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Sirhweizerifrhes

Buudesblatt.

Jahrgang V. Band II.

Nro. 21.

Samstag, den 30. April 1853.

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Beriet des

schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im

Jahr 1852.

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Tit.

Der schweizerische Bundesrath gibt sich die Chre, nach -Maßgabe des Art. 90, Ziffer 16 der Bundesverfassung. Ihnen hiermit den Bericht über seine Geschäfts-3 führung im Iahre 1852 zu erstatten.

Bundesblatt. Jahrs. Y. Bd, II.

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i. Abtheilung.

Geschästsfreis dee politischen Departements.

Der bisherigen Uebung gemäß werden von dem Ge# schästskreife, welcher diesem Departement anheim fällt, in dem Iahresberichte nur diejenigen Verhältnisse hervorgehoben, welche eine höhere, allgemeine Bedeutung haben, weil sie sich entweder auf die Lage des .Landes überhaupt beziehen oder auf Einzelnheiten, welche grund#

säzlich von großer Wichtigkeit find.

A.

..auswärtige sserhältnisse.

fche Erertef ' «in0.

a. Ueber die

Beziehungen zum Anslande.

Auch dieses Iahr bildet die Angelegenheit der poli* tischen Flüchtlinge und was damit zusammenhängt, den Hauptgegenstand verschiedener Verwiflungen und dahe* -"tett diplomatischer Verhandlungen, ungeachtet seit dem Iahr 1848 keine der vielfachen und großen Besorgnisse

e sich ïcolifîrt hatten. Sfr haben m 13> -5e6ruar 1852 ' einen einläßlichen Bericht über diese Angelegenheit in der Form eines Schreibens an den schweizerischen Geschäftsträger in Paris abgefaßt, und obwol derfelbe gedrukt wurde und einer gewissen Publizität anheimfiel, so glauben wir gleichwol, denselben hier wieder aufnehmen und in Erinnerung bringen zu follen, weil er nach den besten Duellen, die uns zu Gebote standen, eine fachgetreue Darstellung diefer Zustände enthält, wie sie fich im An* fange des Berichtsjahres und vorher gestaltet hatten, und weil er mithin die beste Grundlage bildet für die Beurtheilung der Befchwcrden und Reklamationen, so wie der Handlungsweise der schweizerischen Behörden.

Es bedarf hier wol kaum der Bemerkung, daß jene Dar-

stellung, so weit sie sich auf die Zahl der Flüchtlinge be# îfeht, i e z t nicht tnchr maßgebend ist, indem die leztm

seither bedeutend herabsank und immer noch Einzelne entweder freiwillig abreisen oder in Folge ihres Verhaltens, d. h. nicht sowol wegen politischer Umtriebe, als vielmehr wegen beharrlicher Renitenz gegen 4>ie be.« stehenden polizeilichen Anordnungen ausgewiesen werden müssen. -- Der erwähnte Bericht lautet so : ,,In Folge sortdauernder Anschuldigungen über die Anwesenheit und das angebliche Treiben politischer glüchtlinge in der Schweiz sehen wir uns veranlaßt, über diese Angelegenheit einen Bericht zu Ihrer Kenntniß zu bringen. Wir sezen dabei voraus, daß Sie bereits das* jenige kennen, was im Berichte des Bundesrathes an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Iahr 1850 unter dem Titel ,,Politisches Departement" über diese Angelegenheit enthalten ist, so wie wir uns auch aus den gedrukten Spezialbericht vom 28. Februar 1851 über den damaligen Stand der Flüchtlingsangelegenheit hiemit ausdrüklich beziehen, so daß es lediglich unsere Ausgabe ist, den weitern Verlauf der Sache zu beleuchten.

,,Gerade in jenem Zeitpunkt (Ende Februar 1851) trat diese Angelegenheit in ein neues Stadium. Theils in .Folge der verminderten Anzahl von Flüchtlingen, theils in Solge eines Anerbietens der französischen Regierung, dieselben auf ihre Kosten nach England oder Amerika führen zu lassen, fanden wir den Moment für geeignet, die im frühern Bericht erwähnte und durch die

damaligen Umstände abgenöthigte obligatorische Zuthei.lung der Flüchtlinge an die einzelnen Kantone aufzuheben und denselben, jedoch immerhin unter Wahrung unserer Oberaufficht und der durch Art. 57 der Bundesverfassung bezeichneten Rechte, gänzlich anheimzustellen, ob und in welchem Umfange sie für gut finden, den Flüchtlingen

»eitern Aufenthalt zu gestatten. Durch diese Maßregel wurden die Kantone veranlaßt, den Flüchtlingen den weitern Aufenthalt entweder gar nicht oder nur unter bedeutenden 'Kautionen zu gestatten. Dieser Umstand, so wie das oben erwähnte Anerbieten Frankreichs hatte eine bedeutende Abnahme der Flüchtlinge zur Folge. Gegen Ende des Iuni wurden die Kantone durch Kreisschreiben ersucht, einen neuen Etat der noch vorhandenen glüchtlinge einzugeben. Die hierauf gegründete Generalkontrole weist eine Anzahl von 235 nach, welche in 17 Kantonen vertheilt find. Hinsichtlich ihrer Herkunft stehen fie in folgendem Verhältnisse. Es sind .

93 Badenser, 10 Bayern, 11 Oesternicher, 30 Preußen, 9 Württemberger, 24 Sachsen, 5 Hessen, 12 Polen, 17 Franzosen und 24 Italiener.

,,Diese Zahl kann sich seither durch Entfernung einzelner noch vermindert haben, mag aber immerhin noch annähernd richtig sein. Es ergibt sich also, daß seit ·çem lezten Berichte die 3ahl der Flüchtlinge um mehr ,,ts die Hälfte herabgesunken ifi. Auch i« Wesrot Iahre haben wir das frühere Versahren eingehalten, das Ver* halten derselben nach besten Kräften überwacht, beim Eingang von Beschwerden genaue Untersuchung erheben lassen, theils durch Prüfung der Berichte, theils durch Abhörung von Zeugen und wo es notwendig und 8«* rechtfertigt schien, sogar durch Beschlagnahme und Unter*

fuchung der Papiere. So oft sich in Folge folcher Untersuchungen die Beschwerden begründet zeigten, erfolgte entweder die Ausweisung oder eine andere geeignete Maßregel; wenn aber fich bei der Untersuchung nichts herausstellte, so wurde der Betreffende in seinem Asyl weiter geschüzt. Auf diese Weise glaubten wir die den glüchtlingen gewährte Aufnahme mit den volkerrechtlichen Verpflichtungen stets und vollständig in Sinklang zu bringen.

Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß nicht selten auswärtige Regierungen durch Berichte, welche fie über die Anwesenheit oder das Verhalten von Flüchtlingen erhielten, gänzlich irre geführt wurden und Beschwerden erhoben, welche die genauefte Unterfuchung als durchaus unbegründet darstellte. Wir wären im gall, fchlagende Beispiele hierüber anzuführen. Im Uebrigen glauben wir erwähnen zu follen, daß mit Ausnahme der großherzoglich badischen Regierung, welche wegen der Nähe ihres Territoriums und wegen der größern Anzahl badenfifcher Flüchtlinge fich bisweilen zu Befchwerden gegen einzelne derfelben und zu Begehren, um deren größere Jnternirung oder Ausweifung veranlaßt fand, von andern deutschen Staaten beinahe keine Befchwerde einkam. So ist namentlich weder von Preußen, noch von Bayern, noch von Württemberg, noch von Sachfen, noch von Hessen irgend eine Befchwerde oder ein Begehren in glüchtlingsfachen gestellt worden. Von Oesterreich wurde im Juni v. J. in Bezug auf einen einzigen in Zürich domizilirten glüchtling, der als Agent der Demagogen in London betrachtet wurde, das Gesuch geftellt, daß derselbe einer strengern Behandlung unterzogen und wo möglich aus der Schweiz entfernt werde.

<£s ergab fich aber aus einer Befchlagnahme und Untersuchung feiner Schriften, daß jene Vermuthung nicht be.«

gründet war und daß der Betreffende vielmehr jede ...Eheilnahme an den politischen Umtrieben seiner Kor.« respondenten verweigert hatte. Ueberdieß gab ihm die betreffende Polizeidirektion das Zeugniß, daß er von den

übrigen Flüchtlingen möglichst zurükgezogen lebe und mit großem Fleiße den medizinischen Studien obliege, nach deren Absolvirung er sofort die Schweiz verlassen werde.

Unter diefen Umständen war gewiß kein Grund vorhan# den, demfelben das Afyl zur Vollendung seiner Studien zu verweigern und eben so wenig ein Grund zu Besorg- '· nissen sür irgend welchen andern Staat. Seit jener Zeit ist auch von Oesterreich keine weitere Beschwerde ein* gelangt.

"Es ist überdieß schon im Frühling des Iahres 1851

srühern Beschwerden dieses Staates in Bezug auf den Kanton Teffin alle mögliche Rechnung getragen worden, indem damals ein eidgen. Kommissär dahin abgeordnet wurde, um fich zu überzeugen, ob den frühern Beschlössen der Bundesbehörden über die italienischen Fluchtlinge gehörige Rechnung getragen worden sei und um nöthigenfalls die geeigneten Verfügungen zu erlassen.

Diefer Kommissär hat seine Aufgabe mit Umficht und Energie erfüllt und diese Angelegenheit geordnet, so daß nach Vollziehung der Verfügungen, die er bei seiner Abreife noch angeordnet hatte, keine Beschwerde mehr einkam.

,,Wir gehen noch über zu den franzöfifchen glüchtlingen und verweifen auch hier zunächst auf den Bericht vom 28. Februar 1851. Die fortgefezte Anwesenheit Einzelner derfelben bestätigte immer, daß die Gerüchte über größere Massen von Flüchtlingen, womit Genf an* gefüllt sei und die dort angeblich konspiriren , durchaus unbegründet oder jedenfalls höchst übertrieben seien, wenn

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es auch immer als möglich zugegeben wurde, daß .{n einer so volks- und verkehrsreichen Stadt, die an der ©ränze von drei Staaten liegt, sich eine Anzahl Jn# dividnen ohne gehörige Ausweisschriften einige Zeit aushalten können. Für die Richtigkeit unserer Behauptung müssen wir besonders auch folgende ..Ehatsache anführen...

Nachdem von nnferer Seite auf nähere Bezeichnung der eingeklagten Beschwerden war gedrungen worden, wurde uns durch die franzöfische Gesandtschast ein Verzeichniß von 50--60 franzofifchen Flüchtlingen, die angeblich in Genf sich aufhalten, unter Bezeichnung ihrer Wohnung mitgetheilt. Eine solche Angabe mußte um so erwünschter sein, da sie die Möglichkeit einer gehörigen Untersuchung herausstellte. Eine solche fand dann auch von Haus zu ..{jause statt und es ergab fich, daß die gemachten Angaben durchaus unrichtig waren, indem die bezeichneten Personen entweder überall nicht dort, oder keine Flüchtlinge waren, sondern Fremde, mit Ausweisschristen versehen. Nur einige konnten als politische Flüchtlinge -be* trachtet werden, waren aber keine granzofen. Ein ähnliches Schikfal hatte eine zweite reduzirte Liste. So zeigte es fich, auf welche Weife die franzofifchen Behörden durch unzuverläsfige Berichterstatter getäuscht wurden. Wir haben bereits gezeigt, wie unbedeutend die Zahl der französischen Flüchtlinge überhaupt war und brauchen wol kaum beizufügen, daß uns keinerlei Beweise über Umtriebe oder Konspirationen derselben vorgefegt wurden, indem wir nicht ermangelt hätten, auch ohne Begehren von uns aus einzuschreiten. Uebrigens ift wol zu beachten, daß die sranzöfische Gesandtschaft damals nicht die Ausweifung, sondern die Internirung der wirklich und angeblich in Genf und Waadt vorhandenen glüchtlinge verlangt hat; ein Begehren, dem so

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weit möglich entsprochen wurde. Diese Maßregel der Jnternirung hatte nun zur Folge, daß 17 franzöfifche

Flüchtlinge im März 1851 öffentlich dagegen protestirten und der Bundesbehörde .£roz entgegen sezten. Aus diesem Grunde wurden fie durch Dekret vom 24. März aus der Schweiz weggewiefen, und dieser Beschluß ward so weit möglich vollzogen. Im Laufe des Sommers mußte, die Mehrzahl derfelben die Schweiz verlassen und es ist auch förmlich konftatirt, daß diefelben nach England oder Amerika abgereist find und Belgien paffirt haben. Einigen

dagegen gelang es allerdings, ihren damaligen Aufent-

halt heimlich zu verlassen, fo daß nicht bestimmt nach* gewiesen werden kann, ob und wie lange fie noch in der Schweiz verweilten; immerhin aber war deren Aufsuchung durch die Polizei vorgeschrieben. Das war also die Sachlage mit Beginn des Dezembers 1851, d. h. atles, was geklagt werden konnte, bestand darin, daß einige wenige Flüchtlinge, welche nicht etwa wegen politischer Umtriebe, sondern wegen Troz gegen die Bundesbehörde ausgewiesen waren, möglicher Weise aber jedenfalls in der tiefsten Verborgenheit und Zurükgezogenheit in der Schweiz fein konnten. Von andern Befchwerden und von andern Begehren war seit längerer Zeit keine Rede mehr. Die Ereignisse des 2. Dezember hatten nun zur Folge, daß am 5. Dezember ficben französische Flüchtlinge, worunter 5 der bereits ausgewiesenen, fich in Laufanne zusammen fanden und einen Aufruf an das fran* zöfische Volk zu bewaffneter Erhebung verfaßten und druken ließen. Obwol es augenscheinlich ist, daß dieser Schritt nicht auf einem prämeditirten Komplott, fondern auf dem plözlichen Eindruk der großen Tagesereignisse beruhte und obwol jener Aufruf nicht publizirt wurde, mithin ein bloßes Projekt blieb, so haben wir gleichwol, sobald

derfelbe zu unferer Kenntniß kam, die Ausweisung der Unterzeichner beschlossen, ehe irgend ein solches Begehren von Seite Frankreichs gestellt wurde. Auch dieser Beschluß ist größtentheils vollzogen, indem fünf von den Unterzeichnern die Schweiz verlassen haben und auf die

zwei andern, die noch nicht entdekt find, polizeiliche Acht bestellt ist. Es ist daher auch hier freiwillig alles gethan worden, was irgend verlangt werden kann. Bekannt ist sodann, daß unter dem Eindruk der Ereignisse jener Tage, in Genf eine Anzahl Fremder, fich verfammelte, um zu berathen, ob sie sich an denfelben betheiligen wollen; es ist aber auch bekannt, daß der Chef der dortigen Polizei energisch gegen solche Tendenzen auftrat und ihnen jede Unternehmung der Art'vom schweizerischen Gebiete aus untersagte. Es wird nun gleichwol davon gesprochen, daß mehrere Flüchtlinge über Anglefort nach Frankreich eingedrungen und theilweife verhaftet worden seien. Wir befizen hierüber keine aktengemäßen Beweise und wissen nicht, ob diese Personen, die jedensalls von Savoyen und nicht von der Schweiz aus Frankreich betraten, vorher auch in lezterm Lande zusammen kamen; allein wäre dem auch fo, fo fcheint es uns jedenfalls höchst unbillig , einen Vorwurf gegen die Schweiz daraus herzuleiten. Denn ein vorübergehendes Znfammentressen von Fremden in bevölkerten Gränzstädten und zumal unter dem Eindruk und aus Veranlassung folcher Ereignisse wird nie ganz zu vermeiden fein. In folchen Zeitpunkten kann es eben überall Ungefezlichkeiten geben, für die man gerechter Weise weder Behörden noch Volk verantwortlich machen kann. So haben ja zu jener Zeit in manchen Departementen Frankreichs, troz gutem Willen der Behörden, troz bedeutender militärischer und .poli.* zeilicher Hilfsmittel, Aufstände fich gebildet, ohne daß es

io Iemandem einfallen wird, den Staat hiefür solidarisch verantwortlich zn erklären.

,,Seit dem Dezember 1851 hat fich in der Schweiz gar nichts zugetragen, das irgendwie Frankreich oder einen andern Staat hätte beunruhigen können ; auch find von keiner Seite her irgend welche Begehren oder Befchwerden eingekommen, ausgenommen, daß die franîofische Gefandtfchaft einem Franzosen, Michel, feine Ausweisfchriften entzog und dessen Wegweifung verlangte.

.Nachdem fich aus einer hierüber gepflogenen Unterfnchnng ergeben, daß derselbe als Fremder auf arge Weise mit der schweizerischen Presse Mißbrauch getrieben und sein Verhalten das Asyl, auf welches er 'angewiesen war, keineswegs rechtfertigen würde, wurde er aus der Schweiz weggewiefen.

,,So verhält fich die Flüchtlingsangelegenheit in der Schweiz. Es wird jeder Unbefangene fich überzeugen,

daß die Gerüchte und Anschuldigungen, welche hierüber genährt und unterhalten werden, grundlos find ; daß weniger als je ein Vorwand zu .Besorgnissen und Beschwerden vorhanden fei und daß die -.Bundesbehörde es fich stets zur ernsten Pflicht .macht, jedem Mißbrauch des Afyls unaufgefordert oder aufBefchwerde hin entgegenzutreten. Wir haben zum Schlüsse Ihnen nur noch mitjutheilen, daß wir zö>ei eidgen. Kommissäre in den .·perren Dr. Kern, Regierungspräfident aus dem Kanton

Thurgan, und I. Trog, Gerichtspräfident zu Olten,

Kantons Solothurn, ernannt und aufgestellt haben, um in allen Kantonen, wo fie es für zwekmäßig erachten, dafür z« sorgen, daß die Beschlüsse über die Flüchtlings.Polizei vollständig und energisch gehandhabt werden, und um einem allfälligen Andrang neuer Flüchtlinge entgegen-

11 zutreten und künftige Mißbräuche des Afyls möglichst abzuwenden.

,,Indem wir Sie ersuchen, im Interesse der Wahrheit von diesem Berichte überall, wo Sie es für angemessen finden, Gebrauch zu machen, benuzen wir diesen Anlaß K."

(Folgen die Unterschriften.)

