefrist von Kurzarbeit und Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Kurzarbeitsbewilligungen

Kurzarbeit muss aktuell 10 Tage vor ihrem Beginn vorangemeldet und bewilligt werden. Für kurzfristig angeordnete behördliche Massnahmen gelten verkürzte Voranmeldefristen. Die Bewilligung berechtigt zur Abrechnung von KAE für drei Monate.

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Der Bundesrat hat seit dem 18. Dezember 2020 verschiedene nationale Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus beschlossen, insbesondere die Schliessung von Restaurants, Kulturbetrieben und Läden mit Waren des nichttäglichen Bedarfs.

Aufgrund dieser Massnahmen waren viele Betriebe gezwungen, Kurzarbeit einzuführen. Die Voranmeldefrist führte teilweise dazu, dass der Anspruch auf KAE nicht zu Beginn der behördlichen Massnahmen entstand, sondern erst nach Ablauf der Voranmeldefrist. Daher soll für diejenigen Betriebe, die aufgrund behördlicher Massnahmen, die seit dem 18. Dezember 2020 erlassen wurden, von Kurzarbeit betroffen sind, der Beginn der Kurzarbeit rückwirkend auf das Inkrafttreten der Massnahmen ermöglicht werden (sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen alle erfüllt sind). Weiter zurückliegende kantonale Massnahmen lösen keine Rückwirkung aus, da der Gesetzgeber eine solche im Rahmen der Beratung des Covid-19-Gesetzes in der Wintersession 2020 hätte beschliessen können, was er jedoch nicht tat. Aus Gründen der Gleichbehandlung soll die Voranmeldefrist mit Inkrafttreten von Artikel 17b bis auf Weiteres für alle Betriebe aufgehoben werden. Zudem sollen Kurzarbeitsbewilligungen bis zum Ende des Jahres 2021 für maximal sechs Monate gültig sein. Damit können die betroffenen Betriebe und die Durchführungsstellen administrativ entlastet werden.

4.2.3

Kompetenzerteilung an den Bundesrat zur Verlängerung der Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung auf maximal 24 Abrechnungsperioden

Die aktuelle Höchstbezugsdauer für KAE beträgt 18 Abrechnungsperioden (eine Abrechnungsperiode entspricht im Normalfall einem Monat) innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist. Damit wird allen Betrieben, die seit März 2020 KAE beziehen, der durchgehende Bezug bis Ende August 2021 ermöglicht.

Die aktuellen Konjunkturprognosen gehen von einer Erholung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2021 aus. Die Prognoseunsicherheit bleibt aber gross. Aufgrund der letzten Entwicklungen in der Bekämpfung von Covid-19 und den daraufhin getroffenen behördlichen Massnahmen bleibt es ungewiss, wann der Bundesrat die gesundheitspolizeilichen Massnahmen wirklich lockern kann. Je länger diese Lockerung hinausgezögert werden muss, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein grosser Teil der Unternehmen auch nach August 2021 bzw. nach dem Erreichen der 18 Abrechnungsperioden auf KAE angewiesen sein wird. Zu beachten ist dabei, dass eine Lockerung nicht mit einer sofortigen vollständigen Arbeitsaufnahme gleichzusetzen ist, da diese durch weitere Faktoren verzögert werden kann (verbleibende Hygienevorschriften und Schutzkonzepte, Entwicklung der in- und ausländischen Nachfrage usw.). Folglich können Arbeitsausfälle über den Zeitpunkt einer Lockerung hinaus bestehen bleiben, und der Bezug von KAE sinkt nur schrittweise. Damit steigt das Risiko einer Entlassungswelle im Herbst 2021, wenn die Unternehmen die aktuelle Höchstbezugsdauer von KAE erreicht haben.

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Mit Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe h des Covid-19-Gesetzes soll dem Bundesrat die Möglichkeit gegeben werden, die Höchstbezugsdauer von KAE auf maximal 24 Abrechnungsperioden zu verlängern, sollte sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessern. Eine allfällige Verlängerung würde in der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung umgesetzt, die der Bundesrat nach Konsultation der zuständigen Kommissionen, der Dachverbände der Sozialpartner und der Kantone zu verabschieden hat. Die Verlängerung müsste vor Ende August 2021 in Kraft treten, damit eine direkte Anschlusslösung an die aktuelle maximale Höchstbezugsdauer von 18 Abrechnungsperioden besteht.

Mit der Schaffung der Möglichkeit, die Höchstbezugsdauer für KAE auf maximal 24 Abrechnungsperioden zu verlängern, wird dem ausserordentlichen Charakter der aktuellen Wirtschaftslage und der bestehenden hohen Unsicherheit Rechnung getragen. Einer Entlassungswelle und damit einer steigenden Arbeitslosigkeit kann falls nötig entgegengewirkt werden, was dem grundsätzlichen Ziel der KAE entspricht. Mit einer rechtzeitigen Einführung wird die Planungssicherheit für die Unternehmen erhöht.

4.2.4

Leistung eines Bundesbeitrags an die ALV im Umfang der Kurzarbeitsentschädigungen für die Abrechnungsperioden 2021

Der Bund soll unabhängig vom Stand der Verschuldung des ALV-Fonds eine Erhöhung des Bundesbeitrags an die ALV im Umfang der KAE für die Abrechnungsperioden 2021 leisten. Dies bedingt eine Änderung von Artikel 90a Absatz 3 AVIG.

Die ALV unterliegt einer Schuldenbremse. Erreicht die Verschuldung des Ausgleichsfonds der ALV am Jahresende 2,5 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme, so hat der Bundesrat dem Parlament innert Jahresfrist eine Gesetzesrevision für eine neue Finanzierungsregelung zu unterbreiten (Art. 90c Abs. 1 AVIG). Zudem muss der Bundesrat den Beitragssatz vorgängig (in diesem Fall am 1. Jan. 2022) um maximal 0,3 Prozentpunkte erhöhen und die Lohnanteile oberhalb des maximal versicherten Verdienstes der Beitragspflicht unterstellen. Dieses sogenannte Solidaritätsprozent wird bereits erhoben.

