# S T #

Schweizerisches Bundesblatt

XXII. Jahrgang. I.

Nr. 15.

# S T #

»

e

«

i

ch

16. April 1870.

t

des

schweizerischen Konsuls in Bernambuco (hrn. F. Linden von St. Gallen über bas Jah 1869.

(Vom 25. Februar 1870.)

Jln den höhen Bundesrath.

Tit.!

®as Jahr 1869 konnte unter äiemlich günstigen ...luspicien sowohl für den E£port- als Jmporttjanbel angetreten werben, ©ie Ausshhten ·aus endliche -Beenbigung des Krieges mit Baraguaç mehrten sich sott·während, und wirflich schloss bas Jahr mit ben -Berichten, dass ein Theil bet Armeen vom Kriegsschauplatz zurückgezogen werden k o n n t e ; das Volk ·war daher voit ber umfassenden Refoutmtng, bie in vorhergehenden Jahren ,bte beste ?lrbeitsfraft des Sanbes in Slnspruch nahm, in ©icherheit. ©ie Brasilianische Valuta war nicht meht ben ©chwankungen unterworfen, wie Sluuo 1867/1868; im ©egentheil machte sich eine jwar sehr langsame, afcer stets fortschreitende Besserung des Eurses geltend, ©ie Verluste der vorhergehenden Jahre waren theilweise wieber i)erjchmer5t, und nachdem bie alten und meist bedeutenden Waarenlager falbirt w a r e n , machte sich ein Mangel fuhl&ar und neue ©enbungeu ''waren eher wieber ber Tagesvaliita aiijupasseu.

Unsere Ejportprobucte wurden auf europaischen Markten mit hohen ißreisen bezahlt. Die Subasrage hatte für unsere Zucterproditction unl> Bundegbïatt. Jahrg. XXII. Bd.I. ;

,

40

524 speziell für die Ernte 186.^/69 den günstigsten Einfluss.. die Breise stiegen auf eine nie gekannte Hohe , welche den meist schwer verschuldeten Bflanzern zu gute kamen. Die Baumwollpreise in Liverpool fielen im Lause des Jahres für reguläre Qualität Bernambueo uicht unter 11 d. per .^, in der Periode vom 1. Juli 1868 bis 30. Juni

1869 war der niedrigste Breis 11/.^ Reis per Arroba, der hochste

18/^e Reis, so dass die Broduktion nur neuen Jmpuls^ gewiunen konnte, wenu man in Betracht zieht, dass vor dem amerikanischen Kriege der

Breis nur 6500-7000 Reis per Arroba variirte. Die Eultur dieses

für die Brovinzen des Eonsnlatsbezirkes so wichtig gewordenen Brodnktes gewinnt daher immer mehr Ausdehnung , während aus den Eonsummarkten der Begehr darnach, der ausgezeichneten Qualität wegen, eben^

falls sehr zunimmt. Die Ernte von l 869/1870 wird daher jedenfalls der

vorgehenden nicht nachstehen, wenn die seit längerer Zeit in den Baumwolldistrikten anhaltende Trockenheit nicht schlimmere Folgen nach sich

zieht.

Die Hauptanssnhrartikel sind in allen 4 Brovinzen dieses Eonsulatsbezirkes ^ucker, Baumwolle, Hänte, Rhnm.

.^...rgl.^chen^ Verficht der ^...umwoll- und ^nd.er-^rnten der ^rn.^.inz ^ern^nnm.^ in den ^.u)ren 1.860-1.869.

B a u m w o l l e.

1^2.

35,211 47,044 Ballen . 21,561 1^7. I^.^.

Ballen . 161,416 200,994 206,920 187,656 ^^.

.

^ 5 .

Z ucke r.

l8^.

Sack . . 722,195 1.^5.

Sack . . 545,125

l^l.

20,530

l8^.

l ^ .

t .

.

.

l^l. .^2.

886,802 847,602 645,256 l^^. 1^7. 1^8.

716,608 600,489 699,980 l .

^ .

1^4.

113,697 t^^.

172,894

1^4.

662,082 l .

^ .

794,779

^ a s f e e wird nur in der Brovinz Eeara e^portirt^ 1868---1869 war jedoch eine vollkommene Missernte , nach unserer Brovinz ist dies ein Jmportartikel aus den südlichen Brovinzen des Reiches.

. T a b a ck b a u ist noch ..von geringem Umfang . der Ertrag genügt nicht für den Eonsnm.

. L a n d w i r t h s c h a f t wird nur im Jnnern des Landes betrieben.

^ ..

525 B e r g w e r k e sind keine bekannt.

Jndu st r i e l l e é t a b l i s s e m e n t e bestehen keine von Belang ; das Volk ist gänzlich auf den Jmport pon auswärtigen Märkten angewiesen.

Der Handwerkerstand hat durch den Krieg viel gelitten .^ indem die freien Brasilianer als Soldaten gepresst worden, darf man daher sagen, dass^ fleissige tüchtige Handwerker fast aller Gewerbe ein gutes Auskommen finden konneu.

