BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

21.053 Botschaft zur Genehmigung des Befristeten Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringern vom 30. Juni 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Befristeten Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Mobilität von Dienstleistungserbringern.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Juni 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-2296

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Übersicht Das Befristete Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (SMA) wurde am 14. Dezember 2020 abgeschlossen. Das Abkommen regelt die kurzfristige Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen und enthält Bestimmungen zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen für kurzfristige Dienstleistungserbringer. Ziel ist es, nach dem Wegfall des Freizügigkeitsabkommens (FZA) zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich einen möglichst weitgehenden gegenseitigen Marktzugang für Dienstleistungserbringer zu erhalten.

Ausgangslage Das FZA zwischen der Schweiz und der EU fand nur noch bis zum 31. Dezember 2020 Anwendung auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Damit entfiel per 1. Januar 2021 der gegenseitige freie Marktzugang für Dienstleistungserbringer von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres. Ohne SMA hätten Schweizer Dienstleistungserbringer im Vereinigten Königreich seit dem 1. Januar 2021 nur noch Zugang zu den elf vom Vereinigten Königreich im Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der Welthandelsorganisation verpflichteten Sektoren. Auf der anderen Seite würden in der Schweiz ohne das Abkommen grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich mit Aufenthalt von bis zu 90 Tagen pro Kalenderjahr den Zulassungsbestimmungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes unterliegen. Das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger schützt zwar während fünf Jahren (ab dem 1.1.2021) die von Dienstleistungserbringern unter dem FZA erworbenen Rechte, doch gilt es im Bereich der Dienstleistungen nur für Dienstleistungsverträge, die vor Ende 2020 abgeschlossen wurden und mit deren Ausführung vor Ende 2020 begonnen wurde.

Damit der gegenseitige erleichterte Marktzugang für Dienstleistungserbringer auch für nach dem 31. Dezember 2020 abgeschlossene oder begonnene Verträge nahtlos weitergeführt werden konnte, wird das SMA seit dem 1. Januar 2021 bis zum Abschluss des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens vorläufig angewendet.

Inhalt der Vorlage Kern des SMA sind die gegenseitigen Marktzugangsverpflichtungen. Auf Seiten des Vereinigten Königreichs erfolgt die Marktöffnung
gegenüber der Schweiz durch Marktzugangsverpflichtungen in zusätzlichen Dienstleistungssektoren gegenüber dem GATS. Ausserdem gewährt das Vereinigte Königreich Schweizer Dienstleistungserbringern weitere Vorzugsbedingungen. Beispielsweise können zusätzlich zu Schweizer Staatsangehörigen auch in der Schweiz dauerhaft gebietsansässige Ausländer vom Marktzugang im Vereinigten Königreich profitieren. Weiter unterstehen Schweizer Dienstleistungserbringer keiner wirtschaftlichen Bedarfsprüfung für den Zugang zu den verpflichteten Sektoren im Vereinigten Königreich und müssen keinen Nachweis über die Kenntnis der englischen Sprache erbringen. Dienstleistungserbringer aus der Schweiz erhalten Zugang zum Vereinigten Königreich für 12 Monate 2 / 28

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innerhalb einer Periode von 24 Monaten. Mit diesen Bedingungen ermöglicht das SMA Schweizer Unternehmen auch in Zukunft einen weitgehenden Marktzugang im Vereinigten Königreich für die Erbringung vertragsbasierter Dienstleistungen durch natürliche Personen.

In der Schweiz wird das bereits bislang praktizierte und in der Wirtschaft bekannte Meldeverfahren für Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich von bis zu 90 Tagen pro Jahr fortgeführt. Dies erlaubt der Schweizer Wirtschaft, weiterhin kurzfristige Dienstleistungen aus dem Vereinigten Königreich zeitnah in Anspruch zu nehmen. Die flankierenden Massnahmen werden mit dem Vereinigten Königreich vollumfänglich weitergeführt. Im Jahr 2019 wurden in der Schweiz rund 3800 meldepflichtige Dienstleistungserbringer von bis zu 90 Tagen aus dem Vereinigten Königreich registriert.

Der Marktzugang in das Vereinigte Königreich unter dem SMA beschränkt sich aktuell auf Personen mit Qualifikationen auf universitärem oder gleichwertigem Niveau.

Das Vereinigte Königreich hat sich jedoch im Rahmen eines Briefwechsels verpflichtet, die Anerkennung von Schweizer Berufsbildungsabschlüssen neu zu beurteilen.

Das SMA ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Die Vertragsparteien können gemeinsam beschliessen, das SMA zu verlängern.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Das Befristete Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (Services Mobility Agreement, SMA)1 wurde am 14. Dezember 2020 abgeschlossen. Das Abkommen regelt die kurzfristige Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen und enthält Bestimmungen zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen für kurzfristige Dienstleistungserbringer. Ziel ist es, nach dem Wegfall des Freizügigkeitsabkommens vom 21. Juni 19992 (FZA) zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich einen möglichst weitgehenden Marktzugang für Dienstleistungserbringer zu erhalten.

Im Rahmen seiner «Mind the Gap»-Strategie hat sich der Bundesrat das Ziel gesetzt, die bestehenden Rechte und Pflichten gegenüber dem Vereinigten Königreich über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) hinaus soweit als möglich zu sichern und die Zusammenarbeit, wo ein gegenseitiges Interesse besteht, zu vertiefen. Das SMA steht somit, ebenso wie die bereits in Kraft getretenen Abkommen in den Bereichen Handel, Migration, Strassenverkehr, Luftverkehr sowie Versicherungen, im Einklang mit der vom Bundesrat definierten «Mind the Gap»-Strategie.

Das FZA zwischen der Schweiz und der EU fand bis zum 31. Dezember 2020 Anwendung auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Damit entfiel per 1. Januar 2021 auch der gegenseitige freie Marktzugang für natürliche Dienstleistungserbringer von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres. Ohne Abkommen hätten Schweizer Dienstleistungserbringer im Vereinigten Königreich seit dem 1. Januar 2021 nur noch Zugang zu den elf vom Vereinigten Königreich im Allgemeinen Abkommen vom 15. April 19943 über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) verpflichteten Sektoren4. Auf der anderen Seite würden in der Schweiz ohne das Abkommen grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich mit Aufenthalt von bis zu 90 Tagen pro Kalenderjahr den Zulassungsbestimmungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 20055 (AIG) unterliegen.

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SR 0.946.293.671.2 SR 0.142.112.681 SR 0.632.20 Buchhaltung, Werbedienste, Architektur, Ingenieur- und integrierte Ingenieurdienstleistungen, Rechtsberatung, Unternehmensberatung, Baustellenerkundung, Steuerberatung, Technische Tests und Analysen, Übersetzung, Stadtplanung und Landschaftsarchitektur.

SR 142.20

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Das Abkommen vom 25. Februar 20196 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens (Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger) schützt die von Dienstleistungserbringern unter dem FZA erworbenen Rechte und ermöglicht die Weiterführung von Dienstleistungserbringungen, deren Ausführung vor Ende 2020 begonnen wurde und für welche ein schriftlicher Vertrag vorliegt. Das heisst, für bestehende Vertragsbeziehungen zwischen Dienstleistungserbringern aus der Schweiz und Kundinnen oder Kunden aus dem Vereinigten Königreich und umgekehrt sind die entsprechenden Rechte und Pflichten des FZA beizubehalten, und dies während eines Zeitraums von fünf Jahren. Neuabgeschlossene oder nach dem 31. Dezember 2020 begonnene Verträge sind durch das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht abgedeckt. Im Bereich der Anerkennung von Diplomen enthält das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger bereits ausreichende Regelungen bis 2024. Diese gelten für Personen, die bereits vor dem Datum des Wegfalls des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich eine Ausbildung in einem der beiden Staaten begonnen oder abgeschlossen haben.

