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17.400 Parlamentarische Initiative Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 27. Mai 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

27. Mai 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christian Levrat

2021-2335

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Übersicht Der Entwurf sieht vor, für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene den Eigenmietwert und gleichzeitig die Abzüge für die Gewinnungskosten, d. h. die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien sowie die Kosten der Verwaltung durch Dritte, aufzuheben. Auf Bundesebene sollen bei diesen Liegenschaften auch die ausserfiskalisch motivierten Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz und Rückbau aufgehoben werden, während die Kantone solche Abzüge in ihren Steuergesetzgebungen weiterhin zulassen können. Allerdings sind die Abzüge für Energiesparen und Umweltschutz mit einem Verfalldatum versehen. Die Kosten denkmalpflegerischer Arbeiten sollen abzugsfähig bleiben.

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften sollen vom Systemwechsel ausgenommen sein, d. h. ihr Eigenmietwert soll aus fiskalischen Gründen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene steuerbar bleiben. Das Gleiche gilt für die Erträge aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften. Entsprechend sollen bei solchen Liegenschaften auch die Gewinnungskosten (mit Ausnahme der Schuldzinsen) auf Bundes- und auf Kantonsebene abzugsfähig bleiben. Die Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz, Denkmalpflege und Rückbau sollen hingegen wie beim am Wohnsitz selbstbewohnten Wohneigentum auf Bundesebene aufgehoben werden, während die Kantone sie weiterhin gewähren können (Kann-Bestimmung).

Angesichts der hohen Privatverschuldung, die in erster Linie auf Hypothekarschulden zurückzuführen ist, ist die Reduktion der Verschuldungsanreize der Kommission ein zentrales Anliegen. Hier will sie deshalb auch den Hebel ansetzen. Die Mehrheit will in Zukunft keinerlei Schuldzinsenabzüge mehr zulassen, während eine Minderheit beantragt, die zulässigen Schuldzinsenabzüge auf 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zu beschränken. Sowohl der Antrag der Mehrheit als auch derjenige der Minderheit sind deutlich strenger als das geltende Recht: Heute sind die Schuldzinsen im Umfang des Ertrags aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen und weiterer 50 000 Franken abzugsfähig.

Schliesslich will die Kommission für den Erwerb von am Wohnsitz selbstbewohntem Wohneigentum einen zeitlich und betragsmässig begrenzten Ersterwerberabzug einführen, um es insbesondere auch
jüngeren Personen leichter zu ermöglichen, Wohneigentum zu erwerben. Dieser Ersterwerberabzug von maximal 10 000 Franken für Ehepaare bzw. maximal 5000 Franken für Alleinstehende im ersten Steuerjahr nach dem Erwerb des Eigenheims soll über 10 Jahre hinweg gewährt werden und linear abnehmen.

Die finanziellen Auswirkungen der Reform hängen in hohem Mass vom künftigen durchschnittlichen Hypothekarzinssatz ab. Bei einem Zinsniveau von 1,5 Prozent ergäben sich sowohl beim Beschluss der Kommissionsmehrheit als auch ­ deutlich ausgeprägter ­ beim Antrag der Kommissionsminderheit Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden. Bei einem unterstellten Hypothekarzinssatz von 3,5 Prozent hingegen könnte die Umsetzung gemäss Minderheitsantrag grob aufkommensneutral erfolgen, während der Mehrheitsbeschluss mit substanziellen Mehreinnahmen der öffentlichen Haushalte einherginge. Je nach Höhe des Hypothekarzinsniveaus können 2 / 48

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sich aus der Reform somit beträchtliche Mehr- oder Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden ergeben.

Die Kommission ist der Ansicht, der vorgeschlagene Systemwechsel leiste einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Privatverschuldung und fördere die Stabilität des Finanzplatzes. Zudem trage er der Gleichbehandlung von Mieterinnen und Mietern mit Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern Rechnung und erfülle auch den Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Entstehungsgeschichte

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Grundzüge der Vorlage 2.1 Ausgangslage 2.2 Geltendes Recht 2.2.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben 2.2.2 Gesetzliche Grundlagen 2.2.3 Bundesgerichtliche Rechtsprechung 2.3 Handlungsbedarf 2.3.1 Administrativer Aufwand und Steuerbelastung 2.3.2 Begrenztes Einnahmenpotenzial 2.3.3 Hypothekarverschuldung 2.3.4 Energiespar- und Umweltschutzabzüge 2.4 Erwägungen der Kommission 2.4.1 Situationsanalyse 2.4.2 Zentrale Anliegen 2.4.3 Beschlüsse 2.5 Vernehmlassungsverfahren

7 7 9 9 9 10 12 12 13 13 16 16 16 17 17 21

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 3.1 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) 3.2 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) 3.3 Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) 3.4 Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (ÜLG)

22 22

4

Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 4.2.1 Finanzielle Auswirkungen 4.2.2 Personelle Auswirkungen 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.4 Verteilungseffekte

32 32 32 35 36 36 38 38 40

5

Rechtliche Grundlagen 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

41 41 43

6

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

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Verhältnis zum europäischen Recht

Bundesgesetz über den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Entwurf)

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) befasste sich an ihrer Sitzung vom 9. Januar 2017 im Zusammenhang mit der Motion 13.3083 Sicheres Wohnen. Einmaliges Wahlrecht beim Eigenmietwert, die Nationalrat Hans Egloff am 14. März 2013 eingereicht hatte, mit der Besteuerung des Eigenmietwerts.

Sie war der Ansicht, ein Systemwechsel beim Wohneigentum sei an sich wünschenswert, lehnte die Motion Egloff jedoch insbesondere wegen des darin vorgesehenen Wahlrechts ab. Die WAK-S beschloss, stattdessen eine Kommissionsinitiative mit dem Ziel eines Systemwechsels auszuarbeiten, und verabschiedete am 2. Februar 2017 mit 11 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung ihre parlamentarische Initiative 17.400 Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung. Laut dem Initiativtext soll der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung auf die Abschaffung des Eigenmietwerts für den Hauptwohnsitz beschränkt bleiben. Weiter hielt die Kommission in ihrem Text fest, das neue System müsse möglichst haushaltneutral sein, es dürfe keine unzulässigen Disparitäten zwischen Mieterinnen und Mietern einerseits sowie Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern andererseits schaffen und solle im Sinn der Verfassung das Wohneigentum fördern. Die nationalrätliche Schwesterkommission (WAK-N) stimmte dem Folgegeben am 14. August 2017 einstimmig zu.

An ihren Sitzungen vom 15. Februar, 3. Mai und 20. August 2018 definierte die WAK-S die Eckwerte der Vorlage. Anschliessend beauftragte sie die Verwaltung und das Kommissionssekretariat, basierend darauf einen Vorentwurf auszuarbeiten und die entsprechenden Erläuterungen zu verfassen.

Am 14. Februar 2019 prüfte die WAK-S den Vorentwurf und stimmte ihm mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Sie beschloss, ihn zusammen mit dem erläuternden Bericht in die Vernehmlassung zu geben. Diese dauerte vom 5. April bis zum 12. Juli 2019.

Angesichts der kontroversen Aufnahme des Vorentwurfs in der Vernehmlassung nahm die Kommission zwar am 29. August 2019 vom entsprechenden Ergebnisbericht Kenntnis, verzichtete jedoch vorerst darauf, einen Entwurf zuhanden des Ständerates zu verabschieden. Vielmehr beauftragte sie die Verwaltung an mehreren Sitzungen mit Zusatzabklärungen zu verschiedenen Teilbereichen wie etwa Zweitwohnungsproblematik, Schuldzinsenabzüge, interkantonale Steuerausscheidung
oder Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen.

Am 27. Mai 2021 führte sie schliesslich die Detailberatung durch und verabschiedete ihren Entwurf mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung zuhanden des Rates. In Bezug auf den zulässigen Schuldzinsenabzug liegt ein Minderheitsantrag vor.

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Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

Die Besteuerung des Eigenmietwerts wurde auf Bundesebene mit Artikel 21 Ziffer 2 des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 19341 über die eidgenössische Krisenabgabe eingeführt. Im Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 19402 über die Erhebung einer Wehrsteuer und auch in dessen Nachfolgebeschlüssen wurde die Selbstnutzung des Wohneigentums ausdrücklich zum Einkommen gerechnet. Im ersten Kommentar zum Wehrsteuerbeschluss wurde diesbezüglich festgehalten, dass «in jedem Fall auch der Mietwert einer selbstgenutzten Liegenschaft oder Wohnung zum steuerbaren Einkommen gehört. Als solcher gilt der Betrag, den der Eigentümer oder Nutzniesser aufwenden müsste, um ein gleichartiges Objekt zu mieten.»3 Die steuerliche Erfassung des Eigenmietwerts wurde seither immer wieder kontrovers diskutiert und zunehmend infrage gestellt. Es gab verschiedene Abschaffungsversuche, so etwa im Rahmen des Steuerpakets 20014 (Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über die Änderung von Erlassen im Bereich der Ehe- und Familienbesteuerung, der Wohneigentumsbesteuerung und der Stempelabgaben), das aber in der Volksabstimmung vom 16. Mai 2004 mit 65,9 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt wurde.5 Ein weiterer Versuch folgte mit der 2009 eingereichten Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» des Hauseigentümerverbands Schweiz. Dabei ging es um einen beschränkten Systemwechsel: Rentnerinnen und Rentnern sollte für ihr Eigenheim das Recht eingeräumt werden, einmalig zu wählen, den Eigenmietwert nicht mehr zu versteuern. Der Bundesrat lehnte die Initiative ab, weil es bei einer Annahme zu Ungleichbehandlungen gekommen wäre: Einerseits wären Rentnerinnen und Rentner in Miete gegenüber solchen mit selbstbewohntem Wohneigentum benachteiligt worden, andererseits wären pensionierte Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer gegenüber solchen, die das AHV-Alter noch nicht erreicht haben, bevorteilt und die Generationen damit ungleich behandelt worden. Das Volksbegehren wurde am 23. September 2012 mit 52,6 Prozent Nein-Stimmen sowie 13½ verwerfenden Ständen relativ knapp abgelehnt.6 Auch danach wurde mittels parlamentarischer Vorstösse und Initiativen versucht, den politischen Druck zur Abschaffung des Eigenmietwerts aufrechtzuerhalten. Allen Begehren, die in der Herbstsession 2012 und später eingereicht wurden, wurde jedoch im Parlament eine Abfuhr
erteilt.7 Zahlen zum Wohneigentum Die Schweizer Haushalte sind häufiger Mieterinnen und Mieter als Eigentümerinnen und Eigentümer. Ende 2019 wohnten in der Schweiz 2,3 Millionen Haushalte in einer Mietwohnung, 1,4 Millionen in ihren eigenen vier Wänden. Dies entspricht einer

1 2 3 4 5 6 7

AS 1934 49 AS 1940 1947 Pierre Grosheintz / Charles Perret: Kommentar zur eidgenössischen Wehrsteuer, Zürich 1941, S. 59.

BBl 2003 4498 BBl 2004 3943 BBl 2013 1135 Pa.Iv. 12.467, Mo 12.3778, Mo 12.3826, Mo 12.3874, Mo 13.3083 und Pa.Iv. 16.455.

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Wohneigentumsquote von 36,4 Prozent, was der geringste Anteil unter allen europäischen Ländern ist. Die Quote ist seit 1970 stetig gestiegen, vor allem, weil das Stockwerkeigentum rasch zugenommen hat. Es bestehen jedoch grosse kantonale Unterschiede (vgl. Abb. 1): Die ländlich geprägten Kantone Appenzell Innerrhoden (56,9%), Wallis (54,5%) und Jura (49,5%) weisen die höchsten Wohneigentumsquoten auf, während die städtischen Kantone Basel-Stadt (15,8%) und Genf (18,1%) die tiefsten Quoten aufweisen.8 Abbildung 1

8

Bundesamt für Statistik: Bau- und Wohnungswesen 2019, Neuenburg 2021, S. 11.

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Gemäss Zweitwohnungsgesetz vom 20. März 20159 (ZWG) und Zweitwohnungsverordnung vom 4. Dezember 201510 (ZWV) müssen alle Schweizer Gemeinden ein Wohnungsinventar erstellen. Diese Inventare werden seit 2017 jährlich durch das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) veröffentlicht. Basierend darauf lässt sich der Anteil der Zweitwohnungen bestimmen. Gemäss Wirkungsanalyse zum Zweitwohnungsgesetz betrug der Zweitwohnungsbestand 2018 rund 722 000 Wohnungen.11 Eine Unterscheidung zwischen vermieteten und selbstgenutzten Zweitwohnungen lässt sich den Daten aus den Inventaren nicht entnehmen.

2.2

Geltendes Recht

2.2.1

Verfassungsrechtliche Vorgaben

Bezüglich der steuerlichen Behandlung des selbstbewohnten Wohneigentums sind insbesondere zwei verfassungsrechtliche Vorgaben von Bedeutung: einerseits das Gebot der Rechtsgleichheit (Art. 8 Bundesverfassung [BV]12), andererseits der allgemeine Auftrag zur Wohnbau- und Wohneigentumsförderung (Art. 108 BV). Die erste Vorgabe wird durch die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert (Art. 127 Abs. 2 BV) und bedeutet, dass Steuerpflichtige in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen gleich zu besteuern sind. Die zweite Vorgabe, jene der Wohneigentumsförderung, erlaubt eine Förderung mit steuerlichen Mitteln, schreibt eine solche aber nicht vor. Im geltenden Recht wird diesem Verfassungsauftrag über die Vorbezugsmöglichkeiten aus der 2. Säule und der Säule 3a sowie über eine massvolle Festsetzung des Eigenmietwerts Rechnung getragen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat der Gesetzgeber beide verfassungsrechtlichen Gebote (Rechtsgleichheit und Wohneigentumsförderung) zu beachten, auch wenn diese in einem Spannungsfeld zueinander stehen.

2.2.2

Gesetzliche Grundlagen

Sowohl das Bundesgesetz vom 14. Dezember 199013 über die direkte Bundessteuer (DBG) als auch das Bundesgesetz vom 14. Dezember 199014 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) sehen vor, dass der Mietwert von selbstbewohntem Wohneigentum als steuerbares Naturaleinkommen zu erfassen ist. In Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b DBG wird festgehalten, dass der «Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen

9 10 11

12 13 14

SR 702 SR 702.1 www.are.admin.ch/are/de/home/medien-und-publikationen/publikationen/ raumplanungsrecht/wirkungsanalyse-zweitwohnungsgesetz.html > Wirkungsanalyse Zweitwohnungsgesetz > S. 25.

SR 101 SR 642.11 SR 642.14

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aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen», zu den steuerbaren Erträgen aus unbeweglichem Vermögen zählt. Bei der Festsetzung des Eigenmietwerts sind die «ortsüblichen Verhältnisse» (d. h. der Marktwert) zu berücksichtigen (Art. 21 Abs. 2 DBG). Auch auf Kantonsebene gehört der Mietwert von Grundstücken in Eigennutzung zu den steuerbaren Einkünften (Art. 7 Abs. 1 StHG). In der Veranlagungspraxis wird der Eigenmietwert massvoll, d. h. regelmässig unter dem Marktwert, angesetzt.