Im Jahr 2020 wäre die Schuldenobergrenze der ALV aufgrund der zusätzlichen Ausgaben aus der Coronakrise überschritten worden, obwohl die ALV zu Beginn des Jahres 2020 schuldenfrei war. Zur Sicherung der finanziellen Stabilität der ALV hat der Bund daher die Ausgaben für KAE für die Abrechnungsperioden des Jahres 2020 im Umfang von rund 11 Milliarden Franken übernommen.

Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass die ALV auch 2021 nochmals stark durch die Folgen von Covid-19 belastet werden wird. Aktuell werden für 2021 allein Ausgaben für KAE von bis zu 6,0 Milliarden Franken erwartet.

Seit März 2020 wurden die Leistungen der ALV stark ausgeweitet, und sie überschreiten noch heute den ordentlichen gesetzlichen Rahmen deutlich. Die Nutzung der Instrumente der ALV (KAE, ALE und Insolvenzentschädigungen) bleibt stark oder

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nimmt sogar zu. Das Erreichen der Schuldenobergrenze wird aktuell nicht prognostiziert, aber die erneute Verschärfung der behördlichen Massnahmen werden kurz- und mittelfristig eine weitere Zunahme der ALV-Leistungen zur Folge haben.

Der Bund soll deshalb auch die KAE des Jahres 2021 finanzieren. Dadurch sollen die Handlungsfähigkeit der ALV, ihre Rolle als Konjunkturstabilisator und das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Leistungen für die nächsten Jahre gestärkt werden.

4.3

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung

Entsprechend der vom Parlament angenommenen Motion (vgl. Ziff. 1.4) sieht die gesetzliche Grundlage vor, dass durch die öffentliche Hand geführte Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung für die Ausfälle in der Zeit vom 17. März 2020 bis zum 17. Juni 2020 von den Kantonen auf gleiche Art entschädigt werden wie die privaten Institutionen. Der Bund gewährt Kantonen für ausgerichtete Entschädigungen Finanzhilfen.

Dabei gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie für die privaten Institutionen, sowohl bezüglich der Dauer der Entschädigung als auch bezüglich der Beteiligung des Bundes von 33 Prozent an den Kosten.

Dabei verfügen die Kantone über einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung. So ist der Aufwand für die Umsetzung in Kantonen gering, die bereits ein Entschädigungssystem für die entsprechenden öffentlich geführten Institutionen eingerichtet haben. Die Bestimmung soll bis zum 31. Dezember 2022 befristet sein, was den Kantonen genügend Zeit lässt für die Umsetzung und dem Bund für die Kontrolle und Auszahlung der Beiträge.

4.4

Ausfallentschädigung an Kulturschaffende

Am 27. Januar 2021 hat der Bundesrat beschlossen, dem Parlament die Rückwirkung für die Ausrichtung von Ausfallentschädigungen an Kulturschaffende zu beantragen.

Damit soll eine Unterstützung auch für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 18. Dezember 2020 ermöglicht werden. Eine Auszahlung von Unterstützungsleistungen an Kulturschaffende kann für diesen Zeitraum erst nach Verabschiedung dieser Bestimmung durch das Parlament erfolgen.

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5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Covid-19-Gesetz (Vorlage 1)

Art. 12 Abs. 1, 1quater, 1quinquies, 1sexies, 2, 6 und 7 (Härtefallmassnahmen) Artikel 12 enthält die Voraussetzungen für Härtefallmassnahmen für Unternehmen.

Absatz 1 regelt Grundsatz und Zweck der Unterstützung des Bundes. Im geltenden Recht sind drei Tranchen mit unterschiedlichen Kantonsanteilen vorgesehen. Neu führt der Absatz für die Kantonsbeteiligung keine Tranchen mehr auf; die erforderlichen Finanzmittel werden dem Parlament über einen Verpflichtungskredit beantragt, und der prozentuale Umfang der Bundesbeteiligung findet sich neu in Absatz 1quater (vgl. unten). Zudem wird präzisiert, dass sich der Bund an Massnahmen beteiligt, die derjenige Kanton ergreift, in dem ein Unternehmen am 1. Oktober 2020 seinen statutarischen Sitz hatte. Dies klärt eindeutig die kantonale Zuständigkeit für Unternehmen mit Zweigniederlassungen in verschiedenen Kantonen und ermöglicht eine lückenlose Bundesbeteiligung über alle Kantone auch für den Fall, dass ein Unternehmen seinen Sitz während des laufenden Härtefallprogramms in einen anderen Kanton verlegt. Der bereits in der Covid-19-Härtefallverordnung verankerte Grundsatz, wonach Unternehmen, die in der Schweiz kein Personal beschäftigen und keine Geschäftstätigkeit ausüben, keinen Anspruch auf Härtefallunterstützung haben, gilt weiterhin.

In Absatz 1quater wird die finanzielle Beteiligung des Bundes an den kantonalen Massnahmen geregelt: Neu soll sich der Bund zu 70 Prozent an den Kosten für Härtefallmassnahmen an Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis und mit 5 Millionen Franken beteiligen. Berechnungsgrundlage soll grundsätzlich das Geschäftsjahr 2019 sein; dies sowie der Umgang mit überlangen Geschäftsjahren und weiteren Besonderheiten wird in der Härtefallverordnung geregelt.

Für Unternehmen mit einem Umsatz über 5 Millionen Franken trägt der Bund die gesamten Kosten der kantonalen Härtefallmassnahmen. Absatz 1quinquies ermächtigt den Bundesrat, für diese Härtefallmassnahmen besondere Vorschriften zu erlassen. Dies rechtfertigt sich erstens aus der Tatsache, dass die Beiträge an solche Unternehmen zu 100 Prozent durch den Bund finanziert werden. Daher soll auch bei der Bemessung eine Vereinheitlichung angestrebt werden. Zweitens können A-Fonds-perdu-Beiträge an einzelne grössere Unternehmen mehrere Millionen Franken erreichen. Dies bedingt eine
sorgfältigere Prüfung. Insbesondere gilt es, Überentschädigungen zu vermeiden, die im Endeffekt die Steuerzahlenden belasten würden. Beispielsweise dürfen A-Fonds-perdu-Beiträge nicht höher ausfallen als die effektiv angefallenen ungedeckten Kosten. Deshalb wird dem Bundesrat mit dieser Bestimmung die Kompetenz erteilt, für die von ihm alleine finanzierten Massnahmen festzulegen, welche Belege die Kantone von den Unternehmen einzufordern haben und wie die Beiträge an die Unternehmen zu bemessen sind. Ausserdem wird der Bundesrat zur Verhinderung von Missbräuchen ermächtigt, zu regeln, unter welchen Bedingungen er sich an Verlusten an Darlehen, Bürgschaften oder Garantien beteiligt. Die Details werden in der Covid-19-Härtefallverordnung geklärt. Dabei gilt die Neuaufteilung der finanziellen Zuständigkeiten auch rückwirkend für Hilfen, die zum Zeitpunkt der Gesetzesanpassung bereits erfolgt sind. Für Grossunternehmen, die bereits Unterstützung

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erhalten haben, wird eine allfällige Differenz der Berechnungsgrundlage zwischen altem und neuem Recht zu ihren Gunsten ausgeglichen.

