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Schweizerisches Buudesblatt XX11. Jahrgang. l.

Nr. 11.

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19. März 1870.

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schweizerischen Bundesgerichts über das Geschäftsjahr 1869 an die hohe Bundesversammlung in Bern.

(Vom 1. März 1870.)

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Jm Gesehästssahr 1869) hatte das Bnndesgericht wieder nur zwei Hauptsessionen, nämlich im Juli und im Oktober. Bei Anlass der Deeember-Session der Bundesversammlung wurde blos ein Eheschei-

dnngssall erledigt.

Zufolge unseres letzjährigen Geschäftsberichtes waren am 1. Januar 1869) noch bei'm Bundesgericht anhängig . . . . 14 Streitfälle.

Jm .Laufe des abgelaufenen Jahres gingen neu ein 28 ,, Jm Ganzen

42 Streitfälle.

Von diesen wurden erledigt :

durch buudesgerichtliches Urtheil . . , . 12 durch freiwilligen abstand . . . . . . 1 durch Annahme der Anträge des Jnstruktions.

richters

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21

Jm Ganzen

34

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Es blieben somit am 1. Januar 1870 noch unerledigt 8 Streitfälle.

Bundesblatt. Jahrg. XXII. Bb. I.

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372 Von den durch das Bundesgericht erledigten Brozessen betrasen diesmal nur d r e i Ehescheidungssragen.

Von den übrigen nenn betrafen 4 folgende Varteien und Streitfragen : 1) Zwischen den Regierungen der Kantone Bern und A a r g a u hatte es sich ursprünglich um die Frage gehandelt, ob der Kanton ^.argan schuldig sei, zwei von einem Bürger der aargauischen Gemeinde Menziken mit einer Bernerin vorehelich erzeugte Kinder, nachdem die Eltern sieh perehelicht hatten, als durch diese Ehe legitimirt und somit als seine Staatsangehörige anzuerkennen oder nicht. Nachdem die Regierung des Kantons Aargau im Verlauf des Brozesses sich freiwillig..^ zu Anerkennung dieser Verpflichtung herbeigelassen, hatte das Bundes..

Bericht blos noch über die Kostenzutheilnug zu urtheilen.

2^ Am meisten juridisches J..teresse bot ein Brozess zwischen dem Kanton S c h a s f h a u s e n und dessen r e f o r m i r t e r G e i s t l i c h k e i t , der krast Art. 61 der Schasfhauser-Versassung, wonach sogenannte fiska^lische Brozesse aus Begehren einer Bartei mit Umgehung der kantonalen Behorden an das Bundesgericht gebracht werden können, von legerem beurtheilt wurde, nachdem von der Bundesversammlung eine Kompetenzeinrede der Sehasshauser Regierung abgewiesen worden war^

Jm Jahr 1862 hatte nämlich der Grosse Rath des Kantons Schafs-

hausen beschlossen, die sogenannte .^ospeswohnung, welche ursprünglich für den Abwart der geistlichen Trinkstube bestimmt war, woran aber

die reformate Geistlichkeit, als Rechtsnachfolgern der katholischen, noch immer ein dingliches Besil^ und Rul^uugsrecht zu haben behauptete, ohne Entschädigung zu fanden ^es Staates einzuziehen. Die Rechtmässigkeit jener ...^chlussnahme war es nun, welche die Vrozesssrage bildete. Da die reformirte Geistlichkeit genügende und früher von der Regierung von Schaffhausen selbst anerkannte Titel für ihr behauptetes dingliches Recht aufweisen konnte, wurde des Fiskus des Kantons Schaff-

hausen von dem Bundesgebiet pflichte erklärt, die klagende. Geistlich-

keit für den Einzug der sogenannten Hospeswohnnng voll zu entschädigen.

3) Von erheblichem materiellem Belang war die Streitsache zwischen den Herren Kummer und Ernst von Langenthal und dem e i d g e n ö s s i s c h e n M i l i t ä r d e p a r t e m e n t , indem erstere legeres mit einer Forderung vou ^r. 43,343.72, herrührend von dem Kasernenbau in.