Vom Bruttoeigenmietwert können die mit dem selbstbewohnten Wohneigentum zusammenhängenden Aufwendungen in Abzug gebracht werden. Dabei ist zwischen Gewinnungskosten und ausserfiskalisch motivierten Abzügen zu unterscheiden. Zu den erstgenannten gehören die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften sowie die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte (Art. 32 Abs. 2 erster Satz DBG bzw. Art. 9 Abs. 1 StHG).

Zudem sind die privaten Schuldzinsen im Umfang der steuerbaren Vermögenserträge (dazu gehört im geltenden Recht auch der Bruttoeigenmietwert) und weiterer 50 000 Franken abzugsfähig (Art. 33 Abs. 1 Bst. a DBG bzw. Art. 9 Abs. 2 Bst. a StHG).

Zu den ausserfiskalisch motivierten Abzügen zählen die energiesparenden und umweltschonenden Investitionskosten sowie die Kosten denkmalpflegerischer Arbeiten (Art. 32 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 DBG bzw. als Kann-Vorschrift Art. 9 Abs. 3 Bst. a und b StHG). Die bisherigen Abzugsmöglichkeiten im Bereich des Energiesparens und des Umweltschutzes sind im Rahmen des ersten Massnahmenpakets zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 erweitert worden. Zum einen berechtigen die Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau neu zum Abzug (Art. 32 Abs. 2 dritter Satz DBG bzw. Art. 9 Abs. 3 Bst. a StHG). Zum anderen hat das Parlament die Möglichkeit zur Übertragung des Abzugs für energiesparende und umweltschonende Investitionen, einschliesslich der genannten Rückbaukosten, auf maximal zwei nachfolgende Steuerperioden verankert (Art. 32 Abs. 2bis DBG bzw. Art. 9 Abs. 3bis StHG).15 Überdies gewähren der Bund und sämtliche Kantone die Möglichkeit, in jeder Steuerperiode zu wählen, ob die tatsächlichen Liegenschaftskosten oder eine Pauschale berücksichtigt werden.

2.2.3

Bundesgerichtliche Rechtsprechung

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist immer davon ausgegangen, dass der Eigenmietwert ein sogenanntes Naturaleinkommen darstellt, das zu den übrigen Einkünften hinzuzurechnen ist.16 Es handle sich dabei um einen Nutzungsertrag, der einen wirtschaftlichen Wert habe und dem Mietzins entspreche, den die Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Vermietung ihrer Liegenschaft an eine Drittperson hätten 15

16

Die genannten Regeln sind für die direkte Bundessteuer am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Die Kantone, die im Bereich des Energiesparens und Umweltschutzes eine steuerliche Förderung im Sinn einer Kann-Vorschrift vorsehen, hatten die genannten Massnahmen bis zu diesem Zeitpunkt in ihr kantonales Recht zu überführen: AS 2017 6839.

BGE vom 13.4.1983 in: Steuer Revue 39/1984, S. 139­140, sowie BGE 112 Ia 240 E. 3b).

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erzielen können. Mit der Benützung sparten die Eigentümerinnen und Eigentümer eine unerlässliche Ausgabe in Form der Miete, die andere Steuerpflichtige aufwenden müssten. Die Besteuerung des Mietwerts stelle somit einen integrierenden Bestandteil der Gesamtreineinkommensbesteuerung dar.

Das Bundesgericht hat unter dem Blickwinkel der rechtsgleichen Behandlung von Mieterinnen und Mietern einerseits sowie Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern anderseits deutlich gemacht, dass das Gleichbehandlungsgebot nach Artikel 8 Absatz 1 BV auch andere Lösungen als das geltende System zuliesse, dass aber eine Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ohne Streichungen bei den bestehenden Abzügen verfassungswidrig wäre.17 Als möglichen Ansatz zur Überwindung des Status quo hat das Bundesgericht eine komplette Defiskalisierung des Wohneigentums als gangbaren Weg skizziert. Demnach würden sämtliche mit dem Wohnen zusammenhängenden Auslagen dem Bereich der privaten Lebenshaltungskosten zugewiesen und daher nicht mehr zum Abzug berechtigen. Entsprechend müsste mit der Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ein Verzicht auf Abzug der Hypothekarzinsen sowie der Unterhalts- und Verwaltungskosten einhergehen. Dies hätte gemäss Bundesgericht freilich zur Folge, dass Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihr selbstbewohntes Wohneigentum mit eigenen Mitteln finanziert haben, gegenüber Eigentümerinnen und Eigentümer mit einem hohen Anteil an Fremdkapital wie auch gegenüber Mieterinnen und Mietern, die den Ertrag auf ihrem Vermögen voll zu versteuern haben, bevorteilt wären. Als Alternative, so das Bundesgericht weiter, käme möglicherweise auch eine Ordnung in Betracht, die ­ unter Beibehaltung der Abzüge für Hypothekarzinsen, Unterhalts- und Verwaltungskosten ­ einerseits auf die Aufrechnung eines Eigenmietwerts verzichtet und anderseits bei Mieterinnen und Mietern den Mietzins zum Abzug zulässt. Welcher Lösung der Vorzug zu geben ist, hängt gemäss Bundesgericht von finanzpolitischen und administrativen Überlegungen ab.18 Das Bundesgericht hat bezüglich der massvollen Festsetzung des Eigenmietwerts für die Kantons- und Gemeindesteuern festgesetzt, dass der Eigenmietwert im Einzelfall nicht tiefer sein darf als 60 Prozent des Marktmietwerts. Für die direkte Bundessteuer sieht die geltende Praxis vor, dass die im
Kantonsdurchschnitt ermittelten Eigenmietwerte nicht weniger als 70 Prozent des Marktmietwerts betragen dürfen.19 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung erstreckt sich die verfassungsmässig vorgesehene Wohneigentumsförderung (Art. 108 BV) nur auf Erst-, nicht aber auf Zweitwohnungen.20 Dementsprechend schliessen Artikel 2 Absatz 3 des Wohnbauund Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 197421 (WEG) und Artikel 3 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes vom 21. März 200322 (WFG) Zweit- und 17 18 19

20 21 22

BGE 123 II 9, E. 3b). Der gleiche Punkt wird in BGE 112 Ia 240 E. 5a) und 116 Ia 321 E. 3d) angesprochen.

BGE 123 II 9 E. 3b) BGE 124 I 145 E. 4d). In einem Entscheid vom 12. Januar 2017 bestätigte das Bundesgericht seine ständige Rechtsprechung bezüglich der Untergrenze bei der Bemessung der kantonalen Eigenmietwerte: 2C_519/2015.

BGE 132 I 157 E. 5.3 SR 843 SR 842

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Ferienwohnungen vom Anwendungsbereich aus. Folgerichtig hält auch Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung vom 3. Oktober 199423 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV) fest, dass der Vorbezug nur für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum geltend gemacht werden kann. Weil von Verfassung wegen nur das Eigenheim am Wohnsitz als förderungswürdig taxiert wird, ist eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Erst- und Zweitliegenschaften gerechtfertigt.

2.3

Handlungsbedarf

2.3.1

Administrativer Aufwand und Steuerbelastung

Die Festlegung des Eigenmietwerts erfolgt von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich. Etwas mehr als die Hälfte der Kantone verwendet für die kantonale Einkommenssteuer tiefere Bruttoeigenmietwerte, als sie bei der direkten Bundessteuer gelten.

Generell machen die Eigenmietwertbesteuerung und die damit zusammenhängenden Abzüge das Steuerveranlagungsverfahren kompliziert. Ausserdem führt die Bemessung des Mietwerts immer wieder zu kontroversen Diskussionen zwischen Wohneigentümerinnen und -eigentümern einerseits und Veranlagungsbehörden andererseits, sind doch die Eigenmietwerte Ergebnis von Schätzungen und als solche immer mit einem gewissen Ermessen verbunden. Generelle oder individuelle Erhöhungen der Eigenmietwerte werden regelmässig angefochten, was bei juristischen und politischen Auseinandersetzungen zu Kosten führt. All dies untergräbt die Akzeptanz des geltenden Systems zunehmend.

Die hartnäckigste Kritik am geltenden System kommt seit Langem von Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern, die in Rente gegangen sind, die Hypothekarschulden auf ihrem Haus oder ihrer Wohnung vollständig oder nahezu abbezahlt haben und bei denen der anzurechnende Eigenmietwert einen beachtlichen Anteil an den Gesamteinkünften ausmacht. Mehrere Kantone (GE, GR, LU, OW, SH, SG, VD, ZH) sehen in ihrem Recht deshalb vor, dass der Eigenmietwert bei Vorliegen eines Härtefalls gekürzt werden kann, wenn er einen bestimmten Prozentsatz der steuerbaren Einkünfte übersteigt. Die meisten dieser Kantone setzen gleichzeitig eine Vermögensgrenze, die nicht überschritten werden darf, damit noch von einem Härtefall gesprochen werden kann.

Gemäss DBG ist bei der Festsetzung des Eigenmietwerts für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum neben den ortsüblichen Verhältnissen auch die tatsächliche Nutzung zu berücksichtigen. Mit einem sogenannten Unternutzungsabzug wird den räumlichen Gegebenheiten Rechnung getragen. Dieser Abzug soll nur dann gewährt werden, wenn beispielsweise wegen des Auszugs der Kinder Gebäudeteile tatsächlich leer stehen. Etwas weniger als die Hälfte der Kantone kennen in ihrem Recht ähnliche Bestimmungen bezüglich Unternutzung.

Schliesslich bietet das geltende System Möglichkeiten der Steuerplanung. In Perioden mit hoher Grenzsteuerbelastung ist es von Vorteil, möglichst hohe Abzüge geltend zu 23

SR 831.411

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machen und die Progression der Einkommenssteuer zu brechen. Steuerplanung aufgrund der hohen Grenzsteuerbelastung ist vornehmlich bei einkommensstarken Steuerpflichtigen relevant.

2.3.2

Begrenztes Einnahmenpotenzial

Hohe Erhebungs- und Entrichtungskosten einer Steuer sprechen nicht per se gegen deren Erhebung. Kann dadurch aus der fraglichen Steuer ein hohes Aufkommen generiert werden, so kann deren Erhebung trotz grossem administrativem Aufwand aus fiskalischer Sicht legitim sein. Da jedoch im jetzigen System verschiedene ausserfiskalisch motivierte Zielsetzungen berücksichtigt werden, die sich in Steuervergünstigungen niederschlagen ­ allen voran die im Vergleich zur Marktmiete zu tiefe Bemessung der Bruttoeigenmietwerte ­, generiert die Eigenmietwertbesteuerung, zumindest bei einem langfristigen historischen Durchschnittszinssatz auf Hypotheken, kein oder nur ein bescheidenes Steueraufkommen. Vor diesem Hintergrund spricht wenig für die Aufrechterhaltung des geltenden Systems.

2.3.3

Hypothekarverschuldung

Eine weitere Schwachstelle des geltenden Systems betrifft die Hypothekarverschuldung. Das jetzige Steuersystem motiviert Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer nicht zur Tilgung der Hypothekarschulden. Die geltende Schuldzinsenregelung bietet vielmehr denjenigen, die dank genügend Mitteln auf eine Schuldentilgung verzichten, Möglichkeiten einer vorteilhaften Steuerplanung, insbesondere dank steuerfreier Kapitalgewinne. Internationale Einrichtungen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Internationale Währungsfonds (IWF) haben der Schweiz in ihren Länderberichten mehrfach empfohlen, im Hinblick auf die Finanzstabilität die steuerlichen Anreize zur Bruttoverschuldung privater Haushalte zu beheben. Auch der vom Bundesrat eingesetzte Beirat Zukunft Finanzplatz wies darauf hin, dass im gegenwärtigen Steuersystem für private Haushalte wesentliche Anreize zur Hypothekarverschuldung bestünden, die aus Sicht der schweizerischen Finanz- und Makrostabilität als problematisch zu beurteilen seien. Entsprechend empfahl er dem Bundesrat im März 2016, mit einer Gesetzesvorlage einen Systemwechsel anzustreben.24 Eine gemischte Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD), des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kam unter dem Vorsitz der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) in ihrem am 10. Juni 2016 veröffentlichten Bericht ebenfalls zum Schluss, bezüglich der Verschuldungsanreize im Steuersystem bestehe Handlungsbedarf.25 Das heutige Steuersystem für Privatpersonen setze insbesondere Anreize, die Bruttoverschuldung

24 25

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hoch zu halten. Der Bericht dieser Arbeitsgruppe weist nach, dass die Hypothekarverschuldung in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr hoch ist und in den letzten Jahren sukzessive zugenommen hat. Gleichzeitig hat die steigende Nachfrage nach Immobilien zu einem starken Anstieg der Immobilienpreise geführt. Es wurde aufgezeigt, dass bei einem Anstieg der Hypothekarzinsen auf ein Niveau von 5 Prozent rund 40 Prozent der Wohneigentümerinnen und -eigentümer mit neuen Hypotheken einen substanziellen Anteil ihres Einkommens zur Deckung der gestiegenen Zinslast einsetzen müssten.

Im Rahmen der alljährlich stattfindenden Länderexamen wies der IWF im März 2018 erneut auf die Risiken im inländischen Immobilien- und Hypothekarmarkt hin. Insbesondere empfahl er, bei Hypotheken striktere Belehnungsregeln anzuwenden und die Hypothekarzinsen ­ bei gleichzeitiger Abschaffung des Eigenmietwerts ­ nicht mehr zum Abzug zuzulassen.26 Abbildung 2

Quelle: OECD 2021.

Abbildung 2 zeigt die Höhe der Bruttoschulden der privaten Haushalte in Relation zum verfügbaren Jahreseinkommen für die Jahre 2000 und 2019 auf. Der Wert von 223 Prozent für die Schweiz im Jahr 2019 bedeutet beispielsweise, dass ein Privathaushalt bei einem verfügbaren Jahreseinkommen von 100 000 Franken durchschnittlich 223 000 Franken Schulden hatte.

In den meisten OECD-Ländern ist die Verschuldung zwischen 2000 und 2019 gestiegen. Bei Betrachtung der Bruttoverschuldung der privaten Haushalte in Relation zu 26

www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/51803.pdf

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den Haushaltseinkommen zeigt sich, dass die privaten Haushalte in der Schweiz mit zu den am höchsten verschuldeten innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehören. Lediglich in Dänemark, in den Niederlanden und in Norwegen fällt die Verschuldung in Relation zum verfügbaren Jahreseinkommen höher aus.

Daten der SNB für das Jahr 2019 zeigen, dass die Kreditverpflichtungen der privaten Haushalte gegenüber den Finanzinstituten 893 Milliarden Franken betragen. Davon entfallen etwa 847 Milliarden auf Hypothekarkredite, 18 Milliarden auf Konsumkredite und 28 Milliarden Franken auf übrige Kredite.

Eine Kennziffer, die kaum durch Preisbewegungen an den Immobilienmärkten verzerrt wird, ist der Anteil der Hypothekarverschuldung am Bruttoinlandprodukt (BIP).

