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Dritte Nachkontrolle: Expertenbeizug in der Bundesverwaltung Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der GPK-S vom 26. Januar 2021 vom 19. März 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) vom 26. Januar 20211 mit dem Titel «Dritte Nachkontrolle: Expertenbeizug in der Bundesverwaltung» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 19. März 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1 Ausgangslage Der Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) vom 26. Januar 2021 basiert auf den Erkenntnissen aus dem Bericht der GPK-S vom 13. Oktober 20062 «Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung» und der diesbezüglichen ersten und zweiten3 Nachkontrolle.

Die nun dritte4 erweiterte Nachkontrolle basiert auf den Erkenntnissen der Kurzevaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) vom 18. März 20205. Der Fokus der Analyse wurde dabei auf die folgenden Aspekte gelegt: Dezemberzahlungen, Folgeaufträge, Beschaffungskategorien, Politikberatungsmandate und Vertragsmanagement im Beschaffungscontrolling. Die vorliegende Stellungnahme des Bundesrates nimmt zu den Feststellungen und Empfehlungen der GPK-S nachfolgend Stellung.

Der Bundesrat dankt der Kommission für ihre langjährige Begleitung und Unterstützung des Beschaffungswesens der Bundesverwaltung. Er nimmt positiv zur Kenntnis, dass die Kommission auch erzielte Fortschritte würdigt. Der Bundesrat unterstreicht die Notwendigkeit der Fortsetzung dieser Anstrengungen im Sinne von Artikel 2 (Zweck) des Bundesgesetzes vom 21. Juni 20196 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB).

Im weiteren Kontext dieser Anstrengungen ist erwähnenswert, dass der Bundesrat am 28. Oktober 2020 eine Beschaffungsstrategie der Bundesverwaltung verabschiedet hat.7 Darin werden für die Strategieperiode 2021­2030 konkrete Stossrichtungen und beschaffungsstrategische Ziele für die Entwicklung im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes festgelegt. Neben der Harmonisierung der Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen ist die Neuausrichtung des öffentlichen Beschaffungswesens hin zu mehr Nachhaltigkeit, Qualitätswettbewerb und Innovation ein Hauptziel der Revision. Zusammen mit dem revidierten BöB sind durch diese Neuerungen wichtige weitere Meilensteine erreicht bzw. abgesteckt.

Mit den Programmen SUPERB (Erneuerung SAP-Landschaft) und GENOVA@BIL (Nutzung der Geschäftsverwaltungslösung) werden zudem die Standardisierung, Harmonisierung und Digitalisierung der Beschaffungsprozesse einen wesentlichen Schub erhalten, der die von der Kommission verfolgten Ziele und Absichten weiter unterstützen wird.

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BBI 2007 1661 BBI 2016 523 BBI 2021 1883 Expertenbeizug in der Bundesverwaltung: Kurzevaluation im Rahmen einer Nachkontrolle. Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 18. März 2020 zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats.

SR 172.056.1 www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilungen > 28.10.2020

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2 Beurteilung der Dezemberzahlungen durch die GPK-S Empfehlung 1:

Wirksame vertiefte Analysen von auffälligen Zahlungen

Der Bundesrat wird aufgefordert, sicherzustellen, dass auffällige Zahlungen einer wirksamen vertieften Analyse unterzogen werden und die Departemente ihre Aufgabe diesbezüglich tatsächlich wahrnehmen.

Empfehlung 2: Periodisch wiederkehrende Analyse Der Bundesrat wird zudem aufgefordert, weiterhin sicherzustellen, dass Zahlungen Ende Jahr nicht lediglich getätigt werden, um Kreditreste auszuschöpfen. Insbesondere fordert die GPK-S den Bundesrat auf, eine periodisch wiederkehrende Analyse der Zahlungen der Verwaltungseinheiten im Dezember vorzunehmen und deren Resultate ins Reporting Set Beschaffungscontrolling zu integrieren.

