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Schweizerisches Bunöesblatl XXI1. Jahrgang. I.

Nr. 3.

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22. Januar

1870.

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der

nationalräthlichen Commission in Rekurssache des Herrn Johann von hasle bei Burgdorf, betreffend Gerichtstand.

18. Dezember 1869.)

SEit. !

Beäitglich be§ .-thatsächlichen bis zum 8.
Jseli hatte an den Bunbesratlj das Begehren gestellt, ,,es mochte ,,bevsel&e bie von beni ©emeinbamiuannamte Rorschachcrberg am 8. Mai ,,1869 für bie Forderung seiner grau auf einzelne seiner Vermögens,,stücke vollzogene .Schalung als ui.gültig erklären."

®er Diefuis wurde aber unter obigem ©atum (8. September 1869) vom Bundesrathe abgewiesen.

Ohne bass sich n u n Jselt zu einem Rekurse au bie -Buubesversammluug rechtzeitig eutsthliesseu konnte, würbe sodann vom ©emeiiide= rathe Dîoischacherberg zur ejekution in der Betreibungssache gegen Jseli geschritten und am 20. und 21. Oktober abhin bie am 8. Mai 511 Vfanb geschälten ©egenftände versteigert.

*) @iehe -.Sunbesb.att ». 3. 1869, Sunbeäblatt. 3ahrg. XXII. Bd. I.

Band Ili, ©ette 632..

42 Endlich unterm 9. November abhin wurde von Jseli ein Rekurs au die Bundesversammlung gegen den bundesräthlichen Entscheid vom 8. September eingegeben, mit dem den seither eingetreteneu Thatsaehen gemass modisizirten Begehren I : ..die Folgen der abgehalteneu Gant (Bsandversteigeruug vom 20.

,,und 21. Oktober 186..)) für Rekurxenten so weit thunlich aufzuheben.^ Rebstdem formnlirt er noeh folgende zwei neue Begehren : (Begehren ll.) ,,Es mochte die Bundesversammlung durch die Re..gierung von St. Gallen das Bezirksamt Rorschach anhalten, dem Re,,kurrenten seinen Heimatsehein herauszugeben.^ und .^ (Begehren lll) ,,den Sehutzvogt seiner Ehefrau uebst Waisenamt ,,Rorschaeh auffordern , die Verwaltung des .^ermogens seiner Ehesrau .,an die Vormundschastsbehorde Hasle abzuliefern.^ Es fragt sich nun vorweg . ob die angernsenen Entscheide unter die .Kompetenz der Bundesbehorden fallen. ^Bezüglich des Begehrens l, vom Buudesrath weg hieher rekurrirt, rechtfertigt sieh das Eintreten formell schon nach Ziffer 15 des ^ 7 4 der Bundesverfassung, aber aueh materiell dadurch , dass es sich hiebei um die Frage handelt , ob nach ^ 50 der Buudesverfafsung der Rechtstrieb gegen den Rekuxrenten im Danton St. Gallen erossnet und zu Ende geführt werden konnte , und die Massregeln zum Schule der einschlägigen durch den Bund gewähr^ leisteten Rechte nach ^isser 8 des alleg. ^ 74 der Bundesverfassung Sache der Bundesversammluug sind. Aus le^ter^n Grunde beruht auch

die Kompetent bezüglich des Begehrens ll , da uach dem Bnudesrecht,

.^ie es sieh herausgebildet hat , Verweigerung oder Rückl.^altung von Heimatsausweisen durch die Heimats- oder .....iederlassungskantoue als Beeinträchtigung des in ^ 41 der Buudesversassnug garantirten Riederlassuugsreehtes erscheiueu. .^lueh das Begehreu lll , welches in letzter Linie mit der gleichen bezüglich der zwei erstern zu uutersuehenden ^rage des Domizils zusammenhängt , erscheint unter Umständen uaeh .^ 74, ^sf. ^6 a^ geeignet, durch die Bnndesversamn.lnng erortert ^u werden.

^ Sodann ad l.

Hier hängt die .^rage über die Reehtsgültigke.t der unterm 10. April 1869 zu Unterstand, .^t. ^t. Galleu, gegen den Rekurrenten augehobenen Betreibung, sowie der sich daran sehliessendeu E^eeulion einfach von der weiteru ^rage ab , ob derselbe in jenen. Zeitpunkte seinen .

Wohnsitz im Danton St. Gallen hatte oder nicht (^ 50 B.

V.).

^ass derselbe sammt seiner Ehefrau Niederlassung und Wohusitz zu Uuterftaad hatte, ist bis zum l 6. März ^69 unbestritten, und dieser .Wohnsitz muss auch ferner als bestehend angenommen werden, bis nach-

43 gewiesen, dass er einen neuen bezogen, d. h.^ seine Wohnung und den Eentralsi^ für seine Geschäststhätigkeit anders wohin verlegt hat.

