"

6

# S T # N o s i

1

Bundesblatt 114. Jahrgang

# S T #

8607

Bern, den 20. Dezember 1962

Band II

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Abänderung des vierten Teils des Zivilgesetzbuches (Miteigentum und Stockwerkeigentum) (Vom 7.Dezember 1962) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit den Entwurf für ein Gesetz über die Abänderung des vierten Teils des Zivilgesetzbuches (Miteigentum und Stockwerkeigentum) mit folgender Botschaft zu unterbreiten.

Erstes Kapitel

Das geltende Recht 1. Begründung von Stockwerkeigentum Das Zivilgesetzbuch schliesst die Begründung von Stockwerkeigentum aus.

Mit dieser würde das Akzessionsprinzip (superficies solo cedit) durchbrochen, das in Artikel 642 und im besonderen für die Grundstücke in Artikel 667 des Zivilgesetzbuches niedergelegt ist : Das Eigentum an Grund und Boden umf asst unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken alle Bauten und Pflanzen sowie die Quellen. Ohne Ausnahmen hat das Gesetz diesen Grundsatz zwar nicht durchgeführt. Auch Bauwerke, die mit der Absicht dauernder Verbindung mit dem Boden errichtet worden sind, können einen besonderen Eigentümer haben, aber nur, wenn ihr Bestand als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen ist (Art. 675, Abs. l ZGB). Die Dienstbarkeit, mit deren Errichtung Sondereigentum an Bauten auf fremdem Boden begründet werden kann, ist das Baurecht, das in Artikel 779 ZGB seine eigene Regelung erhalten hat und als vertragliches Leitungsbaurecht in Artikel 676, als gesetzliches in Artikel 691 ZGB besonderen Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

98

1462 Vorschriften unterstellt worden ist. Es hätte nahegelegen, zur Begründung von Stockwerkeigentum das Akzessionsprinzip durch Errichtung von Baurechten an Stockwerken zu umgehen. Dies hat der Gesetzgeber vereitelt durch die in den Beratungen der eidgenössischen Eäte dem Entwurf eingefügte Bestimmung: «Die Bestellung eines Baurechtes an einzelnen Stockwerken eines Gebäudes ist ausgeschlossen» (Art. 675, Abs. 2 ZGB). In Artikel 45 des Schlusstitels ist das Stockwerkeigentum unter den «aufgehobenen Bechten» aufgezählt, und in Artikel 114 der Grundbuchverordnung ist die Vorschrift wiederholt, dass es nicht eingetragen, sondern nur angemerkt werden könne, wenn es unter dem alten Eecht entstanden ist, und wird erklärt, dass es in Eechtsformen des ZGB umgewandelt werden müsse, um eingetragen werden zu können.

Diese Behandlung des Stockwerkeigentums durch den Gesetzgeber hat damals keine grossen Wellen geworfen. Wohl gab es in allen Kantonen Fälle von Stockwerkeigentum. Aber in grossen Teilen des Landes waren sie nur ganz vereinzelt anzutreffen. Etwas häufiger scheinen sie in der Westschweiz gewesen zu sein. Grosse Verbreitung des Stockwerkeigentums ist einzig für den Kanton Wallis festzustellen; an zweiter Stelle, wenn auch in weitem Abstand, dürfte der Kanton Tessin zu nennen sein. Während die Kantone, in welchen das Eecht des französischen «Code civil» übernommen wurde oder für die es doch die Grundlage bildete, die Begründung von Stockwerkeigentum weiterhin zuliessen, ohne es jedoch näher zu regem, haben es die Zivilgesetzbücher der deutschen Schweiz meistens mit, Schweigen übergangen, wie z.B. das bernische und das bündnerische Civilgesetzbuch. Andere kantonale Zivilrechte aber haben die Neubegründung von Stockwerkeigentum bereits verboten, so das zugerische 1874, das baselstädtische Nachbarrechtsgesetz 1881, das revidierte zürcherische Privatrechtliche Gesetzbuch 1887.

So konnte man zur Ansicht kommen, dieses Institut sei bereits zum Untergang verurteilt; wenn man seine Neubegründung ausschliesse, ziehe man bloss noch den Schlußstrich unter eine Eechtsentwicklung, die sich bis auf wenige Beste einer lästigen Erbschaft früherer Zeiten vollzogen habe. Infolgedessen wurde über die Vor- und Nachteile des Stockwerkeigentums bei den Beratungen des ZGB kaum diskutiert. Was hervorgehoben wurde, ist die
Unvereinbarkeit mit dem Akzessionsprinzip. Diese glaubte man vor allem deshalb nicht in Kauf nehmen zu dürfen, weil das Akzessionsprinzip als notwendige Grundlage der Grundbuchordnung galt. Man fürchtete, das Grundbuch könnte in der Darstellung des Eigentums seine Klarheit und Zuverlässigkeit einbüssen, wenn der im Grundbuch eingetragene Bodeneigentümer nicht mehr ausnahmslos als Eigentümer der mit dem Boden fest und dauernd verbundenen Bauten gelten könne. Dabei wurde wohl zu wenig beachtet, dass mit den vertraglichen und gesetzlichen Baurechten und Leitungsbaurechten Durchbrechungen des Akzessionsprinzips ohnehin zugelassen waren, sowie dass so gut wie diese Eechte auch das Stockwerkeigentum durch Eintragung publik gemacht werden kann. Wie sehr man die Frage unter den Gesichtspunkt der grundbuchlichen Publizität stellte, zeigt die Äusserung Eugen Hubers in der Expertenkommission : « Solche Verhältnisse können auch

1463 neu gebildet werden, aber nicht im Sinne eines eigenen Folios per Stockwerk, sondern durch Eintragung der Bodenfläche als Miteigentum mit dinglicher Nutzungsverteilung nach Stockwerken» (Protokoll der Sitzung vom 6. November 1902, S. 8 und 9). Danach wäre es weniger der Inhalt des Stockwerkeigentums als eben die dem Grundbuchrecht fremde Form gewesen, welche die Aufnahme ins neue Eecht nicht zuzulassen schien. Dass aber gar nicht untersucht wurde, ob das Stockwerkeigentum im Grundbuch dargestellt werden könnte, indem man im Grrundbuchrecht die dafür nötige Form schaffe, wie es für das Baurecht und das Quellenrecht geschehen ist, das beruht offenbar auf der Ansicht, dass für die Begründung von Stockwerkeigentum kein Bedürfnis mehr bestehe.

Wenn man zu erfahren sucht, welche Gründe für die Ablehnung des Stockwerkeigentums massgebend gewesen sind, wird man sich an die Gesetzgeber der Kantone in der vorausgegangenen Zeit wenden müssen. Schon aus der Zeit des Statutarrechts, des «droit coutumier» in Frankreich und der Westschweiz, vernehmen wir ablehnende Stimmen und Hinweise auf die häufigen Streitigkeiten, zu denen die Benutzung der nach Stockwerken geteilten Häuser Anlass gab; Stimmen, die sich bis zum Verbot verdichteten, wie es in den Loyx et statuts du Pays de Vaud enthalten ist1). Für die den erwähnten gesetzgeberischen Verboten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zugrundeliegende negative Bewertung des Stockwerkeigentums scheint die Äusserung besonders charakteristisch zu sein, mit welcher die regierungsrätliche Kommission für die Beratung der Bevision des zürcherischen privatrechtlichen Gesetzbuches sich gegen die bisherigen Fertigungen zur Begründung von Stockwerkeigentum aussprach und die auch in der Weisung an das Volk wiederholt wurde : « Sie (diese Fertigungen) führen fast immer zu Streit». Unser Gesetzgeber nahm zum Stockwerkeigentum die gleiche Stellung ein, wie sie der Gesetzgeber Deutschlands mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, eingenommen und in den Motiven dazu (III, S. 44 ff.) gleich wie der zürcherische begründet hatte. Die Abneigung des Gesetzgebers hat sich das Stockwerkeigentum hauptsächlich deshalb zugezogen, weil es den Buf hatte, eine Quelle unablässiger Streitigkeiten zu sein. Diesen Buf würde das sogenannte uneigentliche Stockwerkeigentum, d.h. die Verbindung
von Miteigentum der Beteiligten mit gegenseitigen Dienstbarkeitsrechten und Dienstbarkeitslasten, nicht mehr und nicht weniger verdienen. Es fällt deshalb auf, dass Eugen Huber, wie bereits bemerkt, die Neubegründung von Stockwerkeigentum in dieser Form unter der Herrschaft des neuen Bechts nicht für ausgeschlossen hielt2).

1 ) Plattet, La propriété par étages, Referat für die Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins 1956, S.591 o ff., besonders S.607a ff.

2 ) Nähere Ausführungen und Zitate finden sich im bereits zitierten Referat zu den Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins von G. Flattet. Es steht neben dem deutschsprachigen Referat: Friedrich H.P., Die Wiedereinführung des Stockwerkeigentums in der Schweiz, Zeitschrift für schweizerisches Recht n. F. 75 (1956), S. la bis 261 a. Ferner sind zu nennen: Bielander Jos., Das Stockwerkeigentum im Wallis und seine Überleitung in das neue Recht, Diss. Freiburg 1931; Sattiva H., Recherches sur la propriété par étages, sa prohibition et son remplacement en droit suisse. Thèse

1464 Z. Die Überführung des altrechtlichen Stockwerkeigentums in entsprechende Formen des neuen Rechts (Ersatzîormen) Stockwerkeigentum, das unter der Herrschaft des alten Eechtes belassen wurde (ZGB SchlT Art. 17, Abs. 3), konnte im Grundbuch nicht eingetragen, sondern nur angemerkt werden (ZGB SchlT Art. 45). Der Eechtsverkehr müsste sich weiterhin, solange überhaupt solches Stockwerkeigentum besteht, in den Formen des alten, also des früheren kantonalen Eechtes vollziehen. Dieser Grundsatz ist aber nur als Übergangsbestimmung im eigentlichen Sinne anwendbar. Für eine länger dauernde Zeit lässt er sich nicht aufrechterhalten. Die Eechtsverkehrsformen und -einrichtungen des früheren kantonalen Eechts veralten und zerfallen und können schliesslich gar nicht mehr gehandhabt werden ; ihre Fortbildung nach den Bedürfnissen der Zeit ist unmöglich, da den Kantonen die gesetzgeberische Kompetenz dazu nicht mehr zukommt. Die Praxis hat sich deshalb jetzt schon der Notwendigkeit, die Übertragung von altrechtlichem Stockwerkeigentum in den Formen des neuen Eechts zuzulassen, nicht verschliessen können (BGE 75 II 131). Daraus müsste auch die Konsequenz gezogen werden, dass sich die Eigentumsübertragung durch Eintragung im Grundbuch vollziehe, was voraussetzen würde, dass dem Stockwerkeigentum das Grundbuch geöffnet würde (vgl. dazu auch Liver P., Kommentar, N. 215 zu Art. 734 ZGB).

Von vorneherein war man sich darüber im klaren, dass den Stockwerkeigentümern die Möglichkeit geboten werden müsse, am Eechtsverkehr in den Formen des ZGB teilzunehmen. Diese Möglichkeit sah man in der Umwandlung durch Begründung von Miteigentum der Beteiligten am Grundstück in Verbindung mit der Errichtung von Dienstbarkeiten, die jedem Beteiligten das Eecht der ausschliesslichen Nutzung und Verwaltung geben und die Pflicht zur alleinigen Unterhaltung des Stockwerkes, an dem er bisher Eigentum hatte, auferlegen sollten. Auf diese Ersatzform hatte Eugen Huber in der oben zitierten Äusserung in der Expertenkommission hingewiesen. In Artikel 114 der Grundbuchverordnung wurde dann als Beispiel der Umwandlung angeführt, das Eigentum an Grund und Boden nur einem Beteiligten zu geben und den anderen ihre Befugnisse in der Form von Dienstbarkeiten einzuräumen. Dieser Weg war aber nicht gangbar. Überall wurde das Miteigentum zur Grundlage
des umgewandelten, eintragungsfähig gemachten Stockwerkeigentums. Als Beispiel mögen die Vorschriften des Kantons Wallis angeführt werden, wo das Stockwerkeigentum, wie ausgeführt wurde, die weitaus grösste Bedeutung behalten hat1). Durch sie wird die Eintragung des Stockwerkeigentums geregelt, die vorgenommen Lausanne 1954; Liver P., Das Stockwerkeigentum. Umwandlung und Neubegründung (Referat für die Jahresversammlung des Verbandes der schweizerischen Grundbuchverwalter vom 26. September 1953 in Siders), Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht 33 (1954), Heft l und 2. Huber Eugen, System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts, 3, S. 241, 4, S. 695.

l ) Einführungsgesetz zum ZGB Artikel 176, 267/68; Verordnung des Staatsrates über die Führung des Grundbuches, vom 17. April 1920/12. September 1924 Artikel 58.

1465 wird, wenn die Beteiligten damit einverstanden sind, dass ihre bisherigen Rechte in Miteigentumsanteile, verbunden mit Dienstbarkeitsrechten und -lasten gemäss Artikel 781 ZGB, umgewandelt werden. Diese Umwandlung modifiziert nicht das altrechtliche Stockwerkeigentum, um es als solches eintragungsfähig zu machen.

Altrechtliches Stockwerkeigentum ist nicht eintragungsfähig (ZGB SchlT Art. 45). Die Umwandlung ersetzt das altrechtliche Stockwerkeigentum durch das in seinem Inhalt durch Dienstbarkeiten modifizierte Miteigentum des ZGB.

Die Miteigentümer als uneigentliche Stockwerkeigentümer haben deshalb, wie in Artikel 58, Absatz 3 der erwähnten Verordnung des Walliser Staatsrates ausdrücklich gesagt ist, das gesetzliche Vorkaufsrecht gemäss Artikel 682 ZGB, dessen Vormerkung im Grundbuch da vorgesehen ist; jeder von ihnen hat auch das Recht, die Aufhebung des Miteigentums gemäss Artikel 650 ZGB zu verlangen. Dieses Recht ist auch nicht ausgeschlossen «durch die Bestimmung der Sache für einen dauernden Zweck» (ZGB, Art. 650, Abs. 1). Dies hat denn auch das Bundesgericht erkannt (BGE 81 II 598, womit hinsichtlich der zuletzt genannten Frage das Urteil BGE 77 II 235 ff. bestätigt wurde).

Hier zeigt sich, dass die Ersatzform, welche dem Stockwerkeigentum gegeben werden muss, damit es in das Grundbuch eingetragen werden kann und für den Rechtsverkehr nach neuem Rechte geeignet wird, den Bestand an Befugnissen, welche die Beteiligten als Stockwerkeigentümer unter dem alten Recht gehabt haben, nicht unverändert lässt. Jedem Beteiligten wird das Recht gegeben, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen, und damit die dem altrechtlichen Stockwerkeigentum wesentliche Gewähr genommen, dass ihm gegenüber die Aufhebung nicht durchgesetzt werden kann. Das ist eine notwendige Folge der Umwandlung, welche die Behörden nicht bedacht haben, als sie die Umwandlung regelten und durchsetzten, und welche von den Stockwerkeigentümern, denen sie vorgeschrieben oder nahegelegt wurde, oder die sie verlangten, um so weniger bedacht worden sein dürfte. Deshalb ist die Frage erhoben worden, ob Stockwerkeigentümer die Umwandlung rückgängig machen könnten, wenn sie ihr nur deshalb zugestimmt haben, weil sie in die unrichtige Vorstellung versetzt wurden oder geglaubt hatten, dass das bisherige Rechtsverhältnis inhaltlich
unverändert bleibe. Das Bundesgericht hat in der hievor zitierten Streitsache (BGE 81 II 612) auf Rückweisung an die Vorinstanz zur Prüfung, ob die Umwandlungsvereinbarung wegen Irrtums unverbindlich sei, erkannt. Kurz darauf (23. Februar 1956) hat der Appellationshof des Kantons Tessin eine im Zuge der Grundbuchbereinigung erfolgte Umwandlung des Eigentums an einem Stockwerk auf fremdem Boden in eine Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt des Überbaurechtes (ZGB Art. 674, Abs. 2) als unverbindlich erklärt, u.a. mit der Begründung, sie sei den Beteiligten von der Grundbuchbehörde ohne Belehrung über die rechtlichen Auswirkungen nahegelegt und von ihnen nicht mit dem Bewusstsein und Willen, eine Rechtsänderung vorzunehmen, akzeptiert worden (Repertorio Giurisprudenza Patria 89,1956, p. 120 e segg.). Auch für dieses Urteil war die Erkenntnis massgebend, dass die Überführung des Stockwerkeigentums in ein eintragungsfähiges Recht des ZGB nur mit einer Änderung der Rechts-

1466 position des Stockwerkeigentümers möglich war, welche von diesem gar nicht erkannt und gewollt war.

Die neurechtliche Brsatzform hat sich damit für alle Fälle, in denen es den Stockwerkeigentümern darauf ankommt, ihre alte Kechtsposition unverändert zu bewahren, auch praktisch als untauglich erwiesen. Daneben haften dieser Efsatzf orm auch andere, im Einzelfall mehr als theoretisch erscheinende Mängel an.

Sie lässt sich dem abschliessend geregelten System der dinglichen Rechte nicht einfügen ; sie steht zu ihm im Widerspruch. Jedem Beteiligten wird das dingliche Recht, ein Stockwerk des Hauses ausschliesslich zu benutzen und zu verwalten, als Dienstbarkeit zuerkannt. Mit diesem Inhalt lässt das Gesetz keine andere Dienstbarkeit als das Wohnrecht oder die Nutzniessung zu, also persönliche Dienstbarkeiten, die mit dem Tod des Berechtigten erlöschen und nicht übertragbar sind. Dem Stockwerkeigentümer aber wird dieses Recht als übertragbare Dienstbarkeit mit unbeschränkter Dauer eingeräumt im Sinne der irregulären Personaldienstbarkeit gemäss Artikel 781 ZGB, für welche die Übertragbarkeit vereinbart ist. Eine solche Dienstbarkeit mit dem Inhalt des Wohnrechtes oder der Nutzniessung gibt es nicht; sie wäre unvereinbar mit dem Prinzip der geschlossenen Zahl und der Typizität der Kategorien von Dienstbarkeit, das keineswegs nur eine klassifikatorische Bedeutung hat (Liver P., Kommentar zum Sachenrecht II l, Einleitung N. 61 ff. und N. 6 ff. zu Art. 730). Dass die dargestellte Umwandlung des Stockwerkeigentums, die nach geltendem Recht praktisch allein in Betracht kommt, in diese Widersprüche hineinführe, wurde erkannt, sobald sie einmal zum Gegenstand spezieller Untersuchung gemacht wurde1).

Es muss heute festgestellt werden, dass es eine Ersatzform für das Stockwerkeigentum, die allen praktischen Anforderungen genügen könnte und sich dem geltenden Recht widerspruchslos einfügen liesse, nicht gibt.

Dieser Rechtszustand kann nicht befriedigen. Die Fälle von Stockwerkeigentum, sei dies altrechtliches oder umgewandeltes Stockwerkeigentum, zählen allein im Wallis nach Tausenden; sie sind zahlreich im Tessin und finden sich mehr oder weniger vereinzelt fast in allen Landesgegenden. Auch ohne dass verlangt würde, es sei die Begründung neuen Stockwerkeigentums zu ermöglichen, müsste das ZGB revidiert
werden, um eine einwandfreie Ordnung für das bestehende Stockwerkeigentum zu schaffen.

Zweites Kapitel Begründung von Stockwerkeigentun durch die Gesetzgebung 1. Entstehungsgeschichte des Entwurfs Die Gesetzgebung Österreichs (Bundesgesetz vom S.Juli 1948 betreffend das Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen) und Deutschlands (Gesetz 1 ) Flattet G., La propriété par étages et le droit suisse (conférence) 1952, p. 15, und La propriété par étages et par appartements, im Journal des Tribunaux 1952 I, p.133; Sattiva, a.a.O., S.88 ff.; Liver, a.a.O., S. 18 ff.; Friedrich, a.a.O., S.40a ff.

1467 über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht vom 15.März 1951) hat bei uns nicht unmittelbar Bestrebungen nach einer entsprechenden Gesetzesrevision hervorgerufen. Die ersten Vorstösse zu dieser Eevision sind aus unserem westlichen Landesteil gekommen. Dort war es Ende der Vierzigerjahre zur Bildung von Mieter-Aktiengesellschaften (Sociétés d'actionnaires-locataires) gekommen, womit der wirtschaftliche und sozialpolitische Erfolg des Stockwerkeigentums erzielt wurde. Diese Einrichtung ist von Juristen der Westschweiz, die mit ihr vertraut waren, wiederholt dargestellt und auch propagiert worden *).

Diese Mieter-Aktiengesellschaft - in der Praxis ist noch keine andere Gesellschaftsform zur Anwendung gekommen - besteht aus den Personen, die sich am Erwerb des überbauten Grundstückes oder an der Erstellung des Wohngebäudes beteiligt haben. Eigentümerin des Grundstückes ist die Aktiengesellschaft. Die Aktien sind in so viele Bündel oder Pakete verteilt, als Stockwerke, Wohnungen oder Geschäftsraum-Einheiten vorhanden sind. Die Verteilung auf diese Pakete erfolgt nach dem Wert der Abteilungen eines Gebäudes. Mit der Übernahme der einer solchen Abteilung entsprechenden Aktien erhält der Erwerber das ausschliessliche, übertragbare und vererbliche Eecht, jenen Teil des Gebäudes ausschliesslich als Mieter der Aktiengesellschaft zu benutzen. Er kann diesen Teil selber benutzen, ihn vermieten oder der Aktiengesellschaft zur Weitervermietung auf seine Bechnung überlassen. Mit der Veräusserung der Aktien fällt sein Mietvertrag dahin; der Erwerber wird Mieter der Aktiengesellschaft.

Die Verwaltung, der Unterhalt, die Verteilung der Lasten sind Sache der Aktiengesellschaft und durch ein Reglement geregelt. Kommt ein Mieter-Aktionär den sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht nach, so kann die Aktiengesellschaft vom Mietvertrag zurücktreten und den Hausteil weitervermieten.

Verpfänden kann der Mieter-Aktionär seinen Hausteil selbstverständlich nicht. Aber er kann sein Aktienpaket, wie er es veräussern kann, auch verpfänden und dadurch den Erwerb finanzieren. Damit dieses Pfand dem Gläubiger die nötige Sicherheit bietet, muss allerdings die Aktiengesellschaft in der Befugnis zur Verpfändung der Liegenschaft als solcher beschränkt sein. Dafür müssen die Statuten Gewähr bieten. Die Statuten müssen
auch Gewähr bieten, dass das ausschliessliche Benutzungs- und Verfügungsrecht des Mieter-Aktionärs nicht durch Mehrheitsbeschlüsse der Aktionäre beeinträchtigt oder illusorisch gemacht wird.

Überhaupt bedarf es zur sicheren Erreichung des mit der Mieter-Aktiengesellschaft verfolgten Zweckes einer sehr sorgfältigen, auf die hier vorhegenden ganz besonderen Bedürfnisse abgestimmten Ausgestaltung der Gesellschaftsstatuten und des Eeglements.

1 ) Es seien genannt: Montohal M., La propriété immobilière en Suisse - situation et perspectives, Genève 1949 ; derselbe, La propriété par étages et par appartements, principes et application en Suisse, 1951 ; Buensod J.P., Les sociétés immobilières d'actionnaires-locataires, Schweizerische Juristenzeitung 46 (1950), S. 165 ff.; Sattiva, a.a.O., S.66 ff.; ausser den zitierten Abhandlungen von Flattet ist besonders dessen Keferat an der Jahresversammlung 1953 des Verbandes der schweizerischen Grundbuchverwalter, ZBGB 34 (1953), S.305 ff., anzuführen.

1468 Unserem Privatrecht fügt sich diese Einrichtung widerspruchslos ein. Sie hat rein obligationenrechtlichen Charakter. Das Sachenrecht bleibt unberührt.

Eigentümerin des Bodens samt dem Gebäude ist die Aktiengesellschaft als juristische Person. Die Wohnungsinhaber haben an diesem Eigentum als Aktionäre teil, doch stehen ihnen persönlich keinerlei dingliche Eechte an der Liegenschaft zu.

Es fragt sich, ob die Mieter-Aktiengesellschaft die Bedürfnisse zu befriedigen vermag, die auf die Einführung des Wohnungseigentums gerichtet sind. Wäre diese Frage zu bejahen, so müsste eine neue gesetzliche Ordnung der Begründung und Ausgestaltung künftigen Stockwerkeigentums als überflüssig abgelehnt werden. Die gestellte Frage kann aber unseres Erachtens nicht bejaht werden.

Die Gründung und Ausgestaltung einer Aktiengesellschaft zur Schaffung von «Wohnungseigentum» kommt praktisch nur in Betracht, wenn ein grosses Gebäude mit zahlreichen Wohnungen oder Geschäftslokalitäten erworben oder erstellt wird. Für die Bildung von Wohnungseigentum an kleineren Gebäuden mit zwei, drei oder vier Wohnungen und überhaupt für einfache, insbesondere ländliche Verhältnisse eignet und lohnt sie sich nicht. Das wird auch von Flattet, der die Vorzüge der Mieter-AG ins hellste Licht stellt, teilweise eingeräumt (ZBGE 34, S. 323). Es kann auch nicht bestritten werden, dass es für die MieterAktiengesellschaft schwerer hält als für den Veräusserer von Stockwerkeigentum, das Vertrauen der Interessenten in die Sicherheit des einmal erworbenen Eechtes an der Wohnung zu gewinnen. Ein Grund dafür kann gerade in dem Umstand liegen, den Flattet als Vorzug der Mieter-Aktiengesellschaft vor dem Stockwerkeigentum wertet, nämlich in der Möglichkeit, den Mietvertrag aufzulösen, wenn ein Mieter-Aktionär sich über seine Pflichten hinwegsetzt (ZSE 75, S. 704 o). Der Mieter-Aktionär wird sich nicht als Eigentümer fühlen, auch wenn er beinahe die gleichen Befugnisse wie ein Stockwerkeigentümer hat 1 ). Als Mittel zur Verbesserung der rechtlichen Ordnung für das altrechtliche und das in den Ersatzformen des neuen Eechts bestehende Stockwerkeigentum kommt die Mieter-Aktiengesellschaft überhaupt nicht in Betracht. Hiefür müsste, wie bereits ausgeführt wurde, ohnehin eine neue Eegelung des Stockwerkeigentums gefunden werden.

Für die Eichtigkeit
der Auffassung, dass die Mieter-Aktiengesellschaft allein die in das Stockwerkeigentum oder Wohnungseigentum gesetzten Erwartungen nicht zu erfüllen vermag, scheint auch die Tatsache zu sprechen, dass der erste Vorstoss im Nationalrat, der auf die Eevision des ZGB zur Ermöglichung der Begründung neuen Stockwerkeigentums gerichtet war, von der Westschweiz her unternommen worden ist. Es war das Postulat Cottier-Lausanne, eingereicht am 30. März 1951. Mit ihm wurde der Bundesrat eingeladen, die Eevision der Bestimmungen dos ZGB und der Grundbuchverordnung zwecks Wiedereinführung dés Stockwerkeigentums zu prüfen. Der Zweck dieses Begehrens wurde im !) Liver, ZBGR 35, S. 12, und eigengehender Friedrich, ZSR 75 (1956), S.75a, und in dem Aufsatz « Die Mieter-Aktiengesellschaft als Ersatz für Stookwerkeigentum ? » (Die schweizerische Aktiengesellschaft 33,1960, S. 41 ff.).

1469 Postulat dahin umschrieben, dass einer möglichst grossen Zahl von Mitbürgern die Möglichkeit zu geben sei, Eigentümer ihrer Wohnung, Werkstatt oder Geschäftslokalität zu werden; damit solle verhindert werden, dass das Bauland immer mehr in die Hände grosser Kapitalgesellschaften übergehe. Der Vertreter des Bundesrates nahm in der Beantwortung des Postulates in der Sitzung des Nationalrates vom 21. September 1951 den Standpunkt ein, eine Gesetzesänderung sei heute nicht notwendig, weil das ZGB den Interessenten Ersatzformen zur Verfügung stelle, mit denen der wirtschaftliche Effekt des Stockwerkeigentums erreicht werden könne, worauf die kantonalen Aufsichtsbehörden im Grundbuchwesen aufmerksam gemacht werden sollten. In diesem Sinne hat der Nationalrat das Postulat vom 21. September 1951 einstimmig angenommen.

Daraufhin hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 10. Oktober 1951 ein Kreisschreiben an die kantonalen Aufsichtsbehörden ergehen lassen, in welchem die Ersatzformen und deren Verwendung erläutert wurden. Es sind die gleichen Formen, die sich im Übergangsrecht herausgebildet hatten und zum Zwecke der Umwandlung des altrechtlichen Stockwerkeigentums in ein nach dem neuen Recht eintragungsfähiges Eintragungsverhältnis zur Anwendung gekommen sind (vgl. oben S. 4 ff.). In seinem Geschäftsbericht von 1951 beantragte der Bundesrat den Räten, das Postulat Cottier abzuschreiben, welchem Begehren mit Genehmigung des Berichtes entsprochen wurde. In dem genannten Kreisschreiben ist auch ausgeführt, dass die Formen ihrem Zwecke nicht zu genügen vermögen. Die Untersuchungen, welche dies dargetan haben, waren zurzeit der Beantwortung des Postulates Cottier noch nicht erschienen. Sie haben dann die Diskussion um das Stockwerkeigentum erst recht in MUSS gebracht. Es sei an die bereits zitierten Verhandlungen an der Jahresversammlung 1953 des Verbandes der Schweizerischen Grundbuchverwalter und an die Verhandlungen 1956 des Schweizerischen Juristenvereins erinnert. Die rechtspolitische Seite der Frage ist in der Tagespresse eifrig erörtert worden. Auch verschiedene politische und wirtschaftliche Organisationen haben sich mit ihr in Vorträgen, Beratungen und in ihren Publikationsorganen befasst.