1.2

Geprüfte Alternativen

Im Rahmen von exploratorischen Gesprächen haben die Schweiz und das Vereinigte Königreich im Sommer 2020 geprüft, ob ein Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringern für beide Seiten von Interesse ist. Sie kamen zum Schluss, dass die Aufnahme von Verhandlungen für beide Seiten von Vorteil sei, da andernfalls der Marktzugang für Dienstleistungserbringer ab Januar 2021 im Vergleich zum FZA-Regime erheblich erschwert würde: Schweizer Dienstleistungserbringer hätten im Vereinigten Königreich nur noch Zugang zu den elf vom Vereinigten Königreich im GATS verpflichteten Sektoren erhalten. Damit hätten beispielsweise Informatikerinnen oder Versicherungsberater für die Dienstleistungserbringung im Vereinigten Königreich keinen Zugang mehr gehabt.

Auf der anderen Seite würden Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich neu dem AIG unterstehen und müssten bei den Kantonen eine Arbeitsbewilligung beantragen. Die Schweiz hat im GATS lediglich drei Sektoren7 für den Marktzugang von ausländischen Dienstleistungserbringern verpflichtet. Für diese gelten erleichterte Bedingungen gegenüber den anderen Sektoren für den Marktzugang in der Schweiz. Für Schweizer Unternehmen wäre es entsprechend schwieriger geworden, Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich zeitnah in Anspruch zu nehmen.

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SR 0.142.113.672 Ingenieurdienstleistungen, Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Installation von Computerhardware und Softwareimplementierungsdienstleistungen.

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Aus diesen Gründen haben sich die Schweiz und das Vereinigte Königreich entschieden, die Verhandlungen über ein Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringern aufzunehmen.

1.3

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Die Verhandlungen wurden am 17. September 2020 aufgenommen. Das Ziel war es, ein Abkommen zu schliessen, um die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft zu mildern, die sich hinsichtlich der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen nach Beendigung des FZA zwischen den beiden Parteien ergeben hätten.

Die grösste Schwierigkeit bei den Verhandlungen war die aussergewöhnliche Situation: Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU findet das FZA nach rund zwei Jahrzehnten keine Anwendung mehr auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Das neue Immigrationssystem des Vereinigten Königreichs unterscheidet sich grundsätzlich von jenem der Schweiz. Es sieht keinen freien Personenverkehr mehr vor und unterscheidet nicht zwischen der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz sowie Drittstaaten. Einige Parameter des künftigen britischen Regimes waren zudem noch unklar. Ebenso wenig bestand Klarheit darüber, ob und gegebenenfalls welche Regelungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ab dem 1. Januar 2021 zur Anwendung gelangen würden.

Die Verhandlungsleiter mussten deshalb unter Zeitdruck und unter unvollständiger Information für das Abkommen eine auf die jeweiligen Bedürfnisse massgeschneiderte Lösung finden. Zusätzliche Herausforderungen ergaben sich aufgrund des Covid-19-Kontexts: Die Verhandlungen fanden von Anfang bis Ende ausschliesslich virtuell statt; die Verhandlungsteilnehmenden nahmen auf beiden Seiten aus ihrem jeweiligen Homeoffice teil. Der Verhandlungsrhythmus war intensiv, zum Teil mit mehreren Sitzungen pro Tag, damit das SMA rechtzeitig für eine vorläufige Anwendung per 1. Januar 2021 abgeschlossen werden konnte. Am 13. November 2020 wurden die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen. Das SMA wurde am 14. Dezember 2020 in London unterzeichnet.

Mit dem Verhandlungsergebnis hat die Schweiz die wichtigsten Ziele erreicht: Einerseits ermöglicht das SMA Schweizer Unternehmen auch in Zukunft, trotz geänderter Rahmenbedingungen infolge des EU-Austritts des Vereinigten Königreichs, einen weitgehenden Marktzugang im Vereinigten Königreich für vertragsbasierte Dienstleistungserbringungen durch natürliche Personen. Für die aus Sicht der Schweizer Wirtschaft wichtigen Dienstleistungssektoren konnten
entsprechende Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs ausgehandelt werden. Andererseits erlaubt das SMA der Schweizer Wirtschaft, weiterhin kurzfristige Dienstleistungen von Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich zeitnah in Anspruch zu nehmen. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft.

Der bisherige freie Marktzugang für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz im Vereinigten Königreich konnte nicht fortgeführt werden. Grund dafür ist das neue 6 / 28

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Immigrationssystem des Vereinigten Königreichs, welches keine freie Dienstleistungserbringung mehr vorsieht. Stattdessen konnte die Schweiz wichtige Konzessionen des Vereinigten Königreichs erwirken und damit einen weitgehenden Marktzugang im Vereinigten Königreich sicherstellen. Dazu gehört unter anderem eine breite sektorale Abdeckung, die Ausweitung der Rechte auf dauerhaft Gebietsansässige der Schweiz (zusätzlich zu Schweizer Staatsangehörigen) und die Verlängerung der zulässigen Aufenthaltsdauer auf 12 Monate innerhalb von 24 Monaten.

Seit dem 1. Januar 2021 findet das FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr. Damit der gegenseitige erleichterte Marktzugang für Dienstleistungserbringer auch für nach dem 31. Dezember 2020 abgeschlossene oder begonnene Verträge nahtlos weitergeführt werden konnte, wird das SMA seit dem 1. Januar 2021 ­ mit Zustimmung der zuständigen parlamentarischen Kommissionen und bis zum Abschluss des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens ­ vorläufig angewendet. Das SMA ist auf zwei Jahre befristet. Die Vertragsparteien können gemeinsam beschliessen, das SMA zu verlängern.

Am 30. Dezember 2020 wurde das Handels- und Kooperationsabkommen8 (HKA) zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU abgeschlossen. Dieses regelt auch Dienstleistungserbringungen durch natürliche Personen. Es zeigt sich, dass die Schweiz für den Marktzugang im Vereinigten Königreich für die vertragsbasierte Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen ein ähnliches Verhandlungsergebnis wie die EU erzielen konnte bzw. in einzelnen Punkten ein Ergebnis erzielte, das über die Bestimmungen des HKA hinausgeht (vgl. Ziff. 4.2).

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Das Abkommen wurde weder in der Botschaft vom 29. Januar 20209 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202010 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Es basiert auf der «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrates vom 19. Oktober 2016.

Diese wurde für das Jahr 2020 und 2021 als Bundesratsziel (Ziel 12 bzw. 4) aufgenommen und sieht vor, das Netz von Abkommen zur Unterstützung der Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich im Hinblick auf den Brexit auszubauen, mit dem Ziel, die gegenseitigen Rechte und Pflichten soweit wie möglich zu gewährleisten und zu erweitern.

8

9 10

Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Grossbritannien und Nordirland andererseits, ABl. L 444 vom 31.12.2020, S. 14.

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Ergebnisse der Vernehmlassung

Die Vernehmlassung fand vom 17. Februar bis zum 30. April 2021 statt.11 Die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft und die anderen interessierten Kreise wurden eingeladen, Stellungnahmen abzugeben.

Im Rahmen der Vernehmlassung gingen insgesamt 35 Stellungnahmen ein. Alle Vernehmlassungsteilnehmenden sprechen sich für das SMA aus. In einigen Stellungnahmen werden einzelne Aspekte des SMA kritisch beurteilt oder Nachbesserungen im Falle einer Verlängerung des Abkommens gefordert.

Die Beteiligten begrüssen generell die Weiterführung eines möglichst weitgehenden Marktzugangs für Schweizer Dienstleistungserbringer im Vereinigten Königreich.

Dabei werden unter anderem die breite sektorielle Abdeckung, die Dauer für Aufenthalte im Vereinigten Königreich sowie die Abdeckung von in der Schweiz dauerhaft gebietsansässigen Ausländerinnen und Ausländern positiv hervorgehoben. Mehrere Teilnehmende begrüssen, dass mit dem SMA die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft erhalten bleibt und dass mit dem Abkommen eine Diskriminierung der Schweizer Dienstleistungserbringer gegenüber denjenigen aus der EU verhindert werden kann. Kritisch beurteilt wird dagegen von vielen Beteiligten die Einschränkung auf Personen mit universitärem oder gleichwertigem Abschluss. Zwei Teilnehmende sprechen sich für eine Ausweitung der sektoriellen Abdeckung im Bereich der Gastronomie- und Anwaltsdienstleistungen aus. Ein Teilnehmender kritisiert das Visumserfordernis für den Marktzugang von kurzfristigen Dienstleistungserbringern im Vereinigten Königreich.

