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Schutz der Biodiversität in der Schweiz Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 19. Februar 2021

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Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) befasste sich zwischen März 2019 und Februar 2021 mit den Arbeiten des Bundesrates zum Schutz der Biodiversität in der Schweiz. In den Augen der Kommission stellt diese Thematik eine zentrale Herausforderung für den Bund dar, da sie sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die Wirtschaft und die Gesellschaft auswirkt. Zudem wird ihm auch von der Bevölkerung immer mehr Bedeutung zugemessen.

Die zuständige Subkommission Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) / Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)1 der GPK-S führte mehrere Anhörungen von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) zu diesem Thema durch und stand mit diesen Ämtern in dieser Sache in Schriftverkehr. Sie nahm zudem Kenntnis von verschiedenen Studien über den Schutz der Biodiversität in der Schweiz.

Als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht legte die GPK-S bei ihrer Überprüfung den Schwerpunkt auf drei Aspekte: erstens die Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz (SBS)2 und des dazugehörigen Aktionsplans3, zweitens die Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft und drittens die biodiversitätsschädigenden Subventionen.

Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen beschloss die Kommission, ihre Erwägungen zu diesem Thema aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht in einem Kurzbericht darzulegen. In den Kapiteln 2 bis 4 präsentiert sie den ihr bekannten Sachverhalt und nimmt anschliessend eine Beurteilung vor.

Der Kurzberichtsentwurf wurde dem UVEK und dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) unterbreitet. Diese wurden gebeten, zu prüfen, ob der Berichtsentwurf formelle oder materielle Fehler enthält oder ob schützenswerte Interessen einer Veröffentlichung bestimmter Informationen entgegenstehen. Der Bericht wurde von der GPK-S schliesslich am 19. Februar 2021 verabschiedet und dem Bundesrat übermittelt.

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Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S setzt sich zusammen aus den Ständeräten Marco Chiesa (Präsident), Matthias Michel und Othmar Reichmuth sowie aus den Ständerätinnen Elisabeth Baume-Schneider und Heidi Z'graggen.

Strategie Biodiversität Schweiz (SBS) vom 25.4.2012.

Aktionsplan SBS vom 6.9.2017. Der Zeitplan für die Umsetzung des Aktionsplans sieht zwei Phasen vor: Die erste umfasst die Jahre 2017­2023 und die zweite die Jahre 2024­ 2027. Im Jahr 2022 soll eine Wirkungsanalyse und im Jahr 2026 eine Gesamtevaluation durchgeführt werden.

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Strategie Biodiversität Schweiz und Aktionsplan

Auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen bedauert die GPKS, dass der Bundesrat der Biodiversität in der Vergangenheit keine grössere Priorität eingeräumt hat. So sind zwischen der Ratifizierung des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt von Rio de Janeiro (1994) und dem Einbezug der Biodiversität in die Legislaturplanung (2008) sowie der Verabschiedung der SBS (2012) und des dazugehörigen Aktionsplans (2017) durch den Bundesrat fast 25 Jahre vergangen.

Zudem stellte die Kommission fest, dass das BAFU, das für die Umsetzung der SBS zuständige Bundesamt, das Jahresbudget für die Umsetzung des Aktionsplans nicht ausschöpfen konnte, weil der Bundesrat darauf verzichtet hatte, dem Bundesamt entsprechende zusätzliche Personalressourcen zu sprechen.4 Aus diesem Grund musste ein Teil der im Aktionsplan vorgesehenen Massnahmen, nämlich diejenigen zur Flächensicherung, zur Bildung und Forschung, zur genetischen Vielfalt, zum illegalen Handel und zum Datenmanagement, auf einen späteren Zeitpunkt (nach 2023) verschoben werden. Die Kommission bedauert dies ausserordentlich. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er künftig dafür sorgt, dass für die Verwirklichung der festgelegten Ziele der SBS ausreichend Personalressourcen zur Verfügung stehen.