2019 betrug das Volumen der von Finanzinstituten in der Schweiz an private Haushalte gewährten Hypotheken im Vergleich zum BIP knapp 120 Prozent (vgl. Abb. 3).

Seit dem Tiefpunkt im Jahr 2008 ist diese Kennziffer um knapp 25 Prozentpunkte gestiegen. Der hohen Hypothekarverschuldung in der Schweiz stehen in der Tendenz zwar infolge des Preisauftriebs an den Immobilienmärkten höhere Bruttovermögenswerte gegenüber. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Zahl der Haushalte, für welche sich die Verschuldung als nicht mehr tragfähig erweist, bei markanten Preisrückgängen dieser unbeweglichen Vermögenswerte und/oder bei einem abrupten Zinsanstieg spürbar zunehmen würde. Die Relevanz der Hypothekarverschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung und damit auch die Verletzlichkeit der Schweiz im Falle einer Preiskorrektur an den Immobilienmärkten haben somit deutlich zugenommen.

Abbildung 3

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2.3.4

Energiespar- und Umweltschutzabzüge

Die steuerliche Förderung von Energiesparen und Umweltschutz ist ein kostspieliges Instrument mit hohen Mitnahmeeffekten. Ausserdem werden Steuerpflichtige mit höherem Einkommen progressionsbedingt stärker gefördert als Steuerpflichtige mit tieferen Einkommen. Im Vergleich zur direkten Förderung erfolgt auch keine Budgetbewilligung durch das Parlament, was Wirkungsanalysen erschwert.

Ein Förderprogramm kann haushaltneutral umgesetzt werden, wenn die Höhe der benötigten Gegenfinanzierung im Voraus bekannt ist. Förderprogramme sind ausserdem transparenter, weil der Förderbeitrag direkt auf die beim Investitionsentscheid anfallenden Kosten wirkt. Insofern sind die Wirkungsmechanismen ausserfiskalisch motivierter Abzüge wie jener im Bereich von Energiesparen und Umweltschutz kritisch zu beurteilen. Ausgabenseitige Förderprogramme schneiden gegenüber Steuervergünstigungen mit gleicher Zielsetzung im Direktvergleich besser ab.

2.4

Erwägungen der Kommission

2.4.1

Situationsanalyse

Die Kommission ist der Ansicht, es brauche eine Reform der Wohneigentumsbesteuerung, denn die Unzufriedenheit über die aktuelle Rechtslage sei ­ vor allem bei den direkt Betroffenen ­ schon länger gross. Der Eigenmietwert sei generell stark umstritten, und insbesondere für Personen in Rente, die ihre Hypothek weitgehend abbezahlt hätten, könne die Situation schwierig werden, wenn der Eigenmietwert als Einkommen versteuert werden muss, während sich gleichzeitig das reale Einkommen mit dem Eintritt der Rente deutlich verringert. Hinzu kommt nach Ansicht der Kommission, dass vor allem Vermögende das heutige System missbrauchen und zur Steueroptimierung nutzen könnten, indem sie mit der Hypothek andere Anlagen und nicht ihre Liegenschaft finanzieren. Abgesehen davon ist die Kommission der Meinung, der administrative Aufwand der kantonalen Steuerverwaltungen zur Erhebung des Eigenmietwerts sei gross und angesichts des daraus resultierenden Steuerertrags nicht gerechtfertigt.

Die Kommission stellt fest, dass es in den letzten Jahren verschiedene Anläufe für einen Systemwechsel gab; auch der Bundesrat selber wurde aktiv. Allerdings führte keiner dieser Anläufe zum Ziel, worauf der Bundesrat bekanntgab, er werde angesichts der mangelnden Mehrheitsfähigkeit aller bisherigen Vorlagen und Vorstösse, sei es im Parlament oder in Volksabstimmungen, auf weitere Vorlagen in diesem Bereich verzichten. Vor diesem Hintergrund bleibt die Initiative dem Parlament überlassen.

Die Kommission hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, einen Systemwechsel zu bewerkstelligen, der in sich konsistent, ausgewogen und finanziell verkraftbar ist. Entsprechend dem Wortlaut ihrer Kommissionsinitiative legt sie nun einen Entwurf vor, der langfristig betrachtet möglichst haushaltneutral wirken, keine widerrechtlichen Disparitäten zwischen Mieterinnen und Mietern und Wohneigentümerinnen und -eigentümern entstehen lassen und das Wohneigentum entsprechend den Verfassungsbestimmungen fördern soll.

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2.4.2

Zentrale Anliegen

Das finanzielle Gleichgewicht, d. h. die Haushaltneutralität, sowie die Gleichbehandlung von Mieterinnen und Mietern einerseits und Eigentümerinnen und Eigentümern andererseits sind zentrale Ziele der Kommission. Ebenso wichtig ist ihr die Reduktion der Verschuldungsanreize: In Anbetracht mehrerer Berichte ­ des IWF, der OECD, der Expertengruppe zur Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie sowie der bereits genannten Arbeitsgruppe unter der Leitung der ESTV (vgl. Ziff. 2.3.3 bzw. Fussnote 25) ­, die alle darlegen, dass die Verschuldung der privaten Schweizer Haushalte weltweit eine der höchsten ist, scheint es der Kommission dringend geboten, die Anreize zu einer hohen Verschuldung beim selbstbewohnten Wohneigentum zu reduzieren. Sie will damit in erster Linie die Stabilität des Finanzmarktes schützen, da eine zu hohe Verschuldung Gefahren birgt, die durchaus systemrelevant sein können. Die Kommission will vermeiden, dass es nochmals zu einer Situation wie in den 1990erJahren kommt. Damals liess das plötzliche Ansteigen der Zinsen die Immobilienpreise zusammenbrechen, was eine Bankenkrise auslöste. Sie will auch verhindern, dass beim früher oder später zu erwartenden Zinsanstieg eine Reihe von Wohneigentümerinnen und -eigentümern ihre Liegenschaften nicht mehr halten könnten. Wäre dies der Fall, so wäre das Steuersystem in der Schweiz ihrer Meinung nach nämlich mitverantwortlich, weil die Verschuldung mit dem heutigen System steuerlich gefördert wird.

2.4.3

Beschlüsse

Mit dem vorliegenden Entwurf schlägt die Kommission deshalb Folgendes vor:

27

­

Für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum entfällt der Eigenmietwert sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene. Gleichzeitig werden für diese Liegenschaften die Abzüge für die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien sowie die Kosten der Verwaltung durch Dritte aufgehoben. Die genannten Kosten sind, solange der Eigenmietwert besteuert wird, sogenannte Gewinnungskosten, d. h. Aufwendungen, die untrennbar mit der Erzielung des Einkommens verbunden sind. Bei einem Systemwechsel sind solche Aufwendungen deshalb nicht mehr abzugsfähig (vgl. hierzu die Übersicht zu den Eckwerten im Anhang).

­

Die ausserfiskalisch motivierten Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz und Rückbau werden für sämtliche Liegenschaften auf Bundesebene aufgehoben, auf Kantonsebene können die Kantone solche Abzüge in ihrer Steuergesetzgebung hingegen weiterhin zulassen, wobei die Möglichkeit eines Abzugs für Energiesparen und Umweltschutz zeitlich begrenzt ist: Sie gilt, bis die Ziele von Artikel 3 Absatz 1 des CO2-Gesetzes vom 25. September 202027 erreicht sind.

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Die genannten ausserfiskalisch motivierten Abzüge hängen nicht direkt mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zusammen. Sie könnten daher eigentlich auch unabhängig von der Besteuerung des Eigenmietwerts gewährt werden. Zudem wurden die Abzüge im Energiespar- und Umweltschutzbereich anlässlich der Volksabstimmung über das erste Massnahmenpaket zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 vom 21. Mai 2017 sogar ausgedehnt (vgl.

hierzu Fussnote 15). Die Kommission ist allerdings der Ansicht, gerade im Energiebereich seien die Mitnahmeeffekte sehr hoch, weil alte Geräte zwangsläufig durch energiefreundlichere neue ersetzt werden, deren Beschaffung dann zum Abzug berechtigt. Dies ist nicht wünschenswert. Um diese Mitnahmeeffekte einzudämmen, wurde deshalb auch schon geprüft, ob sich qualitative Anforderungen festlegen liessen, wonach nur Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen abzugsfähig wären, die einen gewissen Standard erfüllen. Dies stiess bei den kantonalen Steuerbehörden aber auf Widerstand, weil dort das notwendige Know-how für eine energetische Beurteilung fehlt.

Massnahmen in dieser Richtung scheinen deshalb aus heutiger Sicht aussichtslos.

Ein weiteres Argument gegen Abzüge ist die Tatsache, dass sie sich auf die Bemessungsgrundlage beziehen, weshalb einkommensschwächere Haushalte kaum davon profitieren könnten: Bei einem Abzug wird ein Objekt im Eigentum einer Person mit hohem Einkommen weit stärker mitfinanziert als ein Objekt, das jemandem mit einem kleineren Einkommen gehört.

Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission zum Schluss, die aufgeführten Abzüge seien auf Bundesebene nicht mehr zuzulassen. Sie ist der Ansicht, wenn der Staat bestimmte Dinge fördern wolle, solle er diese direkt subventionieren und nicht indirekt über steuerliche Massnahmen unterstützen. Das ist in ihren Augen transparenter und wirksamer und bringt insbesondere Personen mit kleineren Einkommen mehr finanzielle Vorteile.

Dass mit einer Beibehaltung der Energiespar- und Umweltschutzabzüge im StHG administrative Erschwernisse einhergehen ­ die Veranlagungsbehörde muss künftig prüfen, ob die geltend gemachten Abzüge nicht abzugsfähige Liegenschaftsunterhaltskosten oder abzugsfähige Kosten für Energiesparund Umweltschutzmassnahmen sind ­, nimmt die Kommission in Kauf. Sie möchte den Entscheid, ob solche Abzüge
weiterhin zugelassen sein sollen oder nicht, den Kantonen überlassen, sieht nun aber anders als im Vernehmlassungsvorentwurf die obengenannte zeitliche Begrenzung vor.

­

Die Kosten denkmalpflegerischer Arbeiten, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften, im Einvernehmen mit den Behörden oder auf behördliche Anordnung hin vorgenommen wurden, sollen sowohl auf Bundes- als auch (fakultativ) auf Kantonsebene abzugsfähig bleiben.

Bei den denkmalpflegerischen Abzügen ist nicht mit relevantem Zusatzaufwand zu rechnen, da solche Arbeiten bereits im geltenden Recht zu Abzügen berechtigen und das Mengengerüst vergleichsweise klein ist.

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­

Wie der Wortlaut der Initiative deutlich macht, sollen selbstgenutzte Zweitliegenschaften vom Systemwechsel ausgenommen sein; dort bleibt der Eigenmietwert sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene aus fiskalischen Gründen steuerbar. Ebenso steuerbar bleiben die Erträge aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften. Entsprechend bleiben die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte bei solchen Liegenschaften weiterhin abzugsfähig. Die ausserfiskalisch motivierten Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz und Rückbau werden im DBG aufgehoben, im StHG bleibt die Kann-Vorschrift jedoch bestehen.

Die Kommission ist der Auffassung, man dürfe die fiskalischen Interessen der von der Eigenmietwertbesteuerung auf Zweitliegenschaften hauptsächlich betroffenen Tourismuskantone nicht ausser Acht lassen. Ein Systemwechsel, der auch für Zweitliegenschaften gälte, würde dort zu einer erheblichen Abnahme von Steuersubstrat und somit zu Steuerausfällen führen. Die Kantone besteuern den Eigenmietwert von selbstbewohntem Wohneigentum bei Erstliegenschaften z. B. zu 70 Prozent und bei Zweitliegenschaften zu 100 Prozent und wollen so unter anderem den Bau zusätzlicher Zweitwohnungen drosseln.

Nun sollen Zweitliegenschaften nicht durch die Abschaffung des Eigenmietwerts wieder attraktiver gemacht werden. Zudem verweist die Kommission einerseits auf den Finanzausgleich innerhalb eines Kantons zwischen Gemeinden mit mehr und weniger Zweitliegenschaften, andererseits auf den interkantonalen Finanzausgleich. An diesem fein austarierten Gleichgewicht will die Kommission nicht rütteln.

Die Vollzugskosten liessen sich mit einer flächendeckenden und ausnahmslosen Beseitigung des Eigenmietwerts stärker reduzieren ­ dieses Potenzial wird mit dem Entscheid der Kommission nicht vollständig ausgeschöpft. Unter anderem wird in Fällen, wo sich die Zweitliegenschaft in einem anderen als dem Wohnsitzkanton befindet, weiterhin eine Steueraufteilung zwischen den beteiligten Kantonen erforderlich sein. Diese Nachteile nimmt die Kommission jedoch im Interesse der besonders betroffenen Tourismuskantone in Kauf.

­

Bezüglich der künftigen Schuldzinsenregelung hat sich die Kommission mit 7 zu 4 Stimmen dafür ausgesprochen, für Privatpersonen keinerlei Abzüge mehr zuzulassen. Eine Minderheit (Ettlin Erich, Germann, Hegglin Peter, Reichmuth) beantragt, auch künftig noch gewisse Schuldzinsenabzüge zu gewähren, und zwar im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge. Heute sind die privaten Schuldzinsen im Umfang der steuerbaren Erträge aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen und weiterer 50 000 Franken abzugsberechtigt. Sowohl der Antrag der Mehrheit als auch derjenige der Minderheit würden die Abzugsmöglichkeiten somit deutlich einschränken.

Der Kommissionsmehrheit ist durchaus bewusst, dass sie mit der Streichung jeglicher Schuldzinsenabzüge den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit strapaziert, können doch auf diese Weise auch die Hypothekarzinsen auf vermieteten oder verpachteten Liegenschaften, die eigentlich Gewinnungskosten darstellen, nicht mehr abgezogen werden. Das 19 / 48

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gleiche Problem stellt sich bei den selbstgenutzten Zweitliegenschaften. Sie nimmt dies in Kauf, da sie die Verringerung der Privatverschuldung einerseits und der Verschuldungsanreize andererseits stärker gewichtet und zur Erreichung dieses Ziels entsprechend wirksame Massnahmen ergreifen will. Zudem schiene es ihr schwer vermittelbar, dass Personen, deren Vermögen so gross ist, dass sie es anlegen und damit steuerfreien Kapitalgewinn erzielen können, nach wie vor Schuldzinsen abziehen dürften, während weniger Vermögende, zu denen auch viele Rentnerinnen und Rentner gehören, die sich nur knapp ein Eigenheim leisten können, aber darüber hinaus keinen grossen Besitz haben, keinerlei Abzugsmöglichkeit für ihre Schuldzinsen hätten.

­

Für den Erwerb von am Wohnsitz selbstbewohntem Wohneigentum wird schliesslich ein zeitlich und betragsmässig begrenzter Ersterwerberabzug (Schuldzinsenabzug) eingeführt. So soll es insbesondere Neuerwerberinnen und Neuerwerbern einfacher möglich sein, Wohneigentum zu erwerben.

