757

# S T #

Zweiter Bericht der

nationalrätlichen Kommission, betreffend die bundesrätliche Botschaft vom 3 Dezember 1894 über das Postulat Nr. 476 der Bundesversammlung vom 23. Dezember 1892 (Gleichgewichtspostulat).

(Vom 10. Dezember 1895.)

Tit.

Unterm 12. Februar 1895 haben wir Ihnen unsern ersten Bericht erstattet, der mit einer Reihe von Anträgen und 3 Postulaten schloß. Der Gegenstand kam aber seither nicht zur Behandlung, weil viele andere sehr wichtige Geschäfte zu erledigen waren. Inzwischen hat sich die finanzielle Lage der Eidgenossenschaft derart gebessert, daß besondere Maßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts nicht mehr nötig sind, womit auch die uns gestellte Aufgabe dahinfällt. Die-Staatsrechnung pro 1894 schloß mit einem Überschuß der Einnahmen und für das laufende Jahr wird ein noch günstigeres Resultat erwartet. Nachdem wir schon früher beschlossen hatten, einige Anträge von geringerem finanziellen Belang zurückzuziehen, lassen wir nun im Hinblick auf die veränderte Sachlage unsere sämtlichen Anträge und Postulate fallen, immerhin in der Meinung, daß der Bundesrat ungeachtet der bessern Finanzlage die in seiner Botschaft vom 3. Dezember 1894 angeregten Ersparnisse und Erhöhungen von Einnahmen verwirklichen werde, und in der weitern Erwartung, daß Bundesrat und Bundesversammlung ·darauf bedacht sein werden, neuen Störungen des Gleichgewichts vorzubeugen.

Die Besserung der Finanzlage ist wesentlich zu verdanken den in starker Progression gewachsenen Zollerträgnissen, die Hand in Hand gehen mit einem erfreulichen Aufschwung der Industrie und des Handels. Die Erfahrung lehrt, daß auf die Flut auch in wirtschaftlichen Dingen die Ebbe zu folgen pflegt und daß ein zeitweises Zurückgehen der Zolleinnahmen in den Bereich der MöglichBundesblatt 47. Jahrg. Bd. IV.

51

758 keit gehört. Anderseits stehen jetzt schon neue große Ausgaben in Sicht, auf die rechtzeitig Rücksicht zu nehmen ist. Die Subvention für den Simplem wird in naher Zeit fällig werden ; in irgend einer Weise werden auch die Eisenbahnbestrebungen im Osten die Unterstützung des Bundes finden ' müssen und es harrt die Frage der Kranken- und Unfallversicherung der Lösung und Ausführung. Das Bestreben der Bundesbehörden muß dahin gehen, soweit immer möglich, diesen neuen Ansprüchen an die Bundeskasse gerecht zu werden, ohne Mehrbelastung des Volkes, das durch Gemeinde- T Kantons- und indirekte Bundessteuern bereits schon stark belastet ist. Wo immer thunlich, sind daher Ersparnisse «u erzielen und ist Vorsicht in den Ausgaben zu beobachten. Wir meinen, die Bundesversammlung würde gut thun, auch ohne bindende Beschlüsse, wie wir sie in unserm ersten Bericht beantragt hatten, bei den Budgetberatungen die Anregungen der Kommission zu berücksichtigen, die darauf abzielen, dem Budget eine größere Stabilität zu geben und die Subventionen -des Bundes in angemessenen Schranken zu halten. Jährliche Ausgäben von Fr. 1,500,000 für Flußkorrektionen, ohne diejenige des Rheins, und für Verbauungen; von Fr. 100,000 für Straßenbauten und von Fr. 1,500,000 für neue Hochbauten, mit Ausschluß des Bundeshauses, sollten ausreichen, um allen begründeten Anforderungen zu genügen. Mit Vergnügen, konstatieren wir, daß sich im Voranschlag pro 1896 die Posten für Bodenverbesserungen und Aufforstungen im Rahmen unserer Vorschläge bewegen. Bezüglich des Militärwesens halten wir fest an der Ansicht, daß durch Einführung von Cadresvorkursen und Verkürzung der Dienstzeit der Mannschaft in den Wiederholungskursen der Infanterie und des Genies des Auszuges, ohne Nachteil für die Ausbildung, sich einige Ersparnisse erzielen ließ. Wir erachten es als wünschenswert, daß der Bundesrat bei einer Revision der Militärorganisation diesen Punkt in Erwägung ziehe.

B e r n , den 10. Dezember

1895.

Die Mitglieder der nationalrätlichen Kommission: Künzli, Geresole, Äby, Cramer-Frey, Berlinger, Kuntschen, Bühlmann, Bisch, Buser, Schmid (Uri).

--o<ï>aaQyrt>'-j

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Zweiter Bericht der nationalrätlichen Kommission, betreffend die bundesrätliche Botschaft vom 3 Dezember 1894 über das Postulat Nr. 476 der Bundesversammlung vom 23.

Dezember 1892 (Gleichgewichtspostulat). (Vom 10. Dezember 1895.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1895

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.12.1895

Date Data Seite

757-758

Page Pagina Ref. No

10 017 265

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.