Die GPK-S hält fest, dass die Bemühungen zum Schutz der Biodiversität in den letzten Jahren verstärkt wurden, und begrüsst dies. So verabschiedete der Bundesrat 2016 und 2019 eine Reihe dringlicher Massnahmen zum Schutz der Natur und der Waldbiodiversität.5 Im Dezember 2020 teilte er mit, er wolle 17 Prozent des Staatsgebietes zum Schutz der Biodiversität aufwenden. Gleichzeitig beauftragte er das UVEK, einen Entwurf für eine Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes6 auszuarbeiten, der verschiedene Massnahmen für einen stärkeren Schutz der Biodiversität enthält.7 Die Kommission hält fest, dass sich das BAFU im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel bemüht, die SBS durch interne Personalkompensationen umzusetzen. Mehr als 90 Prozent der im Aktionsplan vorgesehenen Projekte konnten so lanciert werden.8 Die Erhaltung der Biodiversität ist zudem ausdrücklich in der Legislaturplanung 2019­2023 aufgeführt.9 Dennoch hält die Kommission die Wirksamkeit

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Anhörungen des BAFU vom 27.3.2019 und vom 29.6.2020.

Das erste Massnahmenpaket, das am 18.5.2016 vom Bundesrat verabschiedet wurde, sah für die Jahre 2017­2020 135 Millionen Franken vor (Kompensation BAFU: 80 Millionen Franken). Das zweite Massnahmenpaket, das am 14.6.2019 verabschiedet wurde, sah für die Jahre 2021­2024 232 Millionen Franken vor (Kompensation BAFU: 20 Millionen Franken).

Bundesgesetz vom 1.7.1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) Diese Massnahmen stellen einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» (Biodiversitätsinitiative) dar.

Siehe hierzu: Bundesrat will indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ausarbeiten, Medienmitteilung des Bundesrates vom 4.12.2020.

Anhörungen des BAFU vom 27.3.2019 und vom 29.6.2020.

Ziel Nr. 17 der vom Parlament im September 2020 angenommenen Legislaturplanung 2019­2023 sieht die Verabschiedung des ersten Berichts über den Aktionsplan Biodiversität und die Fortsetzung der Umsetzung des Aktionsplans vor (BBl 2020 1907, hier 1912).

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der bisher ergriffenen Massnahmen für nicht ausreichend. Gemäss BAFU verschlechtert sich die Biodiversität in der Schweiz weiter und ein Grossteil der nationalen und internationalen Ziele in diesem Bereich wird nicht erreicht.10 Der Bundesrat will 2022 im Hinblick auf die zweite Umsetzungsphase (ab 2024) eine Analyse zur Wirkung des Aktionsplans SBS durchführen. Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er sich in dieser Bilanz kritisch mit den in der ersten Umsetzungsphase festgestellten Schwächen auseinandersetzt. Die GPK-S hält es zudem für wichtig, dass diese Bilanz auch konkrete Indikatoren (insbesondere zum Erhalt bzw.

zum Aussterben von Tier- und Pflanzenarten im Berichtszeitraum) enthält, damit die Auswirkungen der SBS auf die Biodiversität in der Schweiz der Öffentlichkeit transparent aufgezeigt werden können. Die Kommission wird sich über die Ergebnisse dieser Bilanz informieren. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er auf der Grundlage dieser Bilanz bestimmt, in welchen Bereichen die Massnahmen zum Schutz der Biodiversität verstärkt werden müssen.

Empfehlung 1 ­ Umsetzung der SBS 1.1 Der Bundesrat wird ersucht, sich im Rahmen der Analyse zur Wirkung des Aktionsplans SBS kritisch mit den in der ersten Umsetzungsphase festgestellten Schwächen auseinanderzusetzen und auf dieser Grundlage zu bestimmen, in welchen Bereichen die Massnahmen zum Schutz der Biodiversität verstärkt werden müssen.

1.2 Der Bundesrat wird ersucht, in seine Wirkungsanalyse konkrete Indikatoren zu den Auswirkungen der SBS auf die Biodiversität einzubeziehen.

1.3 Der Bundesrat wird zudem ersucht, dafür zu sorgen, dass in der zweiten Umsetzungsphase ausreichend Personalressourcen für die Verwirklichung der Ziele der SBS zur Verfügung stehen.

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Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft

Während das BAFU für die Umsetzung der SBS zuständig ist, obliegt der Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft dem BLW. Dieser Bereich stellt in Sachen Schutz der Biodiversität in der Schweiz eine grosse Herausforderung dar. In diesem Bereich werden zudem die grössten Investitionen des Bundes getätigt (mehr als 80 % der jährlichen Ausgaben für Biodiversität11).

Die Hauptziele im Bereich des Schutzes der Biodiversität in der Landwirtschaft sind in den von BAFU und BLW 2008 verabschiedeten «Umweltzielen Landwirtschaft»

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Anhörungen des BAFU vom 27.3.2019 und vom 29.6.2020.