Das lebhafte Interesse am Stockwerkeigentum hat sich auch in Zuschriften an das Justiz-
und Polizeidepartement bekundet, in denen allerdings auch ablehnende und warnende Stimmen sich erhoben haben. Letztere geben vor allem der Besorgnis Ausdruck, mit dem Stockwerkeigentum könnte wieder eine Quelle zahlreicher Streitigkeiten geöffnet werden ; ein unverträglicher Beteiligter werde den übrigen Wohnungseigentümern das Leben verbittern, könne aber nicht wie ein Mieter zum Verlassen des Hauses gezwungen werden.

In der Sommersession 1955 kam im Nationalrat die Interpellation Meili zur Behandlung, mit welcher der Bundesrat eingeladen wurde, die Einführung des Stockwerkeigentums einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Der Interpellant führte zur Begründung aus, dass es wirtschaftlich, politisch und sozial notwendig sei, dem Rückgang des Anteils der natürlichen Personen, der einzelnen Bürger, am Land- und Hauseigentum entgegenzuwirken. Eingehend wurde dargelegt,

1470 welches die Ursachen des Übergangs vom Bauland und Gebäuden in immer grösserem Umfange auf grosse kapitalkräftige Gesellschaften seien und dass das Stockwerkeigentum das beste Mittel sei, um einer grossen Zahl von Einzelpersonen die Beteiligung am Hauseigentum zu ermöglichen. Hingewiesen wurde auch auf das Bedürfnis nach dem Erwerb von Eigentum an Geschäftslokalitäten und an unterirdischen Parkplätzen und Garagen. In der Beantwortung der Interpellation stellte der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements im Namen des Bundesrates auf einen nicht allzu fernen Zeitpunkt die Vorlage für eine Teilrevision des ZGB in Aussicht, mit welcher die Bestimmungen über das Miteigentum geändert und durch die für die Einführung des Stockwerkeigentums nötigen Vorschriften ergänzt würden. Der Vertreter des Bundesrates nahm Bezug auf die erst seit dem Erlass des erwähnten Kreisschreibens veröffentlichten wissenschaftlichen Untersuchungen, aus denen hervorgehe, dass die im Kreisschreiben empfohlene Ersatzform sich als Mittel zur Begründung neuen Stockwerkeigentums nicht eigne. Deshalb sei zu diesem Zwecke eine Gesetzesrevision notwendig.

Die wirtschaftlichen Überlegungen, mit denen Nationalrat Meili die Vorteile des Stockwerkeigentums begründet habe, seien in keiner Weise bestritten. Zu den Ausführungen des Interpellanten über die Erfahrungen im Auslande müsse allerdings darauf aufmerksam gemacht werden, dass dort die gewaltige Bautätigkeit zur Beschaffung des notwendigen Wohnraumes, der infolge der ungeheuren Zerstörungen des Krieges fehlte, dem Stockwerkeigentum Eingang verschafft habe, während diese Notlage bei uns nicht bestehe.

Noch im gleichen Jahre hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement Dr. Peter Liver, Professor an der Universität Bern, mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs samt Motivenbericht beauftragt. Seinen Vorentwurf hat Prof. Liver dem Departement am 11.Mai 1957 eingereicht.

Das Justiz- und Polizeidepartement ernannte eine kleine Kommission von Sachverständigen, welche den Vorentwurf in zwei Lesungen durchberaten hat.

Auf Grund der Ergebnisse der ersten Lesung wurde der Vorentwurf in wesentlichen Punkten abgeändert, einmal besonders hinsichtlich des Verhältnisses zwischen gesetzlichen Bestimmungen, Beglementsbestimmungen und von den Beteiligten vereinbarten oder beschlossenen
Benutzungs- und Verwaltungsordnungen, sodann in der näheren Ausgestaltung der grundbuchtechnischen Vorschriften.

Auch die zweite Lesung hat noch zu verschiedenen Verbesserungen geführt, namentlich in der genauen Abgrenzung der unabdingbaren Gesetzesvorschriften von den übrigen. Der bereinigte Vorentwurf wurde dem Vernehmlassungsverfahren unterstellt, das im Jahre 1959 durchgeführt wurde. Die zahlreichen und zum Teil recht eingehenden Eingaben sind in der ersten Hälfte des Jahres 1960 verarbeitet worden. Das Ergebnis dieser Arbeit wurde neuerdings der Expertenkommission vorgelegt. Diese hat dazu in ihrer dritten Session im Juni/Juli 1960 Stellung genommen. Ihre Beratungen führten zu weiteren Änderungen und Ergänzungen, die im Entwurf vom Januar 1961 niedergelegt sind 1).

1471 2. Rechtspolitische Zielsetzung Wir haben bereits ausgeführt, dass das bestehende altrechtliche Stockwerkeigentum, sowohl das unverändert gebliebene als auch das umgewandelte, wie auch das in neurechtlicher Ersatzform seit dem Inkrafttreten des ZGB begründete Stockwerkeigentum einer neuen rechtlichen Grundlage bedarf. Diese müsste auch dann geschaffen werden, wenn die Ermöglichung und Förderung der Verbreitung von neuem Stockwerkeigentum nicht ein erstrebenswertes Ziel wäre.

Ganz unabhängig von dieser Zielsetzung bedürfen die Bestimmungen des ZGB über das Miteigentum einer Eevision, weil sie nicht genügen, um das Interesse eines Miteigentümers an der guten Unterhaltung und möglichst zweckmässigen Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache, insbesondere eines Gebäudes, gegen die Gleichgültigkeit, Liederlichkeit oder Widersetzlichkeit anderer Miteigentümer zu schützen; daran besteht aber auch ein allgemeines Interesse.

Die Zielsetzung, mit welcher die Einführung des Stockwerkeigentums postuliert wird, glauben wir bejahen zu müssen. Sie besteht in der Erleichterung des Erwerbes eigenen Wohnraumes für eine möglichst grosse Zahl von Familien.

Dass dieses Ziel gerade heute aktuell ist und zu neuer Bedeutung kommen müsste, hängt mit verschiedenen Erscheinungen zusammen, die erst in jüngster Zeit stark hervorgetreten sind. Die erhebliche Ausdehnung des überbauten Siedlungsraumes gegenüber der landwirtschaftlichen Kulturfläche hat an den städtischen und andern Zentren der Wirtschaft zur Verknappung und Verteuerung des Baulandes geführt, was die ständig fortschreitende Steigerung der Baukosten verstärkt. Das hat zur Folge, dass der Boden durch Vermehrung der Geschosszahl intensiver genutzt werden muss und dass die so entstehenden Gebäude auf Kostensummen zu stehen kommen, die fast nur noch von den über grosses Kapital verfügenden juristischen Personen und Gesellschaften aufgebracht werden können; sie finden darin auch eine bevorzugte Möglichkeit der Kapitalanlage. Dadurch ist der Anteil dieser juristischen Personen und Gesellschaften, zu denen noch eigentliche Immobiliengesellschaften und -trusts sowie private und öffentliche Fürsorgeeinrichtungen kommen, am überbauten Boden sehr stark angestiegen und der Anteil von Einzelpersonen entsprechend zurückgegangen. Im Zusammenhang damit hat sich die Zahl der
Wohnungen, die von Mietern bewohnt werden, gegenüber solchen, die im Eigentum der Bewohner selber stehen, stärker vermehrt. Diese Entwicklung ist offenkundig. Sie wird auch durch die Ergebnisse der Wohnungszählungen bestätigt, die allerdings nur für einzelne Kantone und Gemeinden vorliegen, während für alle Gemeinden des Landes mit mehr als 5000 Einwohnern nur 1950 die Wohnungszählung zum Bestandteil der eidgenössischen Volkszählung gemacht worden ist 1 ).

Die hier dargestellte Entwicklung findet ihren Niederschlag auch in den Angaben der acht grössten Lebensversicherungsgesellschaften über die Zunahme x ) Deschenaux H., La propriété par étages dans l'avant-projet suisse, Semaine judiciaire 81 (1959), p. 475 ss. ; Friedrich H. P., Zur rechtlichen Konstruktion des Stockwerkeigentums, Festschrift für Gerwig, Basel 1960.

1472 ihres Immobilienbesitzes und ihre Beteiligungen an Immobiliengesellschaften im Verhältnis zu den Hypothekaranlagen. Einen aufschlussreichen Hinweis auf diese Verschiebungen bietet auch das Hypothekargeschäft der Kantonalbanken, das im Jahrzehnt 1945-1954 durchschnittlich überhaupt keine Zunahme nach Schuldposten erfahren hat 2 ).

Das Verhältnis zwischen Eigentümer- und Mieterwohnungen sowie zwischen individuellem und kollektivem Eigentum, das nach den Ergebnissen der Wohnungszählung von 1950 selbst in den Städten noch als günstig erscheint (Fr. Bachmann a. a. 0.), hat sich seither verschlechtert. Davon abgesehen, können auch bei einem günstigen Landesdurchschnitt die Verhältnisse in den Zentren der Wirtschaft recht ungünstig liegen. In der Tat kann die Feststellung gemacht werden, dass in diesen Zentren auch für gewisse Angehörige des Mittelstandes, seien es Freierwerbende, Beamte, Angestellte oder Arbeiter, die Mög.lichkeit sozusagen nicht mehr besteht, eigene Einfamilienhäuser zu erwerben oder zu erstellen. Der dafür notwendige Boden in nicht allzu grosser Entfernung vom Arbeitsort ist nicht mehr vorhanden oder so teuer, dass der Preis zusammen mit den ohnehin sehr hohen Baukosten die finanziellen Kräfte dieser Bevölkerungsschicht übersteigt. Dagegen würden diese Kräfte zum Erwerb des Eigentums an einem Stockwerk oder an der Wohnung eines Neubaues ausreichen.

Wenn die Möglichkeit geschaffen wird, dass von Unternehmern Wohngebäude zum Verkauf der einzelnen Wohnungen erstellt werden können oder dass Miteigentümer eine Liegenschaft überbauen und ihre Anteile zu Stockwerkeigentum ausgestalten, liegt darin zweifellos ein wertvolles Mittel für viele Leute aus den genannten Bevölkerungskreisen, an den von ihnen mit ihren Familien bewohnten Stockwerken oder Stockwerkteilen Eigentum zu erwerben. In früherer Zeit haben Angestellte und Arbeiter von dieser Möglichkeit, auch wo sie bestanden hat, keinen Gebrauch machen können, weil ihr Einkommen hiefür zu gering gewesen wäre. Erst die sehr bedeutende Hebung der Einkommens Verhältnisse gestattet vielen Angehörigen dieser Schichten unseres Volkes, die nötigen Mittel aufzubringen, um sich in eine Liegenschaft oder ein Haus einzukaufen.

Soweit das Streben nach einer eigenen Wohnung besteht, sollte deren Erwerb ermöglicht und erleichtert werden. Das wäre
unter verschiedenen Gesichtspunkten eine äussserst wünschbare Verwendung der Mittel, die aus dem Arbeitseinkommen erübrigt werden können, vorteilhaft für den Käufer der Wohnung selber, wertvoll aber auch vom Standpunkte des Gemeinwohles aus. Die eigene Wohnung ist ein wertbeständiges kleines Vermögen, das sich mit der allmählichen Abtragung der für den Erwerb begründeten Pfandschulden erhöht und der Familie erhalten bleibt, während diese für die Benutzung der gleichen Wohnung als Mieterin einen ganz wesentlichen Teil der Aufwendungen, welche zum Erwerb x ) Fr.Bachmann, «Wohnungszählungen» unter Statistik und «Wohnungsbestand und Wohnweise» im Handbuch der schweizerischen Volkswirtschaft 1955.

2 ) Die Zahlen sind in einer Veröffentlichung von Dr. A. Matter, Direktor der Basler Kantonalbank, zusammengestellt, Das Stockwerkeigentum in den Wirtschaftspolitischen Mitteilungen XIV", Januar 1958.

1478 des Eigentums ausreichen würden, für den Mietzins und für momentane Bedürfnisse ausgegeben hätte, ohne einen dauernden Gegenwert zu erzielen. Das eigene Heim stellt überdies einen hohen Persönlichkeitswert dar, aus dem sich auch eine Stärkung des Familiensinnes ergibt uiyl für die ganze Familie eine engere Verbundenheit mit dem Boden und damit auch mit der engeren Gemeinschaft des Hauses und des weiteren Verbandes der Gemeinde entwickelt. Diese Verwurzelung in der Gemeinde erzeugt auch ein vermehrtes Interesse an den öffentlichen Angelegenheiten der Gemeinde und des Staates. Davon darf endlich eine Stärkung des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins erwartet werden. So würde sich eine Verteilung des Eigentums am Wohnraum auf eine möglichst breite Schicht des Volkes durch die Mittel des Stockwerkeigentumserwerbs wirtschaftlich, sozial und staatspolitisch wohltätig auswirken.

Ein starkes Interesse am Erwerb von Geschäfts- und Bürolokalitäten zu Eigentum haben die Handel- und Gewerbetreibenden sowie die freierwerbenden Angehörigen verschiedener akademischer Berufe. Für sie, besonders für die erste Gruppe von ihnen, kann die Kündigung des Mietvertrages besonders schwere Folgen haben, und zwar nicht bloss dann, wenn sie bedeutende Aufwendungen für Installationen und andere Einrichtungen gemacht haben, sondern insbesondere auch, wenn die Kundschaft stark örtlich gebunden ist, so dass sie ihnen bei einem Ortswechsel verloren geht. Wie in verschiedenen Ländern, ist besonders auch in Frankreich die Miete von Handels- und Gewerbelokalitäten 1926 einer eingehenden Spezialgesetzgebung unterworfen worden, die seither wieder ergänzt worden ist. Dem Mieter ist das Eecht eingeräumt, die Erneuerung des Mietverhältnisses zu verlangen und zu dessen Durchsetzung die Intervention des Richters anzurufen. Er hat, wenn die Erneuerung nicht bewilligt wird, Anspruch auf eine Verdrängungsentschädigung und auf Ersatz des von ihm geschaffenen Mehrwertes des Mietobjektes. Diese komplizierte Regelung beschränkt die Vertragsfreiheit stark und scheint dazu auch nicht geeignet, ihren wirtschaftlichen Zweck befriedigend zu erfüllen. Wenn die Handels- und Gewerbetreibenden die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit erhielten, das Eigentum an ihren Geschäftslokalitäten zu erwerben, so wären ihre Interessen und die
Interessen der Allgemeinheit in besserer Weise gewahrt als mit einer Ausnahmegesetzgebung über die Geschäftsmiete *).

Die Einführung des Stockwerkeigentums könnte somit das durch die am 10. Juni 1953 und Y.Dezember 1955 angenommenen Postulate Chaudet und Vincent sowie durch eine Standesinitiative des Kantons Genf vom 4. Februar 1956 und neuerdings eine solche des Kantons Waadt vom 28. November 1962 verlangte Institut der Geschäftsmiete weniger notwendig oder sogar überflüssig machen. Nach Erledigung der jetzigen Vorlage über das Stockwerkeigentum wird übrigens der Bundesrat den eidgenössischen Räten Bericht und Antrag über die erwähnten beiden Standesinitiativen der Kantone Genf und Waadt unterbreiten. Beachtung verdient sodann auch das Bedürfnis, das Eigentum oder !) Plattet, ZSR (1956), S.647a ff. und Friedrich, daselbst S. 125a ff.).

1474 ein Baurecht zur Benutzung des Untergrundes eines Gebäudes zur Erstellung von unterirdischen Garagen, Parkplätzen oder auch von Lagerräumen erwerben zu können. Es ist von Nationalrat Meili in der Begründung seiner Interpellation erwähnt worden u,nd hat sich tatsächlich schon wiederholt in der Praxis geltend gemacht. In den meisten Fällen kann es nicht in einwandfreier, rechtlicher Form befriedigt werden, ohne dass das Stockwerkeigentum eingeführt wird.

Endlich dürften auch die Fälle nicht selten sein, in denen die Aufteilung eines Gebäudes nach Stockwerken in der Erbteilung erwünscht sein wird. Wenn ein Gebäude mit mehreren Stockwerken einen wichtigen Bestandteil eines Nachlassvermögens bildet, der die grösste Wertbeständigkeit aufweist und den sichersten Ertrag abwirft und aus diesen Gründen von allen Erben mit gleich gutem. Eecht beansprucht wird, so ist mit der Teilung nach Stockwerken den persönlichen Verhältnissen und Bedürfnissen der einzelnen Erben am ehesten gerecht zu werden. Der Grundsatz der Gleichheit, den das Gesetz befolgt, indem es in Artikel 610 allen Erben den gleichen Anspruch auf die Gegenstände der Erbschaft gibt, wird dadurch am besten gewahrt.

3. Erfahrungen des Auslandes und Erfolgsaussichten in der Schweiz

Mit der Anerkennung der Zielsetzung ist über die Erfolgsaussichten eines neuen Stockwerkeigentums noch nichts ausgesagt. Die Erfahrungen, welche man im Ausland 1) mit dem Stockwerkeigentum, gemacht hat, vermögen keine Prognose zu begründen. Aus ihnen könnte ein sicherer Schluss auf unser Land selbst dann nicht gezogen werden, wenn sie unter den gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht worden wären, welche bei uns bestehen, kommt es doch für die Nachfrage nach dem Stockwerkeigentum auch noch auf die gefühlsmässige Einstellung der in Frage kommenden Kreise an.

*) Deutschland. Weitnauer H. und Wirths Carl, Gesetz vom 15. März 1951 über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht, Kommentar, 2. Auflage 1955; Diester Hans, Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht, Kommentar, 1952; Der Eigentumsgedanke in der Wohnungswirtschaft und die neuesten Erfahrungen mit dem Wohnungseigentumsgesetz, 1955; Paulick H., Zur Dogmatik des Wohnungseigentums nach dem Wohnungseigentumsgesetz vom 15. März 1951, im Arch f zivPr 752 (1953), S. 420 ff. ; Bärmann J., Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz, 1958, S. 1260; Formularbuch zum Wohnungseigentumsgesetz, 1952; Zur Dogmatik des gemeinen Raumeigentums, im Arch f zivPr 155 (1956), S. l ff. ; Theorie und Praxis des Wohnungseigentums, SJZ 56 (1960), 8.113 ff.

Frankreich. Chevallier J., commentaire de la loi du 28 juin 1938, tendant à régler le statut de la copropriété des immeubles divisés par appartements im Recueil périodique Dalloz 1939, 3e cahier, p.73 ss.; Denis Fr., La réglementation des sociétés de construction et le statut des copropriétaires d'immeubles divisés par appartements, Paris 1950; Formulaire de la copropriété des immeubles divisés par appartements, Paris 1953; Kisohinewsky-Broquisse Edith, Statut de la copropriété des immeubles et sociétés de construction, Paris 1958.

Belgien. Aeby Fr., La propriété des appartements. Ses aspects juridiques et pratiques. Avec la collaboration de E. Gevers et C.Tombroff, Bruxelles 1960.

1475 Die Erfahrungen des Auslandes mit dem Stockwerkeigentum sind indessen unter wirtschaftlichen Voraussetzungen gemacht worden, die von den unsrigeu sehr stark verschieden waren. In unseren Nachbarstaaten samt Belgien, auf die wir unsere Bemerkungen beschränken, ist die Verbreitung des Stockwerkeigentums an Wohngebäuden auf eine Wohnungsnot schwerster Art zurückzuführen.

Das tritt am eindeutigsten zutage für Deutschland, wo Kriegszerstörungen von unerhörtem Ausmass und ein gewaltiger Zustrom von Flüchtlingen den Einsatz aller Arbeits- und Finanzkräfte für den Wohnungsbau nötig machten, der trotzdem der dringenden Nachfrage nicht zu genügen vermochte. In dieser Lage schritt man zur Einführung des Wohnungseigentums, mit der Erwartung, dass es sich rasch und weit verbreiten werde. Diese Erwartung hat sich trotzdem nicht ganz erfüllt, wenn auch in einzelnen Städten der Anteil der Eigenwohnungen am Neuwohnungsbestand erheblich ist und weiterhin zunimmt 1 ). In Österreich ist das Wohnungseigentum mit grösstem Erfolg zur Anwendung gekommen, wofür aber die Verbindung mit den finanziellen Massnahmen zur Förderung des Wiederaufbaues massgebend gewesen ist (Diester, a.a.O., S. 114 ff.). In Frankreich, Belgien und Italien hat die rechtliche Möglichkeit der Begründung von Stockwerkeigentum, wie bereits bemerkt, immer bestanden. Die Bestimmung des Code civil über das Stockwerkeigentum (Art. 664) war zwar eine unzureichende Eegelung. Aber dieser Mangel hat sich vor dem ersten Weltkrieg kaum bemerkbar gemacht, weil das altüberkommene Stockwerkeigentum, wie es besonders in Grenoble und Bennes bestand, ohnehin seine eigene Begelung hatte, die Neubegründung von Stockwerkeigentum unter der Herrschaft des Code civil aber bis dahin auch in Frankreich so wenig wie in der Schweiz einem starken Bedürfnis und dem Zuge der Zeit entsprach. « Quoi qu'il en soit, l'institution contrariait à l'esprit individualiste du XIXe siècle et devait apparaître aux rédacteurs du code civil comme une survivance en voie d'abandon» (Chevallier J., Commentaire, p. 73). Erst nach dem ersten Weltkriege setzte eine starke Nachfrage nach Eigenwohnungen ein. Die Wohnungsnot einerseits, anderseits die Abneigung der Bauherren und -gesellschaften, ihre Kapitalien dauernd in Wohngebäuden festzulegen, deren Unterstellung unter Sondervorschriften zum
Schütze der Mieter sie befürchteten, haben einen Aufschwung des Stockwerkeigentums herbeigeführt, der schliesslich 1938 die neue gesetzliche Begelung nötig machte Österreich. Oberndorfer H., Das Wohnungseigentum, Kommentar zum Bundes3setz vom 8. Juli 1948 betreffend das Eigentum an Wohnungen und Geschäftsräumen, inz 1948.

Italien. Commentario del Codice Civile a cura di Antonio Soialoja e Giuseppe Branca, libro terzo: Della proprietà, 2a ed. 1955, voi. Ili; Branca G., Comunione e Condominio (art. 1100-1172); Salis L., Il condominio negli edifici, 2a ed. 1956 (Trattato di diritto civile italiano sotto la direzione di P.Vassalli VI); Visco A., Le case in condominio, 5a ed. 1960; Peretti Griva D.R., Ha condominio di case divise in parti, 2a ed.

1960; Rizzi V., n condominio negli edifici, 3 ed., Bari 1956; Bosisio O., Guida pratica nel condominio, 5a ed., 1955; Toso A. e Cardelli E., Il condominio, 3a ed., Roma 1955; Nobile1 G.A., L'amministratore del condominio, 2a ed., Napoli 1956.

) Diester H., Der Eigentumsgedanke in der Wohnungswirtschaft 1955, S. 60 ff.

und S. 129 ff.

£

1476 (vgl. Chevallier, a.a.O.). Mit dieser konnte sich Frankreich an das Vorbild Belgiens halten, wo dem Code civil als Artikel 577bls das Gesetz eingefügt worden war, durch welches die Bestimmungen über das Miteigentum so geändert und ergänzt worden sind, dass sie den sich aus dem Stockwerkeigentum ergebenden Anforderungen zu genügen vermochten. Wir verweisen darüber auf Weitnauer-Wirths, Komm. 2, S. 28; J.Bärmann, Kommentar, S'. 12-65.

In Italien ist die Entwicklung, die zu einer grossen Verbreitung des Stockwerkeigentums geführt hat, ähnlich verlaufen wie in Frankreich. Vor dem ersten Weltkrieg war das Stockwerkeigentum nicht von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Es gab Landesgegenden, insbesondere einzelne Städte, in denen es häufiger anzutreffen war, andere, in denen es beinahe unbekannt war 1). Daraus wird die Tatsache erklärt, dass man im Codice civile von 1865 kaum wesentlich über die rudimentäre Eegelung des französischen Code civil hinausgegangen ist.

Auch hier war es die schwere Wohnungsnot der Zeit unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg, welche der Begründung neuen Stockwerkeigentums die Bahn gebrochen hat. Nach verschiedenen Autoren hat die künstliche Tiefhaltung der Mietzinse für Altwohnungen einmal die Wohnungsnot verschärft, weil diese Wohnungen von den alten Mietern beibehalten worden seien, auch wenn ihnen viel kleinere Wohnungen genügt hätten. Vor allem aber hätten viele Hauseigentümer, weil sie als Vermieter nicht mehr auf ihre Eechnung gekommen seien, Wohnungen verkauft, was möglich gewesen sei, weil die Erwerber die bestehenden Mietverträge kündigen konnten, wenn sie die Wohnung für den Eigenbedarf gekauft hatten und selber mit der eigenen Familie beziehen wollten. Die Mieter, welche ausziehen mussten oder fürchteten, ausziehen zu müssen, traten am Wohnungsmarkt als Käufer auf und verstärkten die Nachfrage. Aber auch . die Erstellung neuer Gebäude wurde durch die aussergewöhnliche Nachfrage nach Wohnungen mächtig angeregt, und die Gesellschaften, welche diese Bautätigkeit durchführten oder finanzierten, waren meistens daran interessiert, die aufgewendeten Kapitalien wieder freizubekommen, um sie erneut in der Bautätigkeit einsetzen zu können. Dazu eignete sich die Veräusserung der erstellten Gebäude zu Stockwerkeigentum vorzüglich2). Hingewiesen wird auch auf den starken
Beitrag zur Verbreitung des Stockwerkeigentums, welchen die Wohnbaugenossenschaften mit und ohne staatliche Beiträge geleistet haben. Als tatkräftige Förderer des Stockwerkeigentums und seiner Ausbreitung werden auch Architekten, Ingenieure, Geometer genannt, ferner die Inhaber von Treuhand-, Eevisions- und Verwaltungsbüros, denen sich in der Übernahme der Hausverwaltungen ein neues Arbeitsfeld eröffnete (Bosisio, a.a.O. S. 8). Nach Azara A.

(Etudes de droit civil à la mémoire de Henri Capitani, 1939, S. 40) ist die Mehrzahl aller Neubauten in den Städten nach Stockwerken geteilt. Innert weniger Jahre hatte sich in solcher Weise eine eigentliche Umschichtung im Eigentum am Wohnraum vollzogen, und zwar in einem so stürmischen Tempo, dass mit ihr die !) Peretti-Griva, a.a. 0., S.5; Visoo A., a.a.O., S.2 ff. ; Bosisio O., a.a.O., S.7 ff.,

S.U.

2

) Visco, a.a.O., S.4 ff. und Bosisio, a.a.O. S.7 ff.

1477 rechtliche Regelung der Beziehungen zwischen den Stockwerkeigentümern nicht Schritt halten konnte. Sie musste zunächst auf vertraglicher Grundlage getroffen werden, bevor die für ihre Ausgestaltung nötigen Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden konnten. Es entstand daraus grosse Verwirrung, Unsicherheit, viel Streit und Feindschaft. Die gesetzgeberische Eegelung wurde unerlässlich. Diese folgte mit dem Eegio Decreto Legge vom 15. Januar 1984, mit Abänderungen als Gesetz vom 26. Januar 1935 publiziert. Schliesslich ist sie in den Codice civile 1942 übernommen und zu diesem Zwecke umgearbeitet worden.

Der Aufschwung des Stockwerkeigentums in unseren Nachbarstaaten und in Belgien kann wohl als Beweis dafür gelten, dass dieses Institut in seiner modernen Ausgestaltung zur Erreichung der ihm in der Gesetzgebung gesetzten Zwecke geeignet ist. Geht man den Ursachen der starken Verbreitung nach, so gelangt man zur Feststellung, dass unter ihnen die Wohnungsnot im eigentlichen Sinne und die Tatsache von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sind, dass grosse Kapitalien, für die feste Anlagen gesucht wurden, entweder nicht vorhanden waren oder nicht zur Anlage in Mietshäusern (Wohnbauten und Geschäftsgebäuden) drängten. Weder der eine noch der andere dieser Faktoren hat bei uns in der gegenwärtigen Zeit auch nur im entferntesten eine vergleichbare Existenz und Wirkung. Es dürfte deshalb in unserem Lande nicht damit zu rechnen sein, dass das Stockwerkeigentumsgebäude in erheblichem Umfange an die Stelle der grossen Mietshäuser in den Zentren der Städte und an weiteren wirtschaftlichen Mittelpunkten treten werde. Es wird vielmehr seine Bedeutung da erlangen, wo neue Geschäftshäuser ausserhalb der eigentlichen Stadtzentren erstellt werden und in der Hauptsache zur Befriedigung der Bedürfnisse dienen, die bisher durch den Bau von Einfamilienhäusern erfüllt worden sind. Das ist aber auch der Hauptzweck des Stockwerkeigentums. Nur darf man nicht erwarten, dass bej uns eine so rasche und so stark in die Breite gehende Bewegung einsetzen werde wie im Ausland zur Zeit der grössten Wohnungsnot. Darauf hat der Vertreter des Bundesrates schon in der Beantwortung der Interpellation Meili hingewiesen.