So weit der Bericht. -- Ungeachtet diese Sachlage ïaum eine beunruhigende genannt werden darf, und obwol fich ergibt, daß bei jedem Versuch von Umtriebe» sofort energisch eingefchritten wurde, und daß es nur wenigen Personen gelang, der Vollziehung der Ausweisung momentan zu entgehen oder wenigstens den Be* weis ihrer Abreise einsweilen unmöglich zu machen, so war dennoch vorauszusehen, daß neue Verlegenheiten und Verwiklungen bevorstehen. So sehr auch feit Iahren innere Ruhe und Ordnung in der Schweiz bestehen, die verfassungsmäßigen Einrichtungen fich friedlich entwikeln und damit die Kultur wichtiger materieller Interessen 4?and in Hand geht, so empfindet unser Land immer in bedeutendem Maße die Rükwirkungen, welche aus den politischen Stürmen und Erschütterungen der Nachbarstaaten entstehen, zumal es schon vermöge seiner Lage in der Regel darauf angewiesen ist, die Opfer derfelben wenigstens vorübergehend aufzunehmen. Dießmal kamen jene Rükwirkungen von Frankreich her, welches seit geraumer Zeit vom Kampf der öffentlichen Gewalten und der politischen Parteien aufgeregt, durch die Ereignisse des 2. Dezembers 1851 in ein unerwartet stilles Fahr* wasser gelangte und in eine neue Epoche der (...ntwiklung des Staatslebens eintrat, deren Schlußpunkt schon damals leicht zu errathen war. Bei dem bewaffneten Widerstande, auf welchen jene Neuerung hie und da

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in Frankreich gestoßen ist, und bei den scharfen Maßregeln, welche die obsiegende Regierung anfänglich ergriffen hat, konnte es nicht ausbleiben, daß viele Proskribirte und Flüchtlinge sich auf die benachbarten Länder warfen; allein es darf nicht unerwähnt bleiben, daß sehr viele Leute dabei waren, welche aus bloßer Furcht vor möglichen Verfolgungen fich entfernten und sich in ziemlich kurzer Zeit nach Frankreich zurük begaben, fobald die Regierung mildere Dispositionen an den Tag legte.

Ueberdieß waren viele von ihnen mit Pässen versehen.

So erklärt es sich denn, daß zu jener Zeit in Genf eine ziemliche Zahl von Franzosen eintraf, die man aber mit

Unrecht alle in die Klasse politischer Flüchtlinge fezen

würde, welche wegen politifcher'Gründe es nicht wagen durften, in ihre Heimath zurükzugehen. Wie bereits

gesagt, fand vielmehr bei vielen das Gegentheil statt;

andere sandte die Regierung von Genf zu weiterer Versügung unferm Iustiz- und Polizeidepartement zu, und dieselben wurden dann nach ihrem Wunsche, oder nach Umständen und Verhältnissen entweder durch Deutschland und Belgien oder Holland nach England oder Amerika gewiesen oder internirt, wenn fich Kantone bereit erklärten, ihnen Aufenthalt zu gestatten und wenn fie dort Arbeit und Unterhalt finden konnten. Immer aber blieb die Zahl der in der Schweiz zurük bleibenden fran* zofischen Flüchtlinge sehr unbedeutend, und ist es .auch jezt noch. Endlich muß noch hervorgehoben werden, daß die franzöfische Gefandtfchaft damals keine einzige Per-

sonlichkeit als gefährlich bezeichnete, noch irgend ein

spezielles Ausweisungsbegehren stellte. Unter solchen Umständen mußte daher die Note vom 24. Januar in der gorm, in welcher fie abgefaßt war, nicht wenig befremden.

Obschon die damalige Korrespondenz seiner Zeit theil-

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weise veröffentlicht wurde, fcheint uns die Aufnahme der gesammten Verhandlungen in diesem Bericht zwekmäßig, damit sie im Zusammenhange mit obiger Darstellung des Sachverhaltes können aufgefaßt werden. Sie mögen daraus entnehmen, daß und wie wir uns bestrebt haben, einerseits allen gerechten Begehren zu entsprechen, andererseits aber Forderungen abzulehnen, die wir als der Selbstfiändigkeit eines Staates widerfprechend erachten mußten.

Die betreffenden Aktenftüke lauten wie folgt:

Die französische Gesandtschaft in derSchweiz an das P r ä s i d i u m des schweiz. V u n d e s r a t h e s , d. d. 24. Ianuar 1852.

(Uebersezung.)

Im Auftrage des Präfidenten der Republik habe ich die Ehre, die ganz besondere Aufmerksamkeit Euer Exzellenz auf eine Frage zu lenken, deren Wichtigkeit Sie bei den lezten Unterredungen, die ich mit Ihnen hatte, bereits wenden gewürdigt haben.

Ich meine jene Jndividuen, welche die Schweiz zu

ihrem Asyl gewählt, nachdem fie fich bei den politischen Unruhen der lezten Jahre offenbar betheiligt hatten.

Wenn Agenten der Unordnung, in der Nähe der frans jofifchen Gränzen, ungcsezliche demagogische Verfamm* lungen wieder bilden und zu neuen Unternehmungen fich verbinden könnten, so würde ein solcher Zustand der Dinge bei den Einen verabscheuungswürdige Hoffnungen nähren und im Herzen der rechtschaffenen Bevölkerung eine stete Beunruhigung unterhalten, welche die Regierung der Republik zu beschwichtigen die Pflicht und den Willen hat.

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Ich bin daher, Herr Präfident, beauftragt, Jhrer .Srzellenz zu erklären, daß die in den verschiedenen Kan* tonen der schweizerischen Eidgenossenschaft den politischen Flüchtlingen gewährte Gaflfreundschast für die Zukunft «inen ganz andern Karakter annehmen würde, wenn sie auch Komplote, die gegen die innere Ruhe und Sicher* $eit einer benachbarten Macht gerichtet sind, schüzen wollte, und wenn es Fremden gestattet wäre, fich auf Schweizergebiet durch ihre Theilnahme an revolutionären Handlungen oder Schriften in einen Aufruhrszustand gegen die Geseze und die Regierung ihres Heimathlandes zu versezen.

Frankreich hat nicht nöthig, fich gegen den Vorwurs zu verwahren, als wolle es sich in die Angelegenheit der Schweiz mischen; allein seine Regierung könnte nicht länger zugeben, daß die Achtung, welche sie für eine fremde, Nation öffentlich hegt, in der Weise mißbraucht würde, um den unversönlichen Feinden einer Gesellschaft, die zu regieren und zu vertheidigen fie die Sendung er* halten hat, eine Art Straflofigkeit zu gewährleisten.

Noch weniger könnte die Regierung, rükfichtlich ihrer eigenen Angehörigen, einen andern Richter als fich selbst anerkennen, in Beziehung auf die Notwendigkeit ihrer Politik und die Mittel, welche ihr am geeignetesten scheinen,

die Aufgabe, der sie fich gewidmet hat, beförderlich ihrem Ziel entgegen zu führen.

In Würdigung dieser Gründe, welche ich nicht nöthig labe, weiter ans einander zu sezen, werden Euer Ex* zettenz, so hoffe ich wenigstens, nicht anstehen, das bestimmte Begehren entgegen zu nehmen, welches ich nach meiner Instruktion stellen soll, und das ich Sie bitte, t>em Bundesrathe ohne Verzug vorlegen zu wollen.

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Es besteht in der Uebernahme der förmlichen Ver# pflichtung, daß alle Ausweisungen, welche ich zu ver* langen in den gall kommen könnte, mir in Beziehung auf jede Kategorie von sranzöfischen Flüchtlingen, gegen welche diese Maßregel ihre Anwendung finden wird, be* willigt werden, und daß die Verfügungen der Bundesbehorde während einer zum Voraus zu verabredenden Zeitfrist ihre Vollziehung erhalten sollen, ohne den kan# ionalen Behörden die ..Möglichkeit zu lassen, jene Befehle, wie ich leicht Beifpiele anführen könnte, unter irgend einem Vorwande zu entkräften oder zu umgehen.

Die franzöfifche Gefandtschaft ist allein in der Lage zu wissen, welchen von diesen Individuen mit Rükficht
Die Erftern müßten die Schweiz verlassen, sobald ich ihre Personalbeschreibung würde eingegeben haben; die Andern hingegen wüßten, daß wenn das schweizerische Gebiet ihnen noch als Zufluchtsstätte dient, dieß nur unter der Bedingung geschieht, daß fie keine Klagen von meiner Seite veranlassen.

Im Hinblike auf die Beziehungen, welche mit der Schweiz zu unterhalten dem Präfidenten der Republik am Herzen liegt und die eine Weigerung, meinen Begehren Rechnung zu tragen, schwer beeinträchtigen würde, erwartet derselbe von der Bundesregierung diesen un* umgänglichen Beweis von nachbarlicher Gesinnung und jener Freundschaft, welche so lange zu den Ueberliese* rungen der Schweiz gehört hat.

16 (Sin abweichender Standpunkt müßte unmittelbar zu bedauerlichen Verwiklungen führen und insbesondere der Regierung der Republik die Pflicht auferlegen, auf Maßregeln zu denken, die sie auf das lebhafteste wünfcht nicht anwenden zu müssen, zu denen fie fich aber felbst wider ihren Willen hingerissen sähe, wenn der Schritt, den ich bei Ihrer Exzellenz zu thun die Ehre habe, seinen Zwek nicht erreichen sollte.

Genehmigen Sie, ich bitte Sie, Tit., die Verficherung meiner vollkommensten Hochachtung.

Der franzofifche Minister: Salignac-Fenelon.

N o t e d e s fchweiz. B u n d e s r a t h e s a n d i e franzofifche Gefandtfchaft in Bern, d. d. 9. Februar 1852.

In einer vom 24. Ianuar l. I. datirten und an den schweizerischen Bundesrath adresfirten Note hat Se.

Exzellenz der Herr Graf von Salignae-génelon, außer-* ordentlicher Gefandtcr und bevollmächtigter Minister der sranzöfifchen Republik bei der fchweizerifchen Eidgenossenschaft, dessen Aufmerkfamkeit auf die politischen Flucht-5 linge gelenkt und dabei vorgestellt, daß, wenn Unruhflifter (agents de désordre) neuerdings in der Nähe Frankreichs demagogifchen Umtrieben fich hingeben körntten, es im Willen und in der Pflicht der franzöfifchen Regierung läge, denfelben ein Ende zu machen. Die in verfchiedenen Kantonen den Flüchtlingen gewahrte Gastfreundschaft wurde daher künftig einen andern Cha*

17 rakter annehmen, wenn sie Komplotte fchüzen würde, gegen die innere Ruhe und Sicherheit einer benachbar# ten Macht gerichtet, und wenn es Fremden gestattet wäre, sich auf fchweizerifchem Gebiete durch revolutionäre Handlungen oder Schriften in den Zustand der Rebellion gegen die Geseze und Regierungen ihres Landes zu ver* sezen. Frankreich -- so sährt die Note fort -- könne man nicht vorwerfen, daß es fich in die Angelegenheiten der Eidgenossenfchaft einmifchen wolle; allein die franzofische Regierung-könne nicht länger zugeben, daß die Achtung vor einer fremden Nationalität dazu mißbraucht werde, um den unversöhnlichen Feinden der Gesellschaft eine Art Ungestraftheit zuzusichern; noch weniger konnte die Regierung zugeben, daß hinfichtlich ihrer Staatsungehörigen ein anderer Richter über die Bedürfnisse

ihrer Politik und die geeignetsten Mittel, den vorgefezten

Zwek zu erreichen, entscheide. Die Gesandtschaft sei daher beauftragt, zu verlangen, daß der Bundesrath

die förmliche Verbindlichkeit übernehme, alle Ausweis«»gen franzöfifcher Flüchtlinge, welche sie irgend zu begehren imgall fein werde, ohne weiteres zu gestatten und daß die Verfügungen der Zentralbehörde in einer vorher zu verabredenden grist vollzogen werden, ohne daß dieselben, wie es bisweilen geschehen, durch die Kantonalbehörden aus irgend einem Vyrwande ganz oder theilweife beseitigt werden können; denn nur die franzofische Gesandtschaft sei in der Sage, diejenigen Individuen zu kennen, deren Vorgänge und Verhältnisse ihren weilern Aufenthalt in der Schweiz unmöglich machen, und hinwieder diejenigen, die einsweilen auf Wolverhalten hin tolerirt werden können. Die erstem müssen auf die bloße Bezeichnung ihrer Personen hin abreifen, und die leztern werden begreifen, daß die Schweiz ihnen Bundesblatt, Jahrg. V. Bd. II.

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18 nur so lange zum Asyl diene, als sie der sranzöfifchen Gefandtfchaft keinen Anlaß zu" Beschwerden darbieten.-

Eine Weigerung -- so schließt die Note -- diesen Reklamationen Recht: zu verschassen, müßte dem Beweise guter Nachbarschaft und Freundschaft, der zu den alten ...Craditionen der Schweiz gehöre, bedeutenden Abbruch thun, bedauerliche Verwiklungen veranlassen und der franzöfischen Regierung die Pflicht auferlegen, zu Maßregeln ihre Zuflucht zu nehmen, deren Anwendung fie sehnlichst zu vermeiden wünsche.

Ie mehr der schweizerische Bundesrath die im Ein* gang der Note erwähnte Anficht theilt, kein Staat dürfe es dulden, daß Fremde unter dem Schuze des Asi;ls Verschwörungen oder andere Angriffe gegen die Ruhe und Ordnung anderer Staaten unternehmen; jemehr er sich bestrebt hat, dieser Anficht auf 'dem fchweizerifchen Gebiete gebührende Geltung zu verfchaffen, desto auffallender müssen ihm die Konfequenzen erscheinen, welche aus jener Anficht gefolgert und die Begehren, die darauf gegründet werden. Es muß sich vor Allem aus die Frage aufdrängen, ob außerordentliche Thatfachen und Erscheinungen vorliegen, welche diese Beschwerden rechtfertigen; ob wirklich Konfpirationen gegen Frank* reich auf fchweizerischem Gebiete stattfanden, ob dieses mit Vorwissen und Billigung der schweizerischen -Behörden geschehen, und ob die Betheiligten gleichwol unbe-

straft und ungestört den Schuz des Asyls genießen.

Alles dieses sollte man voraussezen, um sür die gestellten Begehren wenigstens eine hinreichende Veranlaßung zu finden. Allein umsonst sieht fich der Bundesrath nach solchen Thatsachen um. Die Zahl der sranzöfischen Fluchtlinge war von jeher unbedeutend, und die hierüber obwaltenden Gerüchte in hohem Grade übertrieben, wie

19 der Bundesrath dieses srüh.er nachzuweisen die <£hre hatte, gestüzt theils auf die Berichte .seiner Kommissäre, theils auf ganz spezielle Erhebungen über verschiedene

glüchtlingslisten. Ungeachtet nichts vorlag «ber politische Umtriebe, und una.each.et von Seite Frankreichs nur die Internirung der Flüchtlinge verlangt wurde, so find im März 1851 fiebenzehn derselben aus dw Schweiz .weggewiesen worden, und zwar nicht wegen Verschwor tung nach 'Außen, wofür keinerlei Beweise vorlagen, sondern weil fie den Beschlüssen -der Bundesbehörde über ihre Internirung öffentlichen Troz .entgegensezten. Die Mehrzahl derselben verließ auch wirklich die Schweiz und nur Einigen .gelang es, durch heimliche Entfernung die

Behörden in die Unmöglichkeit zu verfezen, den Beweis

zu führen, daß auch sse die Schweiz verlassen haben.

Immerhin aber blieb die polizeiliche Acht auf sie be-

stellt. Das war die Sachlage bis zum Dezember 1851.

Am 5. dieses Monats fanden fich fodann sieben franzöfische Flüchtlinge in Lausanne ein und verfaßten einen Aufruf an das franzöfifche Volk zu bewaffneter Erhebung.

Ungeachtet derfelbe nicht verbreitet wurde, fomit ein

Projekt blieb, beschloß der Bundesrath gleichwol die Ausweisung dieser Flüchtlinge aus der Schweiz, sobald er-von jenem Aufruf Kenntniß erhielt. Auch diefer Befchluß ist zum größten Theil vollzogen und es werden keine Mittel unterlassen, um dessen gänzliche Vollziehung <· herbeizuführen. Ungeachtet alle diefe Verhältnisse der franzofischen Gesandtschaft bekannt sein sollten, so sah fich der Bundesrath gleichwol veranlaßt, nochmals diese Thatfachen zusammen zu stellen, um augenscheinlich nachzuweisen, daß die Schweiz nicht der.Herd von Komplotten gegen Frankreich oder andere Staaten ist, daß jeder Versuch politischer Umtriebe, der zur Kenntniß der Be#

20 hörde gelangt, deren unverweiltes und unaufgefordertes Einfchreiten zur Folge hat, und daß auch ihre Be* schlösse immer die Vollziehung finden, die im Gebiete

der Möglichkeit liegt.

Angenommen aber auch, es wäre gegenwärtig wirflich Grund und Veranlaßung zu einer Beschwerde vorhanden, so würde sich allerdings das Begehren rechtfertigen, einen Mißbrauch des Asyls abzustellen, gegen diejenigen einzufchreiten, welche Stoff zur Beschwerde darbieten und die Ausübung gastlicher Aufnahme von fremden mit unbestrittenen internationalen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Das ist es, was anerïanntes Völkerrecht mit sich bringt; das und nicht mehr wurde von jeher in gegebenen Fällen, von der Schweiz sowol als andern Staaten verlangt, und das ist es auch, was der Bundesrath zu jeder Zeit gewissenhaft gewähren wird. Allein in der Note vom 24. Ianuar wird etwas Neues begehrt. Die Behörde des Landes soll nichts mehr zu sagen haben über den ferneren Aufenthalt oder die Wegweifung von Fremden, die in dem Lande aufgenommen wurden und unter dem Schuze seiner Geseze und Einrichtungen stehen ; vielmehr soll es künftig von dem bloßen Winke einer fremden Gefandtschaft abhangen, welche Beschlüsse die Behörden in diesem Gebiete der Fremdenpolizei fassen sollen.

Wenn der schweizerische Bundesrath dieses Begehren nicht ablehnen würde, fo würde er aufs schwerste die Bundesverfassung verlezen, so wie auch die heiligsten Pflichten gegen das Land, welches ihm die oberste leitende und vollziehende Gewalt übertragen hat; denn er muß in jenem Begehren einen tiefen Eingriff in die Unabhängigkeit, Würde und Freiheit des Landes er* bUken, weil er das jedem felbstständigen Staate zuste-

21 hende Recht aufgeben soll, nach seinem Ermessen und seiner Verantwortlichkeit Fremden den Aufenthalt zu gestatten oder zu verweigern; er muß ferner in jenem Begehren .eine entschiedene Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Schweiz erbliken; denn anerkennt auch die französische Regierung keinen andern Richter, als sich selbst für die Bedürfnisse ihrer Politik und die Mittel ihre Zweke zu erreichen, fo kann sie doch, ohne die bestimmtesten Begriffe von Völkerrecht aufzugeben, ihr Urtheil andern Staaten nicht aufdrängen und ihnen das Recht nicht bestreuen, selbst zu entscheiden, was fie auf ihrem Gebiete zu thun und zu lassen haben. Frank-

reich, das zu jeder Zeit politifch Verfolgten ein Asyl gewährte, würde nie dieses Recht fich bestreiten lassen und nie aus die Entscheidung in solchen Fragen ver*

zichten.