Absatz 1sexies bestimmt, dass sich der Bund an der Finanzierung der kantonalen Massnahmen nur beteiligt, wenn die kantonalen Regelungen die im Bundesrecht festgelegten Mindestvoraussetzungen erfüllen. Zudem hält der Absatz zu Massnahmen für Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 5 Millionen Franken fest, dass die Anspruchsvoraussetzungen im kantonalen Recht nicht strenger ausgestaltet werden können als im Bundesrecht. Erlaubt das kantonale Recht eine grosszügigere Beitragsleistung als das Bundesrecht, müssen die Kantone diese Kosten selbst tragen.

Für den Vollzug bleiben unabhängig von der Tranche die Kantone zuständig; diese tragen auch den Verwaltungsaufwand für diese Massnahmen.

Die Regelung zur Vereinheitlichung der Anspruchsvoraussetzungen und der Bemessungsgrundlagen im Bundesrecht wird es den Kantonen erlauben, sich bei der Umsetzung direkt auf das Bundesrecht abzustützen. Dies dürfte die Umsetzung vereinfachen und beschleunigen. Der Kanton bleibt für die Prüfung und Abwicklung der Gesuche vollumfänglich zuständig.

Die sogenannte «Bundesratsreserve» im bisherigen Absatz 6 wird neu in Absatz 2 ausgeführt. Aus der vom Bund alleine finanzierten Tranche sollen nämlich nicht nur die Härtefallmassnahmen für grössere Unternehmungen im Umfang von 3 Milliarden Franken finanziert werden. Vielmehr soll der Bund weiterhin über eine «Bundesratsreserve» verfügen, mit der er gezielt allfällige Sonderbelastungen ausgleichen kann.

Diese «Bundesratsreserve» soll dabei von 750 Millionen Franken auf 1 Milliarde Franken aufgestockt werden. Da der Bund neu die Kosten für Unternehmen mit einem Umsatz über 5 Millionen Franken vollständig übernimmt und dadurch die überdurchschnittliche Belastung der Sitzkantone stark gemildert sein sollte, steht die «Bundesratsreserve» beispielsweise für eine allfällig höhere Belastung der Tourismuskantone zur Verfügung (vgl. Ziff. 1.2). Die Aufteilung soll ex post und unter Beizug der Kantone geklärt werden.

Absatz 6 regelt den Sachverhalt von kantonsübergreifenden Unternehmen mit Niederlassungen ohne Rechtspersönlichkeit in anderen Kantonen. Härtefallentschädigungen werden nach Absatz 1 durch den Sitzkanton ausgerichtet. Damit der Bund die
Härtefallmassnahmen des Kantons unterstützt, muss der Kanton Unternehmen gleich behandeln, unabhängig davon, ob sie ausschliesslich in seinem oder auch in anderen Kantonen eine Geschäftstätigkeit ausüben. Dies verhindert, dass aufgrund von anderslautenden kantonalen Regelung Unternehmen mit Sitz, aber ohne Geschäftstätigkeit im Kanton ausgeschlossen werden. Die Voraussetzung der Ausübung einer Geschäftstätigkeit und die Beschäftigung von Personal (vgl. ebenfalls Art. 1 Abs. 2 Bst. b Covid-19-Härtefallverordnung) stellt sicher, dass keine Briefkastenfirmen unterstützt werden. Der Sitzkanton unterstützt nicht nur den Unternehmenssitz und Niederlassungen auf seinem Kantonsgebiet, sondern berücksichtigt bei der Bemessung der Leistung sämtliche Niederlassungen in der Schweiz.

Nach Absatz 7 können die Kantone zur Erfüllung ihrer Aufgaben selbstständig Zivilund Strafverfahren bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten einleiten und führen. Sie können dabei sämtliche notwendigen Handlungen vornehmen.

Es wird zudem klargestellt, dass den Kantonen eine uneingeschränkte Parteistellung 27 / 38

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als Privatkläger zur Wahrung der Interessen des Bundes nach den Artikeln 118 ff. der Strafprozessordnung (StPO)28 zukommt. Der Absatz dient der Klärung der Rechtslage. Dies war schon bei den Solidarbürgschaften nach dem Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz vom 18. Dezember 2020 nötig, um Unklarheiten auszuräumen.

Art. 17 Abs. 1 Bst. h, Abs. 2 und 3 (Arbeitslosenversicherung) Absatz 1 Buchstabe h: Das AVIG sieht eine Höchstbezugsdauer von 12 Abrechnungsperioden für KAE innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist für den Leistungsbezug vor (Art. 35 Abs. 1 AVIG). Der Bundesrat kann bei andauernder erheblicher Arbeitslosigkeit die Höchstdauer um weitere 6 Abrechnungsperioden verlängern (Art. 35 Abs. 2 AVIG). Von dieser Möglichkeit hat der Bundesrat bereits Gebrauch gemacht.

Aktuell dauert die Höchstbezugsdauer für KAE bis 31. Dezember 2021 18 Abrechnungsperioden. Damit wurde allen Betrieben, die seit März 2020 KAE beziehen, der durchgehende Bezug bis Ende August 2021 ermöglicht. Mit dem neuen Buchstabe h soll dem Bundesrat die Kompetenz erteilt werden, vom AVIG abzuweichen und bei Bedarf die Höchstbezugsdauer auf maximal 24 Abrechnungsperioden zu verlängern.

