#ST#

Schweizerilehes

Buudesblatt.

Jahrgang V. Baud III.

Nro 36.

Samstag, den 6. August 1853.

Man abonnlrt ausschließlich beim nächstgelegenen Poftarnt. Preis .für das Jahr 1853 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i grtn. 4. 40 Sentirne«. Jnsetale sind f r a n f i r t an die Erpediticn einzusenden. Gebühr 15 Eenttmen pec Zeile oder deren Raum.

# S T #

Botschaft des

schweiz. Bundesrathes an die beiden gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend die Schifffahrtsverhältnisse auf dem Bodensee und Rhein,

(Vom 11. Mai 1853.)

£it.

Das Bundesgesez über das Zollwese-;, ym 30. Iun{ 1849 hatte in seinem Art. 8 statuir*, daß fcje ©ebneren für de« Transport zu Wasser uach den gleichen Tarifen bezogen werden follen, wie |{e für den Transport zu Land gelten, mit .Ausnahme der Streken, für welche bestehende Verträge mit dem Auslande erst nach einer erforderlichen Ilnterhandlnng abgeändert werden können.

In golge dieser Bestimmung wurt>e namentlich auf dem Rhein der alt hergebrachte Rheinzoll nach der fruv Bnndesblait. 3ahxg. V. Bd. III.

17

222

hern Uebung und Weife sortbezogen, ohne dadurch die gleichzeitige ©inführung der neuen schweizerischen Gränzjölle dort zu sistiren. Das Großherzogthum Baden bezog lange in gleicher Weise seine alten Rheinzolle neben den ordentlichen Gebühren des Zollvereins; eben so dauerte auf dem Bodenfee der Bezug sogenannter Abfuhrgebühren fort, und schweizerischer Seits war es beson* ders in Rorschach, dann in Stein am Rhein, wo dergleichen Gebühren gefordert wurden, gür andere Sandungspläze waren sie aufgehoben worden, und auch in Rorfchach zahlten österreichifche und württembergische Schiffe keine Abfuhrgebühren mehr, weil Oesterreich und Würlemberg von Schweizerschissen, welche die Landungspläze jener Staaten am Bodensee besuchten, auch keine Abfuhrgebühr mehr forderten.

Um nun aber Schweizerschiffe von der Bezahlung der alten Gebühren, so weit dieß schweizerische waren, neben den neuen zu entbinden, erließ der Bundesrath unterm 12. Ianuar 1850, also noch vor der Einführung des neuen Zollfystems eine Verordnung, laut welcher, vom Tage der Vollziehung des Bundesgesezes über das Zollwesen an. Schweizerschiffe und Schweizerflöße, die einen wie die andern, wenn sie von Schweizern geführt werden, keine der bisherigen befondern Rheinzölle, fondern nur die durch das neue Bundesgefez aufgestellten Zollgebühren zu bezahlen haben. Von allen übrigen glößen und Fahrzeuge« aber sollen die bisher üblichen Zölle neben den neuen fortbezogen werden.

Diese Befreiung »on den alten Rheinzöllen wurde aber kurz nachher provisorisch ausgedehnt auf österreichische, württembergische und bayerische Schiffe, weil Berichte gegeben wurden, daß man schweizerische Schisse «·in den Landungsplazen am Bodensee, welche im Ge?

223 biete dieser Staaten liegen, ganz gleich behandle wie die Schiffe der eigenen Staatsbürger.

In dieser Weise verfloß die Zeit, bis die Beschiffnng des Bodensees durch schweizerische Dampfschiffe an Ausdehnung gewann und dann von der Verwaltung dieser ...Dampfschiffe Befchwerde geführt wurde über die hohen Abfuhrgebühren, welche man in Lindau von den Schwei* zerfchiffen fortwährend fordere, während dem bayerische solche nicht bezahlen, so wie über die Ausübung eines befondern Verladungsrechtes, indem die Lindauer Speditoren den Schweizerschissern die Verabfolgung von Waaren zum Weitertransport verweigerten, felbst wenn sie gehörige Bezugsscheine von den Waarendisponenten besaßen.