Wenn nun der Bundesrath das gestellte Begehren ablehnen muß, so folgt daraus keineswegs, daß er den Flüchtlingen gestatten werde, das schweizerifche Gebiet zu feindfeligen Unternehmungen gegen andere Staaten zu benuzen; er muß vielmehr die Anklage bestimmt zurükweifen, als wolle die Schweiz den unverbesserlichen geinden der Gefellfchaft eine Art Ungefiraftheit zufichern.

Er hat bereits auf die Thatfache hingewiefen, daß er seit Iahren viele franzöfifche und andere Flüchtlinge ausgewiesen hat, deren Gegenwart als unverträglich mit den völkerrechtlichen Beziehungen zwischen der Eidge.« nossenschaft und andern Staaten erschienen ist; er wird auch ferner in jedem einzelnen galle nach diesem Gefichtspunkte urtheilen und entscheiden.

Der schweizerische Bundesrath glaubt hiemit alle Zuficherungen ertheilt zu haben, welche mit der Ehre und Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft verträglich find

22 und den Forderungen des Völkerrechtes entsprechen; er kann daher auch durch die Drohungen, welche am Schlüsse der Note angedeutet find, fich nicht bestimmen lassen, von der Bahn abzuweichen, die ihm- eben fo sehr durch das tiefe Gefühl feiner Pflicht,, als durch den völkerrechtlichen Standpunkt und, wie er nicht zweifelt, auch durch die Stimme des schweizerischen; Volkes vorgezeichnet ist.

Schließlich benuzt der schweizerische Bundesrath die-

sen Anlaß, um Se. Exzellenz seiner ausgezeichneten 4?ochachtung zu verfichern.

Bern, den 9. Februar 1852.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes.

(Folgen die Unterschriften.)

N o t e ' d e r f r a n z ö s i s c h e n G e s a n d t s c h a f t an den schweizerischen Bundesrath,

d. d. 6. März 1852.

(Uebersezung.)

Die Note, welche der Herr Vizeprältdent des Bun-desrathes unterm 9. Hornung abhin.1 an mich- gerichtet, hat die Regierung der Republik zu Bemerkungen veranlaßt, welche ich Euer Exzellenz mitzuteilen beauftragt worden bin.

Vor Allem aus muß ich die, durch di'* beständige (constante) Politik grankreichs von selbst schon widerlegte Bestftildfgung; entschieden zurüfweisen, als1 habe die- sran-

zßfifche Regierung irgendwelchen Eingriff in die Freiheit

der-Schweiz fich erlauben wollen, indem sie das -Begehren gestellt, den Urhebern unserer bürgerlichen Zwietracht fette Illusion über ihre vermeintlich...« Rechte aus die Gastfreundschaft, deren sie sich stet& unwürdig gemacht haben, zu belassen.

23 Wenn vom Bundesrathe ver-langt wird, die einzige Maßregel · zu ergreifen, welche die. anarchischen Pläne wirksam vereiteln und die Verirrten zwingen kann, sich zurükzuhalten ; wenn, Verschwörer in die Unmöglichkeit versezt werden sollen, einige Stunden von unsern Granjeu. entfernt die zerrissenen Fäden der geheimen Gefellschasten wieder anzuknüpfen: so heißt dieß wahrlich nicht dessen Unabhängigkeit bedrohen, viel weniger noch seine Würde mißkenn«n.

Diese Unabhängigkeit und diese Würde würden hingegen bald ernstlich in Gefahr kommen, wenn die Schweiz gegenwärtig, wo Europa, von der Demagogie fich losgemacht hat, dfeser einen lezten Zufluchtsort gewähren wo-K-te, anstattjede Solidarität mit der Revolutionspartei v-on fich zu weifen. Der Schritt, den ich bei Euer.

ErzeKenz zu thun die Ehre gehabt habe, hatte keinen andern Zwek, und ich will gerne glauben, daß der Bundestath, nachdem er über die Sache besser aufgeklärt ist, über die Abfichten der Regierung der Republik fich nicht mehr täuschen werde.

Bedauerliche Zeitumstände haben Spuren zurükgelassen, die nothwendig ausgewischt werden müssen. Europa hat nicht vergessen, wie zur Zeit, wo es alle Kräfte aufbieten mußte, um fich vor einem ihm drohenden Ruine zu bewahren, die mit Mühe überwundenen und vertriebenen feinde in einigen Kantonen der Schweiz nicht mit jenen Rükfichten, die man dem Unglüke niemals verfagt, sondern vielmehr mit solchen Beweisen von Theilnahme uttd- Sympathie aufgenommen wurden, daß fich dadurch die Regierungen tief verlezt fühlten.

Die Neutralität der Schweiz, welche man als eine köstliche Friedensgarantie betrachtete, hat seit einigen Iahren einen agreffiven Charakter gegen die angränzen* den Staaten anzunehmen geschienen.

24 Gerade zu der Zeit, wo ihr Mißvergnügen am stärksten sich kund gab, hat Frankreich, um der Schweiz unangenehme Verwiflungen zu ersparen, den deutfchen Fluchtlingen den Durchpaß durch sein Gebiet gestattet, und zudem wegen ihrer momentanen Verpflegung fich bedeutende Opfer auferlegt. Als dann im Iahre 1850 die

Regierung der Republik für den der Schweiz geleisteten Dienst vom Bundesrathe verlangte, daß er die franzöfischen Flüchtlinge sorgfältiger überwachen und eine gewisse Anzahl von ihnen ausweifen möchte, erhielt sie bloß illusorische Worte.

Genf war ein Herd der Umtriebe geworden, durch welchen die Ruhe unserer benachbarten Departement-., gefährdet wurde; in Neuenburg fabrizirte man Pul* ver ; Sendungen von .Waffen und Kriegsmunition, welche für Frankreich bestimmt waren, fanden im Kanton Basel-Sandschaft ohne einiges Hinderniß statt; in Laufanne

endlich gab ein Flüchtling, dessen Auslieferung die meisten

Mächte mit uns verlangten, ein der Apologie der verabfcheuungswürdigften Doktrinen gewidmetes Blatt heraus.

Durch ein sonderbares Zusammentreffen wurden zur nämlichen Zeit die franzöfifchen barmherzigen Schwestern aus Pruntrut fortgewiefen, wo fie während acht Iahren durch ihre Hingebung und ihren Eifer die allgemeine Bewunderung fich erworben hatten ; und etwas fpäter bedrohte eine ähnliche harte Maßregel eine große Anzahl unferer in den Kantonen Bafel-Stadt und Bafel-Landschaft niedergelassenen Landesangehörigen und störte fie in der Betreibung ihrer Geschäfte. Ich will hier von andern Verfahrungsweifen nicht reden, die den freundschaftlichen Beziehungen und der guten Nachbarfchaft zuwider find, welche alte Bündnisse und gemeinfchaftliche Jnteressen, ohne der befondern Begünstigungen zu ge*

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denken, welche Frankreich der Schweiz gewährt, fortwährend zwischen den beiden Nationen unterhalten sollten.

Nach diesen Abschweifungen komme ich nun wieder aus den Hauptgegenstand meines Schreibens zurük.

Im Laufe des Monats März 1851 erhielten 16 franzöfifche Flüchtlinge vom Bundesrathe die Weifung, die Schweiz zu verlassen; allein'man weiß, auf welche Weise dieser Befehl umgangen wurde, indem am Ende des Monats Dezember fieben von diefen Individuen, über welche ein Ausweisungsbefchlnß ergangen war, fich noch auf schweizerischem Gebiete besanden, und daß fünf von ihnen einen ,,Aufruf zu den Waffen" unterzeichnet hatten/ Diefe Thatsache allein rechtfertigt vollkommen die Note, welche ich Ihrer Exzellenz einzureichen die Ehre hatte; fie stimmt übrigens mit dem Grundsaze der Neutralität,

auf welchem das ganze politische Gebäude der Schweiz beruht, vollkommen überein. In der Mitte Europa's liegend, durch feierliche Verträge gegen jeden Angriff von Außen gesichert, hat diefes Land durch feine exzeptionelle Lage Verbindlichkeiten übernommen, welche durch Umstände in engere Gränzen eingeschlossen werden können und wobei seine Interessen ihm das Gesez aufer-

legen, fich in die Umstände zu fügen.

Würde die Schweiz ihr Interesse erkennen, indem sie durch eine Weigerung, unsern Begehren zu entsprechen, eine Art Solidarität zwischen ihr und einer Anzahl Menschen errichtete, die ihren Aufenthalt im Schweizerlande nur dazu benuzte, demselben innere Verlegenheilen zu bereiten und dessen gutes Vernehmen mit benachbarten Mächten zu stören?

Der gesunde Volksfinn würde, so hosse ich ganz bestimmt, schon die Vorstellung von einer solchen Annähe.« rung entschieden zurükweisen; er würde erstaunen, daß

26 in golge einer nicht zu rechtfertigenden Ausnahme die einzigen Franzosen, welche der Erfüllung der im Staatsvertrage von 1827 geforderten Bedingungen enthoben sind, gerade diejenigen wären, welche den Behörden als der schweizerischen Gastfreundschaft unwürdig bezeichnet wären, und daß man denn doch der franzöfifchen Gesandtschaft nicht das Recht einräumen wolle, dieselben einer allerdings ausnahmsweifen, aber durch die Rothwendigkeit gebotenen Ueberwachung zu unterstellen.

Die Regierung der .Republik hofft, daß der schwef*

zerische Bundesrath die Wichtigkeit dieser Erklärungen würdigen und °sie dadurch der unangenehmen Pflicht entheben werde, sich mit andern angränzenden Staaten zu verständigen, um die Gefahren abzuwenden, welche Alle in gleichem Grade bedrohen. Die Schweiz kann

einzig durch Befeitigung jedes Grundes zu Befchwerden die Vortheile beibehalten, welche die Mächte, die ihre Neutralität garantir* haben, ihr nur in einer Ahficht und, in Interessen gewährten, deren Mißkennung von Seite der Schweiz wir mit dem lebhaftesten und ausrichtigsten Bedauern wahrnehmen würden.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 6. März 1852.

Calignac-Fénelon.

......ote des fchweiz, Bundesrathes an die franzöfifche G e s a n d t f c h a f t in Bern,

d. d. 27. März 1852.

Mittels Note vom 6. März hat Se. Exzellenz der Herr Graf Salignae-génelon, außerordentlicher Gesand-

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ter und bevollmächtigter Minister bei der schweizerischen Eidgenossenschast, im Auftrag seiner hohen Regierung!dem schweizerischen Bundesrathe verschiedene Bemerkungen m%erheilt, wozu die leztere sich durch die hierseitige AntWort vom 9. Februar veranlaßt sah. Sie enthält Auf# schlüsse sowol über die Abfichten als über die Motive, welche der srühern Note vom 24. Januar zu Grunde lagen, und wenn der Bundesrath sich- nunmehr erlaubt, auf eine nochmalige Erwiderung einzutreten, so wird er; durch das ernste Bestreben geleitet, auch seinerseits alles beizutragen, um allfällige Mißverstandnisse zu be#

seitigen und bei tatsächliche» Verhältnissen Wahrheit und Jrrthum auszumitteln.

Mit Vergnügen will der Bundesrath; anerkennen, daß dem. früher gestellten Begehren nicht der Zwet zum Grunde lag, der Selbständigkeit der Schweiz, zu nahe zu'treten, fondern lediglich die Absicht, anarchischen Pro* jekten und gefährlichen timtrieben politifcher Flüchtlinge wirkfam zu begegnen. In dieser Hiuficht erneuert dtr Bundesrath die bestimmte Zuficherung', daß er nicht nur vermöge des völkerrechtlichen; Standpunktes, sondern auch im Sinne und Interesse desf Schweizervolkes und der diesem gegenüber ihm obliegenden Verpflichtungen denselben Zwek verfolgt und daß er daher auch jeder begründeten Beschwerde dieser Art Abhilfe verschaffen wird.

@s scheint indessen aus verschiedenen, in der Note vom 6. huj. erwähnten Momenten hervorzugehen, daß jene Zuficherung mit. einem gewissen Zweifel aufgenommen wurde und der Bundiesrath sieht fich dal>er veranlaßt, über verschieteene Bemerkungen, die fich aus die Schweiz, unb ihre Behörden beziehen, einzutreten, fo wie. auch uber dasjenige Aufschluß zu: ertheilen, was zur Ersüllung internationaler Verpflichtungen gegenüber granì* reich gethan worden ist.

28 Die Schweiz überläßt die politifchen Flüchtlinge keiner ..Täuschung über ein angebliches Asylrecht; fie hat ein solches auf Seite der Flüchtlinge nie anerkannt, sondern, wie jeder andere Staat für fich das Recht in Anspruch genommen, gremde zu dulden oder wegzuweisen, je nach ihrer Aufführung und ihren Verhältnissen. Im März 1851 hat zum ersten Mal eine Anzahl von Flüchtlingen, worunter 16 Franzosen, öffentlich und in troziger Weise ein Recht des Asyls in Anspruch genommen, und als Antwort auf diese seltsame Theorie erfolgte das Dekret

vom 24. März, welches ihre Wegweifung verfügte.

Diefe Thatfache allein schon und abgesehen von den zahlreichenVerfügungen, welche feit mehrerenIahren im Gebiete der Flüchtlingspolizei stattfanden, muß jeden Vorwurf über Solidarität mit der revolutionären Partei zurükweifen.

Eben so wenig find die Zeichen von Interesse und Sym.pathie (démonstrations d'intérêt et de sympathie), welche

Flüchtlingen in der Schweiz bezeugt wurden, geeignet,

die Annahme einer solchen Solidarität zu rechtfertigen.

Wenn wirklich folche stattfanden, fo trugen fie keinerlei offiziellen Charakter, sondern fie gingen von einer Anzahl von Bürgern oder gremden aus, welche hier wie in andern Ländern einer der großen politifchen Parteien angehören. Gleiche Sympathien haben auch folche Fluchtlinge in der Schweiz gefunden, deren politische Anschauungsweise eine entgegengesezte ist und welche Anno 1849 in die Schweiz kamen, um gegen die Verfolgungen der revolutionären Regierung eines Nachbarlandes ein

Afyl zu suchen. Jene Sympathien gelten dem unglük-

lichen Schiksal vieler Flüchtlinge, nicht aber den Tendenzen und Doktrinen, welche jede staatliche Ordnung zu zerstören drohen und denen ein anderer Theil der Flüchtlinge in deren Heimath Geltung zu verschaffen

29 suchte. Das Schweizervolk erhielt Gelegenheit sich zu überzeugen, wie enorm verschieden jene Doktrinen von den Grundlagen der schweizerischen Demokratie find. Wie sehr übrigens die Flüchtlinge selbst diesen Unterschied und den gänzlichen Mangel einer solidarischen Theilnahme der Schweiz an ihren Bestrebungen fühlen, das geht auch aus den zahlreichen Schmähschriften hervor, welche sie gegen die Schweiz und ihre Behörden gerichtet haben.

In der Note, welche der Bundesrath zu beantworten die Ehre hat, ist auch des neutralen Standpunktes der Schweiz wiederholt gedacht und dabei bemerkt worden, daß sie einen für die Nachbarstaaten aggressiven Charakter schien angenommen zu haben. Die Neutralität der Schweiz, welche seit Iahrhunderten im Allgemeinen eine Grundregel ihres politischen Daseins bildete, wird von den schweizerischen Behörden mit dem Ernste, welchen die Wichtigkeit des Gegenstandes erfordert und mit allen ihren zu Gebote stehenden Mitteln beachtet und geschüzt.

Wiederholte Truppenaufstellung fand im Kanton Teffin statt und dieselbe Maßregel wäre auch anderwärts ergriffen worden, wenn sich eine hinreichende Veranlassung dargeboten, wenn z. B. die Masse von Flüchtlingen, die nach dem badifchen Aufstande in die Schweiz kam, eine für die Nachbarstaaten bedrohliche Stellung eingenommen hätte. -- Es find indessen mehrere Thatsachen angeführt worden, welche den Bundesrath zu einigen Be* merkungen veranlassen. In Genf soll sich ein Herd von Intriguen, welcher die Sicherheit des benachbarten Departements gefährdete, gebildet haben. Troz den Verfügungen und Bemühungen der Behörden gelang es allerdings manchen Flüchtlingen, ihre Anwefenheit zu verheimlichen; allein es hat fich durch mehrere sehr genatte und auf eingereichte Listen gegründete Untersuchungen

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herausgestellt, daß ihre3ah. sehr bedeutend übertrieben war. Ohne serner widersprechen
Es ist ferner angeführt, daß in Nenchâtel Pulver sabrizirt wurde, und daß Sendungen von Waffen und Munition, für Frankreich bestimmt, ohne Hinderniß durch den Kanton Basel'Landschaft geführt worden seien. Der schweizerifche Bundesrath steht nicht an zu erklären, daß derartige Unternehmungen gerechten Stoff zu Beschwerde bilden würden und daß sie mit aller Energie verhindert und be-= straft werden müßten. Allein die Thatfachen selbst be-

dürfen der Berichtigung. Die franzöfifche Gesandtschaft

hat im Iahr 1850 nicht eine angebliche Pulverfabrikation in Neufchatel denuneirt, welche fchon des fchweizerifchen Monopols wegen kaum möglich wäre, fondern das Vorhandenfein von verborgenem Pulver in Verrières suisses, das zu geheimer Einfuhr nach Frankreich bestimmt sei.

Die sofort angehobene Untersuchung hat herausgestellt, daß kein solches Pulver dort fei und daß es überdieß sehr schwierig, wo nicht unmöglich wäre, Pulver von irgend erheblicher ..Quantität nach Frankreich einzuführen.

Eben so ergab die Vergleichung der .Quantität des Pulvers, welches aus dem eidgen, Magazin (entrepôt) au

31 die westlichen Gränzkantone abgeliefert wurde, daß fie der Bevölkerung-und der gewöhnlichen Konsumation desselben entspreche [und die Vermuthung einer solchen Contrebande ausschließe. Was die Waffen und Munition betrifft, welche durch den Kanton Bafel-Landfchaft nach Frankreich sollen geführt worden sein, so ist hierüber nie eine Beschwerde von der französischen Gesandtschaft geführt worden und es ist überhaupt das erste Mal, daß der Bundesrath etwas davon vernimmt. Er glaubt fich nicht zu täuschen, wenn er jezt schon die Ueberzeugung ausfpricht, daß diese Angabe auf einem gänzlichen Irrihum beruhen muß und fich vielleicht auf Wassenlieferungen bezieht, welche für die Zeughänfer der Kantone bestimmt waren. Wenn übrigens nähere Angaben gemacht werden, so wird der Bundesrath nicht anstehen, eine genaue Untersuchung einzuleiten und einer begründeten Beschwerde alle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Im Weitern ist angeführt worden, daß in Lausanne ein Flüchtling, dessen Ausweisung die Mehrzahl der Mächte verlangte, ungestört eine Zeitschrift im Interesse der gehäffigsten Doktrinen herausgegeben habe. Der Bundesrath muß annehmen, es sei darunter die Zeitschrift: L'Italia del popolo von Mozzini verstanden. Es wäre nun aber ein Irrthum, aus dem Erscheinen dieser Schrift auf feine Anwefenheit in der Schweiz zu fchließen.

