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zu 21.477 Parlamentarische Initiative Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 23. August 2021 Stellungnahme des Bundesrates vom 17. September 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 23. August 20211 betreffend die parlamentarische Initiative 21.477 «Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. September 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Mit der Ablehnung des neuen CO2-Gesetzes vom 25. September 20202 in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 drohen die Verminderungsverpflichtungen für die Befreiung von der CO2-Abgabe und die CO2-Kompensationspflicht der Treibstoffimporteure Ende 2021 auszulaufen.

Am 21. Juni 2021 reichte die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) mit 18 zu 7 Stimmen die parlamentarische Initiative 21.477 «Verlängerung des Reduktionszieles im geltenden CO2-Gesetz» ein. Die parlamentarische Initiative verlangt, das gesetzliche Reduktionsziel bis Ende 2024 fortzuschreiben und die Weiterführung befristeter Instrumente zu ermöglichen. Die Schwesterkommission des Ständerates (UREK-S) hat der parlamentarischen Initiative am 12. August 2021 einstimmig Folge gegeben.

An der Sitzung vom 23. August 2021 hat die UREK-N den Entwurf beraten. Sie nahm die Gesetzesänderungen mit 18 zu 7 Stimmen an und unterstrich damit ihre Absicht, eine Regulierungslücke zu verhindern und bis Ende 2024 eine Übergangslösung zu schaffen.

Am 31. August 2021 unterbreitete die UREK-N ihren Bericht vom 23. August 20213 dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Am 17. September 2021 hat der Bundesrat eine Aussprache geführt und das Eidgenössische Departement für Verkehr, Energie und Kommunikation beauftragt, bis Ende Jahr eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hatte mit seiner Botschaft vom 1. Dezember 20174 zur Totalrevision des CO2-Gesetzes nach 2020 seinen Vorschlag für die Umsetzung des Übereinkommens von Paris5 bis ins Jahr 2030 dem Parlament unterbreitet. Dieser sah vor, das Verminderungsziel von 50 Prozent bis 2030 zu mindestens 60 Prozent mit Massnahmen im Inland und maximal 40 Prozent im Ausland zu erreichen. Bei der Beratung hat das Parlament den Instrumentenmix ausgebaut mit dem Anspruch, mindestens 75 Prozent der Verminderung im Inland zu erzielen. Diese Vorlage hat das Volk am 13. Juni 2021 abgelehnt mit der Konsequenz, dass ab 2022 kein gesetzliches Verminderungsziel mehr gilt und der Bundesrat somit die Importeure fossiler Treibstoffe nicht zur CO2-Kompensation verpflichten kann. Zudem werden von der CO2-Abgabe

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BBl 2020 7847 www.parlament.ch > Geschäfte > Nr. 21.477 BBl 2018 247 Der Text des Übereinkommens ist in französischer Sprache im Internet abrufbar unter https://unfccc.int > Processus et réunions > L'Accord de Paris.

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befreite Unternehmen mit einer Verminderungsverpflichtung ab 2022 abgabepflichtig.

Die mit der pa. Iv. 21.477 von der UREK-N vorgeschlagene Anpassung des CO2Gesetzes unterstützt der Bundesrat ausdrücklich. Der mit der pa. Iv. 21.477 gemäss Artikel 3 Absatz 1bis eingeschlagene Absenkpfad von 1,5 Prozent pro Jahr gegenüber 1990 wird jedoch nicht ausreichen, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 zu halbieren und das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Es wird eine grosse Herausforderung sein, den Wegfall von Massnahmen, die in der Totalrevision vorgesehen gewesen wären, und die zeitliche Verzögerung, bis wiederum ein Nachfolgegesetz in Kraft treten kann, wettzumachen. Im Einklang mit den Grundsätzen gemäss der langfristigen Klimastrategie des Bundesrates vom 27. Januar 2021 soll dabei die Emissionsminderung im Inland im Vordergrund stehen. Allerdings ist es essenziell, bereits ab 2022 auch Massnahmen im Ausland zuzulassen. Denn nach 2024 muss deren Anteil voraussichtlich wesentlich höher sein als die maximal zulässigen 25 Prozent gemäss Artikel 3 Absatz 1ter, damit die Schweiz ihre internationale Verpflichtung einhalten kann.

