232 #ST#

Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

------

^

(Vom 9. Mai 1853.)

Mit Schreiben vom 2. Dezember v. I. übermacht ein in S y d n e y , in Australien, wohnender waadtländifcher Handelsmann, Herr L. Ehapolay, dem Bundesrathe einen, die Entdekung dortiger Goldminen, so wie das Auswandern beschlagenden und für sämmtliche Schweizer bestimmten Bericht, welcher in deutscher Uebersezung also lautet :

An die Schweizer!

,,Voriges Iahr machte ich kurz nach der Entdekung der Goldminen dieser Kolonie meinen schweizerischen Landsleuten durch die Zeitungen einige Mittheilungen über diese Entdekungen und die Folgen, die man damals von denselben erwartete.

,,Nun aber, da diese Folgen fich bestimmter gestaltet und einen ficherern Blik in die Zukunft erlauben, fehe ich mich, bei dem Wunsche, meinen Landsleuten, welche ihr Glük in Australien versuchen wollen, durch geeignete Anweisungen nüzlich zu werden, veranlaßt, meiner srüheren Mittheilung eine Ueberficht der seither hier stattgefundenen Begebenheiten folgen zu lassen.

,,Die frühern gesellschaftlichen Verhältnisse wurden durch die Entdekung der Goldminen in New-South-

Wales (Neu-Südwallis), dessen Hauptstadt Sydney ist, nicht besonders verändert, was hauptsächlich der festen und guten Verwaltung dieser Kolonie zuzuschreiben ist.

233 Fast alle Veränderungen waren für dieses Land vortheilhast. Wohlstand, Verbindungen, Handel und Bevölkerung nahmen zu. Während der lezten 18 Monate langten ungefähr 20,000 europäifche Auswanderer, wovon 1^0 englische Unterthanen find, in Sydney an.

Dessen ungeachtet und obgleich 3/.. der nach den Minen Reisenden fich vielfach getäuscht sahen, hat diese für eine

Gegend, welche kaum 300,000 Seelen zählte, ungeheure .Bevölkerungszunahme in keinerlei Weise die arbeitenden Klassen vermehrt. Im Gegentheil waren und find noch jezt Handwerker, Diener, Akerbauer sehr gesucht, wenn auch nicht mehr in dem Grade wie früher; und diejenigen, welche den Versuchungen, nach Gold zu graben, widerstanden und hier ihren Beschäftigungen mit Fleiß .obgelegen hatten, konnten schöne Ersparnisse machen.

,,Die Zukunft dieser Kolonie kann fich also nur sehr günstig gestalten , und es würde ihr selbst wenig schaden, wenn auch die Goldminen, was nicht unmöglich ist, in einigen Iahren erschöpft werden sollten.

"Der Anfang ist gemacht; die Aufmerksamkeit der

Welt ist auf diesen Erdtheil gerichtet. Das Land ist groß und fruchtbar, hat ein schönes Klima und wartet nur auf eine zahlreiche Bevölkerung, um ihr dann alle seine Hilfsquellen aufzufchließen.

"Wenn daher nicht unvorhergesehene Umstände eintreten, so glaubeich gegenwärtig zum Hieherkommen einladen zu dürfen : 1)fleißigeund ordnungsliebende Familienväter, welche ungeachtet ihrer Anstrengungen nicht vorwärts kommen können, 2) junge und geschikte Leute, welche, um ihr Glük zu machen, die Anstrengungen nicht scheuen und bereit find, die heimathlichen Annehmlichkeiten aufzuopfern. Meine Einladung ist aber einzig an

234 .^andwerksleut.e, wie z. B. Köche, Mezger, Schneider, Bäker, Schuster, Holz.^ und Metallarbeiter, Iuweliere, ^Uhrenmacher, Akerbauer u. s. w. gerichtet; denn hinsichtlich der Aerzte, Apotheker, Schreiber, Künstler u. s. s.

wiederhole ich, was ich schon vor anderthalb Iahren sagte, nämlich: daß für den Augenblik wenigstens hier nicht viel für fie zu hoffen ist, indem sie vom englischen Kolonisten seinen Stammgenossen (den Engländern) stets .^urükgesezt werden, selbst wenn diese weniger Kenntnisse befizen als jene. Es ist zwar möglich, daß einer unter zehen der gedachten Klasse von Auswanderern durch vielvermögende Empfehlungen oder unter besonders günstigen Umständen fein Glük macht; die übrigen neun aber werden sich Befchäftigungen unterziehen müssen , auf welche sie nicht vorbereitet waren.

