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zu 20.436 Parlamentarische Initiative Einsetzung einer ständigen parlamentarischen OECD-Delegation Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 19. April 2021 Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 2021

Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 19. April 20211 betreffend die parlamentarische Initiative 20.436 «Einsetzung einer ständigen parlamentarischen OECD-Delegation» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Mai 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Ausgangslage

Gestützt auf Artikel 60 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20022 (ParlG) vertreten ständige Delegationen die Bundesversammlung in parlamentarischen Versammlungen internationaler Organisationen. Anzahl und Zusammensetzung dieser ständigen Delegationen sind in den Artikeln 2 und 6 Absatz 1 der Verordnung der Bundesversammlung vom 28. September 20123 über die Pflege der internationalen Beziehungen des Parlamentes (VPiB) geregelt. Die VPiB sieht heute vor, dass die Bundesversammlung in den folgenden sechs internationalen parlamentarischen Versammlungen vertreten ist: Interparlamentarische Union (IPU), Parlamentarische Versammlung des Europarates (PV-ER), Parlamentarischer Ausschuss der Europäischen Freihandelsassoziation (PA-EFTA), Internationale Versammlung der Parlamentarier französischer Sprache (APF), Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (PV-OSZE) und Parlamentarische Versammlung des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses (PV-NATO).

Am 19. Mai 2020 beschloss die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) einstimmig, die parlamentarische Initiative 20.436 «Einsetzung einer ständigen parlamentarischen OECD-Delegation» einzureichen. Wie der Name sagt, zielt diese darauf ab, mit einer Änderung der VPiB eine ständige Delegation zur Vertretung der Bundesversammlung innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu schaffen. Am 12. Januar 2021 schloss sich die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) dem Entscheid der WAK-S mit 16 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung an. Zuvor hatte die WAK-N die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates zu einer Stellungnahme eingeladen. Diese hatte sich mit 17 gegen 4 Stimmen ebenfalls für die parlamentarische Initiative ausgesprochen.

Am 19. April 2021 verabschiedete die WAK-S mit 8 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen einen Entwurf4 zur Änderung der VPiB, der die Schaffung einer ständigen parlamentarischen Delegation zur Teilnahme an Aktivitäten im Rahmen der OECD (PDOECD) vorsieht. Die Delegation soll sich aus zwei Mitgliedern des Nationalrates und zwei Mitgliedern des Ständerates zusammensetzen. Diese können von zwei Mitgliedern des Nationalrates und zwei Mitgliedern des Ständerates vertreten werden, die als Ersatzmitglieder bestimmt
wurden.

Im Gegensatz zu den sechs internationalen Organisationen, für die es bereits eine ständige Delegation gibt, existiert bei der OECD keine eigentliche parlamentarische Versammlung. Die WAK-S schlägt deshalb vor, die PD-OECD ausserhalb von Artikel 2 zu regeln.

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Stellungnahme des Bundesrates

Die Schaffung ständiger parlamentarischer Delegationen bei internationalen Organisationen liegt in der Zuständigkeit der Bundesversammlung. Die Einsetzung einer solchen Delegation setzt voraus, dass die internationale Organisation über eine parlamentarische Versammlung oder eine ähnliche Institution verfügt. Die OECD unterhält ein globales parlamentarisches Netzwerk (Réseau parlementaire mondial de l'OCDE).

Dieses organisiert zweimal jährlich ein Treffen in Paris, um den Mitgliedern der nationalen Parlamente zu ermöglichen, bewährte Praktiken zu identifizieren und von Analysen und Empfehlungen der OECD zu profitieren. Diese Treffen finden in der Regel im Februar und im Oktober statt, und es werden unterschiedliche Themen behandelt.

In der restlichen Zeit des Jahres werden themenspezifische Veranstaltungen durchgeführt. Am Rande der Netzwerktreffen finden auch bilaterale Treffen zwischen Parlamentarierinnen und Parlamentariern und hohen Kaderpersonen der OECD statt. Bei solchen bilateralen Gesprächen können gewisse Themen vertieft und Kontaktnetze ausgebaut werden.

