BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

21.050 Botschaft zur Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten (Freigabe der Rahmenkredite Kohäsion und Migration) vom 11. August 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. August 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Übersicht Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten freizugeben, damit dieser rasch und ohne formelle Bedingungen umgesetzt werden kann. Er will damit den Anspruch der Schweiz unterstreichen, auch ohne das institutionelle Abkommen eine zuverlässige und engagierte Partnerin der EU zu bleiben.

Ausgangslage Das Parlament hat am 3. Dezember 2019 einen zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten im Umfang von insgesamt 1302 Millionen Franken genehmigt. Er umfasst die zwei Rahmenkredite Kohäsion und Migration sowie den Eigenaufwand der Bundesverwaltung. Die Bundesbeschlüsse über die Rahmenkredite enthalten jeweils eine vom Parlament eingefügte gleichlautende Bestimmung, die vorsieht, dass Verpflichtungen auf der Grundlage des entsprechenden Rahmenkredits nicht eingegangen werden, «wenn und solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt». Diese Bedingung steht in erster Linie in Zusammenhang mit der von der EU Ende Juni 2019 nicht verlängerten Anerkennung der Börsenäquivalenz und hat die Umsetzung des Beitrags bisher blockiert.

Anlässlich seines Entscheids vom 26. Mai 2021, die Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen mit der EU zu beenden, hat der Bundesrat festgehalten, dass er den bilateralen Weg fortführen will. Teil dieser europapolitischen Agenda ist auch, dass der zweite Schweizer Beitrag nun rasch freigegeben und ohne formelle europapolitische Bedingungen umgesetzt werden soll. Damit unterstreicht die Schweiz ihren Anspruch, auch ohne das institutionelle Abkommen eine zuverlässige und engagierte Partnerin der EU zu bleiben und im Interesse beider Seiten ihren konstruktiven Beitrag für eine gut funktionierende Partnerschaft zu leisten. Mit der Freigabe des Beitrags soll ein Prozess angestossen werden, um mit Blick auf die Fortführung des bilateralen Wegs auch Fortschritte in weiteren Dossiers mit der EU zu ermöglichen.

Inhalt der Vorlage Um eine rasche Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags zu ermöglichen, beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten mit der vorliegenden Botschaft, die Bundesbeschlüsse zu den beiden Rahmenkrediten Kohäsion und Migration anzupassen.

Die Bestimmungen, wonach Verpflichtungen auf der Grundlage des entsprechenden Rahmenkredits
nicht eingegangen werden, wenn und solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt, sollen aufgehoben werden.

Der Inhalt und die Höhe des Beitrags haben weiterhin ihre Gültigkeit und sollen unverändert bleiben. Für weitergehende Anpassungen wären erneut umfangreiche Vorarbeiten nötig, die einer raschen Umsetzung entgegenständen.

Für die effiziente Umsetzung des Schweizer Beitrags ist auch der Abschluss des rechtlich nicht verbindlichen Memorandum of Understanding zum zweiten Schweizer Beitrag mit der EU wichtig. Dieses soll wie beim Erweiterungsbeitrag gewisse Eckwerte

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wie bspw. die geplante Aufteilung des Beitrags auf die Partnerländer und die thematischen Prioritäten festhalten. Der Bundesrat strebt an, dieses Memorandum of Understanding nun ebenfalls rasch zu finalisieren.

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Botschaft 1 Ausgangslage 1.1 Problemlage Am 26. Mai 2021 hat der Bundesrat das Resultat der Verhandlungen über das Institutionelle Abkommen mit der Europäischen Union (InstA; EU) einer Gesamtevaluation unterzogen. Dabei ist er zum Schluss gekommen, dass zwischen der Schweiz und der EU in zentralen Bereichen dieses Abkommens weiterhin substanzielle Differenzen bestehen. Der Bundesrat hat daher entschieden, die Verhandlungen über das InstA zu beenden. Gleichentags wurde die Präsidentin der EU-Kommission mit einem Schreiben des Bundesrates schriftlich über diesen Entscheid informiert.

Trotz des Nichtzustandekommens des InstA soll aber aus Sicht des Bundesrats die bewährte bilaterale Zusammenarbeit mit der EU weitergeführt werden. Als Teil seiner europapolitischen Agenda mit Blick auf diese Fortführung des bilateralen Wegs hat der Bundesrat bereits im Schreiben an die Kommissionspräsidentin festgehalten, dass er sich bezüglich des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten für eine rasche Freigabe der Rahmenkredite durch das Parlament einsetzen wird und eine Finalisierung des Memorandum of Understanding zum zweiten Schweizer Beitrag mit der EU anstrebt.