Bernambueo nimmt nach dem Umsang seines Exports und Jmports, der Zoileinkünfte und ebenso der monatlichen Wechseltransaetioueu den ^ ^weiten Bla^ unter den brasilianischen Handelsplätzen ein. Vernambueo ist so zu sagen der Eentralpunkt sür alle Gesehäste der Vrovinzen ..^l.^o.^ (südlich angrenzend), I^hyb..., Rio Gründe do Norte und C.^ra (uordlich).

Die nicht unbedeutende Exportation in Macero (Brov^iuz .^l.^oas) , Parahyho, Rio Grande do Norle, Ara.^v und Céara. geschehen entweder für Rechnung hiesiger Firmen , oder die Abladungen werden hier verkaust, oder die Geld- oder Weehseltransa^tionen müssen von hier aus besorgt werden. C.^.ra nimmt in legten Jahren eine wichtige Stelluug ein und wird sieh durch seine direkte Dampfschisfsahrts-Verbiuduugen mit Liverpool unabhängiger machen.

Dieselbeu Rachbarprovinzen persorgen sich wiederum in allen Jmportartikelu fast ausschliesslieh von hier aus , selbst die Käuser aüs dem Jnueru d.^r Vrovinz Vauh^, finden sieh alljährlich ein, ihre Einkäufe zu machen.

Es ist nieht moglich , den Betrag der Einsnhr anzugeben , welche übrigens im zweiten Semester 1869 denjenigen der Ausfuhr überschritt, weil die Voraussieht einer Erhohuug der Einfuhrzölle od^.er einer ^erhohten Tax^e von 40 ^/o Ankäufe von Vorräthen hervorgerufen hat.

Die Eiuführuug des Dezimalsystems hat sich weder im Detail- noch Engros-Geschäst Bahn gebrochen, uud es wird noch längere Zeit gehen, bis das Volk dasselbe adoptirt hat.

Die . Eoneurren^ nimmt von Jahr zu Jahr zu .^ der Eonsum kann damit kaum Sehritt halten, indem die Bevölkerung der nördlichen Vrovinzen, wo keine Einwanderung stattfindet, sich nur langsam vermehrt.

Das Kreditwesen wird daher wieder sehr umsaugreieh betrieben, und die vor wenigen Jahren mit so vieler Mühe errungene Reduktion im Verkausstermin droht wieder in's Sehwanken zu kommen.

Die englischen Gewebe behaupten den ersten Rang in der Einsuhr.

Jn Bernambueo beftaud niemals starke Nachfrage naeh feinen Stickereien . einiger Absa^ von Vorhängen fand statt. Rachfrage nach Mousseline ist seit einiger Zeit stärker. Die schweizerischen Fabrikanten

526 thun gnt, das aus Schottland nach diesen Ländern verkaufte Broduet genau kennen zu lernen, um sich einen Absa^ zu sichern Der Gebranch sarbiger Gewebe und türkischrothen hat bedeutend abgenommen, indem die Engländer gröbere Artikel zu billigen preisen liefern.

Jn schwarten und farbigen glatten Seidenwaareu von Zürich ist ein xegelmässiges, wenn auch nicht gerade bedeutendes Geschäft ; es hat aber in lester Zeit eher zugenommen, tro^dem dieser Artikel sehr hohen

Eingangspreis zahlt.

Raeh Seideubändern wird ziemlich gefragt,^ und es sollen noch viele Austräge auszuführen sein.

J.. Strohwaaren ist wenig Eons^.m.

Der Handel mit Uhren und Bijouterien ist vollständig in den Händen der Juden , welche damit bis in^s Jnnere des Landes vordringen.

Jn Schweizerkäse wird wenig importirt, indem die grossen .Laibe

sich für das hiesige Elima nicht eignen. der grosse Eonsnm dieses Artikels beschränkt sich aus die holländischen Käse.

Absinth und Kirschn.asser haben im Eonsum eher abgenommen.

Eigarren von Vepe... würden de^n hohen Eingangs- uud Eonsnmzoll nicht ertragen.

E i s e n b a h n e n . Jn Betrieb ist nur die seit 1856 eröffnete erste Seetion der Beerse - San Franeiseo- Bahn von 124 Kilometern Länge.

Die Aetien sind mit 6 ^. Zinsen von der brasilianischen Regierung garantirt. Der Bersouen- und Geschästsverkehr hat sieh sehr gehoben, so dass in. Zeiten der Ernte Maugel an Betriebsmaterial stattfindet.

Jm Semester, endend 30. Juni 1869, hatte dieselbe

Reis 442,928,170 Einnahmen, g^gen ,, 261,952,110 Ausgaben. Auf diese Ziffern, welche die Rentabilität der Bahn begründet, gründet sich der Antrag im Senat, die Regierung moge die Ziuseugarantie auf die zweite Sektion, welche gebaut werdeu würde, übertragen.