Die schweizerischen Behörden verlangten von Bayern Abhilfe dieser Beschwerden, weil man sonst hierseits den provisorisch eingestellten Bezug der alten Rheinzölle wieder wie früher an die ..pand nehmen müßte. Bayern zeigte sich aber zur Aufhebung der ßindauer Gebühren nicht geneigt, indem es erklärte, daß eine Ungerechtigkeit gegen die Schweizerschiffe nicht geübt werde; denn die Dampfschifffahrtsgesellschaft von Lindau habe an die Einlösung des Bezugrechtes der Abfuhrgebühren von der Schisserinnung und der Stadt Lindau eine namhafte Summe bezahlt und man betrachte nun die Interessen diefer Summe als diejenige ..Quote, welche bayerifche Schisse in Lindau statt der Abfuhrgebühren bezahlen; uberdieß entrichten die bayerischen Dampfschiffe alljährlich eine bedeutende Summe an Rorschach gleichfalls als Abfuhrgebühr. Eben fo wenig wurde in die zweite Be# schwerde eingetreten.

Mit großem Bedauern sah sich daher der Bundesrath genothigt, nach längerem vergeblichem Notenwechsel mit

224 Bayern, den Bezug der alten Rheinzotle von bayerischen Schiffen wieder eintreten zu lassen, und gegenüber der Koalition der Sindauer Speditore«, welche ihre Waaren fast ausschließlich den dortigen Dampfschiffen zur Ver«1 fendung übergaben, biïoete sich in Schaffhausen eine ahnliche, welche für die von da abgehenden Waare« Gegenrecht übte.

Die Interessen des Handels und des Verkehrs mußten unter einem solchen Verfahren natürlich leiden, nnd nach* dem durch den Vertrag vom 27. Iuli 1852 zwifchen der schweizerischen Eidgenosseschaft und dem Großherzogthum Baden über gegenfeitige Zollfreiheit auf kurzen Strcken und Ermäßigung der beiderfeitigen Schifffahrtsabgaben auf der Rheinstreke von Konstanz bis Basel eine baldige Aufhebung der alten Rheinzölle für badische Schiffe in Ausficht stand, mußte es doppelt wünschenswerth erscheinen, die Angelegenheit mit Bayern zu einem erwünschten Ziele zu bringen.

Der Wiederbezug der alten Rheinzölle hatte Bayern geneigter gestimmt, zu einer freundlichen und gerechten ·Erledigung Hand zu bieten, und als der Bundesrath am 4. April d. I. Kenntniß erhielt, daß Bayern bereit sei, in nähere Unterhandlung zu treten, bezeichnete er sein Miiglied grei-Herofee, Vorsteher des Handels- und Zolldepartements, als Bt-vollmächtigten, unter Ratifiïationsvorbehalt einen Vertrag zu unterhandeln und abjufchließen, welcher gegenseitige Gleichbehandlung in den Schifffahrtsverhältnissen und möglichste Erleichterungen festfeze, die Abfuhrgebühren aufhebe und unzuläßige Ladungsvorrechte beseitige.

(.gleichzeitig beschloß er, den Bezug des alten Rheinzolles für bayerische Schiffe und gtöße vom Beginn der Unterhandlungen an zu suspendiren und ihn ganz fal-

225

Jen zu lassen, wenn innerhalb dreier Monate die 8indauer Gebühren aufgehoben werden und eine gegenseitige Vereinbarung über die obschwebenden Anstände zu Stande komme, widrigenfalls aber jenen Bezug dann wieder sor.zusezen.

Inzwischen hatte auch Bayern seinen Bevollmächtigten in der Person seines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, Herrn Freiherr von Verger, ernannt, und die beiden Bevollmächtigten traten fofort in fchriftHche, und dann am 21. April in Bern in mündliche Unterhandlung, welche dahin führte, daß am 2. Mai ein Vertrag nebst dazu gehörigem Separatprotokoll von beiden Seiten unterzeichnet wurde.

