279 Gestüzt aus die angebrachten Gründe stellen wir Jhnen einen den.

ständeräthlichen Befehluss etwas ergänzenden Antrag. ^

Bern, den 22. Dezember 1869.

Samens der Mehrheit der nationalräthlichen Eommission : B. Bonary, deutscher Berichterstatter.

^) Begleiche dass Bundesgesez vom 23. Dezember 1869, welchem im Wesentlichen mit dem Antrage der nationalräthlichen Immission übereinstimme. Ges. Slg..

Bd. X. S. 10.

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der

.Minderheit der kommission des Nationalraths, betreffend die Erstellung einer landwirthschaftlichen Schule am eidgenossischen Polytechnikum.

(Vom 22. Dezember 1869.)

Tit.

.

.^

Der Entwurf , welcher Jhnen vom Bundesrath vorgelegt worden ist und der zum Zweke hat, die Forstschule der eidgenossischen polytechnisehen Sehnle in eine landwirthschastliehe und Forst-Sehule umzuwandeln.

und in dieser Weise einen hohern wissenschaftlichen Unterricht für diesen so wichtigen Zweig der menschlichen .Kenntnisse einzuführen, verdient alle Aufmerksamkeit der eidgenofsischen Räthe. Er beruht aus einem weisen

Gedanken des Fortschritts und entspricht tiefgefühlten Bedürfnissen. Di...

280 begleitende Botschaft hebt die unbestreitbaren Vortheile dieses Projekts klar hervor.

Gern wäre ich vor Sie (Tit.) hingetreten als Berichterstatter einer einmütigen Kommission ; allein ich muss dem Rationalrathe gleich Ansangs eröffnen, dass ich über einen wesentlichen ..^nnkt, den ich näher zn erörtern haben werde, der Ansicht meiner Kollegen nicht beitreten konnte.

Zwar wurde, wie Sie weiterhin sehen werden,. die Meinungsdifferenz bedeutend abgeschwächt durch eine Final - ^..hlnssuahme , welche zum Theil dem Zweke entspricht, den wir ..n.s vorsezte.. , ohne .ihn jedoch vollständig zu erreichen. Der gegenwärtige, in der Eile abgesasste Bericht ist also theilweise der Ausdruk meiner persönlichen Meinung, welch^ übrigens getheilt wird von einer grossen Anzahl unserer .Kollegen aus der romanischen Schweiz , sowie von der Petition , welche namens der Stndienkommission dieses nämlichen Theiles der ^chwei.^ an Sie ge.richtet wurde. Ein Mehrheits. Bericht wird den vorliegenden ergänzen.

Meine Opposition und diejenige meiner Freunde beschlägt folgenden Bunkt. Wir glauben, es wäre billig und klng, die definitive Erledigung dieser Frage ans eine nächste Session zu verschieben , behufs einer ^etwelehen Erweiterung der Untersuchung über die wahrhaften Bedürf..isse der landwirthsehastliehen Bevölkerung der Schweiz, und um Zeit zu gewinnen, sich über die Versprechung^. zu erklären, welche der romanischen Schweiz in der Botsehast gemacht werden. Es seheint uns, dass wenn dieser kurze Verschul.. zn keinen neuen Anschauungen führt, derselbe nur eine unbedeutende Verzogernng sein wird , dass Sie aber in den. Falle, wo dadurch ein neues .^icht auf die ^ache geworfen würde, sehr sroh sein werden, sich einer überstürzten Entscheidung enthalten ^u haben.

Wir unterlassen hier eine Reproduktion der geschichtlichen Details betretend den Ursprung dieser Angelegenheit, seit den Petitionen der landwirthsehaftlichen Gesellschaften von 1856 bis l 85..), welche zur Vorlage eines Gesezentwurfs führten, der von der Bundesversammlung .verworfen wurde , bis zu einer Petition des schweizerischen landwirthschaftlichen Vereins vom Jahre 1864, welche dann die Grnndlage bildete, von der bei Ausarbeitung des gegenwärtigen Eut^urfs dnreh die aufeinandersolgenden Kommissionen ausgegangen wurde. Die Bundesrath-

liche Botschaft ist in dieser Beziehung hinlänglich ^klar und vollständig.