1.1.1 Schweizer Beitrag seit 2019 blockiert Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten, bzw. die entsprechenden Rahmenkredite Kohäsion und Migration, wurde am 3. Dezember 2019 mit zwei Bundesbeschlüssen1 vom Parlament genehmigt. Der Rahmenkredit Kohäsion im Umfang von 1047 Millionen Franken ist für Massnahmen zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in den dreizehn Ländern, die der EU seit 2004 beigetreten sind (EU-13), vorgesehen. Der Rahmenkredit Migration im Umfang von 190 Millionen Franken soll auch in EU-Ländern ausserhalb der EU-13 für Massnahmen im Bereich Migration eingesetzt werden. Diese Rahmenkredite bilden zusammen mit dem entsprechenden Eigenaufwand der Bundesverwaltung von 65 Millionen Franken den zweiten Schweizer Beitrag im Umfang von insgesamt 1302 Millionen Franken.

Die Bundesbeschlüsse über die Rahmenkredite enthalten jeweils in Artikel 1 Absatz 2 eine gleichlautende Bestimmung, wonach «Verpflichtungen auf der Grundlage dieses

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Bundesbeschluss vom 3. Dezember 2019 über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU (Rahmenkredit Kohäsion) (BBl 2020 757); Bundesbeschluss vom 3. Dezember 2019 über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration (Rahmenkredit Migration) (BBl 2020 759).

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Rahmenkredits [...] nicht eingegangen [werden], wenn und solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt». Diese Bestimmung wurde vom Parlament im Rahmen der Beratungen zum zweiten Schweizer Beitrag in die beiden Bundesbeschlüsse eingefügt. Sie steht in erster Linie in Zusammenhang mit der von der EU Ende Juni 2019 nicht verlängerten Anerkennung der Äquivalenz der Schweizer Börsenregulierung (nachfolgend: Börsenäquivalenz) und hat die Umsetzung des zweiten Beitrags seither blockiert.

Mit der Beendigung der Verhandlungen entfällt an sich die Logik der Druckpolitik der EU, welche auf den Abschluss des InstA gerichtet war. Um die Negativspirale, zu der diese geführt hat, zu durchbrechen, beantragt der Bundesrat dem Parlament, seinerseits den Bezug des zweiten Beitrags zur Börsenäquivalenz wieder aufzuheben.

Damit kann die Schweiz den bereits beschlossenen zweiten Beitrag umsetzen und damit der Dynamik in den Beziehungen zur EU einen neuen Impuls zu geben. Mehrere EU-Mitgliedstaaten ­ nicht nur die Partnerländer des Beitrags ­ wie auch die Europäische Kommission haben dieses Vorhaben positiv gewürdigt.

Mit Blick auf seine europapolitische Agenda zur Fortführung des bilateralen Wegs hat der Bundesrat deshalb am 4. Juni 2021 beschlossen, dem Parlament die Streichung dieser Bestimmungen zu beantragen.

1.1.2 Dringlichkeit der Freigabe Die Vorlage zur Freigabe des zweiten Schweizer Beitrags soll vom Parlament in der Herbstsession 2021 behandelt werden. Die Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass Verpflichtungen auf der Grundlage des Rahmenkredits Kohäsion aufgrund der Bestimmung in Artikel 1 Absatz 3 des entsprechenden Bundesbeschlusses nur innerhalb von fünf Jahren, d. h. bis zum 3. Dezember 2024, eingegangen werden können. Ausserdem ist das Bundesgesetz vom 30. September 20162 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas, das die Rechtsgrundlage für den Rahmenkredit Kohäsion darstellt, bis Ende 2024 befristet.