Bezüglich des Marktzugangs in der Schweiz begrüssen viele der Vernehmlassungsteilnehmenden explizit die Weiterführung des Meldeverfahrens, damit die Schweizer Wirtschaft weiterhin zeitnah und ohne grossen administrativen Aufwand Zugang zu Fachkräften aus dem Vereinigten Königreich für die kurzfristige Dienstleistungserbringung hat. Ausserdem begrüssen mehrere, dass dadurch keine zusätzlichen Vollzugsaufgaben und kein zusätzlicher administrativer, personeller oder finanzieller Mehraufwand für Kantone und Unternehmen anfallen. Einige Vernehmlassungsteilnehmende regen an, den erleichterten Marktzugang via Meldeverfahren
auch für selbstständige Dienstleistungserbringer mit einer EU-/EFTA-Staatsbürgerschaft und mit Niederlassung im Vereinigten Königreich zu gewähren. Mehrere Beteiligte begrüssen die Weiterführung der flankierenden Massnahmen für Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich.

Einige Vernehmlassungsteilnehmende begrüssen die Weiterführung der Gespräche bezüglich eines umfassenden Abkommens über die Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen einer Arbeitsgruppe.

Mehrere Vernehmlassungsteilnehmende sehen in der Befristung des SMA den Vorteil, das Abkommen zu gegebener Zeit zu evaluieren und allenfalls einzelne Punkte 11

Die Unterlagen zur Vernehmlassung sowie der Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung sind zu finden unter: www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > WBF.

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zu verbessern. Einige Beteiligte sprechen sich dafür aus, den weitgehenden gegenseitigen Marktzugang für kurzfristige Dienstleistungserbringer auch nach den zwei Jahren weiterzuführen.

3

Konsultation parlamentarischer Kommissionen

Die zuständigen Parlamentskommissionen wurden gemäss Artikel 152 Absatz 3bis des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200212 (ParlG) zur vorläufigen Anwendung konsultiert und haben sich nicht dagegen ausgesprochen (vgl. Ziff. 7.4).

4

Grundzüge des Abkommens

4.1

Inhalt

Das SMA regelt die kurzfristige Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen und enthält Bestimmungen zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen für kurzfristige Dienstleistungserbringer. Ziel ist es, nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich einen möglichst weitgehenden Marktzugang für Dienstleistungserbringer zu erhalten. Der zusätzliche Briefwechsel hält die Absicht des Vereinigten Königreichs fest, die Prüfung der Äquivalenzanerkennung gewisser Schweizerischer Berufsbildungsabschlüsse durch die zuständige britische Behörde (National Recognition Information Centre, NARIC) sicherzustellen.

Das SMA enthält vier Kapitel und zwei Anhänge. Kapitel 1 enthält allgemeine Bestimmungen. Es werden die allgemeinen Ziele festgehalten sowie der territoriale Geltungsbereich und das Verhältnis des SMA zu anderen internationalen Abkommen geregelt. Weiter gibt es Artikel zur Transparenz und zu Konsultationen. Schliesslich werden die generellen Ausnahmen und die Sicherheitsausnahmen aus dem GATS ins SMA übernommen.

In Kapitel 2 wird die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen geregelt. Der Geltungsbereich des Kapitels beschränkt sich auf Massnahmen betreffend die Einreise und den temporären Aufenthalt von Dienstleistungserbringern. Das Kapitel betrifft weder Massnahmen im Zusammenhang mit dem Zugang zum Arbeitsmarkt noch Massnahmen bezüglich der Nationalität, des Wohnsitzes oder der dauerhaften Erwerbstätigkeit. Es wird festgehalten, dass die in den Gesetzen oder Regulierungen festgehaltenen Anforderungen betreffend die Sozialversicherungen und Arbeitsbedingungen, einschliesslich der Gesetze und Verordnungen zu Mindestlöhnen und Gesamtarbeitsverträgen (z. B. Lohn, Arbeitsstunden), weiterhin gelten. Dies bedeutet, dass die flankierenden Massnahmen und die entsprechenden Bestimmungen des Entsendegesetzes vom 8. Oktober 199913 auf Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich, die über das Meldeverfahren in der Schweiz während maximal 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres tätig werden, weiterhin

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SR 171.10 SR 823.20

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Anwendung finden. Im Weiteren enthält das Kapitel spezifische Transparenzbestimmungen mit Bezug auf die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung. Die spezifischen Verpflichtungen der Parteien bezüglich des Marktzugangs von Dienstleistungserbringern sind in den Anhängen 1 und 2 festgehalten.

Kapitel 3 enthält Bestimmungen zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen für kurzfristige Dienstleistungserbringer. Da das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger ausreichende Regelungen zur Anerkennung der Diplome bis 2024 enthält, ist in diesem Bereich bereits eine gute Ausgangslage gegeben. Es werden entsprechend bezüglich der Anerkennung von Berufsqualifikationen lediglich Grundsätze festgelegt. Ausserdem sieht das SMA eine Arbeitsgruppe zur Fortführung der Gespräche im Hinblick auf einen möglichen Abschluss eines umfassenden und dauerhaften Abkommens zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen vor.

Kapitel 4 enthält Schlussbestimmungen, darunter die Regelungen bezüglich Inkraftsetzung, vorläufiger Anwendung und Geltungsdauer des Abkommens. Das SMA wird seit dem Zeitpunkt, ab dem das FZA nicht mehr auf das Vereinigte Königreich zur Anwendung kommt, d. h. seit dem 1. Januar 2021, vorläufig angewendet. Es tritt in Kraft, sobald die innerstaatlichen Genehmigungsprozesse abgeschlossen sind und die Parteien sich dies gegenseitig notifiziert haben. Das SMA ist auf zwei Jahre befristet.

Die Parteien können gemeinsam beschliessen, das SMA zu verlängern. Hierzu wird dem Bundesrat die Entscheidkompetenz im Rahmen des Bundesbeschlusses erteilt.

Die Anhänge 1 und 2 sind integraler Bestandteil des Abkommens und enthalten die Marktzugangsverpflichtungen beider Parteien. In Anhang 1 ist der Zugang für selbstständige und unselbstständige Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich in die Schweiz geregelt. Diesen wird weiterhin die Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres gewährt, wie bisher unter den relevanten Bestimmungen des FZA. Für die Erbringung ihrer Dienstleistung benötigen sie keine Bewilligung, müssen aber ihren Einsatz gemäss dem auch auf Dienstleistungserbringer aus den EU/EFTA-Mitgliedstaaten anwendbaren Meldeverfahren weiterhin vorgängig melden. Es wird ausserdem festgehalten, dass die in der Schweiz geltenden Lohn-
und Arbeitsbedingungen sowie die Bestimmungen zur sozialen Sicherheit weiterhin gelten und dass diese Anforderungen mit Bezug auf Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich weiterhin von den zuständigen Behörden kontrolliert und durchgesetzt werden (flankierende Massnahmen). Die Dienstleistungserbringungen über 90 Tage sind nicht vom SMA erfasst und werden demnach gemäss den im AIG verankerten Zulassungsbedingungen geregelt.

In Anhang 2 ist der Marktzugang für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz im Vereinigten Königreich geregelt. Das Vereinigte Königreich hat seit Ablauf der Übergangsperiode per 1. Januar 2021 ein neues Immigrationssystem und damit auch ein neues Marktzugangssystem für kurzfristige Dienstleistungserbringer eingeführt, welches grundsätzlich für alle Staaten gleichermassen gilt. Das Vereinigte Königreich unterscheidet also nicht mehr zwischen der EU/EWR/Schweiz und Drittstaaten. Mit dem neuen Immigrationssystem wurden auch neue Visa-Bestimmungen eingeführt,

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die ebenfalls grundsätzlich auf alle Länder Anwendung finden. Mit dem SMA gewährt das Vereinigte Königreich Schweizer Dienstleistungserbringern die folgenden präferentiellen Marktzugangsbedingungen: ­

Dienstleistungserbringer aus der Schweiz im Rahmen einer Entsendung («Contractual Service Suppliers») erhalten ­ zusätzlich zu den elf bereits im GATS verpflichteten Sektoren ­ Marktzugang im Vereinigten Königreich zu 20 zusätzlichen Sektoren.

