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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Gesehenen nach Andermatt (Schöllenenbahn).

(Vom 30. März 1895.)

Tit.

Mit Eingaben vom 18. und 25. November 1894 stellt Herr Ingenieur J. G1 a s e r in Bern das Gesuch um Erteilung der Konzession einer Eisenbahn von G e s e h e n e n nach A n d e r m a t t (Schöllenenbahn) zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft.

Der allgemeine Bericht zu diesem Gesuche begründet dasselbe im wesentlichen wie folgt: Das hohe wirtschaftliche Interesse, welches das ganze Urserenthal dem Unternehmen entgegenbringe, habe den Petenten veranlaßt, das schon im Jahre 1890 Herrn Ingenieur Grüssy konzessionierte, aber zu keinem praktischen Erfolge gelangte Projekt auf etwas anderer Basis wieder aufzunehmen.

Die Schöllenenbahn entlaste die Hoteliers des Urserenthales von der lästigen Omnibusverbindung mit Göschenen, sie verspreche die Fremdenindustrie am Gotthard und damit das allgemeine Wohl des ganzen Kantons Uri zu fördern.

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Von der Korporation Urseren, der Gemeinde Anderrnatt und den zunächst interessierten Hoteliers des Urserenthales werden folgende Leistungen erwartet: Unentgeltliche Abtretung des zum Bau nötigen Terrains, Auswirkung des Rechts zur Materialablagerung im Reußbett zwischen Gröschenen und dem Urnerloch, Übernahme der Expropriationskosten des Privatterrains, wofür von den interessierten Hoteliers bereits ein Totalbetrag von Fr. 14,000 zugesichert sei, Übernahme und Unterhalt der Zufahrtsstraßen zu der Station Andermatt durch die Gemeinde, Abtretung der sieh vorfindenden Baumaterialien (Granit und Sand) und des für die Installation der elektrischen Beleuchtung von Andermatt nötigen Wassers, wogegen letztere Gemeinde als Entschädigung die unentgeltliche elektrische Straßenbeleuchtung erhalten solle.

Die Bahn geht von der Deponie Göschenen aus, welche als Güterstation in Aussicht genommen ist, zieht sich mit einer Maximalsteigung von 15% dem rechten Reußufer entlang, passiert gegenüber der sogenannten Lawinengalerie (der Gotthardstraße) einen Tunnel von cirka 100 m. Länge, um an der Straßenkehre bei der Teufelsbrücke die dort in Aussicht genommene Haltsteile zu erreichen.

Ein 200 m. langer Tunnel führt von hier nach dem Plateau von Andermatt, von wo aus die Bahn, auf eine Länge von cirka 300 m. der Straße bergseitig folgend, nach Überbrückung der Unteralpreuß die Station Andermatt erreicht, welche gegenüber der Dorfkirche von Andermatt projektiert ist.

Die Länge der Bahn beträgt^ 4000 m., die Spurweite l m., die Maximalsteigung 150°/00, der Minimalradius 100 m., die Höhendifferenz 331 m. Als Zwischenstation ist die erwähnte Haltstelle bei der Teufelsbrücke vorgesehen.

Es wird elektrischer Betrieb mit Benutzung der Wasserkräfte der Oberalpreuß in Aussicht genommen. Die untere Strecke bis zum Urnerloch ist als Zahnstangenbahn, die obere Strecke bis Andermatt als reine Adhäsionsbahn projektiert.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für :

399 1. Allgemeine Verwaltung 2. Expropriation, mit Rücksicht auf die Verpflichtungen der Korporation Urseren und der beteiligten Privaten bloß ein Posten für die zwischen der Deponie und dem Bahnhof Göschenen projektierte Verbindungsbahn und für Unvorhergesehenes, mit total 3. Bahnbau : a. Unterbau Fr. 630,000 b. Oberbau ,, 140,000 c. Bahnhof-und Stationsanlagen _, 120,000 4. Installationen, hydraulische und elektrische .

5. Betriebsmaterial (Rollmaterial etc.) . . . .

6. Unvorhergesehenes

Fr.

190,000

,,

10,000

,, ,, ,, ,,

890,000 150,000 140,000 20,000

Total Fr. 1,400,000 oder Fr. 350,000 per km. der Baulänge.

Die Rentabilitätsberechnung legt den Einnahmen im wesentlichen eine Statistik der Gotthardbahn für den Personen- und Güterverkehr der Station Gesehenen zu Grunde und gelangt dabei z u einer Totalsumme v o n . . . . . . . .

F r . 144,925 Die Betriebskosten werden veranschlagt auf ,, 73,025 so daß sich ein Betriebsüberschuß von . . .

Fr.

71,900 oder cirka 5,1 °/0 des Anlagekapitals ergäbe.