Dieser Ersterwerberabzug von maximal 10 000 Franken für Ehepaare und maximal 5000 Franken für Alleinstehende im ersten Steuerjahr nach dem Erwerb des Eigenheims soll über 10 Jahre hinweg gewährt werden und linear abnehmen.

Die Einführung des Ersterwerberabzugs führt zu verwaltungstechnischem Zusatzaufwand: Es wird sowohl im inner- als auch im interkantonalen Verhältnis sichergestellt werden müssen, dass der Abzug tatsächlich nur beim Ersterwerb gewährt wird. Die Kommission erachtet jedoch die Förderung des Wohneigentums insbesondere für jüngere Personen als das vorrangige Ziel.

Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass sich bei gemischt genutzten Liegenschaften ­ darunter fallen Wohnformen wie beispielsweise ein mit einer Einliegerwohnung versehenes Eigenheim oder ein Mehrfamilienhaus, das sich aus einem selbstbewohnten und einem vermieteten oder verpachteten Teil zusammensetzt, oder auch einfach ein zur Verfügung gestelltes Zimmer ­ neue Abgrenzungsprobleme ergeben können, was für die zuständigen Veranlagungsbehörden mit Kontrollaufwand verbunden ist. Insbesondere muss der Liegenschaftsunterhalt auf die verschiedenen Wohneinheiten aufgeteilt werden.

Ähnlich gelagerte Problemstellungen ergeben sich auch bei einem Nutzungswechsel von am Wohnsitz selbstbewohntem Wohneigentum zu vermietetem oder verpachtetem Wohneigentum bzw. zur selbstgenutzten Zweitliegenschaft (oder umgekehrt).

Auch hier sind in der Praxis Abgrenzungen bei der Abzugsfähigkeit der angefallenen Liegenschaftskosten vorzunehmen.

Nach Abwägung aller Argumente kommt die Kommission jedoch zum Schluss, dass die Vorteile der vorgeschlagenen Lösung deren Nachteile klar übertreffen. Die Kommission ist überzeugt, dass der vorgeschlagene Systemwechsel einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Privatverschuldung und damit zur Stabilität des Finanzplatzes leistet. Er trägt sowohl dem Postulat der Haushaltneutralität als auch dem der Gleichbehandlung von Mieterinnen und Mietern mit Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern Rechnung, und er erfüllt auch den Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung. Zudem scheint der Zeitpunkt für einen Systemwechsel in Anbetracht der aktuell tiefen Zinsen günstig.

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2.5

Vernehmlassungsverfahren

Vom 5. April bis zum 12. Juli 2019 führte die Kommission eine Vernehmlassung zu ihrem Vorentwurf durch, in deren Verlauf insgesamt 110 Stellungnahmen eingereicht wurden. Geantwortet haben sämtliche Kantone sowie die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK), sieben politische Parteien (BDP, CVP, FDP, GPS, GLP, SVP und SPS), der Schweizerische Gemeindeverband, der Schweizerische Städteverband sowie die Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, ausserdem die folgenden gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft: economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizer Bauernverband, Schweizerische Bankiervereinigung sowie Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB).

Weitere 68 Stellungnahmen wurden von Branchenorganisationen, Verbänden und Unternehmen abgegeben, ausserdem gingen mehrere Stellungnahmen von Einzelpersonen ein28.

21 Kantone sowie die FDK sind der Ansicht, obschon das heutige System seit Jahren infrage gestellt werde, funktioniere es grundsätzlich gut und sei verfassungsrechtlich, ökonomisch und steuersystematisch gerechtfertigt und ausgewogen. Sie lehnen den von der Kommission vorgeschlagenen Systemwechsel ab und plädieren dafür, wenn schon, dann einen möglichst reinen Systemwechsel vorzunehmen. Insbesondere müssten die ausserfiskalisch motivierten Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz, Denkmalpflege und Rückbau auch auf kantonaler Ebene zwingend aufgehoben werden. Auch sei die Möglichkeit, Schuldzinsen abzuziehen, stärker einzuschränken und auf den Ersterwerberabzug sei zu verzichten. 5 Kantone sehen insbesondere aufgrund der aktuell hohen Verschuldungsanreize und des grossen administrativen Aufwands mehr oder weniger grossen Handlungsbedarf und unterstützen den Systemwechsel, sprechen sich jedoch nebst den von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen zusätzlich für die Abschaffung des Eigenmietwerts auf Zweitliegenschaften und für den Verzicht auf den Ersterwerberabzug aus sowie mehrheitlich auch für die Abschaffung der ausserfiskalisch motivierten Abzüge.

Die Meinungen der politischen Parteien sind geteilt. GPS sowie SPS lehnen den Systemwechsel gemäss Vorentwurf ab, während BDP, CVP, FDP, GLP und SVP Reformbedarf erkennen und deshalb für einen Systemwechsel plädieren. Allerdings möchte die GLP die Energiespar- und Umweltschutzabzüge beibehalten,
während BDP und SVP weder die Abzüge für Liegenschaftsunterhalt noch die ausserfiskalisch motivierten Abzüge aufheben wollen. BDP und GLP sprechen sich ausserdem für den vollständigen Verzicht auf einen Schuldzinsenabzug aus.

25 Dachverbände und Organisationen unterstützen die Vorlage grundsätzlich, darunter etwa der Gewerbeverband, mehrere Immobilienverbände, die Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, Pro Senectute, die Raiffeisen, der SIA und die SVIT. Die Allianz Zweitwohnungen Schweiz unterstützt sie unter dem Vorbehalt, dass der Eigenmietwert auch auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften aufgehoben wird. 24 Dachverbände und Organisationen stehen der Vorlage kritisch bzw. ablehnend gegenüber. Der Mieterverband und der SGB etwa befürchten eine Schlechterstellung von Mietenden.

28

Ergebnisbericht und eingegangene Stellungnahmen unter folgendem Link: https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/6019/21/cons_1.

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Verschiedene Verbände und Organisationen aus der Baubranche lehnen den Systemwechsel ab mit der Begründung, der Liegenschaftsunterhalt müsse aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin gefördert und die ausserfiskalisch motivierten Abzüge sollten beibehalten werden. Auch die Städtische Steuerkonferenz und die Wohnbaugenossenschaften Schweiz sowie Treuhand Suisse, EXPERTsuisse, Casafair und andere lehnen die Vorlage ab mit der Begründung, ein allfälliger Systemwechsel müsste die heutige Regelung zumindest deutlich vereinfachen und es müsste ein reiner Systemwechsel sein.

Für economiesuisse stellt ein Systemwechsel grundsätzlich eine gangbare Alternative zum Status quo dar, weitere 13 Dachverbände und Organisationen beschränken sich in ihrer Stellungnahme auf einzelne Aspekte oder verzichten mangels politischer Positionierung auf eine klar befürwortende oder ablehnende Haltung zur Vorlage.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)

Art. 14 Abs. 3 Bst. b Diese Bestimmung betrifft Personen, die nach dem Aufwand besteuert werden. Da Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b geändert wird, muss der Verweis in Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b angepasst werden. Im geltenden Recht stellt das Siebenfache des jährlichen Mietzinses oder des Eigenmietwerts eine der Mindestbemessungsgrundlagen für die Aufwandbesteuerung dar. Würde die Bemessung des Eigenmietwerts auch bei aufwandbesteuerten Personen entfallen, könnte dies zu einer Steuersenkung führen. Um dies zu vermeiden, soll bei solchen Personen weiterhin behördlich ein Eigenmietwert, der die ortsüblichen Verhältnisse berücksichtigt, d. h. dem Marktwert entspricht, festgelegt werden und in die Bemessung der Steuer nach dem Aufwand einfliessen. Die Schweiz wies gemäss einer Umfrage der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) Ende 2018 knapp über 4500 Aufwandbesteuerte auf.29 Art. 21 Abs. 1 Bst. b Der vorgeschlagene Systemwechsel sieht vor, dass der Eigenmietwert künftig auf dem am Wohnsitz selbstbewohnten Wohneigentum entfällt. Entsprechend ist Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b so einzuschränken, dass die Besteuerung des Eigenmietwerts einzig auf den selbstgenutzten Zweitliegenschaften oder Zweitliegenschaftsteilen bestehen bleibt. Darunter fallen auch weitere Liegenschaftstypen wie etwa selbstgenutzte Dritt- oder Viertwohnungen.

Als Zweitliegenschaftsteile gelten z. B. selbstgenutzte Zweitwohnungen in einem vermieteten Mehrfamilienhaus oder die selbstgenutzte Zweitliegenschaft, die auch 29

www.fdk-cdf.ch/ > Themen > Steuerpolitik > Aufwandbesteuerung > Medienmitteilung vom 7.6.2019.

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eine vermietete Einliegerwohnung umfasst. Gebäudeteile wie der Autoabstellplatz, Bastel-, Dispo- oder Hobbyräume, die zur Zweitliegenschaft gehören, können ebenfalls unter den Begriff der Zweitliegenschaftsteile fallen.

Entsprechend der Auslegung des Zweitwohnungsbegriffs gemäss ZWG gehört die Zweitliegenschaft auch in steuerrechtlicher Hinsicht nicht zum Ort, wo sich die steuerpflichtige Person mit der Absicht des dauernden Verbleibs aufhält.

Abs. 2 Da der Eigenmietwert für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften nicht mehr besteuert wird, muss Absatz 2 angepasst werden. Wie bisher soll der Eigenmietwert, der auf Zweitliegenschaften entfällt, unter Berücksichtigung der ortsüblichen Verhältnisse, d. h. entsprechend dem Marktwert, festgesetzt werden.

Der bisher im DBG verankerte Unternutzungsabzug («tatsächliche Nutzung») beschränkte sich auf am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften. Da für Letztere künftig kein Eigenmietwert mehr versteuert werden muss, kann der Unternutzungsabzug ersatzlos aufgehoben werden.

Art. 25 In dieser Gesetzesbestimmung wird einzig ein Verweis angepasst.

Art. 32 Artikel 32 des geltenden Rechts regelt, welche Kosten sowohl beim beweglichen als auch beim unbeweglichen Privatvermögen steuerlich abzugsfähig sind. Diese Bestimmung wird aufgrund der Neukonzeption der Besteuerung des privaten Wohneigentums auf zwei Artikel (32 und 32a) aufgegliedert.

Absatz 1 Dieser Absatz entspricht unverändert Artikel 32 Absatz 1 des geltenden Rechts und regelt die abzugsfähigen Kosten beim beweglichen Vermögen.

Absatz 2 Die Beibehaltung der Abzugsfähigkeit denkmalpflegerischer Kosten ist konzeptionell bedingt in einem neuen Absatz verankert.

Art. 32a

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften sowie vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Sind Einkünfte nicht steuerbar, so werden grundsätzlich die zu ihrer Gewinnung aufgewendeten Kosten steuerlich ebenfalls nicht berücksichtigt. Da die Besteuerung des Eigenmietwerts von selbstbewohntem Wohneigentum künftig wegfallen soll, sind die Liegenschaftsunterhaltskosten (Unterhaltskosten, Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, Versicherungsprämien und Kosten für die Vermögensverwaltung durch Dritte) konsequenterweise nicht mehr abzugsfähig. Auch die ausserfiskalisch motivierten Abzüge (Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen,

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denkmalpflegerische Arbeiten sowie Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau) sollen künftig nicht mehr geltend gemacht werden können.

Abs. 1 Weil der Eigenmietwert auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften weiterhin anfällt und Einnahmen aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften zum Einkommen zählen, haben die bereits bisher abzugsberechtigten Aufwendungen des Liegenschaftsunterhalts nach wie vor Bestand.

Abs. 2 In Absatz 2 wird festgehalten, dass die steuerpflichtige Person anstelle der effektiven Liegenschaftskosten gemäss Absatz 1 wie bisher einen pauschalen Abzug vornehmen kann.

Art. 33 Abs. 1 Bst. a Die Kommissionsmehrheit sieht keinen Abzug für private Schuldzinsen mehr vor.

Dies hat zur Folge, dass Absatz 1 Buchstabe a aufgehoben wird. Die Kommissionsminderheit will ebenfalls eine restriktivere Lösung gegenüber dem geltenden Recht, diese beinhaltet jedoch eine verbleibende Abzugsfähigkeit im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge. Das nachfolgende Zahlenbeispiel zeigt die Konsequenzen beim Schuldzinsenabzug: Geltendes Recht

Kommissionsmehrheit

Kommissionsminderheit

Steuerbarer Bruttoeigenmietwert auf dem Eigenheim

15 000

­

­

Mieteinnahmen aus vermieteter Liegenschaft

5 000

5 000

5 000

Ertrag aus beweglichem Vermögen

5 000

5 000

5 000

Hypothekarzinsen ­ auf dem Eigenheim ­ auf vermieteter Liegenschaft

13 000 8 000 5 000

13 000 8 000 5 000

13 000 8 000 5 000

Höhe des Schuldzinsenabzugs im konkreten Fall

13 000

­

7 000

Art. 33a

Schuldzinsen bei erstmals erworbenen selbstbewohnten Liegenschaften

Abs. 1 und 2 (bzw. 1­3 beim Antrag der Minderheit) Der Ersterwerberabzug ist eine Massnahme zur verfassungsrechtlich verankerten Wohneigentumsförderung (Art. 108 Abs. 1 BV). Die Einführung eines Ersterwerberabzugs erfolgt in Anlehnung an den seinerzeitigen indirekten Gegenvorschlag des

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Bundesrates zur Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter»30. Die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebenden Steuerpflichtigen können die auf das Eigenheim entfallenden Schuldzinsen im ersten Steuerjahr nach dem Erwerb höchstens bis zum Betrag von 10 000 Franken abziehen, die übrigen steuerpflichtigen Personen höchstens bis zum Betrag von 5000 Franken. Dies gilt analog auch für Steuerpflichtige, denen an einer Liegenschaft ein Nutzniessungsrecht zusteht.

Im indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative des Hauseigentümerverbands war für die Gewährung des Ersterwerberabzugs ein entgeltlicher Erwerb der am Wohnsitz selbstbewohnten Liegenschaft vorausgesetzt worden. Dieses Kriterium erweist sich jedoch dann als ungeeignet, wenn der Erwerb des Eigenheims beispielsweise mittels Erbgang oder Schenkung erfolgt. Wer aufgrund eines solchen unentgeltlichen Erwerbs nicht in den Genuss des Ersterwerberabzugs käme, wäre in diesem Fall benachteiligt. Daher soll es irrelevant sein, ob ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Erwerb erfolgt.

Der Ersterwerberabzug kann erstmals im ersten Steuerjahr nach dem Erwerb des Eigenheims in der Schweiz geltend gemacht werden. Ob jemand im Ausland bereits einmal ein Eigenheim besass, wäre kaum kontrollierbar und soll daher nicht relevant sein.

Im Rahmen des Ersterwerberabzugs können nur Schuldzinsen in Abzug gebracht werden, bei denen die zugrundeliegende Schuld juristisch mit dem Eigenheim verbunden ist (in erster Linie Hypotheken auf dem Eigenheim).