­

Selbstständige Dienstleistungserbringer aus der Schweiz («Independent Professionals») erhalten Marktzugang im Vereinigten Königreich zu 16 Sektoren, währenddem das Vereinigte Königreich im GATS keine Verpflichtungen für Selbstständige eingegangen ist.

­

Das Vereinigte Königreich verzichtet in den verpflichteten Sektoren auf die Prüfung des wirtschaftlichen Bedarfs («Economic Needs Test», ENT), währenddem das Vereinigte Königreich im GATS für mehrere verpflichtete Sektoren, z. B. für Ingenieurdienstleistungen und Unternehmensberatungen, ENT verlangt.

­

Der Marktzugang im Vereinigten Königreich gilt nicht nur für Schweizer Bürger, sondern auch für Personen mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz.

­

Dienstleistungserbringer aus der Schweiz erhalten einen Zugang für 12 Monate innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten, während dem unter dem GATS Dienstleistungserbringer Zugang nur für maximal 3 Monate innerhalb eines Kalenderjahres für die elf vom Vereinigten Königreich verpflichteten Sektoren erhalten.

­

Es werden keine Englischzertifikate von Schweizer Dienstleistungserbringern eingefordert.

Die Marktzugangsverpflichtungen des Vereinigten Königreichs für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz sind auf Personen mit universitären oder gleichwertigen Abschlüssen beschränkt. Um auch den Zugang für Personen mit Berufsbildungsabschlüssen zu erleichtern, haben sich die Schweiz und das Vereinigte Königreich auf einen gegenseitigen Briefwechsel geeinigt. Darin wird die Absicht des Vereinigten Königreichs festgehalten, die Prüfung der Äquivalenzanerkennung gewisser Schweizerischer Berufsbildungsabschlüsse durch die zuständige britische Behörde sicherzustellen.

Für die Umsetzung des SMA sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Da gemäss SMA ­ in Anlehnung an die FZA-Regelung ­ Dienstleistungen von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres von einem Bewilligungsverfahren nach dem AIG ausgenommen sind, untersteht die Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Tagen aus dem Vereinigten Königreich wie bis anhin der Meldepflicht nach Artikel 6 des Entsendegesetzes und Artikel 6 der Verordnung vom 21. Mai 200314 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für die Umsetzung

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SR 823.201

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des Abkommens wurde die Verordnung vom 22. Mai 200215 über den freien Personenverkehr am 18. Dezember 202016 vom Bundesrat geändert, um die vorläufige Anwendung zu ermöglichen. Der Ingress, Gegenstand und Geltungsbereich dieser Verordnung wurden so angepasst, dass die Regelung der Meldepflicht auch auf selbstständige Dienstleistungserbringer, die vom Abkommen erfasst werden, anwendbar ist.

Die revidierte Verordnung trat am 1. Januar 2021 in Kraft.

Die Originalfassung des SMA ist in englischer Sprache. Es liegt keine Originalfassung in einer Amtssprache des Bundes vor. Damit eine vorläufige Anwendung per 1. Januar 2021 unter Berücksichtigung der internen Genehmigungsprozesse möglich war, war bei Abschluss der Verhandlungen Mitte November eine Übersetzung in eine Amtssprache des Bundes sowie eine Prüfung und Genehmigung einer solchen Sprachversion durch das Vereinigte Königreich als zweite authentische Version zur Unterzeichnung zeitlich nicht mehr möglich. Gemäss Artikel 5 Absatz 1 der Sprachenverordnung vom 4. Juni 201017 können völkerrechtliche Verträge in englischer Sprache abgeschlossen werden, wenn eine besondere Dringlichkeit vorliegt. Eine solche lag aufgrund der erwähnten Gegebenheiten vor.

4.2

Würdigung

Durch das SMA werden die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen aufgrund des Wegfalls der freien Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich für eine befristete Zeit (zwei Jahre mit Möglichkeit zur Verlängerung) abgefedert. Die vorläufige Anwendung ermöglicht eine nahtlose Fortführung des gegenseitigen erleichterten Marktzugangs für Dienstleistungserbringer. Die Befristung auf zwei Jahre erlaubt eine Neubeurteilung der Situation, sobald konkrete Erfahrungen mit dem neuen Immigrationssystem des Vereinigten Königreichs vorliegen. Kern des Abkommens sind die Verpflichtungen zum gegenseitigen Marktzugang für natürliche Dienstleistungserbringer, welche beidseitig einen weitgehenden Marktzugang ermöglichen. Trotz den unterschiedlichen Ansätzen stellt das SMA in einer Gesamtbetrachtung eine ausgeglichene Balance von Rechten und Pflichten beider Parteien sicher. Die Schweiz führt die freie Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr mit nur wenigen Ausnahmen bezüglich der Sektoren weiter. Auf der anderen Seite gewährt das Vereinigte Königreich der Schweiz innerhalb seines neuen Migrationssystems einen weitgehenden Marktzugang mit einer breiten sektoriellen Abdeckung und weiteren Vorzugsbedingungen.

Mit Verweis auf das duale Zulassungssystem der Schweiz ist zu beachten, dass durch dieses Abkommen erstmals Dienstleister aus einem Drittstaat (Vereinigtes Königreich) zu denselben Bedingungen in der Schweiz Dienstleistungen erbringen können wie Dienstleister aus einem EU/EFTA-Mitgliedstaat. Dies entspricht dem von Vertretern verschiedener Wirtschaftsbranchen im Vorfeld der Verhandlung angemeldeten Interesse, weiterhin zu den bisherigen Bedingungen Dienstleistungserbringungen aus 15 16 17

SR 142.203 AS 2020 6413 SR 441.11

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dem Vereinigten Königreich in Anspruch nehmen zu können. Ein erheblicher Teil dieser Dienstleistungserbringer ist in den Sektoren Banken, Versicherungen und Beratung tätig; ein möglichst einfacher Zugang zu deren Dienstleistungen ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft von Bedeutung. Ebenso können durch die im Abkommen vereinbarte Fortführung des bewährten Meldeverfahrens für Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich die Vollzugskosten von Bund, Kantonen und Wirtschaftsakteuren tief gehalten werden. Es ergeben sich namentlich für die Unternehmen keine zusätzlichen administrativen Belastungen.

In umgekehrter Richtung beugt das SMA einer Schlechterstellung schweizerischer Anbieter gegenüber anderen Freihandelspartnern des Vereinigten Königreichs vor und schafft für Schweizer Wirtschaftsakteure gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein Freihandels- oder Mobilitätsabkommen mit dem Vereinigten Königreich haben, einen Wettbewerbsvorteil.

Das Verpflichtungsniveau des Vereinigten Königreichs im SMA ist vergleichbar mit jenem für Dienstleistungserbringer unter dem HKA zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Eine Schlechterstellung von Schweizer Dienstleistungserbringern gegenüber Dienstleistungserbringern aus der EU im Vereinigten Königreich ist somit nicht zu befürchten. In einigen Bereichen geht das SMA über die Bestimmungen im HKA hinaus: So gilt das SMA im Unterschied zum HKA auch für dauerhaft gebietsansässige Ausländerinnen und Ausländer. Somit können nicht nur Schweizer Bürgerinnen und Bürger vom SMA profitieren. Dies ist wichtig, da infolge des hohen Ausländeranteils bei den Erwerbstätigen in der Schweiz ein vergleichsweise bedeutender Anteil von Dienstleistungserbringern aus der Schweiz nicht über das Schweizer Bürgerrecht verfügt. Zudem ist im SMA ­ anders als im HKA ­ explizit festgehalten, dass keine Sprachanforderungen verlangt werden dürfen. Auch hat das Vereinigte Königreich gegenüber der Schweiz den Zugang zum für die Schweiz wichtigen Sektor der Wirtschaftsprüfung geöffnet, nicht so gegenüber der EU. Im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen sehen sowohl das SMA wie auch das HKA keine automatische Anerkennung vor, sondern legen lediglich einen Rahmen für das künftige Vorgehen fest.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Vertrags

5.1

Präambel

Die Präambel hält den Wunsch beider Parteien fest, die Rechte und Pflichten für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich für die Beziehung zwischen den Vertragsparteien so weit wie möglich zu wahren und die Anerkennung von Berufsqualifikationen zu erleichtern. Die Parteien bekräftigen ihre Absicht, die Anerkennung von Berufsqualifikationen künftig umfassend im Rahmen der bestehenden Arbeitsgruppe zu regeln. Weiter werden die bestehenden Rechte und Pflichten aus dem WTO-Abkommen, dem GATS, dem Abkommen über die erwor-

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benen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem Handelsabkommen vom 11. Februar 201918 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland bekräftigt. Zuletzt wird auf die Revisionsklausel des Handelsabkommens hingewiesen, mit dem Vermerk, bei der Überprüfung des Handelsabkommens unter anderem zusätzliche Bereiche wie den Handel mit Dienstleistungen zu berücksichtigen.