Da die gesetzgeberische Ausgestaltung des Stockwerkeigentums in Deutschland und Österreich schon einige Jahre,
und in Belgien, Frankreich und Italien gar zwei Jahrzehnte zurückliegt, reichen die Erfahrungen mit diesem Institut, namentlich in den zuletzt genannten Ländern, zu einer zuverlässigen, wenn auch vielleicht noch nicht ganz endgültigen Beurteilung des stärksten Einwandes aus, der gegen das Stockwerkeigentum erhoben werden kann, des Vorwurfes nämlich, es sei eine Quelle unablässiger Streitigkeiten und aus diesem Grunde abzulehnen.

Dieses Argument und diese Stellungnahme begegnen uns in der Literatur der genannten Länder nicht. Daraus darf wohl der Schluss gezogen werden, dass die Verbreitung des Stockwerkeigentums den Mißstand des Unfriedens und der feindschaftlichen Auseinandersetzung zwischen den Eigentümern ein und desselben Hauses unter dem neuen Eecht nicht mehr zur Folge gehabt hat. Zwingend wäre dieser Schluss aus dem Fehlen solcher Klagen in der Literatur allerdings nicht. Aber es liegen auch positive Zeugnisse darüber vor, dass er richtig Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

99

1478 ist. Plattet, der sich besonders mit den Verhältnissen in Frankreich und Belgien befasst hat, ist zu folgendem Schluss gekommen: «Les expériences étrangères montrent qu'il naît si peu de conflits de la propriété par étages que la jurisprudence est très rare. On ne saurait en dire autant de la location» (ZSE 75, S. 652a).

Für Italien kann zwar bezüglich der Zahl der zum Stockwerkeigenturn ergangenen Gerichtsentscheide nicht das gleiche gesagt werden. Aber sie scheint, seitdem die gesetzliche Eegelung sich eingelebt hat, ebenfalls nicht zu Besorgnissen Anlass gegeben zu haben.

Es ist anzunehmen, dass die Konfliktmöglichkeiten gegenüber früheren Zeiten sehr stark herabgesetzt werden können durch die moderne Bauweise, mit welcher die einzelnen Wohnungen und Geschäftsraumeinheiten zu weitgehend selbständigen, in sich geschlossenen und sich selbst genügenden Gebäudeteilen werden. Wenn dementsprechend vorgeschrieben wird, dass nur Einheiten dieser Art zu Objekten des Stockwerkeigentums gemacht werden dürfen, und wenn ausserdem die Beziehungen zwischen den Stockwerkeigentümern durch Gesetz und Réglemente eingehend geregelt werden, so stehen wir vor einer andern Lage als zu der Zeit, in der das Stockwerkeigentum seinen schlechten Euf erwarb.

Gleichwohl können noch genügend Konfliktmöglichkeiten bestehen, mit denen gerechnet werden muss.

Drittes Kapitel Grundzüge der neuen Regelung A. Das Miteigentum als Grundlage des Stockwerkeigentums I. Das Verhältnis zwischen Miteigentum und Stockwerkeigentum im allgemeinen Stockwerkeigentum ohne Miteigentum besteht nirgends, weil es keine Gebäude geben kann, ohne dass der Boden und wesentliche Bauteile, wie das Dach, die Fundamente und tragenden Mauern, allen Stockwerkeigentümern dienen, von ihnen gemeinschaftlich genutzt und unterhalten werden und deshalb auch in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum stehen müssen. Im alten Recht und teilweise auch nach den modernen Gesetzen über das Stockwerkeigentum werden die gemeinschaftlichen Gegenstände als Nebensachen behandelt, die das rechtliche Schicksal der Stockwerke, welche die Hauptsachen sind, teilen. Das ist die Auffassung, an welcher im französischen und italienischen Hecht festgehalten wurde, weil sie da der Tradition entsprach. In unserem Recht ist Sondereigentum an einem Sachteil, wie einer Baute als Bestandteil
der Liegenschaft, nur als Ausnahme vom Akzessionsprinzip auf Grund einer Servitut oder Legalservitut zugelassen. Von diesem Prinzip, wie überhaupt vom geltenden Recht, sollte man nicht weiter abweichen, als zur Einführung des Stockwerkeigentums unumgänglich ist. Es liegt deshalb nahe, das im ZGB geordnete Miteigentum in dem Sinne zur Grundlage des Stockwerkeigentums zu machen, dass. letzteres nichts anderes ist als eine entsprechend ausgestaltete Miteigentumsberechtigung.

1479 Dann gibt es auch im Stockwerkeigentunisverhältnis nur Miteigentum, aber Miteigentum, das inhaltlich in bezug auf die Stockwerke als Sonderobjekte anders ausgestaltet ist als in bezug auf die gemeinschaftlich genutzten und unterhaltenen Objekte. Die praktischen Konsequenzen der einen und der andern Auffassung sind aber nicht wesentlich verschieden oder brauchen es wenigstens nicht zu sein. Nach beiden Auffassungen bilden die Stockwerkeigentümer eine Miteigentumsgemeinschaft. Ihr Verhältnis untereinander wird in allen Fragen, die Unterhalt, Erneuerung, Benutzung und Beschädigung der gemeinschaftlichen Bauteile und Einrichtungen zum Gegenstand haben, vom Miteigentumsrecht beherrscht.

Die gemeinschaftlichen Bauteile und Einrichtungen sind in den nach den Anforderungen unserer Zeit erstellten Gebäuden nach ihrem Umfang, nach ihrer Bedeutung für die Benutzung der einzelnen Wohnungen und nach ihrem Anteil an den gesamten Baukosten viel wichtiger, als sie es in früherer Zeit gewesen sind. Im gleichen Verhältnis hat auch die Bedeutung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den Sonderangelegenheiten und des Miteigentumsrechtes gegenüber dem Sonderrecht zugenommen. Das gilt auch für die Bechtsordnungen, die grundsätzlich bei der Auffassung geblieben sind, dass das Stockwerk eine selbständige Sache und im Verhältnis zum Miteigenturnsanteil die Hauptsache sei l ).

Daraus erklärt sich, dass gerade auch in Belgien, Frankreich und Italien die Grundlage für die neue Regelung des Stockwerkeigentums durch entsprechende Ausgestaltung der Miteigentumsordnung geschaffen worden ist. In diesen Ländern war das eine Umgestaltung, die grundsätzliche Bedeutung hatte und umfassender sein musste, als sie bei uns zu sein braucht. Die Miteigentumsordnung im belgischen und italienischen wie im französischen Code civil war beherrscht vom Grundsatz der Einstimmigkeit, nach welcher jeder Beteiligte jede gemeinschaftliche Verwaltung hindern konnte (jus prohibendi) und jeder andere sich den Schwierigkeiten der gemeinschaftlichen Betätigung nur durch die Veräusserung seines Anteils oder durch das Aufhebungsbegehren entziehen konnte 2 ).

Deshalb war es in diesen Ländern für die Kegelung des Stockwerkeigentums nötig, zunächst dem Miteigentum eine andere Basis zu geben, auf der es in den Dienst eines dauernden
gemeinschaftlichen Verhältnisses gestellt werden konnte.

Die wichtigste Änderung war die Herstellung einer vom Mehrheitsprinzip beherrschten Verwaltungsgemeinschaft. Belgien hat sich mit dieser Ausgestaltung des Miteigentumsrechtes fast ganz begnügt, dabei eine einzige spezielle Bestimmung für das Stockwerkeigentum aufgestellt und sie ergänzt durch eine Vorschrift über die Verpfändung von Stockwerkeigentum, erlassen durch das Gesetz vom 8. Juli 1924, «modifiant les dispositions du Code civil relatives à la copro!) Friedrich, ZSR 75, S.20a ff.; Diester, Kommentar, § 3, N.3, S.72.

) Barassi, Proprietà e comproprietà, 1951, S. 101 ff., 123, 138; Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II, § 286, N. 6, S. 805; Haab, Kommentar, N. 15 der Vorbemerkungen zu den Artikeln 646-654 ZGB; Plattet, ZSR 75, S.623a f., 651 a, 658 a.

2

1480 priété» (Flattet, ZSE 75, S. 623« ff.). Das belgische Gesetz erfüllt seinen Zweck durchaus; es zeichnet sich auf jeden Fall durch Einfachheit und Prägnanz aus.

Grundsätzlich den gleichen Weg beschritten Frankreich und Italien mit ihrer allerdings wesentlich ausführlicheren Regelung, die für Frankreich in dem Spezialgesetz vom 28. Juni 1938 mit den seitherigen Ergänzungen, für Italien aber, gleich wie für Belgien, im Codice civile selber ihren Platz gefunden hat.

Österreich hatte in den §§ 825 ff. seines Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches und Deutschland in den §§ 741 ff. (Gemeinschaft) und 1008 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (Miteigentum) bereits die Verwaltungsgemeinschaft der Miteigentümer, in welcher das Mehrheitsprinzip (Stimmenmehrheit nach Anteilen) galt (B GB § 745; AB GB § 835). Da konnte deshalb das Stockwerkeigentum ohne wesentliche Änderungen der Miteigentumsordnung eingeführt werden. Was das österreichische Gesetz vom 8. Juli 1948 Wohnungseigentum nennt, ist, wie es in seinem § l ausdrücklich sagt, «das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte Eecht auf ausschliessliche Nutzung und alleinige Verfügung über bestimmte Wohnungen und Geschäftsräume» 1 ). In Deutschland geht die herrschende Meinung dahin, dass das Wohnungseigentum, das auch da ein Inbegriff von Befugnissen und Verpflichtungen ist, die einem jeden Beteiligten zugeschieden sind, damit er die ausschliessliche Nutzung und Verwaltung sowie die Verfügung über seine Wohnung hat, echtes Stockwerkeigentum sei, d.h. Eigentum am Stockwerk als besonderem, der Sache analog behandeltem Objekt 2 ).

Das deutsche Wohnungseigentumsgesetz selber hat jedoch in seinem § 3 das Sondereigentum an der Wohnung als Beschränkung des Miteigentums am Grundstück erklärt. Damit ist nicht gemeint, dass das Miteigentum mit dem Sondereigentum als einem beschränkten dinglichen Eecht belastet wäre, son dern dass sein Inhalt so ausgestaltet ist, wie das Stockwerkeigentum es verlangt 3).

II. Mängel der Miteigentumsordnung des ZGB 1. Im allgemeinen Das gemeinschaftliche Eigentum mehrerer Personen an ein und derselben Sache wird immer dann auf die Probe der Bewährung gestellt, wenn die Sache von allen Beteiligten benutzt wird und jeder von ihnen in der Nutzung zeitlich oder räumlich gemäss seinem Anteil beschränkt ist, besonders aber dann, wenn
Vorkehren getroffen und Aufwendungen gemacht werden müssen, um die Sache vor drohendem Schaden zu bewahren, wenn Unterhalts- und Erneuerungs!)

Oberndorfer Hans, a.a. 0., 1948, S. 13 ff.

2 ) Weitnauer-Wirths, a. a. O. N. 17 der Vorbemerkungen, S.36 ff. ; Diester, a.a. O., § 3, N.3 ff., S.72 ff.; Bärmann J., Formularbuch 1952, S.5 ff.; Paulick, a.a.O., S.420 ff. ; Westermann H., Sachenrecht, 3. Auflage 1956, S. 128; Wolff-Eaiser, Sachenrecht, 10. Auflage 1957, § 89 II l, S.357; Friedrich, ZSR 75, S.22 a und Liver, ZBGB 35, S.39 ff.

) Wolff-Baiser, a.a.O., § 89 II; 357 N.8, 358 und N. 11; Weitnauer-Wirths, a.a.O., Kommentar, N.23 zu § 8, S.43; Diester, a.a.O., § 3, S.72 ff.

1481 arbeiten gemacht werden müssen und einzelne Miteigentümer sich dem widersetzen und ihre Beiträge an die Kosten dieser Arbeiten nicht leisten. Diese Schwierigkeiten stellen, sich am häufigsten ein und haben die schädlichsten Wirkungen, wenn Gegenstand des Miteigentums ein Bauwerk ist, etwa eine Wasserversorgungsanlage (Quellfassung, Eeservoir, Brunnen), insbesondere aber, wenn es ein Haus, ein Stall, eine Eemise ist, ein Gebäude also, das von allen Miteigentümern benutzt wird, das unterhalten, repariert und von dem schädigende Einwirkungen seitens der Nachbargrundstücke abgewehrt werden müssen. Das Miteigentum an Gebäuden ist in einzelnen Landesgegenden sehr stark verbreitet, wie etwa in Graubünden, wo es an Häusern und noch viel häufiger an den bäuerlichen Wirtschaftsgebäuden besteht und meistens durch Erbteilungen entstanden ist. Wenn die einzelnen, oft sehr zahlreichen Parzellen des landwirtschaftlich genutzten Bodens unter zwei oder mehrere Erben verteilt wurden, mussten auch die zugehörigen Wirtschaftsgebäude geteilt werden. Sie konnten aber nicht körperlich geteilt werden, weshalb die Teilung nach ideellen Quoten erfolgte, wobei dann mitunter die Benutzungsrechte zeitlich oder auch räumlich begrenzt und ausgeschieden wurden,, so dass stockwerkeigentumsähnliche Verhältnisse entstehen konnten.

Wie Liver (ZBGE 35, S. 24) auf Grund der reichen Erfahrungen, die in Graubünden mit solchen Verhältnissen gemacht werden können, dargelegt hat, ergeben sich an diesem Miteigentum an Gebäuden oft eigentliche Mißstände, zu deren Verhinderung oder Behebung die Bestimmungen des ZGB sich nicht eignen. «Es (das Miteigentum an Gebäuden) verdient da die alte Bezeichnung als mater rixarum (Mutter von Streitigkeiten) vollauf. Entweder werden diese Streitigkeiten in kostspieligen und erbitterten Prozessen ausgetragen, oder man scheut sich davor und lässt die Gebäude zerfallen oder unterhält sie doch nur schlecht und notdürftig, so dass man ihnen von weitem ansieht, dass sie im Miteigentum stehen.» 2. Einzelne Unzulänglichkeiten a. Die Willkür der Mehrheit Die Herrschaft des Mehrheitsprinzips genügt nicht, um Streitigkeiten zu verhindern, und ebensowenig, um einen genügenden Unterhalt des Gebäudes zu gewährleisten. Es kommt immer wieder vor, dass der Miteigentümer, der darauf angewiesen ist, das Gebäude zu
benutzen, und deshalb auf die Ausführung der nötigen Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten drängt, in der Minderheit ist. Nach der bestehenden Eegelung muss er auf diese Arbeiten verzichten, es sei denn, er bezahle sie selber, wenn die Mehrheit sich passiv oder ablehnend verhält. Denn auch zu den «gewöhnlichen Verwaltungshandlungen, wie Anordnung von Ausbesserungen und Besorgung der Anpflanzungen» ist der einzelne Miteigentümer nur befugt, «solange die Mehrheit nicht anders verfügt» (ZGB Art. 647, Abs. 2). Die Mehrheit kann danach jede Eeparatur zu Lasten aller verbieten, auch wenn infolgedessen das Gebäude zerfällt und unbenutzbar

1482 wird, weil das Dach schadhaft geworden oder vom Föhnsturm weggerissen worden ist.

b. Schwierigkeiten der Mehrheitsbildung Der häufigste Fall ist die aus zwei Miteigentümern bestehende Gemeinschaft. Da ist die Mehrheitsbildung unmöglich.

Zur Anordnung von wichtigeren Verwaltungshandlungen verlangt das Gesetz einen Beschluss mit Mehrheit nach Köpfen und Anteilen. Wenn ein Miteigentümer zur Hälfte beteiligt ist, kann er von den 2, 3, 4 oder 5 anderen Miteigentümern nicht überstimmt werden. Gegen ihn kann kein Beschluss zu einer wichtigeren Verwaltungshandlung gefasst werden.

c. Unsachgemässe Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und wichtigeren Verwaltungshandlungen Diese Unterscheidung, die sich an Bestimmungen über Miete (Art. 263, Abs. 2 OE) und Pacht (Art. 284/85 OE) sowie über die Nutzniessung (Art. 764 ZGB) anlehnt, ist verfehlt, soweit zu bestimmen ist: 1. welche Unterhalts- oder Brneuerungsarbeiten zu Lasten aller durchgeführt werden müssen auf Begehren jedes einzelnen, 2. welche durch einfachen Mehrheitsbeschluss, 3. welche durch einen Beschluss mit qualifiziertem Mehr angeordnet werden können, 4. für welche die Zustimmung aller erforderlich ist. Dafür kann nicht massgebend sein, ob eine kleinere oder grössere Eeparatur in Frage steht, sondern nur, ob die Eeparatur oder Erneuerungsarbeit für die Erhaltung des Wertes oder der Gebrauchsfähigkeit der Sache notwendig oder bloss nützlich ist oder gar lediglich der Verschönerung oder zum Prunke dient, also luxuriösen Charakter hat. Die Ersetzung des vom Sturme weggerissenen Dachflügels ist eine Hauptreparatur, aber zugleich zur Erhaltung des Gebäudes und seiner Gebrauchsfähigkeit absolut notwendig. Zu ihr müssen deshalb die Miteigentümer verpflichtet sein.

Nach Artikel 647, Absatz 3 ZGB müsste sie unterbleiben, wenn sie nicht durch Mehrheitsbeschluss angeordnet würde, und zwar bedarf es dazu der Mehrheit nach Köpfen und der Mehrheit nach Anteilen. Das Gesetz erschwert damit gerade weitgehend Massnahmen zur Verhinderung des Zerfalls und Untergangs des im Miteigentum stehenden Gebäudes.

d. Versagung behördlicher Hilfe Das Gesetz macht in diesem Falle die Mehrheit zum König. Es gibt ihr ausdrücklich das Becht, dem einzelnen Miteigentümer auch die Anordnung notwendiger kleiner Eeparaturen zu Lasten aller zu verbieten. Dem würde es widersprechen,
wenn dann der einzelne Miteigentümer gegen die anderen Miteigentümer klagen könnte mit dem Begehren, sie seien zu verurteilen, die Eeparatur durchzuführen und ihren Anteil an den Kosten zu übernehmen. Ist ein Beschluss der Miteigentümer überhaupt nicht zu erwirken (siehe Buchstabe b hievor), so muss diese Klage zugelassen werden. Trotz des Widerspruches

1483 zum Gesetz kann sie aber auch nicht ausgeschlossen sein, wenn sie sich gegen die Mehrheit richtet, weil es eben sinnwidrig ist, die Ablehnung einer zur Erhaltung der Sache absolut notwendigen Reparatur durch die Mehrheit zu schützen, wenn eine Minderheit dadurch schwer geschädigt würde, weil sie auf die fernere Benutzung der Sache angewiesen ist.

Aber wenn die Hilfe des Eichters nicht anders als mit der Durchführung eines Prozesses im ordentlichen Verfahren erlangt werden kann, wird auf sie tatsächlich in den meisten Fällen verzichtet. Die Kosten, die Umtriebe und die Feindseligkeit, die aus einem langwierigen Prozess erwachsen, schrecken ab.

Der Schaden bleibt unbehoben, vergrössert sich und verursacht den Zerfall des Gebäudes. Deshalb müssen die Zuständigkeit und das Verfahren so geordnet werden, dass die behördliche Hilfe rasch und ohne grosse Kosten erlangt werden kann.

e. Das Erfordernis der Einstimmigkeit für Beschlüsse über die Ausführung von Erneuerungs- und Erweiterungsbauten Zu den wichtigeren Verwaltungshandlungen, die mit der Mehrheit nach Personen und nach Anteilen beschlossen werden können, zählt das Gesetz vor allem die Hauptreparaturen. Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die zur Modernisierung eines Gebäudes und zur Steigerung seines Wertes, seiner Gebrauchsfähigkeit und seines Ertrages vorgenommen werden, liegen ausserhalb des Bereichs der «wichtigeren Verwaltungshandlungen», können also nur mit Zustimmung aller Beteiligten vorgenommen werden. Diese Regelung lässt sich aus der Ansicht erklären, das Miteigentumsverhältnis an Gebäuden bestehe nur für eine kurze Übergangszeit und sei bloss eine Form der gemeinschaftlichen Benutzung eines Gebäudes, wie es nun einmal besteht, brauche aber nicht eine gemeinschaftliche Betätigung zur Anpassung des Gebäudes an neue Bedürfnisse zu ermöglichen. Damit kann das Gesetz aber den Anforderungen, die sich aus einer dauernden Eigentumsgemeinschaft an Gebäuden ergeben, nicht gerecht werden.

/. Keine Möglichkeit des Ausschlusses eines pflichtvergessenen oder unverträglichen Miteigentümers aus der Gemeinschaft Wenn die Gemeinschaft für die Miteigentümer unerträglich wird, weil einer der Gemeinschafter sich aller Verpflichtungen entschlägt, auch die notwendigsten Massnahmen zur Erhaltung der Sache ablehnt oder sich durch sein streitsüchtiges
Verhalten unmöglich macht, kann er doch nicht durch Abfindung ausgeschlossen werden. Der Miteigentümer, für den die Gemeinschaft unerträglich geworden ist, kann sie aufgeben, indem er seinen Anteil veräussert oder indem er die Aufhebung des Miteigentums verlangt. Aber er ist gewöhnlich jener Teil, dem an der Benutzung der gemeinschaftlichen Sache viel gelegen ist, für den sie vielleicht gar unentbehrlich geworden ist. Die Veräusserung des.

1484 Anteils kommt deshalb für ihn nicht in Frage und die Aufhebungsklage kann, wenn sie gutgeheissen wird, gerade die Folge haben, daas der Kläger die Sache nicht zu erwerben vermag, sondern dass sie, etwa in der Versteigerung, einem anderen Miteigentümer oder einem Dritten, der mehr bieten kann, zugeschlagen wird.

Das sind Mängel und Schwächen unserer Miteigentumsordnung, die sich insbesondere in der Ausübung des Miteigentums an Gebäuden gezeigt haben.

Wollte man das Stockwerkeigentum getrennt vom Miteigentum, etwa in einem Spezialgesetz, regeln, so müsste diese Eegelung eine revidierte Miteigentumsordnung umfassen. Das wäre indessen ein unzweckmässiges Vorgehen. Es ist vielmehr gegeben, dass die Bestimmungen des ZGB über das Miteigentum revidiert werden, so dass für das Stockwerkeigentum nur noch die speziellen Vorschriften aufgestellt werden müssen, welche durch die Besonderheit nötig gemacht werden, die es gegenüber gewöhnlichen Vorschriften des Miteigentums auf weist.

III. Die Ausgestaltung des Miteigentumsanteils zu Stockwerkeigentum Wie unter Ziffer I bereits dargelegt worden ist, schliesst sich eine Eegelung des Stockwerkeigentums dann am engsten an unser geltendes Eecht an, wenn das Stockwerkeigentum als eine Sondererscheinung des Miteigentums behandelt wird. Auf der Grundlage des Miteigentums ist das Stockwerkeigentum in allen unseren Nachbarstaaten geregelt; in Deutschland und Österreich ist es vom Miteigentum nicht gesondert, sondern ist selber besonders ausgestaltetes Miteigentum. Nur wird im Eigentum an den vom einzelnen Wohnungseigentümer ausschliesslich benutzten und unterhaltenen Teilen des Gebäudes ein mit dem Miteigentumsanteil an den gemeinschaftlichen Teilen des Gebäudes und der Liegenschaft verbundenes besonderes Eigentum mit einem besonderen, dem Sachbegriff des BGB nicht entsprechenden Objekt gesehen.

Nach dem vorliegenden Entwurf ist das Stockwerkeigentum ebenfalls ein besonders ausgestaltetes Miteigentum. Die Besonderheit in der Ausgestaltung wird aber bloss darin gesehen, dass zum Inhalt eines jeden Miteigentumsanteils die ausschliessliche Benutzung, Unterhaltung und Verwaltung eines bestimmten Stockwerkes gehört. Das Stockwerk, soweit es Objekt des Sonderrechts des einzelnen Stockwerkeigentümers ist, bildet aber nicht ein besonderes Eigentumsobjekt, sondern nur ein
besonderes Objekt der Nutzung, Verwaltung und des Unterhalts. Es ist also ein besonderes Objekt des die Nutzung, Verwaltung und den Unterhalt umfassenden Sonder-Eechts, nicht des Sonder-Eigentums.

Sondereigentum im eigentlichen Sinne gibt es in diesem Aufbau der Stockwerkeigentumsordnung nicht. Das Eigentum ist Miteigentum. Sein Objekt ist deshalb das Grundstück als Ganzes. Da das Sonderrecht am einzelnen Stockwerk aber zum Inhalt des Miteigentumsanteils gehört, kann es ohne groben Verstoss gegen die Strenge der juristischen Begriffsbildung als Stockwerkeigentum bezeichnet werden.

1485 Dass die besondere Ausgestaltung des Miteigentums, welche Liver (ZBGE 35, S. 22 ff.) vorgeschlagen hat, der richtige Weg zur Einführung des Stockwerkeigentums ins schweizerische Recht sei, ist auch von den beiden Referenten des Schweizerischen Juristenvereins im Jahre 1956 anerkannt und dargelegt worden 1 ). Dagegen entspricht die Meinung Friedrichs (a.a.O., S. 216a I und 260a), dass die Befugnis zur ausschliesslichen Benutzung und Verwaltung des Stockwerkes als besonderes Recht und die Verpflichtung zur Unterhaltung des Stockwerkes als besondere Last mit dem Miteigentumsrecht verbunden und im Grundbuch einzutragen seien, nicht der hievor dargestellten und dem Entwurf zugrunde gelegten Auffassung. Nach dieser sind diese besonderen Befugnisse und Verpflichtungen gesetzlicher Inhalt des zum Stockwerkeigentum ausgestalteten Miteigentumsanteils und sind deshalb besonderer Eintragung nicht bedürftig und nicht fähig.

Im Sinne dieser vorn Entwurf befolgten Auffassung dürften Bemerkungen, die schon Eugen Huber und dann wieder Robert Haab gemacht haben, zu deuten sein. Eugen Huber (Erläuterungen II 92) wollte die Neubegründung von Stockwerkeigentnm nicht ausgeschlossen wissen, sofern sie in den neuen Formen des neuen Rechts möglich sei. Diese Möglichkeit sah er in einem «Miteigentum mit dinglicher Festlegung der Benutzungsgrenzen». Wenn die Benutzungsgrenzen durch Gesetz festgelegt werden, liegt das besonders ausgestaltete Miteigentum in dem Sinne, wie das soeben dargelegt wurde, vor. Dazu hat Haab in seinem Kommentar (N. 17 zu Art. 675, wozu auch N. 8 zu Art. 646 zu vergleichen ist) sich zustimmend ausgesprochen, indem er zwar die Verbindung mit Miteigentum und beschränkten dinglichen Rechten (Ersatzform) für einwandfrei hält, aber die Lösung des Entwurfes vorziehen würde: «Viel einfacher als die dem Stockwerkeigentum entsprechende Gestaltung der Benutzungsverhältnisse durch gegenseitige Dienstbarkeitsberechtigungen und -belastungen der Miteigentumsanteile wäre die Aufstellung einer Gebrauchs- und Nutzungsordnung, welche für alle Beteiligten und ihre Singularsukzessoren wirksam wäre.» Eine solche Nutzungsordnung kann aber durch Vertrag nicht mit Wirkung für die Singularsukzessoren hergestellt werden. Wohl aber lässt sie sich als gesetzliche Umschreibung des Inhaltes ohne weiteres mit dieser Wirkung herstellen.

B. Die besonderen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum

I. Die Einfügung der neuen Bestimmungen in das Sachenrecht des ZGB Der gegebene und hievor skizzierte Weg zur Einführung des Stock.werkeigentums ist nicht der Weg der Spezialgesetzgebung. Vielmehr soll die gesetzliche Miteigentumsordnung als Unterbau der Regelung des Stockwerkeigentums weiter ausgestaltet werden, so dass es nur noch ihrer Ergänzung durch besondere Vorschriften über das Stockwerkeigentum bedarf. Würde ein Spezial1

)Friedrich, ZSR 75, S.194afl, 216aff. und Schlussfolgerungen S.260a; Flattet, ZSR 75, S.689aff.

1486

gesetz erlassen, so müsste es eine ganze Eeihe von Vorschriften enthalten, die sich in unserer Vorlage in der Miteigentumsordnung finden und da am richtigen Platz sind ; sie haben nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur im Verhältnis zwischen . den Stockwerkeigentümern Geltung, sondern ebensogut im Verhältnis zwischen den Miteigentümern eines Gebäudes überhaupt. Für das Stockwerkeigentum haben sie, auch ohne dass dies besonders angeordnet werden müsste, Geltung, weil das Stockwerkeigentum Miteigentum in besonderer Ausgestaltung ist. Die Vorschriften über das Stockwerkeigentum, die beispielsweise in Deutschland in einem Spezialgesetz vereinigt sind, finden sich bei uns verteilt auf die Abschnitte im ZGB über das Miteigentum und über das Stockwerkeigentum und auf die Grundbuchverordnung. Auch in der Grundbuchverordnung stehen sie im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Eintragung, Aufnahme, Vormerkung und Anmerkung gleichartiger anderer Rechtsverhältnisse.