Beim Vorschlag der Kommissionsminderheit können Schuldzinsen, die bereits im Rahmen des allgemeinen Schuldzinsenabzugs berücksichtigt worden sind, nicht noch einmal im Rahmen des Ersterwerberabzugs geltend gemacht werden. Zudem werden im Rahmen des allgemeinen Schuldzinsenabzugs vorab andere Schuldzinsen berücksichtigt und erst sekundär die Schuldzinsen auf dem Eigenheim.

Zur Verdeutlichung der Berechnungsweise des Ersterwerberabzugs dient das nachfolgende Zahlenbeispiel für ein Ehepaar: Geltendes Recht

Kommissionsmehrheit

Kommissionsminderheit

Steuerbarer Bruttoeigenmietwert auf dem Eigenheim

15 000

­

­

Mieteinnahmen aus vermieteter Liegenschaft

5 000

5 000

5 000

Ertrag aus beweglichem Vermögen

5 000

5 000

5 000

30

BBl 2010 5303

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Geltendes Recht

Kommissionsmehrheit

Kommissionsminderheit

Hypothekarzinsen ­ auf erstmals erworbenem Eigenheim ­ auf vermieteter Liegenschaft

13 000

13 000

13 000

8 000 5 000

8 000 5 000

8 000 5 000

Allgemeiner Schuldzinsenabzug

13 000

­

7 000

­

8 000

6 000

13 000

8 000

13 000

Ersterwerberabzug im 1. Jahr nach dem Erwerb (Art. 33a Abs. 1­2) Abzugsfähige Schuldzinsen inkl. Ersterwerberabzug

Zur Berechnung des Ersterwerberabzugs gemäss Konzept der Kommissionsmehrheit sind nur die auf das Eigenheim entfallenden Hypothekarschuldzinsen relevant. Diese können im Rahmen der Abzugslimite geltend gemacht werden.

Beim Konzept der Kommissionsminderheit sind demgegenüber sämtliche Schuldzinsen relevant. In einem ersten Schritt ist das Total der steuerbaren Vermögenserträge (10 000 Fr.) und der privaten Schuldzinsen (13 000 Fr.) zu ermitteln, anschliessend ist der allgemeine Schuldzinsenabzug (Art. 33 Abs. 1 Bst. a erster Satz) zu berechnen.

Dieser kann gemäss Vorgabe (70% der steuerbaren Vermögenserträge) im Umfang von 7000 Franken geltend gemacht werden. Für die Berechnung des maximal möglichen Ersterwerberabzugs im ersten Jahr nach dem Erwerb ist festzustellen, ob nach Abzug der Schuldzinsen im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge (7000 Fr.) noch ein Restbetrag auf dem Total der auf das Eigenheim entfallenden Schuldzinsen verbleibt. Dies ergibt 6000 Franken, die unter dem Titel des Ersterwerberabzugs geltend gemacht werden können. Total können somit im Fall des Vorschlags der Kommissionsminderheit private Schuldzinsen von 13 000 Franken geltend gemacht werden.

In den nachfolgenden Steuerjahren vermindert sich beim Ersterwerberabzug der maximal abzugsfähige Betrag jährlich um 10 Prozent des massgebenden Höchstbetrags.

Abs. 3 (bzw. 4 beim Antrag der Minderheit) Der Ersterwerberabzug entfällt, wenn das am Wohnsitz selbstbewohnte Wohneigentum veräussert wird oder der Eigentümerin bzw. dem Eigentümer nicht mehr als Eigenheim dient. Erwirbt die steuerpflichtige Person jedoch innert angemessener Frist eine gleich genutzte Ersatzliegenschaft in der Schweiz, so kann sie den Abzug ab dem Jahr des Erwerbs dieser Liegenschaft für die verbleibenden Steuerjahre weiterhin geltend machen. Für die Festlegung der «angemessenen Frist» soll die Praxis Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe e StHG betreffend die Grundstückgewinnsteuer analog anwenden. Gemäss dieser Norm wird bei der Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstbewohnte Liegenschaft die Besteuerung aufgeschoben, soweit der dabei erzielte Erlös zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz verwendet wird. In der Veranlagungspraxis zur Ersatzbeschaffung hat sich unter «angemessener Frist» eine Zeitspanne von maximal zwei Jahren durchgesetzt.

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Nachfolgendes Zahlenbeispiel soll die Wirkungsweise des Ersterwerberabzugs bei Veräusserung und erneutem Erwerb einer Ersatzliegenschaft innert «angemessener Frist» verdeutlichen: 2024

­10%

­10%

­10%

Art. 205g

Veräusserung

2025

2026

2027

2028

2029

2030

2031

­10%

­10%

­10%

­10%

­10%

­10%

Erwerb einer gleich genutzten Ersatzliegenschaft

2023

Ohne Eigenheim

2022

Erstmaliger Abzug

Erstmaliger Erwerb

2020 2021

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Haben Steuerpflichtige ihr Eigenheim vor Inkrafttreten der neuen Regelung erworben, so gilt folgende Übergangsregelung: Die steuerpflichtige Person, die z. B. drei Jahre vor Inkrafttreten der neuen Regelung erstmals eine selbstbewohnte Liegenschaft erworben hat, kann den Ersterwerberabzug gemäss Artikel 33a nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch sieben Jahre vornehmen. Die Höhe und die jährliche Verminderung des Abzugs werden nicht vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung, sondern vom Zeitpunkt des Liegenschaftskaufs an berechnet.

Diese Regelung gilt nur bei ununterbrochenem Eigentum. Verkauft eine Ersterwerberin oder ein Ersterwerber das Eigenheim und kauft einige Jahre später, aber nicht mehr innert angemessener Frist nach Artikel 33a Absatz 3 (bzw. 4) ein neues Eigenheim, so findet die Übergangsbestimmung keine Anwendung.

3.2

Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG)

Art. 7 Abs. 1 erster Satz Künftig soll der Eigenmietwert auf dem selbstbewohnten Wohneigentum auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern entfallen. Entsprechend gilt es diesen Einkommensbestandteil von der Generalklausel der wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte auszunehmen. Bei der Aufzählung der steuerbaren Einkünfte ist daher zu präzisieren, dass punkto Eigennutzung nur noch der Eigenmietwert auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften oder Zweitliegenschaftsteilen weiterhin der Besteuerung unterliegt.

Art. 9 Abs. 2 Bst. a Siehe Erläuterungen zu Artikel 33a Absatz 1 Buchstabe a DBG.

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Art. 9 Abs. 3 und 3bis Abs. 3 Die Abzugsfähigkeit denkmalpflegerischer Arbeiten im Sinn einer Kann-Vorschrift erfährt im Vergleich zum geltenden Recht eine gesetzestechnische Umplatzierung, der Inhalt bleibt jedoch der gleiche. Die Steuerabzüge für Energiesparen und Umweltschutz werden neu in einer Übergangsbestimmung mit einem Verfalldatum (Art. 78h Absätze 23) verankert.

Abs. 3bis Diese Bestimmung über den Abzugsvortrag wird aufgehoben, weil sie bezüglich der Rückbaukosten neu in den Artikeln 9a und 9b verankert wird. Hinzu kommt, dass der Abzugsvortrag im Zusammenhang mit den Aufwendungen für Energiesparen und Umweltschutz neu zeitlich eingegrenzt in einer entsprechenden Übergangsbestimmung (Art. 78h Absätze 23) platziert wird.

Art. 9a

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften sowie vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Die in der Sachüberschrift genannten Wohnkategorien erfahren im Bereich der Liegenschaftskosten gegenüber dem geltenden Recht insofern eine Veränderung, als die Abzüge für Energiesparen und Umweltschutz mit einem Verfalldatum (Art. 78h Absätze 23) versehen sind.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu Artikel 32a DBG verwiesen.

Art. 9b

Selbstbewohnte Liegenschaften

In den Absätzen 1­3 (Kommissionsminderheit: 1­4) wird der Ersterwerberabzug geregelt. Die Bestimmungen sind mit Artikel 33a Absätze 1­3 (bzw. 1­4) DBG identisch, entsprechend wird auf die dortigen Erläuterungen verwiesen.

Im Absatz 4 (bzw. 5) wird auf die steuerliche Förderung von Rückbaukosten bei selbstgenutzten Zweitliegenschaften sowie bei vermieteten oder verpachteten Liegenschaften verwiesen, die im Sinn einer Kann-Vorschrift ebenfalls für das am Wohnsitz selbstbewohnte Wohneigentum gelten.

Art. 12 Abs. 3 Bst. e Gegenüber dem geltenden Recht findet nur eine redaktionelle Anpassung statt.

Art. 72y

Anpassung der kantonalen Gesetzgebung an die Änderung vom ...

Die Bestimmungen zum Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung sollen sowohl bei der direkten Bundessteuer wie auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern gleichzeitig in Kraft gesetzt werden. Insbesondere die gleichzeitige Inkraftsetzung in allen Kantonen ist zwingend geboten.

Es ist vorgesehen, dass die bundesrechtlichen Bestimmungen nach dem Inkrafttreten direkt Anwendung finden, wenn ihnen das kantonale Steuerrecht widerspricht. Für 28 / 48

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diesen Fall haben die Kantonsregierungen die erforderlichen vorläufigen Vorschriften zu erlassen.

Art. 78h

Übergangsbestimmungen zur Änderung vom ...

Abs. 1 Es wird auf die Erläuterungen zu Artikel 205g DBG verwiesen.

Abs. 2 Die steuerliche Förderung des Energiesparens und des Umweltschutzes wird zeitlich eingegrenzt und an die Erreichung der Ziele von Artikel 3 Absatz 1 CO2-Gesetz gekoppelt.

Abs. 3 Der Abzugsvortrag bleibt im StHG solange erhalten, bis das in Absatz 2 genannte Ziel erfüllt ist.

Inkraftsetzung Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten dieser Gesetzesänderungen. Er wird bei der Festsetzung des Zeitpunkts auf die Kantone Rücksicht nehmen.

3.3

Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG)

Geltendes Recht Heute ist der auf selbstbewohnte Liegenschaften entfallende Mietwert in die Berechnung der Ergänzungsleistungen einzubeziehen. So wird gemäss Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200631 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) der Mietwert als Einnahme angerechnet, während er bei den Ausgaben gemäss Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c ELG ­ einschliesslich der damit zusammenhängenden Nebenkosten in der Höhe von pauschal 2520 Franken ­ als Mietzinsausgabe anerkannt wird. Ferner werden gemäss Artikel 10 Absatz 3 ELG die Hypothekarzinsen und die Gebäudeunterhaltskosten als Ausgaben anerkannt. Diese entsprechen maximal dem Bruttoertrag der Liegenschaft, welcher wiederum dem Mietwert entspricht.

Neue Regelung Der Wegfall des steuerlichen Eigenmietwerts für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften hat im Gesetz sowohl Anpassungen bei den anrechenbaren Einnahmen als auch bei den anerkannten Ausgaben zur Folge.

31

SR 831.30

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Art. 9 Abs. 5 Bst. e Der Bundesrat legt gestützt auf Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe e eine Pauschale für die Nebenkosten von am Wohnsitz selbstbewohnten Liegenschaften fest (vgl. Art. 16a Abs. 3 der Verordnung vom 15. Januar 197132 über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung). Der geltende Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe e erwähnt diesbezüglich nur die selbstbewohnten Liegenschaften, an denen Eigentum oder eine Nutzniessung besteht. Gemäss herrschender Praxis und Rechtsprechung gilt dies jedoch auch für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften, an denen ein Wohnrecht besteht. Der Vollständigkeit halber wird das Wohnrecht deshalb neu im Gesetz ebenfalls erwähnt. Diese Anpassung stellt keine materielle Änderung dar.

Art. 10 Abs. 1 Bst. c Der Wegfall des Mietwerts für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften hat zur Folge, dass er nicht mehr bei den anerkannten Ausgaben als Mietzinsausgabe berücksichtigt wird. Die Pauschale für die Nebenkosten bleibt weiterhin als Ausgabe bestehen.

Art. 10 Abs. 3 Bst. b Bezüglich der anerkannten Ausgaben der Hypothekarzinsen und der Gebäudeunterhaltskosten kann für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum künftig nicht mehr die maximale Höhe des Bruttoertrags der Liegenschaft berücksichtigt werden. Es ist eine andere Begrenzung zu finden. Neu wird auf dem Höchstbetrag der anrechenbaren Mietzinsausgaben für zwei im gleichen Haushalt lebende Personen nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b abgestellt. Dabei hängt die Höhe dieses Betrags davon ab, in welcher Mietzinsregion sich die Liegenschaft befindet.

Art. 11 Abs. 1 Bst. b Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b besagt, dass Einkünfte aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen als Einnahmen angerechnet werden. Hat der Bezüger, die Bezügerin oder eine andere, in die EL-Berechnung eingeschlossene Person das Eigentum, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht an einer Liegenschaft, die nicht selbst bewohnt wird, so werden die Liegenschaftserträge (wie z. B. Miet- oder Pachteinnahmen) als Einnahmen angerechnet.

Wird die Liegenschaft dagegen von einer dieser Personen bewohnt, so wurde bisher der Jahreswert der Nutzniessung oder des Wohnrechts bzw. der Jahresmietwert der Liegenschaft als Einnahme angerechnet. Durch den Wegfall des Mietwerts für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften muss diese
Bestimmung angepasst werden, so dass diese Einkünfte nicht mehr als Einnahmen angerechnet werden.

Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b wird deshalb dahingehend angepasst, dass nur Einkünfte aus nicht am Wohnsitz selbstbewohnten Liegenschaften als Einnahmen angerechnet werden.

32

SR 831.301

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Art. 11 Abs. 3 Bst. h Bei den anrechenbaren Einnahmen wird explizit festgehalten, dass der Mietwert des am Wohnsitz selbstbewohnten Wohneigentums nicht angerechnet wird.

3.4

Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (ÜLG)

Geltendes Recht Heute ist der auf selbstbewohnte Liegenschaften entfallende Mietwert in die Berechnung der Überbrückungsleistungen einzubeziehen. So wird gemäss Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 202033 über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (ÜLG) der Mietwert als Einnahme angerechnet, während er bei den Ausgaben gemäss Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c ­ einschliesslich einer Pauschale für die Nebenkosten ­ als Mietzinsausgabe anerkannt wird. Ferner werden gemäss Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe e die Hypothekarzinsen und die Gebäudeunterhaltskosten als Ausgaben anerkannt. Diese entsprechen maximal dem Bruttoertrag der Liegenschaft.

Neue Regelung Der Wegfall des steuerlichen Eigenmietwerts für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften hat im Gesetz sowohl Anpassungen bei den anrechenbaren Einnahmen als auch bei den anerkannten Ausgaben zur Folge. Diese lehnen sich stark an die im ELG festgelegten Änderungen an.

Art. 9 Abs. 1 Bst. c Als anerkannte Ausgabe findet die vom Bundesrat festgelegte Pauschale für die Nebenkosten einer selbstbewohnten Liegenschaft explizit Erwähnung.

Art. 9 Abs. 1 Bst. e Bezüglich der anerkannten Ausgaben der Hypothekarzinsen und der Gebäudeunterhaltskosten kann für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum künftig nicht mehr die maximale Höhe des Bruttoertrags der Liegenschaft berücksichtigt werden. Es ist eine andere Begrenzung zu finden. Neu wird auf den Höchstbetrag der anrechenbaren Mietzinsausgaben für zwei im gleichen Haushalt lebende Personen nach Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b abgestellt. Die Höhe dieses Betrags hängt davon ab, in welcher Mietzinsregion sich die Liegenschaft befindet.