5.2

Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Ziele

Artikel 1 hält die Ziele des SMA fest. Das übergeordnete Ziel für grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer ist die befristete Abfederung negativer Auswirkungen auf die Wirtschaft aufgrund des Wegfalls des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Bezüglich der Anerkennung von Berufsqualifikationen soll das Abkommen insbesondere die Verpflichtung zur Fortsetzung der bereits begonnenen Arbeiten für ein umfassendes Abkommen festhalten.

Art. 2

Räumlicher Anwendungsbereich

Artikel 2 regelt, auf welches geografische Gebiet das Abkommen Anwendung findet.

Das Abkommen findet Anwendung auf die Schweiz, auf das Vereinigte Königreich und auf Gibraltar.

Art. 3

Verhältnis zu anderen Verpflichtungen

Durch Artikel 3 wird im Wesentlichen das Prinzip bekräftigt, dass die übrigen internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien ebenfalls eingehalten werden müssen. Ausserdem wird hervorgehoben, dass mit dem SMA die Bestimmungen des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger ergänzt und nicht ersetzt werden.

Art. 4

Einhaltung von Verpflichtungen

Artikel 4 hält fest, dass die Parteien ihre Verpflichtungen aus dem SMA erfüllen und die Anwendung auf allen Staatsebenen gewährleisten müssen.

Art. 5

Transparenz

Artikel 5 regelt insbesondere die Informationspflichten der Vertragsparteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften, Gerichts- und Verwaltungsentscheide von allgemeiner Tragweite sowie ihre internationalen Abkommen, die einen Einfluss auf die Durchführung des SMA haben können, veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, Informationen

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SR 0.946.293.671

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zur Verfügung zu stellen und Fragen zu Massnahmen zu beantworten, die die Anwendung des Abkommens berühren können. Die Vertragsparteien sind nicht verpflichtet, Informationen preiszugeben, die nach ihrem innerstaatlichen Recht vertraulich sind oder deren Offenlegung die Durchsetzung von Rechtsvorschriften behindern, dem öffentlichen Interesse anderweitig zuwiderlaufen oder die berechtigten Geschäftsinteressen eines Wirtschaftsakteurs beeinträchtigen würden.

Art. 6

Konsultationen

Artikel 6 regelt die formellen Konsultationen. Die Parteien können jederzeit schriftlich um Konsultationen ersuchen, wenn sie eine Massnahme der anderen Partei als mit dem Abkommen unvereinbar beurteilen. Die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei muss innerhalb von zehn Tagen nach Erhalt des Gesuchs antworten. Es werden die spezifischen Verpflichtungen der Parteien und die formellen Anforderungen der Konsultationsphase festgehalten. Eine allfällige Vereinbarung, die die Vertragsparteien im Rahmen solcher Konsultationen treffen, ist für die Vertragsparteien verbindlich und diese müssen die zur Umsetzung der Vereinbarung notwendigen Massnahmen treffen. Da das Abkommen auf zwei Jahre befristet ist, wurde weder ein Gemischter Ausschuss noch ein Streitschlichtungsorgan unter dem SMA vorgesehen.

Art. 7

Allgemeine Ausnahmen

Artikel 7 inkorporiert die relevanten allgemeinen Ausnahmebestimmungen des WTORechts (Art. XIV Bst. (a), (b) und (c) GATS), namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Gesundheit.

Art. 8

Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit

Artikel 8 inkorporiert die Ausnahmebestimmungen zur Wahrung der Sicherheit aus dem WTO-Recht (Art. XIVbis GATS).

5.3 Art. 9

Kapitel 2: Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung einer Dienstleistung Ziel, Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen

Artikel 9 legt das Ziel, den Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen des Kapitels zur Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Erbringung einer Dienstleistung fest. Das Kapitel gilt für Massnahmen, welche die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von Dienstleistungserbringern betreffen. Davon ausgenommen sind Massnahmen, welche Personen betreffen, die Zugang zum Arbeitsmarkt suchen, sowie Massnahmen, die sich auf Staatsbürgerschaft oder Aufenthalt und Beschäftigung auf dauerhafter Basis beziehen.

Es wird präzisiert, dass alle Anforderungen aus Gesetzen und Vorschriften der Parteien für die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt (z. B. Aufenthaltsdauer) weiterhin Anwendung finden, soweit die Parteien keine Verpflichtungen dazu eingehen.

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Absatz 5 hält fest, dass alle in Gesetzen und Vorschriften der Schweiz, einschliesslich in Gesamtarbeitsverträgen, vorgesehenen Anforderungen betreffend Sozialversicherungs- und Arbeitsmassnahmen weiterhin Anwendung finden. Für die Schweiz wurde eine Fussnote angebracht, um den Begriff der «Arbeitsmassnahmen» zu präzisieren.

Damit können die flankierenden Massnahmen mit dem Vereinigten Königreich vollumfänglich weitergeführt werden.

Gemäss Absatz 6 erlaubt bleiben Vorkehren zur Wahrung der Unversehrtheit der Landesgrenzen und zur Sicherstellung eines ordentlichen Grenzübertritts, sofern solche Massnahmen nicht zur Umgehung spezifischer Verpflichtungen missbraucht werden.

Damit kann die Schweiz die Vorgaben für Einreise und Aufenthalt, die gemäss Schengen Regeln gelten, weiter aufrechterhalten. Ebenso kann das Vereinigte Königreich im Rahmen seiner neuen Migrationspolitik als Nicht-EU-Mitglied Visabestimmungen vorsehen. In einer Fussnote präzisieren beide Parteien, dass ein blosses Visumserfordernis nicht als Massnahme betrachtet werden kann, um die in Kapitel 2 gewährten Vorteile aufzuheben.

Art. 10

Begriffsbestimmungen

In Artikel 10 werden Begriffe definiert. Als «Niederlassung» gilt die Errichtung oder der Erwerb einer juristischen Person (z. B. durch Kapitalbeteiligung oder Errichtung einer Zweigstelle) zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter wirtschaftlicher Verbindungen. Die Definition für «juristische Person» wurde aus dem GATS übernommen. Für den Begriff «Dienstleistungserbringer» wird auf die beiden Anhänge verwiesen, in denen aufgrund der unterschiedlichen Ansätze jede Partei ihre eigene Definition dazu festhält.

Art. 11

Transparenz

Artikel 11 verpflichtet die Parteien, Informationen über die Einreise, den vorübergehenden Aufenthalt und andere Immigrationsanforderungen im Zusammenhang mit der Dienstleistungserbringung zu veröffentlichen und diese auf dem aktuellen Stand zu halten (z. B. Informationen zu Visa, erforderlichen Unterlagen und Methoden der Antragstellung). Die Vertragsparteien übermitteln sich gegenseitig die Angaben zu relevanten Veröffentlichungen und Websites und bemühen sich, sich über relevante Änderungen zu informieren.

Art. 12

Zugang für Dienstleistungserbringer

Artikel 12 verweist auf die Anhänge 1 und 2, in denen die Verpflichtungen der beiden Parteien beziehungsweise die Bedingungen für den Marktzugang beschrieben sind.

Nach Absatz 3 werden im Vereinigten Königreich keine Kontingente oder Erfordernisse einer wirtschaftlichen Bedarfsprüfung eingeführt oder aufrechterhalten, sofern in Anhang 2 nichts anderes bestimmt ist. Für die Schweiz ist dieser Zusatz nicht nötig, da für kurzfristige Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich weiterhin das Meldeverfahren gilt und der Zugang damit ohne Kontingente oder wirtschaftliche Bedarfsprüfung möglich ist. Die Einreise in das Vereinigte Königreich für

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geschäftliche Zwecke ist gemäss Absatz 4 nicht möglich, wenn dadurch eine Einflussnahme auf eine arbeitsrechtliche oder betriebliche Auseinandersetzung bezweckt oder bewirkt wird.