Absätze 2 und 3: Versicherte Personen, die im März 2021 noch über eine laufende Rahmenfrist für den Leistungsbezug verfügen und ihren ordentlichen Taggeldanspruch noch nicht ausgeschöpft haben, und Personen, die ab März 2021 arbeitslos werden, haben für die Kontrollperioden März, April und Mai 2021 entsprechend den kontrollierbaren Tagen während dieser drei Monate Anspruch auf zusätzlich höchstens 66 Taggelder. Der aktuelle Höchstanspruch gemäss Artikel 27 AVIG wird dadurch nicht belastet. Somit werden die ordentlichen Taggelder bzw. die Ende Februar 2021 noch bestehenden Taggelder erst nach Ablauf der drei Kontrollperioden wieder beansprucht.

Für Versicherte, die zwischen dem 1. März 2021 und dem 31. Mai 2021 von den maximal 66 zusätzlichen Taggeldern profitieren, wird die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um die Dauer des zusätzlichen Taggeldbezuges, maximal um 3 Monate, verlängert. Dies ermöglicht den Bezug der ordentlichen Taggelder, die zwischen dem 1. März 2021 und dem 31. Mai 2021 nicht bezogen wurden. Für versicherte Personen, die bereits am 1. März 2021 arbeitslos waren, erfolgt eine Verlängerung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug um
3 Monate. Für versicherte Personen, die erst zwischen dem 1. März 2021 und dem 31. Mai 2021 arbeitslos geworden sind, wird die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um die Differenz zwischen dem Beginn der Arbeitslosigkeit und dem 31. Mai verlängert.

Ist eine versicherte Person nach Ende der verlängerten Rahmenfrist für den Leistungsbezug weiterhin arbeitslos oder wird sie innerhalb von 2 Jahren wieder arbeitslos, so wird die Rahmenfrist für die Beitragszeit ­ das heisst der Zeitraum, der zur Verfügung steht, um die nötigen Beitragszeiten für einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung zu generieren ­ bei Bedarf ebenfalls verlängert.

Die Dauer der Rahmenfrist für die Beitragszeit dieser Personen wird um die exakt gleiche Dauer verlängert, um welche die vorgängige Rahmenfrist für den Leistungsbezug aufgrund des Anspruchs auf zusätzliche Taggelder zwischen dem 1. März 2021 28

Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007 (SR 312.0)

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und dem 31. Mai 2021 verlängert wurde. Es erfolgt somit eine symmetrische Verlängerung. Die Verlängerung der Rahmenfrist für die Beitragszeit erfolgt nur bei Bedarf, d. h. nur wenn die versicherte Person hierdurch einen (längeren) Taggeldanspruch erreicht (Art. 27 Abs. 2 AVIG).

Die Regelung betreffend die Verlängerung der Rahmenfristen für Versicherte, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 von den maximal 120 zusätzlichen Taggeldern profitieren konnten (Art. 17 Bst. c Covid-19-Gesetz), wird von der neuen Regelung in Artikel 17 Absätze 2 und 3 nicht berührt. Der Umstand, dass Versicherte von den maximal 120 zusätzlichen Taggeldern profitieren konnten, schliesst sie nicht davon aus, von den neuen zusätzlichen Taggeldern zu profitieren. Im Gegensatz zur Regelung von Artikel 17 Buchstabe c ist die neue Regelung ohne Umsetzung in der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung vom 20. März 202029 direkt anwendbar. Dadurch ist eine unmittelbare Umsetzung nach Inkraftsetzung der Regelung gewährleistet.

Art. 17b

Voranmeldung, Dauer und rückwirkende Gewährung der Kurzarbeit

Mit Artikel 17b wird ebenfalls eine direkt anwendbare Bestimmung geschaffen, die nach ihrer Inkraftsetzung keiner Umsetzung in der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung bedarf.

Artikel 36 Absatz 1 AVIG sieht grundsätzlich eine Voranmeldefrist von 10 Tagen für die Kurzarbeit vor. Der Bundesrat hat die Kompetenz, für Ausnahmefälle eine kürzere Voranmeldefrist festzulegen. Eine vollständige Aufhebung der Voranmeldefrist ist im AVIG nicht vorgesehen. Mit Absatz 1 erster Satz wird die Voranmeldefrist für alle Betriebe vollständig aufgehoben. Das heisst, Betriebe, die zukünftig Kurzarbeit anmelden, müssen keine Voranmeldefrist mehr einhalten. Der Beginn der Kurzarbeit kann somit ab Datum der Voranmeldung bewilligt werden, sofern alle übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

Artikel 36 Absatz 1 AVIG sieht weiter vor, dass die Kurzarbeit, wenn sie länger als drei Monate dauert, neu vorangemeldet und bewilligt werden muss. Mit Absatz 1 zweiter Satz soll die Kurzarbeitsbewilligung der kantonalen Amtsstelle neu für sechs Monate gültig sein. Das heisst, der Betrieb muss die Voranmeldung erst erneuern, wenn die Kurzarbeit länger als sechs Monate andauert. Diese Regelung soll Betriebe und Durchführungsstellen administrativ entlasten.

Artikel 17b Absatz 1 soll entsprechend dem Covid-19-Gesetz bis zum 31. Dezember 2021 in Kraft bleiben. Das heisst, Kurzarbeitsbewilligungen mit einer längeren Gültigkeitsdauer gestützt auf Artikel 17b Absatz 1 hätten ab 31. Dezember 2021 keine Rechtsgrundlage mehr. In der Folge können ab 1. Juli 2021 daher nicht mehr die vollen 6 Monate Bewilligungsdauer ausgeschöpft werden. Absatz 1 dritter Satz sieht deshalb vor, dass Kurzarbeit mit einer Dauer von mehr als drei Monaten ab 1. Juli 2021 längstens bis zum 31. Dezember 2021 bewilligt werden darf. Ab dem 1. Oktober 2021 wird die Kurzarbeit wieder für die ordentliche Dauer von drei Monaten gemäss Artikel 36 Absatz 1 AVIG bewilligt. Diese Bewilligungen können über den 31. Dezember 2021 hinaus erteilt werden.