Im Jahr 2020 waren die Bundesmittel für Biodiversität wie folgt verteilt: Biodiversitätsbeiträge in der Landwirtschaft ungefähr 400 Millionen Franken (81 %), BAFU ungefähr 84 Millionen Franken (17 %), Bundesamt für Strassen ungefähr 9 Millionen Franken (2 %) (Anhörung des BAFU vom 29.6.2020).

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(UZL) festgelegt.12 Die konkreten Umsetzungsmassnahmen sind in der Agrarpolitik (AP) des Bundes definiert, die alle vier Jahre dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt wird. In der SBS ist dieser Thematik ein Kapitel gewidmet und verschiedene Massnahmen des Aktionsplans SBS betreffen die Landwirtschaft direkt oder indirekt.

Die GPK-S informierte sich über die Zusammenarbeit zwischen dem BAFU und dem BLW im Bereich der Biodiversität in der Landwirtschaft. 13 Diese Zusammenarbeit scheint nach Ansicht der Kommission im Grossen und Ganzen gut zu funktionieren, auch wenn sich die beiden Bundesämter mit bisweilen unterschiedlichen Interessen konfrontiert sehen. So bezog das BLW das BAFU stark in die Vorbereitungsarbeiten zur Agrarpolitik für die Jahre ab 2022 (AP22+) mit ein. Die GPK-S begrüsst das hohe Bewusstsein der beiden Ämter für die aktuellen Herausforderungen in Sachen Biodiversität und fordert sie auf, ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich fortzusetzen und zu intensivieren.

Das Hauptinstrument des Bundes für die Erhaltung der Biodiversität in der Landwirtschaft sind die «Biodiversitätsbeiträge», eine Art Direktzahlung an die Landwirtinnen und Landwirte, die sich jährlich auf 400 Millionen Franken beläuft. Die GPK-S informierte sich beim BLW, dem für die Aufsicht zuständigen Amt, über die Funktionsweise und die Wirkung dieser Beiträge14 und nahm Kenntnis von den Ergebnissen einer Evaluation zu diesem Thema, die im Oktober 2019 vom Bundesamt veröffentlicht worden war.15 Die Kommission hält erfreut fest, dass in den letzten Jahren beim Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft gewisse Fortschritte erzielt wurden. So entspricht der Anteil an «Biodiversitätsförderflächen» (BFF) den Zielen in der AP. Zudem geniesst das Instrument der Biodiversitätsbeiträge hohe Akzeptanz. Dennoch sind die Ergebnisse der bisher ergriffenen Massnahmen ganz klar unzureichend. Insbesondere liegt die Qualität der BFF in fast allen Regionen unter den Erwartungen und das BLW geht davon aus, dass die UZL für die Arten und Lebensräume nicht erreicht wurden,16 was die GPK-S als besonders besorgniserregend erachtet. In der Evaluation des Bundesamtes wird zudem auf die kantonal unterschiedliche Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge und auf widersprüchliche Ziele in Sachen Biodiversität in der Agrarpolitik hingewiesen. Selbst
der Vorsteher des WBF räumte vor der Kommission ein, dass mit den bisher ergriffenen Massnahmen der Rückgang der Biodiversität nicht verhindert werden konnte.17

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Gemäss diesen Zielen soll die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität leisten. So wurden Ziel- und Leitarten sowie Lebensräume definiert, die durch die Landwirtschaft gefördert werden sollen. Die Konkretisierung der Ziele fand regionalisiert statt. Im Jahr 2013 wurden im Rahmen einer Studie zur Operationalisierung dieser Ziele (OPAL-Ziele) quantitative und qualitative Zielgrössen für landwirtschaftliche Zonen und UZL-Hauptregionen erarbeitet.

Anhörung des BAFU und des BLW vom 29.6.2020, Schreiben des BLW vom 2.9.2019 an die GPK-S, Schreiben des BAFU vom 11.9.2020 an die GPK-S.

Schreiben des BLW vom 2.9.2019 an die GPK-S, Anhörung des BLW vom 29.6.2020.

Bundesamt für Landwirtschaft, Arbeitsgemeinschaft Econcept AG / AGRIDEA / L'Azuré (2019), Evaluation der Biodiversitätsbeiträge, Schlussbericht vom 8.10.2019.