Die Mittel des zweiten Beitrags sollen ­ wie beim ersten Beitrag der Schweiz, dem Beitrag zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten Europäischen Union3 (nachfolgend: Erweiterungsbeitrag) ­ in Projekte und Programme in den Partnerländern fliessen und werden nicht direkt in die Haushalte der Partnerländer überwiesen. Dies bedingt entsprechend sorgfältige Vorbereitungsarbeiten für eine ordnungsgemässe Umsetzung. Die Erfahrungen beim Erweiterungsbeitrag haben gezeigt, dass für eine solche Verpflichtung der Mittel, welche von den Vorbereitungs- und Genehmigungsprozessen der dreizehn Partnerländer abhängt, mindestens drei Jahre benötigt werden. Zudem müssen vorgängig entsprechende Umsetzungsabkommen mit den Partnerländern abgeschlossen werden. Schon bei einer Freigabe im laufenden Jahr ist eine vollständige Verpflichtung der Kohäsionsmittel auf Basis der bestehenden Rechtsgrundlagen deshalb schwierig zu erreichen. Falls die Mittel des zweiten Schweizer Beitrags nun nicht rasch verpflichtet werden können, 2 3

SR 974.1 BBl 2007 4951; 2009 9131; 2014 9719

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wäre daher die gesamte Umsetzung des Beitrags gemäss den in der Botschaft vom 28. September 20184 zum zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU sowie zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration dargelegten Eckwerten ernsthaft gefährdet bzw. nicht mehr im vorgesehenen Umfang möglich.

Im Bundesbeschluss zum Rahmenkredit Migration wurde für diesen eine Laufzeit von zehn Jahren festgelegt (bis zum 3. Dez. 2029), da die Gesetzesgrundlage im Asylgesetz vom 26. Juni 19985 (AsylG) keiner zeitlichen Befristung unterliegt. Durch die Blockierung des zweiten Beitrags ergibt sich aber wie beim Rahmenkredit Kohäsion auch beim Rahmenkredit Migration eine Verkürzung dieser ursprünglich auf zehn Jahre angesetzten Umsetzungsphase.

Die Beendigung der Blockierung durch eine baldige Anerkennung der Börsenäquivalenz durch die EU ist derzeit ­ auch angesichts des Schweizer Entscheids zum InstA ­ nicht absehbar. Diese Anerkennung wird von der Schweiz aber weiterhin angestrebt.

Der Bundesrat setzt sich auch künftig dafür ein, dass die Schweiz nicht diskriminiert und unter anderem im Rahmen von Äquivalenzverfahren der EU nicht anders behandelt wird als andere Drittstaaten. Allerdings hat die von der Schweiz auf der Grundlage der Verordnung vom 30. November 20186 über die Anerkennung ausländischer Handelsplätze für den Handel mit Beteiligungspapieren von Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz per 1. Juli 2019 aktivierte Schutzmassnahme gegenüber der EU dazu geführt, dass die Börsenäquivalenz für den Handel mit Schweizer Aktien an den Schweizer Börsen derzeit faktisch keine Relevanz mehr hat. Zudem ermöglichte der Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU eine bilaterale Lösung mit diesem Land: Seit dem 3. Februar 2021 anerkennt das UK die Börsenäquivalenz für die Schweiz, und im Gegenzug hat die Schweiz die Schutzmassnahme in Bezug auf das UK aufgehoben. Der Handel mit Schweizer Aktien an den von der Schweizer Schutzmassnahme zunächst hauptsächlich betroffenen Handelsplätzen im UK ist seither wieder möglich. Dies hat zu einer Entspannung in Bezug auf die Frage der EU-Börsenäquivalenz geführt und eine neue Ausgangslage geschaffen. Auch wenn die Bedeutung der Schweizer Schutzmassnahme gegenüber
der EU hoch bleibt, verfügt die Schweiz heute über den nötigen Spielraum, um den zweiten Schweizer Beitrag im Hinblick auf eine Stärkung der Beziehungen Schweiz­EU nach der Beendung der Verhandlungen über ein InstA freizugeben.

Für eine Freigabe des zweiten Schweizer Beitrags ist somit die Streichung der vom Parlament in die beiden Kreditbeschlüsse eingefügten Bedingung notwendig. Zudem ist für die effiziente Umsetzung des Beitrags auch der Abschluss des rechtlich nicht

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verbindlichen Memorandum of Understanding mit der EU wichtig. Wie beim Erweiterungsbeitrag7 soll dieses Memorandum of Understanding die vorgesehenen Eckwerte des Schweizer Beitrags wie die geplante Aufteilung auf die Partnerländer, die thematischen Prioritäten sowie gewisse Prinzipen der Umsetzung festhalten.