,,Denjenigen, welche hieher auszuwandern Lust haben, muß ich noch besonders ausdrüklich bemerken, daß sie ja nicht glauben dürfen, in ein Land zu kommen, wo man die Goldstüke (Souverains) schon geprägt in den Straßen nur aufzulesen braucht. Im Gegentheil muß man hier strenger arbeiten, mehr Entbehrungen ertragen und kann weniger Annehmlichkeiten sich verschassen, als dieß in Europa, und besonders in der Schweiz, der Fall ist. Man kann hier wol Geld verdienen , aber nur im Schweiße des Angesichts und durch eine unermüdliche

Thätigkeit.

"Auch glaube ich, um mich recht verständlich zu machen, noch beifügen zu müssen, daß alle diejenigen, welche in ihrem gegenwärtigen Wohnorte ihr Auskommen finden können, besser thun werden, daselbst zu verbleiben, als hier ein manchmal zwar schönes, aber doch stets vielen Zufällen unterworfenes Glük aufzusuchen.

.^5 Die Goldentdekungen in der Provinz Viktoria, wovon Melbourne die Hauptstadt ist, welche kurze Zeit nach denjenigen in Rew- South -Wales fiattgefunden und die diese leztern eine Zeit lang an Ausbeute übertrossen , haben ganz andere Resultate herbeigeführt.

,,Die frühere Ordnung der Dinge ist, wahrscheinlich wegen ihrem kurzen Bestande, gänzlich umgekehrt worden.

Das k.aliforuisch..... System wurde so zu sagen unmittelbar hieh..r verpflanzt. die Unordnung stieg manchmal aufs.

Aeußerfie. Die Mieth- und Lebensmittelpreis erreicht eine unfinnige Höhe; Grundstüke und Häuser wurden

um 200 bis 300 % höher als einige Monate vorher verkauft. Mit einem Worte, die Sachen haben einen solchen Höhepunkt erreicht, daß eine gänzlich .llmänderung unausweichlich und bald statt haben muß. Die Folge davon wird ohne Zweifel die Rükkehr zu einem norma.lern und ficherern Zustande sein, was übrigens di.e Zukunft lehren wird. Viele Personen haben sich in Melbourne in kurzer Zeit ein kolossales Vermögen erworben, und die klügern fangen schon jezt an , fich vom Schauplaze

dieser gefährlichen Spekulationen zurük zu ziehen.

,,Die gegenwärtig regelmäßig eingerichtete Dampf schissfahrt zwischen England und Australien, sowie auch die Zahl der von verschiedenen Punkten Frankreichs und Deutschlands auslaufenden Schisse bieten den Auswanderern viele Erleichterungen und Ersparnisse dar.

,,Mein aufrichtiger Wunsch ist, daß diejenigen meiner .Landsleute, welche fich in der Notwendigkeit befinden, nach Australien auszuwandern, um daselbst ihr Glük zu suchen, ihre Hoffnungen erfüllt sehen mögend Sydney, im Dezember 1852.

L. Chapolay, ans dem Waadtland.

236 Der Bundesrath hat dem aus 105 Artikeln bestehenden, vom 4. Mai v. I. und 2. Mai d. I. datirten Geseze über die Militärorganisation des Kantons Appenzell der äußern Rhoden die Genehmigung ertheilt.

(Vom 11. Mai 1853.)

Als weitere Ehrengabe für das diesjährige eidgenös- ^ fische Freischießen in .Lnzern hat der Bundesrath

Fr. 500 sür die Scheibe ,, Vaterland bestimmt.

(Vom 13. Mai 1853.)

Herr Henri Berguer, bisheriger vierter Kommis aus dem Postbüreau in La Chau.r-de-sonds, wurde zum zweiten Kommis daselbst befördert, mit einem Jahresgehalte von Fr. 1200.

Herr Andreas Bruderer in Teufen, Kantons Appenzell A.-Rh., ist zum Pulververkäufer daselbst vatentirt worden.

^

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1853

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.05.1853

Date Data Seite

232-236

Page Pagina Ref. No

10 001 148

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.