Art. 13

Kontaktstellen

Artikel 13 legt fest, dass jede Vertragspartei eine Kontaktstelle bestimmt und die andere Vertragspartei über die relevanten Kontaktdaten einschliesslich diesbezüglichen Änderungen informiert.

5.4 Art. 14

Kapitel 3: Anerkennung der Berufsqualifikationen von beruflichen Dienstleistungserbringern Begriffsbestimmungen

Artikel 14 definiert die Begriffe «berufliche Tätigkeit», «reglementierter Beruf», «zuständige Behörde» und «berufliche Dienstleistungserbringer». Es handelt sich um geläufige Definitionen. Sie basieren auf den bereits bisher von beiden Parteien im Rahmen des FZA angewendeten Begriffen.

Art. 15

Regeln für die Anerkennung der Berufsqualifikationen von beruflichen Dienstleistungserbringern

Mit Artikel 15 Buchstabe (a) soll sichergestellt werden, dass beide Parteien weiterhin ihr nationales System zur Anerkennung von Berufsqualifikationen anwenden.

Buchstabe (b) gibt den zuständigen Behörden der beiden Parteien die Möglichkeit, autonom oder im Rahmen von Abkommen günstigere Anerkennungsregeln vorzusehen. Er öffnet damit die Tür für einen weitergehenden Austausch zwischen den Behörden der beiden Parteien.

Art. 16

Arbeitsgruppe über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

Dieser Artikel sieht vor, dass eine Arbeitsgruppe die Gespräche im Hinblick auf den möglichen Abschluss eines umfassenden und dauerhaften Abkommens zur gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen weiterführen wird. Ein solches Abkommen würde die diesbezüglichen Bestimmungen im SMA (und damit ebenso im Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger) ablösen.

5.5 Art. 17

Kapitel 4: Schlussbestimmungen Anhänge

Artikel 17 hält fest, dass die Anhänge zum SMA einen festen Bestandteil des Abkommens bilden.

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Art. 18

Änderungen

Gemäss Artikel 18 können Änderungen des SMA schriftlich durch die Vertragsparteien vereinbart werden. Der Artikel hält fest, wann solche Änderungen in Kraft treten.

Art. 19

Inkrafttreten, vorläufige Anwendung und Dauer

Artikel 19 regelt Inkrafttreten, vorläufige Anwendung und Dauer des SMA. Es tritt in Kraft, sobald das FZA für das Vereinigte Königreich ausläuft (ab 1. Januar 2021), sofern sich die Vertragsparteien bis zu diesem Datum gegenseitig den Abschluss ihrer innerstaatlichen Genehmigungsverfahren notifiziert haben. Andernfalls tritt es im zweiten Monat nach der Notifizierung der zweiten Vertragspartei in Kraft.

Absatz 3 erlaubt eine vorläufige Anwendung des SMA und regelt zusammen mit Absatz 4 die diesbezüglichen Einzelheiten. Gemäss Absatz 5 kann eine Vertragspartei das SMA jederzeit innert sechs Monaten beenden. Absatz 6 sieht vor, dass das Abkommen nach zwei Jahren endet, sofern die Vertragsparteien keine Verlängerung vorsehen. Der Bundesrat soll im Bundesbeschluss ermächtigt werden, eine Verlängerung des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich zu vereinbaren. Die innerstaatlichen Kompetenzen zur Änderung des Abkommens gemäss Artikel 18 werden durch diese Ermächtigung nicht berührt.

5.6

Anhänge

5.6.1

Anhang 1: Zugang für Dienstleistungserbringer des Vereinigten Königreichs

Anhang 1 enthält die Bestimmungen für den Marktzugang für Dienstleistungserbringer des Vereinigten Königreichs in der Schweiz. Der Zugang entspricht grundsätzlich demjenigen, der bisher unter dem FZA galt. Folglich wurden auch die relevanten Bestimmungen des FZA ­ mit den nötigen Anpassungen ­ übernommen.

Art. 1 In Artikel 1 wird definiert, wer unter den Begriff «Dienstleistungserbringer des Vereinigten Königreichs» fällt und damit von den Bestimmungen des Anhangs profitieren kann. Einerseits gehören gemäss Buchstabe (a) Selbstständige mit Staatsbürgerschaft des Vereinigten Königreichs dazu. Selbstständige Dienstleistungserbringer, welche zwar Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs sind, aber ihren Wohnsitz ausserhalb des Vereinigten Königreichs haben, fallen nicht in den Geltungsbereich des SMA.

Andererseits gehören gemäss Buchstabe (b) bei einem im Vereinigten Königreich ansässigen Unternehmen angestellte Personen, die in den regulären Arbeitsmarkt integriert sind, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft dazu. Dies bedeutet, dass EU/EFTA- und Drittstaatsangehörige, gestützt auf dieses Abkommen, seit mindestens 12 Monaten auf dem regulären Arbeitsmarkt im Vereinigten Königreich zugelassen sein müssen, um in die Schweiz entsendet werden zu können.

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Art. 2 Artikel 2 sieht das Recht der in Artikel 1 definierten Dienstleistungserbringer vor, sich in die Schweiz zu begeben und dort für maximal 90 effektive Arbeitstage pro Kalenderjahr Dienstleistungen zu erbringen. Absatz 2 garantiert das Recht auf Einreise und Aufenthalt für die Dauer der Tätigkeit.

Art. 3 Artikel 3 präzisiert, dass jene juristischen Personen von der freien Dienstleistungserbringung gemäss Artikel 2 profitieren, die nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründet wurden und ihren satzungsmässigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung im Vereinigten Königreich haben.

Art. 4 Gemäss Artikel 4 benötigen Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich für bis zu 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr keine Kurzaufenthaltsbewilligung.

Stattdessen unterstehen sie dem Meldeverfahren, wie bisher unter dem FZA-Regime.

Somit gilt beispielsweise auch, dass die Meldung acht Tage vor Beginn der Dienstleistung abgesetzt werden muss.

Art. 5 Artikel 5 präzisiert, dass die Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Arbeitstagen entweder am Stück oder mit Unterbrüchen erfolgen kann. Somit wäre es zum Beispiel möglich, zwei Einsätze zu 45 Arbeitstagen mit einem mehrmonatigen Unterbruch dazwischen zu verrichten, solange auf ein Kalenderjahr nicht mehr als 90 Arbeitstage fallen. Gemäss Absatz 2 kann die Gewährleistungspflicht des Dienstleistungserbringers gegenüber seinem Kunden nicht zum Anlass genommen werden, die 90 Arbeitstage zu überschreiten. Falls die Dienstleistungserbringung also länger dauern sollte, muss der Dienstleistungserbringer für die Zeit über die 90 Arbeitstage hinaus eine Bewilligung gemäss AIG einholen. Die Höchstdauer von 90 Tagen gilt jedoch nicht im Falle höherer Gewalt.

Art. 6 Artikel 6 schliesst die Ausübung hoheitlicher Befugnisse vom Geltungsbereich aus.

Absatz 2 bekräftigt die Bestimmungen aus Artikel 9 Absatz 5, wonach alle in Gesetzen und Vorschriften der Schweiz, einschliesslich in Gesamtarbeitsverträgen, vorgesehenen Anforderungen betreffend Sozialversicherungs- und Arbeitsmassnahmen weiterhin Anwendung finden. Diese werden von den zuständigen Behörden kontrolliert und durchgesetzt. Damit werden die flankierenden Massnahmen mit dem Vereinigten Königreich vollumfänglich weitergeführt.

In Absatz 3 werden, analog zum FZA, folgende Dienstleistungen
vom Geltungsbereich ausgenommen: Arbeitsvermittlung und Personalverleih sowie Finanzdienstleistungen, sofern deren Ausübung eine vorgängige Genehmigung und eine Beaufsichtigung erfordert. Gemäss Absatz 4 kann die freie Dienstleistungserbringung nach 19 / 28

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Artikel 2 Absatz 1 eingeschränkt werden, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen oder es betreffend die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt ist.

