BBl 2021 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

17.448 Parlamentarische Initiative Sport- und Kulturvereine. Anheben der Umsatzgrenze für die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. April 2021

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Mehrwertsteuergesetzes. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

12. April 2021

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christian Lüscher

2021-1435

BBl 2021 1100

BBl 2021 1100

Übersicht Ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen sind von der Mehrwertsteuerpflicht befreit, wenn sie im In- und Ausland weniger als 150 000 Franken Umsatz pro Jahr aus Leistungen erzielen, die nicht von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind, wie z. B. gastgewerbliche Leistungen eines Sportklubs in seiner Buvette.

Der vorliegende Entwurf sieht eine Anhebung der massgebenden Umsatzgrenze auf 200 000 Franken vor. Die Kommission möchte so erreichen, dass mehr Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen von der Mehrwertsteuerpflicht befreit sind. Die Mehrwertsteuer stellt für diese Organisationen einen erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand dar, der Ressourcen bindet, die nicht für die Erfüllung der Aufgaben dieser Organisationen genutzt werden können. Die Kommission möchte mit dieser Anhebung die wichtige Arbeit unterstützen, welche diese Organisationen ­ meist mit Milizstrukturen ­ für die Gesellschaft leisten.

Nach der Anhebung der massgebenden Umsatzgrenze auf 200 000 Franken werden 106 Vereine und gemeinnützige Institutionen oder 13 % der aktuell obligatorisch Steuerpflichtigen nicht mehr steuerpflichtig sein. Gemäss einer groben Schätzung ergäben sich nur geringe Steuerausfälle im Umfang von rund einer Million Franken.

2 / 16

BBl 2021 1100

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Die parlamentarische Initiative 17.448 «Sport- und Kulturvereine. Anheben der Umsatzgrenze für die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht» wurde am 13. Juni 2017 von Nationalrat Olivier Feller eingereicht. Mit der Initiative soll für nicht gewinnstrebige, ehrenamtlich geführte Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen die Umsatzgrenze bei der Mehrwertsteuerpflicht angehoben werden.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) befasste sich an ihrer Sitzung vom 4. September 2018 mit der parlamentarischen Initiative, der sie mit 18 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen Folge gab.

Am 29. August 2019 stimmte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) dem Beschluss ihrer Schwesterkommission, der Initiative Folge zu geben, mit 5 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Gemäss Artikel 111 des Parlamentsgesetzes1 wurde der WAK-N somit der Auftrag zuteil, bis zur Herbstsession 2021 einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten.

An ihren Sitzungen vom 7. Oktober 2019 und 27. Januar 2020 beriet die WAK-N eine alternative Umsetzungsvariante zu der in der Initiative vorgeschlagenen Lösung (siehe Kap. 2.3). Diese alternative Variante verwarf sie an der Sitzung vom 18. August 2020 endgültig und nahm den Vorentwurf zur Anhebung der Umsatzgrenze auf 200 000 Franken an. Daraufhin beschloss sie, den Vorentwurf in die Vernehmlassung zu schicken. An ihrer Sitzung vom 12. April 2021 nahm sie Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen (siehe Kap. 2.4). Anschliessend nahm sie den Gesetzesentwurf ohne Änderungen mit 22 zu 2 Stimmen definitiv an.

2

Ausgangslage

2.1

Geltendes Recht

2.1.1

Massgebende Schwelle für die Steuerpflicht von Sport- und Kulturvereinen sowie gemeinnützigen Institutionen

Ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen sind von der Mehrwertsteuerpflicht befreit, wenn sie im In- und Ausland weniger als 150 000 Franken Umsatz pro Jahr aus Leistungen erzielen, die nicht von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind (Art. 10 Abs. 2 Bst. c MWSTG 2).

Für alle anderen Unternehmen gilt die Umsatzgrenze von 100 000 Franken (Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG).

1 2

SR 171.10 SR 641.20

3 / 16

BBl 2021 1100

Die Umsatzgrenzen sind keine Freibeträge. Werden sie erreicht, unterliegen sämtliche Leistungen der Mehrwertsteuer und nicht bloss derjenige Anteil, der über die massgebende Umsatzgrenze hinausgeht.

2.1.1.1

Sport- und Kulturvereine

Der Zweck der Steuerbefreiung für ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine besteht darin, kleinere Organisationen, deren Milizorgane über keine speziellen Steuerkenntnisse verfügen, von den administrativen und finanziellen Pflichten der Mehrwertsteuerpflicht zu entlasten. Von der höheren Umsatzgrenze für die Steuerpflicht kann profitieren, wer folgende Bedingungen kumulativ erfüllt: ­

Es handelt sich um eine juristische Person in der Rechtsform eines Vereins gemäss Artikel 60 ff. ZGB3.