Nimmt man die Bestimmungen aus diesen drei Abschnitten zusammen, so stellt man fest, dass sie in ihrer Gesamtheit doch eine recht eingehende Regelung des Stockwerkeigentums bilden. Immerhin ist die Zahl der Artikel, welche der besondere Abschnitt «Das Stockwerkeigentum» aufweist, nicht so gross, dass der Rahmen des ZGB gesprengt würde. Dass die vorgesehene Regelung sehr viel 'eingehender ist, als sie es wäre, wenn das Stockwerkeigentum von Anfang an Aufnahme in das ZGB gefunden hätte, ist freilich nicht zu bestreiten. Dem Stockwerkeigentum wären in diesem Falle zwei bis drei Artikel, wenn nicht sogar bloss ein einziger, gewidmet worden. Heute würde man sich damit sicher nicht abfinden. In den an der Einführung des neuen Stockwerkeigentums interessierten Kreisen wird eine eingehende Regelung gewünscht. Wenn man bedenkt, dass der Hauptmangel des Stockwerkeigentums unter dem alten Recht darin bestanden hat, dass es an einer gesetzlichen Normierung des Verhältnisses zwischen den Stockwerkeigentümern fast ganz gefehlt hat und deshalb zwischen diesen häufig Streitigkeiten entstanden sind, deren Erledigung auf dem Rechtswege mit den grössten Schwierigkeiten verbunden war, wird man zugeben müssen, dass eine möglichst genaue Festlegung der Rechte und Pflichten der Stockwerkeigentümer im Gesetze selber eine notwendige Voraussetzung für die Wiedereinbürgerung
unseres Institutes ist.

In der ersten Fassung des Vorentwurfes ist der Versuch gemacht worden, die Zahl der gesetzlichen Bestimmungen stärker zu beschränken, dafür nähere Vorschriften in das vom Bundesrat zu erlassende Reglement aufzunehmen und dieses für alle Stockwerkeigentums-Gemeinschaften ohne eigenes Reglement als verbindlich zu erklären. In der Literatur war dieses Vorgehen empfohlen worden 1). Bei genauerer Prüfung hat sich aber ergeben, .dass dieser Weg, abgesehen von seinem gesetzgeberischen Ausnahmecharakter, Nachteile hat. Er führt zu Schwierigkeiten in der Feststellung der Rangordnung aller dieser Bestimmungen aus verschiedenen Rechtsquellen hinsichtlich ihrer Geltungskraft, 1 ) Liver P., ZBGR 35, S.28; Flattet, ZSR 75, S.690o und 693a; eingehender Friedrich, ZSR 75, S. 165 a ff.

1487 und es ist schwierig oder gar unmöglich, ein Eeglement aufzustellen, das für alle nach Herkunft, Umfang und Lebensweise so verschiedenen Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften Verbindlichkeit beanspruchen könnte für den Fall, dass sie nicht selber ein Eeglement vereinbart oder beschlossen haben. Dieser Fall wäre am häufigsten bei kleinen, ländlichen Gemeinschaften. Würde das Reglement auf sie zugeschnitten, so könnte es sehr kurz gehalten werden, wäre dann aber für die Stockwerkeigentümer von grösseren Wohnbauten in städtischen Verhältnissen unzureichend.

Gesetzestechnisch lässt sich eine damit im Zusammenhang stehende massige Vermehrung der Artikel des Gesetzes deshalb leichter in Kauf nehmen, weil die speziellen Vorschriften über das Stockwerkeigentum aus den allgemeinen Bestimmungen über das Eigentum, in dem sie in der ersten Fassung des Entwurfes, eng der Miteigentumsordnung angefügt, gestanden haben, herausgenommen wurden und nun unter den Titel «Das Grundeigentum» gestellt sind, unter dem sie einen eigenen Abschnitt, den dritten, bilden. Damit die Artikelfolge des ZGB unverändert bleibt, müssen alle diese Bestimmungen unter die gleiche Artikelzahl gestellt werden, nämlich 712, und unter sich durch Buchstaben bezeichnet werden, wie dies im OB (Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag, Art.226a ff.

und 227aff.; Agenturvertrag, Art. 418aff.) und im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, Art. 316a ff.) gemacht worden ist. Das ist ein Schönheitsfehler, aber nicht mehr, und deshalb nicht von entscheidender Bedeutung. Andererseits bestand, da diese Bestimmungen einen eigenen Abschnitt bilden, nicht der gleiche Zwang, sie in ganz wenige Artikel zusammenzudrängen, wie es nach der ersten Fassung, in der sie in die Miteigentumsordnung hineingepresst waren, hätte der Fall sein müssen.

So wurde es auch möglich, die im ZGB streng befolgte Maxime zu befolgen, dass kein Absatz mehr als einen Satz enthalten soll. Die andere Regel, dass kein Artikel mehr als drei Absätze umfassen soll, ist dagegen nicht ausnahmslos eingehalten worden. Immerhin haben die einzelnen Artikel einen massigen Umfang und sind übersichtlich gegliedert. Viel wichtiger als alle diese Vorzüge und Mängel der Gesetzestechnik ist es, dass die Bestimmungen über das Stockwerkeigentum im ZGB bleiben und
die Absonderung vom Miteigentumsrecht und vom Sachenrecht, die eine spezialgesetzliche Regelung zur Folge hätte, vermieden wird. Mit einer solchen Absonderung würde das Stockwerkeigentumsrecht zu einer Spezialität am Rande des Privatrechts, ausserhalb des lebendigen Zusammenhanges mit der Zivilrechtswissenschaft.

II. Wesentliche Punkte in der vorgeschlagenen Regelung 1. Gegenstand und Name des S t o c k w e r k e i g e n t u m s Ein wichtiger Punkt, in welchem sich das Stockwerkeigentum nach den neuen Vorschriften vom früheren Recht unterscheidet, liegt in der räumlichen Bestimmung seines Gegenstandes. Der räumlichen Aufteilung eines Gebäudes zu Stockwerkeigentum sind bestimmte Grenzen gesetzt mit der Vorschrift, dass

1488 jeder Stockwerkeinheit eine in sich abgeschlossene Wohnung oder ein in sich abgeschlossener Geschäftsraum oder Komplex von Geschäftsräumen oder Räumen zu anderen Zwecken sein muss. Zu dieser Einheit können auch räumlich getrennte Nebenräume gehören, Keller- und Dachräume sowie Garagen.

Aber eine weitere Aufteilung der Wohnungs- und Geschäftsraumeinheiten ist ausgeschlossen. Sie ist unter dem früheren Eecht häufig vorgekommen und hat nicht nur zur Entwertung der einzelnen Anteile beigetragen, sondern hat vor allem auch die Konfliktmöglichkeiten sehr stark vermehrt. Nichts konnte so leicht und so häufig zu Streitigkeiten Anlass geben wie die Benutzung der gleichen Räume durch mehr als eine Familie. Dass solche Teilungen nicht zugelassen werden dürfen, ist heute allgemein anerkannt. Notlagen, die früher zu ihnen geführt haben, sind heute glücklicherweise viel seltener. Im übrigen erleichtert auch die heutige Bauweise die bessere Trennung der Stockwerkeinheiten von einander. In neuen Gebäuden werden die einzelnen Wohnungen und Geschäftsraumeinheiten soweit als nur möglich so ausgestattet, dass die Bewohner nicht genötigt sind, ausserhalb gelegene Räume zusammen mit anderen Hausgenossen zu benutzen.

Der Entwurf hält an der Bezeichnung «Stockwerkeigentum» fest. Auf jeden Fall trifft diese Bezeichnung zwar nicht zu, weil Gegenstand des Sonderrechts eben vielfach nicht ein ganzes Stockwerk sein wird, sondern eine von mehreren Wohnungen auf dem Boden ein und desselben Stockwerks. Diese Ungenauigkeit wiegt jedoch nicht schwerer als diejenige einer jfeden anderen Bezeichnung, die gebraucht wird oder vorgeschlagen worden ist. In Deutschland und Österreich spricht man von Wohnungseigentum. Das deutsche Gesetz unterscheidet indessen das Eigentum an Wohnungen vom Eigentum an Räumen und Raumkomplexen, die nicht Wohnzwecken dienen. Diese zweite Erscheinung nennt es «Teileigentum». Das ist aber eine zu blasse und unspezifische Bezeichnung, die sich nicht durchsetzt. Im Sprachgebrauch hält sich nur eine Bezeichnung, und diese sollte in gleicher Weise auf das «Wohnungseigentum» und auf das «Teileigentum» anwendbar sein. Das trifft vielleicht doch noch am ehesten auf den landläufigen Ausdruck «Stockwerkeigentum» zu. Er hat auch den Vorzug, dass die ihm entsprechenden Ausdrücke auch im französischen und italienischen
Sprachgebiet ebenso gebräuchlich sind.

2. Das Verhältnis zwischen S o n d e r r e c h t und g e m e i n s c h a f t l i c h e m Eigentum Es wurde bei jeder gesetzlichen Regelung des Stockwerkeigentums als eine primäre Aufgabe angesehen, die Teile des Gebäudes und der Liegenschaft, die von allen Miteigentümern gemeinsam benutzt werden und unterhalten werden müssen, möglichst genau zu bezeichnen und auszuscheiden von den übrigen, die zu Sonderrecht unter die Stockwerkeigentümer aufgeteilt sind. Auch die dürftigste Ordnung des Stockwerkeigentums, wie sie in Frankreich vor dem

1489 Erlass des Spezialgesetzes und in Italien unter dem alten «Codice civile» sowie in einzelnen unserer Kantone bestand, befasste sich wenigstens mit dieser Ausscheidung. Sie hatte da allerdings noch die Bedeutung einer Abgrenzung zwischen dem Sondereigentum eines jeden Stockwerkeigentümers und dem gemeinschaftlichen Eigentum der Stockwerkeigentümer in ihrer Gesamtheit. Der Miteigentumsanteil eines jeden Stockwerkeigentümers wurde als Pertinenz des Sondereigentums aufgefasst. Dieses galt als die Hauptsache. Zu ihr standen die gemeinschaftlichen Bauteile und Einrichtungen im Verhältnis von Nebensachen.

Nach dem vorliegenden Entwurf liegt in der Scheidung der Gegenstände beider Kategorien nicht eine Eigentumsausscheidung; denn die Liegenschaft samt dem Gebäude in allen seinen Teilen steht im normalen Miteigentum aller Beteiligten.

Die Ausscheidung unter ihnen erfolgt nicht dem Eigentum nach, sondern ist eine Ausscheidung von Eaumeinheiten zu ausschliesslicher Nutzung, ausschliesslicher Unterhaltung und baulicher Ausstattung. Diese Befugnisse in ihrer Gesamtheit bilden das Sonderrecht, nicht das Sondereigentum eines jeden Stockwerkeigentümers, der Miteigentümer des Grundstückes ist und bleibt. Praktisch hat der Miteigentümer, dessen Anteil zu Stockwerkeigentum ausgestaltet ist, genau die gleiche Stellung, welche der Stockwerkeigentümer des alten Eechtes hatte. Auch die Ausscheidung der gemeinschaftlichen, d.h. gemeinschaftlich benutzten und gemeinschaftlich unterhaltenen und verwalteten Objekte behält für ihn ihre praktische Bedeutung. Diese Objekte sind seiner sonderrechtlichen Einwirkung entzogen. Sie stehen in der gemeinschaftlichen Verwaltung der Gesamtheit aller Stockwerkeigentümer.

Im modernen Wohn- und Geschäftshaus sind die baulichen Anlagen und Einrichtungen, die allen Stockwerkeigentümern dienen und deshalb in der gemeinschaftlichen Verwaltung stehen müssen, viel zahlreicher und kostspieliger als in den Bauten einer früheren Zeit. Zudem bedürfen sie sorgfältiger Wartung, Bedienung und Unterhaltung. Deshalb ist auch die Gefahr grösser geworden, dass der einzelne Stockwerkeigentümer von ihnen einen unangemessenen Gebrauch macht oder in schädigender Weise auf sie einwirkt, wenn er sein Sonderrecht rücksichtslos ausübt. Er schädigt dadurch die gemeinschaftlichen Interessen und muss daran
durch genaue Abgrenzung seines Sonderrechts und die Unterstellung der gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen unter die gemeinschaftliche Verwaltung gehindert werden. In der Gesetzgebung aller unserer Nachbarstaaten hat sich gegenüber dem früheren Recht die Grenze zwischen Individuai- und Gemeinschaftssphäre stark zugunsten der letzteren verschoben.

Der Vorrang der Gemeinschaftsinteressen ist namentlich in Deutschland und Österreich zum Grundsatz erhoben worden. Für uns ergibt er sich ohne weiteres aus der Auffassung des Stockwerkeigentums als sonderrechtlicher Ausgestaltung des Miteigentums. Dem entspricht es, dass im ersten Artikel der besonderen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum zwingend festgelegt ist, wenn auch nicht im einzelnen, sondern in einer Generalklausel, welche Objekte der gemeinschaftlichen Verwaltung unterstellt sind, also nicht den Stockwerkeigentümern zu Sonderrecht zugeteilt werden können. Für die übrigen Objekte, also nur für

1490 diejenigen, die keine gemeinschaftliche Bedeutung haben, gilt die Vermutung, dass sie zu Sonderrecht ausgeschieden seien, die aber soweit entkräftet ist, als die Stockwerkeigentümer im Begründungsakt oder in einer späteren Vereinbarung solche Objekte der gemeinschaftlichen Verwaltung unterstellt haben.

Der Gesetzgeber hat also die Aufgabe, die Grenze zwischen Sonderrecht und gemeinschaftlichen Angelegenheiten zu bestimmen, nicht nur in der Trennung der gemeinschaftlichen Objekte von den übrigen, sondern vielmehr von der Ausscheidung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse, welche der Gemeinschaft übertragen werden müssen, von denjenigen, welche den einzelnen Stockwerkeigentümern überlassen werden können. Bei ihrer Lösung steht er vor einer Antinomie. Einerseits verlangt der rechtspolitische Zweck der Einführung des Stockwerkeigentums, dass der Erwerber eines Stockwerkes an diesem eine möglichst umfassende und selbständige rechtliche Herrschaft habe. Andererseits sind die Konfliktmöglichkeiten um so zahlreicher und die Eeibungsflächen um so breiter, je grösser die Freiheit ist, die das Gesetz dem einzelnen Stockwerkeigentümer in der Ausübung seines Sonderrechts einräumt. Wenn es zu diesen Konflikten und Eeibereien kommt, wird jedem einzelnen die Freude an seinem Eigentum leicht vergällt; damit würde das Stockwerkeigentum als Bechtsinstitut in den gleichen Misskredit gebracht, in den es ehedem bei uns und anderwärts gefallen war.

Der Entwurf lässt sich von der Überzeugung leiten, es sei besser, dafür zu sorgen, dass der Stockwerkeigentümer um den Preis der Einordnung in die Miteigentumsgemoinschaft sein dadurch beschränktes Kecht in Euhe und Frieden ausüben könne, als dass ihm gestattet werde, sein Sonderrecht ohne Eücksicht auf seine Hausgenossen und auf die Gemeinschaft auszuüben, dadurch Streit und Feindschaft zu erregen und gegen die gemeinschaftlichen Interessen zu handern.

Die Befolgung dieser Maxime ist, auf die Dauer gesehen, der Verbreitung des Stockwerkeigentums sicher förderlicher als eine laxe Eegelung, mit der Spannungen zwischen den Stockwerkeigentümern weder hintangehalten noch gelöst werden können.

3. Die

Verwaltungsorganisation

a. Die körperschaftliche Organisation der Verwaltungsgemeinschaft der Stockwerkeigentümer Die Besorgung der gemeinschaftlichen Verwaltungsangelegenheiten bedarf notwendigerweise einer Organisation. Dies trifft auch auf die MiteigentümerGemeinschaft des geltenden Eechtes zu. Die Miteigentümer fassen ihre Beschlüsse mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit und können durch Vereinbarung eine Benutzungs- und Verwaltungsordnung aufstellen, in der sie selbst Verfügungen über die gemeinschaftliche Sache und Änderungen der Zweckbestimmung vom gesetzlichen Erfordernis der Einstimmigkeit befreien und einem Mehrheitsbe-

1491 schiusa unterstellen können (ZGB Art. 648, Abs. 2). Damit kommt schon ein körperschaftliches Element in das Gemeinschaftsverhältnis hinein. Körperschaften sind organisierte Personeilverbindungen ; organisiert sind sie, wenn die Anordnungen zur Erreichung des Zweckes nach bestimmter Ordnung einheitlich und verbindlich für alle Beteiligten getroffen werden (Burckhardt W., Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 121). Das körperliche Element erfährt durch den Entwurf eine Verstärkung. Im Miteigentumsrecht zeigt sich dies etwa in der Verbindlichkeit der Benutzungs- und Verwaltungsordnung und von Beschlüssen für den Rechtsnachfolger eines Miteigentümers sowie in der Möglichkeit des Ausschlusses eines Miteigentümers aus der Gemeinschaft. In der Regelung des Stockwerkeigentums ist die Organisation etwas weiter ausgebaut und das Vereinsrecht als auf sie und die Anfechtung von Beschlüssen subsidiär anwendbar erklärt. Vor allem aber wird der Gemeinschaft eine beschränkte Handlungsfähigkeit verliehen. Im Bereich der ihr zustehenden Verwaltungsaufgaben kann sie betreiben und betrieben werden, klagen und beklagt werden ; Vermögen kann sie unter eigenem Namen nur erwerben, soweit es durch die Besorgung der Verwaltung entsteht, wie die Beitragsforderungen gegenüber den Stockwerkeigentümern und der aus Beträgen-gebildete Erneuerungsfonds.

Nur durch diese Ordnung kann die Gemeinschaft zur Teilnahme am Rechtsverkehr fähig gemacht werden, ohne dass die Stockwerkeigentümer für Gemeinschaftsschulden solidarisch haften müssen, etwa gegenüber Bauunternehmern, Handwerkern, Lieferanten von Baumaterialien, Kohle, Heizöl und auch gegenüber einem Geschädigten, dem die Stockwerkeigentümer als Miteigentümer des Grundstückes und Gebäudes aus Artikel 679 ZGB oder Artikel 58 OR haften.

Eine solidarische Haftung muss nach Möglichkeit vermieden werden, weil sie für den einzelnen Stockwerkeigentümer ein zu grosses Risiko bedeuten würde. Sie würde deshalb die Lust zum Erwerb von Stockwerkeigentum zu sehr dämpfen.

Dem Gläubiger aber, der durch seine Lieferungen oder seine Arbeit zum Unterhalt oder zur Verbesserung des Gebäudes oder zu dessen besserer Benutzung beigetragen hat, kann nicht zugemutet werden, dass er jeden Stockwerkeigentümer um seinen Kostenanteil belange und ihn an seinem. Wohnort/ der im Ausland liegen kann,
betreibe oder beklage. Der Gläubiger muss deshalb gegen die Gemeinschaft als solche vorgehen können. Dieses Vorgehen muss nötigenfalls dazu führen, dass der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung auf den Anteil eines Stockwerkeigentümers greifen kann. Der Entwurf ermöglicht dies in folgender Weise: Der Gemeinschaft steht von Gesetzes wegen eine pfandgesicherte Forderung auf Bezahlung der Kostenbeiträge zu. In der Betreibung der Gläubiger gegen die Gemeinschaft kann diese Forderung gepfändet und am Ort der gelegenen Sache verwertet werden. Der einzelne Stockwerkeigentümer haftet dann zwar nur für seinen Anteil an den Kosten der Gerneinschaft, aber dafür haftet er nicht nur persönlich, sondern mit seinem Miteigentumsanteil, der das Stockwerkeigentum urnfasst.

Diese Regelung macht es notwendig, dass die Gemeinschaft als solche, in der Regel vertreten durch den Verwalter, betrieben und beklagt werden kann,

1492 und dass sie selber betreibungs- und prozessfällig ist. Da ihr die Beitragsforderungen und der Erneuerungsfonds zustehen, erscheint die Gemeinschaft nach aussen, wie die Kollektivgesellschaft, als vermögensfähig. Aber zur juristischen Person schlechthin wird die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer dadurch nicht. Das Eigentum an der Liegenschaft samt dem Gebäude bleibt Miteigentum der Stockwerkeigentümer. Die Gemeinschaft als solche kann diese Liegenschaft oder eine andere nicht erwerben, weil sie eben kein Vermögen ausser dem haben kann, welches sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit selber ergibt. Nach dem Entwurf bilden die Stockwerkeigentümer eine Miteigentumsgemeinschaft mit körperschaftlicher Verwaltung.

Die Dogmatik des gemeinen römischen Eechtes kennt solche Personenverbindungen zwar nicht. Aber unserem alten Eecht waren sie wohl vertraut. Sie haben die rechtliche Natur der Genossenschaft des deutschen Hechts.

In Italien, wo man sich im allgemeinen dein gemeinrechtlichen Dogma stärker verpflichtet fühlt als bei uns, glaubte man, der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer die rechtliche Selbständigkeit nicht zuerkennen zu können, um so weniger, als der Gesetzgeber auch keine Entscheidung in diesem Sinne getroffen hatte. Trotzdem vertritt einer der bedeutendsten italienischen Zivilisten, Giuseppe Branca, die Auffassung, dass die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer trotzdem Rechtspersönlichkeit habe und als eigenes Rechtssubjekt (ente collettivo) den einzelnen Stockwerkeigentümern und Dritten gegenübertrete (Commentano, art. 1117-1139, p. 289 e segg., 414 e segg.).

In Frankreich ist diese Frage ebenfalls umstritten 1). Wenn der Entwurf der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer als Trägerin der gemeinschaftlichen Verwaltung eine körperschaftliche Organisation verleiht, so begibt er sich damit keineswegs auf einen nie begangenen Pfad. Karl Wieland betont in seinem Handelsrecht (I S. 483), dass Mitberechtigung zu gesamter Hand und juristische Persönlichkeit einander nicht ausschliessen.

b. Der Verwalter In der Organisation der gemeinschaftlichen Verwaltung erhält der Verwalter die zentrale Stellung. In der Gemeinschaft einer grösseren Zahl von Stockwerkeigentümern ist es unumgänglich, dass die Ausführung der Beschlüsse der Eigentümerversammlung sowie die Aufsicht, Kontrolle und die Vertretung
nach aussen einem Vertrauensmann übertragen wird. In kleinen, besonders ländlichen Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften wird dies immer dann nötig werden, !) Ripert und Boulanger (Traité de droit civil II (1957), n° 2657, p. 929) sprechen dem «syndicat» der Stockwerkeigentümer die Rechtspersönlichkeit ab, während Denis Fr. (I.e., p.56 ff.) es als juristische Person behandelt und auch Edith KischmewskyBroquisse ihm die Rechtspersönlichkeit zuerkennt (I.e., N.314, p.254 f.). Auch Carbonnier J. (Droit civil II, 1957, p. 195 ff.) vertritt entschieden diese Auffassung, die in Frankreich wohl als die vorherrschende gelten kann.

1493 wenn sich Schwierigkeiten in der Verwaltung ergeben, und namentlich auch, wenn ein ordnungsgemässer geschäftlicher und amtlicher Verkehr in Angelegenheiten, an denen die Stockwerkeigentümer insgesamt beteiligt sind, gehindert oder übermässig erschwert ist, weil Zwistigkeiten, Argwohn, Liederlichkeit, Gleichgültigkeit die Stockwerkeigentümer unverträglich machen. Aber auch abgesehen von solchen Verhältnissen erweist es sich immer wieder, wie nötig es ist, dass es jemanden gibt, der dazu bestellt ist, zum Eechten zu sehen, und der dafür auch verantwortlich ist. Dieser Mann ist der Verwalter. Er ist überall, wo eine neue gesetzliche Ordnung des Stockwerkeigentums getroffen worden -ist, als unentbehrlich erkannt worden.

Sowohl nach dem deutschen als auch nach dem französischen Wohnungseigentumsgesetz soll die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ihren Verwalter haben, der ihre Beschlüsse ausführt und sie nach aussen vertritt. Dass der Verwalter aber auch tatsächlich bestellt ist, kann nicht zur Voraussetzung für die Eintragung des Stockwerkeigentums ins Grundbuch gemacht werden.

Stockwerkeigentum kann entstehen und bestehen, ohne dass ein Verwalter da ist und sich betätigt. Es wird Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften geben, die kernen Verwalter haben. Das kann auch mit einer zwingenden Vorschrift nicht verhindert werden. Im italienischen Eecht (C.c. Art. 1129) ist die Bestellung eines Verwalters vorgeschrieben, wenn die Zahl der Stockwerkeigentümer grösser als vier ist. Diese Lösung ist wohl nicht sehr glücklich. Die Einsetzung eines Verwalters kann auch notwendig sein, wenn weniger als fünf Stockwerkeigentümer die Gemeinschaft bilden, so dass sie beim Eichter sollte verlangt werden können. Unser Entwurf sieht deshalb von einer verschiedenen Behandlung einerseits der ganz kleinen, anderseits der übrigen Gemeinschaften in dieser Frage ab; er behandelt sie alle gleich. Für sie alle gilt die Vorschrift im Artikel 712 m: «Sie (die Eigentümerversammlung) bestellt den Verwalter und führt die Aufsicht über dessen Tätigkeit.» Von Amtes wegen wird diese Vorschrift nicht durchgesetzt. Sie ist nicht in diesem Sinne zwingend. Wohl aber ist sie unabdingbar. Jeder Stockwerkeigentümer hat das Eecht, die Einsetzung eines Verwalters durch den Eichter zu verlangen, wenn die Bestellung durch die Eigentümerversammlung
nicht zustande kommt. Darauf kann er nicht zum voraus verzichten. Die richterliche Bestellung kann auch, wie schon bemerkt, von einem Dritten verlangt werden, insbesondere wenn er mit der Eigentümergemein schaft in dauerndem geschäftlichem oder amtlichem Verkehr steht, wie insbesondere der Grundpfandgläubiger oder eine Versicherung. Er muss aber ein berechtigtes Interesse geltend machen können. Damit geht der Entwurf über die Eegelung des französischen Gesetzes, das in seinem Artikel 10 ebenfalls die richterliche Einsetzung des Verwalters vorsieht, aber das Eecht, sie zu verlangen, nur einem jeden Stoekwerkeigentümer zuerkennt, hinaus und schliesst sich dem § 26, Absatz 2 des deutschen Wohnungseigentumsgesetzes an. Es ist damit zu rechnen, dass es kleine Gemeinschaften von Stockwerkeigentümern, namentlich in ländlichen Verhältnissen, immer geben wird, die keinen Verwalter haben.

Wenn die Verwaltung, die ja denkbar einfach sein kann, zu keinerlei Klagen Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

100

1494 Anlass gibt, weder seitens eines Beteiligten noch eines Dritten, so besteht gar kein Grund, daran etwas auszusetzen oder ändern zu wollen. Wenn sich die Stockwerkeigentümer ohne Verwalter behelfen und alles gut geht, ist die Sache in Ordnung und dem Gesetz Genüge getan.

Da der Verwalter auch dazu berufen ist, die Gemeinschaft nach aussen zu vertreten, müssen im Interesse der Verkehrssicherheit Inhalt und Umfang seiner Vertretungsmacht genau bestimmt sein. Es ist einerseits darauf zu achten, dass der Verwalter die Gemeinschaft gegenüber Dritten nicht in Angelegenheiten verpflichten kann, die ausserhalb seines Auftrages liegen. Andererseits muss der Dritte, gegenüber welchem der Verwalter die Gemeinschaft vertritt, die Gewähr haben, dass die Vertretungsbefugnis in vollem Umfange der internen Befugnisse besteht. Diesen Anforderungen entspricht der Entwurf dadurch, dass er die Aufgaben des Verwalters gesetzlich festlegt und den Verwalter im vollen Bereich dieser Aufgaben als vertretungsberechtigt erklärt. Beschränkungen des Auftrages oder der Vertretungsbefugnis braucht sich der gutgläubige Dritte von der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft nicht entgegenhalten zu lassen.

Damit steht der Entwurf in Übereinstimmung mit den in unseren Nachbarstaaten bei der Neuregelung des Stockwerkeigentums befolgten Grundsätzen (vgl. dazu auch Friedrich, ZSB 75, S. 211 a).

4. Die B e n u t z u n g s - und V e r w a l t u n g s o r d n u n g Ihre V e r b i n d l i c h k e i t für j e d e n E r w e r b e r eines Anteils Ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, sind die Miteigentümer auch auf Grund des geltenden Eechts befugt, eine Benutzungs- und Verwaltungsordnung aufzustellen, in welcher sie die gesetzlichen Grundsätze durch nähere, auf ihre besonderen Verhältnisse zugeschnittene Bestimmungen konkretisieren und näher ausführen können. Sie können auch von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Eegeln aufstellen. Darauf ist im Artikel 647, Absatz 2 ZGB hingewiesen. Zu den gewöhnlichen Verwaltungshandlungen ist jeder einzelne Miteigentümer befugt, aber nur «solange die Mehrheit nicht anders verfügt». Den gleichen Sinn hat Artikel 648, Absatz 2 ZGB, wonach es zur Veräusserung oder Belastung der Sache sowie zur Veränderung ihrer Zweckbestimmung der Übereinstimmung aller Miteigentümer bedarf, «sofern
sie nicht einstimmig anders verfügt haben». Hier ist zwar ein falscher Ausdruck gewählt; denn gemeint ist, dass die Beteiligten eine andere Eegelung der Beschlussfassung über die genannten Verfügungs- und Verwaltungsakte treffen können. Im Entwurf ist die Bestimmung so formuliert, dass dieser Sinn aus ihr klar hervorgeht.

