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über .die Eisenbahnanschlussverhandlungen mit dem Grossherzogthum Baden.

(Vom 14. Dezember 1870.)

Tit. l Wir beehren uns, dem h. Bundesrathe über den Gang und dass Ergebniss der mit den badischen Delegirten gepflogenen weiteren Konferenz-Verhandlnugen über die Eisenbahnanschlüsse zwischen den beiden Staaten folgenden gedrängten Berieht zu erstatten.

Die Konferenzen dauerten von Montag dem 5. bis Samstag den

10. d. M.

Das Ergebniss liegt in der Unterzeichnung eines Vertrages über den Anschluss Kreuzlingen-Konstanz und einer Erklärung der badischen

Delegirten über die übrigen Bahnanschlüsse , beide d. d. 10. Ehristmonat

1870.

1 . A n schl u ss K r eu z l i n g e n - K o n st a n z. Hier glauben wir erreicht zu haben, . was man schweizeriseherseits billigerweise verlangen kann. Der Ansehlnss auch der untern Rheinthalbahn ini Bahnhose Konstanz ist in analoger Weise gesichert , wie der Anschluss der Bahn Romanshorn-Kreuzlingen , natürlich gegen verhältnissmässigen Einkauf.

Ein Exclusionsrecht zu Gunsten der Rordostbahn besteht nicht ; die untere Rheinthalbahn ist auch nicht an den ...lnsehlnsspunkt Station Kreuzlingen gebunden , sondern kann ostlich den Anschluss nehmen. Ueber Mitbenuzung von Bahnftreken und Bahnhofanlagen aus Schweizergebiet wurde absichtlich nichts gesagt, weil dies eine Sache innerer Regulirnng ist. Richt bloss die Blane über den gemeinschaftlichen Bahnhos, sondern auch der V e r t r a g über dessen Bennzung ist den beidseitig zuständigen.

Regierungsbehörden zur Genehmigung vorzulegen. Welches diese zuständigen Behörden sehweizerischerseits seien, fanden wir nicht angemessen, in Frage zu bringen.

105.^ 2. U .. b r i g e A n schl ussf r a g e n. .^aralell mit der Anschlußfrage .Konstanz brachten wir die übrigen schweizerischen Anschlussbegehren zur Verhandlung., wobei es sich bald^ herausstellte, in welchen funkten materielle Differenzen walteten und in welchen nicht. Man kam desshalb bald mehr auf die ^ o rm der ...Behandlung und Erledigung dieser übrigen Anschlüsse zu sprechen. Wir verlangten in erster Linie v e r t r a g s w e i s e Reglirung und Einverleibung der Bestimmungen in den nämlichen V.^rtra.g wie den ^o^stanzer-Anschluss , .sodann ..... e r t r.... g^ w e i s ^ e Reglirung in einer ^lrt Separat- oder Sehlussprotokoll. Endlich fanden wir aber selbst in unserm .eignen Jnteresse, die Fragen ans das Gebiet der e i n s e i t i g e n E r k l ä r u n g e n seitens des Gxossherzogthums Baden zu verweisen, da w.ix ^uf diese .Weise wenigstens durch reeiproeirliehe Verbindlichkeiten uns nieht^ vergeben.

Was nun den J n h a l t der von den badischen Delegirten schließ lieh zugestandenen einseitigen Erklärung betrifft , so bemerken wir von von vornenherein, dass über die Anschlüsse :

Andelsingen^Singen, B e r i n g e n - Scht e i t h ^e i m - ^ t ü h l i n g e n , und

B ü l ach^ E g l i s .. u - ^cha f f h a .. s e n eigentlich eollidirende Jnteressen zwischen beiden Staaten nieht vorhanden sind, fondern selbst Baden an der Realisirung all' dieser Anschlüsse ein entschiedenes eigenes Jnteresse hat, wesshalb wir unsererseits mit allgemein gehaltenen Znsieherungen und nur unter .Andeutung v...,n Hauptprinzipien bei all' diesen Bunkteu uns glaubten begnügen zu konnen.