Das Memorandum of Understanding soll als inhaltliche Grundlage für den Abschluss der bilateralen Umsetzungsabkommen mit den Partnerländern dienen, in denen für jedes Land selektiv die Themen, Grundsätze und Modalitäten der Zusammenarbeit sowie gegebenenfalls die geographische Konzentration beim Einsatz der Mittel vereinbart werden.

1.1.3 Autonomer Beitrag komplementär zur EU-Kohäsionspolitik Die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts ­ in der EU Kohäsion genannt ­ bleibt eines der zentralen Anliegen der EU. Ihre Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, dass für die Umsetzung der Kohäsionspolitik der EU bisher jeweils rund ein Drittel des EU-Haushalts aufgewendet wurde. Die Schweiz beteiligt sich auch weiterhin nicht an der Kohäsionspolitik der EU, sondern wird ihren Beitrag autonom leisten. Dabei bleibt es aus Schweizer Sicht aber wichtig, die finanzielle und thematische Komplementarität des zweiten Schweizer Beitrags mit der EU-Kohäsionspolitik sicherzustellen.

Die EU-Institutionen haben sich im Dezember 2020 auf einen neuen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021­20278 und das befristete Aufbauinstrument «Next Generation EU» (NGEU)9 geeinigt. NGEU wird die Mitgliedstaaten bis Ende 2026 bei der Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie unterstützen. Das verabschiedete Paket hat insgesamt ein Volumen von rund 1,8 Billionen Euro.10 Davon entfallen 1,074 Billionen Euro auf den MFR, wovon ­ wie in früheren EU-Haushalten ­ rund ein Drittel (330 Milliarden Euro) für die Umsetzung der Kohäsionspolitik vorgesehen sind. Von den verbleibenden 750 Milliarden Euro des NGEU sind zusätzliche zweckgebundene Mittel von 47,5 Milliarden Euro (6 %) den Instrumenten der Kohäsionspolitik zugeteilt.

Im Rahmen des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum EWR unterstützen auch die drei EFTA/EWR-Staaten Norwegen, Liechtenstein und Island seit 1994 das Kohäsionsziel der EU. Für den Zeitrahmen 2014­2021 stellt der EFTA/ EWR-Finanzmechanismus für die EU-13 sowie für Portugal und Griechenland insgesamt 1548 Millionen Euro zur Verfügung. Seit 2004 gibt es parallel hierzu auch einen 7

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Vgl. Memorandum of Understanding vom 27. Febr. 2006 mit der EU inkl. Addenda vom 25. Juni 2008 (Bulgarien / Rumänien) und vom 2. Mai 2014 (Kroatien); abrufbar unter: www.erweiterungsbeitrag.admin.ch > Der Erweiterungsbeitrag > Rechtsgrundlage.

Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027; ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 11.

Verordnung (EU) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union zur Unterstützung der Erholung nach der COVID-19-Krise, ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 23.

Die Beträge sind jeweils in Preisen von 2018 (inflationsbereinigt) angegeben.

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bilateralen Finanzmechanismus Norwegens für die EU-13. Dieser beläuft sich für 2014­2021 auf 1253 Millionen Euro. Die Verhandlungen zwischen den EFTA/ EWR-Staaten und der EU über eine Erneuerung der Finanzmechanismen für den Zeitrahmen 2021­2027 wurden vor Kurzem aufgenommen.

Im Migrationsbereich haben die innereuropäischen Spannungen im Zusammenhang mit der Migrationssituation ab 2015 gezeigt, dass erhebliche Divergenzen zwischen den Migrationssystemen der EU-Mitgliedstaaten bestehen und dass die Migration einen Einfluss auf den europäischen Zusammenhalt hat. Das gute Funktionieren der europäischen Systeme im Migrationsbereich, einschliesslich der Harmonisierung entsprechender europäischer Standards, liegt weiterhin im Interesse der Schweiz und ist eine Voraussetzung für die Eindämmung von irregulärer Weiterwanderung innerhalb Europas (Sekundärmigration).

Diese Entwicklungen sind auch für den zweiten Schweizer Beitrag relevant. Den Partnerländern stehen 2021­2027 bedeutende Mittel aus den EU-Fonds zur Verfügung.

Dies bindet wesentliche Ressourcen für deren Programmierung. Beim zweiten Beitrag gilt es daher, in Bereichen zu arbeiten, in denen die Schweiz mit ihrer Expertise und Erfahrungsaustausch einen Mehrwert bringen kann.