In seinem ersten Artikel sezt der Vertrag die Gleichheit der Behandlung bayerischer Angehöriger wie der Schweizer 'selbst, bezüglich der Schifffahrtsabgaben bis Schasshausen fest und bestimmt, daß die Bayern überhanpt keine hohern oder andere folche Gebühren zu bezahlen haben als die Schweizer selbst. In den Wunsch Bayerns, diese Uebereinkunft bis Basel auszudehnen, wollte darum nicht eingetreten werden, weil die Schiffsahrtsverhältnisse auf der Rheinstreke zwischen Basel und Schaffhausen zuerst mit dem Großherzogthum Baden in Ordnung gebracht und die dort noch bestehenden Innungs- und Sootsenverhältnisse aufgeklärt, geordnet und der jezigen Zeit angepaßt werden müssen, ehe man hierüber mit Dritten besondere Verpflichtungen eingeht, welche die Auseinandersezung mit Baden nur erschweren können. Zudem dürfte es für die Schweiz gut sein, noch ein leztes Wort über die Bennzung dieses Theiles des Rheines sprechen zu konnten, wenn einmal Verhandlungen über die Benuzung des Un#

226 terrheins walten, gine Berufung Bayerns auf die Wiener Kongreßakte wurde vom schweizerischen Bevollmächtigten -nicht zugegeben, wie das Separatprotokoll, in welches diese Verhandlung verwiesen wurde, es nachweist. Dagegen fand er es gerecht, Bayern die Zuficherung zu geben, daß wenn besondere Zolle, die gegenwärtig zwischen Basel und Schaffhausen bestehen möchten, dort aufgehoben und auf die Streke zwischen Schaffhausen und Konstanz verlegt würden, die bayerischen Schiffe der Bezahlung dieser Zölle nicht unterworfen sein follen. Eine folche Verlegung ist überhaupt nicht denkbar, da alle besonderen Leistungen unterhalb Schaff.« hausen mit den Rechten der Schiffergesellschaften dort zusammenhängen und somit bei einer Bereinigung der.« selben wol vermindert oder aufgehoben, aber nicht ver« legt werden können. Wenn nach Art. 6 des Vertrags vom 27. Juli 1852 mit Baden eine Verminderung der Zahl der Zollstätten oder eine Verlegung einzelner derselben zu Stande käme, so kann dieß nur auf badische, kaum auf schweizerische Zollstätten Bezug haben, da die alt hergebrachten Rheinzolle schweizerischerseits für badische Schiffer nach Art. 22 desselben Vertrags ganz aufgehoben, die Durchgangsgebühren aber jezt schon nur an möglichst wenigen Zollstätten bezogen werden.

Art. 2 des Vertrages mit Bayern bedingt für die Schweizerbürger die gleiche Behandlung an den bayerischen Landungspläzen, wie sie die eigenen Staatsange-

hörigen genießen; dieser Artikel statuirt fomit die Rezi-

·prozität in vollem Maße für die von der Schweiz im Art. 1 gemachten Konzessionen.

Um Anstände zu vermeiden, welche etwa später durch eine zu weite Auslegung des deutschen Zollgesezes entstehen könnten, verlangte der hierseitige Bevollmächtigte

227

einige Erläuterungen über diesen Punkt, welche vom ïoniglich-bfloerischen Bevollmächtigten in befriedigender Weise gegeben und ins Separatprotokoll aufgenommen wurden.

Der Art. 3 untersagt speziell die Erhebung von Ab# fuhrgebühren. Bei dem Dahinfallen dieser Gebühren ist es wol ganz überflüssig, in weitere Untersuchungen einzutreten, ob, angesichts der Bundesverfassung und des Zollgesezes überhaupt noch Abfuhrgebühren in der Schweiz fortbestehen dürfen und wenn ja, zu wessen Gunften fie zu beziehen seien. Die Kantone, in welchen solche am Bodensee und Rhein bezogen würden, waren längst geneigt, sie sallen zu lassen, wenn man ihnen Gegenrecht halte; fie haben diesen Grundsaz wiederholt in Anwendung gebracht und Erklärungen in gleichem Sinne dem Bundesrathe abgegeben, fich dann auch, als ihnen vom schweizerischen Bevollmächtigten der ·Sutwurf des beabfichtigten Vertrages mitgetheilt wurde, in welchem der Art. 3 ganz gleichlautend war wie im Vertrag felbst, für einverstanden erklärt.