­

Ehrenamtlichkeit: Die Vereinsleitung obliegt Personen, die weder vom Verein angestellt sind noch für ihre Tätigkeit entschädigt werden. Nicht als finanzielle Entschädigung gilt die Abgeltung von Auslagen im Rahmen der Erfüllung von Vereinsaufgaben.

­

Der Verein handelt nicht gewinnorientiert: Wird dennoch ein Gewinn erzielt, ist das solange unschädlich, als der Gewinn wiederum für den Vereinszweck eingesetzt wird. Demzufolge dürfen die Statuten keine Verteilung des Reingewinns an die Mitglieder vorsehen.

Beispiel: Ein Turnverein oder ein Männerchor sind ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine, wenn der Vorstand unentgeltlich tätig ist und keine Erträge an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Sie profitieren von einer Befreiung von der MWST-Pflicht bis zu einem Umsatz von 150 000 Franken aus Leistungen, die nicht von der Steuer ausgenommen sind.

Die höhere Umsatzlimite gilt auch für nicht gewinnstrebige und ehrenamtlich geführte Organisationskomitees, die wegen der Einmaligkeit des Anlasses nicht als Verein konstituiert sind.

2.1.1.2

Gemeinnützige Institutionen

Die höhere Umsatzgrenze für gemeinnützige Institutionen, die im Interesse der Allgemeinheit tätig sind, wird auch mit der Entlastung von den administrativen und finanziellen Pflichten der Mehrwertsteuerpflicht gerechtfertigt.

Das Mehrwertsteuerrecht verweist hinsichtlich des Begriffs der Gemeinnützigkeit auf das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG4; Art. 56 Bst. g DBG i.V.m.

Art. 3 Bst. j MWSTG). Ein Zweck gilt dann als gemeinnützig, wenn er unmittelbar, uneingeschränkt und dauernd im Interesse der Allgemeinheit liegt, das heisst, der 3 4

SR 210 SR 642.11

4 / 16

BBl 2021 1100

Kreis der Begünstigten offen ist und deren Interessen im Vordergrund stehen. Unternehmerische Zwecke sind grundsätzlich nicht gemeinnützig (Art. 56 Bst. g DBG).

Beispiel: Ein Blutspendenzentrum verfolgt gemeinnützige Zwecke, da die Interessen der Begünstigten von Blutspenden die Interessen der Blutspendenden am Blutspenden überwiegen. Es profitiert wegen Gemeinnützigkeit bei den direkten Steuern von einer Befreiung und bei der Mehrwertsteuer von der höheren Umsatzgrenze. Ein Turnverein oder ein Männerchor hingegen verfolgt nicht gemeinnützige Zwecke, da die Interessen an einer gemeinsamen Pflege von Freizeitaktivitäten (Selbsthilfe) die Interessen der Besuchenden eines Turnfestes oder eines Konzertes (Interessen der «Begünstigten») überwiegen.

2.1.1.3

Für die Umsatzgrenze massgebliche Leistungen

Ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen erbringen typischerweise vor allem von der Steuer ausgenommene Leistungen, die für die Umsatzgrenze nicht massgeblich sind. Die folgende Tabelle gibt einen nicht abschliessenden Überblick über typischerweise von solchen Institutionen erbrachten Leistungen und ihre steuerliche Behandlung:

5

Leistungen, die von ehrenamtlich geführten, nicht gewinnstrebigen Sport- und Kulturvereinen sowie gemeinnützigen Institutionen erbracht werden:

Von der Steuer ausgenommen und damit für Umsatzgrenze nicht massgeblich

Leistungen im Rahmen der Vereinsmitgliedschaft, die durch statutarisch festgesetzte Mitgliederbeiträge abgegolten werden.

X

Leistungen an Basaren, Flohmärkten, Galadiners, Tombola- und Lottoveranstaltungen, die dem Fundraising dienen5.

X

Bildungsleistungen, z. B. in den Bereichen Musik, bildende Kunst oder Sport

X

Vor Publikum erbrachte kulturelle Leistungen wie Konzerte, Tanz und Theater

X

Eintrittsgelder zu Kultur- und Sportveranstaltungen sowie für Museen, historische Stätten, Zoos etc.

X

Startgelder für Sportanlässe

X

Ausstellen von Lizenzen an Sportler und Sportlerinnen, Trainer und Trainerinnen, Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen

X

Betreuung von Kindern und Jugendlichen

X

Ärztlich verordnete Pflegeleistungen

X

Steuerbar und damit für Umsatzgrenze massgeblich

Siehe unten Kap. 2.3

5 / 16

BBl 2021 1100

Leistungen, die von ehrenamtlich geführten, nicht gewinnstrebigen Sport- und Kulturvereinen sowie gemeinnützigen Institutionen erbracht werden:

Von der Steuer ausgenommen und damit für Umsatzgrenze nicht massgeblich

Behindertentransporte in Spezialfahrzeugen

X

Der Verkauf von Betriebsmitteln, die für ausgenommene Zwecke gebraucht wurden

X

Steuerbar und damit für Umsatzgrenze massgeblich

Werbeleistungen (im Unterschied zum Sponsoring steht ein konkretes Produkt im Vordergrund)