5.6.2

Anhang 2: Zugang für Dienstleistungserbringer der Schweiz

Anhang 2 enthält die Bestimmungen für den Marktzugang für Dienstleistungserbringer der Schweiz ins Vereinigte Königreich. Der Zugang wird in Form einer weitgehenden, sektoralen Öffnung mit zusätzlichen Erleichterungen gewährt.

Absatz 1 enthält die Verpflichtung des Vereinigten Königreichs, entsandten und selbstständigen Dienstleistungserbringern aus der Schweiz die Erbringung von Dienstleistungen gemäss Artikel 12 des SMA und für die in Anhang 2 aufgeführten Sektoren vorbehaltlich der in Absatz 15 dieses Anhangs aufgeführten Beschränkungen zu garantieren.

Absatz 2 definiert die Begriffe «Erbringer vertraglicher Dienstleistungen», «Selbstständigerwerbende», «juristische Personen der Schweiz», «natürliche Person der Schweiz» und «Dienstleistungserbringer der Schweiz». Erbringer vertraglicher Dienstleistungen sind Personen, die bei einer juristischen Person der Schweiz angestellt sind und einen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung für einen Endkonsumenten (worunter private ebenso wie gewerbliche Abnehmer verstanden werden) im Vereinigten Königreich abgeschlossen haben. Davon ausgenommen sind Angestellte von Agenturen für die Vermittlung und Beschaffung von Personal und von juristischen Personen mit Niederlassung im Vereinigten Königreich. Selbstständigerwerbende sind natürliche Personen, die in der Schweiz als Selbstständige niedergelassen sind und einen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung für einen Endkonsumenten im Vereinigten Königreich abgeschlossen haben. Hervorzuheben ist, dass gemäss Buchstabe (d) nicht nur Schweizer Staatsangehörige, sondern auch dauerhaft in der Schweiz Gebietsansässige vom Abkommen erfasst werden.

In Absatz 4 behält sich das Vereinigte Königreich vor, Massnahmen bezüglich Qualifikationsanforderungen und -verfahren, technischer Normen oder Zulassungsanforderungen und -verfahren für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz einzuführen oder aufrechtzuerhalten, sofern sie keine Beschränkung im Sinne von Artikel 12 des SMA darstellen.

Absatz 6 bekräftigt gemäss Artikel 12 Absatz 4, dass die Einreise in das Vereinigte Königreich für geschäftliche Zwecke nicht möglich ist, wenn dadurch eine Einflussnahme auf eine arbeitsrechtliche oder betriebliche Auseinandersetzung bezweckt oder bewirkt wird.

Gemäss Absatz 7 müssen Schweizer Dienstleistungserbringer
im Vereinigten Königreich keine Anforderungen bezüglich englischer Sprache als Voraussetzung für eine vorübergehende Einreise erfüllen.

In Absatz 9 sind die vom Vereinigten Königreich verpflichteten Sektoren für Erbringer vertraglicher Dienstleistungen der Schweiz aufgeführt und in Absatz 10 die zu

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erfüllenden Bedingungen. Dienstleistungserbringer müssen namentlich einen Dienstleistungsvertrag von höchstens 12 Monaten abgeschlossen haben, seit mindestens einem Jahr beim entsendenden Unternehmen angestellt sein, über mindestens drei Jahre Berufserfahrung im entsprechenden Tätigkeitsbereich verfügen sowie einen Hochschulabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation und die erforderliche Berufsqualifikation vorweisen können. Weiter darf der entsandte Dienstleistungserbringer im Vereinigten Königreich keine andere Entschädigung als die Vergütung des entsendenden Unternehmens erhalten. Der gewährte Zugang wird nur für die im Vertrag bestimmte Dienstleistung gewährt und verleiht dem Dienstleistungserbringer nicht das Recht, die im Vereinigten Königreich gebräuchliche Berufsbezeichnung zu führen. Ausserdem dürfen nicht mehr Personen, als für die Erfüllung des Vertrages nötig sind, unter den Dienstleistungsvertrag fallen.

Gemäss Absatz 11 ist die Aufenthaltsdauer für Erbringer vertraglicher Dienstleistungen auf maximal 12 Monate innerhalb von 24 Monaten oder auf die Laufzeit des Vertrages, falls diese kürzer ist, begrenzt.

Die Absätze 12­14 enthalten analog zu den Absätzen 9­11 die vom Vereinigten Königreich verpflichteten Sektoren für Selbstständigerwerbende und die zu erfüllenden Bedingungen. Die Anzahl offener Sektoren ist kleiner als bei den von Unternehmen entsandten Dienstleistungserbringern. Die Bedingungen sind aber mehrheitlich identisch. Unterschiede gibt es namentlich bei der benötigten Berufserfahrung (sechs Jahre).

Die Tabelle in Absatz 15 präzisiert in der linken Spalte die in Absatz 9 bzw. Absatz 12 aufgeführten Sektoren und hält in der rechten Spalte Einschränkungen für Erbringer vertraglicher Dienstleistungen und Selbstständigerwerbende fest. Das Vereinigte Königreich wendet bei den verpflichteten Sektoren für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz weder zahlenmässige Einschränkungen noch Erfordernisse des wirtschaftlichen Bedarfs an. Deshalb steht bei verpflichteten Sektoren jeweils «Keine». Bei den nicht verpflichteten Sektoren steht «Ungebunden».

5.7

Erläuterungen zum Briefwechsel

Die Marktzugangsverpflichtungen des Vereinigten Königreichs für Dienstleistungserbringer aus der Schweiz sind auf Personen mit universitären oder gleichwertigen Abschlüssen beschränkt. Um auch den Zugang für Personen mit Berufsbildungsabschlüssen zu erleichtern, haben sich die Schweiz und das Vereinigte Königreich auf einen gegenseitigen Briefwechsel geeinigt. Darin wird die Absicht des Vereinigten Königreichs festgehalten, die Prüfung der Äquivalenzanerkennung gewisser Schweizerischer Berufsbildungsabschlüsse durch die zuständige britische Behörde (NARIC) sicherzustellen. Der Briefwechsel trat gleichzeitig mit der vorläufigen Anwendung des SMA am 1. Januar 2021 in Kraft.

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6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Personelle Auswirkungen

Das SMA hat keine personellen Auswirkungen auf den Bund. Es ergeben sich keine neuen Vollzugsaufgaben, da das Meldeverfahren bereits vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU für die im SMA erfassten Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich angewendet wurde.

6.1.2

Finanzielle Auswirkungen

Das SMA hat keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund. Es ergeben sich keine neuen Vollzugsaufgaben, da das Meldeverfahren bereits vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU für die im SMA erfassten Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich angewendet wurde. Im Meldeverfahren wird nicht unterschieden, ob es sich um eine Weiterführung einer vor dem 1. Januar 2021 angefangenen Dienstleistung (gestützt auf das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger) oder um eine neue Dienstleistung (gestützt auf das SMA) handelt. Die Umsetzung des SMA erfolgt deshalb analog zur Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Das SMA hat keine finanziellen und personellen Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden. Es ergeben sich keine neuen Vollzugsaufgaben, da das Meldeverfahren bereits vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU für die im SMA erfassten Dienstleistungserbringer aus dem Vereinigten Königreich angewendet wurde. Das SMA hat keine Auswirkungen auf die Aufgabenteilung zwischen Kantonen und Gemeinden.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das SMA federt die negativen Auswirkungen des Wegfalls der freien Dienstleistungserbringung von bis zu 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres mit dem Vereinigten Königreich ab. Einerseits ermöglicht es auch in Zukunft einen weitgehenden Marktzugang im Vereinigten Königreich für vertragsbasierte Dienstleistungserbringungen durch natürliche Personen aus der Schweiz. Davon profitieren sowohl KMU wie grosse Unternehmen, die Personen für die Erbringung von vertraglich vereinbarten Dienstleistungen ins Vereinigte Königreich entsenden, sowie selbstständige Dienstleistungserbringer aus der Schweiz. Ohne SMA wäre dieser Marktzugang stark begrenzt. Ausserdem wären Schweizer Dienstleistungserbringer gegenüber solchen aus Ländern mit einem entsprechenden Abkommen, insbesondere den EU-Mitgliedstaaten, schlechter gestellt.