Es ist sehr erwünscht, dass die Stockwerkeigentümer ein Eeglement über die Benutzung und Verwaltung aufstellen. Sie können damit viel zu einem friedlichen und ruhigen Zusammenleben sowie zu einer reibungslosen Verwaltung beitragen. Im französischen Gesetz (Art. 8) wird erklärt, ein solches Eeglement diene der Vorsorge für den ruhigen Genuss der Eechte eines jeden Stock-

1495 werkeigentttmers und für eine gute Verwaltung ; die Aufstellung des Keglementes ist jedoch nur auf dem Wege der Vereinbarung zugelassen. Im italienischen Eecht ist sie erleichtert; es genügt nach Artikel 1138 des «Codice civile» ein Beschluss mit der Mehrheit nach Personen, welcher die Hälfte der Wertanteile zusteht.

Das deutsche Wohnungseigentumsgesetz (§15) lässt es an einem Beschluss mit einfacher Mehrheit genügen, die aber nicht die Mehrheit nach Personen, sondern die Mehrheit nach Anteilen ist, welche nach den Bestimmungen über die Gemeinschaft (B GB § 745) im Gegensatz zu unseren Bestimmungen über das Miteigentum (ZGB Art. 647, Abs. 2 und 3) im Miteigentumsverhältnis massgebend ist. Der Entwurf verlangt die einfache Mehrheit, aber die Mehrheit sowohl nach Personen als auch nach Anteilen. Ein Stockwerkeigentümer, oder doch einige wenige, denen aber mehr als die Hälfte der Wertanteile zustehen, sollen nicht der grossen Mehrheit der übrigen Stockwerkeigentümer ein Eeglement aufzwingen können, so wenig als sie sich umgekehrt selber von den übrigen ein Eeglement müssen auf zwingen lassen.

Von grosser grundsätzlicher und auch praktischer Bedeutung ist die Frage, ob die von den Stockwerkeigentümern aufgestellte Benutzungs- und Verwaltungsordnung auch gegenüber dem Erwerber einer Stockwerkeinheit, also gegenüber dem Singularsukzessor eines Stockwerkeigentümers, wirksam sei oder nicht. Wer einem Verein beitritt oder Mitglied einer Genossenschaft des kantonalen Eechts im Sinne von Artikel 59, Abs. 3 ZGB wird, indem er ein Korporationsteilrecht erwirbt, unterstellt sich damit selbstverständlich den Vereins- oder Genossenschaftsstatuten, ob er vorher von ihnen Kenntnis erhalten hat oder nicht. Ob aber auch der Erwerber eines Miteigentumsanteils, der damit in die Gemeinschaft der Miteigentümer eintritt, die bestehende, auf alter Gewohnheit oder auf Vereinbarung beruhende Benutzungs- und Verwaltungsordnung als für sich verbindlich anerkennen müsse, ist eine Frage, die man in der Praxis immer wieder gerne bejaht hätte, da man es für unbillig und unzweckmässig halten musste, dass jeder Erwerber eines Miteigentumsanteils sich über eine solche Ordnung ohne weiteres hinwegsetzen dürfe, selbst dann, wenn sie ihm vor dem Erwerb des Anteils bekannt war. Josef Kohler (zit. bei Windscheid-Kipp II, S. 937,
Anm. 14) bejahte die Verbindlichkeit einer Benutzungsordnung der Miteigentümer gegenüber dem Singularsukzessor. Die herrschende Lehre hat sie jedoch verneint. Wie bereits ausgeführt wurde, nähert sich nach dem Entwurf die Miteigentumsgerneinschaft in ihrer Ausgestaltung als Verwaltungsgemeinschaft der juristischen Person sehr stark. Die Gemeinschaftssphäre ist stärker und selbständiger gemacht ; die Organisation der gemeinschaftlichen Verwaltung ist ausgebaut. Das Bewusstsein des Erwerbers eines Miteigentumsanteils, dass er sich der Gemeinschaft aller Miteigentümer einzuordnen habe und sich an die bestehende Benutzungs- und Verwaltungsordnung zu halten habe, ist in der Eegel durchaus vorhanden. Dem Erwerber darf deshalb auch zugemutet werden, dass er sich nach dieser Ordnung erkundige. Der Schritt, eine bestehende Benutzungs- und Verwaltungsordnung der Miteigentumsgemeinschaft für den in diese Gemeinschaft auf Grund des Erwerbs eines Anteils Eintretenden verbind-

1496 lieh zu erklären, ist nicht mehr gross. Er liegt auf der mit der Eevision eingehaltenen Linie und drängt sich auch aus praktischen Erwägungen auf.

Dies gilt indessen nicht nur für die Benutzungs- und Verwaltungsordnung, sondern mit gleicher oder noch stärkerer Dringlichkeit für die Beschlüsse der Eigentümerversammlung und für richterliche Urteile und Verfügungen. Wenn die Miteigentümer einen Beschluss über die Durchführung von Bauarbeiten oder über die Vermietung eines Grundstückes oder eines Lokals gefasst haben, und dann von einem von ihnen ein Anteil veräussert wird, so kann unmöglich zugelassen werden, dass der Erwerber sich über diese Beschlüsse hinwegsetzen und die Ausführung der Arbeiten oder die Überlassung des vermieteten Lokals an den Mieter verhindern könnte. Er muss sich diesen Beschlüssen unterziehen.

Wenn er deswegen das Erwerbsgeschäft rückgängig machen will, ist das eine Angelegenheit, die er mit dem Veräusserer, nicht mit der Gemeinschaft zu erledigen hat. Die gleiche Wirkung muss auch richterlichen Urteilen und Verfügungen zukommen. Ist einem Miteigentümer durch Urteil oder Verfügung des Eichters die Kiesausbeutung auf dem gemeinschaftlichen Grundstück verboten worden, so kann sich der Erwerber seines Miteigentumsanteils nicht über dieses Verbot hinwegsetzen und die Kiesgewinnung weiter betreiben. In den § 10 des deutschen Wohnungseigentumsgesetzes wurde deshalb als dritter Absatz die Bestimmung aufgenommen: «Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäss § 23 und Entscheidungen des Richters gemäss § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.» Wenn schon solche Beschlüsse und Entscheidungen für den Singularsukzessor verbindlich sein müssen, sollte diese Wirkung auch der von den Miteigentümern vereinbarten Benutzungs- und Verwaltungsordnung zuerkannt werden. Im deutschen WEG ist diese Konsequenz zwar nicht gezogen worden.

Man hat sich nicht in Widerspruch setzen wollen zum § 1010 BGB, der die Wirkung der von den Miteigentümern vereinbarten Benutzungs- und Verwaltungsordnung gegenüber dem Sondernachfolger eines Miteigentümers von der Eintragung im Grundbuch abhängig macht1).

Im französischen Eecht gelten die Verpflichtungen aus dem Eeglement als obligations propter rem (Realobligationen) ; aber dem
Erwerber eines Stockwerkes wird die Einrede zugestanden, dass er von ihnen keine Kenntnis erhalten habe, weswegen die transcription des Réglementes in Art. 8 Abs. 3 vorgesehen ist (vgl. E. Kischinewsky-Broquisse, N. 305-308, p. 242 f.).

In Italien ist die Frage kontrovers. Giuseppe Branca vertritt in dem von ihm und Scialoja herausgegebenen Kommentar zum «Codice civile» (Sachenrecht, 2. Aufl. 1955, S. 499) mit Entschiedenheit die Ansicht, dass das Reglement der Stockwerkeigentümer gemäss Artikel 1138 «Codice civile» für den Erwerber einer Stockwerkeinheit ohne weiteres verbindlich sei. Zwar ist in Artikel 1138 «Codice civile» eine Registrierung des Réglementes vorgesehen. Aber das Register, das in Aussicht genommen worden ist, gibt es nicht; ob es jemals einge1

) Weitnauer-W'rths und Diester zu § 10, Absatz 2 sowie Diester zu § 15.

1497 führt wird, ist ungewiss1). Daraus ergibt sich wenigstens die Feststellung, dass in It'alien für Reglementsbestimmungen im eigentlichen Sinne die Wirksamkeit gegenüber Singularsukzessoren zwar nicht eindeutig feststeht, aber von namhaften Autoren als gegeben erachtet wird. Unser Entwurf beantwortet diese unabweisbare Frage klar, und zwar im Sinne der Konsequenz aus der Verstärkung des Gemeinschaftsgedankens. Damit ist bloss eine weitere Stufe einer Entwicklung erreicht, in welcher sich schon das geltende Eecht, wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch, von der individualistischen römischen Auffassung des Miteigentums recht weit entfernt hatte, was besonders Gierke in seinem Deutschen Privatrecht II S. 384 hervorgehoben hat. Es darf aber auch nicht unbeobachtet bleiben, dass richterliche Urteile selbst nach gemeinem römischem Recht für die Erwerber von Anteilen verbindlich waren (Dernburg, System des römischen Eechts I, S. 330, Anm. 2).

5. Die E i n t r a g u n g im G r u n d b u c h a. Die Einführung des Stockwerkeigentums, wenn sie rechts- und staatspolitisch zu befürworten ist, dürfe nicht daran scheitern, dass dem bestehenden Grundbuchrecht die Formen seiner Darstellung fehlen. Diese Formen müssten dann eben geschaffen werden. Mit der Eintragung von Stockwerkeigentum im Grundbuch würde auch nicht von einem Grundsatz abgewichen, der sonst ausnahmslos gilt. Auch schon nach dem geltenden Recht genügt die Eintragung des Eigentums an der Bodenfläche nicht zur vollständigen Darstellung der Eigentumsverhältnisse innerhalb des durch die Liegenschaftsgrenzen horizontal bestimmten Raumes. An Gebäuden, Quellenfassungen, Leitungen und sonstigen Bauwerken kann Sondereigentum auf Grund des Baurechts, Quellenrechts, Durchleitungsrechts bestehen. Es bedarf zu seiner Entstehung allerdings, von Ausnahmen abgesehen, der Eintragung im Grundbuch. Es wird also durch das Grundbuch publik gemacht. Dasselbe muss auch für das Stockwerkeigentum gelten. Von einem Widerspruch zum Grundsatz der grundbuchlichen Publizität kann dann nicht die Rede sein. Es muss bloss geprüft werden, in welcher Weise das Stockwerkeigentum im Grundbuch am besten zur Darstellung gebracht werden kann.

Wenn das Stockwerkeigentum ein komplexes Rechtsgebilde wäre, in welchem der Miteigentumsanteil mit all den Befugnissen und Verbindlichkeiten
verbunden wäre, die den Inhalt des Sonderrechts ausmachen und als dingliche Rechte und Lasten einzutragen wären, ergäben sich erhebliche Schwierigkeiten in der grundbuchlichen Darstellung 2).

Unserem Entwurf liegt jedoch eine andere Konzeption des Stockwerkeigentums zugrunde. Stockwerkeigentum ist Miteigentum. Mit der Begründung 1 ) Von den hievor zitierten Autoren sind der gleichen Auffassung wie Branca: Visoo, Case in condominio, 5a ed. 1960, N.269-276, p.450 ff.; Salis L., n condominio negli 2edifici, Ila ed. 1956, N. 114, p. 335-341.

) Friedrich, ZSB 75, S. 213 a und die kritischen Bemerkungen dazu von Notariatsinspektor Dr. Hans Huber in der ZBGK 37, 8.389 f.

1498 von Stockwerkeigentum wird der Miteigentumsanteil zu Stockwerkeigentum ausgestaltet. Diese Ausgestaltung besteht darin, dass dem Miteigentumsanteil der Inhalt gegeben wird, den das Stockwerkeigentum nach dem Gesetz hat. Das Gesetz bestimmt den Inhalt des Stockwerkeigentums. Wird Stockwerkeigentum begründet, so geht aus dem Grundbuch hervor, dass es besteht. Welchen Inhalt es hat, welche Befugnisse und Verbindlichkeiten es umfasst, braucht aus dem Grundbuch nicht hervorzugehen, weil es aus dem Gesetz hervorgeht. Aus dem Grundbuch muss nur hervorgehen, dass Stockwerkeigentum besteht, wie aus ihm hervorgehen muss, dass an einem Grundstück Miteigentum besteht, wenn solches begründet worden ist. Da Stockwerkeigentum besonders ausgestaltetes Miteigentum ist, ist auch für seine Eintragung im Grundbuch die Eintragung des Miteigentums wegleitend.

Wird durch denselben Akt zu Stockwerkeigentum ausgestaltetes Miteigentum begründet, so ist die Wertquote mit dem Miteigentumsanteil identisch. Da sich der Beitrag eines jeden Stockwerkeigentümers an die Lasten und Aufwendungen der gemeinschaftlichen Verwaltung nach seiner Wertquote bemisst, ist auf ihre Festsetzung besondere Sorgfalt zu verwenden. Ausser der Wertquote muss aus dem Begründungsakt oder einem zu seinem Bestände gehörenden Plan genau die örtliche Lage, der Umfang und die Zusammensetzung einer jeden Stockwerkeinheit hervorgehen ; ausserdem muss dargetan sein, dass jede Stockwerkeinheit eine in sich abgeschlossene Wohnung oder Geschäftsraumeinheit ist.

Die Eintragung findet ihre Ergänzung in der Grundstückbeschreibung.

b. Ausser der Eintragung des Stockwerkeigentums in das Grundbuch muss die Aufnahme des Stockwerkeigentums in das Grundbuch besonders geregelt werden. Sie besteht nach Artikel 2 der Grundbuchverordnung in der Anlegung des Hauptbuchblattes und in der Herstellung der Grundstückbeschreibung. Aufgenommen wird das im Grundbuch auf dem Blatt der Liegenschaft eingetragene Stockwerkeigentum in der Weise, dass für jede Stockwerkeinheit ein eigenes Hauptbuchblatt angelegt und die Grundstückbeschreibung erstellt wird. Dieser Vorgang entspricht jenem der Aufnahme selbständiger und dauernder Eechte, die, wie das Baurecht und das Quellenrecht, durch Eintragung auf dem Blatt der belasteten Liegenschaft entstanden sind und dann in das Grundbuch
durch Eröffnung besonderer Blätter aufgenommen werden können (Grundbuchverordnung Art. 7 und 9).

Dass die Aufnahme des Stockwerkeigentums in das Grundbuch ermöglicht werden muss, steht von vorneherein fest und wird von niemandem bestritten.

Das Stockwerkeigentum kann seinen Zweck und seine wirtschaftliche Funktion nur erfüllen, wenn es wie ein Grundstück, also in den Formen des Grundstückverkehrs, übertragen und belastet, insbesondere verpfändet werden kann. Diese Möglichkeit würde indessen ohnehin bestehen, ohne dass darüber irgendeine neue Bestimmung getroffen würde. Das Sonderrecht eines jeden Stockwerkeigentümers an seinem Stockwerk ist ein Miteigentumsanteil mit dem gesetzlichen Inhalt des Stockwerkeigentums. Der Miteigentumsanteil an einem Grundstück ist nach geltendem Kecht selber ein Grundstück, ein Grundstück in dem

1499 Sinne nämlich, dass er wie das Grundstück selbständiges Objekt der Verfügung ist und dass die Verfügung sieb, nach den gleichen Vorschriften vollzieht wie die Verfügung über eine Liegenschaft. In Artikel 655 ZGB hätten zu den «Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes » auch die Miteigentumsanteile an Liegenschaften und an Grundstücken gezählt werden können. Sie wurden da aber nicht mit aufgezählt, auch nicht in Artikel 943 ZGB, in dem die Grundstücke genannt sind, die in das Grundbuch aufgenommen werden müssen oder aufgenommen werden können. Obwohl der Gesetzgeber ihnen die Aufnahme in das Grundbuch versagt hat, können die Miteigentumsanteile an Grundstücken doch in den Formen des Grundstückverkehrs übertragen und belastet werden. Diese Verfügungen werden auf dem Blatt der Liegenschaft oder des Grundstückes (z. B. des Baurechtsgrundstückes), an dem das Miteigentum besteht, eingetragen. Dies kann selbstverständlich auch geschehen, wenn der Miteigentumsanteil, über den verfügt wird, zu Stockwerkeigentum ausgestaltet ist. Hiefür ist also die Aufnahme des Stockwerkeigentums in das Grundbuch nicht notwendige Voraussetzung. Aber die Eröffnung besonderer Hauptbuchblätter für die Miteigentumsanteile und Stockwerkeinheiten kann aus grundbuchtechnischen Gründen notwendig werden.

Der Vorentwurf wollte es dem Grundbuchverwalter überlassen, von Amtes wegen zu entscheiden, ob er für die Anteile eigene Blätter anlegen wolle oder nicht. Im Vernehmlassungsverfahren ist der vielfache Wunsch geäussert worden, für die Stockwerkeinheiten sollten in jedem Falle eigene Blätter eröffnet werden.

Mitbestimmend für diesen Wunsch war die Ansicht, dass dadurch die Selbständigkeit des Sonderrechtes' des Stockwerkeigentümers besser in Erscheinung trete. Der Entwurf entspricht diesen Wünschen. Über die Eröffnung von besonderen Blättern für Miteigentumsanteile soll der Grundbuchverwalter nach rein technischen Gesichtspunkten entscheiden ; die Eröffnung eigener Blätter für Stockwerkeinheiten wird dagegen als obligatorisch erklärt.

Diese Eegelung bringt eine Ergänzung der Art. 655 und 943 ZGB mit sich.

Den Rechten, die als Grundstücke in das Grundbuch aufgenommen werden können, werden unter einer neuen Ziffer 4 die Miteigentumsanteile an Grundstücken angefügt. Zu diesen gehören auch die zu Stockwerkeigentum ausgestalteten
Miteigentumsanteile. Die Voraussetzungen sowie die Art und Weise ihrer Aufnahme in das Grundbuch werden in der Grundbuchverordnung geregelt.

c. Werden Miteigentumsanteile und insbesondere Stockwerkeinheiten in das Grundbuch aufgenommen, so stellt sich die Frage, was nun mit dem Blatt der Liegenschaft (oder des Baurechtsgrundstückes) zu geschehen habe. Soll es offen bleiben und weitere Einträge aufnehmen können, oder ist es zu schliessen ?

Der Entwurf trifft die Entscheidung im Sinne der ersten dieser beiden Möglichkeiten. Er wahrt damit die Übereinstimmung mit der grundbuchlichen Behandlung der selbständigen und dauernden Eechte, welche in das Grundbuch aufgenommen werden (Grundbuchverordnung Art. 7 und 9). Für diese wäre eine andere Lösung allerdings überhaupt nicht möglich, da mit ihrer Begründung das

1500 Eigentum an der Liegenschaft ja nicht «aufgeteilt» wird, sondern nur beschränkt ist, weiter beschränkt und übertragen werden kann und mit dem Untergang der beschränkten dinglichen Eechte, auch der selbständigen und dauernden, wieder seinen vollen Inhalt gewinnt. Erfolgt dagegen die Aufteilung zu Stockwerkeigentum, so wird das Eigentum in Wertquoten eingeteilt, welche den einzelnen Stockwerkeigentümern zugewiesen sind und in ihrer Gesamtheit den vollen Wert des Grundstückes ausmachen. Es bleibt kein Rest zurück, der von dieser ideellen Teilung nicht erfasst würde. Wenn alle Stockwerkeigentümer als Miteigentümer über ihre Anteile zugunsten des gleichen Erwerbers verfügen, so dass dieser alle Anteile in seiner Hand vereinigt, kann er (mit Zustimmung der an den einzelnen Anteilen dinglich Berechtigten) das Stockwerkeigentum im Grundbuch löschen lassen und ist Alleineigentümer des Grundstückes. Deshalb könnte die Ansicht vertreten werden, dass die Begründung von Stockwerkeigentum (wie auch von Miteigentum schlechthin) eine restlose Aufteilung sei, so dass, wenn die Stockwerkeinheiten im Grundbuch ihre eigenen Blätter haben, die Einträge auf dem Blatt der Liegenschaft gegenstandslos geworden seien und dieses Blatt zu schliessen sei. Freilich kann dabei nicht übersehen werden, dass dies nur möglich ist, wenn alle Pfandrechte, Dienstbarkeiten und Grundlasten (Lasten und Eechte) auf die Blätter der einzelnen Stockwerkeinheiten übertragen werden.

Die Liegenschaft als solche besteht weiter und kann als solche belastet sein und neu belastet werden, trotzdem die einzelnen zu Stockwerkeigentum ausgestalteten Miteigentumsanteile ihre eigenen Blätter haben und durch die Einträge auf diesen belastet werden. Diese grundbuchrechtliche Ordnung entspricht der materiellen Rechtslage, indem sie neben den Blättern der Stockwerkeinheiten das Blatt der Liegenschaft (oder des Baurechtsgrundstückes) bestehen lässt und offen hält.

6. V e r p f ä n d u n g und

Pfandlastverteilung

Es ist eine Hauptvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung und Verbreitung des Stockwerkeigentums, dass der Erwerber einer Stockwerkeinheit persönlich für Pfandschulden wie für andere gemeinschaftliche Verbindlichkeiten nur in dem Betrage haftet, welcher zum Gesamtbetrag im gleichen Verhältnis steht, wie seine Wertquote zum Gesamtwert der Liegenschaft, sowie dass auch seine Stockwerkeinheit nicht für Beträge haftet, die von anderen Stockwerkeigentümern geschuldet sind. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn alle Pfandschulden, die vorher entstanden sind, mit der Begründung des Stockwerkeigentums auf die einzelnen Stockwerkeinheiten verteilt werden, und wenn von da an nur mehr diese Stockwerkeinheiten mit Grundpfändern belastet werden können.

Wenn für die vor der Begründung des Stockwerkeigentums entstandenen Pfandschulden alle Stockwerkeigentümer persönlich solidarisch haften würden, oder wenn zur Sicherung dieser Schulden jedes Stockwerk mit deren gesamtem Betrag belastet wäre (Gesamtpfandrecht) und auch, wenn die Liegenschaft als solche zu einem wesentlichen Teil ihres Wertes belastet wäre, so dürfte es schwer

1501 halten, zahlungsfähige Käufer für die Stockwerkeinheiten zu finden. Auch wer sich für den Erwerb eines Stockwerkes noch so stark interessiert, wird sich leicht davon abhalten lassen, wenn er persönlich oder mit dem Stockwerk für andere Stockwerkeigentümer, die ihren Verbindlichkeiten gegenüber den Grundpfandgläubigern nicht nachgekommen sind, einstehen muss. Dass hier der neuralgische Punkt der Bestrebungen zur Einführung und Ausbreitung des Stockwerkeigentums liegt, hat man im Ausland zur Genüge erfahren.

Wir haben damit zu rechnen, dass Darlehensschulden, insbesondere solche aus Baukrediten, eingegangen werden und Grundpfänder errichtet werden müssen, bevor die Stockwerkeinheiten bestehen und belastet werden können. Es ist dann gegeben, dass die Liegenschaft als solche (oder das Baurechtsgrundstück) belastet wird-. Wenn dann das Stockwerkeigentum begründet und eingetragen wird, hat das keine Änderung in der Pfandbelastung zur Folge. Aber es liegt, wie ausgeführt wurde, im Interesse der Stockwerkeigentümer, dass die Pfandschulden und Pfandlasten unter ihnen aufgeteilt werden. Diese Aufteilung kann nur erfolgen, wenn die Pfandgläubiger ihr zustimmen. Damit sie sicher durchgeführt werden kann, nachdem das Stockwerkeigentum begründet ist, muss sie bei der Darlehensaufnahme vereinbart werden, wie dies in Italien regelmässig der Fall zu sein scheint.

Ohne die Zustimmung des Gläubigers kann eine Pfandlastverteilung nicht vorgenommen werden. Im Artikel 833 ZGB ist allerdings vorgeschrieben, dass bei einer Teilung des verpfändeten Grundstückes, Zerstückelung des Unterpfandes genannt, die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen sei, dass jeder der Teile nach seinem Wert verhältnismässig belastet sei. Die Verteilung ist zwingend vorgeschrieben, Der Gläubiger, der sich mit ihr nicht zufrieden geben will, kann innert Monatsfrist kündigen, und zwar auf ein Jahr1).

Auf die Begründung von Miteigentum und zu Stockwerkeigentum ausgestaltetem Miteigentum ist Artikel 833 ZGB jedoch nicht anwendbar. Mit ihr wird das Unterpfand nicht zerstückelt. Die verpfändete Liegenschaft bleibt dieselbe, auch wenn an ihr Miteigentum begründet wird. Sie haftet als solche nach wie vor. Das ist in der Doktrin anerkannt 2). Wenn der Gläubiger der Aufteilung nicht zustimmt, so entsteht aber auch nicht etwa ein
Gesamtpfandrecht gemäss Artikel 798 ZGB. Es bleibt dabei, dass die Liegenschaft als solche weiterhin belastet ist.

Wenn einBaukredit nur erhältlich wäre, wenn sich die Miteigentümer oder Stockwerkeigentümer als Darlehensschuldner solidarisch verpflichten würden, !) Pur den zwingenden Charakter der Vorschrift hatte sich Leemarm in seinem Kommentar (N. 4 zu Art. 833) ausgesprochen, und das Bundesgericht hat diese Auffassung bestätigt (BGE 51 II 403 = Pr U Nr. 166. Vgl. dazu auch die Ausführungen von Friedrich, ZSB 75, S. 227a f.).

2 ) Leemann (N.7 zu Art.833 ZGB) und Haab (N.24 zu Art.646) haben sich in ihren Kommentaren in diesem Sinne ausgesprochen. Das ist auch in Deutschland vorherrschende Ansicht (Planck-Strekker, S.Auflage 1938; Erl.2c zu § 1132, S.1088; Staudinger-Kober, 10. Auflage 1938, Bern. 24 zu § 1132, S. 1159).

1502 so könnte der Gläubiger zudem noch darauf bestehen, dass jeder Miteigentumsanteil im Betrage der gesamten Pfandsumme belastet würde (Gesamtpfandrecht).

Der Erwerb eines Stockwerkes wäre dann nur mit dieser Belastung möglich und deshalb sicher nicht begehrt. Wenn die Miteigentümer oder Stockwerkeigentümer die Verpflichtung zu solidarischer Haftung vermeiden können, so bleiben sie auch vom Gesamtpfandrecht verschont.

Auch wenn das Grundstück schon vor der Begründung von Miteigentum verpfändet war, werden die Miteigentümer nicht zu Solidarschuldnern, sondern haften persönlich lediglich anteilmässig 1). Die dingliche Haftung dagegen greift gegenüber allen Miteigentümern Platz, weil ihr Grundstück Haftungsobjekt ist.

Das Grundstück bleibt Haftungsobjekt, auch wenn die Miteigentumsanteile zu Stockwerkeigentum ausgestaltet werden. Eine Verteilung der Pfandlast auf die einzelnen Stockwerkeinheiten kann auch in diesem Falle nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers vorgenommen werden.

7. Die A n w e n d u n g des neuen Eechts auf bestehendes S t o c k w e r k e i g e n t u m Die Gesetzesrevision würde einen wesentlichen Zweck nicht erfüllen, wenn das neue Eecht nur auf künftig entstehendes Stockwerkeigentum anzuwenden wäre, das bei seinem Inkrafttreten bereits bestehende Stockwerkeigentum dagegen unter dem alten Eecht bliebe. Das bestehende Stockwerkeigentum, soweit es unter dem früheren kantonalen Kecht steht, kann nicht auf alle Zeiten vom Hechts verkehr in den Formen des Bundeszivilrechts ausgeschlossen werden.

Ausserdem ist es im alten kantonalen Eecht unzureichend geregelt. Sodann ist das umgewandelte alte Stockwerkeigentum in der dafür verwendeten Ersatzform, wie auch das in dieser Form neu begründete Stockwerkeigentum notleidend geworden. Gerade um der Sanierung dieser Verhältnisse willen muss die Gesetzesrevision, abgesehen von ihrer sozial- und staatspolitischen Bedeutung, als notwendig und dringlich anerkannt werden.

Die Unterstellung des unter dem früheren kantonalen Eecht gebliebenen Stockwerkeigentums unter die neue Ordnung ist gegeben und kann ohne weiteres vorgenommen werden. Hätte man das Stockwerkeigentum im ZGB von Anfang an geregelt, so wäre die Anwendung dieser Bestimmungen auf das Stockwerkeigentum, welches damals bestanden hat, selbstverständlich gewesen.

Damit dieses
altrechtliche Stockwerkeigentum aber nicht nur zum Teil unter die Fittiche des neuen Eechts genommen und ins Grundbuch eingetragen und aufgenommen werden kann, muss eine intertemporalrechtliche Ausnahmebestimmung getroffen werden, die gestattet, vom Erfordernis abzusehen, dass die Stockwerkeinheit nur aus einer in sich abgeschlossenen Wohnung oder Geschäftslokalität bestehen kann. Diese Ausnahme lässt sich verantworten.

*.) Haab, Kommentar N.2 zu Artikel 649 ZGB; Leemann, Kommentar Nr. 11 zu Artikel 649; Wieland, Kommentar, Bemerkung 3 zu Artikel 649; von Tuhr, Allgemeiner Teil des OB, 2. Auflage, herausgegeben von Siegwart, S. 746.