X

Gastgewerbliche Leistungen (Buvette, Festwirtschaft wie Bars, Verkaufsstände für Verpflegung und Getränke)

X

Bekanntmachungsleistungen (Sponsoring) ­ von und an gemeinnützige Institutionen

X

Bekanntmachungsleistungen (Sponsoring) ­ von und an nicht gewinnstrebige, ehrenamtlich geführte Sport- und Kulturvereine Vermietung von Vereinslokalen*

X

X

X

* Die Vermietung von Räumlichkeiten wie Vereinslokalen ist grundsätzlich von der Steuer ausgenommen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 MWSTG). Als Gegenausnahme aber ist die Vermietung von Sälen im Hotel- und Gastgewerbe (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 Bst. a MWSTG) sowie die Vermietung von einzelnen Räumen in Messe- und Kongresszentren steuerbar (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 Bst. f MWSTG).

Wer von der Steuer ausgenommene Leistungen erbringt und dafür Vorleistungen bezieht, kann die auf diesen Bezügen lastende Mehrwertsteuer nicht abziehen (Art. 21 Abs. 2 MWSTG).

2.1.2

Pauschalsteuersatzmethode

Eine administrative Entlastung ist bereits im aktuellen MWSTG vorgesehen: Sportund Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen können mit Hilfe von Pauschalsteuersätzen abrechnen (Art. 37 Abs. 5 MWSTG sowie Art. 97­100 der Mehrwertsteuerverordnung [MWSTV]6). Bei Anwendung der Pauschalsteuersatzmethode müssen einzig die verschiedenen steuerbaren Leistungen mit dem entsprechenden Pauschalsteuersatz versteuert werden. Die Vorsteuer muss hingegen nicht erfasst werden, was die Buchhaltung und die MWST-Abrechnung wesentlich vereinfacht.

6

SR 641.201

6 / 16

BBl 2021 1100

2.1.3

Freiwillige Versteuerung von Leistungen

Eintritte zu kulturellen und sportlichen Veranstaltungen sowie Startgelder und Startgebühren für die Teilnahme an Sportveranstaltungen werden oft freiwillig versteuert: Da diese Leistungen dem reduzierten Steuersatz von 2,5 Prozent unterliegen (Art. 11 i.V.m. Art. 25 Abs. 2 Bst. c MWSTG), kann die auf dem dafür notwendigen Aufwand lastende MWST als Vorsteuer geltend gemacht werden. Da der Aufwand mehrheitlich mit 7,7 Prozent Vorsteuer belastet ist, resultiert in der Regel statt einer Mehrwertsteuerschuld ein Mehrwertsteuerguthaben.

2.1.4

Mögliche Wettbewerbsverzerrungen im geltenden Recht

Ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen stehen teilweise im Wettbewerb mit steuerpflichtigen Unternehmen, insbesondere im Bereich des Gastgewerbes und der Werbung. So steht beispielsweise die Buvette eines lokalen Fussballvereins in direkter Konkurrenz mit einem Pub oder einem Restaurantbetrieb. Der Fussballclub, der die Umsatzlimite nicht erreicht, kann seine gastgewerblichen Leistungen mangels Steuerpflicht ohne Mehrwertsteuer anbieten, während der steuerpflichtige Gastgewerbebetrieb die Mehrwertsteuer in Rechnung stellen muss. Die Leistungen des Fussballclubs sind somit nur mit der Vorsteuer belastet, die er nicht in Abzug bringen kann (Taxe occulte). Dadurch kann er gastgewerbliche Leistungen um grob geschätzt 5 Prozent7 günstiger anbieten als ein steuerpflichtiger Gastgewerbebetrieb.

Ebenso können nicht steuerpflichtige Vereine Werbung und Inserate in Klub- und Vereinszeitungen günstiger anbieten als steuerpflichtige lokale Zeitungen und Plakatgesellschaften.

Dasselbe gilt bei von der Steuer ausgenommenen Leistungen, die im Rahmen von Veranstaltungen zum Zweck der Mittelbeschaffung erbracht werden. Auch sie können günstiger angeboten werden.

2.2

Handlungsbedarf und Ziele

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die gegenwärtige Umsatzgrenze von 150 000 Franken für die Befreiung von der Mehrwertsteuerpflicht für ehrenamtlich geführte, nicht gewinnstrebige Sport- und Kulturvereine sowie gemeinnützige Institutionen relativ schnell überschritten wird. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn ein Sportverein eine Buvette hat, in der gastgewerbliche Leistungen erbracht werden.

Zahlreiche Sport- und Kulturvereine werden somit steuerpflichtig, auch wenn der erzielte Umsatz der Alimentierung dieser Organisationen dient und für deren Existenz teilweise unerlässlich ist.