29

SR 837.033

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Aufgrund der Massnahmen des Bundesrates seit dem 18. Dezember 2020 sind viele Betriebe gezwungen, Kurzarbeit einzuführen. Die Voranmeldefrist führt teilweise dazu, dass der Anspruch auf KAE nicht ab Beginn der behördlichen Massnahmen entsteht, sondern erst nach Ablauf der Voranmeldefrist. Mit Absatz 2 soll die Möglichkeit eingeführt werden, den Beginn der Kurzarbeit ­ ausnahmsweise und unabhängig vom Zeitpunkt der Voranmeldung ­ rückwirkend auf das Datum des Inkrafttretens der behördlichen Massnahmen festzusetzen. Die rückwirkende Anpassung erfolgt nur auf Gesuch des Betriebes hin und ist auf behördliche Massnahmen zwischen dem 18. Dezember 2020 und dem Inkrafttreten dieser Bestimmung beschränkt.

Dadurch müssen die kantonalen Amtsstellen (KAST) nicht sämtliche Kurzarbeitsbewilligungen revidieren (was einen deutlichen Mehraufwand generieren würde, da dieser Vorgang nicht automatisiert erfolgen kann), sondern können auf Gesuch hin reagieren.

Ein entsprechendes Gesuch ist bis zum 30. April 2021 durch den Betrieb bei der KAST einzureichen. Die Einreichung kann schriftlich oder auch elektronisch (E-Services) erfolgen. Bei der Frist vom 30. April 2021 handelt es sich um eine Verwirkungsfrist. Das Versäumnis der Frist führt dazu, dass der Betrieb seinen Anspruch auf die rückwirkende Anpassung des Beginns der Kurzarbeit verliert.

Der Betrieb muss den durch Absatz 2 neu entstandenen KAE-Anspruch bei der zuständigen Arbeitslosenkasse geltend machen. Gemäss Artikel 38 Absatz 1 AVIG ist für die Geltendmachung des KAE-Anspruches eine Verwirkungsfrist von drei Monaten vorgesehen. Das heisst, die Ansprüche müssen innert drei Monaten nach Ablauf jeder Abrechnungsperiode bei der Arbeitslosenkasse geltend gemacht werden. Für die Abrechnungsperiode Dezember 2020 müsste der KAE-Anspruch bis zum 31. März 2021 geltend gemacht werden. Mit Absatz 3 wird daher eine Ausnahme zur Verwirkungsfrist nach Artikel 38 Absatz 1 AVIG geschaffen. Der Betrieb muss danach die neuen Entschädigungsansprüche nach Absatz 2 bis zum 30. April 2021 bei der zuständigen Arbeitslosenkasse geltend machen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Verwirkungsfrist, das heisst der neue Anspruch auf KAE nach Absatz 2 erlischt, wenn er nicht innert Frist geltend gemacht wird. Es kann kein rückwirkender Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden
für Arbeitnehmende, die bereits entlassen wurden.

Mit dem 30. April 2021 haben die Betriebe einen zusätzlichen Monat Zeit, ihre Ansprüche rückwirkend geltend zu machen. Den Arbeitslosenkassen bleibt anschliessend ein Monat, um die definitive Abrechnung der geleisteten KAE des Jahres 2020 bis Ende Mai 2021 zu erstellen. Somit sollte trotz der neu eingeführten Regelungen bei der Abrechnung der Gesamtkosten für die KAE des Jahres 2020 durch die ALV keine grosse zeitliche Verspätung erfolgen. Die Kosten für KAE des Jahres 2020 können damit rechtzeitig gemäss den Bestimmungen von Artikel 90a Absatz 3 AVIG mit dem Bund abgerechnet werden.

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Art. 17c

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung

Nach Absatz 1 gewährt der Bund Kantonen Finanzhilfen, die Ausfallenschädigungen an von der öffentlichen Hand betriebene Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung (Kindertagesstätten, Einrichtungen für die schulergänzende Betreuung und Strukturen für die Koordination der Betreuung in Tagesfamilien) ausgerichtet haben. Dabei können die Kantone die Entschädigungen bereits ausgerichtet haben oder sie erst nach der Annahme von Artikel 17c ausrichten. In jedem Fall müssen die Kantone die Beiträge ausbezahlt haben, bevor sie Antrag auf Finanzhilfen des Bundes stellen können.

Absatz 2 legt die Rahmenbedingungen für die Entschädigung fest. Die Entschädigungen beziehen sich längstens auf den Zeitraum vom 17. März 2020 bis zum 17. Juni 2020. Die Kantone können diesen Zeitraum verkürzen. Die Beteiligung des Bundes beträgt 33 Prozent der von den Kantonen ausgerichteten Entschädigungen. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) sind dies für den Bund maximal 20 Millionen Franken.

Nach Absatz 3 werden die Einzelheiten in einer Verordnung geregelt. Diese Verordnung wird sich an der Verordnung für die privaten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung orientieren, den Kantonen aber mehr Spielraum bei der Umsetzung lassen.

Art. 21 Abs. 10 Artikel 11 Absatz 2 des Covid-19-Gesetzes in der Fassung vom 18. Dezember 2020 wird rückwirkend auf den 1. November 2020 in Kraft gesetzt (und gilt bis zum 31. Dezember 2021). Damit soll eine Unterstützung an Kulturschaffende auch für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 18. Dezember 2020 ermöglicht werden. Kulturunternehmen werden wie bisher ab dem 26. September 2020 unterstützt.

Ziff. II Absätze 1 und 2: Die beantragte Änderung des Covid-19-Gesetzes soll dringlich erklärt und ohne Abwarten der Referendumsfrist in Kraft gesetzt werden. Dringliche Bundesgesetze sind aufgrund von Artikel 165 Absatz 1 BV zu befristen. Die BV äussert sich nicht zur Maximaldauer. Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum, da die Geltungsdauer einzelner Bestimmungen ein Jahr übersteigt (Art. 141 Abs. 1 Bst. b BV).