Wir ermähnen daher in Knrze nur die folgenden Tatsachen, welel^e mit den bestrittenen Vnukten in eugerm Zusammenhang.. stehen.

Der Bundesrath gab dem von den Vetenteu angeregten Gedanken Zunächst dadurch Folge, dass der eidgenössische ^ehulrath beauftragt wurde, ein^ saehbezügli.hes Gutachten vorzulegen. Dasselbe sprach sieh für das Projekt sehr günstig ans und unterstüzte insbesondere stark die

28l Vereinigung der landwirtschaftlichen Schule mit der Forstabtheilung des Polytechnikums. Aus Billigkeitsgründen und um sich noch vollständiger zu orientiren, wandte sich der Bundesrath an die landwirthschastliche Gesellschaft der romanischen Schweiz, und es fiel dann auch ein Bericht des Bedeuten derselben sür die Verschmelzung mit dem Boli..techniknm in Zürich gü^ft.^ au^. W.r behalten nns vor, die wahre Bedeutung dieses Schriststukes, welches bis in das ^ahr 1866 zurukreicht, weiterhin näher zu erortern.

Jn ^olge dieser Berichte beauftragte der Bundesrath den Brasidente.. der polytechnischen Schule, mit der Regierung von Zürich in Unterhandlungen einzutreten. Diese ^verlangte mif Reeht die Mittheilung eines bestimmten Brogramms, mit genauer Angabe der Kosten, deren Mittxagung dem dortigen Kantone zugemuthet werden sollte. Verschiedene Ursachen verzögerten diesen Bericht einigermaßen, und so kam das Jahr 1868 herbei, wo dann die damals im Kanton Zürich sich mauifestireude politische Bewegung eine weitere Hinausschiebung der Erledigung vorl.egen.^er Frage m.t s^ch brachte. E... Jahr verstrich ohne Antwort, worauf der Bundesrath im Juui 186..), involge erneuerten Ansuchens des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins, einen Beschlussentwurs vorlegte, in welchem dem Kanton Zürich eine Frist anberaumt wurde, vor deren Ablauf derselbe sich ausspreehen n.usste.

Am 25. gleichen Monats trat ein neuer Umstand ein, welcher die Sachlage änderte. Die Regierung des Kantons Waadt, gestüzt theils aus die in den Unterhandlungen mit Zürich zu Tage getretenen .^chwie-

rigkeiteu,^ theils aus die günstigen Bedingungen, welche der Kauton

^ Waadt in mehreren Beziehungen. einer solchen Austalt darzubieten im ^alle wäre, machte den sormlichen Vorschlag, es mochte die pro^ektirte Schule in Lausanne errichtet werden.

Dieses verbindliche Anerbieten, (um uns eines Ausdruks der Botschaft zu bedienen) sührte zu Konferenzen und zu einer Korrespondenz, deren wesentliche Bunkte in der Botsehast berührt sind. Jn Folge dieser Verhandlungen und eines neuen Berichts des S^nlraths wurde der Antrag des Kantons Waadt abgelehnt. .^iese Ablehnuug ging unmittelbar der Vorlage des gegenwärtigen Entwurfs voraus. Es wird nun an dem sein, die zu Gunsten desselben angeführten Gründe zu erortern und auseiuanderzusezen, wie weit wir mit .der Botschaft einverstauten sind und inwiefern wir uns nicht der sofortigen Annahme des Entwurfs auschliessen konneu.

Vorerst müssen wir erklären, dass wir

mit

dem Buudesrath ganz

einig gel^n über die ^üzli.hkeit einer hohern landwirthsehaftlichen Schule, und hier kann ich im Ramen der diesfalls einstimmigen Kommissiou redeu. Die wiederholten ..nd^ einhelligeu Reklamationen der laud.^

Bundesblat... .^ahrg.XXII. Bd.I.