7

Der Saldosteuersatz für das Gastgewerbe, der die in dieser Branche übliche Vorsteuerbelastung berücksichtigt, beträgt 5,1%.

7 / 16

BBl 2021 1100

Kultur- und Sportvereine werden in der Regel von ehrenamtlich tätigen Personen geführt. Die mit der Mehrwertsteuerabrechnung verbundenen administrativen Aufgaben sind für Milizpersonen kompliziert, auch wenn die Anwendung der Pauschalsteuersatzmethode für eine Vereinfachung sorgt. Nicht selten werden diese Aufgaben von Treuhänderinnen und Treuhändern übernommen, was eine finanzielle Belastung für diese Institutionen und Vereine bedeutet.

Die vielen ehrenamtlich geführten, nicht gewinnstrebigen Sport- und Kulturvereine sind wichtige Akteure des schweizerischen Milizsystems. Zusammen mit den gemeinnützigen Institutionen erbringen sie viele Leistungen zugunsten unserer Gesellschaft.

Ein Beispiel sind die zahlreichen Fussballvereine, die einen wertvollen Beitrag gerade auch für die Integration von Jugendlichen leisten. Aus diesen Gründen hält es die Kommission für angezeigt, diese Organisationen steuerlich und damit auch administrativ zu entlasten und auf diese Weise ihre Aktivitäten insgesamt zu fördern.

2.3

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG sieht eine Steuerausnahme vor für die Leistungen von Einrichtungen, die an Veranstaltungen zur Mittelbeschaffung von der Steuer ausgenommene Tätigkeiten auf dem Gebiet des nichtgewinnstrebigen Sports und Kulturschaffens ausüben. Betroffen von dieser Steuerausnahme sind ferner auch die gemeinnützigen Institutionen der Krankenpflege und der Hilfe zu Hause (Spitex).

Damit die an den betreffenden Veranstaltungen erbrachten Leistungen von der Steuer ausgenommen sind, müssen die Veranstaltungen einzig dazu bestimmt sein, den betreffenden Einrichtungen eine finanzielle Unterstützung zu verschaffen. Die Leistungen müssen zudem einen Gelegenheitscharakter aufweisen (max. 6 pro Jahr gemäss der Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV]). Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG erwähnt als Veranstaltungen Basare, Flohmärkte und Tombolas. Die Praxis der ESTV lässt ausser den explizit im Gesetz genannten Veranstaltungen auch Galadiners, Wohltätigkeitsbälle und ähnliche Events zu.

Mit dieser Bestimmung soll verhindert werden, dass Einrichtungen, die beispielsweise auf dem Gebiet des nichtgewinnstrebigen Sports oder Kulturschaffens tätig sind, steuerpflichtig werden, bloss weil sie aufgrund von Leistungen im Rahmen von Anlässen zur Mittelbeschaffung einen Umsatz von 150 000 Franken oder mehr erzielt haben.

Einrichtungen aus dem Sport- oder Kulturbereich überschreiten oftmals den massgebenden Schwellenwert, wenn sie ein Fest oder, im Falle der Sportklubs, ein Plauschturnier durchführen. Solche Veranstaltungen fallen nicht unter den Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG, da sie naturgemäss nicht zur Mittelbeschaffung bestimmt sind, sondern vielmehr der Unterhaltung und Geselligkeit dienen.

Die Kommission hat deshalb als Alternative zur Erhöhung der massgebenden Umsatzgrenze die Möglichkeit geprüft, die Steuerausnahme, wie sie derzeit in Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG verankert ist, mit Hilfe redaktioneller Anpassungen auszuweiten, damit die an Plauschturnieren oder Festen erbrachten Leistungen einbezogen werden. Die Kommission wollte unter anderem untersuchen, ob die Wettbewerbsverzerrungen, die durch eine Ausweitung der Steuerausnahme auf nur gelegentlich 8 / 16

BBl 2021 1100

stattfindende Veranstaltungen verursacht werden, geringfügiger sind als diejenigen aufgrund einer allgemeinen Erhöhung des massgebenden Umsatzschwellenwertes.

Nach eingehender Prüfung ist die Kommission zum Schluss gelangt, dass diese Alternative zur Erhöhung des massgebenden Schwellenwertes ­ namentlich wegen der Missbrauchsrisiken, die einer solchen Lösung innewohnen ­ zu verwerfen sei. So ist durchaus vorstellbar, dass ein Verein ausschliesslich für die Organisation eines Festes oder eines Plauschturniers gegründet wird, um von den steuerlichen Vorteilen nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG zu profitieren. In dem Fall besteht der einzige Zweck des Vereins in der Organisation des Festes oder des Plauschturniers und es geht nicht darum, Mittel zu sammeln, mit welchen übrige vom Verein durchgeführte Aktivitäten finanziert werden sollen. Selbst wenn im Wortlaut des Gesetzesartikels verankert würde, dass Einrichtungen, die nur den Zweck der Organisation einer solchen Veranstaltung verfolgen, nicht in den Genuss der Steuerausnahme nach Artikel 21 Absatz 2 Ziffer 17 MWSTG kommen, wäre die Unterscheidung dieser beiden Situationen in der Praxis sehr schwierig. Eine Steuerhinterziehung wäre schwierig nachzuweisen und würde in jedem Fall die Durchführung einer Kontrolle vor Ort erfordern. Die Anzahl von Festen und Plauschturnieren, die von der Steuerausnahme profitieren, könnte viel höher ausfallen als ursprünglich gedacht und damit würde die Wettbewerbsverzerrung bedeutend gewichtiger werden als bei einer moderaten Erhöhung der massgebenden Umsatzgrenze.