1.1.4 Freigabe ohne neue Bedingungen Eine zeitnahe Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags ist nur dann realistisch, wenn der Beitrag ohne formelle Bedingungen freigegeben wird. Nur so kann im Rahmen der europapolitischen Agenda des Bundesrates ein Prozess angestossen werden, um mit Blick auf die Fortführung des bilateralen Wegs auch Fortschritte in weiteren Dossiers mit der EU zu ermöglichen.

Dies entspricht dem positiven Signal, das der Bundesrat mit der raschen Umsetzung des Beitrags an die EU und ihre Mitgliedstaaten aussenden möchte, und sollte sich positiv auf die angestrebte Fortführung des bilateralen Wegs auswirken.

1.2 Mögliche Alternativen Würde die Schweiz auf eine Streichung der Bedingung in den Bundesbeschlüssen verzichten, wäre eine Umsetzung des Beitrags ohne Anerkennung der Börsenäquivalenz nicht absehbar. Damit bliebe das Ziel des vom Parlament 2019 grundsätzlich genehmigten Beitrags weiterhin versperrt, nämlich die Leistung des Schweizer Beitrags als Investition in Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa und als Beitrag zur besseren Bewältigung der Migrationsbewegungen in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten. Ebenfalls wäre es im aktuellen, sensiblen Kontext nach Beendung der InstAVerhandlungen nicht möglich, die Umsetzung des Beitrags gegenüber der EU und ihren Mitgliedstaaten als Element einer auch künftig gut funktionierenden Partnerschaft im Rahmen des bilateralen Wegs einzusetzen.

Die EU sieht die Schweiz beim Beitrag seit mehreren Jahren in Verzug und hat jüngst die Forderung nach einer Auszahlung des Beitrags als Voraussetzung für Fortschritte 8 / 14

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bei anderen Dossiers wie der Weiterführung der Assoziierung der Schweiz am Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation «Horizon Europe» und weiteren damit verbundenen Programmen und Initiativen (Horizon-Paket 2021­2027) formuliert. Kann der zweite Schweizer Beitrag weiterhin nicht umgesetzt werden, so ist damit zu rechnen, dass möglicherweise auch andere Dossiers negativ tangiert werden.

Mit der vorgeschlagenen Aufhebung der Bedingung in den Bundesbeschlüssen wird umgekehrt der Boden bereitet für einen Prozess mit der EU, der in verschiedenen zurzeit blockierten Dossiers Fortschritte zeitigen könnte.

Alternativ zu einer raschen Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags hätte auch a) eine Verlängerung der Laufzeit des Rahmenkredits Kohäsion, b) eine Anpassung der Höhe der Rahmenkredite oder c) die Ausarbeitung eines gänzlich neuen Beitrags in Betracht gezogen werden können. Alle diese Alternativen hätten aber vorgängig erneute vertiefte Vorbereitungsarbeiten z. B. zur thematischen Ausrichtung des Beitrags erfordert. Dazu kommt, dass diese Varianten nicht ohne Erneuerung der derzeit befristeten Rechtsgrundlage im Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas möglich wären. Dies würde ebenfalls entsprechende Vorarbeiten nach sich ziehen, wesentlich mehr Zeit benötigen und einer raschen Umsetzung des Beitrags im Weg stehen.

Hinsichtlich der thematischen Ausrichtung des zweiten Beitrags haben schliesslich die mit den Partnerländern seit 2020 geführten technischen Gespräche aufgezeigt, dass sich keine wesentlichen inhaltlichen Anpassungen aufdrängen. Die thematische Auswahl soll weiterhin gemäss den gemeinsamen Interessen der Schweiz und der Partnerländer erfolgen.

Mit Blick auf die Fortführung des bilateralen Wegs soll der Beitrag daher rasch, gestützt auf die bestehenden Rechtsgrundlagen, ohne formelle europapolitische Bedingungen sowie ohne Verlängerung der Laufzeit oder Anpassung der Höhe und inhaltlichen Ausrichtung umgesetzt werden. Damit unterstreicht die Schweiz ihren Anspruch, auch ohne das InstA eine zuverlässige und engagierte Partnerin der EU zu bleiben und im Interesse beider Seiten ihren konstruktiven Beitrag für eine gut funktionierende Partnerschaft zu leisten.