Deeidirt ablehnend erklärt sich Baden gegenüber der sogenannten R a n d e n b a h n , d.h. es wollte zur Zeit in Verhandlungen über diese Anschlnssbahn nicht eintreten. Es mnss diese Deklaration Badend um so mehr als eine sast definitive aufgefasst ^erden, als die Randenbahn eine wesentliche Konkurrenzbahn der von Baden beschlossenen Wutachthalbahn sein würde.

Den schwierigsten und wichtigsten Verhandlungsgegenstand bildete

der Anschluss W i n t e r t h u r ^ o b l e n z ^ W a l d s h u t .

Ein direktes und unumwundenes Zugestehen des Anschlusses im Sinne unseres Verlangens war nicht erhältlieh. Baden sagte wohl: es gestatte von vornenhereiu einer von Winterthur herkommenden Bahn den

Ansehluss im Bahnhose Waldshut und die Mitbenuzung dieses lezteren

gegen entspr.eehenden Einkauf. Allein für die schweizerischen Bestrebungen ist das Wesentliche nicht sowohl der Ansehluss und die Mitbenuzung im Bahnhose Waldshut, sondern der Ansehlnss an der badisehen .Landes-

grenze, Mitte Rhembrüke bei Waldshut, und Mitbenu^ing der Bahnstreke von da weg bis Bahnhof Waldshut, weil dieser Weg einzig die

1^)57 Angestrebte neue Bahnverbindung ermögliche, dies einzig auch dem^Sinn.^ des Art. 37 des Hauptvertrages über die F o r d e. r u n g der sehweize-

xischen Anschlüsse bei Waldshut entspreche.

Die badischen Delegirten gaben auch diesmal wiederholt die Erklarung ab , dass ihrerseits die Erstellung und der Ansehl.uss fraglicher Bahn sehr gerne gesehen werde. Sie proponirten, diesen Anschluß und die Mitbenuzu^ der badischen Bah...streke bi^ Mitte Rheinbrüke sofort positiv zuzusagen , wenn die Schweiz die von der ^ordostbahn dagegen vorgebrachten Hindernisse zu beseitigen übernehme.

Wir unserseits wendeten dagegen ein , ^dass die zwischen der ^ordostbahn und der badischen Bahnverw.iltung bestehenden Separatverträge und Separatprotokolle die schweizerischen Behorden und namentlich den Hauptvertrag nicht berühren können.

Die Frage, ob die Schweiz Baden gegenüber nicht das in Art. 41 des Hauptvertrages vorgesehene Schiedsgericht anrufen konne, um darüber entscheiden zu lassen , ob Baden nach Art. 37 des Hauplvertrages zur Gewährung des Anschlusses nicht verpflichtet sei , wurde aueh in Anregung gebracht, allein aueh unserseits nicht sehr stark betont, weil ein praktischos Resultat bei diesem Versahren sehr zweiselhast erscheint.

Baden selbst wollte übrigens eine Zusage, sich aus diesen Weg zu be^eben, nicht machen.

Da der Bundesrath bezüglich aus die Ansehlusssrage bei Konstanz eine Erledigung jedenfalls sur wünschenswerth erachtete , so verständigte.

man sieh sehliesslich über diejenige^ ^assung, welche nun in der badisehen Erklärung niedergelegt ist. Wir erreichen damit allerdings noch nicht direkt die sehweizerischerseits angestrebte A.nschlusszusicherung, sondern sind noch an gewisse Zwischenverhältnisse gebunden , die zu beseitigen stnd.

.Wir halten aber dafür, dass den betheiligten Kantonen und der Bundesgewalt Mittel und Wege genng ^.. Gebote stehen werden., um dieie Hindernisse zu beseitigen, umsomehr, als Baden dasür seine vertrag^ massige Forderung nun positiv zusagt nnd damit mindestens das dokumentirt hat, das, u..ir d o r t nicht ans Schwierigkeiten stossen werden.