Anhörung des BLW vom 29.6.2020.

Schreiben des Vorstehers des WBF vom 28.10.2020 an die GPK-S.

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Die Kommission hält es für unabdingbar, dass zusätzliche Massnahmen in Betracht gezogen werden, um die Ziele im Bereich des Schutzes der Biodiversität in der Landwirtschaft zu erreichen. In diesem Zusammenhang scheinen die vom Bundesrat im Rahmen der AP22+ formulierten Vorschläge in die richtige Richtung zu gehen:18 Die AP22+ legt den Schwerpunkt auf Umweltfragen und die Erhaltung der Biodiversität und hat zum Ziel, den Rückgang der Biodiversität auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bis 2025 zu stoppen.19 Hierzu sieht sie namentlich eine Stärkung der BFF sowie Massnahmen vor, die es den Regionen ermöglichen sollen, eine standortgerechtere Landwirtschaft zu betreiben. Ausserdem werden verschiedene spezifische Massnahmen vorgeschlagen, z. B. im Bereich des Mähens, des Ackerbaus und des Abbaus von Nährstoffüberschüssen.

Die Botschaft des Bundesrates zur AP22+ wird von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) beraten. Diese verabschiedete im August 2020 das Postulat 20.3931, wonach die Beratung der AP22+ sistiert werden soll, da ihrer Meinung nach der Bundesrat zuerst die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik bestimmen muss.20 Der Ständerat nahm dieses Postulat im Dezember 2020 an.

Der GPK-S als Oberaufsichtsorgan steht es nicht zu, zum politischen Inhalt der vom Bundesrat im Rahmen der AP22+ vorgeschlagenen Massnahmen Stellung zu nehmen.

Diese Aufgabe obliegt den zuständigen Sachbereichskommissionen. Die Kommission möchte jedoch betonen, wie wichtig es für die angemessene Umsetzung der Biodiversitätsziele des Bundes ist, dass die Effizienz der Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft rasch erhöht wird. Diese Massnahmen müssen in den Augen der Kommission auf einem möglichst grossen Konsens beruhen, den regionalen Gegebenheiten angepasst sein und so ausgestaltet werden, dass sie möglichst wenig administrativen Aufwand verursachen. Die GPK-S misst den Massnahmen zur Sensibilisierung für die Herausforderungen der Biodiversität in der Landwirtschaft besondere Bedeutung zu. Die Kommission hält es für wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Politik des Bundes zum Schutz der Biodiversität den langfristigen Erhalt der Agrarkapazitäten der Schweiz ermöglichen soll. Deshalb spricht sie sich auch für die Zukunft der Agrarwirtschaft aus.

Vor diesem Hintergrund
empfiehlt die GPK-S dem Bundesrat, sich in seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 20.3931 eingehend mit der künftigen Strategie des Bundes zur Erhaltung der Biodiversität in der Landwirtschaft auseinanderzusetzen.

Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er mindestens alle vier Jahre die Wirksamkeit der Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft kritisch evaluiert und darauf achtet, dass die Subventionen in diesem Bereich sinnvoll eingesetzt werden, indem er vor allem auf deren tatsächliche Wirkung achtet. Sie ersucht

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Botschaft des Bundesrates vom 12.2.2020 zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) (BBl 2020 3955).

Schreiben des Vorstehers des WBF vom 28.10.2020 an die GPK-S.

Po. WAK-S 20.3931 «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik». Dieses beauftragt den Bundesrat, bis spätestens 2022 einen Bericht zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik vorzulegen. Der Bundesrat wird insbesondere ersucht, die «Erweiterung der Agrarpolitik in Richtung einer ganzheitlichen Politik für gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion» vertieft zu prüfen.

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ihn insbesondere, zu prüfen, ob die Beaufsichtigung der kantonalen Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge durch das BLW verstärkt werden muss.

Vor diesem Hintergrund ersucht die GPK-S den Bundesrat zudem, zu prüfen, ob dem Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft im Aktionsplan SBS im Hinblick auf dessen zweite Umsetzungsphase (ab 2024) grössere Bedeutung beizumessen ist. In diesem Sinn ersucht sie den Bundesrat, zu prüfen, ob eine stärkere Harmonisierung zwischen den «Umweltzielen Landwirtschaft» und denjenigen der SBS und des Aktionsplans SBS notwendig ist. In ihren Augen ist es zentral, dass die Bundespolitik zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft auf kohärenten Zielen beruht.