1503 Schwieriger gestaltet sich die Kückführung des umgewandelten, in den dafür verwendeten Ersatzformen im Grundbuch eingetragenen Stockwerkeigentums ins altrechtliche Stockwerkeigentum, das dem neu geschaffenen Recht unterstellt wird. Im allgemeinen dürfte diese Eückumwandlung zwar dem Willen der Parteien entsprechen, so dass sie auf keinen Widerstand stösst. Die Umwandlung haben die Beteiligten seinerzeit vorgenommen, damit die Eintragung im Grundbuch erfolgen und die Übertragung und Verpfändung in den Formen des ZGB vorgenommen werden könne. Sie setzten dabei aber voraus, dass ihr bisheriges Stockwerkeigentum in seinem Inhalt und Umfang unverändert bleibe. Nachdem nun feststeht, dass diese Annahme nicht zutraf, aber durch die Rückumwandlung das alte Recht in seinem Inhalt und Umfang wieder hergestellt wird, sollte diese im allgemeinen bei den Beteiligten nicht auf Schwierigkeiten stossen.- Aber mit Ausnahmen muss gerechnet werden. Die Fälle werden nicht ausbleiben, in denen das umgewandelte Stockwerkeigentum den Interessen eines Beteiligten besser entspricht als das altrechtliche Stockwerkeigentum, das dann unter den neu geschaffenen Bestimmungen stehen würde. Einmal kann ihm sehr an der Möglichkeit gelegen sein, zu gegebener Zeit die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Sodann kann er der Unterstellung unter das neue Stockwerkeigentumsrecht deswegen abgeneigt sein, weil sie von ihm eine stärkere Unterordnung unter die Gemeinschaft und die gemeinschaftlichen Interessen verlangt. Diesen Bindungen kann er sich zwar mit der Verhinderung der Rückumwandlung nur zum kleineren Teil entziehen, weil sie sich zum grösseren Teil aus den Bestimmungen über das Miteigentum ergeben, welche auch auf das umgewandelte Stockwerkeigentum als solches ohne weiteres Anwendung finden.

Wenn die Parteien bei der bestehenden Regelung ihres Eigentumsverhältnisses am gemeinschaftlichen Gebäude bleiben wollen, braucht man sie zu der Änderung, welche sich aus der Unterstellung unter das neue Recht ergäbe, nicht zu zwingen.

Da die Verbreitung des umgewandelten Stockwerkeigentums von Kanton zu Kanton sehr verschieden ist und die Umwandlung in einzelnen Kantonen auf Grund von Bestimmungen des kantonalen Rechtes, die vor 1912 erlassen wurden, durchgeführt worden ist, dürfte es gegeben sein, die Entscheidung darüber, ob
sie die Unterstellung unter die neuen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum generell anordnen wollen oder nicht, den Kantonen zu überlassen.

Wäre die Regelung des Verhältnisses in der Ersatzform verbindlich und eintragungsfähig, so könnte die Rückumwandlung keinem Beteiligten aufgezwungen werden. Ob die Unverbindlichkeit der Umwandlungsvereinbarung, mag diese auch noch so weit zurückliegen, wegen Irrtums geltend gemacht werden kann, ist wohl sehr fraglich. Dagegen dürfte nach den 5/6 genannten und gewürdigten Untersuchungen feststehen, dass es die Dienstbarkeiten, mit denen in der Ersatzform die Befugnisse zur ausschliesslichen Benutzung und die Verpflichtung zum ausschliesslichen Unterhalt eines jeden Stockwerkes durch einen Miteigentümer festgelegt werden, gar nicht gibt, weil sie keiner der gesetzlichen

1504 Dienstbarkeitskategorien zugewiesen werden können. Sie hätten deshalb nicht eingetragen werden dürfen. Ihre Eintragung ist infolgedessen ungerechtfertigt.

Jedem Miteigentümer steht der Anspruch auf Berichtigung des Grundbuches zu.

Dieser Anspruch kann gegenüber den anderen Miteigentümern durchgesetzt werden, auch gegenüber denjenigen, die ihren Anteil mit den aus den Dienstbarkeiten sich ergebenden Rechten und Lasten gutgläubig erworben haben; denn «der im Fehlen der Eintragungsfähigkeit liegende Mangel kann auch dem gutgläubigen Erwerber des herrschenden Grundstückes entgegengehalten werden» (Liver, Kommentar N. 148 ff. zu Art. 734 ZGB). Aber die Berichtigung des Grundbuches kann nicht in der Löschung der zu Unrecht eingetragenen Dienstbarkeiten allein bestehen, weil diese ja nur einen Bestandteil der Umwandlung bilden, welche die Begründung des Miteigentums mitumfasst. Ohne diese letztere wären auch die Dienstbarkeiten nicht errichtet worden. Die Berichtigungsklage müsste deshalb auf Bückumwandlung in das altrechtliche Stockwerkeigentum lauten, aus der sich die Unterstellung unter die neuen Vorschriften über das Stockwerkeigentum von selbst ergäbe. Da jeder Beteiligte einen Anspruch auf die Unterstellung des bestehenden Kechtsverhältnisses unter das neue Eecht hat, darf den Kantonen die Befugnis gegeben werden, sie generell anzuordnen. Aber damit die neuen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum auf das bestehende Rechtsverhältnis angewendet werden können, muss dieses auch als Stockwerkeigentum im Grundbuch eingetragen sein. Es geht nicht an, dass die neuen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum auf Rechtsverhältnisse angewendet werden, die im Grundbuch gar nicht als Stockwerkeigentum, sondern als Komplex von Rechten und Pflichten anderer Konstruktionen eingetragen sind. Die Unterstellung unter die neuen Vorschriften soll deshalb erst mit der entsprechenden Änderung der Einträge im Grundbuch wirksam werden. Diese Änderung kann von jedem Beteiligten durchgesetzt werden; aber nach dem ZGB ist dafür kein anderer Weg offen als der der Berichtigungsklage, welcher nur in seltenen Fällen beschritten würde. Um den Kantonen auch die Durchführung der von ihnen gegebenenfalls beschlossenen Unterstellung des umgewandelten Stockwerkeigentums unter die neuen Vorschriften über das Stockwerkeigentum zu
ermöglichen, müssen sie zur Bereinigung der Grundbücher und zur Aufstellung der Vorschriften über das dabei einzuschlagende Verfahren ermächtigt werden.

Die Beschränkung der Grundbuchbereinigung auf das Stockwerkeigentum lässt eine Vereinfachung des auf die Einführung des eidgenössischen Grundbuches zugeschnittenen Verfahrens der Grundbuchbereinigung zu. Im gleichen Verfahren kann auch die Eintragung der altrechtlichen Stockwerkeigentumsverhältnisse, die bisher nur angemerkt werden konnten, in das Grundbuch durchgeführt werden.

8. Z u s t ä n d i g k e i t s b e s t i m m u n g e n und prozessuale V o r s c h r i f t e n Verschiedene Bestimmungen des Entwurfes verweisen auf den Richter oder auf eine Behörde. Es obliegt den Kantonen, den zuständigen Richter und die

1505 zuständige Behörde zu bezeichnen. Wo in den Gesetzesbestimmungen des Entwurfes der Entscheid durch richterliches Urteil, wie in Artikel 649 b, Absatz 2, verlangt wird, bestimmen sich die Zuständigkeit und das Verfahren nach den bestehenden kantonalen Zivilprozessordnungen.

Dagegen wird in anderen Bestimmungen von richterlichen Anordnungen, Massnahmen, Verfügungen auf Gesuch eines Miteigentümers, Stockwerkeigentümers oder auch eines Dritten, der ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, gesprochen, ferner von einer Bestätigung durch die zuständige Behörde.

Dies geschieht in folgenden Bestimmungen : Art. 647 : Der Eichter ordnet die zur Erhaltung des Wertes oder der Gebrauchsfähigkeit der gemeinschaftlichen Sache notwendigen Massnahmen an; Art. 712 i: Anordnung der Eintragung eines gesetzlichen Pfandrechtes; Art. 712 g: Der Eichter ernennt den Verwalter; Art. 712 r: Der Eichter beruft den Verwalter ab.

Es kommt darauf an, dass eine rechtskräftige Verfügung in einem einfachen und möglichst raschen Verfahren erwirkt werden kann, als welches das Verfahren vor dem Einzelrichter unabhängig vom Streitwert (etwa bei der Anordnung von notwendigen Eeparatur- und Brneuerungsarbeiten) am ehesten in Betracht kommt.

Der Entwurf sieht nur deshalb davon ab, die Kantone zum Erlass der erforderlichen Zuständigkeitsbestimmungen und Verfahrensvorschriften zu verpflichten, weil diese Verpflichtung auf Grund des Artikels 52 des Schlusstitels des ZGB ohnehein besteht.

Viertes Kapitel Verfassungsmässige Grundlage Artikel 64 der Bundesverfassung erklärt den Bund zur Gesetzgebung in allen Gebieten des Zivilrechtes für befugt. Alle neuen und abgeänderten Bestimmungen des Entwurfes haben eindeutig zivilrechtlichen Charakter. Infolgedessen bildet der genannte Artikel der Bundesverfassung eine genügende Verfassungsgrundlage des Entwurfs.

Fünftes Kapitel Erläuternde Bemerkungen zu einzelneu Bestimmungen des Entwurfs A. Die Vorschriften über aas Miteigentum Art. 647 bis 647 e Gegenstand dieser Bestimmungen ist die Nutzungs- und Verwaltungsordnung. Sie ist ausführlicher und komplizierter als die des geltenden Eechtes.

Dies hat seine Ursache vor allem in der Notwendigkeit, das geltende Eecht mit

1506 Vorschriften zu ergänzen, welche die wichtigsten gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Miteigentümer eines Gebäudes regeln. Das sind die Beparaturen, Erneuerungs- und Umbauarbeiten. In der Beantwortung der Frage, ob sie nur mit Zustimmung aller Beteiligten vorgenommen werden können oder ob ein Mehrheitsbeschluss genüge, gegebenenfalls mit welchem Mehr er gefasst sein müsse, oder ob jeder Miteigentümer befugt sei, selber zu handeln, oder einen Anspruch auf Mitwirkung der anderen habe, kann es nicht darauf ankommen, ob die in Frage stehende Massnahme zur gewöhnlichen, ordentlichen Verwaltung gehöre, oder ob sie eine wichtigere oder ausserordentliche Handlung sei. Entscheidend ist vielmehr, ob die Massnahmen für die Erhaltung des Wertes des Q-ebäudes notwendig sind oder ob sie der Werterhöhung durch Erneuerung oder Erweiterung des Gebäudes dienen, also nützlich sind, oder ob sie bloss der Verschönerung oder dem Prunk dienen, also luxuriös sind. Niemand wird sich der Einsicht verschliessen, dass dies die sachgemässe Einteilung ist und dass sich aus ihr auch wenigstens die allgemeine Folgerung ergibt, dass einerseits jeder Miteigentümer die Durchführung von Massnahmen der ersten Kategorie verlangen können muss, auch wenn sie recht kostspielig sind, wie die Ersetzung des vom Sturme weggerissenen Daches, dass andererseits keinem Miteigentümer die Beteiligung an luxuriösen baulichen Aufwendungen durch einen Mehrheitsbeschluss aufgezwungen werden darf. Den nützlichen baulichen Aufwendungen kommt also die Mittelstellung zu, welche darin besteht, dass nicht jeder Miteigentümer sie durch sein Veto soll verhindern können, wie nach dem geltenden Becht, dass sie aber auch nicht von einer Minderheit sollen durchgesetzt werden können; es kann sich daher nur noch fragen, welches die zu ihrer Anordnung erforderliche Mehrheit sein soll. Unter dem gleichen Gesichtspunkt ist man auch im Ausland zu entsprechenden Bestimmungen gekommen, so in Deutschland schon mit dem § 744, Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, dann in Italien mit den Artikeln 1102,1108, 1120 und 1121 des «Codice civile».

Diese Eegelung soll jedoch die Ordnung des geltenden Bechtes nur ergänzen; ersetzen kann sie diese nicht. Es gibt Verwaltungshandlungen, die sich nicht in eine der genannten Kategorien einreihen lassen wie die baulichen
Massnahmen. Für sie muss die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und wichtigeren Verwaltungshandlungen beibehalten werden. Das gilt z.B. für die Verpachtung oder Vermietung der gemeinschaftlichen Sache oder für die Bestellung oder Abberufung eines Verwalters. Wir haben deshalb die baulichen und die übrigen Verwaltungshandlungen auseinanderzuhalten und nach verschiedenen Gesichtspunkten zu regeln. Diese Begelung ist auch im ausländischen Becht nicht etwa weniger kompliziert als in unserem Entwurf; nur ist dies dort weniger auffällig, weil sich diese Bestimmungen nicht wie hier alle beieinander finden.

In Artikel 647 ist gesagt, welche Bestimmungen für die Nutzung und Verwaltung massgebend sind und in welcher Bangordnung sie unter sich nach ihrer Geltungskraft stehen: 1. Zwingende Gesetzesbestimmungen (über die dringlichen und notwendigen. Massnahmen) ; 2. die vereinbarte Nutzungs- und Verwaltungsordnung; 8. das dispositive Gesetzesrecht.

1507 In den Artikeln 647a und 647b ist die Eegelung des geltenden Eechtes ·wiedergegeben, bloss erläutert durch die Anführung weiterer Beispiele für gewöhnliche und für wichtigere Verwaltungshandlungen, wie das in den Vernehmlassungen zum Vorentwurf mehrfach gewünscht worden ist.

Dann folgen in den Artikeln 647c, d und e die Bestimmungen über die baulichen Massnahmen. Wie bemerkt, ist ihre Einteilung und ihr Verhältnis zu einander durch den allgemeinen Gesichtspunkt, unter dem sie aufgestellt sind, gegeben. Zu entscheiden hat der Gesetzgeber, mit welcher Mehrheit über Erneuerungs- und Umbauarbeiten zu beschliessen sei. Der Entwurf verlangt die einfache Mehrheit nach Personen und die Zweidrittelsmehrheit nach Anteilen, gleich wie der Artikel 1136, Absatz 5 des italienischen Codice civile. Es geht hier vor allem um die Anpassung bestehender Gebäulichkeiten an die jeweiligen Anforderungen und Bedürfnisse durch Erneuerungs- und Umbauarbeiten, wie namentlich auch durch den Einbau gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen (Zentralheizung, Ölfeuerung, Aufzüge, mechanische Wascheinrichtungen, Garagen usw.). Dabei wäre auch die Auffassung vertretbar, solche Verbesserungen würden durch das Erfordernis der Zweidrittelsmehrheit nach Anteilen neben der einfachen Mehrheit nach Personen zu sehr erschwert. In die Nutzungs- und Verwaltungsordnung können die Miteigentümer jedoch eine dieser Erwägung entsprechende Eegelung aufnehmen, welche auch für die Stockwerkeigentümer gemäss Artikel 712/, Absatz 2 im Begründungsakt oder durch einstimmigen Beschluss getroffen werden kann.

Die Durchführung derartiger Verbesserungen und auch baulicher Änderungen, die bloss der Verschönerung oder der Bequemlichkeit dienen, sollen indessen am Widerspruch eines Miteigentümers dann nicht scheitern müssen, wenn er seinen Grund in der allzu schweren finanziellen Belastung hat und diese von den anderen Miteigentümern, soweit dies nötig und billig erscheint, auf sich genommen wird. Die Bestimmungen in den Artikeln 647d und 647e lehnen sich an den Artikel 1121, Absatz 2 des italienischen Codice civile an, sind aber differenzierter gebildet.

Unter Artikel 647d würde auch der Beschluss über die Aufstockung des Gebäudes fallen. Im italienischen Eecht hat der Eigentümer des obersten Stockes die Befugnis, weitere Stockwerke aufzubauen,
sofern dies ohne ästhetische und statische Beeinträchtigung des Gebäudes geschehen kann, und gegen Entrichtung eines Wertausgleichsbetrages an die anderen Stockwerkeigentümer (C.c. art. 1127). Nach dem deutschen Wohnungseigentumsgesetz dagegen gehört eine Aufstockung zu den baulichen Veränderungen, die in der Eegel nur auf Grund eines einstimmigen Beschlusses durchgeführt werden können (Weitnauer-Wirths, Bern. 2 zu § 22).

Art. 648 In seinem ersten Absatz ist dieser Artikel unverändert. Er ist zwar sehr allgemein gehalten. Der Begriff «Verfügung über die Sache» ist hier nicht in dem Sinn verwendet, den er als juristischer terminus technicus hat, sondern in einem

1508 viel weiteren Sinn, in welchem er den Gebrauch und die Nutzung der Sache umfasst.

Nach Artikel 648 fällt unter den Begriff «Verfügung» auch noch die Vertretung der Sache. Sie steht jedem Miteigentümer zu. Jeder Miteigentümer ist also insbesondere befugt, nach aussen die Ansprüche aus dem Eigentum geltend zu machen, auch auf dem Weg des Prozesses. So ist er zu den Eigentumsklagen (rei. vindicatio, actio negatoria), zur Besitzesrechtsklage sowie zur Klage und zum Befehls verfahren wegen Besitzesentziehung und Besitzesstörung aktiv legitimiert. Der Gesetzgeber hat der Wissenschaft und Praxis die Aufgabe überlassen, den Inhalt der mit dem Artikel 648 skizzierten Umrisse zu bestimmen.

Dies ist denn auch mit Erfolg unternommen worden, so dass eine nähere gesetzliche Eegelung nicht nötig ist und übrigens auch zur Erreichung der mit dem vorliegenden Entwurf verfolgten Revisionsziele nichts beitragen würde.

Die Änderung, welche der zweite Absatz des Artikels 648 erfährt, ist lediglich redaktioneller Natur. Nach dem bestehenden Text ist für eine Veräusserung oder Belastung der Sache die Übereinstimmung aller Miteigentümer nötig, sofern diese «nicht einstimmig etwas anderes verfügt haben». Das wäre ein Widerspruch, wenn «verfügen» bedeuten würde: veräussern oder belasten. Es hiesse dann ja: Wenn die Miteigentümer nicht einstimmig eine andere Verfügung über die Sache getroffen haben, können sie über die Sache einstimmig verfügen.

Gemeint kann nur sein: Sie verfügen einstimmig, wenn sie nicht einstimmig eine andere Ordnung getroffen haben. Das wird im neuen Text eindeutig gesagt.

Neu ist der dritte Absatz. Er lässt die Verpfändung der gemeinschaftlichen Sache nicht zu, wenn vorher die Anteile einzelner oder aller Miteigentümer verpfändet worden sind. Dieses Verbot soll nicht nur die praktischen Schwierigkeiten der Zwangsverwertung vermeiden, sondern beruht auf einer grundsätzlichen theoretischen und praktischen Notwendigkeit. Die Sache einerseits, die Miteigentumsanteile andererseits sind verschiedene Pfandqbjekte. Zwischen Pfandrechten an verschiedenen Objekten kann es keine Eangordnung geben.

Nur die Pfandrechte an der Sache selbst unter sich und die Pfandrechte an einem Miteigentumsanteil unter sich stehen in einer Eangordnung. Aber die Pfandrechte am einen und die am anderen Objekt haben das
gleiche Verwertungssubstrat. Wird die Sache auf Betreiben der Gläubiger, denen sie verpfändet ist, verwertet, indem sie dem Ersteigerer zugeschlagen wird, so erwirbt dieser an ihr Alleineigentum. Das Miteigentum ist untergegangen, und die Gläubiger, denen einzelne Anteile verpfändet wurden, haben ihre Pfandobjekte verloren; ob ein Überschuss aus dem Verwertungserlös vorhanden ist, aus dem ihnen etwas zukommt, ist ganz unsicher. Aber die Verpfändung der Sache, die bereits zum Verwertungssubstrat für Pfandrechte an Miteigentumsanteilen gemacht worden ist, muss auch deswegen ausgeschlossen werden; denn wie Haab, Kommentar N.24 zu Artikel 646 feststellt: «Der Miteigentümer hat mit der Belastung des Anteils über die ihm zustehende Wertquote insofern verfügt, als diese nunmehr verselbständigt und aus dem Grundstückswert herausgehoben ist», so dass «er von nun an über diesen Wert nicht mehr in der Weise verfügen

1509 kann, dass er zusammen mit den anderen das Grundstück als solches verpfändet» 1). Leemann ist es vor allem, der die Möglichkeit der Verpfändung der Sache im Nachgang zu den an einzelnen Anteilen bestehenden Pfandrechten bejaht hat; aber auch er möchte «mit Eücksicht auf die grossen Schwierigkeiten, die dadurch für die Pfandverwertung entstehen», wünschen, dass von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht werde (Kommentar, N. 29 zu Art. 648).

Wenn man diese Möglichkeit nicht nur für unerwünscht hält, sondern sie mit Haab und den weiteren genannten Autoren nicht als bestehend anerkennt, kann auch die Eintragung eines gesetzlichen Pfandrechtes zulasten der Sache nicht mehr in Frage kommen, wenn Miteigentumsanteile bereits verpfändet sind. Weil die Miteigentümer dem Verkäufer der Sache und den Bauhandwerkern nicht solidarisch, sondern nur anteilsmässig haften, besteht auch die adäquate Sicherung in der Verpfändung der Anteile, während die Verpfändung der Sache zu einer Verschärfung der Haftung führen würde, indem jeder Miteigentümer mit dem Wert der Sache auch für jeden anderen Miteigentümer einzustehen hätte.

Besonders im Interesse der Unabhängigkeit des Stockwerkeigentümers sollte dies nach Möglichkeit vermieden werden.

Art. 649 In diesem Artikel hat lediglich der Eandtitel eine neue Ziffer erhalten.

Art. 649 a Diese neue Bestimmung zieht aus der mit der Eevision sich ergebenden weiteren Annäherung des Verhältnisses zwischen den Miteigentümern in den Verwaltungsangelegenheiten an die Personenverbindungen mit eigener Persönlichkeit die Konsequenz für die Geltung der Benutzungs- und Verwaltungsordnung. Es ist die gleiche Geltung, welche die Statuten eines Vereins oder einer Genossenschaft haben. Sie sind für den neu hinzutretenden Erwerber eines Miteigentumsanteils verbindlich.

Da die Wirkung der Benutzungs- und Verwaltungsordnung gegenüber neuen Mitgliedern der Miteigentumsgemeinschaft gesetzlich festgelegt wird, bedarf sie keiner Verstärkung durch die Vormerkung im Grundbuch. Diese kommt nicht in Betracht. Die wünschbare Orientierung erhält der Dritte, der einen Miteigentumsanteil erwerben will, durch die Anmerkung der Benutzungs- und Verwaltungsordnung im Grundbuch.

Im übrigen legt Artikel 649 a fest, dass der Erwerber eines Anteils die Verpflichtungen seines Eechtsvorgängers aus Beschlüssen der MiteigentumsgemeinJ ) Haab befindet sich in Übereinstimmung mit der speziellen Untersuchung zu dieser Präge von Levy, Hypothek und Bruchteilseigentum am Grundstück, Gruchots Beitrag zur Erläuterung des Deutschen Beohts 59 (1915), S. 87-107, 301-333, 876-898, besonders S. 311. Auch Kober in Staudingers Kommentar, 10. Auflage, Bern. 2 zu § 1114 schliesst sich ihr an. Auch Guhl hat das Verbot, wie es im Entwurf ausgesprochen wird, befürwortet (Zeitschrift des bernischen Juristenvereins 53, S. 51 ff.).

Bundesblatt. 114. Jahrg. Bd. II.

101

1510 Schaft sowie aus richterlichen Urteilen und Verfügungen nicht ablehnen kann, sondern in der Ausübung des erworbenen Eechtes zu erfüllen hat.

Art. 649 b Der Miteigentümer oder Stockwerkeigentümer, der durch seine Unverträglichkeit, durch sein gewalttätiges, arglistiges oder anstössiges Verhalten ein friedliches Zusammenleben und einen nachbarlichen Verkehr, wie er unter Hausgenossen nach Brauch und guter Sitte üblich ist, unmöglich macht, muss aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden können. Der Ausschluss ist die ultima ratio, ohne die nicht auszukommen ist. Er darf nur als solche zur Anwendung kommen, d.h. wenn alle Mahnungen, Aufforderungen, Zurechtweisungen nichts nützen (Abs. 1). Er muss auch verfahrensmässig so geregelt sein, dass seine missbräuchh'che Herbeiführung nicht zu befürchten ist. Nach dem Entwurf kann der Ausschluss gleich wie nach dem deutschen und dem früher erlassenen österreichischen Wohnungseigentumsgesetz nur durch ein im ordentlichen Zivilprozess erlassenes Urteil erfolgen (Abs. 2). Zur Klage sind die übrigen Miteigentümer oder einzelne von ihnen legitimiert, müssen aber zu ihr durch absoluten Mehrheitsbeschluss ermächtigt sein, für dessen Bestimmung der Beklagte nicht in Betracht fällt. Massgebend ist die Mehrheit der übrigen Miteigentümer, aber ihrer aller, nicht nur der in einer Versammlung anwesenden oder vertretenen, was für die Miteigentümer selbstverständlich ist, aber auch für die Stockwerkeigentümer gilt (Abs. 3). In Deutschland (WEG § 18) und Österreich (WEG § 10) wird der Beklagte mit dem Ausschluss zur Veräusserung seines Miteigentumsanteils verurteilt. Das Urteil ist nötigenfalls durch Versteigerung des Anteils zu vollstrecken. Im Vorentwurf war in Anlehnung an Erkenntnisse der gemeinrechtlichen Lehre und Praxis der Auskauf des ausgeschlossenen Miteigentümers durch einen oder mehrere der anderen Miteigentümer vorgesehen und dem Eichter die Festsetzung des Auskaufsbetrages übertragen. In verschiedenen Vernehmlassungen ist jedoch die Ansicht vertreten worden, dass dem Ausgeschlossenen damit ein Schutz gewährt werde, den er nicht verdiene und der die Ausschliessung über Gebühr erschwere. In der Expertenkommission überwog diese Ansicht ebenfalls ; auch wollte man den Bichter nicht mit der Festsetzung des Auskaufsbetrages belasten und dem Ausgeschlossenen die Möglichkeit lassen, seinen Anteil selber zu veräussern (Abs. 4). Aus diesen Gründen kam man zur gleichen Lösung wie in Deutschland und Österreich.
Absatz 5 regelt die sinngemässe Anwendung des Artikels auf Nutzungsrechte.

Art. 650 Unter den Gründen, welche das Becht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen, ausschliessen, ist neu aufgeführt : die Aufteilung zu Stockwerkeigentum. Für das Stockwerkeigentum ist das eine wichtige Vorschrift. Sie verleiht ihm die ihm wesentliche Eigenschaft dauernden Bestandes. Der Stockwerk-

1511 eigentümer braucht die Aufhebung des Stockwerkeigentums auf Verlangen eines anderen Stockwerkeigentümers nicht zu befürchten (Abs. 1).

Der zweite Absatz des Artikels 650 enthält im Entwurf zwei.Neuerungen.

Die erste besteht in der Verlängerung der Dauer, für welche die Aufhebung des Miteigentums durch Eechtsgeschäft ausgeschlossen werden kann, von zehn auf dreissig Jahre. Die kurze Frist von zehn Jahren erweist sich nicht selten als ein Hindernis für die Begründung von Miteigentum. Das Eisiko, das darin besteht, dass der Bestand nicht für länger als zehn Jahre gesichert werden kann, lässt , das Miteigentum als ungeeignet erscheinen, auch wenn es im übrigen den Interessen der Beteiligten durchaus entsprechen würde. Der Begrenzung der Frist auf bloss zehn Jahre lag wohl auch die Auffassung zugrunde, dass das Miteigentum überhaupt nicht eine für lange dauernde Verhältnisse geeignete Form des gemeinschaftlichen Eigentums sei. Diese Auffassung trifft aber, auch abgesehen von den Fällen des gesetzlichen Miteigentums, das durch Kechtsgeschäft überhaupt nicht aufgehoben werden kann, auf das Miteigentum an Liegenschaften, insbesondere auch an Gebäuden, in den wenigsten Fällen zu. Die wichtigste Funktion, welche die Aufhebung des Miteigentums bisher zu erfüllen hatte, bestand darin, dass sie den Miteigentümern, welche ihr Eigentum nicht durch Veräusserung ihrer Anteile aufgeben wollten oder konnten, denen aber die Fortsetzung der Gemeinschaft durch das gemeinschaftswidrige Verhalten eines anderen Miteigentümers "unerträglich gemacht wurde, die Möglichkeit bot, das Miteigentumsverhältnis aufzulösen. Zu diesem Zweck bedarf es künftig, wenn der Entwurf Gesetz sein wird, der Aufhebung des Miteigentums nicht mehr, da er durch die Klage auf Ausschluss - und zwar sicherer - erreicht werden kann.

Dem Zustand der Unerträglichkeit des Gemeinschaftsverhältnisses, der seine Ursache in der nicht seltenen Passivität oder Eenitenz eines Miteigentümers gegenüber allen noch so notwendigen Unterhaltsarbeiten, Eeparaturen und Erneuerungsarbeiten hat, kann ausserdem nach dem Entwurf in viel einfacherer Weise abgeholfen werden.

Die zweite Neuerung füllt eine Lücke des geltenden Eechts aus. Mit der Vereinbarung, dass das Eecht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen, während einer bestimmten Zeit nicht ausgeübt
werden dürfe, wird dieses Eecht, eine gesetzliche Eigentumsbefugnis, zeitlich beschränkt. Das ist aber nicht eine Benutzungsbeschränkung und kann deshalb nicht als Dienstbarkeit errichtet werden und überhaupt nicht den Inhalt eines dinglichen Eechtes bilden. Es liegt vielmehr eine obligatorische Eigentumsbeschränkung vor, die aber, um ihren Zweck erfüllen zu können, auch für den Erwerber eines Anteils verbindlich gemacht werden können muss. Die verstärkte Wirkung wird ihr durch die Vormerkung im Grundbuch verliehen. Die Verleihung dieser Wirkung durch gesetzliche Vorschrift kann nicht in Frage kommen, weil die rechtsgeschäftliche Beschränkung des Eechtes, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen, eine verhältnismässig seltene Ausnahmeerscheinung ist, mit welcher der Erwerber eines Anteils keineswegs von vorneherein zu rechnen hat.