Thun, belangten, während das Militärdepartement . ihnen blos einen

Saldo von ^r. 1,670 zugestand. Die Kläger hatten nämlich in den

Jahren 1864 und^1865 sast die ganze Zimmerarbeit an der Thuner.Kaserne und zugehörigen Gebäulichkeiten in Akkord übernommen und aus^.

geführt und ihre Rachsorderung stifte sich theils und hauptsächlich daraus, .dass ihr Abgebot von 15^. unter den im Voranschlag ausgestellten Ein-

373 heitspreisen sich blos auf das Mannschaftsgebäude, nicht aber auf die übrigen Gebäuli.chkeiten der .Kaserne bezogen habe und theils aus die Taxation verschiedener .Arbeiten ; ausserdem waren in derselben verschieß deue Entschädigungsansprachen enthalten, theils wegen angeblicher Verhinderung durch den zeitweise^ Rückstand der Maurerarbeiten, theils ^egen angeblieh vertragswidriger Vergebung eines Theils der Zimmerarbeiten an andere Unternehmer und theils wegen angeblich verzögerter Abrechnung und Auszahlung der Restzahlung. Obwol nicht ^u verkennen war, dass die Kläger einen ungünstigen Vertrag eingegangen hatten, so konnte das Buudesgerieht dennoch blos mit Rücksicht auf die Taxation eiuer Reihe von Arbeiten, nach Massgabe des Besuudes von Sachverständigen, ihrer Forderung in so weit Rechnung tragen, dass ihr Saldoguthaben aus Fr. 16,630--.. sestgesel^t wurde, in allen übrigen Bunkten mußten aber ihre Forderungen, weil rechtlich nicht begründet, abgewiesen werden.

Da übrigens dieser Rechtsfall seither ans dem Vetitionswege zur nähern Kenntniss der hohen Bundesversammlung gelangt ist, halten wir es für überflüssig, uns über denselben weiter auszulassen.

4) Eine Streitsache, welche mit der obigen einige Aehnlichkeit hatte, war endlich diejenige zwischen der V e r w a l t u n g der b e r n i s c h e n S t a a t s b a h n nnd H e rr n J n g e nie u r A l e x a n d e r Koch er in Bern.

Legerer hatte .nämlich im Jahr 1862 die Ausführung des Unterbaues im ersten Arbeitsloos der Sektion Biel^Studen aus der Eisenbahnlinie Biel-Bern mit einem Abgebot von 231/2^.. von den im VorAnschlag devisirten Kosten übernommen; da er aber mit seinen Arbeiten in Rückstand blieb, so waren die Arbeiten ihm von der Klägerin kraft ^ ..). des Bedingnisshestes im Mai 1863 abgenommen und eiuem neuen Unternehmer, und zwar mit einem Zuschlag von .^ ^ zu den Voranschlagspreiseu, übertragen worden, wodurch der bernischen Staatsbahn eine Mehrausgabe von Fr. 23,823. 24 erwachsen war, wofür dieselbe, gestü^t aus die nämliche Bestimmung des Bediugnissheftes, von dem Beklagten, Herrn Kocher, Ersa^ forderte. Auch in diesem Fall hatte der Unternehmer augenscheinlich einen sehr nachtheiligen Vertrag eingegangen . dessenungeachtet konnten seine Einreden und Gegenforderungen mit

Rücksicht auf die rechtliche Sachlage uur in geringem Masse berücksichtigt

werden. Jn dieser Sache gründete sich die Kompetenz des Bundesgerichts auf die von dem Beklagten angenommenen Vertragsbedingungen.

Die Streitsachen, welche durch Annahme des Antrages des Jnstrul.tionsrichters erledigt wurdeu, betreten sämmtlich E x p r o p r i a t i o n s a n s t ä n d e , und zwar aus der ^inie Romanshorn^Rorschach.

Von den in das Jahr 1870 übergegangenen 8 Vrozessen betreffen 2 Expropriationen an der Ligne d'Jtalie, 2 Ehescheidungen, 1 d^

374 Frage über Bestellung eines Schiedsgerichtes und 3 anderartige Re.htsfragen.

Au.h dies Jahr hatte das Bundesgericht mit keinen Strafsachen ^ sich zu beschäftigen.

Mit vorzüglicher Hochachtung.

Ehur, den 1. März 1870.

Jm .....amen des schweiz. Bundesgeriehts, Der Präsident: .

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Der Bundesgerichtssehreiber :

.l)r. .^. ^. planta.

^.....^..^

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichts über das Geschäftsjahr 1869 an die hohe Bundesversammlung in Bern. (Vom 1. März 1870.)

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1870

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19.03.1870

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371-374

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