Das Gesuch wurde zur Vernehmlassung der Regierung des Kantons Uri übermittelt. Diese teilte mit Schreiben vom 21. Februar abhin mit, daß sie vorerst den interessierten Gemeinden Andermatt und Göschenen von dem Projekte Kenntnis gegeben habe. Von diesen Gemeinden spreche sich Andermatt für und Göschenen gegen das Unternehmen aus. Die Regierung erhebe ihrerseits keine Einsprache gegen die Konzessionserteilung, müsse aber gleichwohl ihre Ansicht dahin ausdrücken, daß ein Bedürfnis für die Bahn nicht vorliege, daß sich materiell einzig die Gemeinde Andermatt einen Nutzen davon verspreche, während sich Göschenen durch die Verwirklichung des Unternehmens benachteiligt glaube. Auch liege die Befürchtung nahe, da,ß der Bahnbau die Naturschönheit der Schöllenen beeinträchtigen werde.

Für den Fall der Konzessionserteilung stelle die Regierung folgende Begehren :

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1. Ermäßigung der Fahrtaxen um 50 °/0 für die seßhafte urnerische Bevölkerung.

2. Sitz der Gesellschaft in Altdorf.

3. Betrieb, wenn immer möglich, während des ganzen Jahres.

Bei allfälliger Betriebseinstellung habe die Gesellschaft auf ihre Kosten für die Beförderung von Personen, Gepäck- und Postsendungen in angemessener Weise zu sorgen.

4. Im übrigen seien die Bedingungen der unterm 10. Oktober 1890 erteilten Konzession, soweit zutreffend, wieder anzuwenden.

Der Vernehm lassung liegen die Eingaben der Gemeinden Andermatt und Göschenen bei, auf die wir zu verweisen uns gestatten.

Die von letzterer gegen die Konzessionierung vorgebrachten Gründe sind, ebenso wie die eventuell gestellten Begehren, soweit sie bei Feststellung der Konzessionsbedingungen in Betracht fallen, von der Regierung aufgenommen und vorstehend reproduziert worden.

Wir haben uns nicht veranlaßt gesehen, auf das Begehren betreffend Verweigerung der Konzession näher einzutreten, da dasselbe von der kantonalen Regierung nicht unterstützt wird und die Frage der Zulässigkeit der Konzessionserteilung in vorliegendem Falle, ganz abgesehen von der bestehenden Praxis, durch die für die gleiche Linie bereits einmal erteilte Konzession thatsächlich in bejahendem Sinne gelöst worden ist.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden unterm 18. März abhin statt. Die Regierung von Uri ließ sich an denselben nicht vertreten, sondern verwies lediglich auf die in ihrer Vernehmlassung formulierten, hiervor wiedergegebenen Begehren.

Denselben konnte nicht in vollem Umfange entsprochen werden. Bei Art. 3 wurde von dem Konzessionspetenten Andermatt als Sitz der Gesellschaft gewünscht, da diese Ortschaft im Bahngebiete liege, auch der Sitz der Betriebsleitung sein werde und das größte Interesse an dem Unternehmen habe. Wir hatten keine Veranlassung, dem Begehren entgegenzutreten, da bis jetzt der Grundsatz festgehalten worden ist, daß im allgemeinen der Konzessionspetent den Sitz frei bestimmen könne, und im vorliegenden Falle Andermatt hierfür natürlicherweise geeigneter sein wird, als das von der Regierung gewünschte Altdorf.

Bei Art. 7, AI. 2, wünschte der Petent eine nähere Präcisierung der Bauten, deren Erstellung im Interesse der Landesver-

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teidigung von der Gesellschaft verlangt werden könnte. Wir mußten es jedoch ablehnen, von der gewählten allgemeinen Fassung alizugehen, da eine nähere Bezeichnung der allfallig nötigen Bauten erst möglieh sein wird, wenn die definitiven Pläne vorgelegt sein werden.

Art. 14 erhielt auf Antrag des Petenten einen Zusatz, wonach von der Forderung auf Führung von zwei Wagenklassen abgesehen wird für den allfälligen Betrieb der Bahn außerhalb der ordentlichen Betriebszeit, was als durchaus billig erseheint.

Zu Ali. 15 beantragte der Konzessionsbewerber Erhöhung der im Entwurf ursprünglich vorgesehenen Gepäcktaxe, wie sie aus der ersten Konzession für eine Bahn Göschenen-Andermatt herübergenommen worden ist, auf Fr. 2 per 100 kg. und für die ganze Strecke, und im letzten Alinea des gleichen Artikels wünschte er, daß die der ,,einheimischen Bevölkerung" vorbehaltenen ermäßigten Taxen nur für die Bevölkerung des Urserenthales und diejenige von Göschenen Geltung haben sollten. Wir zogen es vor, letztere Frage in der Konzession nicht zu präjudizieren und deshalb die übliche allgemeine Fassung beizubehalten in der Meinung, daß der Begriff der einheimischen Bevölkerung anläßlich der Feststellung dieser Taxen zu präeisieren sei. Was die Erhöhung der Gepäektaxe betrifft, so können wir den Antrag des Petenten nicht in seinem ganzen Umfange befürworten, da bei einer, derartigen Erhöhung die Gepäcktaxe höher zu stehen käme, als die Personentaxe der niederem Klasse. Dagegen empfehlen wir eine Erhöhung auf den Ansatz dieser letztern, welche sich bei Berücksichtigung der Steigungsverhältnisse in diesem Falle rechtfertigen läßt. Ebenso haben wir bei Art. 17 die von dem Konzessionsbewerber beantragte Gütertaxe von 60 Rp., als innert den zulässigen Grenzen liegend, aeceptiert.