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Andererseits erlaubt das SMA der Schweizer Wirtschaft, weiterhin kurzfristige Dienstleistungen von Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich zeitnah in Anspruch zu nehmen. Im Jahr 2019 wurden in der Schweiz rund 3800 meldepflichtige Dienstleistungserbringer von bis zu 90 Tagen aus dem Vereinigten Königreich registriert. Über die Hälfte hiervon entfiel auf die Branchen «Banken, Versicherungen, Beratung» (30,4 %) und «Kirche, Kultur, Sport, Unterhaltung» (23,4 %). Das Baugewerbe machte rund 15 Prozent aus, Handel und Gastgewerbe etwa 6 Prozent.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)19, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht der Bundesrat aufgrund eines Gesetzes oder eines völkerrechtlichen Vertrags zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 ParlG; Art. 7a Abs. 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 199720 [RVOG]).

Fehlt eine spezialgesetzliche Ermächtigung für den Bundesrat, kann dieser den Vertrag dennoch selbstständig abschliessen, wenn er von beschränkter Tragweite ist (Art. 7a Abs. 2 RVOG). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vertrag keine neuen Rechte und Pflichten schafft, dem Vollzug früherer (von der Bundesversammlung genehmigter) Verträge dient oder solche näher ausgestaltet, sowie wenn er sich an die Behörden richtet und administrativ-technische Fragen regelt (Art. 7a Abs. 3 Bst. a­c RVOG). Zusätzlich darf keine Gegenausnahme nach Artikel 7a Absatz 4 RVOG vorliegen.

Für das SMA liegt weder eine spezialgesetzliche Ermächtigung vor, noch ist das SMA ein internationales Abkommen von beschränkter Tragweite. Es muss der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

Das SMA ist ferner mit Artikel 121a BV vereinbar. Artikel 121a BV legt fest, dass die Schweiz die Zuwanderung eigenständig steuert und durch jährliche Kontingente und Höchstzahlen begrenzt. Des Weiteren verlangt die Verfassungsbestimmung, dass die jährlichen Höchstzahlen und Kontingente für erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz unter Berücksichtigung eines Vorrangs für Schweizerinnen und Schweizer auszurichten sind. Auf das SMA können sich lediglich Dienstleistungserbringer mit einem Aufenthalt von bis zu 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr beziehen. Diese fallen nicht unter den Geltungsbereich von Artikel 121a BV. Das SMA regelt somit nicht die Zuwanderung. Eine Verlängerung über 90 Tage hinaus unterliegt der arbeitsmarktlichen Prüfung nach dem AIG auf kantonaler Ebene und bei einem Aufenthalt von mehr als vier Monaten den 19 20

SR 101 SR 172.010

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Höchstzahlen. Die Schweiz wird somit weiterhin in der Lage sein, Aufenthalte aus dem Vereinigten Königreich über 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr mit jährlichen Höchstzahlen und Kontingenten eigenständig zu steuern.

7.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das Dienstleistungsabkommen GATS der WTO sieht grundsätzlich eine Meistbegünstigungsverpflichtung für alle Massnahmen, die den Dienstleistungshandel betreffen, vor. Die Schweiz hat jedoch gegenüber der EU und ihren Mitgliedstaaten eine Ausnahme von dieser Verpflichtung mit Bezug auf die Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen angemeldet. Das Vereinigte Königreich ist zwar kein EU-Mitgliedstaat mehr, war dies aber zum Zeitpunkt der Anmeldung dieser Ausnahme bei der WTO. Eine analoge Ausnahme von der Meistbegünstigungsverpflichtung hat ebenfalls das Vereinigte Königreich im Rahmen der WTO angemeldet. Das SMA ist aufgrund dieser Ausnahmen von der Meistbegünstigungsverpflichtung mit den WTO-Verpflichtungen der Schweiz beziehungsweise des Vereinigten Königreichs vereinbar.

Der Abschluss des SMA steht nicht mit den Verpflichtungen gegenüber der EU oder den Zielen der schweizerischen Europapolitik im Widerspruch. Insbesondere ist das SMA mit dem FZA sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.

7.3

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Der vorliegende völkerrechtliche Vertrag enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, da er die kurzfristige, grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen regelt. Er enthält dementsprechend grundlegende Bestimmungen über die Rechte und Pflichten von Personen (vgl. Art. 164 Abs. 1 Bst. c BV).

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Vertrags ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

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7.4

Vorläufige Anwendung

Nach Artikel 7b Absatz 1 RVOG kann der Bundesrat bei völkerrechtlichen Verträgen, für deren Genehmigung die Bundesversammlung zuständig ist, die vorläufige Anwendung beschliessen oder vereinbaren, wenn die Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und eine besondere Dringlichkeit es gebieten.

Die Voraussetzung der Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz ist aus Sicht des Bundesrates aus folgenden Gründen erfüllt: Ziel des SMA ist es, einen möglichst weitgehenden Marktzugang für Dienstleistungserbringer nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich zu erhalten und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft weitgehend abzufedern. Hätte das SMA nicht per 1. Januar 2021 vorläufig angewendet werden können, hätte der gegenseitige erleichterte Marktzugang für Dienstleistungserbringer zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nach Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht nahtlos weitergeführt werden können. Schweizer Unternehmen hätten einerseits keinen weitgehenden Marktzugang im Vereinigten Königreich für vertragsbasierte Dienstleistungserbringungen durch natürliche Personen erhalten. Andererseits wäre der Zugang zu Dienstleistungserbringern aus dem Vereinigten Königreich für die Schweizer Wirtschaft erschwert gewesen.

Die Voraussetzung der besonderen Dringlichkeit ist aus Sicht des Bundesrates aus folgenden Gründen erfüllt: Das SMA tritt gemäss Artikel 19 Absatz 2 in Kraft, wenn das FZA nicht mehr auf das Vereinigte Königreich anwendbar ist und sich die Parteien zu diesem Zeitpunkt bereits gegenseitig mitgeteilt haben, dass sie ihre innerstaatlichen Genehmigungsverfahren abgeschlossen haben. Das FZA ist aufgrund des Auslaufens der im Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geregelten Übergangsperiode seit 1. Januar 2021 nicht mehr auf das Vereinigte Königreich anwendbar.

Allerdings war zu diesem Zeitpunkt die innerstaatliche Genehmigung des SMA noch nicht abgeschlossen. Daher tritt das Abkommen am ersten Tag des zweiten Monats nach der beidseitigen Notifikation des Abschlusses der innerstaatlichen Genehmigungsprozesse in Kraft. Dieser innerstaatliche Genehmigungsprozess konnte erst nach Abschluss der Verhandlungen Mitte November 2020 in Gang gesetzt werden und konnte nicht bis zum
Zeitpunkt des Wegfalls des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (31. Dezember 2020) abgeschlossen werden. Eine vorläufige Anwendung war daher notwendig, um die Zeitspanne zwischen Wegfall des FZA-Regimes zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und parlamentarischer Genehmigung zu überbrücken.

Der Bundesrat beschloss deshalb, das SMA ab dem 1. Januar 2021 vorläufig anzuwenden. Die zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte wurden gemäss Artikel 152 Absatz 3bis ParlG konsultiert (APK-N am 9. und APK-S am 10. Dezember 2020).

Nach Artikel 7b Absatz 2 RVOG endet die vorläufige Anwendung, wenn der Bundesrat nicht binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung der Bundesversammlung den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des 25 / 28

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Vertrags unterbreitet. Mit dem Unterbreiten der vorliegenden Botschaft ist die vorgeschriebene Frist eingehalten.

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Abkürzungsverzeichnis AIG

Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 2005 (SR 142.20)

APK-N

Aussenpolitische Kommission des Nationalrates

APK-S

Aussenpolitische Kommission des Ständerates

BBl

Bundesblatt

BV

Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101)

FZA

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681)

GATS

Allgemeines Abkommen vom 15. April 1994 über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, SR 0.632.20)

NARIC

National Recognition Information Centre

ParlG

Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10)

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010)

SMA

Befristetes Abkommen vom 14. Dezember 2020 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Mobilität von Dienstleistungserbringern (Services Mobility Agreement, SR 0.946.293.671.2)

SR

Systematische Rechtssammlung

HKA

Handels- und Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020 zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Grossbritannien und Nordirland andererseits

WTO

Welthandelsorganisation (World Trade Organization)

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