Schon im September 1849, fobald man seine Ankunft erfuhr, wurde feine Ausweisung angeordnet und obwol es nicht gelang, ihn aufzufinden, so ist es gleichwol Thatsache, daß er, um fich den weitern polizeilichen Nachsorschungen zu entziehen, schon im Frühling 1850 fich

nach England begab.. Was die Zeitschrift anbelangt, so gestatten die Geseze von Waadt die Bestrafung des Herausgebers oder des Drukers, wenn eine Schrift Rechts-

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verlezungen auch gegen fremde Regierungen enthält und eine Klage geführt wird. Uebrigens erfcheint jene Schrift, Mazzini's Iournal, seit längerer Zeit nicht mehr in der

Schweiz.

Nach Berührung einiger anderer Verhältnisse, welche den Gegenstand besonderer Korrespondenzen bildeten und auf welche aus diefem Grunde hier nicht weiter eingetreten wird, kommt die Note vom 6. März neuerdings f auf die Angelegenheit der franzöfifchen Flüchtlinge znrük und hebt besonders die zwei Umstände hervor, daß von · den im März 1851 ausgewiesenen noch im Dezember sieben in der Schweiz gewesen seien, und den bekannten Aufruf zu den Waffen erlassen haben. Der Bundesrath glaubt diesen Anlaß benuzen zu sollen, um in einigen Hauptzügen zusammenzufassen, was überhaupt von Seite der Behörden hinsichtlich der französischen Flüchtlinge geschehen ist, indem er die vielfachen Maßregeln und enormen Kosten mit Stillfchweigen übergeht, welche dazu bei* | trugen, um die Zahl von mehr als 12,000 Flüchtlingen aller Nationen in einer verhältnißmäßig nicht langen Zeit auf etwa 200 zu vermindern. -- Im Iahr 1850, als die französische Gesandtschaft die Internirung und wirksamere Beaufsichtigung der französischen Flüchtlinge verlangte, wurden alle, die aufgefunden werden konnten, theils in die innere Schweiz, theils wenigstens auf 8--10 Stunden Distanz internirt, und als das leztere Mittel fich unzureichend erwies, erfolgte fpäter die Ent# fernung aller aus den westlichen Gränzfantonen und einem Theile des Kantons Bern. Einige wenige Ausnahmen, welche durch die Umstände genügend motivirt werden konnten, wurden im Kanton Waadt zugelassen,, Gleichzeitig find eidgen. Kommissäre nach Genf geschift worden, und zwar theils im Frühling 1850, theils im

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Januar bis Juli 1851, um dahin zu wirken, daß der glüchtlingspolizei alle erforderliche Anfmerkfamfeit zncje* -wendet und die Jnternirung stets und unnachfichilich vollzogen werde. Der Bundesrath darf überzeugt sein, daß ·diese Kommissarien nach besten Kräften ihre Pflichten erfüllt haben, wenn auch stets zugegeben wurde, daß es einer jedenfalls nicht bedeutenden Anzahl von flucht-* lingen gelang , fei es durch den Befiz von vielleicht falschen Schriften, sei es durch häufigen Wechsel des Domizils und durch temporären Aufenthalt auf favoyifchein Gebiete den Nachforschungen der Polizei fich zu entziehen.

Jm Jahr 1850 verlangte die franzöfifche Gesandtfchaft die Ausweisung von vier französischen Flüchtlingen, weil fie in Lausanne einen durchreifen der Franzosen mißhandelt Hatten. Schon vor diesem Begehren war aber die Ausweisung derselben beschlossen, und zwar zunächst durch die.

Regierung von Waadt und sodann burch dm Bundes..ïath. Drei derselben verreisten im Laufe des Sommers, ber vierte entzog sich durch die Flucht, wurde aber im Februar 1851 in Gens verhaftet und nach Genua geführt, wo er fich nach Konstantinopel einschiffte. Ueberdieß hat sowol die Regierung von Genf als die Bundes-

behörde andere franzöfifche Flüchtlinge zu freiwilliger Abreise ermuntert und diese durch Unterstüzung möglich gemacht. In den März des Iahres 1851 sättt sodann die Ausweisung von 16 französischen glüchtlingen und einem italienischen. Der Bundesrath muß sich hier er* lauben, besonders hervorzuheben, daß diese Ausweisung weder von der Regierung der Republik verlangt wurde, noch aus Gründen gefchah, welche Frankreich hätten be* unruhigen können; denn es lag keine Klage wegen politischer Umtriebe vor. Die Ausweifung erfolgte vielmehr, weil fie den fchweizerifchen Behörden öffentlich Bundesblatt Jahrg. V. Bd. II.

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2.roz geboten, den Aufenthalt an jedem ihnen beliebigen ·Orte als ein Recht beanfprucht und fich somit der In.ternirung wider sezt hatten.

Nach der Erlassung dieses Dekretes interesfirte fich dann allerdings die französische Gesandtschaft fehr für dessen vollständige Vollziehung. Diese fand in der Weife statt, daß fechs jener Flüchtlinge bald abreisten, sechs andere bis im Iuli in Lausanne zurükgehalten wurden, weil sie in einen Prozeß verwikelt waren, dessen Erledigung durch das korrektionelle Gericht in Sausanne sie abwarten mußten. Ihre Abreise erfolgte dann eben-

falls. Die wirkliche Abreise aller zwölf ist konstatirt durch die Ausgangslisten der Polizei von Basel und durch die Berichte und Rechnungen des schweizerischen Konsuls in Belgien, dessen Subsidien fie bedurften, um nach England oder Amerika zu reifen. Von allen fiebenzehn gelang es nur fünfen, fich den Nachforfchnngen der Polizei zu entziehen. Ob fie inzwifchen in der Schweiz blieben oder theilweise, wie auch verlautete, fich nach Savoyen begaben, ist keine ausgemachte Thatfache. Dagegen ist gewiß, daß diese fünf Flüchtlinge nebst zwei andern, die nicht unter die Zahl der Ausgewiesenen gehörten, in golge der Ereignisse vom 2. Dezember in Saufanne zusammentrafen und hier die bekannte Proklamation druken ließen. Sobald diese Thatsache zur Kenntniß des Bun* desrathes kam, beschloß er sogleich die Ausweisung dieser sieben Flüchtlinge und ordnete alle Maßregeln an, um

-eine beförderliche Vollziehung zu bewirken. Der Befchluß vom 26. Dezember, so wie derjenige vom 24. März 1851 ist vollständig vollzogen worden, indem die Abreife der gedachten fieben glüchtlinge gehotig konstatirt ift.

Da in Folge [derj.Ereignisse des 2. Dezembers in granfreich und der Unruhen in verschiedenen Departements

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anzunehmen war, daß wieder eine größere Anzahl von Flüchtlingen sich auf das fchweizerische Gebiet begeben werde, hat der Bundesrath neuerdings zwei Kommissäre ernannt und sie bei allen Kantonen aïïreditirt, um überall, wo es notwendig würde, im Sinne der schon bestehenden Beschlüsse und weiterer Instruktion zu handeln, auf die Entfernung oder Jnternirung der Flüchtlinge hinzuwirken und auf eine strenge Polizei im Allgemeinen zu dringen. Es lag in der Natur der Sache, daß die Kommissäre zunächst den westlichen Kantonen und besonders Genf ihre Aufmerksamkeit zuwandten. Aus den Berichten derselben ergibt sich nun, daß feit jenen Ereignissen allerdings eine größere Anzahl Franzofen nach Genf kam, daß aber ein bedeutender Theil derselben bereits wieder nach Frankreich zurükgekehrt fei und diejenigen, welche sich wirklich als Flüchtlinge qualifiziren, fortwährend aus dem Kanton entfernt werden, um fich entweder nach andern Ländern oder ins Jnnere der Schweiz zu begeben. Bereits find viele derfelben aus der Schweiz abgereist. Die Kommissäre werden noch fo lange in ihren Funktionen bleiben, bis diefe Angelegen* heit im Sinne der Verfügungen des Bundesrathes gänzlich erledigt ist. Es bleibt dem leztern nur übrig beizufügen, daß die Kommissäre volle Thätigkeit entnjikeln, so daß zu hoffen ist, die glüchtlingsangelegenheit werde bald auf eine befriedigende Weise regulirt fein.

Aus diefer Darstellung wird die franzofifche Regierung.. wie der Bundesrath nicht bezweifelt, die beruht-

sende Ueberzeugung schöpfen, daß die Schweiz, weit

.entfernt, auf ihrem Gebiete oder an dessen Gränzen Fremde 3u dulden, welche fie îompromittiren und die Sicherheit der Nachbarstaaten gefährden, mit allem Ernste dahin streb!, völkerrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen unte

36 in diesem Sinne wird der Bundesrath auch künftig handeln.

Mit dieser Zuficherung verbindet der Bundesrath die erneuerte Versicherung ausgezeichneter Hochachtung.

Bern, den 27. März 1852.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes..

(Folgen die Unterschriften.)

Nach diesen Verhandlungen muß es zur großen Betuhiguns und ©enugthuung beider Staaten gereiche«, die Thatsache zu vernehmen, daß die franzofifche Gec fandtfchaft das ganze Iahr hindurch nicht in den Fall lam, ein einziges Begehren um Ausweisung oder Int«nirung dieser oder jener Flüchtlinge zu stellen. ..Sto mag daraus entnehmen, daß einerseits fein franzöfischer Flüchtling mehr in der ©chwei,} war, dessen persönlich.» Wt oder Verhalten Frankreich hätte beunruhigen îonnen, und daß andererseits in Bezug auf Internirung stets gute Polizei gehandhabt wurde..

Im August sah fich die ©efandtschaft zwar veranlaßt, ïoem Bundesrathe zu melden, daß nach eingegangene.!

Berichten sich neuerdings Flüchtlinge in Genf einfindeit und nachteiligen Einfluß auszuüben versuchen; alleire es konnte kein Name genannt werden und die wiederholten sorgfältigen Nachforschungen an allen Orten, die etwa zu Schlupfwinkeln benuzt werden, zeigten das Grundlose jener Nachrichten. Die dem ...Bundesrathe hierüber zugekommenen Berichte waren so überzeugend,, daß er auf die erhaltene Eröffnung eine durchaus be# tuhigende Zufichenrng ertheilen konnte.

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Was nun die Beziehungen zu den deutfchen Staaten in dieser Angelegenheit betrifft, so hat die k. f. österïeichische Regierung im Januar (1852) durch ihre Gefandtschast die mündliche Eröffnung machen lassen, daß sie die Begehren Frankreichs billige und unterstüze. Wir laben sofort den Gefchäftsträger in Wien beauftragt, feie dortige Regierung von dem wahren Sachverhalt in.

Kenntnif zu sezen und damit jene Mittheilung in angeînessener Weise zu erwidern. Im Uebrigen ist, mit -Ausnahme des im Berichte vom 13. Februar (1852) Er·wähnten, das ganze Iahr hindurch von diesem Staate ïeine Beschwerde eingekommen, was wol einiger Beachtung werth ist, wenn man das jezige plözliche Auftreten desselben gegen Tesfin in Betracht zieht. Es kann im Weitern erwähnt werden, daß im Laufe des lezten Jahres eine Anzahl österreichischer Flüchtlinge die Schweig verlassen hat und daß nur noch wenige vorhanden find, .von denen unsers Wissens keiner eine hervorragende .Rolle gespielt hat.

Mit Ausnahme des Großherzogthums Baden fand ·sich auch im lezten Iahre, wie früher, kein anderer deut* fcher Staat bewogen oder veranlaßt, gegen die Schweiz »egen der Flüchtlingssache eine Beschwerde zu erheben, fie wegen des Asyls zu Rede zu stellen und ihr über bie Gefahren desfelben Vorstellungen zu machen. Es befindet sich nämlich noch eine ziemliche Anzahl badischer Flüchtlinge in der Schweiz, wovon ein Theil, wenn auch nicht an der Gränze, doch in den nördlichen Kantonen wohnt. Nun hat es fich allerdings fchon wiederholt zugetragen, daß Einzelne derselben fich den bestehenden Verordnungen zuwider in die Nähe der badischen Gränze ..jegaben, dort mit Bekannten zusammen kamen und mitunter durch freie und heftige Urtheile über politisch e Zu?

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stände Auffehen erregten. Derartige und ähnliche Beschwer* den über das Treiben und die Gefährlichkeit einzelner Flücht* linge wurden von der großherzoglich badifchen Gesandt« schaft nicht felten angebracht und die Ausweisung oder weitere Internirung derselben verlangt. Solche Beschwerden wurden jeweilen gewissenhaft unterfucht durch Einholung von Berichten und Einvernahme von Zeugen, und je nach dem Resultate gutgeheißen oder abgelehnt.

.Wegen bloßer Uebertretung des Internirungsgebots wurde aber in der Regel erst bei Rükfällen und nach erfolgter Warnung die Ausweisung beschlossen.

Dieses ist der Zustand der Flüchtlingsangelegenheit und die dadurch herbeigeführten Beziehungen zu andern Staaten; auch bedarf es wol kaum der Bemerkung, daß die bisanhin nicht genannten Staaten dieser Sache ganz fremd blieben und daß die bisherigen freundschaftïichen Beziehungen zu ihnen und der Geschäftsverkehr in keiner Weise getrübt wurden. Wir können. indef diefes Gebiet nicht verlassen, ohne noch einige allgemeine Betrachtungen beizufügen, auch auf die Gefahr hin, daf sie hie und da fpurlos verhallen mögen.

Die Anschuldigungen und Maßregeln gegen die Schweig Beruhen (wenigstens oftenfibler Weise) darauf, daß hier die Revolutionärs aller Länder ein offenes Asyl finden, und daß diefer Zustand für die Nachbarstaaten Gefahr bringe, weil jene Flüchtlinge das Asyl benuzen, um ihre Umtriebe und Verschwörungen fortzuspinnen. Man muß diese Behauptung vor Allem auf ihren wahren Sachverhalt zurükführen. Die Bundesbehörden haben auf Grundlage des Art. 57 der Bundesverfassung von Anfang an dieses Asyl überwacht, und zwar mit um fo

mehr Eifer und Sorgfalt, als die gerichtlichen Creigflisse seit dem Jahre 1848 dringend dazu aufforderten..

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Die erste grundsäzliche Befchränkung des Afyls, die nicht nur von den ...Bundesbehorden, fondern vom ganzen Volke und von allen politischen Parteien anerkannt wird, und deren Vollziehung daher keinen Widerstand findet, besteht darin, daß das Asyl allen denjenigen entzogen wird, die fich geheime politische Umtriebe oder ossene Aufreizungen zu Schulden kommen lassen; noch mehr, es wird auch denen entzogen., welche eine beharrliche Widersezlichkeit gegen die Geseze und Behörden des Laudes an den Tag legen und überdieß auf den Antrag der betressenden Kantonsregierung felbft denen, welche einen schlechten Lebenswandel führen. Schon darin dürfte also die Schweiz weit mehr Garantie darbieten, als andere Asyl gewährende Länder.

Unabhängig von jenem ©rundsaze hat fich eine zweite

Beschränkung des Asyls dahin geltend gemacht, daß aus* nahmsweise und bei außerordentlichen Verhältnissen schon die bloße Anwefenheit politifcher Flüchtlinge ohne Rüksicht auf ihr Verhalten gerechten Grund zur Beforgniß darbieten und Nachbarstaaten nöthigen könne, beständig,

außergewöhnliche Vertheidigungsmittel bereit zu halten.

Diefer Fall ist eingetreten im Iuli 1849, als eine ganze Armee mit Waffen und Munition und mit einer großen Anzahl politifcher und militärischer Chefs der verschiedenen Aufstände in die Schweiz kam. Der Bundesrath hat ohne irgend welche Anregung von Außen sogleich anerkannt, daß ein solcher Zustand unhaltbar fei und begründete Besorgniß von Gefahr zur golge babe. Er befchloß daher, diesen Chefs das Asyl zu verweigern, was auch die allmälige Zerstreuung unì.)

Abreise der großen Masse, welche ihren Anhaltspunkt verloren hatte, herbeiführte. Auf demselben Prinzipe.

beruht auch der Befchluß der h. Bundesversammlung

vom November 1848, wodurch sämmtliche italienisch..; Flüchtlinge, gleichviel welches ihr Verhalten war, ans ...leffin weggewiesen wurden, mit bloßem Vorbehalt dringender Humanitätsrükfichten für einzelne Fälle. Eine

dritte Befchränkung endlich liegt in der Regel des

Internirens, wonach namentlich einflußreichere Personen oder eine größere Anzahl von Flüchtlingen nicht an der Gränze geduldet werden. Alle diese Garantien, welche sich schwerlich anderswo in diesem Umfange finden dürften, rednziren jene behauptete Gefahr und die darauf geftüzten Anklagen auf nichts. Wir find weit entfernt, irgend einen Tadel oder Vorwurf gegen andere Afyl gewährende Staaten auszufprechen und eine Anklage gegen sie zu erheben ; aber die ausnahmsweise Behandlung, welche der Schweiz zu Theil wird, zwingt nur zur Abwehr der steten ...Beschuldigungen darauf hinzuweisen, daß die Schweiz keine Hunderte, geschweige denn Taufende von Enlirten beherbergt (sie hat fo schnell als möglich und mit großen ökonomischen Opfern für die Entfernung so bedeutender Massen gesorgt) und daß sie keinen eingigen von denjenigen aufnimmt, welche Europa den Fehdehandschuh hinwerfen und" beharrlich darauf hinwirïen, die politifchen und fozialen Zustände der Staaten gewaltsam umzugestalten. Zerstreut in einer Bevölïerung von beinahe 2'/2 Millionen, deren Geschichte und 'Politi.' seit Iahrhnnderten nach einer abgeschlossenen Neu.tralität strebt, die in Ruhe und Frieden zeitgemäßen Verbesserungen ihrer geistigen und physischen Sage obliegt, die zum weitaus größten Theile aller Propoganda für ausländische Zrncle entfchieden abhold ist; zerstreut in einer solchen -Besolkerung leben etwa gegen zweihundert .politische Flüchtlinge, welche bisanhin feinen ©ïund zu ·Beschwerdra boten, und dennoch wird immer von ©esahv

41 gesprochen und zwar mit besonderer Betonung der Schweiz. Womit wird denn diefes näher begründet?