Der Bundesrat legt grossen Wert auf einen zielgerichteten und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel. In den letzten Jahren wurden deshalb nicht nur die rechtlichen Grundlagen und Instrumente des Beschaffungswesens prinzipiell erweitert, sondern auch die finanzielle und inhaltliche Führungs- und Steuerungssystematik ausgebaut. Der Bundesrat geht mit der GPK-S einig, dass unnötige Ausgaben vermieden werden sollen ­ nicht nur im Dezember, sondern über das ganze Jahr.

Die bestehenden Instrumente, etwa die Möglichkeit, Kredite auf das Folgejahr zu übertragen oder Reserven zu bilden, genügen nach Auffassung des Bundesrates, einen allfälligen Missbrauch in Form des «Dezemberfiebers» zu vermeiden. Vorauszahlungen ohne erfolgte Leistung oder Lieferung sind zudem nach den Richtlinien des Neuen Rechnungsmodells Bund (NRM) nicht zulässig.

Die Gebote der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie die neuen Führungs- und Steuerungsinstrumente, die mit dem Neuen Führungsmodell Bund (NFB) eingeführt wurden, genügen nach seiner Auffassung, einen allfälligen Missbrauch zu verhindern.

Die für das Jahr 2017 vertiefte Analyse zu den Dezemberzahlungen hat ebenfalls keine Hinweise auf ein «Dezemberfieber» geliefert. Die Untersuchung hat alle Verwaltungseinheiten des Bundes umfasst. Das mehrstufige Analyseverfahren hat eine vertiefte Betrachtung möglicher Problemfelder erlaubt. Die Prüfung und Beurteilung im Einzelfall wurde richtigerweise auf Stufe der Verwaltungseinheiten und Departemente vorgenommen. Dort ist das nötige inhaltliche Wissen über die Beschaffungen vorhanden.

Der Bundesrat nimmt die Empfehlungen zur Kenntnis. Ihm liegen aber keine Hinweise auf die Existenz eines «Dezemberfiebers» vor. Auch die GPK-S konnte dafür keinen Nachweis vorlegen. Zudem kann die Notwendigkeit einer Ausgabe je nach politischem Standpunkt unterschiedlich beurteilt werden. Angesichts dessen erachtet es der Bundesrat als verfehlt, die knappen Ressourcen in die Suche nach diesem Phänomen zu investieren und weitere aufwendige Prüfungen durchzuführen.

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Um eine noch weitergehende Analyse im Sinne einer Qualitätsverbesserung zu erreichen, sollen im Rahmen des Programmes SUPERB zudem das Lieferantenmanagement wie auch das Stammdatenmanagement (Master Data Governance) ausgebaut werden. Dadurch werden die Lieferantensteuerung sowie die Analysemöglichkeiten für das Beschaffungscontrolling weiter optimiert. So wird beispielsweise die Zuordnung pro Lieferant auf einen eindeutigen Kreditor möglich sein. Allfällige Auffälligkeiten in Bezug auf Jahresendzahlungen oder unangemessene Folgeaufträge können dann voraussichtlich noch besser identifiziert werden.

Die Departemente sind sich der Bedeutung des ordnungsgemässen und wirkungsvollen Einsatzes externer Güter und Leistungen bewusst und erachten es als ihre fortdauernde Aufgabe, die Mittel abgestimmt auf den Auftrag zielgerichtet einzusetzen.

3 Folgeaufträge (sog. «Hoflieferantentum») Empfehlung 3: Wirksame Überprüfung der Auffälligkeiten bei Folgeaufträgen Der Bundesrat wird aufgefordert, einen wirksamen Mechanismus einzuführen, der sicherstellt, dass die aufgedeckten Auffälligkeiten bei Folgeaufträgen zweckmässig und mit der nötigen Sorgfalt überprüft werden.