Art. 4 hebt das Monopol auf, welches die Lindauer Speditoren für die Verladung ihrer ©üter geübt haben, gestattet aber auch andererfeits Schweizer Speditoren nicht, ihre Güter nur diesem oder jenem Dampfboot oder dieser oder jener Unternehmung zum Transport zu übergeben, wenn der zur Verfügung über die Waare berech-

tigte Disponent es anders will. Es dürfte dieser Artikel als einer der wesentlichsten des Vertrags betrachtet werden, und gewiß ist es derjenige, welcher am meisten gegenseitigen- Nekereien ein Ende macht und die naturgemäße Entwiklung der verschiedenen Schifffahrtsuntero nehmungen, gewährleistet.

228 Art. 5 sichert die Betreibung der Schifffahrt den von einer Regierung dazu berechtigten auf allen Landungs* ·pläzen der kontrahirenden 2.hei(e und zwar ohne weitere Konzeffionsabgabe an die andern Regierungen zu. Eine solche freie Bewegung liegt nicht nur in der Zeit, sondern sie erfcheint auf einem Gewässer wie der Bodensee, an dos mehrere Staaten und Kantone angränzen, als ein Bedürfniß. Allen Intriguen für Fernhaltung diefes oder jenes Konkurrenten wird dadurch der Faden abgefchnitten und die wahre Betriebsamkeit zu der größten Thätigkeit angespornt, welche hinwieder zu einem rafchen und wolfeilen Verkehre führt, wie er für das Interesse des Publikums erfprießlich ist. Die Befreiung von Konzeffionsgebuhren ist gegenseitig, und der thätigc Schweizer verliert dabei nichts. Die Regierungen der zunächst betheiligten Kantone haben diefes wol gefühlt, und darum auch keine Einwendung gegen den ihnen ebenfalls im Entwurf mitgetheilten Art. 5 erhoben; auch die eidgenöffifche Postverwaltung kann dabei eher gewinnen als verlieren, denn, wenn die Dampfschiffe, mit denen man Postkursverträge abschließt, keine Konzeffionsgebühren an Dritte zu bezahlen haben, fo werden sie eben ihre Forderungen für die fahrten auch billiger stellen können und dadurch Ersparnisse für die Postkasse bedingen, welche mehr betragen, als die kleinen Konzefsionsgebühren, welche fonst von andern Dampfschiffen an sie, die Postkasse, bezahlt wurden.

. Art. 6 sezt fest, daß nur für wirkliche Leistungen besondere Gebühren gefordert werden können, so wie er auch dem Grundfaz huldigt, daß für zollamtliche Handlungen die Wagscheine des einen Kontrahenten bei dem andern Theil auch Geltung haben oder daß wenigstens,.

229

itenn solche Wagscheine vorliegen, keine Gebühren für das Stachwägen gefordert werden sollen. Ein solches gegenseitiges Vertrauen führt nur zu besserem Sinverständniß und zur Verebnung von Anständen.

Art. 7 beabfichtigt die Einleitung zu einem gemeinschaftlichen Schissfahrts- und Hafenreglement auf dem Bodensee und Rhein. Die gleichen Gründe, welche für eine möglichste Gleichförmigkeit in der Straßenpolizei sprechen, welche durch die Kantone angestrebt wird; die gleichen Gründe, welche die möglichste Gleichförmigkeit in den Eifenbahnreglementen wünfchbar machen, gelten auch für gleichförmige Polizeivorschriften in der Schifffahrt. Durch die Einleitung dazu ist übrigens der Sache selbst im mindesten nicht vorgegriffen und es werden zunächst die Regierungen der betheiligten Kantone anzugehen sein, fich möglichst zu vereinbaren.