^1

2.^2 wirthsehaftlichen Vereine und die Gutachten der aufgeklärtesten Agronomen lassen keinen Zweifel zu. Die Landwirtschaft, la.^e Zeit bloss empirisch und traditionell, hat sich seit einigen Jahren zu einer eigentlichen Wissen..

sehaft erhoben, welche in den öffentlichen Unterriehtsanstalten ihren Blaz verlangt. Jhre Wichtigkeit als angewandte Wissenschast kann von Niemanden verkannt werden. Jn dieser Beziehung schiene es uns überflüssig, deu in der Botschaft enthaltenen Anseinanderseznngen noch etwas beizusügen.

Ebenso sind wir mit der Botschaft einverstanden in Bezug a..s die Organisation der Schule selbst. Die ledere soll den kantonalen landwirtschaftlichen Schulen nicht Konkurrenz machen, sondern eine Ergänzung derselben bilden. Der Unterricht soll die höchsten Bartieu der Wissen^ schaft beschlagen.

Dagegen scheint uns der Antrag. sofort zu beschossen, es sei diese landwirtschaftliche Schnle mit dem Polytechnikum zu verbinden, diskutirbar zu sein. Wir bestreiken nicht unbedingt die Berechtigung der Argumente, welche den Bundesrath bestimmten, allein wir glauben, dass man einige ebenso gewichtige Erwägnngen unbeachtet gelassen habe, welche zu einer entgegengesehen Losung hätten führen konnen.

Die Hauptargumente, welche man geltend machte, sind folgende :

1. Die landwirthschastliche Schule ist die notwendige Ergän^uu^ der poli.technisehen Schule und kann von der Forstschule nicht getrennt werden.

2. Die landwirthschastliche Schule wird, mit dem Voli.technikum verbunden, weit geringere kosten ersordern, als sonst. Diese Verbindung ermöglicht die Beun^nng des Unterrichts mehrerer der jezigen Vrofefsoren, sowie der schonen Laboratorien und der wichtigen Kollektionen, welche bereits vorhanden sind.

3. Die Professoren der landwirthschastlichen Schule hatten viel ^u gewinnen durch die ^re.^ueutation der ausgezeichneten Männer, welche heute in der polytechnischen Schule lehren, und es könnten die Zoglinge den obligatorischen Kursen eine ausgedehnte Auswahl von Unterrichtsgegenständen von allgemeineren Jnteresse anreihen.

Wenn das erste von diesen Argumenten ans einer sichern Grundlage beruhen sollte, so. würde dasselbe genügen, um nns den Mund zu schlössen. Niemand in der That ist mehr als wir von den Verdiensten unserer polytechnischen Schule überzeugt. ^ie ist ein überaus gelungenes Jnstitut, eine wahre Zierde der jezigen Schweiz. Gern sehliessen wir uns allen erspriesslichen Opsern an, welche man sür ihre Fortentwiklung nnd ihr Gedeihen fordern mag. Allein im vorliegenden Falle schein^ uns das Vrojektirte nicht diesen Eharakter der Notwendigkeit, noch

.

.

^ 3

selbst der Rüzlichkeit zu haben, den man darin zu fi.ndeu beliebt. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, sich gehox.ge Rechenschaft zu geben vom Zweke und Wirkungskreise der einen und der andern dieser Schulen.

Die polytechnische Schule hat Architekten, Jngenieure, Konstruktoren, Forster ^e. zu bilden, welche in ihrem scharsgezogeuen Berusstreise nüzlich sein müssen. Man wird weder der Schule noch den Zoglingen zumuthen, ihren Unterrichtsstoff in die Volksmassen eindringen zu lassen ; auch kann der Unterricht sehr umsassend sein und einen ganzen E^klus von Studien erheischen, welche der Volksmasse unzugänglich sind . derselbe wird sogar, zum Ruhme der Schule, diesen Charakter im hochsten Grade beibehalten müssen. Ganz anders verhält es sich mit einer

.^.dwirthschastlichen Schule. Selbst wenn man sich dieselbe möglichst

theoretisch und hochgehalten denkt, so kann sie doch niemals die Eharakter^ züge der andern Schulen an steh tragen.