Empfehlung 2 ­ Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft 2.1 Der Bundesrat wird ersucht, mindestens alle vier Jahre die Wirksamkeit der Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft kritisch zu evaluieren. Er wird ersucht, darauf zu achten, dass die Subventionen in diesem Bereich sinnvoll eingesetzt werden, indem er vor allem auf deren tatsächliche mittelfristige Wirkung achtet.

2.2 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Beaufsichtigung der kantonalen Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge durch das BLW verstärkt werden muss, und der GPK-S die Ergebnisse seiner Prüfung mitzuteilen.

2.3 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob dem Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft im Aktionsplan SBS im Hinblick auf dessen zweite Umsetzungsphase grössere Bedeutung beizumessen ist.

2.4 Der Bundesrat wird ersucht, auf eine stärkere Harmonisierung zwischen den «Umweltzielen Landwirtschaft» von 2008 und denjenigen der SBS und des Aktionsplans SBS zu achten.

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Biodiversitätsschädigende Subventionen

Die GPK-S nahm Kenntnis von einer im August 2020 veröffentlichten Studie der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) über biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz21. In dieser Studie werden 162 von Bund, Kantonen und Gemeinden finanzierte biodiversitätsschädigende Subventionen in acht verschiedenen Bereichen identifiziert. Die Verfasserinnen und der Verfasser der Studie kommen zum Schluss, dass diese Subventionen nicht nur ökologisch problematisch, sondern auch ökonomisch ineffizient sind. Sie sind der Auffassung, dass diese Subventionen abgeschafft, abgebaut oder umgestaltet werden sollten, und geben verschiedene Empfehlungen in diesem Sinne ab. Die Kommission hat die zuständigen

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Gubler L., Ismail S. A., Seidl I. (2020): Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz; Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), Forum Biodiversität Schweiz (SCNAT) (Hrsg.); Birmensdorf und Bern.

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Departemente, das UVEK und das WBF, ersucht, Stellung zu den Schlussfolgerungen dieser Studie zu nehmen.

Sowohl die Vorsteherin des UVEK22 als auch der Vorsteher des WBF 23 begrüssten die breite und sektorübergreifende Herangehensweise der Studie und teilten mit, dass diese eine wichtige Grundlage für die weiterführenden Arbeiten des Bundes im Bereich der Biodiversität darstellt.

Die Vorsteherin des UVEK hält fest, dass das Anliegen der Studie in ihren Augen mit den Verpflichtungen der Schweiz aufgrund der Biodiversitätskonvention und der SBS übereinstimmt. Das BAFU werde die Ergebnisse der Studie im Rahmen der Massnahme 4.2.4 des Aktionsplans SBS24 berücksichtigen. Angesichts des ganzheitlichen Ansatzes der Arbeiten von SCNAT und WSL verzichtete das BAFU auf eine eigene Studie zu den Auswirkungen der Bundessubventionen und beschloss stattdessen, bestimmte ausgewählte Anreize vertieft zu untersuchen mit dem Ziel, in Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Bundesämtern Vorschläge für gezielte Reformen der Bundessubventionen25 zu formulieren.

Was die Landwirtschaft betrifft, so teilte der Vorsteher des WBF mit, dass die BLWVerantwortlichen die Ergebnisse der Studie mit den Autorinnen diskutiert haben und das Bundesamt die Studie bei der Weiterentwicklung der Agrarpolitik berücksichtigen wird. Er wies darauf hin, dass mehrere Massnahmen der AP22+ in die Richtung der Empfehlungen der Studie gehen26 und nannte verschiedene bereits ergriffene oder geplante Massnahmen zur Verbesserung der Auswirkungen der Bundessubventionen im Bereich der Landwirtschaft auf die Biodiversität.27 Zudem teilte der Vorsteher des WBF mit, dass derzeit eine Standortbestimmung zur nachhaltigen Entwicklung in der Tourismuspolitik des Bundes durchgeführt wird.

Die Kommission erachtet es als besonders wichtig, dass der Bundesrat und die zuständigen Departemente die Empfehlungen aus der Studie von SCNAT und WSL zu den einzelnen Subventionen eingehend analysieren und auf der Grundlage dieser Analyse dann gezielte Massnahmen zur Verringerung der negativen Auswirkungen dieser Subventionen ergreifen. Die Kommission begrüsst entsprechende bereits eingeleitete 22 23 24

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Schreiben der Vorsteherin des UVEK vom 2.11.2020 an die GPK-S.