Für die betroffenen Organisationen könnte diese Variante zudem einen übermässigen Verwaltungsaufwand zur Folge haben, denn sie werden im Laufe eines Jahres sowohl steuerbare gastgewerbliche Leistungen erbringen als auch von der Steuer ausgenommene, beispielsweise weil sie an einem Plauschturnier erbracht werden. Die Organisationen werden somit den Anteil an der Vorsteuer ermitteln müssen, der mit den direkten Ausgaben und den Infrastrukturkosten rund um diese Veranstaltung zusammenhängt und nicht abzugsfähig ist. Auf der anderen Seite würde diese Variante erhebliche Steuerausfälle in Höhe von knapp 10 Millionen Franken verursachen.

Die Kommission ist deshalb auf die im Initiativtext vorgesehene Lösung, d. h. die Erhöhung des massgebenden Schwellenwertes,
zurückgekommen. Mit 21 Stimmen gegen 1 gab die Kommission einer Erhöhung des Umsatzes auf 200 000 Franken den Vorzug und verwarf einen Vorschlag, der eine Erhöhung auf 300 000 Franken vorsah.

Ausschlaggebend für den letztgenannten Entscheid war das Bestreben, die nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb so weit wie möglich zu begrenzen (s. auch Kap. 2.1.4 und 5.4).

2.4

Vernehmlassungsverfahren

Das Vernehmlassungsverfahren lief vom 4. November 2020 bis zum 18. Februar 2021.8 8

Der vollständige Bericht über die Ergebnisse des Vernhemlassungsverfahren findet sich unter: https://fedlex.data.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/6020/63/ cons_1/doc_7/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-6020-63-cons_1-doc_7-depdf-a.pdf.

9 / 16

BBl 2021 1100

Es sind insgesamt 293 Eingaben eingetroffen, wovon 8 (GL, Liechtenstein, FDK, Grüne Partei der Schweiz, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Schweizerischer Städteverband, Städtische Steuerkonferenz, Stiftung für Konsumentenschutz) ausdrücklich auf eine inhaltliche Stellungnahme verzichten. Inhaltlich geäussert haben sich 25 Kantone, 5 Parteien (Die Mitte, FDP, glp, SP und SVP) und 255 Organisationen und Vereine. Zu letzteren zählen 239 Eingaben von Sportvereinen (insbesondere aus den Bereichen Fussball und Eishockey), die den Wortlaut der Stellungnahme von Swiss Olympic jeweils nahezu wörtlich wiederholen.

2.4.1

Handlungsbedarf

Die grosse gesellschaftliche Bedeutung der Milizarbeit wird ganz überwiegend ausdrücklich bejaht. Sämtliche Vernehmlassungsteilnehmende bejahen auch einen Handlungsbedarf zur Erhöhung der massgebenden Umsatzgrenze, mit Ausnahme der glp, economiesuisse, EXPERTsuisse, KG und des Eishockeyclubs Illnau-Effretikon. Uneinigkeit besteht bei den Befürwortenden hinsichtlich der Frage, auf welche Höhe die Umsatzgrenze angehoben werden soll. Die Spannbreite reicht von 200 000 Franken bis 750 000 Franken, während JU für die betroffenen Vereine eine Befreiung von der Steuerpflicht vorschlägt.

2.4.2

Anhebung der Umsatzgrenze auf 200 000 Franken

AG, AI, BS, GE, NE, NW, SZ, TG, TI, UR und ZH, Die Mitte, SP und SVP, CP, DANZH, GastroSuisse, sgv und SGB begrüssen eine Anhebung der Umsatzgrenze auf 200 000 Franken. GE, NE, NW, SZ, TG und ZH, Die Mitte, SP und SVP, CP und GastroSuisse lehnen eine weitergehende Anhebung auf 300 000 Franken ausdrücklich ab, um die Wettbewerbsverzerrungen nicht zu stark zu verschärfen.