1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202011 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202012 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt. Die Vorlage gliedert sich aber in Ziel 12 der Legislaturplanung («Die Schweiz verfügt über geregelte Beziehungen mit der EU») ein.

Die Vorlage steht im Einklang mit der Aussenpolitischen Strategie 2020­202313 des Bundesrates. Der zweite Schweizer Beitrag wird darin als zentrales Element der 11 12 13

BBl 2020 1777 BBl 2020 8385 Die Strategie ist abrufbar unter: www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Strategien und Grundlagendokumente > Aussenpolitische Strategie.

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Beziehungen zur EU erwähnt. Mit ihm will die Schweiz in den kommenden Jahren zur Verringerung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten in der EU sowie zur besseren Bewältigung der Migrationsbewegungen in Europa beitragen.

Gestützt auf die vom Parlament am 3. Dezember 2019 im Grundsatz genehmigten Rahmenkredite sind die Mittel für den zweiten Schweizer Beitrag im Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022­202414 plafonderhöhend enthalten. Die für 2021 beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), beim Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung und beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement für den zweiten Schweizer Beitrag eingestellten Mittel im Umfang von insgesamt 11,8 Millionen Franken bleiben allerdings bisher aufgrund der genannten Bedingung in den Bundesbeschlüssen zu den Rahmenkrediten gesperrt.

2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassung Zum zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten wurde vom 28. März 2018 bis zum 4. Juli 2018 eine Vernehmlassung durchgeführt.15 In der Vernehmlassungsvorlage war die später vom Parlament eingefügte Bedingung noch nicht enthalten. Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass der zweite Beitrag und die zwei Schwerpunktbereiche Kohäsion und Migration von der grossen Mehrheit der Teilnehmenden grundsätzlich befürwortet werden. Insgesamt bestätigte die Vernehmlassung den Ansatz, den Entscheid über den zweiten Beitrag in den Gesamtkontext der Beziehungen Schweiz­EU zu stellen. Diesbezüglich bezogen sich einige Stellungnahmen auch ausdrücklich auf die Frage der Anerkennung der Börsenäquivalenz.

Da Inhalt und Höhe der Rahmenkredite unverändert bleiben und keine grundlegend neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, wurde auf eine erneute Vernehmlassung zur Frage der Aufhebung der vom Parlament nachträglich eingefügten Bedingung hinsichtlich der Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags verzichtet.

3 Inhalt des Beschlusses 3.1 Antrag des Bundesrates und Begründung Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die in den Bundesbeschlüssen zu den beiden Rahmenkrediten Kohäsion und Migration enthaltene Bedingung hinsichtlich der Verpflichtung der Mittel des zweiten Schweizer Beitrags zu streichen. Damit soll der zweiten Schweizer Beitrag freigegeben und ein rascher Beginn der Umsetzung des Beitrags ermöglicht werden.

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Der Voranschlag ist abrufbar unter: www.efv.admin.ch > Finanzberichte > Finanzberichte > Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan > Voranschlag 2021 mit IAFP 2022­2024.

Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind einsehbar unter: www.bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2018 > EDA.

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Alle weiteren Elemente der am 3. Dezember 2019 genehmigten Rahmenkredite wie etwa deren Höhe, die Verpflichtungsperiode des Rahmenkredits Kohäsion und die Laufzeit des Rahmenkredits Migration bleiben unverändert. Entsprechend soll der Beitrag gemäss der in der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag dargelegten thematischen Ausrichtung umgesetzt werden.

3.2 Inhalt der Vorlage, Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen Ziff. I In Ziffer I werden die beiden gleichlautenden Bestimmungen aufgehoben, die den zweiten Schweizer Beitrag blockieren. Es sind dies: 1.

Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 3. Dezember 2019 über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU (Rahmenkredit Kohäsion);

2.

Artikel 1 Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 3. Dezember 2019 über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Massnahmen im Bereich der Migration (Rahmenkredit Migration).

Ziff. II In Ziffer II wird festgehalten, dass der Bundesbeschluss zur Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten nicht dem fakultativen Referendum untersteht (siehe hierzu die Ausführungen in Ziff. 5.3).

4 Auswirkungen Die Vorlage hat keine anderen finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund als jene, die bereits in Ziffer 3.1 der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag erwähnt wurden und mit der Umsetzung des zweiten Schweizer Beitrags zusammenhängen.