Man fagt, wenn auch die Flüchtlinge sich scheinbar ruhig verhalten, so äußern fie einen verderblichen Einfluß durch ihre Korrefpondenz und durch andere Schriften, die fie zu verbreiten wissen. Hierauf ist zu erwidern, daß

wenn Flüchtlinge in der Schweiz aufreizende politifche Schriften abgefaßt und verbreitet haben, fie immer ausgewiesen wurden. Allein ganz abgesehen davon, kann man derartige Gefahren unmöglich der Schweiz zurechnen. Denn die Flüchtlinge können folche Schriften drnken und verbreiten lassen oder mißbeliebige Briefe fchreiben, wo sie immer sein mögen. Es gibt heutzutage keine hindernden Distanzen mehr; London oder Iersey, Brüssel oder Genua, Zürich oder Genf find gleich weit von Frankreich und Deutschland entfernt. Und wohnten die Flüchtlinge selbst an den Ufern des Miffisfippi, so können ihre Korrespondenzen und andere Schriften eben fo leicht an ihren Bestimmungsort gelangen, als von der Schweiz aus, da die Gränzen der leztern sich keiner besondern Erleichterungen und Begünstigungen zu erfreuen haben.

Man würde fich übrigens tänfchen, wollte man glauben, daß alle aus der Schweiz kommenden Schriften da entstanden, oder daß wenigstens ihre Verbreitung von da ausgegangen sei. Eine neulich gemachte Erfahrung hat gezeigt, daß eine Masse in Frankreich verbotener Schriften unter falfcher Deklaration die Douanen des Zollvereins glüklich paffirte und die Bestimmung hatte, als Kaufmannsgut durch die Schweiz nach Italien geführt zu werden. Zufällig entdekte man den Schmuggel in ' -Bafel. Wäre der Plan gelungen und hätte man in Italien erfahren, daß fie aus der Schweiz gekommen seien, so ist kaum zu bezweifeln, daß man die Behaup-

42 tung, jene Bücher feien unerössnet unter dem Titel ,,Eichorien" aus dem ZoHverein durch die Schweiz durchgeführt worden, für eine Ausflucht gehalten und eine neue Befchwerde ins internationale Schuldbuch eingetragen hätte.

Zur Rechtfertigung der aus der Schweiz her drohenden Gefahr ho'rt man ferner nicht selten sagen : Mit den Bestrebungen und Beschlüssen der Bundesbehörden könnte man zwar fich zufrieden geben ; allein man fehe ja, daß die politifche Organisation der Zentralgewalt zu fchwach

sei für die gehörige Vollziehung bei allfälligem Widerstand einzelner Kantone. An dieser Behauptung ist etwas Wahres, aber viel zu wenig, um eine ernstliche und auf Thatsachen begründete Besorgniß rechtfertigen zu können; und auch dieses Wenige muß vollends verschwinden, wenn man die jezigen Zustände mit den frühern znfammenhält. Es ist wahr, daß die Bundesbehörde zur Vollziehung ihrer Beschlüsse zunächst an die Mitwirkung der Kantonalbehörden gewiefen ist; es ist sogar richtig, daß die erstere bei mehreren Gelegenheiten in einzelnen [Kantonen eine schnellere und energischere Thätigkeit in Handhabung der politischen Fremdenpolizei gewünscht hätte; allein auf der anderen Seite ist es eben so wahr, daß seit der neuen Bundeseinrichtung noch immer, sei es von den Kantonen allein oder unter MitWirkung eidgenösfifcher Kommissarien, zu rechter Zeit Ordnung geschafft wurde, ehe irgend eine Rechtsverlezung gegenüber den Nachbarstaaten eintrat, ja selbst ehe eine wirkliche Gefahr erwiesen vorlag. Wir find zudem durch die Erfahrung immer mehr zu der Ueberzeugung gelangt, daß bei wirklicher Gefahr eines Komplotts oder einer beabsichtigten feindfeligen Unternehmung gegen andere Staaten kein Kanton die Verantwortlichfeit übernehmen

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würde, dießfälligen Maßnahmen der Bundesbehörde hin* dernd entgegen zu treten. Eine Hauptursache der bisherigen Verwiklungen besteht darin, daß man häufig im Aus* lande unsere Zustände durchaus unrichtig auffalte, daß man nicht selten unzuverläsfigen Berichterstattern, die bis# weilen bei entschiedenen Parteigängern ihre Parole hol# ien, allzuleicht Gehör verlieh, und daß dann die Leiden.« schaft sich ins Spiel mifchte. Oder wie soll man anders die Erscheinung auslegen, daß es oft mit großem Un* muth.gerügt und als Schwäche, Connivenz oder gar als böfer Wille ausgelegt wurde, wenn man aus reinen ·fwmanitätsrükfichten den Ausgewiesenen bisweilen mehrere Wochen Aufschub gestattete, um ihre Geschäfte zu ordnen und für Reifemittel zu sorgen? Wir dürfen mit aller Entschiedenheit zu dem Gesagten stehen, weil wir schla* Sende Beweise für die völlige Unwahrheit vieler einbe* richteten Thatsachen in den Händen haben.

Genügt alles dieses nicht, um der Schweiz und ihren Behörden Vertrauen zuzuwenden und die wünschbaren Garantien zu begründen, so wende man den Blik auf die Geschichte unserer Zeit und vergleiche das, was ge* schah, mit allem dem, was man träumte, sann, erfand und prophezeite. Wir gehen nicht zurük auf die Zeiten des frühern Bundesvertrags und es liegt nicht in unserer Aufgabe, was damals gethan und unterlassen wurde, -anzuklagen oder zu rechtfertigen; allein wenn man den jezigen Zuständen vorwirft, die Zentralgewalt sei den Kantonen gegenüber zu schwach, und wenn man damit die angebliche Gefahr motiviren will, so ist es reol am §)laz darauf aufmerkfam zu machen und namentlich den freunden und Gönnern jener Zeit zu Gemüth zu führen, daß es damals gar keine Zentralgew'alt gab, wenigstens keine permanente, daß jeder Kanton in der gremden--

Polizei unnmfchränkter Herr war, daß es einer Zusam* ntenberufung der Tagfazung bedurfte, um einen Kanton pt zwingen, gegen seinen Willen auch nur e i n e n Frem.« den auszuweisen, daß es endlich bei politischen Fragen »st äußerst schwierig war und ganz besonderer Konjunkiuren bedurfte, um eine Mehrheit zu erhalten, indem die Kantone wegen des Sprichworts : Heute dir, morgen ìnir. fehr ungerne für irgend eine Beschränkung der Kantonalgewalt stimmten. Mit diesem wollen wir nur fagen, daß jene Zeit linfichtlich der Asylfrage, der damit allfällig verbundenen Gesahr für Nachbarstaaten und

.hinsichtlich der glüchtlingspolizei keine Vcrgleichung mit

ben jezigen Einrichtungen aushält und daß, wenn damais verschiedene mißbeliebige und für die Ruhe der Nachbarstaaten gefährliche Ereignisse eintraten, keines.wegs daraus folgt, daß sie bei den jezigen Einrichtungen ebenfalls eintreten werden. Was ist nun aber seit der Wirksamkeit der neuen Bundesbehörden, d. h. seit dem Anfang des Iahres 1849 geschehen ? -- Ungeachtet im Saufe jenes Iahres viele Tausende von Flüchtlingen in die Schweiz lamen, ungeachtet viele Hunderte mehrere Jahre da blieben, ungeachtet beständig in kurzen Zwischenräumen Komplotte, Waffendepots, projektirte feindliche .ginfälle dennnzirt wurden, hat sich von allem diefem ·nichts ereignet; jene Gerüchte und Denunciationen find vor der Geschichte zu Schanden geworden; es find weder .Komplotte in der Schweiz entstanden und ausgebrochen, noch haben seindliche Einfalle stattgefunden. -- Alles, was gefchah, reduzirt fich auf polternde und drohende Reden oder Schriften und auf Uebertretungen der Interîiirung durch einzelne Flüchtlinge, wofür die Strafe,

nämlich Entzug des Afyls, auf dem Fuße gefolgt ist.

-Wir haben von Anfang an eine loyale Erfüllung inter-

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nationaler -Verpflichtungen unter sehr schwierigen Ver# .hältnissen verheißen und damit gewissermaßen eine Ap.« ·pellation an die Zukunft gerichtet; nun liegen Iahre hinter uns, und wir dürfen Angefichts aller jener Thai« sachen beruhigt an die Vergangenheit appelliren.

Wir gehen zu einem andern, jedoch mit der Fremden* ï).Ueber.5r.

.Polizei ebenfalls zusammenhängenden Objekte gegensei- ·»<»»<%« » iiger Reklamationen über. Wiederholte Klagen, daß Schweizer aus dem Großherzogthum Baden zurükgewie* sen und daß in ihre Pässe geschrieben werde, sie dürfen als Schweizer dort nicht wandern, haben uns zu Er* kundigungen und Beschwerden veranlaßt. Es ergab fich hieraus, daß dieses Verbot weder neu, noch allgemein für alle Schweizer, noch speziell für die S c h w e i z e r bestehe. Schon im August 1851 wurde hierüber er* »idert : ,,& ist nach gemachten Erhebungen allerdings vorgekommen, daß ..pandwerfsgesellen, die in der Schweig ïjeimathberechtigt find, von grofherzogüchen Polizeibehörden beim Vifiren ihrer Wanderbücher Einträge gemacht wurden, als wäre ihnen, weil fie Schweizer feien, das Wandern im Großherzogthum untersagt. Es find indessen Verfügungen ergangen, wonach dergleichen ungeeignete und unrichtige Einträge in Zukunft nicht mehr vorfomwen werden, indem die schweizerischen Handwerksburfchen ïeine andere Behandlung erfahren, als jene aller andern Länder. Die am 14. gebruar 1835 erlassene Verordnung, welche fich die großherzogliche Regierung im Jahr 1849 zu erneuern genothigt sah, und deren Motive einem l;. Bundesrathe nicht unbekannt find, verbietet nicht (nur) den schweizerischen, sondern allen ausländischen $andwerksburfchen ohne Ausnahme das Wandern naa) und aus der Schweiz durch das Großherzogthum."

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Auf erneuerte Befchwerde über die Befchränkung de& $erfonenverkehrs, befonders an der Gränze, wurde die Auskunft ertheilt: Schon im Iahr 1834 sei angeordnet .worden, daß Pässe von Schweizerbürgern zur Reife in die Nachbarstaaten das Visum der betreffenden Gesandt-* schaft bedürfen; doch habe man ansnahmsweife bestimmt, daß fremde Reisende, welche nicht verdächtig und deren Reiseschriften in Ordnung seien, auch ohne das Visum der großherzoglichen Gesandtschaft zugelassen werden.

Seither habe man strengere Verordnungen nicht erlassen,, jedoch bei den bekannten Verhältnissen die Polizeibehörde angewiesen, die bestehenden Paßvorschriften strenge zu handhaben und den Fremdenverkehr mit aller Sorgfalt zu überwachen. In Bezug auf den Gränzverkehr gelte die Ausnahme, daß für Bewohner der nächsten Gränz* orte dießfeits und jenseits des Rheins ein Ausweis ihres heimathlichen Ortsvorstandes genüge, wenn der Ausund Eintritt bloß zu Verkehrszweken geschehe; auch werde von. bekannten unverdächtigen Gränzbewohnern meisten....

gar kein Ausweis verlangt. Als Regel fei bis jezt festgestanden, daß Schweizerbürger mit gehörigen Pässen ihrer Regierung im Großherzogthum zugelassen werden, wenn sie unverdächtig seien; allein da jezt ähnliche Verhältnisse vorhanden seien, wie im Iahr 1834, und da auch die aus Frankreich kommenden Reisenden das Visum der großherzoglichen Gesandtschaft bedürfen, so .müsse dieselbe Maßregel auch auf die aus der Schweiz ïommenden Reifenden, mithin auch auf die Schweizer angewendet werden.

Es ist fodann in fämmtlichen, hierauf bezügliche.!

Noten deutlich darauf hingewiefen, daß diefe Befchränïungen wegfallen dürften, wenn die politischen Fluchtlinge, namentlich die Badenfer, aus der Schweiz weg*

47 gewiesen werden. Die Sache blieb dann einige Zeit auf fich beruhen, weil keine Klagen mehr über Verweißerung der Zutritte in Baden vorkamen, und weil eine strenge Handhabung bestehender allgemeiner Vorfchriften «ber gremdenpolizei jedenfalls in der Befugnuß eines jeden Staates liegen muß. Es wurden indeß auf spätere Veranlassung die sämmtlichen Akten hierüber dem Justiz- und Polizeidepartement zugestellt, um in Erwägung zu ziehen, ob weitere Maßregeln zur Abwehr einzeïner Beschränkungen rechtlich zuläßlich und zwekdienlichsein dürften.

Eine ähnliche Erörterung fand mit der königlich

sächsischen Regierung statt. Es wurde dem Bundesrath mitgetheilt, daß jürcherische Angehörige in Sachsen nicht zugelassen werden und zwar aus dem Grunde, weil in Zürich eine Bereinigung der deutschen Arbeiter mit den

Flüchtlingen zum Zweke politischer Umtriebe bestehen soll.

Die dortige Regierung versicherte, daß eine solche Ver# fcindung nicht bestehe, daß der Bundesbeschluß vom März 1850 über die Arbeitervereine genaue Vollziehung gefunden habe und kein Betheiligter seither in Zürich sei, daß die Gesellen ohne Bewilligung der Behörden keine Vereine bilden dürfen und unter strenger polizeili-

cher Aufficht stehn, daß dieselben Maßregeln hinficht* lich der dortigen Flüchtlinge bestehn und daß bei jedem Zusammentritt des Unterstüzungskomite, des einzigen Vereins derselben, ein Polizeibeamter zugegen sei. -- Ungeachtet dieser bestimmten, der königlich sächfischen Regierung mitgetheilten Verficherung erfolgte gleichwol keine entsprechende Antwort, sondern es wurde vielmehr eroffnet, daß dieselbe gleich andern deutschen Bundesregie* rungen wegen der in der Schweiz bestehenden ArbeiterVerbindungen genöthigt gewesen fei, ihr früheres gegen

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die Handwerker, welche in Zürich gearbeitet, gerichtetes Aufenthaltsverbot, auf alle diejenigen zu erfireken, welche sich in der Schweiz aufgehalten haben. Wie man fieht, ist darin nicht speziell von Zürcher- oder Schweizerbür.gern die Rede, obwol fie allerdings unter diesen Personen begriffen fein können; indeß find uns fpätereKlagen über Ausweisung aus Sachfen nicht mehr eingegangen.

Auch ist es auffallend, daß Sachfen ungeachtet der angeblichen Gefährlichkeit der Arbeiterverbindungen feine

Angehörigen nicht aus der Schweiz zurükberief; vielmehr sah sich der fächfische Konsul in Zürich veranlaßt, sowol dem Bundesrath zu melden, als auch zu publiziren, das Gerücht sei falfch, daß die sächsische Regierung ihre Ans gehörigen aus der Schweiz zuruk&erufen wolle; es sei ihr nur daran gelegen, fie vor den Arbeiterverbindungen zu warnen. Also Sachfen bringen keine Gefahr nach Häufe, sie mögen noch so lange in der Schweiz gewesen sein, wol aber Schweizer oder andere aus der ·Schweiz kommende Fremde, welche vorübergehend ire Sachsen wandern. Und doch muß es jedermann eiuleuchten, daß gerade die Angehörigen eines Sandes, wenn sie Tendenz zu Neuerungen haben, das wesentlichste Interesse befizen müssen, denselben in ihrer Heimath Geltung zu verschaffen, und daß es z. B. gewiß keinem Schweizer einfallen wird, in fremden Ländern, die er durchreist, mit großer ©efahr für feine Perfon und ohne irgend welche ..Aussicht auf einen Vortheil sich Umtrieben hinzugeben. Es ist daher fehr begreiflich, wenn Preußen gerade den umgekehrten Weg einschlägt und nicht die Schweizer ausweist, sondern feine Angehörigen aus der Schweiz znrükruft.

Was nun jene Arbeitervereine betrifft, fo müssen wir zur Steuer der Wahrheit Folgendes darüber bemerken :

49 Bekanntlich waren in der Schweiz seit vielen Iahren solche Vereine; auch wurden sie in ihrer Entstehung und Entwiklung nicht ungern gesehen und vielfach unterstüzt, weil sie Bildungszweke verfolgten und an die Stelle eines hie und da ziemlich rohen Gefellenlebens traten.

Jm Jahr 1848 wurde ein £heil dieser Vereine, nicht alle, allerdings auch von dem politischen Fieber ergriffen, welches damals in vielen Staaten die Runde machte, und sie nahmen nach und nach den Charakter revolutionärer Klubbs an; obwol sich ihre ...thatigkeit nicht auf ein bestimmtes Projekt oder Unternehmen bezog. Be# kanntlich wurden sie deßwegen vom Bundesrath im

März 1850 aufgehoben und fämmtliche Mitglieder aus

der Schweiz weggewiefen. Die übrigen Vereine, welche dieser Tendenz fremd geblieben waren, ließ man unter polizeilicher Aufsicht fortbestehen, auch mochten sich mit Vorwissen und Genehmigung der Kantonalbehörden hie und da neue Vereine gebildet haben. Das Vereinsrecht ·gremder ist von der Bundesverfassung nicht garantirt, hingegen werden sie vom Bunde fo lange tolerirt, als ihre Thätigkeit nicht eine gefährliche und gefezwidrige ist. Sie stehen unter dem Schuze, aber auch unter den Beschränkungen der kantonalen Gefeze und zunächst unter der Aufficht der kantonalen Polizei. Nicht nur find seither dem Bundesrathe keinerlei Anzeigen zugekommen, daß ihre Wirksamkeit eine unerlaubte oder gar staatsgefährliche sei und daß ähnliche Erscheinungen sich wieder darbieten, wie früher, fondern er hat von denjenigen .Orten, wo er nachzufragen Veranlassung hatte, die be* friedigendfie Auskunft erhalten. Wir können daher nur bedauern, wenn sich in mehreren auswärtigen Staaten die Ueberzengung festgefezt zu haben scheint, daß ge* fährliche fremde Arbeitervereine in der Schweiz existiren.

Bundesblatt. Jahrg. Y. Bd. II.

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So hat, wie fchon angedeutet wurde, aus diesem Motive die königlich preußische Gesandtschaftskanzlei, im Auftrage ihrer Regierung, eine Bekanntmachung erlassen, wonach in Erneuerung einer früheren Vorschrift den .preußischen Hanwerksgesellen das Wandern nach der Schweiz verboten und die daselbst befindlichen zurü..:.« berufen wurden. Nachdem die königlich preußische ©esandtschaft diefe Maßregel dem Bundesrathe mitgetheilt hatte, wurden die Polizeibehörden der -Kantone vom eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement aufinerïsam gemacht, daß ein längeres Verweilen der preußischen Arbeiter über den bewilligten Termin hinaus vielîeicht Heimathlofigkeit zur Folge haben könnte, und es wurde dieser Anlaß zugleich benuzt, um Erkundigungen über die Existenz und Wirksamkeit von Arbeitervereinen einzuziehen. Inzwischen scheint die Ausführung jener Maßregel auf viele Schwierigkeiten gestoßen zu sein und eine Menge von Reklamationen preußische?.