Absatz 3: Artikel 17 Absätze 2 und 3 des Covid-19-Gesetzes soll bis zum 31. Dezember 2023 gelten. Durch diese Geltungsdauer wird sichergestellt, dass die Rechtsgrundlage für die Verlängerung der betroffenen Rahmenfristen bestehen
bleibt, sodass niemand vorzeitig ausgesteuert wird. Zudem kann es vorkommen, dass sich Personen ab dem 1. Juli 2023 erneut arbeitslos melden und die Eröffnung einer neuen Rahmenfrist für den Leistungsbezug verlangen. Sie können bei Bedarf die Rahmenfrist für die Beitragszeit verlängern. Aufgrund der Geltungsdauer von Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c des Covid-19-Gesetzes bis zum 31. Dezember 2023 (geltender Art. 21 Abs. 7)

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ist auch eine Geltungsdauer von Artikel 17 Absätze 2 und 3 bis zum 31. Dezember 2023 erforderlich, um eine einheitliche Praxis betreffend die Verlängerungen zu gewährleisten.

Absatz 4: Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe h soll bis Ende 2022 gelten.

Absatz 5: Damit die Entschädigungen an von der öffentlichen Hand betriebene familienergänzende Institutionen der Kinderbetreuung und die Finanzhilfen an die Kantone im vorgesehenen Zeitraum ausgerichtet werden können, soll Artikel 17c bis zum 31. Dezember 2022 gelten. Diese Geltungsdauer ermöglicht es den Kantonen, die Bestimmung umzusetzen, die Entschädigungen an die Institutionen auszurichten und beim BSV die entsprechenden Finanzhilfen zu beantragen.

5.2

Kreditbeschluss (Vorlage 2)

Neu soll der Gesamtbetrag für Beiträge an kantonale Härtefallmassnahmen nicht mehr im Gesetz geregelt werden. Stattdessen soll das Parlament den Gesamtbetrag des Bundesanteils über einen Verpflichtungskredit steuern. Unter dem Vorbehalt der Zustimmung zur oben beschriebenen Änderung von Artikel 12 des Covid-19-Gesetzes soll dem Parlament ein Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz im Umfang von 8200 Millionen Franken unterbreitet werden ­ dies entspricht dem Bundesanteil von 70 Prozent an der ersten Tranche von 6 Milliarden Franken sowie der vollständig durch den Bund finanzierten zweiten Tranche von 4 Milliarden Franken.

Das Parlament hat im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Voranschlag 2021 bereits einen Verpflichtungskredit für kantonale Härtefallmassnahmen im Umfang von 1,9 Milliarden genehmigt. Angesichts der Höhe des Betrags und der Neuaufteilung der Mittel beantragt der Bundesrat dem Parlament aus Transparenzgründen einen neuen Bundesbeschluss über den gesamten Umfang der Bundesmittel für die Härtefallmassnahmen (8,2 Mrd.). Der im Rahmen des Bundesbeschlusses zum Voranschlag bewilligte Verpflichtungskredit entfällt daher; das mit dem Voranschlag genehmigte Verpflichtungsvolumen für den Bereich «Wirtschaft» wird entsprechend reduziert. Der nötige Voranschlagskredit wird dem Parlament im Rahmen der Botschaft zum Nachtrag Ia zum Voranschlag 2021 beantragt.

Der beantragte Verpflichtungskredit setzt sich aus drei Tranchen zusammen: a.

dem Bundesanteil an den 6 Milliarden Franken für Härtefallmassnahmen an Unternehmen mit Jahresumsätzen bis und mit 5 Millionen Franken;

b.

dem Höchstbetrag von 3 Milliarden für die alleinige Bundesfinanzierung von Härtefallmassnahmen für Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 5 Millionen;

c.

einer «Bundesratsreserve» für Zusatzbeiträge an besonders betroffene Kantone im Umfang von 1 Milliarde.

Aufgrund der aktuell verfügbaren Angaben sind Schätzungen zum Umfang der benötigten Mittel und zur Aufteilung auf grössere und kleinere Unternehmen mit grosser Unsicherheit verbunden. Der Bundesrat soll daher die Kompetenz erhalten, bei Bedarf 32 / 38

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Mittel von bis zu 1 Milliarde Franken zwischen den Tranchen a und b zu verschieben.

Die «Bundesratsreserve» soll demgegenüber für den Ex-post-Ausgleich von besonderen Belastungen erhalten bleiben; daher besteht keine Verschiebungsmöglichkeit.

Die Voraussetzungen für die Zahlung der Bundesmittel sind materiell in Artikel 12 des Covid-19-Gesetzes geregelt und in der Covid-19-Härtefallverordnung vom 25. November 2020 genauer ausgeführt.

5.3

Arbeitslosenversicherungsgesetz (Vorlage 3)

Art. 90a Abs. 3 Artikel 90a AVIG regelt die finanzielle Beteiligung des Bundes an der ALV. Gemäss Absatz 1 beträgt die ordentliche Beteiligung 0,159 Prozent der von der Beitragspflicht erfassten Lohnsumme. Mit der Anpassung von Artikel 90a Absatz 3 AVIG wird die rechtliche Grundlage für eine ausserordentliche, auf das Jahr 2021 beschränkte Beteiligung des Bundes geschaffen.

Artikel 90a AVIG, der bereits die Übernahme der Kosten der KAE des Jahres 2020 durch den Bund vorsieht, soll dahingehend erweitert werden, dass auch die Kosten für die KAE für die Abrechnungsperioden des Jahres 2021 vom Bund übernommen werden, und zwar unabhängig vom Erreichen der Schuldenobergrenze des ALV-Fonds.

Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Regelungen betreffend die Übernahme dieser Kosten für beide Jahre im gleichen Gesetzesartikel verankert sind. Artikel 90a AVIG regelt grundsätzlich die Beteiligung des Bundes an der ALV. Eine einheitliche Sammlung aller Bestimmungen zur finanziellen Beteiligung des Bundes an der ALV im AVIG ist im Sinne einer systematischen Auslegung gegenüber einer Verankerung der neuen Regelung im Covid-19-Gesetz vorzuziehen. Eine Bestimmung im AVIG bietet mehr Bestandessicherheit und schafft Rechtssicherheit.