DANZH betont, Kulturvereine würden die aktuell massgebende Umsatzgrenze aus finanziellen und administrativen Gründen tunlichst zu vermeiden versuchen, auch wenn Kapazitäten und Nachfrage nach Veranstaltungen vorlägen. Für Kulturvereine, die die massgebende Umsatzgrenze überschreiten, sei es schwierig, Personal zu finden, das den damit verbundenen administrativen Aufwand auf sich nimmt. Auf der anderen Seite sei es für Kulturvereine essentiell, durch den Umsatz existenzsichernde finanzielle Reserven aufzubauen.

GastroSuisse regt an, die Umsatzgrenze für sämtliche Steuerpflichtige im Sinne einer administrativen und finanziellen Entlastung von derzeit 100 000 auf 150 000 Franken zu erhöhen. Weiter betont er, dass nicht nur die durch die Vorlage betroffenen Institutionen, sondern auch die gastronomischen Betriebe eine bedeutende soziale und gesellschaftliche Rolle spielen würden.

SGB regt eine Erhöhung auf vorerst 200 000 Franken an. Die Auswirkung der neuen Regelung solle in der Praxis zunächst beobachtet werden, bevor die Umsatzgrenze verdoppelt wird. Würde die Umsatzgrenze zu stark erhöht, könne es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen, die den bereits heute stark unter Druck stehenden Gastrobetrieben schade.

10 / 16

BBl 2021 1100

2.4.3

Anhebung der Umsatzgrenze auf 300 000 Franken 9

AR, BE, BL, FR, GR, LU, OW, SG, SH, SO, VS und ZG, FDP, Bündner Kunstverein, proFonds und SMR regen eine Erhöhung auf 300 000 Franken an, damit möglichst viele Vereine von der Befreiung von der Steuerpflicht profitieren. Die FDP macht darauf aufmerksam, dass die Erfahrung zeige, dass die gegenwärtige Schwelle relativ schnell überschritten werde. Oft sei der erzielte Umsatz aber unerlässlich für die Existenz der betroffenen Organisationen. Eine weitere Erhöhung lehnt die FDP wegen Wettbewerbsverzerrungen jedoch ab. AR, BE, FR, SH, SO und ZG, FDP und der Bündner Kunstverein betonen, mit einer Anhebung der Umsatzgrenze könne ein konkreter Beitrag zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements geleistet werden. BL und OW streichen heraus, den Vereinen solle beim Versuch, zusätzliche Einnahmen zu erzielen, möglichst wenige Hürden in den Weg gestellt werden.

ZG regt an, mittels einer statistischen Auswertung zu eruieren, bei welcher Umsatzhöhe die meisten nicht gewinnstrebigen ehrenamtlich geführten Sport- und Kulturvereine oder gemeinnützigen Institutionen liegen. Nur auf diesem Weg könne diejenige Umsatzgrenze festgelegt werden, welche einerseits die Vereine am sinnvollsten entlastet und mit welcher andererseits dem Bund nicht unnötig Einnahmen entgehen.

2.4.4

Weitere Anhebung der Umsatzgrenze

Swiss Olympic sowie 239 Sportvereine insbesondere aus den Bereichen Fussball und Eishockey, die den Inhalt der Stellungnahme von Swiss Olympic nahezu wörtlich wiederholen, beantragen eine Anhebung der massgebenden Umsatzgrenze auf 500 000 Franken. Die ehrenamtlichen Funktionäre in solchen Vereinen ständen vor immer komplexeren Anforderungen und Herausforderungen. Beispielsweise würden derzeit über 2 500 Vereine ein jährliches Budget von mehr als 100 000 Franken benötigen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Zu den Herausforderungen, die mit steigenden Budgets einhergingen, zähle insbesondere auch die Mehrwertsteuer. Diese stelle für die ehrenamtlich geführten Vereine einen erheblichen finanziellen und administrativen Aufwand dar, der Ressourcen binde, die nicht für die Erfüllung der Aufgaben dieser Vereine genutzt werden können. Angesichts der Bedeutung von ehrenamtlich geführten Grossvereinen solle ein mutiger und insbesondere für den Kinderund Jugendsport wirkungsvoller Schritt hin zu einer Grenze von 500 000 Franken gewagt werden. Auch die SSA, die Ringerriege Einsiedeln und der Schiesssportverband des Sensebezirks regen eine Anhebung auf 500 000 Franken an.

bernsport schlägt eine Umsatzlimite von 300 000 bis 500 000 Franken vor. VD spricht sich für eine Erhöhung im Minimum auf 300 000 Franken aus, erachtet eine Anhebung auf 500 000 Franken jedoch als angemessener. Der Schwimmclub Aarefisch beantragt eine Umsatzgrenze von 750 000 Franken. JU beantragt eine Befreiung von der Steuerpflicht für die betroffenen Vereine und Institutionen.

9

Der in die Vernehmlassung geschickte Vorentwurf umfasste einen Minderheitsantrag, wonach die Umsatzgrenze auf 300 000 Franken angehoben werden sollte.