Schreiben des Vorstehers des WBF vom 28.10.2020 an die GPK-S.

Die Massnahme 4.2.4 des Aktionsplans SBS «Evaluation der Wirkung von Bundessubventionen» sieht vor, dass der Bund bis 2023 eine Gesamtevaluation zu den Auswirkungen der Bundessubventionen und weiterer Anreize mit Folgen für die Biodiversität vorlegt.

Das UVEK stellte der GPK-S den entsprechenden Zeitplan für die vorgesehenen Massnahmen vor. Das BAFU wird voraussichtlich bis Ende 2023 eine Gesamtübersicht über die erzielten Fortschritte bei den Bundessubventionen erstellen.

Das WBF nennt insbesondere die Einführung eines Beitrags zur Förderung einer standortangepassten Landwirtschaft mit regional differenzierten, vom Bund genehmigten Massnahmen, die Biodiversitätsaspekte beinhalten. Weitere Massnahmen: Aufhebung des aktuellen Mindesttierbesatzes bei der Weiterentwicklung der Versorgungssicherheitsbeiträge und Verringerung der Stickstoffverluste in der Landwirtschaft.

Das WBF nennt insbesondere die ökologischen Voraussetzungen für die gemeinschaftlichen Massnahmen sowie ein Verordnungspaket des Bundesrates, das für November 2020 geplant ist und neue Massnahmen zur Verbesserung der Stickstoffeffizienz vorsieht. Der Vorsteher des WBF wies zudem auf die zentrale Rolle des in Art. 104a Bst. b der Bundesverfassung verankerten Prinzips der standortangepassten Lebensmittelproduktion hin.

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Massnahmen. Sie ist sich bewusst, wie wichtig es ist, eine politische Gesamtsicht der mit diesen Subventionen verbundenen Herausforderungen zu bewahren, die über die ökologischen Aspekte hinausgeht. Vor diesem Hintergrund fordert sie den Bundesrat auf, ­ nötigenfalls unter Einbezug der anderen Departemente ­ dafür zu sorgen, dass bereichsübergreifend über diese Fragen nachgedacht wird.

Nach Beendigung dieser Analyse ist der Bundesrat gebeten, der GPK-S die konkreten Massnahmen zu präsentieren, die er zur Umsetzung der Empfehlungen aus der Studie ergreifen will. In diesem Rahmen wird der Bundesrat ersucht, zu klären, ob an der langfristigen Agrarpolitik des Bundes Anpassungen vorzunehmen sind, insbesondere bei den Subventionen, die sich stark auf die Biodiversität auswirken.

Empfehlung 3 ­ Massnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der biodiversitätsschädigenden Bundessubventionen 3.1 Der Bundesrat wird ersucht, die Empfehlungen aus der Studie von SCNAT und WSL von August 2020 zu den biodiversitätsschädigenden Bundessubventionen eingehend zu analysieren.

3.2 Er wird gebeten, auf der Grundlage dieser Analyse die konkreten Massnahmen zu präsentieren, die er zur Umsetzung der Empfehlungen aus der Studie beschlossen hat.

3.3 In diesem Rahmen wird der Bundesrat ersucht, zu klären, ob an der langfristigen Agrarpolitik des Bundes Anpassungen vorzunehmen sind, insbesondere bei den Subventionen, die sich stark auf die Biodiversität auswirken.

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Weiteres Vorgehen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, die Feststellungen und Empfehlungen in diesem Bericht bei seinen künftigen Arbeiten zu berücksichtigen, und bittet ihn, ihr bis zum 28. Mai 2021 eine Stellungnahme vorzulegen.

19. Februar 2021

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates: Die Präsidentin, Maya Graf Die Sekretärin, Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK, Marco Chiesa Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK, Nicolas Gschwind

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Abkürzungsverzeichnis AP

Agrarpolitik

AP22+

Agrarpolitik ab 2022

BAFU

Bundesamt für Umwelt

BBl

Bundesblatt

BFF

Biodiversitätsförderflächen

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

SBS

Strategie Biodiversität Schweiz

SCNAT

Akademie der Naturwissenschaften Schweiz

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

UZL

Umweltziele Landwirtschaft

WAK-S

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WSL

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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