Soll der Unterricht von Ruzen sein, so muss den Externen oder Assistenten sreier Zugang gestattet werden. Derselbe bezwekt zum Theil allerdings, einzelne ausgezeichnete Agronomen auszubilden, hauptsächlich aber, in reichlichem Masse aufgeklärte laudwirthschastliche Kenntnisse zu verbreiten, durch Vermittlung der praktischen Schulen, denen Professoren geliefert würden, sowie der landwirthschastliehen Vereine, von deren Mitgliedern eine gewisse Anzahl am betreffenden Unterricht Theil nähme. Der anzustrebende Zwek ist also nicht der nämliche wie derjenige der polytechnischen Schule uud erfordert eine verschiedene Haltung.

Das zweite Argument, betreffend die Koftenverminderung, berührt uns nur in gewifsen Grenzen: der Sparpunkt ist minder wichtig, als die Rüksichten moralischer und intellektueller Ratur. Uebrigens wüssten wir nicht, warum der Unterschied so gross sein sollte. Diese Frage wurde bei keiner Untersuchung genügend ausgeklärt. Warum sollte man ^. B. in der Aeademie von Lausanne nicht Vrofessoren finden, welche der Schule einen Theil ihrer Zeit widmen Bürden, und warum sollten in Zürich allein zwetmässige Laboratorien zu finden sein, da es sich darum handelt, die Schule in Gebäude zu verlegen, Deiche eigens gebaut und ihren Bedürfnissen angepasst würden .^ Diese Antwort gilt auch eben sowohl gegenüber dem dritten Argument. Uebrigens werden wir Anlass haben, weiterhin auf eine ähn^ liehe Jdee zurükznkommen, wenn wir die Frage aufwerfen werden, ob die intellektuelle Entwiklung der Schweiz bei einer übertriebenen Eentrali..

sation etwas zu gewinnen habe.

Erlauben Sie uns, über die Gesammtheit der vorgebrachten Argnmente eine allgemeine Betrachtung beizufügen. Für die Weftschweiz find dieselben sehr wenig beruhigend. Man sagt uns : Die polytechnische

Schule hat alle möglichen materiellen und personellen Hilfsmittel.

Wo fände sich ein vorteilhafteres Ensemble ^ur Einrichtung einer neuen

284 Schulet Wir sage... unserseits. Was für einen Zweig menschlicher .^ennt^ nisse gäbe^es nicht, ans welchen dieses Raisonnement nicht anwendbar wäre^ und welche in Zukunst neu zu errichtende Anstalt wird so demselben entgehen konnen ^ Logischer Weise müsste man Alles eentralisiren.

Aus all dem gesagten konnen wir den Schluss ziehen, dass eine neue Brüfung und eine daherige Verschiebung des Gegenstandes bis zur nächsten Session zwekmässig wäre. Jn dieser Zwischenzeit dürsten die.

landwirthschastlichen Vereine, die Direktionen des ossentliehen Unterrichts und die Bresse im Falle sein, die ^rage weiter zn fordern und aufzu-

klären. Es wäre ein Akt der Gerechtigkeit und der Unparteilichkeit, eine

definitive Losung nicht zu überstürzen, welche man später leicht bedane^ konnte.

Zu Gunsten dieser Verschiebung fügen wir d.e folgenden Gründe bei. ^ Zunächst bemerken wir , dass troz Allem was geschehen ist , die Untersuehnng in Bezug ans einen wesentlichen Bunkt unvollständig geblieben ist.

Seit dem Angenblike, wo sich die Möglichkeit zeigte, die landwirthschastliche Schule nach Lausaune zu perlegeu, hat der Bundesrath nur

den Schnlrath kousultirt, welehex allerdings zu dieser Begntachtnng ganz designirt war , aber ungeachtet des guten Willens zur Unparteilichkeit, den wir der ledern Behorde zuerkennen, hätte man doch einige Stimmen der entgegengesehen Bartei anhoren sollen. Die Botschast stüzt sich zwar aus einige Erklärungen des Genfer Jnstituts und des Bräsidenten des schweizerischen landwirthschastlichen Vereins ^ allein diese Erklärungen datiren vom Jahre 1866, d. h. aus einer Zeit, wo man nur das Zürcher Brojekt sür moglich hielt. Dieselben sind demnach sür den gegenwärtigen ^all ohne Werth. Hätte man eonsea^uent sein und diesen Gutachten das gebührende Gewicht beilegeu wollen, so hätte man weuigstens sich veranlasst finden sollen, die genannten Stimmen von ^enem ^u konsultiren, nachdem sich eine Auswahl zwischen zwei Brojekten darbot.