Art. 8 sezt die Dauer des Vertrages fest ; Art. 9 enthält den Ratifikationsvorbehalt und die Bestimmung Über die Frist zur Auswechslung, Diese beiden Artikel bedürfen wol kaum einer weiteren Auseinandersezung.

Einen großen Werth hatte der königlich-bayerische -..Bevollmächtigte bei den Verhandlungen auf die gute Inllandhaltung der Seinpfade am Rhein und auf die Höher* legung der Brüken bei Stein und Dießenhofen gelegt.

Diese beiden Punkte haben für die schweizerische Schifffahrt ohne Zweifel einen viel höhern Werth als für die

bayerifche, doch konnte der dießseitige Bevollmächtigte

keine bcfonderen Verpflichtungen für den Bund übernehmen, die weiter gegangen wären, als die schon durch Bundesvorschriften oder durch den Vertrag mit dem Großherzogthum Baden vom 27. Iuli 1852 im Art. 9 iiivuHrten Bestimmungen.

230

·2s wurde demnach von Seite Bayerns von der Aufnahme in den Vertrag felbst abjirahirt und der Herr Bevollmächtigte begnügte sich damit, seine Bemerkungen in das Separatprotokoll niederzulegen, deneu die Erwiderungen des schweizerischen Bevollmächtigten folgen.

Ueber die gewöhnlichen Seinpfade am Rhein war der Bundesrath noch nie im Fall, Verfügungen erlassen zu müssen und es darf daher angenommen werden, daß fich dieselben in gutem, unklagbarem Zustande befinden, dagegen hatte er fich schon zu wiederholten Malen mit einem solchen Pfad oberhalb Schaffhausen zu beschäftigen, der nur bei hohem Wasser gebraucht wird, wenn der gewohnliche Leinpfad überfchwemmt ist; allein die daherigen Anstände betrafen nicht Klagen über fchlechte Jnstandhaltung dieses Pfades, sondern nur über die Unter-

haltungspflicht, welche wenigstens theilweise einer Schissergesellschaft in Schasshausen oblag, wogegen diese von

jedem Pferde, das zum Schleppen der Schisse benuzt wurde, eine kleine Gebühr bezog. Die Gefellfchaft glaubte nun aber, es sei diese Gebühr mit der Einführung des neuen Zollsystems dahingefallen und demgemäß auch ihre Unterhaltungspflicht erloschen. Daß aber .der Leinpfad felbst vernachläßigt werden solle, das wollte nicht zugegeben werden. Daß die Leinpfade über* haupt einen wichtigen und unzertrennlichen ...theil der Wasserstraßen ausmachen, wurde wiederholt anerkannt und es liegt fomit in Folge der Bundesverfassung dem Bundesrath offenbar ob, dieselben zu überwachen.

Die Brüken in Stein und Dießenhofen bilden allerdings wesentliche Hindernisse für die dortige Schifffahrt, doch kaum ein größeres als die Brüke in Konstanz.

Sie dienen aber dem weit wichtigern Sandverkehr in

231 ihrer jezigen Form und Lage ganz gut und werden darum kaum viel höher gelegt Werden wollen, sondern man dürfte vielleicht eher geneigt sein, Durchlässe für die Schiffe zu erbauen, wie ein solcher z. B. in Rapper-

schwyl besteht. Die zunächst betheiligten Dampfschiff-

sahrtsgesellschaften haben übrigens mit den Brükenbefizern ein Einverständniß eingeleitet, so daß den daherigen Beschwerden bald abgeholfen werden dürfte. Eine dringende Empfehlung von Seite der Eigenossenschaft, und da ihr das Auffichtsrecht über die Brüken wie über die Wasserstraße zusteht, ihr Rath, muß aber die Sache wesentlich befördern. Verbindlichkeiten, bezüglich der Kosten, wollte indessen, wie bereits bemerkt, der schweizerische Bevollmächtigte in dieser Beziehung keine übernehmen.

Auch dem Wunsche der koniglich-bayerischen Bevollmächtigten um Verbesserung des Hafens in Rorschach wurde im Separatprotokoll eine Stelle eingeräumt, um so mehr, da die Eidgenosscnfchaft den gleichen Wunsch hegen muß. Die Erfüllung desselben liegt auch so sehr im Interesse der Lokalität und des Kantons St. Gallen, daß man überzeugt fein kann, es werde dort so viel gethan werden, als die verfügbaren Kräfte es erlauben.