33

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Art. 10 Abs. 1 Bst. b Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b besagt, dass Einkünfte aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen als Einnahmen angerechnet werden. Hat der Bezüger, die Bezügerin oder eine andere, in die ÜLG-Berechnung eingeschlossene Person das Eigentum, eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht an einer Liegenschaft, die nicht selbst bewohnt wird, so werden die Liegenschaftserträge (wie z.B. Miet- oder Pachteinnahmen) als Einnahmen angerechnet. Durch den Wegfall des Mietwerts für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften muss diese Bestimmung angepasst werden, sodass diese Einkünfte nicht mehr als Einnahmen angerechnet werden.

Art. 10 Abs. 2 Bst. e Bei den anrechenbaren Einnahmen wird explizit festgehalten, dass der Mietwert des am Wohnsitz selbstbewohnten Wohneigentums nicht angerechnet wird.

Art. 11 Bst. d Der geltende Artikel erwähnt nur die selbstbewohnten Liegenschaften, an denen Eigentum oder eine Nutzniessung besteht. Gemäss herrschender Praxis und Rechtsprechung gilt die Bestimmung jedoch auch für am Wohnsitz selbstbewohnte Liegenschaften, an denen ein Wohnrecht besteht. Der Vollständigkeit halber wird das Wohnrecht deshalb neu im Gesetz ebenfalls erwähnt. Diese Anpassung stellt keine materielle Änderung dar.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Datengrundlagen für die Schätzung der finanziellen Auswirkungen auf den Bund stammen von den Kantonen Bern und Thurgau. Die Liegenschaftsdaten wurden mit Daten zur direkten Bundessteuer verknüpft und beziehen sich auf die Steuerperiode 2010. Sie wurden bereits in einer ESTV-Studie von 2014 sowie im erläuternden Bericht der WAK-S vom 14. Februar 2019 genutzt.34 Im Vergleich zum Bericht der Kommission anlässlich des Vernehmlassungsverfahrens wurden Aktualisierungen bei der Zahl der Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer (Stand: 2019), der steuerbaren Einkommen (Stand: 2017), der Steuerbelastungen (Stand: 2018), kantonaler Besonderheiten hinsichtlich eines etwaigen Abschlags auf dem kantonalen Eigenmietwert (Stand: 2018) und des Pauschalabzugs für die Liegenschaftsunterhaltskosten (Stand: 2020) durchgeführt.

34

ESTV: Eigenmietwertbesteuerung. Anreizmechanismen, Verteilungseffekte und finanzielle Auswirkungen verschiedener Reformoptionen, Bern 2014: www.estv.admin.ch/estv/de/home/allgemein/steuerpolitik/fachinformationen/ berichte.html > 2014 und www.fedlex.admin.ch/de/consultationprocedures/ended/2019#https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/6019/21/cons_1.

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In den Daten sind die Grundstücke aller in diesem Jahr in den beiden Kantonen wohnhaften Personen enthalten. Enthalten sind weiter die in anderen Kantonen oder im Ausland gelegenen Grundstücke, deren Eigentümerinnen und Eigentümer im Kanton Bern bzw. Thurgau wohnhaft sind. Nicht betrachtet werden dagegen Angaben zu in diesen Kantonen wohnhaften Personen, die über keinen Liegenschaftsbesitz verfügen bzw. ihre Immobilie(n) lediglich vermieten und/oder als Ferienwohnung nutzen. Für diese Gruppen hat das Schuldzinsenabzugsverbot aber ebenfalls steuerliche Konsequenzen. Weiter enthalten die Daten auch keine Anhaltspunkte dazu, wann die Liegenschaft erworben wurde, sodass sie für eine Schätzung der Anzahl Ersterwerber nicht geeignet sind.

Es wurden nur Personen betrachtet, die über selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz verfügen, da der Eigenmietwert auf Zweitwohnungen weiterhin erhoben wird.35 Die für diese beiden Kantone geschätzten finanziellen Auswirkungen wurden auf die Schweiz hochgerechnet. Als Hochrechnungsfaktor wurden Angaben des Bundesamts für Statistik zum Ausmass des selbstbewohnten Wohneigentums genutzt.

Das mithilfe einer Division der Schuldzinsen durch die Höhe der Schulden geschätzte damalige durchschnittliche effektive Zinsniveau (2,6%) der im Datensatz enthaltenen Steuerpflichtigen ist nicht mehr gültig. Es dürfte heute etwas mehr als einen Prozentpunkt unter dem damaligen Niveau liegen. Die langfristigen Aufkommenseffekte unter Vernachlässigung der Verhaltensreaktionen der Steuerpflichtigen werden massgebend vom künftigen Zinsniveau abhängen. Würden Schuldzinsen nicht mehr zum Abzug zugelassen, ginge dies bei der direkten Bundessteuer mit Mehreinnahmen von etwa 660 Millionen Franken einher, bei einem Zinsniveau von 1,5 Prozent ergäben sich Mindereinnahmen von etwas mehr als 100 Millionen Franken. Von den geschätzten Aufkommenseffekten bei der direkten Bundessteuer hätten der Bund 78,8 Prozent und die Kantone 21,2 Prozent zu tragen.

35

Die Aufkommenseffekte, die durch Mieter hervorgerufen werden, welche einen Konsumentenkredit beziehen, wurden vernachlässigt. Des Weiteren gibt es eine kleine Gruppe von Vermieterinnen und Vermietern bzw. Zweitliegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern, die nicht über ein Eigenheim verfügen. Diese Gruppe ist von der Abschaffung des Schuldzinsenabzugs ebenfalls und wohl auch stärker als Mieterhaushalte betroffen. Denn wie in Ziffer 2.3.3 dargelegt, spielen Konsumkredite keine grosse Rolle. Infolge der Ausklammerung dieser Gruppen werden die aus der Reform resultierenden Mehreinnahmen wären etwas unterschätzt beziehungsweise die Mindereinnahmen überschätzt, da auch diese Gruppen in Zukunft keine Schuldzinsen abziehen dürfen. Ebenfalls unberücksichtigt bleibt, dass letztere Personengruppe vom Wegfall der ausserfiskalisch motivierten Abzüge betroffen ist, da diese auf Stufe direkte Bundessteuer auch auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften sowie vermieteten oder verpachteten Liegenschaften entfallen (Ausnahme: Denkmalpflege). Gründe hierfür sind, dass diese Abzüge zum einen nicht separat in der Steuererklärung ausgewiesen werden. Zum andern kommt erschwerend bei der Abschätzung hinzu, dass für diese Wohnkategorien lediglich ein Teil der ausserfiskalisch motivierten Abzüge, nämlich jene mit wertvermehrenden Charakter, in Zukunft nicht mehr geltend gemacht werden können. Da keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, wie hoch der Prozentsatz der wertvermehrenden beziehungsweise der werterhaltenden Komponente ausfällt, wurde für diese Wohnkategorien auf die Quantifizierung des Wegfalls dieser Abzüge verzichtet. Die Nichtberücksichtigung führt ­ isoliert betrachtet ­ in der Tendenz zu leicht überschätzten Mindereinnahmen beziehungsweise zu leicht unterschätzten Mehreinnahmen.

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Könnten stattdessen ­ wie von der Kommissionsminderheit vorgeschlagen ­ Schuldzinsen in Höhe von 70 Prozent des steuerbaren Vermögensertrags abgezogen werden, werden bei einem Zinsniveau von 3,5 Prozent und unter Vernachlässigung von Verhaltensanpassungen Mehreinnahmen in Höhe von 110 Millionen Franken (bzw. bei 1,5% Mindereinnahmen in Höhe von 410 Millionen Franken) geschätzt. Davon entfallen auf den Bund wiederum 78,8 Prozent und auf die Kantone 21,2 Prozent.

Welcher Zinssatz im Zeitpunkt des Inkrafttretens bzw. in den darauffolgenden Jahren vorliegen wird, kann nicht vorhergesagt werden. Für die Periode von 1970 bis 2015 betrug die durchschnittliche Verzinsung von zehnjährigen Bundesobligationen 3,9 Prozent; wird nur das Zeitintervall von 1990 bis 2015 betrachtet, so sind es noch 3,1 Prozent. Das Hypothekarzinsniveau liegt etwa einen Prozentpunkt über der Rendite von Bundesobligationen. Ob sich diese Differenz bei den Zinsen in die Zukunft extrapolieren lässt, ist ungewiss. Je nach Höhe des Hypothekarzinsniveaus können sich aus dem Reformvorschlag der Kommissionsmehrheit somit beträchtliche Mehreinnahmen ergeben. Im aktuellen Zinsumfeld dürften sich dagegen Mindereinnahmen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich bei der direkten Bundessteuer einstellen.

Bei einer dynamischen Betrachtung ist von zusätzlichen negativen Aufkommenseffekten vornehmlich bei der direkten Bundessteuer auszugehen. Zum einen dürften mit dem Wegfall der Abzugsfähigkeit der Liegenschaftsunterhaltskosten sinkende Gewinnmargen oder Auftragseinbussen im Baugewerbe oder beides einhergehen; diese könnten eventuell durch zusätzliche Wertschöpfung bei Baumarktketten kompensiert werden. Gelingt eine Kompensation nicht vollständig, so sind die Einnahmen der Gewinn-, der Einkommens- und der Mehrwertsteuer negativ betroffen. Darüber hinaus führt die Reduktion der privaten Verschuldungsanreize dazu, dass die Nachfrage nach Hypotheken spürbar zurückgehen wird. Dies führt nur dann nicht zu Rückgängen bei der Gewinn- und der Einkommenssteuer, wenn es den Finanzinstituten gelingt, sich neue gewinnträchtige Geschäftsfelder zu erschliessen. Zum anderen wird die Reduktion der Verschuldungsanreize durch eine Erhöhung der Sparquote oder durch finanzielle Umschichtungen der privaten Haushalte oder durch beides begünstigt. Letztgenannter
Effekt führt zu einem Wegfall steuerbarer Vermögenserträge und dürfte gewichtiger ausfallen, da eine Erhöhung der Sparquote schwieriger zu verwirklichen ist als die Auflösung liquider Vermögenspositionen. Bei einer Erhöhung der Sparquote sind die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer negativ betroffen, während sich die Einnahmen der Einkommenssteuer dynamischer entwickeln sollten. Im ökonomisch gewichtigeren Fall einer Auflösung mobilen Vermögens ist die Entwicklung der Einkommenssteuereinnahmen aufgrund des Wegfalls steuerbarer Vermögenserträge negativ betroffen.

Theoretisch könnten die Haushalte sämtliches (Wertpapier-)Vermögen zwecks Begleichung der Hypothekarschulden auflösen. Diese maximale Anpassung wird sich jedoch nicht einstellen, da nur ein Teil derjenigen Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer, die über steuerbare Vermögenserträge verfügen, (liquides) Vermögen zur Begleichung der Hypothek auflösen wird. Darüber hinaus sind viele Hypotheken mit einer festen Laufzeit abgeschlossen worden, sodass sich der Effekt einer Reduktion des Hypothekarvolumens erst langsam aufbauen wird. In der Summe dürften sich bei Einschluss dieser Verhaltensanpassungen bei einem Zinsniveau von rund 3,5 Prozent langfristig substanzielle Mehreinnahmen ergeben.

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Die Schätzungen zu den Aufkommenseffekten sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, da: ­

das Zinsniveau im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform unbekannt ist;

­

die Bruttoeigenmietwerte in einigen Kantonen aufgrund gestiegener Mieten seit 2010 angepasst wurden;

­

von lediglich zwei Kantonen auf die Schweiz hochgerechnet wurde;

­

Unsicherheiten bezüglich des Anpassungsverhaltens der privaten Haushalte bestehen. Diese Unsicherheiten fallen bei einem Abzugsverbot für Schuldzinsen im Privatvermögen besonders gewichtig aus.

Die Änderungen im ELG führen in der EL-Berechnung sowohl auf der Einnahmenals auch auf der Ausgabenseite zu veränderten Berechnungsparametern. Konkret wird der steuerbare Eigenmietwert für selbstbewohnte Liegenschaften nicht mehr als Einnahme angerechnet. Da tiefere Einnahmen zu einem höheren EL-Betrag führen, hätte diese Massnahme für sich alleine betrachtet Mehrkosten für die EL zur Folge.

Bei den Ausgaben dürfen neu die Gebäudeunterhaltskosten und die Hypothekarzinsen nicht mehr bis zur Höhe des Bruttoertrags der Liegenschaft (entspricht heute dem steuerbaren Eigenmietwert) berücksichtigt werden, sondern nur noch bis zum Höchstbetrag der anrechenbaren Mietzinsausgaben für zwei im gleichen Haushalt lebende Personen in derjenigen Mietzinsregion, in der sich die Liegenschaft befindet. Da tiefere Ausgaben zu einer Reduktion des EL-Betrags führen, hätten dies für sich alleine betrachtet Einsparungen bei den EL zur Folge.

Die gegenläufigen finanziellen Auswirkungen der genannten Massnahmen heben sich gegenseitig weitgehend auf, sodass sich nach Einschätzungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) die auf den Bund entfallenden EL-Kosten kaum verändern werden.

Die notwendigen Änderungen im ÜLG führen wie beim ELG sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite zu veränderten Berechnungsparametern. Die zuvor bei den Änderungen im ELG ausgeführten gegenläufigen finanziellen Auswirkungen heben sich auch hier gegenseitig weitgehend auf, sodass sich die auf den Bund entfallenden ÜLG-Kosten ebenfalls kaum verändern werden.

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Beim Bund ist nicht mit personellen Auswirkungen zu rechnen.

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4.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

4.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Ausgangspunkt der Schätzungen sind wiederum die Daten der Kantone Bern und Thurgau. Im Vergleich zur Schätzung der Nettoeigenmietwerte für die direkte Bundessteuer wurden kantonale Unterschiede teilweise berücksichtigt.36 Die Schätzung zu den kantonalen Aufkommenseffekten ist lediglich als grober Richtwert zu verstehen, da zusätzliche Annahmen getroffen werden mussten:

36

37

­

Etwas mehr als die Hälfte der Kantone verwenden bei der Bemessung für die kantonale Einkommenssteuer tiefere Bruttoeigenmietwerte als für die direkte Bundessteuer. Dieser Effekt wurde berücksichtigt. Allerdings wurde unterstellt, dass die Kantone bei der Ermittlung der Eigenmietwerte für die direkte Bundessteuer dieselben Abschläge vornehmen (z. B. 25% der Marktmiete).

Ist dies nicht der Fall, so resultiert eine Über- oder Unterschätzung des kantonalen Bruttoeigenmietwerts, da sich die Annahme einer interkantonalen Vergleichbarkeit der Eigenmietwerte für die direkte Bundessteuer als falsch erweist und somit von einem zu hohen beziehungsweise zu tiefen Niveau auf die kantonalen Eigenmietwerte geschlossen wird.