Der dritte Absatz ist unverändert geblieben.

1512 Art. 655 Absatz 2 ist durch eine neue Ziffer 4 ergänzt worden (vgl. S. 89).

Art. 682 Auch hier ist eine Lücke des bestehenden Eechtes auszufüllen. Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Miteigentümers kann durch Vereinbarung aufgehoben oder abgeändert werden. Es kann z.B. der Verkaufspreis bestimmt werden, oder es kann die Ausübung gegenüber Erwerbern aus einem bestimmten Personenkreis, z.B. den Ortsbürgern, ausgeschlossen werden. Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Miteigentümers wirkt sich zulasten eines jeden Miteigentümers als Beschränkung seines Rechts zur Verfügung über den Anteil aus. Der Miteigentümer kann seinen Anteil nicht jedem Erwerber nach freier Wahl übertragen und ihn dadurch zum Miteigentümer machen. Es liegt also eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung vor, auf die Artikel 680, Absatz 2 zutrifft: Ihre Aufhebung oder Abänderung durch Rechtsgeschäft bedarf zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und der Eintragung in das Grundbuch. Die Eigentumsbeschränkungen gemäss Artikel 680 ZGB sind in der Regel nachbarrechtliche Benützungsbeschränkungen. Werden sie aufgehoben, so ergibt sich daraus zulasten des Nachbargrundstückes eine Belastung, die eine Grunddienstbarkeit ist und als solche in das Grundbuch eingetragen wird. Mit der Aufhebung der Verfügungsbeschränkung dagegen, die im gesetzlichen Vorkaufsrecht liegt, entsteht für keinen Miteigentümer eine Belastung; vielmehr wird das mit dem Miteigentumsanteil verbundene obligatorische Erwerbsrecht aufgehoben. Diese Beschränkung liegt völlig ausserhalb dessen, was zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden kann (Liver P., Kommentar N. 23 zu Art. 730 ZGB). Sie liegt auch ausserhalb des Kreises der Rechtsverhältnisse, deren Eintragung das Grundbuchrecht zulässt. Sie muss aber, um ihren Zweck zu erfüllen, gegenüber jedem Erwerber eines Anteils Platz greifen. Da die Aufhebung der Eigentumsbeschränkung aber nicht, wie der Artikel 680, Absatz 2 es vorsieht, als Dienstbarkeit eingetragen werden kann, soll ihr die verstärkte Wirkung, deren sie bedarf, durch die Vormerkung im Grundbuch gegeben werden (Abs. 3).

Im zweiten Absatz des Artikels 682 ist das gegenseitige gesetzliche Vorkaufsrecht im Verhältnis zwischen dem Grundeigentümer und dem Bauberechtigten, dem ein selbständiges und dauerndes Baurecht eingeräumt ist, niedergelegt. Es ist ein Ergebnis der Vorarbeiten zur Revision der Bestimmungen über das Baurecht.

Absatz l ist unverändert geblieben.

B. Die neuen gesetzlichen Vorschriften über das Stockwerkeigentum im besonderen

Art. 712 a Unter dem Marginale «Inhalt und Gegenstand» des Stockwerkeigentums findet sich im ersten Absatz die Definition dieses Instituts. Im zweiten Absatz

1518 sind die das Sonderrecht des Stockwerkeigentümers ausmachenden Befugnisse genannt: die Verwaltung, -Benutzung und bauliche Ausgestaltung der eigenen, d.h. jedem Stockwerkeigentümer zugeschiedenen Räume. Zugleich ist auf die Beschränkungen hingewiesen, denen diese Befugnisse im Interesse der Gemeinschaft und der anderen Stockwerkeigentümer unterworfen sind. Im dritten Absatz sind die im gleichen Interesse begründeten positiven Unterhaltspflichten des Stockwerkeigentümers genannt.

Art. 712 b In der Umschreibung des Gegenstandes des Stockwerkeigentums (Abs. 1) ist die Bestimmung besonders wichtig, dass die Eäume, die eine Stockwerkeinheit ausmachen, als Wohnungen oder als Eaumeinheiten zu anderen Zwecken in sich abgeschlossen sein und einen eigenen Zugang haben müssen. Eine Aufteilung einer Wohnung unter mehrere Beteiligte, wie sie unter der Herrschaft des früheren kantonalen Rechtes vielfach vorgekommen ist, wird damit ausgeschlossen.

Ausdrücklich wird erwähnt, dass zu einer Wohnung oder einer anderen Zwecken dienenden Stockwerkeinheit auch getrennte Nebenräume gehören können.

Dabei ist insbesondere an Keller- und Dachräume sowie an Garagen gedacht.

Die Ausscheidung zwischen den gemeinschaftlichen Objekten und den dem Stockwerkeigentümer zur ausschliesslichen Benutzung und baulichen Ausgestaltung zugewiesenen Teilen des Gebäudes hat hier nicht die gleiche Bedeutung wie in den ausländischen Gesetzen, in denen sie der Bestimmung der Bestandteile des Gebäudes dient, welche Objekte des Sondereigentums der Stockwerkeigentümer sind. Nach dem Entwurf gibt es an Bestandteilen des Bodens und des Gebäudes kein Sondereigentum, sondern nur Miteigentum. Der einzelne Stockwerkeigentümer hat, wie schon verschiedentlich unterstrichen wurde, nicht Sondereigentum, sondern nur ein Sonderrecht an den ihm zugeschiedenen Räumen. Dieses Sonderrecht ist nichts anderes als die Berechtigung der ausschliesslichen Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung dieser Räume. Es gehört zum gesetzlichen Inhalt des zu Stockwerkeigentum ausgestalteten Miteigentumsanteils. Mit einer Dienstbarkeit oder einem Komplex von Dienstbarkeiten, wie sie in der Ersatzform des Stockwerkeigentums nach dem Übergangsrecht des ZGB erscheinen, hat es also nichts gemein; von solchen beschränkten dinglichen Rechten an der Sache oder an einem Miteigentumsanteil darf hier keine Rede sein.

Die Bauteile, Anlagen und Einrichtungen, die neben dem Boden eine gemeinschaftliche Zweckbestimmung haben, dürfen den Stockwerkeigentümern nicht zu Sonderrecht zugeschieden werden, auch nicht durch Vertrag (Abs. 2).

Das ist zwingendes Recht. Die anderen Teile dagegen, welche diese Funktion nicht haben, gelten als zu Sonderrecht ausgeschieden. Aber auch solche Teile können von den Stockwerkeigentümern als gemeinschaftlich erklärt werden
(Abs. 3). Geschieht dies nicht, sind sie zu Sonderrecht ausgeschieden. Das heisst also, es bestehe die gesetzliche Vermutung für diese Ausscheidung. Im letzten Absatz, des Artikels 712- b ist dies noch ausdrücklichJgesagt!

.

..

1514 Es ist auch nicht so, dass im Zweifel die gemeinschaftliche Funktion eines Bauteils zu verneinen wäre. Erst wenn feststeht, dass ein Bauteil keine gemeinschaftliche Funktion hat, greift die Vermutung Platz, dass er zu Sonderrecht ausgeschieden sei. Das bedeutet nichts anderes, als dass er nur dann trotzdem zu den gemeinschaftlichen Teilen gehöre, wenn dies von den Stockwerkeigentümern vereinbart ist. Dies würde allerdings auch gelten, ohne dass der letzte Absatz es noch ausdrücklich erklärte.

Art. 712 c Dieser Artikel ist dem Vorentwurf eingefügt worden, nachdem verschiedene Äusserungen im Vernehmlassungsverfahren auf die Unzukömmlichkeiten hingewiesen hatten, welche die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechtes der Miteigentümer im Stockwerkeigentumsverhältnis mit sich bringen würde. Es sei zu bedenken, dass im Stockwerkeigentumsverhältnis die Zahl der Beteiligten oft recht gross sein wird, und auch, dass die Verkehrsfähigkeit der Stockwerkeinheiten möglichst gefördert und nicht durch Beschränkung des Veräusserungsrechtes herabgesetzt werden sollte, wenn dafür keine zwingenden Gründe bestehen. Dem ist beizupflichten. Auf der anderen Seite darf aber nicht übersehen werden, dass es auch für das gute Einvernehmen zwischen den Stockwerkeigentümern und die dadurch bedingte reibungslose Ausübung des Stockwerkeigentums entscheidend sein kann, missliebigen, unverträglichen Elementen den Eintritt in die Gemeinschaft infolge des Erwerbs eines Stockwerkes oder des Nutzungsrechtes an ihm verwehren zu können. Diese Abwehr soll aber nach Artikel 712 c den Beteiligten selber durch Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes oder durch die vertragliche Einführung eines Einspruchsverfahrens überlassen und anheimgestellt werden. Im deutschen Wohnungseigentumsgesetz (§ 12) ist vorgesehen, dass durch Vereinbarung die Veräusserung einer Wohnung von der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten abhängig gemacht werden kann.

Art. 712 d Dass das Stockwerkeigentum durch Eintragung im Grundbuch begründet wird, steht von vorneherein fest (Abs.l). Es könnte sonst gar nicht in unser Sachenrecht eingefügt werden. Durch gesetzliche Vorschrift muss aber festgelegt werden, welche Eechtsgeschäfte den Eechtsgrund für die Eintragung bilden können und was für einer Form sie zu ihrer Gültigkeit bedürfen (ZGB Art. 965).

Der Entwurf nennt in Absatz 2 als erstes Bechtsgeschäft den'Vertrag der Miteigentümer über die Ausgestaltung ihrer Anteile zu Stockwerkeigentum. Es muss also Miteigentum bestehen oder begründet werden, damit die Miteigentumsanteile zu Stockwerkeigentum ausgestaltet werden können. Dies schliesst die Begründung von Miteigentum und seine Ausgestaltung zu Stockwerkeigentum in der gleichen Vertragsurkunde nicht aus. Mehrere Erwerber einer Liegen-

1515 Schaft oder eines Baurechts können im Kauf- oder Baurechtsvertrag die Vereinbarung über die Ausgestaltung ihrer Miteigentumsanteile zu Stockwerkeigentum treffen. Es brauchen dann auch im Grundbuch nicht zunächst eine Eintragung über die Eigentumsübertragung oder Baurechtserrichtung zu Miteigentum und eine zweite Eintragung zur Begründung von Stockwerkeigentum zu erfolgen.

Als zweites Eechtsgeschäft wird die Erklärung des Eigentümers der Liegenschaft oder des Inhabers eines Baurechtes über die Bildung von Miteigentumsanteilen und deren Ausgestaltung zu Stockwerkeigentum genannt. Das ist ein einseitiges Eechtsgeschäft. Es führt zur Aufteilung zu Stockwerkeigentum, wobei die einzelnen Miteigentumsanteile und die ihnen entsprechenden Stockwerkeinheiten dem Begründer zustehen und zunächst in seiner Hand vereinigt sind. Das ist die Voraussetzung für den Verkauf von Stockwerkeinheiten und ihre Übertragung auf den Erwerber durch Eintragung im Grundbuch.

Die Frage, ob dieses Rechtsgeschäft auch im Vertrag enthalten sein könne, mit welchem der Eigentümer der Liegenschaft (oder Inhaber des Baurechts) eine Stockwerkeinheit veräussert, wird offen gelassen.

Das Eechtsgeschäft unter Lebenden, ob es ein Vertrag oder ein einseitiges Eechtsgeschäft ist, bildet nur dann einen gültigen Eechtsgrund für die Eintragung, wenn es öffentlich beurkundet ist. Die Mitwirkung der off entheben Urkundsperson als des geschäftskundigen Beraters erscheint hier als unerlässlich (Abs. 3).

Das einseitige Eechtsgeschäft kann aber auch eine letztwillige Verfügung sein, kraft deren der Vermächtnisnehmer gegenüber den Erben einen Anspruch auf Errichtung des Stockwerkeigentums durch Erwirkung der Eintragung hat.

Das Testament bedarf auch in dieser Funktion keiner anderen als der im Erbrecht vorgeschriebenen Form. Wohl häufiger wird der Erbteilungsvertrag das Grundgeschäft für die Begründung des Stockwerkeigentums sein, sei es, dass die Erben aus freiem Willen oder in Vollziehung einer testamentarischen Teilungsvorschrift das Gesamteigentum an einer zur Erbschaft gehörenden Liegenschaft ' in Miteigentum umwandeln und ihre Anteile zu Stockwerkeigentum ausgestalten. Auch der Erbteilungsvertrag bedarf in dieser Funktion keiner anderen als der im Erbrecht vorgesehenen Form der einfachen Schriftlichkeit (ZGB Art. 634, Abs. 2 und GBVo
Art. 18 in 'der Fassung gemäss BEB vom 80. Dezember 1947). In Absatz 4 ist die Festsetzung der Wertquote für jede Teileinheit in Hundertstem oder Tausendstem verlangt (vgl. S. 87 f.).

Diese technische Vorschrift beruht auf den Erfahrungen, die im Auslande, namentlich in Italien, gemacht worden sind.1) Der italienische C.c. schreibt selber vor (Art. 68 seiner Einführungs- und Übergangsbestimmungen), dass die Wertquote einer jeden Stockwerkeinheit im Kondominiumsreglement enthalten und, in Tausendstem ausgedrückt, in die dem Eeglement beigefügte Tabelle aufzunehmen sei.

!) Bosisio, Guida pratica del condominio, p. 29, und die Ausführungen von Toso und Cardelli, n condominio, p. 313 ff. über die «regola pratica per la determinazione dei millesimi».

1516 Die Wertquoten sind ein notwendiges Element des Begründungsaktes. Sie können nur durch Vereinbarung aller Beteiligten geändert werden (Abs. 5).

Sind nur zwei Stockwerkeigentümer beteiligt, weil nur zwischen ihnen eine Verschiebung in der Weise stattfindet, dass die Quote des einen um soviel vergrössert wie die des andern verkleinert wird, so ist die Genehmigung ihrer Vereinbarung durch die Eigentümerversammlung vorgeschrieben, weil durch sie doch auch Interessen der Gemeinschaft berührt werden. Im übrigen ist im letzten Absatz des Artikels 712 d auch die Berichtigung einer aus Irrtum unrichtig festgesetzten Wertquote und auch einer Wertquote, die nachträglich unrichtig geworden is.t, vorgesehen. Diese letztere Berichtigung kann insbesondere erfolgen, wenn das Gebäude vergrössert oder verkleinert wird und infolgedessen die Zahl der Stockwerkeinheiten sich vermehrt oder vermindert. Dadurch, dass der einzelne Stockwerkeigentümer seine Wohnung besser ausbaut und einrichtet, so dass sich ihr Wert erhöht, wird an der Wertquote nichts geändert, da kein Grund für eine stärkere Belastung mit Beiträgen an die gemeinschaftlichen Kosten der Verwaltung vorliegt. Dagegen kann durch bauliche Veränderungen am Grundstück der Wert einzelner Wohnungen so erhöht werden, dass die Eigentümer der übrigen Wohnungen eine entsprechende Änderung der Wertquoten müssen verlangen können (E. Kischinewsky-Broquisse, a.a.O., N. 241, S. 188).

Art. 712 e Die Absätze l und 2 bedürfen keiner Erläuterung.

Absatz 3 entspricht dem Recht Deutschlands und Italiens. Nach Artikel 1128 des italienischen C.c. ist der hier ins Auge gefasste Tatbestand allerdings erst gegeben, wenn das Gebäude zu drei Vierteln seines Wertes zerstört ist, während unser Entwurf nur die Zerstörung von mehr als der Hälfte des Wertes voraussetzt.

Ist das Gebäude zur Hälfte oder weniger als der Hälfte seines Wertes zerstört oder sind die Kosten des Wiederaufbaues durch die Versicherungsentschädigung ganz oder soweit gedeckt, dass die Belastung für alle Beteiligten als tragbar gelten kann, so ist der Wiederaufbau eine notwendige bauliche Massnahme, die nach Artikel 647 c von'den Stockwerkeigentümern mit der einfachen Mehrheit nach Personen beschlossen wird, gegebenenfalls aber nach Artikel 647, Absatz 2, Ziffer l von jedem Stockwerkeigentümer verlangt werden kann.

Absatz 4 hat sein Vorbild in Artikel 1128 des italienischen O.e. Die Zweckmässigkeit und Billigkeit dieser Bestimmung leuchtet wohl ohne weiteres ein.

Art. 712 / In allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten herrscht, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, Miteigentumsrecht. Das gilt insbesondere für die Beschlüsse über Verwaltungshandlungen (Abs. T).

Die Stockwerkeigentümer können die gesetzliche Benutzungs- und Verwaltungsordnung in ihrem Eeglement ergänzen und darin auch von ihr abwe,i:,,

1517 chende Bestimmungen aufstellen. Dieses Eeglement bedarf zu seiner Verbindlichkeit der Annahme mit der Mehrheit nach Personen und Anteilen. Mit der gleichen Mehrheit kann es auch abgeändert werden, wenn es im Begründungsakt, also durch Willenserklärung des Grundeigentümers oder durch Vertrag der Stockwerkeigentümer, aufgestellt worden ist (Abs. 3). Darin liegt eine Abweichung vom Miteigentumsrecht. Aber sie erstreckt sich nicht auf die Beschlussfassung über Verwaltungshandlungen. Für sie ist das Miteigentumsrecht zwingend. Abweichende Bestimmungen können deshalb von den Stockwerkeigentümern nur im Begründungsakt oder durch einstimmigen Beschluss aufgestellt werden (Abs. 2). Für diese Erschwerung liegen starke Gründe vor. Wer ein Stockwerk erwirbt, inuss soweit als möglich davor geschützt werden, dass ihm von der Gemeinschaft schwere Lasten auferlegt werden, die daraus entstehen, dass gegen seinen Willen kostspielige Erneuerungs- oder Erweiterungsarbeiten oder gar luxuriöse Anlagen erstellt werden. Wenn durch Mehrheitsbeschluss ins Eeglement Bestimmungen aufgenommen werden könnten, welche die Beschlüsse über solche Bauten sehr erleichtern würden, so wäre das Kostenrisiko so gross, dass es sich hemmend auf den Erwerb von Stockwerkeigentum auswirken würde.

Das Reglement ist, wie die von den Miteigentümern vereinbarte Benutzungsund Verwaltungsordnung, für den Dritten, der ein Stockwerk erwirbt, verbindlich. Die im Verkehr gebotene Sorgfalt verlangt, dass der Erwerber sich vom Eeglement Kenntnis verschafft. Es ist für ihn sehr erwünscht, wenn das Eeglement im Grundbuch angemerkt ist und sich infolgedessen auf dem Grundbuchamt befindet und daselbst eingesehen werden kann (Abs. 4). Die Anmeldung zur Anmerkung wird in einem neuen Artikel 826« der Grundbuchverordnung geregelt.

Art. 712 g Die Versicherung gegen Brandschaden, andere Beschädigungen des Gebäudes und gegen die Eisiken der gesetzlichen Haftpflicht sowie die Anlegung und Äufnung eines Erneuerungsfonds werden hier als gemeinschaftliche Angelegenheiten erklärt und ihre Besorgung den Stockwerkeigentümern nahegelegt (Abs. l und 3). Der zweite Absatz beantwortet eine Einzelfrage, die sich bei der Versicherung des Gebäudes immer wieder stellen wird, wie die Praxis in Deutschland gezeigt hat. Sie dürfte sich deshalb als nützlich erweisen.

Art. 7127i
Dass die gemeinschaftlichen Kosten auf die Stockwerkeigentümer nach Massgabe ihrer Wertquoten zu verteilen sind, ist die notwendige Konsequenz aus dem Prinzip dés Aufbaues dieser Gemeinschaft (Abs. 1}.

Die Bedeutung des zweiten Absatzes liegt in der orientierenden Übersicht über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Sie wird besonders im Hinblick auf die Durchsetzung der Beitragsforderungen gegenüber dem einzelnen Stockwerkeigentümer gegeben und sich als. zweckniäsig erweisen. ..

. . ',.-;·

1518 Der dritte Absatz weist auf die besonderen Fälle hin, in denen die Beiträge an die Kosten der Erstellung, des Unterhaltes und des Betriebes nicht auf alle Stockwerkeigentümer nach Massgabe ihrer Wertquoten verlegt werden können.

Während der «Codice civile» hiezu nähere Vorschriften enthält (Art. 1128 bis 1126), überlässt der Entwurf die Kegelung im einzelnen dem Eeglement der Stockwerkeigentümer.

Art. 712 i bis l Wie vorn zur Verwaltungsorganisation ausgeführt wurde, muss es ein besonderes Anliegen der gesetzlichen Eegelung des Stockwerkeigentums sein, einerseits die Solidarhaftung der einzelnen Stockwerkeigentümer für gemeinschaftliche Verbindlichkeiten zu vermeiden und andererseits den Gläubigern die für einen sicheren und reibungslosen Geschäftsverkehr erforderliche Gewähr zu geben, dass sie ihre Forderungen trotz der bloss anteilmässigen Haftung der einzelnen Stockwerkeigentümer ohne allzu grosses Eisiko und ohne übermässige Verfahrensschwierigkeiten durchsetzen können. Den Weg zu diesem Ziel weist der Entwurf, indem er der Stockwerkeigentums-Gemeinschaft eine körperschaftliche Verwaltungsorganisation und der Gemeinschaft nach aussen die gleiche Eechtsstellung gibt, wie sie die Kollektivgesellschaft hat.

Artikel 7121 ist Artikel 562 OE nachgebildet. Der Gemeinschaft wird die Betreibungs- und Prozessfähigkeit zuerkannt, wobei als Betreibungsort und Gerichtsstand der Ort der gelegenen Sache bezeichnet ist ; ferner wird der Gemeinschaft eine beschränkte Vermögensfälligkeit in dem Sinne gegeben, dass Vermögen, das sie durch ihre Verwaltungstätigkeit erwirbt, wie die Beitragsforderungen und der Erneuerungsfonds, ihr im gleichen Sinne gehört, wie das Gesellschaftsvermögen der Kollektivgesellschaft gehört: Es haftet den Gläubigern für die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten und kann von ihnen in der Betreibung gegen die Gemeinschaft als solche in Anspruch genommen werden.

Intern bleibt es aber gleichwohl gemeinschaftliches Vermögen der Stockwerkeigentümer als Miteigentümer des Grundstückes. Der Miteigentumsanteil eines jeden Stockwerkeigentümers umfasst als seinen Bestandteil auch den Anteil an diesem Vermögen.

Indem die Gläubiger in der Betreibung gegen die StockwerkeigentümerGemeinschaft am Ort der gelegenen Sache die Beitragsforderungen der Gemeinschaft gegen die einzelnen Stockwerkeigentümer pfänden lassen können, eröffnet sich ihnen der Weg der zwangsweisen Verwertung der Anteile der einzelnen Stockwerkeigentümer, ohne dass diese an ihrem Wohnort, der auch im Ausland liegen kann, gesucht werden müssen. Dies ist deshalb möglich, weil für die Beitragsforderungen der Gemeinschaft die Stockwerkeigentümer nicht nur persönlich, sondern mit ihren Anteilen haften.

Zur Begründung dieser
Haftung wird dem Beitragsgläubiger ein gesetzlicher Anspruch auf die Errichtung des Grundpfandrechtes am Anteil des Beitragsschuldners durch Eintrag im Grundbuch gegeben (Art. 712 f). Das ist ein

1519 Anspruch, wie ihn der Bauhandwerker hat. Hinsichtlich der Erwirkung der Eintragung ist denn auch auf Artikel 839, Absatz 3 und die darauf bezüglichen Vorschriften in Artikel 22 der GBVo verwiesen. Viel einfacher wäre die Einführung eines ohne Eintragung im Grundbuch bestehenden, allen eingetragenen Eechten vorgehenden, unmittelbar gesetzlichen Pfandrechtes gewesen. Ein solches Pfandrecht hätte auch mit der Erwägung gerechtfertigt werden können, dass die Stockwerkeigentümer mit ihren Beiträgen nur ihre Anteile an den Aufwendungen ,, bezahlen, die zur Erhaltung oder Erhöhung des Wertes der Stockwerkeinheiten gemacht wurden. Aber auch die zulasten der einzelnen Stockwerke eingetragenen, vertraglich begründeten Pfandrechte bestehen meistens zugunsten von Gläubigern, deren Darlehen den Erwerb des Stockwerkes oder die Beteiligung am Bau des Hauses ermöglicht haben, so dass ihre Zurückdrängung durch das vorgehende gesetzliche Pfandrecht der Gemeinschaft nicht wohl zu begründen wäre. Auf die Gewährung des Vorranges für dieses letztere Pfandrecht wurde deshalb verzichtet. Trotzdem somit dieses Pfandrecht weder ein Eang- noch ein Verwertungsprivileg erhält, ist der Umfang der dadurch gesicherten Forderung eng begrenzt, nämlich auf die Beiträge, die auf die letzten drei Jahre entfallen. Für mehr als drei Jahresbeiträge besteht der gesetzliche Anspruch also nicht. Diese Beschränkung empfahl sich auch mit Rücksicht auf den Erwerber eines Stockwerkes. Dieser muss zwar damit rechnen, dass sein Stockwerk mit dem Pfandrecht für Beiträge, die sein Vorgänger schuldig geblieben ist, belastet wird, aber diese Last kann nicht mehr als drei solcher Jahresbeiträge umfassen.

Das Betentionsrecht, das jenem des Vermieters nachgebildet ist und ebenfalls für die Beitragsforderungen im gleichen Umfang besteht (Art. 712 k), hat sein Vorbild im noch weiter gehenden Fahrnispfand des französischen Rechts.

Art. 712 m bis p Notwendiges und, wenn weitere Organe bestehen, oberstes Organ der Gemeinschaft ist die Eigentümerversammlung. Sie ist das einzige Willensbildungsorgan der Gemeinschaft, während als Willensbetätigungsorgane der von ihr gewählte Ausschuss oder Abgeordnete und dann insbesondere der Verwalter neben sie treten.

Der Entwurf enthält nur wenige besondere Bestimmungen über die Eigentümerversammlung und ihren Ausschuss oder Abgeordneten und verweist im übrigen auf das Vereinsrecht. Es gibt kaum ein anderes Stück unseres Zivilrechtes, mit dem die breitesten Kreise unseres Volkes so gut vertraut sind wie mit dem Vereinsrecht, das als Ausdruck allgemeiner gewohnheitsrechtlicher Übung gelten kann. Die besonderen Bestimmungen über die Kompetenzen und über die Einberufung, Leitung und Beschlussfähigkeit bedürfen keiner Erläuterung (Art. 712 m, n und p.)

Dagegen rechtfertigt sich eine erklärende Bemerkung zu der in Artikel 712 o geregelten Ausübung'des Stimmrechts. Während sich die Zahl der Miteigentümer im Laufe der Zeit dadurch sehr stark vermehren kann, dass die einzelnen An-

1520 teile weiter aufgeteilt werden, insbesondere im Erbfall, sind die Stockwerkeinheiten regelmässig unteilbar. Eine Teilung wäre nur zulässig, wenn mit ihr Teile gebildet werden könnten, die immer noch in sich abgeschlossene Wohnungen oder sonstige Eaumeinheiten mit eigenem Zugang wären. Das aber ist eine Ausnahme, so dass in der Eegel die Zahl der Stimmberechtigten sich nach der vollständigen Aufteilung des Gebäudes zu Stockwerkeigentum nicht mehr verändert. Weil die Aufteilung nicht möglich ist, wird häufiger der Fall eintreten, in dem eine Stockwerkeinheit einer Mehrzahl von Personen, insbesondere mehreren Erben, gemeinschaftlich zusteht. Diese haben dann, wie nach der Miteigentumsordnung auch, solange sie nicht geteilt haben, nur eine Stimme, die sie durch einen Vertreter abgeben. Auch wenn eine Stockwerkeinheit in Nutzniessung steht, kann das Stimmrecht nur entweder vom Eigentümer oder vom Nutzniesser ausgeübt werden, nicht aber von beiden. Die beiden sollen sich generell oder von Fall zu Fall über die Ausübung des Stimmrechts einigen. Mangels einer solchen Verständigung soll der Nutzniesser als stimmberechtigt betrachtet werden, soweit nicht über bauliche Massnahmen zu entscheiden ist, die über die notwendigen Unterhalts- und Eeparaturarbeiten hinausgehen.

Art. 712 q bis t Über die Stellung des Verwalters in der Organisation der Gemeinschaft der 'Stockwerkeigentümer haben wir uns bereits grundsätzlich geäussert.

Wie sich überall in der ausländischen Praxis gezeigt hat, ist der Verwalter in der Organisation der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaf t die massgebende und in grösseren Gemeinschaften unentbehrliche Person, von deren Sachkunde, Erfahrung, Geschick, Umsicht und Zuverlässigkeit es weitgehend abhängt, ob die Benutzungs- und Verwaltungsordnung in befriedigender Weise verwirklicht wird. Deshalb ist es wichtig, dass die Bestellung und Abberufung nicht der jeweiligen zufälligen Mehrheit völlig anheimgestellt wird, sondern dass gegen deren Willkür der Bichter angerufen werden kann. Von Amtes wegen soll jedoch nicht eingeschritten werden (Art. 712 q und r). Wenn und solange die Verwaltung ohne Verwalter klaglos funktioniert, was in einer Gemeinschaft von einigen wenigen Stockwerkeigentümern sehr wohl möglich ist, soll es dabei bleiben.