Soweit der Vertrag und das Separatprotokoll.

Die gegenseitige Gleichbehandlung der Bayern und der Schweizer in den Schissfahrtsverhältnissen auf dem Bodensee ist darin hergestellt, eben so die Abschaffung der Abfuhrgebühren und der hemmenden Ladungsvorrechte, so wie dann auch die möglichsten Erleichterungen überhaupt gewährt und Schritte zu weitern Vereinbarungen eingeleitet werden.

Der Vertrag darf also in dieser Beziehung zur Ra* tifikation empfohlen werden, gragt man nach den finan*

232

îietten Vortheilen des Vertrags, so ist klar, daß diesel« ben zunächst sur Bayern in die Augen sallen, indem die bayerischen Schisse von der Bezahlung der alten Rheinzolle und der Abfuhrgebühren befreit werden. Diese betrugen für die Lindauerdampfschiffe jährlich und durch-

schnittlich :

a. an alten Rheinzollen, die in Gottlieben, Dießenhofen und Stein erhoben wurden .

gr. 9000.

b. an Abfuhrgebühren in Rorschach

,, 1155.

Fr. 550

ungefähr gr. 10,155.

Bayerische Segelfchiffe bezahlten: a. In Rorfchach in den lezten Jahren durchschnittlich .

Fr. 6 b. Jn Staad und Altenrhein .

,, 54 gr. 60 per Jahr.

Die Schweizerfchiffe hatten an Abfuhrgebühren in Lindau zu bezahlen: a. v o n jeder Perfoa . . .

4 Kreuzer.

b. Von Kaufmannsgütern für denOberund Unterfee, per Schiffszentner c. Für Getraide:

.

4

,,

1) gur den Oberfee : a. von fchwerem Getraide per Scheffel - 6 b. von leichtem Getraide per Scheffel 3 2) Sur den Unterfee: a. von fchwerem Getraide per Scheffel 9 b. von leichtem Getraide per Scheffel 4

,,

1) pr den Oberfee per Faß 2) gür den Untersee ,, ,,

,, ,,

d. Vom Salz:

.

5 8

,, ,, ,,

233 e. Von Brettern sür den Ober- und

Untersee »er Fuder .

.

3 Kreuzer.

f. Vom Vieh sür den Ober- und Un* tersee per Stük 3 ,, Wie viel nach diesem hohen ..taris von schweizerischen

Schissen jährlich bezahlt wurde, läßt fich hier beim Abgang

jeder Kontrole nicht nachweisen. Seit mehreren Iahren wurde aber der größte .-theil des Verkehrs durch die Dampfschiffe vermittelt, und dabei die schweizerischen durch die Monopolifirung der Lindauerspeditoren zu Gunsten ihrer Schiffe fast ganz von der Konkurrenz verdrängt, so daß allerdings die von ihnen bezahlten Abfuhrgebühren nicht auf große Summen stiegen. Der Vertrag hebt aber dieses Monopol auf, und es ist in golge dessen anzunehmen, daß die schweizerischen Schiffe in Zukunft nicht mehr wie bisher ohne Ladung von Lindau abfahren müssen. Haben sie nun die Abfuhrgebohren zu bezahlen, so kämen dieselben schon bei einem mäßigen Verkehr auf eine Summe zu stehen, welche der für die bayerischen Schiffe aufgehobenen wenigstens

gleich käme.