Überdies erleichtert die flexible Struktur des globalen parlamentarischen Netzwerks der OECD die internationale Zusammenarbeit zwischen den Parlamentsmitgliedern der verschiedenen Länder. Das Netzwerk übernimmt eine Koordinationsrolle zwischen den Parlamentarierinnen und Parlamentariern der Mitglieds- und der Partnerländer der OECD und ermöglicht rund 1500 Personen einen regelmässigen Erfahrungsaustausch zu unterschiedlichsten Themen.

Nach Ansicht des Bundesrates wäre die Einsetzung einer ständigen Delegation bei diesem Netzwerk für die Mitglieder der Bundesversammlung nützlich, um von der OECD regelmässig über den Stand der laufenden Arbeiten informiert zu werden, ihre Funktionsweise besser zu verstehen, sich mit der Rolle der Schweizer Delegation bei der OECD und jener der Expertinnen und Experten der Bundesverwaltung stärker vertraut zu machen und sich mit den Abgeordneten anderer Mitglieds- und Nichtmitgliedsländer auszutauschen. Die PD-OECD könnte auch an anderen Aktivitäten der OECD teilnehmen, die sich an die Mitglieder der nationalen Parlamente richten, damit diese sich vertieft mit spezifischen Thematiken auseinandersetzen können.

Für den Bundesrat bietet die Schaffung einer ständigen Delegation einen Mehrwert gegenüber der
aktuellen Situation; diese stützt sich auf Artikel 5 VPiB, der vorsieht, dass die Bundesversammlung nicht ständige Delegationen in internationale Organisationen entsenden kann. Die Einsetzung einer ständigen Delegation ermöglicht eine vertiefte Auseinandersetzung mit den in der OECD behandelten Thematiken, ein besseres Verständnis gewisser technischer Fragen und personelle Kontinuität. Diese Lösung gewährleistet nicht nur eine vertiefte Expertise zu OECD-spezifischen Problematiken und mehr Kontinuität, was die Begleitung der Dossiers effizienter macht, sondern ermöglicht auch den Aufbau eines tragfähigen Netzwerks, was die Einflussnahme auf die Diskussionen innerhalb der OECD begünstigt. Überdies entsteht damit eine engere Zusammenarbeit mit dem Bundesrat und der Bundesverwaltung, die sich aktiv an den Arbeiten der OECD beteiligen.

Darüber hinaus ist der Bundesrat der Ansicht, dass die ständigen Delegationen bei internationalen Organisationen eine bessere Mitwirkung des Parlaments im Bereich des Soft Law ermöglichen. Er erwähnt diesen Aspekt in seinem Bericht vom 3/4

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26. Juni 20195 in Erfüllung des Postulats 18.4104 der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates «Konsultation und Mitwirkung des Parlamentes im Bereich von Soft Law» Über solche Delegationen kann das Parlament frühzeitig in Soft-Law-Vorhaben einbezogen werden.

Gewisse in der OECD gefällte Entscheidungen können einen wesentlichen Einfluss auf die Schweiz haben. Mit einer Delegation bei der OECD könnte das Parlament die Prozesse zur Erarbeitung von Normen und Empfehlungen der Organisation enger mitverfolgen. Das globale parlamentarische Netzwerk der OECD ist in diesem Sinne eine wertvolle Austauschplattform für die nationalen Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Es gewährt ihnen einen besseren Einblick in die Prozesse der OECD und fördert eine demokratischere Funktionsweise, da die Parlamente der verschiedenen Länder in die Ausarbeitung von Soft Law eingebunden werden. Die Beziehungen zwischen dem Parlament und dem Bundesrat würden in diesem Prozess an Transparenz und gegenseitigem Vertrauen gewinnen.

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Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat begrüsst das Interesse der Parlamentsmitglieder für die Arbeiten der OECD. Er schliesst sich den Überlegungen der WAK-S an und unterstützt die Einsetzung einer ständigen parlamentarischen OECD-Delegation.

Der Bundesrat beantragt deshalb, dem Entwurf der WAK-S zuzustimmen.

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Abrufbar unter www.parlament.ch > 18.4104 > Bericht in Erfüllung des parlamentararischen Vorstosses