Vielleicht wäre dann il^re Antwort verschieden ausgesallen.

Wir müssen übrigens laut bekennen, dass von allen Motiven sür eine Verschiebung das nach unserm Dafnrhalten evidenteste und dringendste in dem Umstande liegt, dass man vielseitig und in ganz natürlieher Weise die Errichtung einer landwirthschaftlichen Schule in Verbiudnng gebracht hat mit der künstigen Entwiklnng, welche die Eidgenossenschaft in den ^all kommen konnte, den gesammten hohern Studien in der romanischen Schweiz z u ^ g e b e u , --^. und dass ein saehb.^ügliches, von der kommission Jhnen vorgelegtes Bostulat zum Theil unserm Zweke entspricht.

285 Das erste Symptom dieses Gedankens findet sich in einer Bemer-

kung des Berichts des Schulral.hes. welche in die Botschaft des Bundesrathes in folgender Redaktion überging, von eine bestimmtere Erklärung wünschen müssen .

welcher wir

natürlich

,,Jndem wix der Ansicht des Schulrathes beipflichten und die Vereinigung der zu errichtenden Anstalt mit der pol..te^uischeu Schule be^ antragen, sind wir überzeugt, nicht nur in wohlverstandenem Jnteresse der Sache selbst, welche in Frage liegt, zu handeln, sondern anch im weitern der Frage des Ausbaues nnsers hohern schweizerischen Unter^ richtswesens eine politische und sachlich rationelle Losung offen zu halten ..^nd zu wahren.^ Dann sährt die Botschaft f o r t . .,Wir glauben uns nicht ^u täu.^ sehend wenn wir annehmen, dass der Ruf des Kautons Waadt nicht so sehr der speziellen, projel^tirten Schule gelte, als vielmehr den Wnnsch, das Bedürsniss, den Anspruch der franzoftschen Schweiz konstatire, eine grossexe eidgenossische Bildungsanstalt in ihrer Mitte und aus ihren Boden verpflanzt zu sehen, nich.t nur um ihre unmittelbaren Wohlthaten zu geniessen, sondern ebenso sehr um in und durch eine solche Anstalt sich mit den.. ganzen Vaterlande und das ^anze Vaterland mit sieh näher und intensiver zu verbinden. Und wenn wir diesem Rufe, den wir in vollstem Masse würdigen, nicht in der jezt gewünschten Weise eutsprechen, so soll damit durchaus nicht gesagt sein, ^ass wir das demselben ^u Gründe liegende Bedü.fniss nieht als vollberechtigt anerkannten und demselben nicht gerecht zu werden gedächten. Wir hoffen vielmehr, dass die Zeit n.icht ferne sei, wo dnrch volle Anwendung des dem Buude nach Art. 22 der Bnndesv^.rfafsuug zustehenden Rechtes jenem Bedürfnisse eine weit ausreichendere und gleichzeitig sür die Gesammtheit wohltätigere Besriedigung wird geboten werden konnen, als dies durch Ueber.lassung ^ der landwirthschaftlichen ^ehule geschehen wäre.^ Wir verdanken dem Bundesrathe mit um so grossereu. Vergnügen diese Erklärung, als ex derselbeu nach unserm ^asürhalten die richtigen Motive unterlegt hat.

Er argu^ueutirt uicht mit einer eiusachen Eompensatious^Jdee, und auch wir glauben, dass wenn iu eiuem Kauton der Bund iu eidgenossischem Juteresse etwas Erspriessliches thnl, daraus nicht sofort auch sür die andern Kantoue die Berechtigung ^u einem Eorrelatif herzuleiteu ist.