Angehöriger veranlaßt zu haben. Gewiß ist, daß viele Ausnahmen gemacht wurden, und daß die preußische Gesandtschaft selbst fich über die unnachfichtliche Behandlung der preußischen Handwerksgesellen in mehreren Kan* tonen beklagte, weil die leztern auf e r n e u e r t e Reiseb e w i l l i g « n g en der Gefandtfchaft keine Rükficht nahänen. Es wurde gleichzeitig darauf hingewiefen, daß nach den preußischen ©efezen zwar Abwesenden die Eigen* fchaft als Preuße durch Befchluß der Polizeibehörde entzogen werden könne, jedoch nur als Folge einer ausdrüklichen, an den Einzelnen ergangenen und unbeachtet gelassenen Aufforderung zur Rukkehr, und daß solche, zuerst angedrohte, und dann ausgefprochene Entziehungen feem Bundesrath auf fein am 12. August 1850 geäußertes Verlangen feither auch mitgetheilt worden feien.

51 Nach diesen, die Asylfrage und die gremdenpolizei c- H«.*« die Betreffenden Verhandlungen boten noch zwei andere ©e- vKftt.

genstände, die wir für wichtig genug halten, um besonderer Erwähnung hier zu verdienen, Stoff zu diplomatischen Erörterungen. -- Der erstere betrifft die Rechtsverhältnisse der schweizerischen Presse. Bei Anlaß einer Beschwerde der franzöfifchen Gesandtschaft über Mißbrauch der Presse durch einen Franzosen (man »er* gleiche den oben eingeschalteten Bericht vom 13. Februar 1852) trat die Gesandtschaft auf allgemeine Betrachtung gen über die schweizerische Presse ein und bemerkte nament.ich, es scheine, daß die Schweiz oder die Kantone nicht im Stande seien, durch p o l i z e i l i c h e o d e r a d m i n i ·strative M a ß r e g e l n solchem Treiben gegen benach.·..·arte Regierungen ein Ziel zu sezen. Der Bundesrath fah sich hiedurch veranlaßt, sich in folgendem Sinne Mriibet awêzus-pïechens Allerdings können leine Prä....entivmaßregeln gegen die Presse stattfinden; allein daraus folge nicht, daß die schweizerischen Institutionen nicht hinreichend seien, um dem Mißbrauch der Presse wirksam gu begegnen. Die kantonalen Geseze enthalten StrafBestimmungen und jedem Beleidigten stehen die Gerichte .ossen. Zu Gunsten fremder Regierungen könne um so .weniger eine Ausnahme gemacht werden, da alle schweis zerischen Regierungen denselben Weg einzuschlagen haben.: Der Bundesrath habe bis jezt keine Klage erhoben, «jbwol er von der fremden Presse fowol als von einigen Schweizerblättern nicht im Mindesten geschont worden fei; auch habe er nie daran gedacht, ein Verbot der der Schweiz feindseligsten Blätter zu veranlassen, weil die »on der Presse aufgestellten Urtheile nicht immer der Ausdruk der öffentlichen Meinung feien und weil, fo lange die schweizerischen Institutionen und der Bundes..-

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rath dem Wunfche der Nation genügen, fie die Angriffe der Presse nicht zu besorgen brauchen. Aus Achtung »or unfern Institutionen und Gesezen, welche übrigens {m Einklang stehen mit denjenigen anderer Staaten, wo Preßfreiheit eristire, könne daher den angedeuteten Er#.

Wartungen nicht entsprochen werden. Uebrigens habe, die franzöfifche Regierung zu viel Einficht und Gerech..« iigkeit, um eine ganze Nation solidarisch zu erklären für die Ausdrüke einzelner Individuen, die gar keinen offiziellen Charakter tragen, und welche man zu billigen weit entfernt fei.

Hierauf wurde im Wefentlichen erwidert : Die Ge# sandtfchaft beabsichtige nicht, sich in die Fragen innerer Polizei zu mischen, welche bei Preßvergehen zwischen schweizerischen Bürgern und Behörden entstehen können; allein die Sorge, freundfchaftliche Verbindungen zwifchen beiden Ländern zu unterhalten und daher zu verhindern, daß nicht Franzosen sich in die Schweiz begeben, um von da ungestraft das Oberhaupt Frankreichs zu be« schimpfen, könne nicht den Chancen eines Urtheils unter.worfen werden, das nur von schweizerifchen Richtern ausgefällt werde. Diese Frage fei nicht zivilrechtlicher, fondern wefentlich politischer Natur und hänge aufs «ngfte mit den internationalen Beziehungen zufammen, die immer in der Hand der obern Behörde einer Nation .bleiben müssen. Es wäre ein großer Irrthnm, Verleumdungen von Privaten oder Artikel über innere Politik un*

.würdigen Beschimpfungen fremder Mächte gleich zu stellen.

Jn dieser Hinficht beruhe das frühere Begehren auf einem guten Fundamente und hätte einer Empfehlung, .des Bundesrathes wol verdient.

Diese Auffassungsweise veranlaßte uns noch zu folgen*der Entgegnung : Der Bundesrath müsse die aufgestellte

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Auch könnte man andere .Länder zitiren, wo die sorgfältige Pflege freundschaftlicher internationaler Beziehun:geu nicht verhindre, die Unterdrükung des Mißbrauchs t>er Presse ganz den Gerichten zu überlassen. Uebrigens habe der Bundesrath in seiner ersten Antwort nur von den Gesezen über den Mißbrauch der Presse gesprochen und nicht von der Fremdenpolizei. Die Bunde sverfas fung begwältige den Bundesrath, diejenigen Fremden Wegzuweisen, deren Gegenwart mit der Erfüllung inter·nationaler Verpflichtungen unverträglich sei; auch habe er gezeigt, daß er von diesem Rechte Gebrauch mache, wenn genügende Motive vorliegen. Er verkenne daher nicht den Unterschied zwischen zivilrechtlichen fragen...Welche vor die Gerichte gehören und den politischen, .jvelche zur Regulirung der internationalen Beziehungen in die Kompetenz der politischen Bundesbehörden fallen.

Die Verfassung eines Sandes bestimme jedoch die Ge.walten, welche in einzelnen Fällen handeln müssen, so .wie die Formen, in denen dieses zu geschehen habe.

Hiemit schloß fich diese Korrespondenz. Wir glaubten fie erwähnen zu sollen, theils wegen der grundsäzlichen Wichtigfeit der grage, um die es fich handelte, theils weil später gegen Ende des Iahres die falsche Nachri'cht verbreitet wurde, daß neue Angrisse gegen die Preßfreileit von Außen gemacht worden seien und daß der Bun*.

desrath fich willfährig gezeigt habe, darauf einzutreten..und denselben Folge zu geben.

54 a. Heber die fKiederlasfung ier franz6si» schen Jsraeli-tew.

(Sine weitere Angelegenheit, welche in der .jorm unfc den Umfang, wie fie jezt angebracht wurde, für die Schweiz ebenfalls von der größten prinzipiellen Bede«# tung ist, bot Stoff zu einläßlichen Erörterungen mit Frankreich. Wir nehmen diefelben um so eher auf, als der Gegenstand früher einen mehr lokalen Charakter darbot und in weitern Kreifen nicht hinreichend bekannt scheint. Es betrifft nämlich die Verhältnisse der IudeR in Basel-Stadt und Bafel*8andfchaft.

Note der f r a n z ö s i s c h e n Gesandtschaft in der Schweiz an das Präsidium des schweizer!* scheu B u n d e s r a t h e s , d. d. 16. Dezember 1851.

(Ueberfezung.)

Ich habe so eben von dem Herrn Minister der aus* ivärtigen Angelegenheiten eine, die Reklamationen mehrerer französischer Israeliten gegen die Regierungen von BafelStadt und Bafel-Landfchaft betreffende Depefche erhalv ten, deren wefentlicher Inhalt ich die Ehre habe, nach* ftehend wörtlich anzuführen: "Ich habe dem Präfidenten im Ministerrathe eine »on mehreren israelitischen franzöfifchen Handelsleuten an das Staatsoberhaupt gerichtete Bittschrift unterbreitet, .worin dieselben um Schuz gegen die in den Kantonen BafelStadt und Bafel-Landfchaft gegen die franzöfifchen Staats* lnirger mofaifcher Religion getroffenen harten MafreÖeln nachsuchen. Die gewaltthätige Ausweisung unserer Sandesangehörigen, die noch erschwert wird durch fpäiere, nach unferen Reklamationen getroffene gesezlich..; -Bestimmungen, welche einer ganzen Klasse unserer Landslente die Btsugniß absprechen, sich künftighin in diesen .Kantonen niederzulassen, legt uns die Pflicht auf, gegen

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diesen Zustand der Dinge zu proteftiren und formlich, im Namen der heut zu Tage allgemein angenommenen ©rundfäze des öffentlichen Rechts, die Modifikation einer .Unduldsamen Gesezgebung zu verlangen, welche die Grundfäze einer freifinnigen Zivilisation verlezt, deren Stüze zu sein Frankreich es sich zur Chre anrechnet.

Welchem Glauben sie auch angehören mögen, so haben unsere Mitbürger ein gleiches Recht auf den Schuz ihrer Regierung, die, ohne mit ihren Pflichten in Widerfprnch ju kommen, ihre Verbindungen mit einem Staate nicht ungetrübt erhalten könnte, wo eine gewisse Anzahl ihrer Staatsbürger einer Behandlung ausgesezt wäre, welche ganz den Charakter des vorbedachten bösen Willens an sich trägt, oder doch wenigstens von einem beleidigenden Beharren in einem Systeme zeugt, gegen welches wir unaufhörlich reklamirt haben.

,,Die Regierung der Republik hatte fich der Hoffnung hingegeben, daß die ernsten Reklamationen, die sie zu .machen beauftragt worden waren, doch wenigstens den Aufschub der gewaltthätigen und nicht zu rechtfertigenden Maßregeln, über die wir uns zu beklagen hatten, be# ivirken würden. Allein entfernt davon hat der Große .Rath von .Basel-Landschaft darauf durch die Annahme noch ·strengerer Maßregeln geantwortet, welche uns in die .Nothwendigkeit verfezt haben, dagegen Einsprache zu erheben. Der Artikel 3 des Vertrags von 1827 ist maßgebend. Er sagt : ",,Die Schweizer sollen in Frankreich dieselben Rechte und Vortheil genießen, die der Art. l den Franzosen in der Schweiz zusichert, so daß in BeIreff derjenigen Kantone, welche in der in besagtem Ariikel näher bezeichneten Beziehung die Sranzosrn wie ihre eigenen Landesangehörigen behandeln, leztere in eben diesen Beziehungen in Frankreich wie Landesangehörige

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gehalten werden sollen. Seine allerchristlichste Majestät gewährleistet den andern Kantonen dieselben Rechte und Vortheile, die diese Ihren Unterthanen werden angedeihen lassen.""

,,Behandeln die Kantone Basel-Stadt und BaselSandschaft die sranzo fischen Staatsbürger wie ihre eigenen Sandesangehörigen? Sicher nicht, da sie erst neuerdings eine gewisse Anzahl derselben ausgewiesen haben. Sind wir demnach gehalten, die Angehörigen dieser Kantone fernerhin in Frankreich unsern eigenen Staatsbürgern

.gleich zu stellen? Keineswegs.

Wir würden es lebhast bedauern, wenn wir uns in die Nothwendigkeit versezt fähen, Repressalien gegen die Schweiz zu ergreifen, und wir wünschen vorher alle Mittel der Minne z« erschöpfen, welche mit unserer Würde und dem Interesse unserer Mitbürger vereinbar find. Sie werden daher, wie Sie dieß in Ihrer De.pefche vom 13. v. M. vorfchlugen, den Bundesrath einladen, eine Unterhandlung zu eröffnen zum Zweke der Zurüknahme der gesezlichen Bestimmungen, über welche tt>ir uns beklagen. Dieser Zwek könnte erreicht werden entweder durch 'eine Modifikation der Verfassung von 1848, in Folge deren dem Bundesrathe die Vollmacht eingeräumt wurde, die Kantone anzuhalten, die franzöfischen Israeliten wie unsere übrigen Landsleute zu behandeln, oder durch eine Interpretation diefer Versassung, der zufolge die Kantone zwar nicht gehalten wären, die Iuden auf ihrem Gebiete zuzulassen, welche denselben hinwieder aber die Befugniß dieß zu thun, nicht nehmen würde.

,,Serner werden Sie den Bundesrath veranlassen, daß er die Regierungen von Basel-Stadt und BafelSandfchaft dahin verständige, daß, wenn der gegenwär.»

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tiôe Zustand der Dinge festgehalten würde, wir in die.

..ftothwendigkeit uns verfezt sähen, ihren Angehörigen die den französischen Staatsbürgern vorenthaltenen Rechte serner auch einzuräumen.

,,Sie werden verlangen, daß, bis zu einer endlichen Entscheidung, den gegen unsere Sandsleute ausgesproche* neu Urtheilen keine Folge gegeben werde.

,,Ich will hoffen, Tit., der Bundesrath werde die Wichtigkeit des Schrittes einsehen, den ich Sie, im ..namen des Präfidenten der Republik und in Folge eines im Ministerrathe gefaßten Befchlusses, hiermit bei ihm zu thun beauftrage, und es werde derfelhe, im Einverständniß mit Ihnen, auf Mittel Bedacht nehmen, uns zufrieden zu stellen. Sollte dieser Zwek nicht erreicht wer* den, fo würde uns, ich wiederhole es, die gebieterische

Pflicht, die uns befiehlt, der Nationalität und den Interessen der sranzofischen Bürger nachdriikliche Achtung zu verschassen, in die unangenehme Notwendigkeit versezen. ' zu Maßregeln unsere Zuflucht zu nehmen, denen, wie ich nicht zweifle, die Klugheit des Bundesraths vorzubeugen wissen wird, damit diefe Zurükforderung eine...»unbestreitbaren Rechtes nicht die Veranlassung gebe zu einer höchst bedauernswürdigen Störung in unseren Be* ziehungen zu der schweizerischen Eidgenossenschaft."

Ich erlaube mir, die ernstlichste Aufmerkfamkeit de.5 Bundesraths auf obige Depesche zu lenken. Es ist mein sehnlichster Wunsch, daß die Unterhandlung, deren Er* Öffnung ich Ihnen vorzuschlagen beauftragt bin, die besriedigende .Lösung einer Frage herbeiführen möge, die das Interesse des Präfidenten der Republik und seines Ministerraths im höchsten Grade erregt hat.

Ich bitte Sie, Herr Präfident, davon überzeugt ztt sein, daß ich meinerseits alles thun werde, was in

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.meinen Kräften steht, um zu einer solchen Losung bei* Antragen, und so jegliche Störung der freundschaftlichen .Beziehungen zu verhindern, die zum Besten der beider-« [eitigen Länder gegenwärtig zwifchen Frankreich und der ·Schweiz bestehen.

In der Hoffnung, daß es Ihnen gefallen möge, mich .baldmöglich von dem Gange, den der Bundesrath in dieser Angelegenheit einzuschlagen für gut finden wird, fo wie von dem Erfolge der Mittheilungen in Kenntniß 3u sezen, da ich Sie, meinen Instruktionen gemäß, den Regierungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft zu ·machen ersuche, habe ich die Ehre, Euer Exzellenz die ·Verficherung meiner vollkommensten Hochachtung zu er.neuern.

B e r n , den 16. Dezember 1851.

Der sranzöfische Gesandte: Eh. R e i n h a r d .

· S r w i d e r u n g d e s B u n d e s r a t h e s a u f o b i g e Note.

(Vom 14. Ianuar 1852.)

Unterm 16. Dezember v. J. bat Seine Exzellenz, S>er Herr Graf Reinhard, außerordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Minister der sranz. Republik bei der fchweiz. Eidgenossenschaft, dem schweizerischen Bundesrathe einen Auszug aus einer Depesche seiner Regierung mitgeiheilt, im Wesentlichen solgenden Inhalts: ,,Eine Petition mehrerer israelitischer Kanflente aus .Frankreich, um Schuz gegen strenge Maßregeln in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschast nachsuchend, sei fcer Regierung vorgelegt worden. Die gewaltsame Ausweisung diefer Angehörigen werde noch erschwert durch die nach erhobener Reklamation erlassenen Gefeze, welche einer ·ganze« Klasse französischer Bürger die Befngniß nehme.

59 sich künftig in diesen Kantonen niederzulassen. Diese Thatfachen verpflichten die Regierung, Namens der allgemeinangenommenen Prinzipien des össentlichen Rechts die Modifikation einer intoleranten Gesezgebung zu verlangen, Welche die Grundsäze freisinniger Zivilisation verleze, deren Stüze zu sein Frankreich sich beehre. Alle seine Angehörigen haben ohne Unterschied des Glaubens gleiches .Recht ans Schnz der Regierung, welche nicht ohne Pflichtverleznng ihre Beziehungen unverlezt erhalten könnte mit einem Staate, wo eine Anzahl ihrer Angehörigen einer Behandlung ausgefezt feien, welche ganz den Charakter eines vorfezlichen Uebelwollens trage oder wenigstens den einer beleidigenden Beharrlichkeit in einem System, gegen ·welches immer reklamirt worden sei. Die Regierung der ..Republik hätte wenigstens erwartet, daß die ernstlichen ·Vorstellungen der Gesandtschaft die gewaltsamen und nicht zu rechtfertigenden Maßregeln befeitigt hätten; allein weit davon entfernt, habe der Große Rath von Bafel-Landschaft vielmehr mit noch fchärfern Maßregeln darauf geantwortet. Nach Art. 3 des Vertrages vom Jahr 1827

sollten die Kantone Bafel-Stadt nnd Bafel -Landschaft die französifchen Bürger wie ihre Landsleute (nationaux) behandeln. Dieses sei aber nicht der Fall; daher sei Frankreich auch nicht verpflichtet, die Angehörigen dieser Kantone wie seine eigenen Bürger zn behandeln. Die .Regierung von Frankreich würde bedauern, Repressalien gegen die Schweiz anzuwenden und sie wünsche vorher alle versöhnlichen Mittel zu erschöpfen, die mit ihrer Würde und dem Jnteresse ihrer Bürger vereinbar seien. Der schweizerische Bundesrath sei daher durch die Gesandtschaft -einzuladen, eine Unterhandlung zu eröffnen, behufs -Abrogation der fraglichen Geseze. Dieser Zwek könne auf eine doppelte Weife erreicht werden, entweder durch eine

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Modifikation der Bundesverfassung, wodurch der Bundesrath befugt würde, die Kantone zu zwingen, die franzo« fischen Jsraeliten wie die übrigen Franzosen zu behandeln, öder durch eine Jnterpretation jener Verfassung, wodurch die Kantone zwar nicht verpflichtet, aber doch berechtigt ivürden, die Jsraeliten aufzunehmen. Der schweizerische Bundesrath sei ferner einzuladen, den Regierungen von Bafel-Stadt und Bafel-Landfchaft zu eröffnen, daß bei der Fortdauer dieses Zustandes Frankreich genöthigt wäre, ihren Angehörigen die nämlichen Rechte ebenfalls zu veriveigern. Jm Weitern sei zu verlangen, daß bis zur definitiven Entscheidung den beschlossenen Ausweisungen feine Folge gegeben werde. Die Regierung der Republik hoffe, der schweizerische Bundesrath werde die Wichtigkeit dieser Mittheilung erfassen und sich bestreben, ein Mittel zu finden, Genugthuung zu geben. Würde diefer Zwef nicht erreicht, fo müßte die gebieterische Pflicht, der Nationalität und den Jnteressen französifcher Bürger Anerïennung zu verschaffen, der Regierung der Republik die schmerzliche Verpflichtung auferlegen, zu Maßregeln zu schreiten, welchen die Klugheit des fchweizerifchen Bundesrathes ohne Zweifel werde vorzubeugen wissen, damit nicht die Vindikation eines unzweifelhaften Rechtes eine bedauerliche Veränderung in den Beziehungen zur Eidge.nossenfchaft veranlasse."