Die zentrale Aufgabe des Verwalters ist die Vollziehung der Benutzungs- und Verwaltungsordnung. Dazu gehört, wie in Absatz 2 des Artikels 712 s gesagt ist, insbesondere auch die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten auf die Stockwerkeigentümer. Ob bestimmte Verwaltungshandlungen, insbesondere Bauarbeiten, ausgeführt werden sollen und welche Aufwendungen dafür gemacht werden dürfen, entscheidet die Eigentümerversammlung, vorbehaltlich dringender Massnahmen, die vom Verwalter angeordnet werden können. Selbstverständlich steht es der Eigentümerversammlung auch zu, die erforderlichen Finanzierungsbeschlüsse zu fassen (Aufnahme von Darlehen, Entnahme aus dem Erneuerungsfonds). Nur im Bahmen dieser Beschlüsse ist der Verwalter zur Festsetzung . der jährlichen, Kostenbeiträge und ihrer Erhebung, befugt. .Wie:

1521 schon dargelegt wurde, hat der Verwalter sodann eine massgebbnde Funktion in allen Beziehungen der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaf t zu Dritten (Art. 712t). Für die Aufnahme geschäftlicher Beziehungen und für die reibungslose Abwicklung der Geschäfte ist es dringend wünschbar oder gar notwendig, dass Lieferanten, Unternehmer, Handwerker ihre Verträge mit dem Verwalter abschliessen können. Verbindlich sind solche Verträge für die Stockwerkeigentümer selbstverständlich nur, soweit der Verwalter mit ihrem Abschluss seine gesetzlichen Befugnisse nicht überschritten hat. Darauf muss der gutgläubige Dritte abstellen können. Da der Verwalter in der Besorgung aller Angelegenheiten der gemeinschaftlichen Verwaltung die Stockwerkeigentümer vertritt, würde dies, wenn das Gesetz keine Ausnahme dafür machen würde, auch für die Prozessführung in solchen Angelegenheiten gelten. Im französischen und italienischen Eecht ist dieser Grundsatz anerkannt. Der Entwurf macht davon eine Ausnahme. Der Verwalter muss sich zur Prozessführung ausserhalb des summarischen Verfahrens, z.B. des richterlichen Befehlsverfahrens, durch Beschluss der Eigentümerversammlung ermächtigen lassen, und zwar bevor er eine Prozesshandlung vornimmt. Ist eine solche jedoch dringend, so kann die Ermächtigung nachgeholt werden. Für diese Ausnahme ist folgende Erwägung massgebend : Der Prozess, der auch von der Gemeinschaft gegen einen oder mehrere Stockwerkeigentümer geführt werden kann, hat oft Auswirkungen, die nicht vorausgesehen werden. Er kann nicht nur schwere Kostenfolgen haben, sondern auch zu einer schweren Beeinträchtigung der persönlichen Beziehungen oder gar zu dauernder Feindschaft zwischen Hausgenossen und Nachbarn führen.

Deshalb soll die Eigentümerversammlung selber darüber entscheiden, ob ein Prozess durchgeführt oder von ihm Abstand genommen werden soll. Auch das deutsche Wohnungseigentumsgesetz hat in § 27, Ziffer 5 die gleiche Eegelung getroffen.

Im dritten Absatz des Artikels 712 t wird dem Verwalter noch eine weitere Funktion übertragen. Durch Zustellung an ihn können den Stockwerkeigentümern Erklärungen, Aufforderungen, Urteile und Verfügungen wirksam mitgeteilt werden. Diese Wirkung hat die Zustellung an den Verwalter aber nur, wenn sie einen Stockwerkeigentümer in seiner Eigenschaft als Glied der Gemeinschaft,
nicht wenn sie ihn in einer Angelegenheit aus dem Bereich seines Sonderrechts betrifft. Unter dieser Voraussetzung ist die Zustellung aber auch wirksam, wenn sie eine Angelegenheit zum Gegenstande hat, die ausserhalb der Verwaltungsbefugnisse des Verwalters liegt, also z.B. einen Prozess um das Eigentum am Grundstück, über die Grenzen der Liegenschaft, um die Verpflichtung zur Leistung öffentlichrechtlicher Beiträge oder um eine Expropriationsstreitsache.

Diese Vorschriften vermögen jedoch ihren Zweck nur dann ganz zu erfüllen, wenn der Verwalter leicht und sicher zu erreichen ist. Von der Aufstellung einer Vorschrift, dass der Verwalter irn Kanton Wohnsitz haben müsse, in dem das Gebäude der Stockwerkeigentümer sich befindet, wurde Umgang genommen, weil da und dort schon die nähere Umgebung einer Stadt oder eines Markt- und

1522 Geschäftsortes von der Kantonsgrenze durchschnitten sein kann. Statt dessen ist im Entwurf vorgesehen, dass der Verwalter am Ort der gelegenen Sache zwar nicht seinen Wohnsitz, aber ein Zustellungsdomizil haben müsse.

Art. 943 Absatz l ist durch eine neue Ziffer 4 ergänzt worden.

Die Ergänzungen des Schlusstitels zum ZGB (Art. 20fris, ter, quater und 45) beziehen sich auf die Anwendung des neuen Eechtes auf bestehendes Stockwerkeigentum.

Der Gesetzesentwurf stützt sich auf Artikel 64 der Bundesverfassung.

Wir empfehlen Ihnen den beiliegenden Gesetzesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 7. Dezember 1962.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : P. Chaudet Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1523 (Entwurf)

Bundesgesetz über

die Änderung des Vierten Teils des Zivilgesetzbuches (Miteigentum und Stockwerkeigentum)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1962, beschliesst:

I Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über das Miteigentum werden wie folgt abgeändert und ergänzt :

Art. 647 1

Die Miteigentümer können durch Vereinbarung eine von den gesetz- 2. Nutzungslichen Bestimmungen abweichende Nutzungs- und Verwaltungsordnung tungsordnung aufstellen und im Grundbuch anmerken lassen.

2 Nicht aufheben oder beschränken können sie dadurch die folgenden Befugnisse eines jeden Miteigentümers: 1. zu verlangen, dass Verwaltungshandlungen, die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind, durchgeführt und nötigenfalls vom Richter angeordnet werden; 2. von sich aus die Massnahmen zu ergreifen, die sofort getroffen werden müssen, um die Sache vor drohendem oder wachsendem Schaden zu bewahren und von den übrigen Miteigentümern Ersatz der hiefür gemachten Aufwendungen nach Massgabe ihrer Anteile zu beanspruchen.

Art. 647 a Zu den gewöhnlichen Verwaltungshandlungen ist jeder Miteigen- s. Gewöhnliche tümef befugt, insbesondere zur Vornahme von Ausbesserungen, Anbau- ISSutugen" 1

1524 und Erntearbeiten, zur Verwahrung und Aufsicht sowie zum Abschluss der dazu dienenden Verträge und zur Ausübung der sich daraus und aus bestehenden Miet-, Pacht- und Werkverträgen sich ergebenden Befugnisse einschliesslich der Bezahlung und Entgegennahme von Geldbeträgen für die Gesamtheit.

2 Durch Beschluss mit einfacher Mehrheit nach Personen können die Miteigentümer die Zuständigkeit zu diesen Verwaltungshandlungen unter Vorbehalt der Bestimmungen des Gesetzes über die notwendigen und dringlichen Massnahmen anders regeln.

4. Wichtigere Verwaltungshandlungen

5. Bauliche Massnahmen a. notwendige

fr. nützliche

Art. 6476 Über die Durchführung wichtigerer Verwaltungshandlungen beschliessen die Miteigentümer mit Mehrheit nach Personen und Anteilen, insbesondere über die Änderung der Kulturart oder Benutzungsweise, über den Abschluss und die Auflösung von Miet- und Pachtverträgen, über die Beteiligung an Bodenverbesserungen und über die Bestellung eines Verwalters, wenn dessen'Zuständigkeit nicht auf den Bereich der gewöhnlichen Verwaltungshandlungen beschränkt ist.

2 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die notwendigen baulichen Massnahmen.

1

Art. 647 c Über Unterhalts-, Wiederherstellungs- und Erneuerungsarbeiten, die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nötig sind, beschliessen die Miteigentümer mit einfacher Mehrheit nach Personen, soweit sie nicht als gewöhnliche Verwaltungshandlungen von jedem einzelnen von ihnen nach den dafür geltenden Bestimmungen vorgenommen werden dürfen.

Art. 647 d Über Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken, beschliessen die Miteigentümer mit einfacher Mehrheit nach Personen und Zweidrittelmehrheit nach Anteilen.

2 Änderungen, die einem Miteigentümer den Gebrauch oder die Benutzung der Sache zum bisherigen Zweck erheblich und dauernd erschweren oder unwirtschaftlich machen, können nicht ohne seine Zustimmung durchgeführt werden.

3 Verlangt die Änderung von einem Miteigentümer Aufwendungen, die ihm, weil sie in einem Missverhältnis zum Vermögenswert seines Anteils stehen oder aus einem anderen Grunde nicht zumutbar sind, so kann sie ohne seine Zustimmung nur durchgeführt werden, wenn die übrigen Miteigentümer seinen Kostenanteil, soweit er den ihm zumutbaren Betrag übersteigt, auf sich nehmen.

1

1525 Art. 647 e Bauarbeiten, die lediglich oder vorwiegend der Verschönerung, der e. der verschöBequemlichkeit des Gebrauchs oder der Ansehnlichkeit der Sache dienen, sequerrüichkeit dürfen nur mit Zustimmung aller Miteigentümer ausgeführt werden.

dienende 2 Werden diese Arbeiten mit der einfachen Mehrheit nach Personen und Zweidrittelmehrheit nach Anteilen beschlossen, so können sie auch gegen den Willen eines nicht zustimmenden Miteigentümers, der durch sie in seinem Nutzungs- und Gebrauchsrecht nicht dauernd beeinträchtigt wird, durchgeführt werden, sofern die übrigen Miteigentümer ihm für eine bloss vorübergehende Beeinträchtigung Ersatz leisten und seinen Kostenanteil übernehmen.

1

Art. 648 Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu 6. Verfügung gebrauchen und zu nutzen, als dies mit den Eechten der andern vertrag- uber die Sache lieh ist.

2 Zur Veräusserung oder Belastung der Sache sowie zur Veränderung ihrer Zweckbestimmung bedarf es der Übereinstimmung aller Miteigentümer, soweit diese nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart haben.

3 Bestehen Grundpfandrechte oder Grundlasten an Miteigentumsanteilen, so kann die Sache selbst nicht mehr mit solchen Eechten belastet werden.

Art. 649 (Text unverändert) 1

1 2

...

...

7. Tragung der...

Art. 649 a Die von den Miteigentümern vereinbarte Nutzungs- und Verwaltungs- 8. Eintritt dos Ordnung und die von ihnen gefassten Verwaltungsbeschlüsse sowie die rWAnteiislncs richterlichen Urteile und Verfügungen sind auch für den Rechtsnachfolger eines Miteigentümers und für den Brwerber eines dinglichen Bechtes an einem Miteigentumsanteil verbindlich.

Art. 649 b Ein Miteigentümer kann aus der Gemeinschaft ausgeschlossen 9. Ausschiuss werden, wenn er durch eigenes Verhalten oder das Betragen von Personen, Gemelnsciiaft denen er den Gebrauch der Sache überlassen oder für die er einzustehen hat, seine Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Mitberechtigten so schwer verletzt, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann.

Bundesblatt. 14. Jahrg. Bd. II.

102 1

1526 2

Der Ausschluss erfolgt durch richterliches Urteil auf Klage eines oder mehrerer Miteigentümer.

3 Umfasst die Gemeinschaft nur zwei Miteigentümer, so steht jedem von ihnen das Klagerecht zu; im übrigen bedarf es zur Klage, wenn es nicht anders vereinbart ist, der Ermächtigung durch einen mit einfacher Mehrheit nach Personen gefassten Beschluss aller Miteigentümer mit Ausnahme des Beklagten.

4 Erkennt der Eichter auf Ausschluss des Beklagten, so verurteilt er diesen zur Veräusserung seines Anteils und ordnet für den Fall, dass diese nicht binnen der angesetzten Frist zustande kommt, die öffentliche Versteigerung des Anteils an, die nach den Vorschriften über die Zwangsverwertung von Grundstücken unter Ausschluss derjenigen über die Auflösung des Miteigentums Verhältnisses durchgeführt wird.

5 Die Bestimmungen dieses Artikels sind auf den Nutzniesser und auf den Inhaber eines anderen dinglichen oder vorgemerkten persönlichen Nutzungsrechtes an einem Miteigentumsanteil sinngemäss anwendbar.

Art. 650 10. Aufhebung a. Anspruch auf Teilung

1

Jeder Miteigentümer hat das Eecht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen, wenn sie nicht durch ein Eechtsgeschäft, durch Aufteilung zu Stockwerkeigentum oder durch die Bestimmung der Sache für einen dauernden Zweck ausgeschlossen ist.

2 Der Ausschluss der Aufhebung kann auf höchstens dreissig Jahre vereinbart werden, bedarf für Grundstücke zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und kann im Grundbuch vorgemerkt werden.

3 Die Aufhebung darf nicht zur Unzeit verlangt werden.

Art. 655 1

A. Gegenstand

Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.

Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind : die Liegenschaften, die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Eechte, die Bergwerke, die Miteigentumsanteile an Grundstücken.

2

1.

2.

3.

4.

Art. 682 6. im Miteigentums- und im Baurechtsverhältnis

1

Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber einem jeden Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt.

2 Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden

1527 Baurecht belastet ist, an diesem Eecht und der Inhaber dieses Eechts am belasteten Grundstück.

3 Vereinbarungen über die Aufhebung oder Abänderung des Vorkaufsrechts bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und können im Grundbuch vorgemerkt werden.

II

Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über Inhalt und Beschränkungen des Grundeigentums werden wie folgt ergänzt : Dritter Abschnitt Das Stockwerkeigentum Art. 712 a 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grund- A. Inhalt stück mit dem Inhalt, dass der Miteigentümer das Eecht hat, bestimmte ""EinhältTM Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.

2 Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Bäume nur soweit beschränkt, als er keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Bechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen darf.

3 Er ist verpflichtet, seine Eäume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist.

Art. 712 6 1 Gegenstand des Sonderrechts können einzelne Stockwerke oder n. Gegenstand Teile von Stockwerken sein, die als Wohnungen oder als Einheiten von Bäumen zu geschäftlichen oder anderen Zwecken mit eigenem Zugang in sich abgeschlossen sein müssen, aber getrennte Nebenräume umfassen können.

2 Dem Stockwerkeigentümer können nicht zu Sonderrecht zugeschieden werden : 1. der Boden der Liegenschaft und das Baurecht, kraft dessen gegebenenfalls das Gebäude erstellt wird ; 2. die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes oder der Eäume anderer Stockwerkeigentümer von Bedeutung sind oder die äussere Gestalt und das Aussehen des Grebäudes bestimmen; 3. die Anlagen und Einrichtungen, die auch den anderen Stockwerkeigentümern für die Benutzung ihrer Eäume dienen.

1528 3

Andere Bestandteile des Gebäudes können im Begründungsakt und in gleicher Form auch durch nachherige Vereinbarung der Beteiligten als gemeinschaftlich erklärt werden.

4 Ist dies nicht geschehen, so gilt die Vermutung, dass sie zu Sonderrecht ausgeschieden sind.

Art. 712 c m. Verfügung

1

Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Dritten, der einen Anteil erwirbt, hat der Stockwerkeigentümer nicht von Gesetzes wegen, doch kann es im Begründungsakt oder durch nachherige Vereinbarung errichtet und im Grundbuch vorgemerkt werden.

2 In gleicher. Weise kann bestimmt werden, dass die Veräusserung einer Stockwerkeinheit, deren Belastung mit einer Nutzniessung oder einem Wohnrecht sowie die Vermietung nur rechtsgültig sei, wenn die übrigen Stockwerkeigentümer dagegen nicht auf Grund eines von ihnen gefassten Beschlusses binnen höchstens vierzehn Tagen seit der ihnen davon gemachten Mitteilung Einsprache erhoben haben.

3 Die Einsprache ist unwirksam, wenn sie ohne wichtigen Grund erhoben worden ist, worüber auf Begehren des Einspruchsgegners der Eichter im summarischen Verfahren entscheidet.

Art. 712 d ß. Begründung

und Untergang I. Begründung

1

Das Stockwerkeigentum wird durch Eintragung im Grundbuch be-

gründet.

2

Die Eintragung kann verlangt werden : 1. auf Grund eines Vertrages der Miteigentümer über die Ausgestaltung ihrer Anteile zu Stockwerkeigentum; 2. auf Grund einer Erklärung des Eigentümers der Liegenschaft oder des Inhabers eines selbständigen und dauernden Baurechtes über die Bildung von Miteigentumsanteilen und deren Ausgestaltung zu Stockwerkeigentum.

3 Das Kechtsgeschäft bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und, wenn es eine Verfügung von Todes wegen oder ein Erbteilungsvertrag ist, der im Erbrecht dafür vorgeschriebenen Form.

4 Im Begründungsakt ist der Anteil einer jeden Stockwerkeigentumseinheit in Hundertsteln oder Tausendsteln des Wertes der Liegenschaft oder des Baurechts anzugeben.

5 Änderungen der Wertquoten bedürfen der Zustimmung aller unmittelbar Beteiligten und der Genehmigung der Eigentümerversammlung ; doch hat jeder Stockwerkeigentümer Anspruch auf Berichtigung, wenn seine Quote aus Irrtum unrichtig festgesetzt wurde oder infolge von baulichen Veränderungen des Gebäudes oder seiner Umgebung unrichtig geworden ist.

1529 Art. 712 e 1

Das Stockwerkeigentum geht unter mit dem Untergang der Liegen- n. Untergang schaft oder des Baurechtes und mit der Löschung im Grundbuch.

2 Die Löschung kann auf Grund einer Aufhebungsvereinbarung und ohne solche von einem Miteigentümer, der alle Anteile in seiner Hand vereinigt, verlangt werden, bedarf jedoch der Zustimmung der an den einzelnen Stockwerkeinheiten dinglich berechtigten Personen, deren Eechte nicht ohne Nachteil auf das ganze Grundstück übertragen werden können.

3 Die Aufhebung kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, wenn das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört worden ist und der Wiederaufbau nicht ohne eine für ihn schwer tragbare Belastung durchgeführt werden kann.

4 In diesem Falle können die Stockwerkeigentümer, welche die Gemeinschaft fortsetzen wollen, die Aufhebung durch Abfindung der übrigen abwenden.

Art. 712 / 1

Für die Beschlussfassuns üb'er Verwaltungshandlungen gelten die c. Verwaltung .

i j ·»«", · .

o o und Benutzung Bestimmungen über das Miteigentum.

a Dio anwond .

2 baren Be Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können Stimmungen ~ sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer.

3 Im übrigen stellen die Stockwerkeigentümer ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung auf, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme mit der Mehrheit nach Personen und Anteilen bedarf und mit dieser Mehrheit auch, wenn es im Begründungsakt aufgestellt worden ist, abgeändert werden kann.

4 Das Eeglement kann im Grundbuch angemerkt werden.

_

Art. 712 g 1

Es ist eine gemeinschaftliche Angelegenheit der Stockwerkeigentümer, das Gebäude gegen Brandschaden und andere Beschädigungen zu versichern und auch als Grund- und Werkeigentümer die der Übung entsprechenden Haftpflichtversicherungen abzuschliessen.

2 Ein Stockwerkeigentümer, der seine Räume mit ausserordentlichen Aufwendungen baulich ausgestaltet hat, kann, wenn er nicht eine Zusatzversicherung auf eigene Rechnung abschliesst, zur Leistung eines zusätzlichen Prämienanteils verpflichtet werden.

3 Zur Deckung der gemeinsamen Kosten von Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten soll ein Erneuerungsfonds angelegt und durch jährliche Beiträge geäufnet werden.

II. Besondere Obliegenheiten

1530 Art. 712 h in. GemeinDie Stockwerkeigentümer haben ihre Beiträge an die Lasten des Kosten'und gemeinschaftlichen Eigentums und an die Kosten der gemeinschaftlichen Lasten Verwaltung nach Massgabe ihrer Wertquoten zu leisten.

1. Bestand und o o i 2 Verteilung Solche Lasten und Kosten sind namentlich: die Auslagen für den laufenden Unterhalt, für Eeparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen; die Kosten der Verwaltungstätigkeit einschliesslich der Entschädigung des Verwalters; die den Stockwerkeigentümern insgesamt auferlegten öffentlichrechtlichen Beiträge und Steuern; die Zins- und Amortisationszahlungen an Pfandgläubiger, denen die Liegenschaft haftet oder denen sich die Stockwerkeigentümer solidarisch verpflichtet haben.

3 Dienen bestimmte gemeinschaftliche Bauteile, Anlagen oder Einrichtungen einzelnen Stockwerkeinheiten nicht oder nur in ganz geringem Masse, so soll dies bei der Verteilung der Kosten berücksichtigt werden.

1

Art. 712 i 1 2. Haftung für Die Gemeinschaft hat für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Gnmd'fand- Beitragsforderungen Anspruch gegenüber jedem jeweiligen Stockwerkreciit eigentümer auf Errichtung eines Pfandrechtes an dessen Anteil.

2 Die Eintragung kann vom Verwalter oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, von jedem dazu durch einfachen Mehrheitsbeschluss nach Personen oder durch den Eichter ermächtigten Stockwerkeigentümer und vom Gläubiger, für den die Betiragsforderung gepfändet ist, verlangt werden.

3 Im übrigen sind die Bestimmungen über die Errichtung des Bauhandwerkerpfandrechts sinngemäss anwendbar.

Art. 712 k i. RétentionsDie Gemeinschaft hat für die auf die letzten drei Jahre entfallenden recht Beitragsforderungen an den beweglichen Sachen, die sich in den Bäumen eines Stockwerkeigentümers befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören, ein Eetentionsrecht wie ein Vermieter.

Art. 712 l iv. HandiunpsUnter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus üe'meinschaft ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.

1

1531 2 Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer kann unter ihrem Namen klagen und betreiben sowie am Ort der gelegenen Sache beklagt und betrieben werden.

Art. 712 m Die Versammlung der Stockwerkeigentümer entscheidet in allen Verwaltungsangelegenheiten, die sie nicht einem Ausschuss übertragen hat und die nicht dem Verwalter zustehen.

2 Sie bestellt den Verwalter und führt die Aufsicht über dessen Tätigkeit.

3 Sie kann einen Ausschuss oder Abgeordneten wählen, der dem Verwalter beratend zur Seite steht, dessen Geschäftsführung prüft und der Versammlung darüber und in allen ihm zur Vorberatung übertragenen Angelegenheiten Bericht erstattet und Antrag stellt.

4 Soweit das Gesetz darüber nicht besondere Bestimmungen enthält, finden auf die Eigentümerversammlung und auf den Ausschuss die Vorschriften über die Organe des Vereins und über die Anfechtung von Vereinsbeschlüssen Anwendung.

1

Art. 712 n Die Eigentümerversammlung wird vom Verwalter einberufen und geleitet, wenn sie nicht anders beschlossen hat.

2 Die Beschlüsse sind zu protokollieren, und das Protokoll ist vom Verwalter oder von dem den Vorsitz führenden Stockwerkeigentümer aufzubewahren.

Art. 712 o 1 Mehrere Personen, denen eine Stockwerkeinheit gemeinschaftlich zusteht, haben nur eine Stimme, die sie durch einen Vertreter abgeben.

2 Ebenso haben sich der Eigentümer und der Nutzniesser einer Stockwerkeinheit über die Ausübung des Stimmrechts zu verständigen, ansonst der Nutzniesser in allen Fragen der Verwaltung mit Ausnahme der bloss nützlichen oder der Verschönerung und Bequemlichkeit dienenden baulichen Massnahmen als stimmberechtigt gilt.

1

Art. 712 p Die Eigentümerversammlung ist beschlussfähig, wenn die Hälfte der Stockwerkeigentümer, der zugleich die Hälfte der Anteile zusteht, mindestens aber zwei Stockwerkeigentümer, anwesend oder vertreten sind.

2 Für den Fall der ungenügenden Beteiligung ist eine zweite Versammlung einzuberufen, die nicht vor Ablauf von drei Tagen seit der ersten stattfinden darf.

1

B. Organisation I. EigentümerVersammlung 1. Zuständigkeit und rechtliche Stellung

2. Einberufung und Leitung

3. Ausübung des Stimmrechtes

4. Beschlussfiiliigkeit

1582 3

Die zweite Versammlung ist beschlussfähig, wenn der dritte Teil aller Stockwerkeigentümer, mindestens aber zwei, anwesend oder vertreten sind.

Art. 712 q 1 ii. DerVerwaiter Kommt die Bestellung des Verwalters durch die Eigentümerver1. Bestellung gammlung nicht zustande, so kann jeder Stockwerkeigentümer die Er, nennung des Verwalters durch den Eichter verlangen.

2 Die Ernennung des Verwalters durch den Eichter kann auch verlangen, wer sonst ein berechtigtes Interesse daran hat, wie der Pfandgläubiger und der Versicherer.

Art. 712 r 2. Abberufung

1

Durch Beschluss der Eigentümerversammlung kann der Verwalter jederzeit abberufen werden, jedoch unter Vorbehalt der ihm gegebenenfalls aus dem Vertragsverhältnis zustehenden Ansprüche.

2 Lehnt die Eigentümerversammlung die Abberufung des Verwalters unter Missachtung wichtiger Gründe ab, so kann jeder Stockwerkeigentümer binnen Monatsfrist die richterliche Abberufung verlangen.

3 Ein Verwalter, der vom Eichter eingesetzt worden ist, kann ohne dessen Bewilligung vor Ablauf der Zeit, für die er eingesetzt ist, nicht abberufen werden.

Art. 712 s s. Aufgaben * Der Verwalter vollzieht alle Handlungen der gemeinschaftlichen der BesSmun- Verwaltung gemäss den Vorschriften des Gesetzes und des Eeglementes gen und Be- sowie gemäss den Beschlüssen der Eigentümerversammlung und trifft von (Se Verwaltung sich aus alle dringlichen Massnahmen zur Abwehr oder Beseitigung von und Benutzung Schädigungen.

2 Er verteilt die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten auf die einzelnen Stockwerkeigentümer, stellt diesen Eechnung, zieht-ihre Beiträge ein und besorgt die Verwaltung und bestimmungsgemässe Verwendung der vorhandenen Geldmittel.

3 Er wacht darüber, dass in der Ausübung der Sonderrechte und in der Benutzung der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Einrichtungen die Vorschriften des Gesetzes, des Eeglementes und der Hausordnung befolgt werden.

Art. 712 t 1 ò.vertretung Der Verwalter vertritt in allen Angelegenheiten der gemeinschaftnac aussen JJ^QQ Verwaltung, die in den Bereich seiner gesetzlichen Aufgaben fallen, sowohl die Gemeinschaft als auch die Stockwerkeigentümer nach aussen.

1533 2 Zur Führung eines anzuhebenden oder vom Gegner eingeleiteten Zivilprozesses bedarf der Verwalter ausserhalb des summarischen Verfahrens der vorgängigen Ermächtigung durch die Eigentümerversammlung, unter Vorbehalt dringender Fälle, in denen die Ermächtigung nachgeholt werden kann.

3 An die Stockwerkeigentümer insgesamt gerichtete Erklärungen, Aufforderungen, Urteile und Verfügungen können durch Zustellung an den Verwalter wirksam mitgeteilt werden.

4 Zustellungen an den Verwalter können am Ort der gelegenen Sache erfolgen.

III Der Artikel 943 des Zivilgesetzbuches wird wie folgt ergänzt :

Art. 943 1

Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen : die Liegenschaften, die selbständigen und dauernden Eechte an Grundstücken, die Bergwerke, die Miteigentumsanteile an Grundstücken.

2 Über die Voraussetzungen und über die Art der Aufnahme der selbständigen und dauernden Eechte, der Bergwerke und der Miteigentumsanteile an Grundstücken setzt eine Verordnung des Bundesrates das Nähere fest.

2. Aufnahme a. Gegenstand

IV Die Anwendungs- und Einführungsbestimmungen im Schlusstitel des Zivilgesetzbuches werden wie folgt ergänzt :

Art. 20te Vom früheren kantonalen Eecht beherrschtes Stockwerkeigentum ist den neuen Vorschriften dieses Gesetzes unterstellt, auch wenn die Stockwerke oder Stockwerkteile nicht als Wohnungen oder Geschäftsraum einheiten so in sich abgeschlossen sind, wie es für die Neubegründung von Stockwerkeigentum vorgeschrieben ist.

Art. 20ter 1 Die Kantone können auch Stockwerkeigentum, das in Formen des am I.Januar 1912 in Kraft getretenen Eechtes in das Grundbuch eingetragen worden ist, den neuen Vorschriften über das Stockwerkeigentum unterstellen.

2. Stockwerkeigentum «.. eigentliches

6. umgewandeltes

1534 2

Die Unterstellung wird wirksam mit der entsprechenden Änderung der Einträge im Grundbuch.

Art. 20
4. Behandlung aufgehobener Rechte

Art. 45 Dingliche Eechte, die nach dem Grundbuchrecht nicht mehr begründet werden können, wie Eigentum an Bäumen auf fremdem Boden, Nutzungspfandrechte und dergleichen, werden im Grundbuch nicht eingetragen, sind aber in zweckdienlicher Weise anzumerken.

2 Sind sie aus irgendwelchem Grunde untergegangen, so können sie nicht neu begründet werden.

1

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Abänderung des vierten Teils des Zivilgesetzbuches (Miteigentum und Stockwerkeigentum) (Vom 7.Dezember 1962)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1962

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

8607

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1962

Date Data Seite

1461-1534

Page Pagina Ref. No

10 041 935

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.