Die Bahren Motive, welche die romanische Schweiz die Errichtung^ eidgenössischer hoherer Uuterrichtsanstalten wünschen lassen, beruhen nicht bloss auf den unmittelbareu Vortheileu, welche sie aus denselben zoge, sondern
hauptsächlich ans dem Wunsche, sich der gesammten Schweiz in innigerer Weise anzuschließen, wie die Botschaft bemerkt. Wir haben auch das tiese Gesühl, dass im grossten Theile der romanischen Schweiz dieser Gedanke eines mit der übrigen Sehwei^ durch

286

^

Zusammenwirken in Sachen des hohern Unterrichts inniger zu knüpfen^ den Bandes die beste Ausnahme finden wird, vorausgesezt dass man mit Umsicht vorgehe, wie wir dies weiterhin berühren werden.

Eine neue Thatsache kommt hinzu, um unser ans obige Erwagnngen basirtes Verschubsbegehren zu unterstüzen. Eine Petition, unterzeichnet von einem Vereine hervorragender Männer aus den Kantonen Waadt, Reuenburg und Gens, welche grosstentheils den Akademien dieser Kantone angeboren, verlangt ebensalls eine Verschiebung behnss vollständig geren Studiums dieser schwierigen Fragen. ^ie hol..e wissenschaftliche Stellung der Unterzeichner dürfte anzeigen, dass diese Petition nicht mit Stillschweigen übergangen werden kann.

^ ^ie Lage änderte steh durch eine Schlnssuahme des Ständeraths, welcher zwar ein dem unserigen ähnliches ..^erschubsgesnch verworfen, dabei aber durch die Annahme des folgenden ^ostnlats bis aus einen gewissen ^unkt den nämlichen Weg wie wir betreten hat : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage über Errichtung einer eidgenössischen Universität und über die Beibringung der n^thigen Mittel

in reifliehe Erwägung zn ziehend Wie gesagt, entspricht dieses Vostnlat bis auf einen gewissen .^....kt

den von uns entwickelten Gedanken ^ allein vollständig befriedigt uns dasselbe nicht. Gewiss wäre die ^Zuwendung der eidgenossischen U^.i^ versität an einen unserer Kantone ^ e t w a s h i.. eh st Verdaukeuswerthes und ein ennnent wirksames Mittel zur intellektuellen Entwikelung. Keiner unserer Kantone würde, wir sind dessen gewiss, vor den .^tnsgaben z...xükschreken, welche .^iese wichtige Anstalt erl....is.hen ^vürde. Wir tonnen uns daher nur freuen über alle Studien und Untersuchungen, welche zn diesen^ Ergebnisse führen u^ochten.

Allein, ohne hier in Details einzutreten, welche nicht am Vlaze wären, ko^.en ..^ir uns nicht enthalten, einerseits zu konstatireu, dass

das Gleichgewicht des eidgenössischen Büdgets in einer nahen ^uknnft

diese grosse Ausgabe nicht u..oglich erseheinen lasst. Anderseits dürfen wir uns a..ch nicht verhehlen, da^ sich Vieles sagen lasst über die Erriehtnng einer eidg^.ossischen Universität überhaupt, wenn dadurch die gegenwärtig bestehenden drei Universitäten und die Akademien absorbirt und aunullirt werden sollten. ^er intellektuellen Eutwikelung der Schweiz war besser gedient durch diese zahlreichen Anstalten, als durch ein grosses Unterrichts^Eentrnm. Wir beobachteten ost, wie gebildete Ausländer diese reichliche Ausbreitnug der Kenntnisse anstaunten, welche es moglich ma.ht, in den kleinsten Städten und Dorsern gebildete ^eute anzutreten. Jndeu. sie diese Erscheinungen mit den., was weit mäel^ tigere, aber eentralisirtere Rachbarländer diessalls aufweisen, verglichen,

287 haben ^sie gefunden, dass eben diese Dezentralisation unsere Kraft aus.^ macht und dass man derselben um keinen Breis ein System substituiren solle, welches alle Bildungseiemente dem Zentrum zuwendet.

Und hier sind wir nnu so glüklich, ^au^ einig zu gehen mit der Gesammtheit Jhrer kommission, welche Jhnen vorschlägt, dem Bostulate des Ständeraths folgende Redaktion zu substi.tuiren .