Die B.^sihan Street Rail^v.^y Compy. lim^ betreibt eine Bersonenbahn nach einigen nahe liegenden Ortschaften ; die Frequenz hat sich enorm

vermehrt. Die erste Dividende war 12 ^/e. Das Eapital beträgt Reis 100,000,000, wovon 56,000,000 Unbezahlt; der Si^ der Gesellschaft ist in London.

Eiseubahuen, die nns mit dem Jnnern verbinden, sind eine Rothwendigkeit, in trockenen Zeiten bewirkten die Transportkosten eine Breiserhohung der Waaren um 50 ^/o.

527 Vernambueo wird regelmäßig von den Bostdampseru der Roval Mail St.^m I^cl^ct Cy. in ^ontb.^mpton und der Messageries impériales in Borde^.^... besucht, ^welche monatlich Vost und Bassagiere von und nach Europa besorgen. die ^meri^n .^..^m Cv. bringt unr in gleicher Weise über Vara mit Weftindieu uud den Vereinigten Staaten in Ver-

. biudung. Die Küstenschiffahrt nach dem Süden uud Rorden des Reichs

.besorgt die Comp^mhia brasileira dos v.^pores, welche ihren Sii^ in Rio hat.

Vom grossen Vortheil für Bernambueo ist die Conip^nhia Pernam..

bucana. dieselbe lässt heute durch grossere und kleinere ^luss- und Seedampser alle Orte von Grauja ^Broviuz Eeara) ^bis ^Vroviuz Alagoas) ^befahren uud betreibt deu Versonen^ und Gütertrausport. ^iese Eompaguie, deren Aetien vor einigen Jahren saft werthlos waren, wurde durch neue Direktion und durch Regierungssubveution ^n einer ausgezeichneten . sie besitzt zehn neue Dampfer uud verschiedene grossartige.

Lagerhäuser. die ^ivideude dex lezten^wei Jahre war 10^.

Von fünf in Bernambueo e^iftireudeu Baukeu befahlt eine einige ihren Aetiouäreu Dividenden ; eine zweite sieht il^re Aktien ^u 60 ^ Verlust angeboten, uud drei andere sind iu Liquidation begriffen. ^ Während 1868 Geld abondant an Markt uud der Diseonto wie nie ^..vor 4-^7 ^ uotirt ....ar, blieb der Geldmarkt 1869 durch eiue zunehmeude Knappheit^ genirt und Banl^iseonto daher im Durchschnitt 10-12^, die Besserung der Wechselkurse sührte grosse fremde Eapilalien aus dem Laude, welche bisdahin zurückbehalten waren.

Der niedrigste Eurs aus London war 171/2, der hoffte 20 Reis

(für 1000 .^eis). .

Gold^ und ^ilberu.ünzen wurden sowohl sür Rimessen nach Europa als sür ^ollzahlungen stets gesucht ; sür erstere variirte das Agio von 40-551/2, sür leiere von 20-^30 1/2. Diese Metalle sind aus dem gewol^nliehen Verehr fast verschwunden. Der Maugel an Scheidemünzen in Silber uud Kupfer oder .^apiergel^ von 1^..-5^ Reis wird zuweilen zur Kalamität, uud es musste für grossere Varthien 1---l0^ Agio bezahlt werden.

V e r s i c h e r u u g s g e s e l l s c h a s t e u bestehen im lndemnisadora gegeu Transport uud Feuer, mit Eapital vou tausend Contos de Reis.

^etieu werden mit 1l)0-110 Milreis Vrämien bezahlt. Einzahluug

20 ^1/2.

t^ti.lidade publie^ gegen ^eegesahr, Eapital tausend Contos de Reis. Eiubezahlt 10 .1/2. Dividende siud mit Reis 200,000 Brä-

mien uotirt.

528 Phoenix P e r n a m b n c a n o wird sieh erst mit Ansang März eonstituiren.

Eapital tausend fünfhundert Conlos de Reis.

Erste Einzahlung 10^.

Ausser diesen Gefellschasteu siud viele ausländische (auch die Hel^ vetia, Basler Versicherungs-Gesellschaft) vertreten und privilegirt.

A u s w a n d e r u n g nach den 4 Brovinzen des Eonsulatsbezirks fanden nicht statt , und es findet sich auch keine Kolonie von andern Rationen. Die Zahl hier xesidirender Schweizer hat zugenommen, wechselt aber beständig. Die Zahl der Handelsfirmen von .^.eh.veizern hat ebenfalls zugenommen, und es geniessen verschiedene derselben den ersten Eredit^ am Bla^e.

S c h w e i z e r g e s e l l s c h a s t e u e.^istiren nicht . es hat sich bis je^t noeh kein besonderes Bedürsniss zur Gründung eiuer Hülssgesellsehaft

gezeigt. Bei vorkommenden Fällen, wo Unterstützung noth^endig ist,

findet sich Jeder gerne bereit , zu einer Subskription , empfohlen, beizusteuern.

vom Eonsulate

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Konsuls in Bernambuco (Hrn. F. Linden von St. Gallen) über bas Jahr 1869. (Vom 25. Februar 1870.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1870

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

15

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.04.1870

Date Data Seite

523-528

Page Pagina Ref. No

10 006 459

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.