­

21 Kantone lehnen sich bei den Liegenschaftsunterhaltspauschalen an die direkte Bundessteuer an (10% für Gebäude, die vor weniger als zehn Jahren errichtet wurden, 20% für ältere Gebäude). Die übrigen Kantone gewähren höhere Unterhaltspauschalen oder eine einheitliche, nicht nach Alter des Gebäudes differenzierte Pauschale (z. B. Zürich: 20%). Die unterschiedlichen Liegenschaftsunterhaltspauschalen wurden in den Schätzungen berücksichtigt, wobei angenommen wurde, dass 10 Prozent des Gebäudebestands jünger und 90 Prozent älter als zehn Jahre sind. Von weiteren kantonalen Unterschieden beim abzugsfähigen Aufwand (zum Beispiel steuerrechtlicher Umgang mit Baukreditzinsen oder Vorliegen eines kantonalen Unternutzungsabzugs) wurde abstrahiert.

­

Da die Energiespar- und Umweltschutzabzüge in der Steuererklärung nicht separat ausgewiesen werden, wird unterstellt, dass sie 30 Prozent der gesamten Liegenschaftsunterhaltskosten ausmachen.37

­

Das mittlere kantonale steuerbare Einkommen, das der Statistik der direkten Bundessteuer entnommen wurde, wurde um knapp 60 Prozent erhöht, da Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer im Durchschnitt ein höheres steuerbares

Es wurden hierzu Angaben aus dem Steuermäppchen (Abzug für Liegenschaftsunterhaltskosten) genutzt: www.estv.admin.ch/estv/de/home/allgemein/steuerinformationen/ fachinformationen/schweizerisches-steuersystem/steuermaeppchen/steuermaeppchen2019.html sowie die Liste der Kantone mit unterschiedlichen Eigenmietwerten für die kantonalen Steuern und direkte Bundessteuer für die Steuerperiode 2018: www.estv.admin.ch/estv/de/home/direkte-bundessteuer/direkte-bundessteuer/ fachinformationen/rundschreiben.html.

Econcept: Evaluation energiepolitisch motivierter Steuererleichterungen., i.A., BEW, Zürich 1997, S. 57.

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Einkommen aufweisen und somit einer höheren Grenzsteuerbelastung unterliegen. Die Höhe der Grenzsteuerbelastung hat wiederum Auswirkungen auf die Aufkommenseffekte der Reform.

­

Auf Basis des so ermittelten Einkommens wurde die Grenzsteuerbelastung der Haushalte mit Hilfe eines gewichteten Durchschnitts der Grenzsteuerbelastung verschiedener Haushaltskonstellationen (Zweiverdienerehepaar mit und ohne Kinder sowie Alleinstehende) am Kantonshauptort ermittelt. Weicht die in der Realität existierende Grenzsteuerbelastung bzw. die Sozialstruktur der Haushalte mit selbstbewohntem Eigentum von der unterstellten ab, kann dies sowohl eine Über- als auch eine Unterschätzung der Aufkommenswirkungen zur Folge haben.

Auf Basis dieser Annahmen und Korrekturen würde ein Wegfall des Eigenmietwerts unter Beibehaltung der Energiespar- und Umweltschutzabzüge sowie unter Berücksichtigung des Ersterwerberabzugs auf dem am Wohnsitz selbstbewohnten Wohneigentum bei einem Schuldzinsenabzugsverbot gemäss Kommissionsmehrheit bei einem Zinsniveau von rund 3,5 Prozent zu jährlichen Mehreinnahmen von rund 1,35 Milliarden Franken führen. Bei einem Zinsniveau von 1,5 Prozent würden sich die geschätzten Mindereinnahmen auf etwa 550 Millionen Franken belaufen.

Könnten Schuldzinsen ­ wie von der Kommissionsminderheit beantragt ­ in Höhe von 70 Prozent des steuerbaren Vermögensertrags abgezogen werden, entstehen unter Vernachlässigung von Verhaltensanpassungen bei einem Zinsniveau von 3,5 Prozent Mehreinnahmen in Höhe von 40 Millionen Franken (bei 1,5% Mindereinnahmen in Höhe von etwa 1250 Mio. Franken) bei den Kantons- und Gemeindesteuern. Zusätzlich hätten die Kantone etwaige Minder- oder Mehreinnahmen aus der direkten Bundessteuer entsprechend ihrem Kantonsanteil in Höhe von 21,2 Prozent zu tragen (zu den finanziellen Auswirkungen auf die direkte Bundessteuer vgl. Ziff. 4.1.1).

Wie erwähnt ist die Schätzunsicherheit aufgrund der grossen Heterogenität bei der Ermittlung der kantonalen Eigenmietwerte sowie der eingangs beschriebenen Annahmen nochmals grösser als bei der direkten Bundessteuer. In der Tendenz dürften bei einem Schuldzinsenabzugsverbot bei denjenigen Kantonen, die im Status quo einen tieferen kantonalen Eigenmietwert als den für die direkte Bundessteuer angewandten Eigenmietwert ausweisen, schon bei sehr niedrigem Zinsniveau Mehreinnahmen anfallen. Bei einem Zinsniveau von 3,5 Prozent kann jeder Kanton mit stattlichen Mehreinnahmen rechnen.

Neben den infolge von Verhaltensreaktionen beschriebenen Effekten auf die Einkommenssteuer (vgl. Ziff. 4.1.1) dürften bei einem Anstieg der Sparquote die Einnahmen aus der Vermögenssteuer langfristig steigen. In der Summe dürften bei einem Zinsniveau von rund 3,5 Prozent für die Kantons- und Gemeindesteuern milliardenschwere Mehreinnahmen resultieren. Die Variante der Kommissionsminderheit wäre bei diesem Zinsniveau in etwa aufkommensneutral.

Zudem ist es möglich, dass beim Eigenheim die bei der direkten Bundessteuer vorgesehene Aufhebung der ausserfiskalisch motivierten Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz und Rückbau für die Kantone eine gewisse Signalwirkung entfaltet. Wenn

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ein Kanton diese Abzüge ebenfalls vor Erreichung der Ziele gemäss Artikel 3 Absatz 1 des CO2-Gesetzes vom 25. September 2020 aufhebt, ergeben sich für ihn daraus zusätzliche Mehreinnahmen.

Die auf die Kantone entfallenden EL-Kosten werden sich analog zum Bund kaum verändern (vgl. auch Ziff. 4.1.1). Das Gleiche gilt bezüglich der auf die Kantone entfallenden ÜLG-Kosten.

4.2.2

Personelle Auswirkungen

Grundsätzlich wird das kantonale Schätzungswesen durch den Wegfall des Eigenmietwerts für am Wohnsitz selbstbewohntes Wohneigentum entlastet. Weil der Eigenmietwert auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften und Zweitliegenschaftsteilen jedoch nicht abgeschafft werden soll, bleibt für diese Kategorie der heutige Veranlagungsaufwand bestehen. Administrative Erleichterungen für die Kantone ergeben sich daraus, dass beim Eigenheim am Wohnsitz der Abzug für Liegenschaftsunterhalt entfällt.

Erhöhter Abgrenzungs- und Prüfaufwand ergibt sich hingegen in einem spezifischen Punkt: Solange die Kantone von der Kann-Vorschrift im StHG Gebrauch machen und in ihrem kantonalen Recht weiterhin Abzüge für Energiesparen und Umweltschutz vorsehen, müssen die Veranlagungsbehörden künftig prüfen, ob die geltend gemachten Abzüge nicht abzugsfähige Liegenschaftsunterhaltskosten oder abzugsfähige Kosten für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen sind.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Neben den Effekten auf die öffentlichen Haushalte hat die Abschaffung des Eigenmietwerts am Wohnsitz auch Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Folgende Anpassungsreaktionen sind plausibel: ­

Nachfrage nach selbstbewohntem Wohneigentum: Die steuerlichen Rahmenbedingungen können die Entscheidung beeinflussen, Wohneigentum zu erwerben. Bei einem sehr tiefen (hohen) Zinsniveau führt das neue Regelwerk für Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer zu einer Steuersenkung (Steuererhöhung). Ist dies der Fall, so kapitalisiert sich der Steuervorteil (Steuernachteil) in den Bodenpreisen. Hieraus resultiert ein Anstieg (eine Reduktion) der Bodenpreise, sofern nicht parallel dazu zusätzliches erschlossenes Bauland auf den Markt kommt. Werden Schuldzinsen im Privatvermögen nicht mehr zum Abzug zugelassen, hätte dies spürbare Auswirkungen auf die Immobilienpreise: Es wäre ­ zumindest bei höheren Zinsniveaus ­ mit fallenden Immobilienpreisen zu rechnen.

Trotz des Wegfalls des Eigenmietwerts auf dem Eigenheim müssen Miet- oder Pachterträge bzw. der Eigenmietwert auf der selbstgenutzten Zweitliegenschaft weiterhin versteuert werden, während Schuldzinsen neu nicht mehr abgezogen werden dürfen. Die Preisrückgänge bei Renditeliegenschaften und

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Zweitliegenschaften dürften somit markanter ausfallen, da die Nachfrage nach diesen Immobilien zurückgehen sollte. Würde dagegen bezüglich der Ausgestaltung des Schuldzinsenabzugs die Forderung der Kommissionsminderheit umgesetzt, dürften aufgrund der zu erwartenden langfristig vergleichsweise geringen Steuervor- bzw. -nachteile die Auswirkungen auf die Kaufpreise von Wohnimmobilien und die Wohneigentümerquote gering sein.

­

Nachfragestruktur: Des Weiteren ist nicht auszuschliessen, dass sich die Struktur der Nachfrage verändert. Diese Verschiebung kann den Ausbaustandard, die Lage der Immobilie oder auch die Grösse der Wohnung betreffen.

In geografischer Hinsicht dürften Tourismuskantone sowie Kantone, in welchen viele Renditeliegenschaften im Privatvermögen gehalten werden, stärker betroffen sein.

­

Portfolioumschichtungen: Neben den genannten realwirtschaftlichen Anpassungen sind auch finanzwirtschaftliche Anpassungsreaktionen möglich. Dieser Anpassungskanal betrifft Finanzierungsentscheidungen der privaten Haushalte. Im jetzigen System lohnt es sich, eine Immobilie mit einem hohen Fremdfinanzierungsanteil zu erwerben und einen Teil des Vermögens in liquiden Vermögenswerten zu halten, um steuerfreie Kapitalgewinne zu erzielen. Für gut situierte Haushalte ist es nach einem Systemwechsel vorteilhaft, die Hypothek zu amortisieren, indem liquide Vermögenspositionen aufgelöst werden. In solchen Konstellationen fallen (teilweise) steuerbare Kapitalerträge weg, da das liquide Vermögen zur Amortisation verwendet wird. Ebenfalls ist von einer Ausweitung der Sparanstrengungen auszugehen, um die Hypothek möglichst zügig zu amortisieren. Diese vorwiegend finanziellen Umschichtungen sind sehr wahrscheinlich.

­

Abbau der Verschuldung der privaten Haushalte: Die zuvor beschriebenen finanziellen Anpassungen sind volkswirtschaftlich erwünscht, wenn sie dazu führen, die Bruttoverschuldungsposition (und eventuell auch die Nettoverschuldungsposition) der privaten Haushalte abzubauen. Sollte das Zinsniveau allerdings plötzlich stark steigen und würden infolgedessen Preisrückgänge an den Immobilienmärkten resultieren, so dürften Finanzinstitute auf einen Abbau der hohen Bruttoverschuldung pochen. In der Übergangsphase wäre die Anfälligkeit des Finanzsystems höher, da sich das Kreditportfolio der Finanzinstitute ändert: Vermögensstarke Immobilienbesitzer werden ihren Kredit zügig zurückzahlen, während liquiditätsbeschränkte Haushalte häufiger auf einen solchen angewiesen sind. Aus Sicht der Finanzinstitute fällt somit ein Teil des Hypothekargeschäfts weg ­ bei gleichzeitig wachsendem Anteil riskanter Kredite. Nach Abschluss der Anpassungsvorgänge dürfte die Verschuldung im neuen System jedoch dann zurückgegangen sein.

­

Indirekte Effekte: Sofern weniger (hochpreisige) Renovationen getätigt werden und der Fremdfinanzierungsgrad von Wohneigentum zurückgeht, hat dies negative Rückwirkungen auf die Wertschöpfung im Bau- und Finanzsektor.

Auch Vorleistungserbringer dieser Branchen könnten negativ betroffen sein.

Allerdings ist davon auszugehen, dass dem Verlust an Wertschöpfung in diesen Sektoren ein Zuwachs an Wertschöpfung in anderen Sektoren, beispielsweise Baumarktketten, gegenübersteht. Letztere könnten sich einer grösseren 39 / 48

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Nachfrage erfreuen, weil von Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern vermehrt Eigenleistungen vorgenommen werden. Auch nicht ausgeschlossen ist, dass vermehrt Handwerkerleistungen nachgefragt werden, ohne dass diese deklariert werden («Schwarzarbeit»). Typischerweise dürfte dies Arbeiten betreffen, die eher arbeits- als kapitalintensiv sind und keinen regulatorischen Vorgaben unterliegen. Beispiele hierfür sind Pinselrenovationen, das Tapezieren von Wänden oder die Verlegung von Böden. In diesem Fall entgehen der öffentlichen Hand Einnahmen bei der Einkommens-, der Gewinn- und der Mehrwertsteuer sowie bei den Sozialversicherungsbeiträgen.

In der Summe dürften die direkten realwirtschaftlichen Konsequenzen der Reform beim Beschluss der Kommissionsmehrheit relativ gewichtig ausfallen, während sie beim Antrag der Kommissionsminderheit überschaubar blieben. Bei beiden Varianten sind Vermögensumschichtungen zu erwarten, die gemäss Mehrheit jedoch grösser ausfallen. Diese Vermögensumschichtungen tragen dazu bei, die Bruttoverschuldung und eventuell auch die Nettoverschuldung der privaten Haushalte zu reduzieren. Die Reform hätte somit langfristig positive Rückwirkungen auf die Realwirtschaft, da ein stabiles Finanzsystem, das sich durch eine tragfähige Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte auszeichnet, eine grundlegende Bedingung für deren Funktionsfähigkeit darstellt.

4.4

Verteilungseffekte

Unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten ist zum einen das Verhältnis zwischen Wohneigentümerinnen und Wohneigentümern und Mieterinnen und Mietern bei identischer Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Hierbei ist entscheidend, ob die Reform aufkommensneutral ausgestaltet werden kann oder mit Minder- bzw. Mehreinnahmen einhergeht. Zum anderen ist das Verhältnis zwischen eigen- und fremdfinanzierten Kapitalanlagen zu beleuchten. Dazu lässt sich Folgendes festhalten: ­

Eine Frage, die sich stellt, ist die, ob die Mieterinnen und Mieter ihr Vermögen in Werte investieren, die einen steuerbaren Vermögensertrag oder einen steuerfreien Kapitalgewinn abwerfen. Trifft Ersteres zu, dann sind sie gegenüber selbstfinanzierenden Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern benachteiligt. Investieren sie indessen in Vermögenswerte, mit denen mehrheitlich ein steuerfreier Kapitalgewinn generiert wird, dann vermag ein Systemwechsel die horizontale Steuergerechtigkeit (zwischen Personen gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) im Vergleich zu den selbstfinanzierenden Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern einzuhalten.