,.Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage wegen Errichtung einer oder mehrerer hohern offentliehen Unterrichtsanstalten in der fran^ ^osischen Schweig und wegen Beibringung der nothiaen Mittel in reif^..iche Erwägung zu ziehen.^ Dieses ^ neue Bostulat, aus welches wir.Jhre wohlwollende Ausmerks..mkeit hinlenken, hat nach uuserm Dafürhalten unbestreitbare Vor^ theile vor demjenigen des Ständeraths voraus. Dasselbe enthält keine Rothignng zu eiuer einzigen Universität, sondern gestattet die sueeessive Errichtung von hohern offentlichen Unterrichts-Anstalten, welche einem wirklichen Bedürfnisse am besten entsprechen .^ und im Weitern bekundet das Bostnlat in klarer Weise, dass es sich in erster ^inie darnm haudelt, die romanische ...^weiz au deu Vortheileu des hohern Unterrichts theil^ nehmen zu lassen, ohne das anderwärts zu leistende auszuschliessen.

Jndem Jhre Kommission Jhnen dasselbe einhellig vorschlägt, ist sie überzeugt, dass sie h.emit einer allgemein herrschenden Stimmung entspricht, und hofft, dass von dem Tage an, wo ^ie diesen Vorsehlag angenommen haben werden, für die romanische Schweiz e.ue neue ..^era der E..twikel..ng und erkenntlicher Zuneigung zu den Miteidgenossen anheben werde.

Gehen wir zu den Details über, so werden ...^ie sehen, dass die Kommission sich im Allgemeinen der Redaktion des Ständeraths angeschlössen und an derselben nur eine kleine .^ln^ahl von Modisikationen angebracht hat, welche sieh von selbst erklären. Die einige von etweleher Wichtigkeit besteht dariu, von der Regierung von Zürich ^nm Zweke eines Versuchsfeldes ein Are^al von mindestens 4 Jucharteu zu verlaufen, anstatt eiues solchen von höchstens 3 Jucharten. Der Eutwurs des Bundesraths begnügte sich mit uugesähr zwei Jucharteu.

Es resümirt sich die La.ge, wie wir ^ie Jhnen in diesen.. Berichte vorzuführen suchten, also dahin.

1. Die Kommission beantragt Jhnen einstimmig, den Gesezentwurf, wie er Jhnen gedrukt vorgelegt
ist, sowie das begleitende Vostulat Zuzunehmen.

2. Wir gehen über einen einzigen Bunkt auseinander. Wir sind eille eiuverstandeu über die Rothwendigkeit einer Untersuchung betreffen^

288 .

die Art der Vertheilung der höhern Studien mit Berüksichtignng der romanischen Schweiz.

^ie Mehrheit der .kommission findet, es sei bereits jezt die land-

wirthschastliche Schule mit dem Vol.^technikum zu verbinden, und die vorgenannte Untersuchung dem Bnndesrathe zn übertragen.

Jch meinerseits beharre dagegen ans der Ansicht, dass es besser ^wäre, die beiden Fragen zu verbinden und die landwirthschastliche Schule gleichzeitig mit der eben genannten En.^te zu behandeln ; dadurch würde man den Gedanken einer Kompensation, der uns nicht glüklich scheint, weniger in den Vordergrund stellen.

^ .....

^och steht es mir als Berichterstatter der .kommission nicht wohl an, dieses Verschnbsbegehren zu stellen, und in dieser Stellung will ieh auch nicht einen individuellen Antrag einbringen.

Wenn die von mir entwikelten Argumente einige Mitglieder dieser Versammlung durchdrungen haben, so findet sich vielleicht Jemand, um einen solchen Antrag zn stellen.

Bern, den 22. Dezember 1869.

^ul^ Bietet de la ^it.....

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Bericht der Minderheit der Kommission des Nationalraths, betreffend die Erstellung einer landwirthschaftlichen Schule am eidgenössischen Polytechnikum. (Vom 22. Dezember 1869.)

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1870

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07

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19.02.1870

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279-288

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10 006 423

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