Der Bundesrat begrüsst die Einschätzung der Kommission, wonach die durchgeführten Analysen des Beschaffungscontrollings zu den Folgeaufträgen als angemessen beurteilt werden. Die Kommission bemängelt hingegen, dass die Erklärungen und Beurteilungen der Verwaltungseinheiten im Rahmen dieser Analyse nicht verifiziert werden. Die Aussagen würden demnach zu heterogen ausfallen.

Der Anteil der untersuchten Beschaffungen der Beschaffungskategorie «18 Dienstleistungen», die keine Auffälligkeiten in Bezug auf Folgeaufträge vorweisen, hat sich über die vergangenen Jahre stetig erhöht. Für die Berichtsperiode 2015­2018 liegt dieser Anteil bei über 91 Prozent. Im Berichtszeitraum 2016­2019 konnte dieser Wert abermals auf nun über 92 Prozent gesteigert werden.

Für die restlichen Beschaffungen dieser Kategorie liegen Aussagen zum weiteren Vorgehen vor (Auftragsverhältnis wird beendet, wird in Zukunft ausgeschrieben), oder es werden konkrete Begründungen für die Fortsetzung des Auftragsverhältnisses genannt.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt eine laufende Verbesserung der Situation. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die bestehenden rechtlichen Grundlagen, Verfahren und Controllinginstrumente ausreichen, um dem Thema der Folgeaufträge insgesamt angemessen zu begegnen. Im Sinne eines wirksamen Mechanismus wird im Reporting-Set Beschaffungscontrolling der Fokus auf Departemente gelegt, die aufgrund der aktuellen Zahlen zu den Folgeaufträgen vergleichsweise hohe Anteile aufweisen. Zusammen mit den Departementen sollen hier vertiefte Prüfungen vorgenommen werden.

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Die Kommission fordert weitergehende interne Aufsichtsmassnahmen, um die Angaben der Verwaltungseinheiten zu prüfen. Es liegen derzeit keine Verdachtsmomente vor, dass Verwaltungseinheiten unwahre oder irreführende Angaben machen. Das Funktionieren der Bundesverwaltung basiert wesentlich auch auf gegenseitigem Vertrauen. Mit dem stetigen Ausbau des Beschaffungscontrollings ist die Überprüfung der Vorgänge richtigerweise laufend erweitert worden. Auch in Zukunft werden neue Anforderungen angemessen berücksichtigt.

Die Kommission bemängelt darüber hinaus, dass nicht sämtliche Departemente eigene Reporting-Sets zum Beschaffungscontrolling erstellen. Wie festgehalten wird, liegt die Zuständigkeit für das Controlling im jeweiligen Bereich der Departemente (Art. 21 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19988, RVOV). Dort ist sie aus Sicht des Bundesrates richtigerweise angesiedelt, zudem die RVOV auch regelt, dass die Departemente ihr Controlling mit demjenigen des Bundes abstimmen. Die Frage, ob nicht jedes Departement des Bundes ein eigenes Reporting-Set Beschaffungscontrolling erstellen müsste, soll hingegen an einer der kommenden Sitzungen der Interdepartementalen Arbeitsgruppe Beschaffungen, Immobilien und Logistik (IDA BIL) behandelt werden.

4 Beschaffungskategorien Empfehlung 4: Aussagekräftige Kategorien im Beschaffungswesen Der Bundesrat sorgt dafür, dass im Beschaffungswesen aussagekräftige Kategorien geschaffen werden, die auch eine klare Trennung bei der Zuteilung zulassen.

Die GPK-S fordert den Bundesrat deshalb auf, dass die Erkenntnisse aus der Kurzevaluation der PVK in die Arbeiten der interdepartementalen Arbeitsgruppe einfliessen. Ziel dabei ist es, dass das Beschaffungscontrolling des Bundes sowohl über die Anzahl als auch über das Zahlungsvolumen von politikorientierten Beratungsmandaten verlässlich Auskunft gibt.