Uebrigens leben wir der Ueberzeugung , und die badischen Dele-

girten theilten sie mit uns^, dass die künftigen Bedürfnisse im Verkehrsleben stärker sein werden, als alle stipul.irten Monopole.

B e r n , den 13. Dezember 1870.

Stampili.

..^nderwert.

1058

^rklarnng der badischen Delegirten.

Bei den Verhandlungen über Herstellung einer Verbindung der badischen Staatsbahn bei .Konstanz mit der Romanshorn^Kreuzlingerbahn sind von Seiten der Herren Delegirten des schweizerischen Bundesrathes für nachgenannte in der Schweiz projektirte Eisenbahnen Anschlüsse an

theils hergestellte. theils in Aussührnng begriffene Bahnen aus badischem Gebiet verlangt worden.

Anschlüsse beziehungsweise Verbindung für eine Bahn von:

1) Winterthnr^aiserstnhl^oblen^Waldshnt ; 2) Bülaeh-Eglisau^chasfhausen ; 3) Beringen-Sehleitl^eim-Stühlingen an die zu erbauende Wutach-

thalbahn .

4) Andelsingen..Singen ; 5) Schasshausen-Donaueschingen (Randenbahn), mit Ansehluss an die zu erbauende Wutachthalbahn.

Die Delegirten der grossh. badisehen Regierung erklären , dass sie

nicht ermächtigt sind , hinsichtlich dieser Bahnverbindungen zur Zeit iu nähere Verhandlungen einzutreten. Der Zeitpunkt hiezu werde erst dann gekommen sein , wenn von Seiten der Schweiz eine solche Konzession verliehen sein wird, und der betretende Konzessionsinhaber aneh

bei der grossh. badischen Regierung bezüglich der ans badischem Gebiet

gelegenenen Bahnstreke um Ertheilung der Konzession sich bewerben wird. Um ^edoch das Zustandekommen von Unternehmergesellsehaften für die prosektirten Bahverbindungen zu besordern, bezeichnen die badisehen Delegirten se^t schon im Allgemeinen den Standpunkt, welchen ihre Regierung bezüglich dieser Bahnverbindungen einnehmen werde, in Folgendem .

1.

Winterthur-Waldshut.

Entsprechend dem Art. 37 des Vertrags über Fortsezung der badischen Eisenbahn über schweizerisches Gebiet vom 27. Jnli / lt. Angust

1852 wird die grossherzogliehe Regierung diese Bahnverbindung thunliehst

1059 ^efordern. Sie wird einer sich bildenden Gesellschast die Konzession zur ^Fortsezun^ der Bahn auf badischem Gebiet ertheilen, auch den Anschluss ^n den Bahnhos in Waldshut, sowie dessen Mitbennznng gestatten.

Auch ist die grossherzogliche Regierung bereit, dieser Gesellschaft die Mitbennzun^ der bestehenden Verbindungsbahn Waldhut^.Koblenz, soweit .es badisches Gebiet betrisst, gegen entsprechende Vergütung einzuräumen, insofern die hiebei betheiligte Rordostbahngesellschast ihre Zustimmung hiezu gibt, oder aber die von dieser Bahngesellschast dagegen vorgebrachten Hindernisse beseitigt werden, wobei die grossherzogliche Regie^rung den diessallsigen schweizerischen Bestrebungen nach dem zitirten Artikel 37 des Vertrages von 1852 die thunliehste Förderung angeLeihen lassen wird.

2.

B ü l ach^ E g l i s a u - Scha s f h a u s e n.

Auch diese Bahnverbindung wird die grossherzoglieh badisehe Regie^rung im Hinblik auf Art. 37 des Vertrages vom 27. Juli/ 11. Angust 1852 thunliehst besordern und dem von der schweizerischen Landesbehorde konzessionirt werdenden Unternehmer, soweit die Bahn durch badisehes Gebiet sührt, die .Konzession gleichfalls ertheilen. Zur Mitbenuzung des Bahnhoses in Schasshausen wird die grossherzogliche Regierung, vorbe-

hältlich einer Verständigung mit der hiebei betheiligten Rordostbahn-

Gesellschaft, ihre Einwilligung geben.