­

Analoge Überlegungen lassen sich für fremd- und eigenfinanzierte Kapitalanlagen bei gleichem Nettovermögen und gleichem Einkommen anstellen.

Fremdfinanzierte Kapitalanlagen, die einen steuerbaren Vermögensertrag abwerfen, sind im Nachteil. Grundsätzlich sind aber alle Haushalte mit hohen Schuldzinsen von einem Schuldzinsenabzugsverbot betroffen. Dies betrifft mehrheitlich Immobilienbesitzerinnen und -besitzer, vereinzelt aber auch Haushalte, die unternehmerisch tätig sind, sowie Mieterinnen und Mieter, die

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einen Konsumkredit beziehen bzw. kreditfinanzierte Wertschriftenportfolios halten.

­

Weiter wirkt sich die Reform bei einem Schuldzinsenabzugsverbot von besonders nachteilig auf Besitzerinnen und Besitzer von Zweit- und Renditeliegenschaften aus, sofern es diesen nicht gelingt, den erhöhten Aufwand zu überwälzen. Allerdings entstehen infolge der Reform langfristig Mehreinnahmen, die Mehrausgaben oder Steuersenkungen erlauben würden. Die konkreten Verteilungswirkungen der Reform hängen somit stark von der Verwendung der Mehreinnahmen ab. Da der Vorschlag der Kommissionsminderheit dagegen langfristig zu einer grob aufkommensneutralen Reform führen würde, wären die Verteilungseffekte in diesem Fall wohl überschaubar.

­

Aufgrund der Tragweite der Reform lassen sich keine gefestigten Aussagen in Bezug auf ärmere und reichere Wohneigentümerhaushalte machen, da gerade letztere Gruppe die Möglichkeit hat, sich steueroptimal an die neuen Verhältnisse anzupassen. Grundsätzlich haben Rentnerhaushalte, die in der Tendenz ein unterdurchschnittliches steuerbares Einkommen ausweisen, typischerweise eine tiefere Zinsbelastung und einen positiven Nettoeigenmietwert. Sie gehören zu den potenziellen Gewinnern der Reform. Auf der anderen Seite müssen gerade junge Haushalte, die noch nicht so viel Eigenkapital aufbauen konnten, ihr Eigenheim stärker fremdfinanzieren. Sie kommen jedoch in den Genuss des Ersterwerberabzugs, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Wer ein stark renovationsbedürftiges Eigenheim erwirbt, kann nach dem Systemwechsel die darauf entfallenden Aufwendungen bei der direkten Bundessteuer steuerlich nicht mehr geltend machen. Bei den Kantons- und Gemeindesteuern können zumindest die Abzüge für Energiesparen, Umweltschutz, Denkmalpflege und Rückbau geltend gemacht werden, sofern dies das kantonale Recht vorsieht.

In der Summe kann die Reform bei einem Schuldzinsenabzugsverbot zu spürbaren Verteilungseffekten führen: Die Haushalte mit hohen Schuldzinsen stünden im Vergleich zum Status quo schlechter da. Mehrheitlich wären davon Immobilienbesitzerinnen und -besitzer betroffen, insbesondere jene, die über Zweit- und Renditeliegenschaften verfügen und den daraus resultierenden Ertrag weiterhin versteuern müssen.

Allerdings führt die Reform langfristig zu umfangreichen Mehreinnahmen, sodass es letztendlich vom politischen Gestaltungswillen abhängt, welche gesellschaftlichen Gruppen überproportional von den Mehrausgaben oder Steuersenkungen profitieren würden. Beim Antrag der Kommissionsminderheit wären die Verteilungseffekte überschaubar, da dieser in seiner Wirkung langfristig grob aufkommensneutral wäre.

5

Rechtliche Grundlagen

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Zuständigkeit des Bundes im Bereich der direkten Steuern ist in den Artikeln 127 und 128 BV verankert. Artikel 127 legt die allgemeinen Grundsätze der Besteuerung

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fest, während Artikel 128 dem Bund die Kompetenz verleiht, direkte Steuern zu erheben. Artikel 129 BV gibt dem Bund zusätzlich die Kompetenz, Grundsätze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden festzulegen. Die Harmonisierung erstreckt sich dabei auf die Steuerpflicht, den Gegenstand und die zeitliche Bemessung der Steuern, das Verfahrensrecht sowie das Steuerstrafrecht. Von der Harmonisierung ausgenommen bleiben insbesondere die Steuertarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge.

Im Bereich der direkten Steuern ist neben dem Verfassungsgebot der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) vor allem die Konkretisierung durch das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) zu beachten.

Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung verstösst ein Erlass gegen das Gebot der Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet werden, je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen.38 Nach herrschender Lehre bedarf es für die Berücksichtigung von ausserfiskalischen Zielsetzungen im Steuerrecht entweder einer expliziten Verfassungsnorm, die vorsieht, dass das Förderziel durch steuerliche Massnahmen verfolgt werden soll (Bsp.: Art. 111 Abs. 4 BV zugunsten der Selbstvorsorge), oder es bedarf zumindest einer verfassungsrechtlichen Sachkompetenz, um ein bestimmtes Förderziel zu verfolgen (Bsp.: Art. 108 BV zugunsten der Wohneigentumsförderung). Der letztgenannte allgemeine Auftrag des Bundes stellt ein staatspolitisches Ziel mit Verfassungsrang dar.

Demnach trifft der Bund Massnahmen zur Förderung des Erwerbs von Wohnungsund Hauseigentum Privater sowie des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Die Förderung ist somit auf den Erwerb von Wohneigentum zum Eigenbedarf oder zu gemeinnützigen Zwecken begrenzt. Steuerliche Massnahmen bleiben im Unterschied zum Artikel 111 Absatz 4 BV, der die Altersvorsorge regelt, unerwähnt, werden jedoch auch nicht ausgeschlossen.

Der Bundesgesetzgeber hat im
Rahmen eines Systemwechsels bei der Wohneigentumsbesteuerung einen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung der verbleibenden Abzüge. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesgericht lediglich eine undifferenzierte Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung, d. h. eine Streichung des bisher steuerbaren Nutzungswerts ohne Anpassungen aufseiten der Abzüge, als verfassungswidrig erklärt. Dies trifft beim vorliegenden Systemwechsel nicht zu. Die verbleibenden Abzüge werden aufgehoben oder zumindest stark eingeschränkt.

Der Kommission ist bewusst, dass die Streichung jeglicher Schuldzinsenabzüge gemäss Mehrheit den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit strapaziert, können doch auf diese Weise auch die Hypothekarzinsen auf vermieteten oder verpachteten Liegenschaften, die grundsätzlich Gewinnungskosten darstellen, nicht mehr abgezogen werden. Das gleiche Problem stellt sich bei den

38

BGE 112 Ia 240 E. 4a)

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selbstgenutzten Zweitliegenschaften. Aus ebendiesem Grund möchte die Kommissionsminderheit, die ebenfalls eine Einschränkung der privaten Verschuldungsanreize anstrebt, private Schuldzinsen weiterhin in einem bestimmten Umfang (70%) zum Abzug zulassen, sofern steuerbare Vermögenserträge erzielt werden.

Als neuer ausserfiskalisch motivierter Abzug kommt der sogenannte Ersterwerberabzug hinzu, der sich nach Auffassung der Kommission aus der in der Bundesverfassung explizit verankerten Wohnbau- und Wohneigentumsförderung ableitet. Als Fördermassnahme muss und kann der Ersterwerberbzug dem Gleichbehandlungsgebot nicht umfassend genügen. Er soll dafür sorgen, dass einzelne Personen geringer belastet werden, damit ihnen mehr Mittel für ein vom Gemeinwesen als förderungswürdig erachtetes Verhalten (Erwerb von Wohneigentum) bleiben. Die zeitliche und betragsmässige Beschränkung der Massnahme stellt deren Verhältnismässigkeit sicher.

Die Eigennutzung von Vermögenswerten wird im Schweizer Steuerrecht nur dann besteuert, wenn der Gesetzgeber dies ­ wie im Fall der Eigenmietwertbesteuerung ­ ausdrücklich anordnet. Die Nichtbesteuerung endogener Vermögenszugänge (Wertzugänge aus Eigenleistungen und aus Eigennutzung von Vermögenswerten) ist somit die Regel und deren Besteuerung die Ausnahme. Die vorgesehene Beibehaltung des Eigenmietwerts auf Zweitliegenschaften oder Zweitliegenschaftsteilen ist aber insoweit verfassungsmässig, als Artikel 108 Absatz 1 BV nur den «Eigenbedarf Privater», d. h. den Erstwohnsitz, als förderungswürdig erachtet. Eine gegenüber andern Luxusgütern wie Bildersammlungen, Flugzeugen, Yachten und dergleichen unterschiedliche Besteuerung von Zweitliegenschaften kann mit Praktikabilitätsgründen und dem Erfordernis der Erhebungswirtschaftlichkeit begründet werden.

5.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält eine Delegationsnorm zum Erlass von Verordnungsrecht (Übergangsbestimmung); das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat als Verordnungsinstanz innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens Rechtsetzungsbefugnis. Dies betrifft konkret die Verordnung des EFD vom 24. August 1992 über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien. Diese Delegation ist erforderlich, weil sie Regelungen betrifft, deren Konkretisierungsgrad die Gesetzesebene überschreiten würde.

6

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Es bestehen keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz, die dem Vorhaben entgegenstehen.

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7

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Besteuerung des Eigenmietwerts ist im europäischen Umfeld die Ausnahme. Lediglich Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Italien und Spanien kennen eine Form der Eigenmietwertbesteuerung. Allerdings wird in Dänemark der Eigenmietwert nur dann herangezogen, wenn keine Liegenschaftssteuer erhoben wird, in Luxemburg basiert der Eigenmietwert auf Katasterwerten von 1941, in den Niederlanden beträgt der Bruttoeigenmietwert gerade einmal 0,55 Prozent des Marktwerts, und in Italien bzw. Spanien wird der Eigenmietwert am Erstwohnsitz nicht erhoben.39 In Italien und Spanien handelt es sich um eine Steuer, mit welcher ein Export der Steuerlast auf (mehrheitlich reiche) Ausländerinnen und Ausländer bezweckt wird, die sich in den beiden Ländern eine Ferienimmobilie leisten.

39

Eine detaillierte Beschreibung der Situation im europäischen Ausland bieten: «Die Besteuerung der Eigenmietwerte» der von der Schweizerischen Steuerkonferenz herausgegebenen Steuerinformationen (2015): www.estv.admin.ch/estv/de/home/ allgemein/steuerinformationen/fachinformationen/schweizerisches-steuersystem/dossiersteuerinformationen.html > Die Besteuerung der Eigenmietwerte und Serena Fatica / Doris Prammer: Housing and the Tax System: How Large Are the Distortions in the Euro Area? in: Fiscal Studies, Bd. 39, Nr. 2, 2018, S. 299­342: https://onlinelibrary.wiley.com/ doi/abs/10.1111/1475-5890.12159.

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Anhang

Steuerrechtliche Folgen des Systemwechsels: Geltendes Recht versus Mehrheitsbeschluss

Eigenmietwert / Miet- oder Pachterträge

Liegenschaftsunterhalt (werterhaltende Aufwendungen)

Nutzung

Geltendes Recht DBG

Geltendes Recht StHG

E-DBG

E-StHG

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Steuerbar (Art. 21 Abs. 1 Bst. b)

Steuerbar (Art. 7 Abs. 1)

Steuerfrei

Steuerfrei

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Steuerbar (Art. 21 Abs. 1 Bst. b)

Steuerbar (Art. 7 Abs. 1)

Wie geltendes Recht (Art. 21 Abs. 1 Bst. b)

Wie geltendes Recht (Art. 7 Abs. 1)

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Abzugsberechtigt (Art. 9 Abs. 3)

Nicht abzugsberechtigt

Nicht abzugsberechtigt

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Abzugsberechtigt (Art. 9 Abs. 3)

Wie geltendes Recht (Art. 32a Abs. 1)

Wie geltendes Recht (Art. 9a Abs. 1)

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Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen

Abzugsvortrag für Energiesparund Umweltschutzmassnahmen

Denkmalpflegerische Arbeiten

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Nutzung

Geltendes Recht DBG

Geltendes Recht StHG

E-DBG

E-StHG

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. a)

Nicht abzugsberechtigt

Zeitlich beschränkt (Art. 78h Abs. 2)

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. a)

Nicht abzugsberechtigt

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2bis)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3bis)

Nicht abzugsberechtigt

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2bis)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3bis)

Nicht abzugsberechtigt

Zeitlich beschränkt (Art. 78h Abs. 3)

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 3)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. b)

Wie geltendes Recht (Art. 32 Abs. 2)

Wie geltendes Recht (Art. 9b Abs. 5)

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 3 DBG)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. b)

Wie geltendes Recht (Art. 32 Abs. 2)

Wie geltendes Recht (Art. 9a Abs. 3 Bst. b)

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. a)

Nicht abzugsberechtigt

Wie geltendes Recht (Art. 9b Abs. 4)

Zeitlich beschränkt (Art. 78h Abs. 2)

Zeitlich beschränkt (Art. 78h Abs. 3)

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Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau

Abzugsvortrag für Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau

Nutzung

Geltendes Recht DBG

Geltendes Recht StHG

E-DBG

E-StHG

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3 Bst. a)

Nicht abzugsberechtigt

Wie geltendes Recht (Art. 9a Abs. 2)

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2bis)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3bis)

Nicht abzugsberechtigt

Wie geltendes Recht (Art. 9b Art. 4)

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt (Art. 32 Abs. 2bis)

Kann-Vorschrift (Art. 9 Abs. 3bis)

Nicht abzugsberechtigt Wie geltendes Recht (Art. 9a Abs. 3)

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Allgemeiner Schuldzinsenabzug

Nutzung

Geltendes Recht DBG

Geltendes Recht StHG

E-DBG

E-StHG

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz

Abzugsberechtigt (Art. 33 Abs. 1 Bst. a erster Satz)

Abzugsberechtigt (Art. 9 Abs. 2 Bst. a)

Nicht abzugsberechtigt

Nicht abzugsberechtigt

Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften

Abzugsberechtigt Abzugsberechtigt (Art. 33 Abs. 1 Bst. a ers- (Art. 9 Abs. 2 Bst. a) ter Satz)

Nicht abzugsberechtigt

Nicht abzugsberechtigt

Kein zusätzlicher Abzug

Kein zusätzlicher Abzug

Zusätzlicher Abzug (Art. 33a)

Zusätzlicher Abzug (Art. 9b Abs. 1 ­ 4)

Kein zusätzlicher Abzug

Kein zusätzlicher Abzug

Kein zusätzlicher Abzug

Kein zusätzlicher Abzug

Selbstbewohntes Wohneigentum am Wohnsitz Schuldzinsen von Ersterwerbern

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Selbstgenutzte Zweitliegenschaften Vermietete oder verpachtete Liegenschaften