In Art. 19 hätte der Petent die Bestimmung, daß für den Transport von oder nach Zwischenstationen die Taxen im Verhältnis der durchfalirenen Strecke anzusetzen seien, lieber gestrichen gesehen, da die im Konzessionsgesuch erwähnte Haltstelle lediglich zur Ermöglichung der Besichtigung der Teufelsbrücke und nicht als Zwischenstation mit Billetausgabe vorgesehen sei. Wenn diese, Bestimmung beibehalten werde, so müsse sich die Gesellschaft vorbehalten, bei der Ausführung des Unternehmens auf diesen Halt zu verzichten. Letzteres steht der Gesellschaft
frei; wird aber eine Haltstelle eingeschaltet, so muß dieselbe als Station betrachtet und zur Ausgabe von Billets eingerichtet werden, damit diejenigen Reisenden, die nur bis zu diesem Punkte fahren wollen, auch nur Bundesblatt. 47. Jahrg. Bd. II.

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die der effektiven Fahrleistung entsprechenden Taxen zu bezahlen haben. Immerhin kann in diesem Falle dem Umstände, daß auf dieser Strecke die größte Steigung überwunden ist, Rechnung getragen werden, indem man die Taxe nicht nur im Verhältnis zu der durchfahrenen Strecke, sondern auch mit Berücksichtigung der Steigungsverhältnisse berechnet, was wir durch einen bezüglichen Zusatz in dem erwähnten Artikel zum Ausdruck gebracht haben.

Die übrigen Artikel entsprechen den schon in der frühern Konzession für diese Linie enthaltenen Bedingungen und geben zu keinen besondern Bemerkungen Anlaß.

Wir beantragen Ihnen die Genehmigung des nachstehenden Entwurfes und benutzen den Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. März 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreuend

Konzession einer Eisenbahn von Gesehenen nach Andermatt (Schöllenenbahn).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn J. Glaser, Ingenieur in Bern, vom 18. November 1094; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 30. März 1895, beschließt: Dem Herrn J. G l a s e r , Ingenieur in Bern, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von G ö s c h e n e n nach A n d e r m a t t (Schöllenenbahn) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Andermatt.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

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Innert 6 Monaten nach stattgefuadener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen l Va Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfuhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge l'ür die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die allfallig im Interesse der Landesverteidigung an der Bahn erforderlichen Bauten und sonstigen Vorkehren in eigenen Kosten zu erstellen. In betreff der im Vorterrain der Befestigungswerke gelegenen Bauobjekte jeder Art wird das Recht der Zerstörung im Kriegsfalle ohne Entschädigung vorbehalten.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l m. und eingeleisig erstellt. Wo die Steigungsverhältuisse es notwendig machen, wird eine Zahnstange eingelegt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Uri und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat, die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung au stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

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Art. 12. Die Beförderung von Personen soll vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich mindestens siebenmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Soweit sich ein Bedürfnis zeigt, ist die Gesellschaft verpflichtet, auf Verlangen des Bundesrates auf ihre eigenen Kosten auch während der Betriebseinstellung für die Beförderung von Personen, Gepäck und Postsendungen in angemessener Weise Vorsorge zu treffen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Bisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen notwendig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugehen; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Wenn und soweit außerhalb der in Art. 12 genannten Zeit die Bahn betrieben wird, ist die Gesellschaft nicht gehalten, beide Wagenklassen zu führen.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Verkehr zwischen den Endstationen Personentaxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenldasse Fr. 3. --, in der dritten Wagenklasse Fr. 1. 50.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 150 Rappen per 100 Kilogramm für die ganze Strecke bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

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Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillete auszugeben.

Für die einheimische Bevölkerung bleiben ermäßigte Taxen vorbehalten, welche der Bundesrat nach Anhörung der Gesellschaft festsetzen wird.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kautonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Waren auf der ganzen Strecke darf eine Taxe von 60 Rappen per 100 Kilogramm bezogen werden.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz. Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von harem Gelde und von Kostbarkeilen mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. höchstens 5 Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 °/o des gewöhnliehen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besoixdern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, HulsenlYUchten,

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Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 19. Für den Transport von oder nach Zwischenstationen sind die Taxen im Verhältnis der durchfahrenen Strecke und mit Berücksichtigung der Steigungsverhältnisse anzusetzen. In · betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Ahrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

·Art. 20. Die in den Art. 15 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die StationsladpläUe abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sieh aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholeu und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von WagenladungsgUtern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besonderu Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 21. Für die Einzelheiten des Transportdieostes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenhahn dem Verkehr Übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Wenn die Bahnunternehtnung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu

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decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und fUr das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 25. Für die Geltendmaehung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Uri gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Specialfonds einverleibt wurden.

e. im Falle des Ruckkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 26. Hat der Kanton Uri den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 25 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 27. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Göschenen nach Andermatt (Schöllenenbahn). (Vom 30. März 1895.)

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1895

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03.04.1895

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397-409

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