Bestehender Uebung gemäß hat der fchweizerifche Bitndesrath nicht ermangelt, diese Note den Kantonsregierun-

gen mitzutheilen, auf welche sie sich zunächst bezieht, und er war in diesem Falle um fo mehr dazu veranlaßt, als er aus deren Ton und Jnhalt die Ueberzeugung fchöpfen mußte, daß die Beschwerdeschrift der Jsraeliten, worauf die Note beruht, einseitig, unvollständig und übertrieben sei. Nach den eingegangenen Berichten der Regierungen

61 »on Bafel-Stadt und Basel-Landschaft beehrt sich nun der Bundesrath vor Allem aus, die thatfächlichen Verhältnisse ju vervollständigen und auf ihre wahre Grundlage zurüf zu führen.

Was den Kanton Bafel-Stadt betrifft, fo ist kein einziger in diefem Kanton niedergelassener französischer Jsraelit ausgewiesen und eben so wertig ein Gesez oder eine Verordnung erlassen worden, wodurch sranzösische Bürger christlicher oder jüdischer Religion härter als Bürger von Basel selbst oder als andere (Schweizerbürger behandelt würden. Was hier geschehen ist, besteht vielmehr in Folgendem : ,,Seit Jahren wurden die dortigen Verordnungen über Gewerbspolizei, sowol von Bürgern und Einsaßen als auch von Bewohnern benachbarter Gränzorte dadurch umgangen, daß die zu gewissen Gewerben nicht berechtigten Personen von andern den Namen borgten, und auf diefe Weife unter falschem Namen auf gefezwidrige Weise ein Gewerbe betrieben. Um diefem Mißbrauch wirksamer zu begegnen, wurde am 2. Juli v. J. eine Polizeiverordnung erlassen, wodurch beide Theile, die zu einer solchen Gesezesübertretung mitwirken, mit Strafe bedroht werden.

Dieses hatte zur Folge, daß mehrere Anzeigen über unbefugten Gewerbsbetrieb an die Gerichte gelangten und verschiedene Geschäftslokale oder Magazine geschlossen .rvurden, weil es den Jnhabern nicht mehr gelang, einen ©ewerbsberechtigten als angeblichen Eigenthümer vorzuschieben. Unter diesen Bestraften befanden sich auch einige sranzösische Jsraeliten aus dem Elsaß, welche im Kanton Basel gar nicht niedergelassen waren, sondern von ihrem Wohnorte aus täglich in die Stadt kamen und daselbst «nter sremdem Namen und gegen die Geseze des Kantons ·©ewerbslokale hielten. Diese Polizeiverordnung ist aber gar nicht eine exzeptionelle Maßregel gegen die franzosi-

62 schen Juden, sondern sie wird auf alle Schweizerbürge....

angewendet, welcher Religion sie auch angehören mögen.

Bei der Vollziehung folcher Urtheile ist zudem immer mit großer Schonung verfahren und auf Begehren eine angemessene Frist zur Liquidation gestattet worden. Ein solches Gesuch um Gestattung einer billigen Frist wurde auch von der französischen Gesandtschaft gestellt und es muß daher befremden, daß, nachdem fofort denselben entsprechen wurde, nunmehr das gerichtliche Urtheil felbj...

angegriffen und als eine vertragswidrige und vexatorische

Maßregel bezeichnet wird. Als Thatsache ergibt sich daher, daß kein niedergelassener französischer Jude ausgewiefen und eben fo wenig eine ausnahmsweife Maßregel gegen diese Klasse französischer Bürger erlassen wurde, daß somit, ganz abgesehen vom Standpunkte des Rechtes, gar keine Veranlassung zu Beschwerden gegen die Regierung von Basel-Stadt vorliegt.

Jm Kanton Basel-Landschasi wurden allerdings mehrere französische Jsraeliten ausgewiefen, auch ist im November v. J. ein Gesez erlassen worden, welches die Niederlassung und dauernde Gewerbsbetreibung allen Jsraeliten, somit auch den schweizerischen, untersagt und die Umgehung des Gesezes mit Geldbußen bedroht. Jene Ausweisungen sind aber nicht eine Folge dieses Gesezes, sonde-rn der frühern Gesezgebnng und der Handlungsweife der Beschwerde führenden Jsraeliten. Obwol mehrere von ihnen siel) schon längere Zeit im Kanton aushielten, so hat kein einziger von ihnen je die Bewilligung zur Niederlassung und Gewerbsbetreibung erhalten, sondern, wie der Bundesrath schon in seiner Erwiderung vom 7. November v. J. niits zutheilen die Ehre hatte, sie suchten durch List und Umgehung der Geseze sich zu helfen, und namentlich auch dadurch, daß sie andere Perfonen als angebliche Eigen.-

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thümer eine..! Gewerbes vorschoben, sich als Angestellte ausgaben oder zu andern ähnlichen Mitteln ihre Zuflucht nahmen. Ungeachtet mehrfacher Androhung der Aus-.

Weisung und richterlicher Bestrafung beharrten sie auf ihrem Treiben, bis die" össentliche Meinung sich immer mehr über die Gesezwidrigkeit dieses Zustandes aussprach und die Behörden nöthigte, mit größerer Strenge einzu-

schreiten, da alle bisherigen Mittel ohne Ersolg geblieben waren. Was jenes Gesez betrifft, welches ebensalls Gegenstand der Beschwerde bildet", so muß hier nur dee Jrrthum berichtigt werden, als ob dasselbe ein ganz neues aSerbot der Niederlaffung und Gewerbsbetreibung enthalte.

Dieses ist keineswegs der Fall. Es bestätigt nur in der.

Hauptsache den srühern Rechtsznstand, da jenes Verbot schon in verschiedenen Gesezen, namentlich in den Jahre« 1803, 1816 und 1840 erlassen wurde. Das neue Gesez unterscheidet sich im Wesentlichen nur dadurch, daß es auf der einen Seite der Umgehung wirksamer entgegentritt und aus der andern zu Gunsten der Jsraeliten verschiedene Beschränkungen aufhebt, denen sie im Gebiete de...» Zivilrethts früher unterworfen waren.

Das ist der wirkliche Sachverhalt diefer Angelegenheit in jenen beiden Kantonen.

Indem nun der Bundesrath auf den Jnhalt der Note »om 16. Dezember v. J. zurükkommt, kann er vor Allem aus auf den Standpunkt nicht eingehen, daß es sich hier um die Jnteressen einer liberalen Zivilifation handle, da§ diese in der Schweiz verlezt werden, und daß es in da Befngniß Frankreichs liege, deßhalb einzufchreiten. Ohne näher auf die Motive der Note einzutreten, erlaubt sich der Bundesrath hierüber nur Folgendes zu bemerken: Die ©efezgebungen verschiedener Kantone, welche den Juden .überhaupt die Niederlassung verweigern oder erschweren.

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..IJeruhen keineswegs auf intoleranten religiösen Ansichten und Verfolgungen, fondern auf vielfachen, bittern Erfahrungen über die Art und Weife, wie diefe Leute ihre Industriezweige auszuüben pflegen und wie sie es verflanden, zur Verarmung ganzer Gegenden wesentlich bei·zutragen. Eben fo wenig beruhen jene Geseze auf inhujnanen Gesinnungen und auf Haß gegen die Bekenner der israelitifchen Religion. Nicht nur war von jeher und ist jezt noch eine große Menge fremder Jsraeliten in der ·Schweiz niedergelassen, sondern die Schweiz zeigte schon tviederholt und namentlich in den Jahren 1848 und 1849 volle Humanität gegen sie, indem sie mehr als hundert französischen Judenfamilien, deren Leben und Eigenthum im Elsaß gefährdet war, Aufenthalt und Schuz gewährte und gerade diejenigen Kantone, welche zunächst den Geflenstand der vorliegenden Beschwerde bilden, haben sich hei diefem Anlasse rühmlich ausgezeichnet.

Uebrigens kann es sich hier nicht um die Frage handeln, ob die Verfassung und die Gefezgebung eines felbstständigen Staates allen Forderungen und Jdeen der Zeit entfpreche oder nicht. Denn diese übrigens sehr relative grage betrisst die innern Verhältnisse eines jeden Staates und sie kann daher nach anerkannten Grundfäzen des 33ölkerrechtes nicht Gegenstand der Einmischung eines andern Staates sein. Vielmehr handelt es sich darum, olì die schweizerischen Kantone verpflichtet seien, den französischen Jsraeliten die Niederlassung zu gestatten, und ot> daher die Verweigerung derselben eine Verlezung der .völkerrechtlichen Beziehungen zu Frankreich begründe. Der Bundesrath glaubt, es stehe jedem Staate das Recht zu,.

durch seine Verfassung oder Gesezgebung die Grundsäze, Beschränkungen und Bedingungen auszustellen, unter denen «r Fremden das Recht der Niederlassung gestatten will.

65 Nicht nur liegt dieses in der Natur der Sache, sondern es findet seine Bestätigung überall in der Wirklichkeit.

Wäre ein Staat nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsäzen verpflichtet, allen Angehörigen anderer Staaten die Niederlassung zu bewilligen, so würden die Verträge über diesen Gegenstand als überflüssig dahin sallen, oder wenigftens ihre wesentliche Bedeutung verlieren.

In der Schweiz stand dieses Recht selbstständiger Gesezgebung über die Niederlassung früher ganz den Kantonen zu, so daß es ihnen unbenommen war, nicht nur Angehörige anderer Staaten, sondern auch Bürger anderer Kantone ganz oder theilweise von der Niederlassung auszuschließen. Die Bundesverfassung vom Jahr 1848 beschränkte hierin die Souveränetät der Kantone in fo weit, daß sie nun verpflichtet sind, den Bürgern anderer Kantone, welche der christlichen Konfefsion angehören und den verfassungsmäßigen. Bedingungen entsprechen , die Niederlassung zu gestatten. Weiter reicht der Zwang der .Verfassung nicht, und es folgt aus diefem, daß es auch jezt, wie früher, den Kantonen frei steht, Perfonen, die einer nicht christlichen Konfefsion angehören, die Niederïassnng zu gestatten, oder zu verweigern. Jn dieser Hinficht sind also die Kantone selbstständig und befinden sich in ihrem versassnngsmäßigen Rechte, wenn sie z. B. schweizerischen Jsraeliten die Niederlassung nicht gestatten. Aus demselben Grunde kann ihnen auch nicht zugemuthet werden, Angehörige fremder Staaten günstiger z« behandeln, als ihre fchweizerifchen Mitbürger. Diesen Grundsaz

der Selbstständigkeit der Gesezgebung hat die Schweiz von jeher auch im Verkehr mit andern Staaten festgehal* ten und er ist noch von keinem Staate angefochten wor-den, weil jeder Staat ihn auch für sich in Anspruch nimmt.

..Bnndesblatt, Jahrg. V. Bd. II.

5

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Es muß sich nun weiter fragen, ob zwischen Frankreich und der Schweiz ein Vertrag bestehe, welcher die Kantone beschränkt und ihnen namentlich die Verpflichtung auferlegt, den Franzosen aller Konfessionen die Niederlassung zu gestatten. Da in der Note wirklich auf den Vertrag vom Jahr 1827 abgestellt wird, so muß der Bundesrath sich erlauben, auch hierüber näher einzutreten. Der angerufene Art. 3 sezt den Erwerb der Niederlassung voraus, indem er sich wiederholt aus den Art. 1 bezieht, welcher leztere speziell von dem Recht zum Aufenthalt, zur Niederlassung und Gewerbsbetreibung handelt. Er lautet fo: ,,Die Schweizer .werden in Frankreich die nämlichen Rechte und Vortheile genießen, welche der obige erste Artikel den Franzofen in der Schweiz zusichert, so, daß rüksichtlich derjenigen Kantone, welche unter den im ersten Artikel angegebenen Beziehungen die Franzofen wie ihre eigenen Angehörigen behandeln, diese Lezteren unter denselben Bedingungen in Frankreich als Einheimifche behan* delt werden sollen. Seine Allerchristlichste Majestät sichert den andern Kantonen die nämlichen Rechte und Vortheilc zu, der.en Genuß diese den Unterthanen Seiner Majestät zugestehen."

Aus diesem Artikel.geht nun klar hervor, daß die Franzosen in den einzelnen Kantonen in gleichem Maße und Umfange zum Aufenthalt, zur Niederlassung und Gewerbsbetreibung berechtigt feien, wie die übrigen Schweizerbürger.

Wenn nun aber eine Klasse von Schweizerbürgern von die* sem Rechte ausgeschlossen ist, so konnte es nicht im Willen der Kontrahenten liegen, der gleichen Klasse von Ausländern, diese Rechte dennoch einzuräumen, und dadurch eine Un-

gleichheit zu Ungunsten der Schweizerbürger zu begründen.

Damit aber unmöglich ein Zweifel darüber entstehen könne, verlangte die Tagfazungskommission vor dem Abschluß

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des SSertrages von dem französischen Gesandten, mit welchem der Vertrag unterhandelt wurde, eine authentische Erklärung über den «Sinn des Vertrages hinsichtlich der französischen Jsraeliten. ..Diese Erklärung wurde von dem Herrn Baron von Rayneval, Ambassadeur von Frankreich, unterm 7. August 1826 der Tagsazung zugestellt. Sie lautet wie solgt: Monsieur le Président,

La commission chargée par la Diète fédérale de se concerter avec moi sur les bases de la négociation que mon Gouvernement m'a autorisé à suivre avec la Suisse, a témoigné le désir de recevoir quelques explications propres à ne laisser subsister aucun doute sur le véritable sens de quelques-uns des articles que nous avons arrêtés d'un commun accord dans notre dernière conférence ; je m'empresse d'autant plus volontiers d'acquiescer à ce voeu, que l'intention bien certaine du Roi, mon Maître, en réglant par une nouvelle transaction les rapports habituels de ces Etats avec ceux qui composent la Confédération, est d'écarter pour l'avenir, sur les obligations réciproques qui en résultent, tout sujet de mal-entendus et d'incertitudes.

Le premier point qui ait paru avoir besoin de quelques éclaircissememens, est relatif aux Israélites, sujets du Roi, qui, en celle qualité, pourraient se croire autorisés à réclamer dans tous les Cantons le bénéfice de l'article Ier du projet arrêté entre la Commission et moi. Je ferai observer, à cet égard que cet article ne concédant aux Français que les droits qui sont accordés par chaque Etat de la Confédération aux ressorlissans des autres Cantons, il s'en suit nécessairement que dans ceux des Cantons où le domicile,

68 et tout nouvel établissement seraient interdits par les lois aux individus de la religion de Moïse, les sujets du Roi, qui professent cette religion, ne sauraient se prévaloir de l'article en question pour réclamer une exception à la règle générale. Il est bien entendu toutefois, et c'est une conséquence directe de l'article 6, que ceux d'entr'eux, qui se seraient établis sur le territoire de la Confédération sous le régime de l'acte de médiation, et en vertu du traité de 1803, continueront à jouir des droits, qui leur étaient acquis.

L'article 5 consacre le principe de la ré-admission, dans celui des deux pays dont ils sont originaires, et où ils auraient conservé leurs droits, des ,,individus qui, d'après les lois, seraient dans le cas d'être renvoyés de l'autre. La Commission a désiré connaître d'une manière positive comment la qualité de Français el. les droits, qui y sont inhérens, pouvaient se perdre.

Le code civil du Royaume porte, article 17: ,,La qualité de Français se perdra : ,,l) Par la naturalisation acquise en pays étrangers.* J..2) Par l'acceptation non autorisée par le Roi de fonctions publiques, conférées par un gouvernement étranger."

,,3) Enfin par tout établissement fait en pays étranger sans esprit de retour; les établissements de commerce ne pourront jamais être considérés comme ayant été faits sans esprit de retour."

Et article 21 : ,,Le Français, qui, sans autorisation du Roi, prendrait du service militaire à l'étranger, ou.

s'affilierait à une corporation militaire étrangers, perdrait sa cjualité de Français. " Une seule de ces dispositions, celle qui prive de ses droits le Français qui fait un établissement en

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pays étranger, sans esprit de retour, a paru exciter quelques inquiétudes et a donné lieu à diverses observations. Pour dissiper les unes, et répondre aux autres, il suffira sans doute de faire remarquer, d'abord que la faveur accordée par le code aux établissements de commerce restreint infiniment le nombre des individus auxquels l'article en question pourrait être applicable ; de plus que, selon les maximes reçues dans le Royaume, l'abdication de la qualité de Français ne se présume pas, et qu'elle doit résulter d'un fait positif; enfin ce qui doit complètement rassurer à ce sujet, c'est que depuis près d'un quart de siècle, que cette disposition a été inscrite dans le code français, la Suisse n'a pas vu un seul exemple de son application.

J'ose me flatter. Monsieur le Président, que ces explications franches et amicales, paraîtront de nature à hâter la conclusion d'un arrangement définitif, que réclament les intérêts des deux pays, et qui ne peut tendre qu'a resserrer enlr'eux les liens de bonne harmonie et d'amitié qui les unissent depuis si longtemps.

Il me reste à consigner ici deux observations essentielles sur les principaux changemens qu'à la demande de la Commission, j'ai consenti à faire, au premier projet que je lui avais présenté.

La première se rapporte à la clause relative au service militaire. C'est la Diète elle-même, qui, dans ses précédentes propositions avait demandé que l'on stipulât, que les citoyens de l'un des deux pays, établis dans l'autre, restassent, quant aux obligations militaires, soumis aux lois de leur patrie. Le Gouvernement; du Roi ayant admis cette proposition, il semble

70 qu'elle n'était plus dans le cas d'être retirée. Je dois donc déclarer que je n'admets le changement désiré par la Commission que sous la réserve que l'article en question sera rétabli tel qu'il avait été précédemment proposé, si Sa Majesté le jugeait convenable.

La seconde observation que j'ai à faire, concerne la première clause de l'article i des bases adoptées.