Es gilt weiterhin, dass die Vorlage keine spezifischen Auswirkungen auf die Kantone, Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hat, weil der Vollzug der Bundesbeschlüsse ausschliesslich dem Bund obliegt.

Die Vorlage hat keine anderen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt als jene, die bereits in der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag beschrieben wurden.

Die Auswirkungen der Vorlage auf die Aussenpolitik sind in den Ziffern 1.1 und 1.2 dargelegt.

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5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.1.1 Rahmenkredit Kohäsion Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Beschluss zum Rahmenkredit Kohäsion ergab sich aus Artikel 167 der Bundesverfassung (BV)16. Diese Zuständigkeit gilt dementsprechend auch für die Anpassung dieses Beschlusses hinsichtlich der Aufhebung der Bedingung.

Nach Artikel 10 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas werden die Mittel als Rahmenkredite für jeweils mehrere Jahre bewilligt. Dieses Gesetz gilt bis zum 31. Dezember 2024. Die gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung der Subventionen ist Artikel 7 des Gesetzes.

5.1.2 Rahmenkredit Migration Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Beschluss zum Rahmenkredit Migration ergab sich ebenfalls aus Artikel 167 BV. Diese Zuständigkeit gilt dementsprechend auch für die Anpassung dieses Beschlusses hinsichtlich der Aufhebung der Bedingung.

Artikel 91 Absatz 7 AsylG i.V.m. Artikel 113 AsylG und Artikel 51 der Asylverordnung 2 vom 11. August 199917 bilden die rechtliche Grundlage für die Ausrichtung von Beiträgen an internationale Organisationen (z. B. an den United Nations High Commissioner for Refugees, die Internationale Organisation für Migration , das International Center for Migration Policy Development) oder an die Trägerschaft von international ausgerichteten Projekten (z. B. karitative oder andere NGOs, Stiftungen, Projekte wissenschaftlicher Institutionen).

Als Rechtsgrundlage für die Finanzierung von Länderprogrammen dient ferner Artikel 93 Absätze 1 Buchstabe c und 2 AsylG. Diese Bestimmungen ermöglichen dem Bund die vollständige oder teilweise Finanzierung von Programmen im Heimat-, Herkunfts- oder Drittstaat zur Erleichterung und Durchführung der Rückkehr, der Rückführung und der Reintegration.

5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz Die Vorlage ist wie in der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag ausgeführt mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Beim Schweizer Beitrag handelt es sich um eine autonome Massnahme der Schweiz.

Die Ausführungen zu den bilateralen Rahmenabkommen mit den jeweiligen Partnerländern in Ziffer 5.2 der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag gelten nach wie 16 17

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vor, wobei die Schweiz diese Abkommen erst gestützt auf die beiden Rahmenkredite und nach deren vorgeschlagener Freigabe durch das Parlament abschliesst.

Die Kompetenz für den Abschluss von Rahmenabkommen zur Umsetzung des Rahmenkredits Kohäsion liegt gemäss Artikel 12 Absatz 1 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas beim Bundesrat.

Auch für den Abschluss von Rahmenabkommen zur Umsetzung des Rahmenkredits Migration liegt die Kompetenz gemäss Artikel 114 AsylG beim Bundesrat.

5.3 Erlassform Vorliegend sollen zwei Kreditbeschlüsse angepasst werden. Daher kommen die entsprechenden Bestimmungen zur Anwendung: Nach Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200218 sowie bezüglich des Kreditbeschlusses Kohäsion auch Artikel 10 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas ist hierfür ein Erlass in der Form des einfachen, also nicht dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses vorgesehen.

5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedurften die Bundesbeschlüsse zu den Rahmenkrediten Kohäsion und Migration der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da diese jeweils eine neue einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen. Die Rahmenkredite unterstanden daher bereits anlässlich ihrer Genehmigung der Ausgabenbremse. In der vorliegenden Vorlage soll nur die Bedingung für die Umsetzung der Rahmenkredite gestrichen werden. Darum untersteht diese Vorlage nicht der Ausgabenbremse.

5.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes Der Bundesrat hat in der Botschaft zum zweiten Schweizer Beitrag unter Ziffer 5.6 über die Einhaltung der Grundsätze gemäss dem Subventionsgesetz vom 5. Oktober 199019 Bericht erstattet. Diese Ausführungen bleiben unverändert gültig.

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SR 171.10 SR 616.1

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