Die Möglichkeit für Auslandmassnahmen ist ein wichtiges Signal an die potenziellen Gastländer, mit denen bilaterale Abkommen für die Durchführung von Klimaschutzprojekten bereits abgeschlossen oder in Verhandlung sind. Weil Vorhaben im Ausland mit einer länderspezifischen Aufbauarbeit und daher einer längeren Vorlaufzeit verbunden sind, brauchen auch die Importeure fossiler Treibstoffe eine über das Jahr 2024 hinausgehende Perspektive. Sie müssen einerseits den Transfer der Verminderungsleistung vertraglich absichern und andererseits die Finanzierung vorausplanen.

Dass der Bundesrat die Kompensationspflicht dank der Ergänzung in Artikel 26 Absatz 2 neu auf die Entwicklung der Verkehrsemissionen und somit losgelöst von einem Verminderungsziel festlegen kann, erhöht die Investitionssicherheit. Einerseits sorgt diese Bestimmung für den Fall vor, dass ein Nachfolgegesetz nicht wie vorgesehen auf 2025 in Kraft treten kann. Andererseits erlaubt sie dem Bundesrat, in Abhängigkeit von der Entwicklung der Verkehrsemissionen den maximal möglichen Kompensationssatz von 40 Prozent auszuschöpfen. Für die Zeit nach 2024 geht der Bundesrat davon aus, dass der Auslandanteil an der
Kompensationspflicht beträchtlich angehoben werden muss.

Die im Inland potenziell mögliche CO2-Kompensation ist ­ bei unveränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen ­ eng mit der Frage verknüpft, ob die bis Ende 2023 befristeten Steuererleichterungen von nachhaltig produzierten biogenen Treibstoffen verlängert wird. Biogene Treibstoffe waren mit einer Verminderungsleistung von 0,6 Millionen Tonnen CO2 die bedeutendste Kompensationsmassnahme. Erst die kombinierten Anreize aus Steuererleichterungen und CO2-Kompensationspflicht haben zu einer substanziellen Zunahme des Absatzes von erneuerbaren Treibstoffen mit den resultierenden Emissionsverminderungen geführt. Im Interesse der Investitionssicherheit ist die Frage, inwieweit die Steuererleichterungen weitergeführt werden, rasch zu klären. Die von Nationalrat Page am 17. Juni 2021 eingereichte parlamentarische Initiative6 bietet hierzu Gelegenheit.

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21.466, «CO2-Reduktion oder Preiserhöhung für biogene Treibstoffe»

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Unternehmen, die eine hohe CO2-Abgabelast zu tragen hätten und deswegen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würden, sollen sich weiterhin befreien können.

Die im Gegenzug geforderte einheitliche Absenkung der Treibhausgasemissionen um 2 Prozent ist pragmatisch und vereinbar mit den Zielwerten für Grossverbraucher gemäss den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich.

Die Schaffung einer Gesetzesgrundlage für Informations- und Dokumentationssysteme in Artikel 40c erlaubt die elektronische Abwicklung von Gesuchen und verringert den administrativen Aufwand bei den Unternehmen und den Behörden.

Der Bundesrat unterstützt die Kommissionsmehrheit in der Absicht, die Vorlage im Sinne einer raschen Übergangslösung auf die Weiterführung von unbestrittenen und essenziellen Instrumenten des geltenden Rechts zu fokussieren. Allfällige weitere Massnahmen sollen im Rahmen eines Nachfolgegesetzes geprüft werden.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt die Zustimmung zum Entwurf der UREK-N und die Ablehnung sämtlicher Minderheitsanträge.

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