11 / 16

BBl 2021 1100

2.4.5

Ablehnung des Handlungsbedarfs

Die glp, economiesuisse und das KG verneinen jeglichen Handlungsbedarf zur Erhöhung der Umsatzgrenze. EXPERTsuisse und der Eishockeyclub Illnau-Effretikon verneinen einen Handlungsbedarf zwar ebenfalls: EXPERTsuisse erachtet eine Anhebung als rein politische Fragestellung. Sollte eine Erhöhung aber als politisch sachgerecht empfunden werden, sei eine Anhebung auf 300 000 Franken angezeigt, damit auch zahlreiche Organisationen davon profitieren können. Der Eishockeyclub Illnau-Effretikon stellt als Eventualantrag eine Erhöhung auf 200 000 Franken.

3

Grundzüge der Vorlage

Der Entwurf sieht vor, die Umsatzgrenze, die für die Mehrwertsteuerbefreiung von ehrenamtlich geführten und nicht gewinnstrebigen Sport- und Kulturvereinen sowie von gemeinnützigen Institutionen massgebend ist, von 150 000 auf 200 000 Franken anzuheben.

Alle anderen geltenden Rechtsbestimmungen bleiben unverändert.

Durch die Anhebung der massgebenden Grenze auf 200 000 Franken würden nach einer groben Schätzung 106 Sport- und Kulturvereine und gemeinnützige Institutionen von der Mehrwertsteuerpflicht befreit (siehe auch Kap. 5.1.1).

4

Erläuterungen zu Artikel 10 MWSTG

Art. 10 Absatz 2 Buchstabe c: Die Umsatzgrenze für die Steuerpflicht von ehrenamtlich geführten, nicht gewinnstrebigen Sport- und Kulturvereinen sowie von gemeinnützigen Institutionen wird von 150 000 um 50 000 auf 200 000 Franken erhöht.

Ansonsten erfolgt keine materielle Änderung des Gesetzestexts.

In der französischen Fassung wird eine sprachliche Präzisierung vorgenommen. Der Begriff «société» wird durch «association» ersetzt.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf die betroffenen Vereine und gemeinnützigen Institutionen

5.1.1

Anzahl Steuerpflichtige

Es ist nicht möglich, die Auswirkungen auf Sport- und Kulturvereine auf der einen und auf gemeinnützige Institutionen auf der anderen Seite separat auszuweisen. Die nachstehende Tabelle gibt für die Jahre 2015 und 2016 Auskunft, wie viele Organisationen bei der geltenden Umsatzlimite von 150 000 Franken steuerpflichtig waren. Sie 12 / 16

BBl 2021 1100

zeigt zudem auf, wie viele bei einer Erhöhung der Umsatzlimite auf 200 000 bzw.

300 000 Franken neu von der Steuerpflicht befreit würden.

150 000 CHF*

Total

200 000 CHF

300 000 CHF

Anzahl Steuerpflichtige

Neu befreit

Anteil insgesamt

Neu befreit

Anteil insgesamt

828

106

13 %

281

34 %

Quelle: Schätzung ESTV auf Basis der Steuerperioden 2015 und 2016 * Ohne die Vereine und gemeinnützigen Institutionen, die weniger als 150 000 Franken Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielen und freiwillig im Mehrwertsteuerregister eingetragen sind (s. Kap. 2.1.3).

Die nachstehende Tabelle zeigt, wie sich die Steuerpflichtigen auf die Branchen verteilen.

150 000 CHF* Anzahl pro Branche

200 000 CHF

Auf Branche entfallender Anteil

Anzahl pro Branche

300 000 CHF

Auf Branche entfallender Anteil

Anzahl pro Branche

Auf Branche entfallender Anteil

42 %

121

43 %

39 %

98

35 %

10 %

33

12 %

2%

11

4%

4%

11

4%

2%

5

2%

1%

2

1%

13 %

281

34 %

Sport

304

37 %

45

Vereinigungen und Organisationen**

243

29 %

41 Kultur

102

12 %

11

Gastronomie***

45

5%

3 Sozialwesen

85

10 %

5 Bildung

21

3%

2 übrige

28

3%

1 Total

828

106

Quelle: Schätzung ESTV auf Basis der Steuerperioden 2015 und 2016, Einteilung der Branchengruppen aufgrund NOGA des BFS. Die Werte sind Mittelwerte aus zwei Jahren und wurden auf ganze Zahlen bzw. Prozent gerundet; deshalb ist es möglich, dass die Summe der einzelnen Kolonnen nicht genau dem Total entspricht.

* Ohne die Vereine und gemeinnützigen Institutionen, die weniger als 150 000 Franken Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielen und freiwillig im Mehrwertsteuerregister eingetragen sind.

13 / 16

BBl 2021 1100

** Darunter fallen gemeinnützige Institutionen, die in unterschiedlichen Bereichen tätig sind, wie zum Beispiel im Umwelt- und Tierschutz.