Der bestehende Artikel 90a Absatz 4 AVIG, wonach der Bund einen ausserordentlichen Beitrag an die ALV leisten kann, sollte sich abzeichnen, dass der Schuldenstand der ALV Ende 2021 die Schuldenobergrenze überschreiten wird, wird beibehalten. Es ist nicht mit absoluter Sicherheit auszuschliessen, dass trotz der in der vorliegenden Botschaft beantragten Übernahme der Kosten der KAE des Jahres 2021 durch den Bund die Nachwirkungen der Covid-19-Epidemie zu einer Überschreitung der Schuldenobergrenze der ALV führen könnten. Indem dieser Absatz als Kann-Bestimmung ausgestaltet ist, wird es Aufgabe von Bundesrat und Parlament sein, dies bei einem allfälligen Bedarf zu entscheiden.

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6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Härtefallmassnahmen Die Aufstockung der Härtefallmassnahmen führt gegenüber den mit dem Voranschlag 2021 bereits bewilligten Mitteln zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushalts im Umfang von bis zu 6,3 Milliarden Franken auf höchstens 8,2 Milliarden Franken. Der Mittelbedarf dürfte schwergewichtig im Jahr 2021 anfallen, da die Härtefallmassnahmen gemäss aktueller Einschätzung der kantonalen Programme zu einem wesentlichen Teil nicht rückzahlbare Beiträge (A-Fonds-perdu-Beiträge) betreffen dürften.

Soweit die Härtefallmassnahmen rückzahlbare Darlehen, Bürgschaften oder Garantien umfassen, dürften auch die Jahre ab 2022 belastet werden.

Arbeitslosenversicherung Auswirkungen auf den Bund Mit der beantragten Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes leistet der Bund im Jahr 2021 einen zusätzlichen Beitrag im Umfang der Kosten der KAE für die Abrechnungsperioden der Monate Januar bis Dezember 2021. Die Kosten für KAE für das Jahr 2021 werden auf insgesamt bis zu 6 Milliarden Franken geschätzt (Stand Januar 2021). Die Vorlage führt zu einer entsprechenden Mehrbelastung des Bundes.

Die Mittel sollen dem ALV-Fonds ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Gesetzesänderung und abgestimmt auf den effektiven Bedarf überwiesen werden; ein Voranschlagskredit im Umfang von 6 Milliarden wird im Rahmen des Nachtrags Ia zum Voranschlag 2021 beantragt. Die finanziellen Auswirkungen werden im Sommer 2022 exakt quantifiziert werden können.

Auch die Änderungen im Bereich der KAE führen zu direkten Folgekosten. Da die Ausgaben für KAE nach ihrer definitiven Abrechnung 2021 vollständig vom Bund übernommen werden sollen, fallen die Änderungen vollständig zulasten des Bundes.

Die Kosten hängen von der Zahl der Betriebe ab, die von diesen neuen Regelungen Gebrauch machen. Diese Zahlen sowie das Ausmass der betrieblichen Ausfallstunden sind nicht bekannt bzw. sie können derzeit nur sehr grob geschätzt und erst nach der definitiven Abrechnung quantifiziert werden. Die rückwirkend erfolgende Entschädigung bisher nicht vorhandener Ansprüche auf KAE könnte Zusatzausgaben von bis zu 60 Millionen Franken auslösen.

Sollte die Höchstbezugsdauer für den Bezug von KAE durch den Bundesrat auf 24 Monate verlängert werden müssen, so dürfte dies nach aktueller Einschätzung relativ geringfügige Auswirkungen auf die
Gesamtausgaben für KAE haben. Erstens wird im Verlauf des Jahres 2021 mit einem deutlichen Abbau der KAE gerechnet.

Zweitens würde dies nur für diejenigen Betriebe anwendbar, die bereits während 18 Monaten durchgängig KAE bezogen haben. Den Prognosen zu den Ausgaben für KAE des Jahres 2021 wurde keine explizite zeitliche Begrenzung des Leistungsbezugs auf 18 Monate unterstellt.

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Auswirkungen auf die ALV Eine Verlängerung der Taggelder führt direkt zu einer Mehrbelastung der ALV. Die Höhe der Kosten hängt primär vom weiteren Verlauf der Covid-19-Krise ab. Unter der Annahme, dass in den nächsten Monaten keine starke Zunahme der Arbeitslosigkeit stattfinden wird, werden die Kosten der Verlängerung der Taggelder aktuell auf maximal 1,9 Milliarden Franken geschätzt (Stand Jan. 2021). Tatsächlich sollten die zusätzlichen Kosten einer solchen Massnahme deutlich geringer ausfallen, falls sich die Wirtschaft im Verlauf 2021 wie erwartet allmählich erholt und die Stellensuchenden wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen können.

Da die Ausgaben für KAE im Jahr 2021 vollständig vom Bund übernommen werden sollen, wird die ALV in diesem Umfang entlastet.

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung Die zusätzlichen Kosten, die aus der Entschädigung durch die öffentliche Hand geführter Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung in der Zeit vom 17. März 2020 bis zum 17. Juni 2020 entstehen, werden sich auf maximal 20 Millionen Franken belaufen.

Ausfallentschädigung für Kulturschaffende Zur finanziellen Abdeckung des Schadenszeitraums von November bis Ende Dezember 2020 standen den Kantonen für die Ausrichtung von Ausfallentschädigungen an Kulturunternehmen insgesamt 34 Millionen Franken zur Verfügung. Es ist vorgesehen, diese Mittel auf das Jahr 2021 zu übertragen, da sie durch die Kantone zu einem grossen Teil noch nicht verfügt werden konnten. Artikel 11 Absatz 2 des Covid-19Gesetzes legt die Unterstützung von Kulturunternehmen und Kulturschaffenden auf höchstens 100 Millionen Franken im Jahr 2021 fest. Dieser gesetzliche Höchstbetrag soll auch mit der beantragten Rückwirkung nicht überschritten werden.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die substantielle Aufstockung des Härtefallprogramms und die geplante Anpassung der Vollzugsmodalitäten können zu einem gewissen personellen und finanziellen Mehrbedarf im SECO führen. Darüber hinaus haben die Vorlagen grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Eigenaufwand beim Bund. Die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der Kurzarbeit führen jedoch zu einem erhöhten personellen Zusatzaufwand von bis zu 5 Prozent des Bestandes der Durchführungsstellen der Arbeitslosenversicherung, abhängig von der Anzahl der effektiv betroffenen Betriebe. Die Verlängerung der Taggelder für arbeitslose Personen führt zu geringem personellem Mehraufwand bei den Durchführungsstellen der ALV.