Es folgt daraus, daß wenn auch für die schweizerische Schifffahrt die Aufhebung der Lindauer Gebühren im gegenwärtigen Augenblik keine so großen finanziellen Vortheile darbietet, wie die Aufhebung der schweizerischen Abfuhrgebühren und der alten Rheinjölle für die bayerische Schisssahrt, dennoch der Vortheil für die Zukunft ein wenigstens gleicher sein wird. Ein viel großerer Vortheil liegt aber für die schweizerische Schifffahrt in der Aufhebung des von den Lindauer Speditoren geübten Ladungsvorrechies für ihre eigenen Dampfschisse, worin fie so weit giengen, daß fie schweizerischen ...Dampfschiffen keine Frachtgüter verabfolgten, selbst wenn

234

v

sie mit schriftlichen Bezugfcheinen der Disponenten der Waare versehen waren. ...Diese Aufhebung ermöglicht den schweizerischen Dampffchiffen die Einnahme von Rufr srachten in Lindau und der grachtlohn kann gegenüber den jezigen Verhältnissen von diesen Dampffchiffen fast als reinen Gewinn angesehen werden, da weder eine besondere neue Einrichtung auf den Schiffen, noch eine Vermehrung des Personals, noch ein bedeutender Mehrverbrauch von Brennmaterial nöthig wird. Daß aber der Betrag der Rükfrachten in kurzer Zeit auf eine sehr namhafte Summe ansteigt, die jezt für die schweizerischen Schisse ganz verloren ist, braucht wol nicht des nähern angegeben zu werden.

Der Vertrag erscheint daher auch in dieser Beziehung em»fehlenswerth.

In politifcher Beziehung bildet er dann einen neuen Beweis freundschaftlicher Verhältnisse zwifchen Nachbarstaaten und einen Anknüpfungspunkt um später, und zu geeigneter Zeit, weitere Verhandlungen im Interesse des Verkehrs daran anreihen zu können. Nachdem auch die alten Rheinzölle für Ocsterreich und Württemberg schon früher aufgehoben waren, diefelben für Baden in golge des Staatsvertrags vom 27. Iuli 1852 ebenfalls dahinfallen, wäre es unzwekmäßig, fie Bayern gegenüber noch fortdauern zu lassen, einem Staate, mit.welchem die freundnachbarlichen Verbindungen und Verhältnisse in keiner Richtung weniger gut find und waren, als mit den oben genannten andern Staaten.

In praktischer Beziehung fodann und im Hinblik aus die Zollverwaltung, muß die Aufhebung derjenigen ®ebühren auch gewünfcht werden, deren Bezahlung ganz ausnahmsweise nur den Angehörigen eines einzigen Staates obliegen würden. Dieser allein wegen müsse

235

eine befondere Buchhaltung geführt, eine besondere Aufficht bestellt und geübt werden; dieser allein we* gen müsse man auch oft Angehörige anderer Staaten anhalten und dann unterfuchen, ob wirklich jene Gebüh# ren von ihnen nicht auch zu fordern seien.

Nach allen diesen Richtungen betrachtet, erscheint der Vertrag als ein annehmbarer, und der Bundesrath beantragt demnach folgenden Beschluß: Die B u n d e s v e r f a m m l u n g der s c h w e i z e r ifchen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einficht und Prüfung des am 2. Mai dieses Iahres von einem Bevollmächtigten der Eidgenossenschaft und einem solchen des Königs von Bayern verabredeten und unterzeichneten Staatsvertrages über Regelung der Schifffahrtsverhältnisse auf dem Bodensee und dem

Rheine, so wie des zugehörigen Separatprotokolls, auf den Vorschlag des Bundesrathes,

beschließt: 1) Der genannte Vertrag ist seinem ganzen Inhalte nach genehmiget.

2) Der Bundesrath ist beauftragt, im Namen der schweizerischen Eidgenossenschaft denselben zu ratifiziren und ihn in Vollziehung zu sezen, sobald die Ratifikationen ausgewechselt sein werden.

Genehmigen Sie, Tit., die erneuerte Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 11. Mai 1853.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathes,

Der Bundespräsident: Naefs.

Der Stellvertreter des Kanzlers der

Eidgenossenschast : J. Äcrn=©erntann,

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des schweiz. Bundesrathes an die beiden gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend die Schifffahrtsverhältnisse auf dem Bodensee und Rhein.

(Vom 11. Mai 1853.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1853

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

36

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.08.1853

Date Data Seite

221-235

Page Pagina Ref. No

10 001 206

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.