Die Liste der Beschaffungskategorien wird laufend verfeinert und deswegen periodisch ­ in der Regel jährlich ­ überprüft und entsprechend den neusten Entwicklungen und Bedürfnissen angepasst. Verantwortlich für diese Liste ist die erwähnte IDA BIL.

Während der Kurzevaluation der PVK zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung im Jahr 2020 liefen bereits entsprechende Anpassungs- und Erweiterungsarbeiten, die auf den 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt werden konnten.

In der Kategorie 18.8 der politikorientierten Mandate ist z. B. neu explizit aufgeführt, dass Projektumsetzungen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit der betreffenden Beschaffungskategorie 18.13 zuzuweisen sind.

Die Beschaffungskategorie 18.8 «Politikorientierte Beratung» umfasst Beratungsleistungen zu verschiedenen Politikfeldern. Für diese Kategorie sind die folgenden erläuternden Beispiele aufgeführt: 8

SR 172.010.1

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Grundlageninformationen zur Gestaltung und zum Vollzug einer Politik;

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Vollzugskonzepte für eine Politik;

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Evaluationen von politischen Entscheidungen, Wegleitungen für politische Zwecke;

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politische Studien (inkl. Datenerhebungen);

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externe Leistungen, welche die operative Umsetzung einer Politik unterstützen;

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Expertentätigkeit in Bezug auf eine politische Strategie.

Die Einschätzung der PVK, wonach diese Kategorie 18.8 von der Bundesverwaltung bei der Einordnung der Mandate gemieden werde, teilt der Bundesrat nicht. Es liegen dazu keine Indizien vor. Dennoch soll diese Vermutung an einer der nächsten Sitzungen der IDA BIL mit den Departementsvertreterinnen und -vertretern thematisiert werden, um auf diesem Weg nochmals zu unterstreichen, wie wichtig es ist, dass Beschaffungen den Beschaffungskategorien korrekt zugeordnet werden. Diese richtige Zuordnung bildet die Grundlage für verlässliche Informationen.

Die IDA BIL wird im Rahmen der nächsten Überarbeitung der Beschaffungskategorien ausserdem überprüfen, ob die erfolgten Anpassungen der Empfehlung der Kommission bestmöglich nachkommen. Allfällige weitere Optimierungen würden in die Überarbeitungsperiode 2021 einfliessen, d. h. auf den 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt.

Wunschgemäss wird die IDA BIL mit den Erkenntnissen der Kurzevaluation der PVK bedient. Die Themen sollen wie bereits erwähnt aufgenommen werden.

5 Schlussbemerkung Dem Beschaffungswesen kommt in der Erfüllung der Bundesaufgaben eine zentrale Bedeutung zu. Die Entwicklung der betreffenden Instrumente und Prozesse wird als eine kontinuierliche Aufgabe verstanden, um einerseits bestehende Optimierungspotenziale zu erschliessen und andererseits neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Das Beschaffungscontrolling unterstützt als Steuerungsinstrument die Entscheidungsträger auf allen Stufen der Organisation. Der Bundesrat misst dieser Weiterentwicklung und Professionalisierung ein grosses Gewicht bei.

Der Bundesrat begrüsst die Beurteilung der Kommission, wonach die Fachstelle Beschaffungscontrolling des BBL mehrheitlich zweckmässige Analysen bezüglich Dezemberzahlungen und «Hoflieferantentum» durchführt. Die Kommission vermutet hingegen eine unzureichende Kompetenz dieser Fachstelle, vertiefte Überprüfungen auf Stufe der Verwaltungseinheiten vornehmen zu können.

Im Rahmen der bevorstehenden Revision der Verordnung vom 24. Oktober 20129 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens (Org-VöB) werden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der Fachstelle Beschaffungscontrolling

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überprüft und nötigenfalls den aktuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen angepasst werden.

Der Bundesrat hofft, mit diesen Ausführungen die Anliegen der GPK-S berücksichtigt zu haben.

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