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6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Härtefallmassnahmen Die Erhöhung der zugesicherten Bundesmittel für die Abfederung von Härtefällen auf dem Kantonsgebiet gewährleistet den Kantonen die Mitfinanzierung des Bundes. Sie erhalten durch die gesetzliche Grundlage bzw. den Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit zusätzliche Rechtssicherheit. Allfällige Sonderlasten von Kantonen, die aus der Zuständigkeitsregel des Sitzkantons entstehen, beabsichtigt der Bundesrat durch die Verwendung der «Bundesratsreserve» (neu Art. 12 Abs. 2 Covid-19-Gesetz) auszugleichen. Der Finanzierungsanteil der Kantone an den insgesamt 10 Milliarden bleibt mit knapp 20 Prozent praktisch unverändert. Insgesamt dürften die Kantone höchstens 1,8 Milliarden Franken ausgeben müssen; dank der Erhöhung der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank ab dem Geschäftsjahr 2020 sollte diese Belastung für alle Kantone tragbar sein.

Arbeitslosenversicherung Mit der Verlängerung der Taggelder wird eine Mehrbelastung bei den Kantonen und den Gemeinden vermieden, da Aussteuerungen arbeitsloser Personen für die Zeit der Verlängerung verhindert werden. Der jährliche Beitrag der Kantone an die ALV im Umfang von 0,053 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme oder rund 170 Millionen Franken pro Jahr (Art. 92 Abs. 7bis AVIG) bleibt unverändert.

Die Änderungen im Bereich der ALV haben keine weiteren Auswirkungen auf die Kantone oder Gemeinden oder auf die urbanen Zentren, Agglomerationen oder Berggebiete.

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung Die Kantone können von der öffentlichen Hand betriebene Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung entschädigen und beim Bund Finanzhilfen in Höhe von 33 Prozent der ausbezahlten Entschädigungen beantragen.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Härtefallmassnahmen Wie in der Botschaft vom 18. November 202030 zur Änderung des Covid-19-Gesetzes ausgeführt, hilft die Bundesunterstützung den Kantonen, ihre Härtefallprogramme durchzuführen. Die Kantone können damit Unternehmen unterstützen, die stark unter den Folgen der Covid-19-Epidemie leiden, und so relevante Strukturen erhalten.

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Arbeitslosenversicherung Mit einer Verlängerung der Taggelder werden für die Dauer der Verlängerung keine Aussteuerungen aus der ALV vorgenommen. Damit werden die Einkommen arbeitsloser Personen abgesichert. Deren Kaufkraft bleibt erhalten.

Durch die Änderungen im Bereich der Kurzarbeit werden Unternehmen länger KAE beziehen können. Bisher nicht vorhandene Ansprüche der von der kurzfristigen Einführung neuer behördlicher Massnahmen im Dezember 2020 und im Januar 2021 betroffenen Betriebe werden damit berücksichtigt. Einer Entlassungswelle nach Ablauf der Höchstbezugsdauer für KAE und damit einer steigenden Arbeitslosigkeit wird entgegengewirkt. Die Planungssicherheit der Unternehmen wird erhöht, und gefährdete Arbeitsplätze könnten durch eine verlängerte Höchstbezugsdauer erhalten bleiben.

Die Zusatzfinanzierung sichert die finanzielle Stabilität der ALV. Damit trägt sie zur Stabilisierung der Konjunktur und zur wirtschaftlichen Erholung nach der Covid-19Krise bei. Durch die Aktivierung der Schuldenbremse würden Arbeitgeber und Arbeitnehmende jährlich mit je bis zu fast einer halben Milliarde Franken 31 zusätzlich belastet. Dieser Betrag würde nicht mehr für Konsum und Investitionen zur Verfügung stehen. Die Vorlage hat keinen negativen Einfluss auf die Lohnkosten, die unter Umständen mit entsprechenden Preiserhöhungen an Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden könnten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird erhalten. Die ALV wird weiterhin in der Lage sein, Ersatzeinkommen in der gleichen Höhe und Dauer auszurichten, wodurch die Kaufkraft gewahrt wird. Mit dem Instrument der KAE können Arbeitsplätze nachhaltig erhalten werden. Hingegen wird die Zusatzfinanzierung die Steuerzahlenden auf Bundesebene entsprechend belasten.

Massnahmen zugunsten von durch die öffentliche Hand geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung Die Beteiligung des Bundes an den Unterstützungsmassnahmen der Kantone hat keine Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Umverteilung von finanziellen Mitteln zwischen Bund und Kantonen.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Das Covid-19-Gesetz wurde am 25. September 2020 gestützt auf eine Reihe verschiedener Verfassungsbestimmungen erlassen. Die vom Parlament eingefügte Härtefallregelung (Art. 12) verfolgt sowohl konjunkturpolitische wie auch strukturpolitische Zwecke. Sie kann sich auf Artikel 100 Absatz 1 BV (Konjunkturpolitik) und auf Artikel 103 BV (Strukturpolitik) stützen. Die hier vorgeschlagenen Änderungen erfolgen gestützt auf dieselben Verfassungsbestimmungen.

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Erhöhung ALV-Beitragssatz um 0.3 Lohnprozente (Art. 90c Abs. 1 AVIG).

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Die Änderung im AVIG stützt sich primär auf Artikel 114 Absätze 1 und 4 BV. Absatz 1 gibt dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung im Bereich der ALV. Absatz 4 sieht vor, dass der Bund und die Kantone bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle Leistungen an die ALV erbringen. Mit der Bezugnahme auf die Covid-19Epidemie werden die aktuellen ausserordentlichen Verhältnisse im Gesetzestext der Vorlage statuiert.

Die Massnahmen zugunsten der familienergänzenden Kinderbetreuung erfolgen gestützt auf Artikel 116 Absatz 1 BV.

7.2

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Artikel 12 Absatz 1quater des Covid-19-Gesetzes (Vorlage 1) und Artikel 90a Absatz 3 AVIG (Vorlage 3) der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da die Bestimmungen einmalige Subventionen von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen. Auch Artikel 1 des Bundesbeschlusses über die Finanzierung von Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz (Vorlage 2) ist der Ausgabenbremse zu unterstellen.

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