J'avais demandé qu'après avoir déclaré que les Francals seraient reçus et traités dans chaque Canton de la Confédération sur le pied des ressortissans des autres Cantons, on ajoutât ces mots: ou du plus favorisé d'entr'eux. J'ai montré, en consentant à leur retranchement, que j'appréciais la délicatesse des motifs, qui l'ont fait désirer à la Commission. Il doit être bien entendu toutefois, que s'il arrivait qu'un des Cantons traitât l'un de ses Go-états d'une manière plus favorable que les autres, ce serait aux ressortissans de celui-ci que les Français seraient assimilés.

Agréez, je vous prie, M. Je Président, la nouvelle assurance de ma haute considération.

Lucerne, le 7 Août 1826.

(Signé) Rayneval.

Frankreich hat also durch seinen Stellvertreter eine authentische Erklärung abgegeben , daß die seit Abschaffung der Mediationsverfassung in der Schweiz niedergelassenen Juden keinen Vorzug vor den schweizerischen Juden haben sollen und daß somit die schweizerischen Kantone nur dann verpflichtet wären, jenen die Niederlassung zu gestatten, «jeun sie das gleiche Recht auch den leztern gewähren würden. Diese Voranssezung ist aber nicht vorhanden, indem die Gefeze von Bafel den schweizerischen Juden keinen Vorzug einräumen. Auch sind keine französischen

71 Juden ausgewiesen worden, welche während der Mediationsverfassung in der Schweiz sich niederließen.

Jene Note des Hrn. v. Rayneval ist aber nicht die einzige Erklärung und Anerkennung des wahren Sinnes des Vertrages. Veranlaßt durch ein Dekret der Regierung von Bafel-Landschaft vom Jahr 1839, welches den vorübergehenden Aufenthalt betraf, entstand eine diplomatische Korrespondenz. Der Bundesrath erlaubt sich, zwei dießfällige Noten französifcher Gesandten, nämlich der Herren Mortier und v. Pontois, beizulegen. Unter verschiedenen allgemeinen Bemerkungen und Vorbehalten kommen folgende Stellen vor: Jn der Note vom 5. Oktober 1843 heißt es: Le décret de 1839 viole la Convention du 30 mai 1827 ,· car si, conformément à la déclaration de M.

de Ray nevai, en date du 7 août 1826, les Juifs français ne peuvent pas se prévaloir des stipulations de f article 1er sous le rapport de la faculté de prendre domicile et de former établissement en Suisse, toujours est-il que celle d'aller, venir et séjourner dans ce pays reste entière pour eux.

Jn der Note vom 28. Juli 1845 erklärt der Herr Gesandte, que si le gouvernement de Bâle-Campagne persistait même après la révocation du décret mentionné à refuser des permis de séjour à des Juifs français, qui ne veulent ni former un établissement ni exercer une industrie, il ne pourrait foir dans une telle conduite qu'une infraction aux traités, etc...

Wenn nach allgemein üblichen Grundfäzen jeder Staat berechtigt ist, den Umfang der Niederlassungsbefugniß Fremder selbst zu bestimmen ; wenn bei dem Vertrage zwischen Frankreich und der Schweiz die französifchen Juden durch bestimmte Erklärung Frankreichs ausgenommen

72 wurden, wenn auch seither jene Erklärung wiederholt anerkannt wurde, so ist es dem schweizerischen Bundesrathe in der That unbegreiflich, wie von Verlezung internationaler Rechte und bestehender Verträge, wie sogar von einem beharrlichen bösen Willen, von gewaltsamen Maßregeln und Vexationen gesprochen werden könne. Die betreffenden Kantonsregierungen lehnen diese Zulagen ab; sie erklären, daß sie stets den Vertrag gewissenhaft gehalten haben und halten werden, daß sie aber außerdemselben keine Verpflichtungen kennen und die Rechte ihrer Kantone gegen weitere Zumuthungen verwahren müssen.

Die Ausweisung verschiedener französischer Jsraeliten fand im September und Oktober v. J. statt. Obwol die französische Gesandtschaft damals in einer Reihe von Noten intervenirte, stellte sie n i e die Behauptung auf, daß diefe Beschlüsse völkerrechtlichen Verpflichtungen oder Verträgen zuwider laufen ; fondern sie berief sich auf die Verhältnisse des einzelnen Falles, auf gute Zeugnisse der Befchwerdesteller, auf langjährigen Aufenthalt, Petitionen zu ihren Gunsten u. f. w., und stellte das Gesuch, daß die Regierung von Bafel--Landfchaft eingeladen werde, auf ihre Schlußnahmen zurükzukommen, oder daß wenigstens den Betheiligten eine angemessene und billige Frist zur Ordnung ihrer Gefchäfte vergönnt und jedenfalls die Vollziehung bis zur Erledigung der Angelegenheit fnfpendirt werde. Jezt aber werden die nämlichen Maßregeln als eine Verlezung des zwischen der Schweiz und Frankreich bestehenden Vertrages bezeichnet. Wenn dieses richtig wäre, so wäre wol einfach das Begehren gestellt worden, daß der Bundesrath einer folchen Rechtsverlezung ein Ziel seze. Denn es ist kein Artikel der Bundesverfassung im Widerspruch mit internationalen Verbindlichkeiten, und der Bundesrath wäre berechtigt und verpflichtet, bei Ver-

73 lezung bestehender Staatsverträge durch einen Kanton den verlezten Rechtszustand herzustellen. Statt dessen aber wird in erster Linie verlangt, daß der Bundesrath auf eine Revision der Bundesverfassung hinwirke, um eine Gleichstellung der fchweizerischen Jsraeliten mit den übrigen Schweizerbürgern zu erzweken und dadurch indirekt auch eine Gleichstellung der französifchen Jsraeliten. Nicht ohne ein schmerzliches Gefühl hat der Bundesrath diefes Begehren vernommen ; denn es ist das erste Mal, daß ihm von einem auswärtigen Staate die Zumuthung gemacht wird, die Verfassung des Bundes zu ändern und zwar, um gewisse Vortheile für eine Klasse' von Ausländern zu erzweken, deren Regierung durch einen Vertrag ausdrüklich anf diese Vortheile Verzicht leistete. Der Bundesrath muß dieses Begehren ablehnen und sich erlauben zu erwidern, daß die Bundesversassnng mit keinen völkerrechtrechtlichen Verpflichtungen im Widerspruch steht und daß daher, um leztere zu ersüllen, eine Revision derselben durchaus überflüssig wäre. Sollte es aber wünschbar sein, die Verfassung aus Gründen der Zwekmäßigkeit zu revidiren, fo kann die Initiative dazu nur vom fchweizerifchen Volke oder feinen verfassungsmäßigen Behörden ausgehen.

Jn zweiter Linie wird verlangt, daß der Bundesversassung eine Interpretation gegeben werde, wodurch die Kantone, wenn nicht verpflichtet, doch wenigstens berechtigt werden, französischen Jsraeliten die Niederlassung zu gestatten. Dieses Begehren muß auf einem Jrrthume beruhen. Denn es unterliegt keinem Zweifel und wurde schon oben nachgewiesen, daß dieses gerade der jezige .Dîechtszustand sei und daß jeder Kanton die vollständige Freiheit habe, hierin nach seiner Ansicht zu verfahren.

Daß diefe Freiheit den französischen Jsraeliten in hohem

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Maße zu gut komme, kann die französische Gesandtschaft aus ihren Jmmatrikulationsregistern bezeugen. Während jezt Beschwerde gesührt wird über die Verweigerung der Niederlassung gegenüber ungefähr acht Individuen in Ba-

sel-Landfchaft, ergibt sich, daß eine große Anzahl französischer Jsraeliten freiwillig und ohne alle völkerrechtliche Ver.pflichtung in den verfchiedenen Kantonen der Schweiz die Befugniß der Niederlassung und Gewerbsbetreibung er-

hielten, und daß z. B. allein in Bafel-Stadt, welcher Kanton auffallend genug auch Gegenstand der Beschwerde bildet, über 100 französische Jsraeliten domieilirt sind. Der

Bundesrath bezweifelt nicht, daß die h. Regierung von Frankreich diesen Gesichtspunkt gehörig würdigen werde.

Uebrigens vermag er nicht einzufehen, welche praktische Bedeutung jenes zweite Gesuch hinsichtlich der Veranlassung zu der vorliegenden Beschwerde haben soll. Denn die Regierung von Bafel-Landschaft benuzte gerade die Freiheit, welcfe dadurch für die Kantone in Anfprnch genommen wird, den französischen Juden die Niederlassung zu gePatten oder zu verweigern. Auch ist schon oben gezeigt worden, daß die fraglichen Ausweisungen nicht in Folge des Gesezes vom November 1851, sondern in Folge des frühern Rechtsznstandes stattfanden und daß kein einziger l'ener Beteiligten im Stande fein wird, eine von kom.petenter Behörde ausgestellte Niederlassungs - und Gewerbsbewilligung vorzuweifen, wodurch eine Verpflichtung des Kantons zu weiterer Duldung allfällig begründet werden könnte.

Durch das Gesagte glaubt der Bundesrath gezeigt zu haben, daß die Beschwerden jener Jsraeliten keinerlei rechtliche Grundlage haben und er bezweiselt daher nicht, daß die h. Regierung von Frankreich nach Prüfung dieser faktischen und rechtlichen Verhältnisse sich überzeugen werde.

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es liege keinerlei Rechtsverlezung vor und daher auch lein Grund zu Repressalien. Würden solche dennoch er.» griffen, was der Bundesrath im Interesse der beiden Nationen lebhast bedauern müßte, so könnten dieselben nur Personen betreffen, welche ein vertragsmäßiges .Recht auf Niederlassung besizen, was bei den Jsraeliten nicht der Fall ist, und der Bundesrath müßte daher solche Maßregeln als einen einseitigen Bruch des Vertrages vom 30. Mai 1827 betrachten.

Schließlich beehrt sich der Bundesrath, Sr. Exzellenz dem Herrn Grasen von Salignae-Fénelon die Mittheilung zu machen, daß nicht nur die Vollziehung der Ausweisung suspendirt wurde, sondern daß auch die Regierung von Basel-Landschast ihre Bereitwilligkeit erklärte, in Bezug auf die Liquidation der Geschäste der Betheiligten die volllommenste Billigkeit walten zu lassen.

Genehmigen Sie bei diesem Anlasse die Versicherung ausgezeichneter Hochachtung.

B e r n , den 14. Januar 1852.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathes.

(Folgen die Unterschristen.)

Wenn wir gewiß mît gutem Grunde uns jedem Rechte der Niederlassung franzöfifcher Israeliten widersezten, so fanden wir hinwieder, daß vom Stand-

»unkt der Billigkeit aus die Lage derjenigen gewiß alle Berükfichtigung verdiene, welche schon seit vielen Jahren mit Vorwissen der Behörden fich in Basel-Landschaft aufhielten und wenigstens faktisch alle Rechte fremder Niedergelassenen ausübten. Wir haben uns daher bei der dortigen Regierung wiederholt und zum Theil nicht ohne Erfolg verwendet, daß dieselben auch ferner geduldet

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e. SSerschies î>enes.

werden möchten und daß überhaupt in der Vollziehung der Ausweifungen möglichst mild verfahren werde.

Mit andern Staaten fanden keine erheblichen Erijrterungen von allgemeiner politischer Bedeutung statt.

Die Korrespondenz mit Sardinien bezog sich hauptsächlich auf Reklamationen von Bürgern in Rechts- oder Polizeifachen.. In Parma wurde die Befreiung der niedergelassenen Schweizer vom Militärdienste ausge-

wirkt gegen die Erklärung, daß die Angehörigen von Parma in der Schweiz auch nicht zu diefem Dienste angehalten werden. Dänemark hat in verbindlicher Weise den Londoner Vertrag über die Erledigung der Schles-

wig-holsteinischen Sueeesfionssrage offiziell mitgetheilt.

Wir erwähnen diefes nur, weil derartige Mittheilungen äußerst felten in der Schweiz vorkommen.

2) ·Staats...«:.'

Nachdem von der h. Bundesverfammlung der Verfo-fl«.

trag mit B a y e r n über die Auslieferung von Verbrechern genehmigtworden, fand die Auswechslung der Ratifikationen statt und der Vertrag ist in Kraft getreten.

Eben fo wurde der Bundesbeschluß vollzogen, welcher sich auf die Einführung der Reziprozität der Konfularverhältnisse zwifchen der Schweiz und Brafilien bezieht.

Die fragliche Konsularordnung wurde dort als rechts-

kräftig in Bezug auf die fchweizerifchen Konsuln publizirt.

Im Lause des Iahres fanden über den projektirten .greundschafts-, Handels-, Niederlassungs- und Auslieserungsvertrag mit den Vereinigten Staaten Nordamerikas neue Verhandlungen zwifchen den beidfeitigen De-

ligirten statt, um einzelne Artikel mit den Wünschen und Abfichten beider Nationen, wo möglich, in Einklang j« bringen. Ueber den Erfolg der dießfälligen Vereinbarung ist uns noch keine offizielle Nachricht zugekommen.

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Nachdem von Seite Oesterreichs schon vor geraumer 3) Gebiets'Zeit die Bereitwilligkeit erklärt worden ist, auf eine S-ffif181** Bereinigung der streitigen Gränzverhältnisse einzutreten und die erforderlichen Unterfuchungen vornehmen zu lassen, haben wir eine Kommission Sachkundiger abgeordnet, die streitigen Gränzpunkte zu bereisen, die Lokalitäten mit den Akten zu vergleichen und einen Be,, richt vorzulegen, der den künftigen Unterhandlungen zur Grundlage dienen kann.

Da an der großherzoglich badischen Gränze ebenfalls noch einige Punkte streitig find, fo wurden die hiefür Kommittirten eingeladen, ihren Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren.

Die gortsezung der im Iahre 1851 wieder aufgenommenen Korrespondenzen über die Angelegenheit des Dappenthals erlitt dadurch eine Unterbrechung, daß wir vernahmen, es beabsichtige . -He Regierung von Waadt eine von der frühern abweichende Grundlage für die weitern Unterhandlungen vorzuschlagen.

Gebietsverlezungen von irgend welcher Erheblichkeit sind im Berichtsjahre nicht vorgefallen und das Wenige, was sich in dieser Hinficht zutrug, wurde sofort auf

ganz befriedigende Weise regulirt.

Sobald die Einführung des Kaiserreichs in Frank- 4) Diplomatie reich beschlossen und offiziell mitgetheilt wurde, erhielt s*e* Personal der franzofische Gesandte, Herr Graf von Salignaegénelon ein neues Kreditiv.

Im Personal der bei der Eidgenossenschaft accredi...irten Gesandten find sodann folgende Veränderungen eingetreten : D ester r e ich. Entlassen wurde der bisherige Ge* sandte, Herr Ritter von Thom, und Herr Graf Äarnickj

als Geschäftsträger akkreditirt.

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Großbrittanien. An die Stelle des bisherigen Herrn Magenis trat ...Jerr Buchanan.

S a r d i n i e n . Herr Ritter von Barrai wurde abberufen und Herr Ritter von Launey aecreditirt.

Neapel und Sizilien. Der Geschäftsträger Herr Graf von Ludolf wurde entlassen und die Stelle blieb einstweilen unbesezt.

5) Fremde Konsulate in

Unter den fremden Konfuln in der Schweiz sind folgende Veränderungen eingetreten: Sardinien ernannte Herrn Raphael Benzi in Genf; Bremen Herrn Sal.

Volkart in Winterthur; die V e r e i n i g t e n S t a a t e n sandten einen zweiten Konsul, den Herrn W. S. I.

Kiderlen mit Residenz in Zürich; Mexiko wählte Herrn Benoit Wölflin in Zürich zum Vizekonsul. Die deutschen Staaten Braunschweig, Sachfen-Meiningen ernannten Herrn Dr. Paul Elisée Lullin in Gens zum Generalkonful.

6) Schweizeri sche Agent= schasten im Anslande.

Indem wir noch die Leistungen, ..Ihätigkeit und Pflichttreue der schweizerischen Geschäftsträger und Konsuln mit aller Anerkennung erwähnen, bezeichnen wir schließlich die im Personal der leztern eingetretenen Veränderungen : B o r d e a u x : Herr Paul Mestrezat von Genf, bisheriger Vizekonsul, wurde Konsul und Herr Andreas Ludwig Turine von Genf Vizekonful.

L o n d o n . Es starb der Herr Generalkonful Iean Louis Prevost und wurde in diesem Iahre nicht mehr ersezt.

der Schweiz.

Genua. Herr Karl Gottl. Kind wurde Vizckonsul.

B a r z e l o n a. Herr Heinrich Brändlin von Basel wurde an die Stelle des Herrn Grellet zum Konful ernaunt.

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Algier. Nachdem Herr Holzhalb seine Entlassung verlangt und erhalten hatte, besorgte Herr Stukle, Konsul der Vereinigten Staaten, .provisorisch die Geschäste des schweizerischen Konsulats.

Aleraudria. Herr Anton Karl Cazenove erhielt auf sein Gesuch wegen Alter und Krankheit die Entlassung, und diese Stelle ist (1832) noch nicht besezt.

New-Orleans. Auch dieses Konsulat ist zur Zeit unbesezt, weil der gewählte Konsul, Herr J. Euler von Basel, für die Annahme der Stelle nachträgliche Bedingungen aufstellte, welche nicht eingegangen werden konnten.

San-Franeiseo. Herr RudolfKellersberger von Baden wurde Vizekonsul.

Rio-Janeiro. "perr Bankdirektor Emery wurde zum Konsulatsverweser bestellt.

B. Jnnere ..Serhältniffe.

Die innern Verhältnisse des Landes fallen nur in so weit in den Wirkungskreis dieses Departements, als die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung in Frage kommt. Diese wurde im Laufe des lezten Jahres nirgends gestört. Im Kanton greiburg brachte zwar die Ankündigung der Volksversammlung! in Pofieux eine so bedeutende Bewegung hervor, daß die dortige Regierung fich zu militärischen Vertheidigungsmaßregeln veranlaßt sah und daß von einem gewaltsamen Aufstande vielfach gesprochen wurde. Unter diesen Umständen hielten wir es für rathsam, eidgenösfische Kommissäre dahin abzuordnen und bezeichneten zu diesem Behufe die Herren Obersten K u r z von Bern und Staatsrath Delarageaz.

von Waadt. Jhre Aufgabe bestand darin, einerseits

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ein feindseliges Zusammentreffen der politischen Parteien zu verhindern und die öffentliche Ordnung zu handhaben, andererseits das verfassungsmäßige Vereinsrecht zu fchüzen und von der Anwendung aufreizender Maßregeln abzurathen.

Das freiburgische Volk verharrte auf dem Wege der Gefezlichkeit, und die eidgenössischen Kommissäre konnten in sehr kurzer Zeit wieder in ihre Heimath zurükkehren.

Ueber den Grund, Zwek und Ersolg jener Bewegungen haben wir um so weniger einzutreten, als wir hierüber am 30. Iuli 1852 der hohen Bundesversammlung einen besondern Bericht vorlegten.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1852.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1853

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

21

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.04.1853

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1-80

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