*** Steuerpflichtige Vereine oder Stiftungen, die vor allem wegen ihrer gastgewerblichen Leistungen mehrwertsteuerpflichtig sind und deshalb von der NOGA unter dieser Branche geführt werden.

Bei einer Umsatzgrenze von 200 000 Franken für die Befreiung von der Steuerpflicht sind 106 Vereine und gemeinnützige Institutionen oder 13 % der aktuell obligatorisch Steuerpflichtigen nicht mehr steuerpflichtig. Davon entfallen 42 % auf den Sport, 39 % auf Vereinigungen und Organisationen und 10 % auf die Kultur. Von der Anhebung der Umsatzgrenze wird somit der Sport am meisten profitieren.

5.1.2

Administrativer Aufwand

Der administrative Aufwand reduziert sich für die Organisationen, die infolge der Anhebung der Umsatzlimite aus der Steuerpflicht fallen. Für alle anderen Steuerpflichtigen ergeben sich keine Änderungen.

5.2

Auswirkungen auf den Bund

5.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Die verfügbaren Daten erlauben nur eine sehr grobe Schätzung der Auswirkungen.

Eine Erhöhung der Umsatzlimite für die Steuerpflicht auf 200 000 Franken Umsatz hat jährliche Mindereinnahmen von rund einer Million Franken zur Folge. Bei einer Erhöhung der Umsatzlimite auf 300 000 Franken hätten sich die jährlichen Mindereinnahmen auf rund drei Millionen Franken belaufen.

5.2.2

Personelle Auswirkungen

Die personellen Auswirkungen sind vernachlässigbar.

5.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Erhöhung der Umsatzlimite für die Steuerpflicht hat weder Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden noch auf urbane Zentren, Agglomerationen oder Berggebiete.

14 / 16

BBl 2021 1100

5.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Wettbewerbsverzerrungen, die bereits im bestehenden Recht existieren (s. Kap. 2.1.4), werden durch die Erhöhung der Umsatzlimite für die Steuerpflicht auf 200 000 Franken vergrössert. Dieser Effekt ist allerdings beschränkt, da die Limite nur mässig erhöht wird. Angesichts des gesellschaftlichen Nutzens der Arbeit der Sport- und Kulturvereine und der gemeinnützigen Institutionen ist diese Zunahme der Wettbewerbsverzerrungen nach Ansicht der Kommission vertretbar.

Für die Kommission geht hingegen eine Anhebung der Umsatzlimite auf 300 000 Franken zu weit, da dadurch deutlich stärkere Wettbewerbsverzerrungen verursacht würden.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 130 Bundesverfassung (BV 10), der dem Bund die Kompetenz einräumt, eine Mehrwertsteuer zu erheben. Bei der Ausgestaltung der Steuern muss der Gesetzgeber, soweit die Art der Steuer es zulässt, insbesondere die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beachten (Art. 127 Abs. 2 BV). Ob der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Mehrwertsteuer auch gilt, wird kontrovers diskutiert11. Für die Mehrwertsteuer bedeuten diese Grundsätze, dass eine möglichst lückenlose steuerliche Erfassung sämtlicher Konsumgüter anzustreben ist. Umsatzlimiten für die Steuerpflicht geraten damit zwangsläufig in ein Spannungsfeld mit diesen Grundsätzen. Bei der Beurteilung der Verfassungsmässigkeit ist zu beachten, dass die Steuerpflicht mit administrativen Kosten verbunden ist, die zudem bei kleinen Unternehmen und bei ehrenamtlich geführten Organisationen überproportional hoch sind. Ausserdem sind die Wettbewerbsverzerrungen bei niedrigen Umsätzen nur gering. Aus diesen Überlegungen lassen sich Umsatzlimiten für die Steuerpflicht rechtfertigen. Bei deren Festlegung ist zu beachten, dass die verfassungsrechtliche Problematik umso grösser ist, je höher die Limite angesetzt wird.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Gesetzesänderung zeitigt keine Auswirkungen oder Widersprüche in Bezug auf bestehende internationale Verträge.

10 11

SR 101 Vgl. Klaus A. Vallender/ René Wiederkehr, in: Bundesverfassung St. Galler Kommentar, hrsg. Ehrenzeller / Schindler/ Schweizer / Vallender, 3. Auflage, Verlag Zürich 2014, Art. 127, Rz. 21 f.

15 / 16

BBl 2021 1100

6.3

Erlassform

Die Vorlage bereitet eine Revision des Mehrwertsteuergesetzes vor und betrifft damit eine wichtige rechtsetzende Bestimmung, die nach Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe d BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen ist. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für den Erlass des Gesetzes ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV.

Der Erlass unterliegt dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die vorliegende Gesetzesänderung ist von der Ausgabenbremse nicht betroffen.

6.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Gesetzesänderung macht keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat oder andere Verwaltungseinheiten erforderlich.

16 / 16