3. B.e r i n g e n ^ S c h l e i t h e i m - . ^ t ü h l i n g e n .

Wird schweizerischerseits einem Privatunternehmer die Konzession .zur Anlage dieser Bahnverbindung ertheilt, so wird dem Unternehmer .bezüglich ...er Streke aus badischem Gebiet von Seiten der grossherzogliehen Regierung die Konzession in Gemässheit des Gesezes vom Jahr 1870 ebensall..^ verliehen, anch eine Mitbenuzung der badischen Bahn.hose in Beringen und Stühlingen gestattet werden.

llnter besonders zu vereinbarenden Bedingungen kann auch von der badisehen Eisenbahnver.valtung der Betrieb der Beringer^Stühliugerbahn übernommen werden.

4.

A n d e l s i n g e n - S i n g e n.

Dem von der Schweig konzessionirt werdenden Unternehmer für diese Bahn wird aueh die grossherzogliche Regierung die Konzession zum Bau und Betrieb der Bahn aus badischem Gebiet verleihen und den Ansehluss an die badische Bahn bei fingen, sowie die Mitbenüzung des dortigen Bahnhofes gestatten. Der Rheinübergang hat zwischen Stein und Diessenhosen zu ersolgen. Jnsosern statt Andelfingen ein anderer

1060 Anschlusspunkt an eine schweizerische Bahn gewählt werden will, wird für denselben gleichfalls die Verbindung mit der badischen Bahn bei Singen gestattet.

5. Bezüglich der Randenbahn S c h a s f h a u s e n ^ D o n a u e schi n g e u ist die grossherzogliche Regierung zur Zeit nicht in der .Lage, eine bindende Erklärung abzugeben.

Jm Weitern wird noeh bemerkt : Für die den Bahnverbindungen Ziffer 1, 2 und 4 in Aussicht gestellten .Konzessionen wird die ständische Zustimmung vorbehalten.

Bei sämmtliehen unter 1, 2, 3 und 4 genannten Bahnverbindung gen behält sich die grossherzogliche Regierung für die auf badischem Gebiete gelegenen Streken die Genehmigung der Richtungslinie und die Bestimmung der Stationen, sowie das Rükkaussreeht nach Massgabe de^

Art. 38 .^es Vertrages vom 27. Juli/ 11. August 1852 vor. Jn allen

Fällen, in welchen eine Mitbenüzung von Bahn- und Bahnhofanlagen und Einrichtungen gestattet wird, ist für die Anlage- und Unterhaltung kosten eine Vergütung zu entrichten, welche zu dem Verkehr der ......erbin^ dungsbahn und dem Verkehr, der sich auf der Wechselstation für di....

übrigen dort zusammenführenden Bahnen ergibt , im Verhältnisse steht.

Für jede der genannten Verbindungsbahnen wird , sobald solche zur .Ausführung kommt , unter den zuständigen Landesregierungen ein besonderer, die Anschlnssverhältnisse regelnder Staatsvertrag, ähnlich wie bei der Bahnverbindung Kreuzlingen-Konstanz, abgeschlossen.

^ Die vorstehende Erklärung der badischen Delegirten soll für die grossherzoglich badische Regierung verbindlieh sein, sobald der unterm heutigen Datum ^wischen der grossherzoglieh badischen Regierung und dem schweizerischen Bundesrath abgeschlossene Vertrag über die Verbindnng der Romanshorn-Kreuzlingerbahn mit der badisehen Staatsbahn bei Konstanz die beiderseitige Ratifikation erhalten hat.

B e r n , den 10. Dezember 1870.

Die

Bevollmächtigten sür Baden :. ^ .

.

^ u t h .

^ardetk.

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Bericht über die Eisenbahnanschlussverhandlungen mit dem Grossherzogthum Baden.

(Vom 14. Dezember 1870.)

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30.12.1870

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