Die kommission mnss aber übereinstimmend mit dem Bundesrathe und aus

den gleichen Gründen finden, dass der Wohnst^ des Jseli bis zum 18. Mai 186.), wo er in^ Hasie eine Wohnung miethete und bezog, auch faktisch in. Unterstaad fortgedauert habe, ^ungeachtet einiger von Jseli tendenzios, um einer Betreibung im Kauton St. Gallen zu^ eutgehen,. in Szene gefegten Scheinhandlungen. Es war daher die Anhebung einer Betreibung auch sür eine persönliche Ansprache gegen Re^ kurreuten in Unterstaad unterm 10. April 1869 bundesrechtlich gerecht-

fertigt, und dass die Betreibung bis und mit der Exekution da ^u beendigen ist, wo sie rechtlich augehoben worden, ist selbstverständlich.

Ad ll.

Es wird hier vom Rekurrenten geltend gemacht, dass der Gemeinderath von Rors.hachberg ihm seinen Heimatschein herauszufolgen sich.

weigere, ungeachtet er erbölig sei, seinen Riederlassungsschein zurückzustellen, und schou seit Laugem bei den St. Gallischen Behörden seine dal^erigen Reklamationen angebracht habe. Das eidg. Justizdepartement übermittelte uuterm 11. Rovember das Rekursmemorial an die Regierung von St. Gallen , um den Betheiligten und angefochtenen Beamten Gelegenheit zu geben, sich vernehmen zu lassen. Mit Schreiben vom 1. Dezember begleitete der Regiernngsrath von ...^t. Galleu eine daherige Vernehmlass....g des Sehu^vogtes der Frau Jseli vom 27. Rovember ein , ohne sich selbst über den Gegenstand des Weitern zu verbreiten. Es scheint daher die Regierung ^von St. Gallen daraus zu verzichten, in dieser Angelegenheit selbst serners einvernommen zu werden, so wie auch, von sich aus einzuschreiten. Jn einer in gleicher .^ache an das Bernesche Justi^ und Bolizeidepartement erlassenen Antwort vom 30. November spricht sich das ^ ^t. Gallische Bolizeidepartement dahin aus , dass es d^ie Weigerung des Gemeinderathes Rorschaehberg , den .^eimatsehein herauszugeben, begründet finde, indem derselbe an Jseli an Rachsteuern und Raehstenerbussen noch Fr. 1161. ..)..) zu sordern habe. Der Entscheid dieses Theiles des Rekurses richtet sich nun nach dem im Verlaus der Jahre . bundesrechtlich sestgestellten Grundsa^e, dass jede Vorenthaltung der Heimatsausweise von Seite des Heimats- oder Riederlassungskantons, als .Erschwerung der freien Riederlass...ng, unzulässig sei, sei es nun dass diese Rapiere wegen Brivatschulden mit Arrest belegt, oder ans dem Admiuistrativwege se^uestrirt seien, oder dass daran u.^egen Steuerruckständen das Retentionsrecht ausgeübt werden wolle .

immerhin habe aber der Niedergelassene die ^flicht, dagegen seinen Riederlassnngsschein zurückzustellen, wenn diess für ihn nicht zur Unmog-

liehkeit geworden.

44 Ad lll.

Die Ehefrau des Rekurrenten war , als sie am 20. September 1865 von ihrem Ehemann durch die evangelische Kirchenvorsteherschast von Rorschach rechtskräftig aus 4 Jahre von Tisch und Bett geschieden n.,urde, Niedergelassene ^es .Sautons St. fallen und hat diese Eigensehaft seitdem bewahrt ,^ auch sofort erneuerte Klage aus Fortse^uug der Scheidung bei den St. Gallischen Gerichten erhoben. Da nun der Kanton St. Gallen keinem der Konkordate über Ehe- und Vormuudschastssachen beigetreten, sondern sich seine Territorialhoheit vollständig gewahrt hat, so stand auch den Behorden des Kautons St. Gallen die Schu^vogtei über die Geschiedenen und ihr Vermogen ^u. Re^urrent^ verlangt, und zwar von sich ans , dass die Verwaltung über das Vermogen seiner Frau an die Waisenbehorde seines Heimatsortes übertragen werde. .Jn Beziehung aus Rekurrenten hat diese, seine Frau, als Gegenpartei berührende Sache einen rein privatrechtlichen Eharakter, und er ist mit seinem Gesuche auf den Eivilprozessweg und an die kompetenten St. Gallischen Gerichtsbehörden zu weisen. Anderseits spielt

aber dieses Verhältniss auch in das ossentliche Recht hinein n..d es

könnte der Fall eintreten , dass die Regierung von Bern sür si^h , beziehungsweise die Waisenbehorde Hasle das Recht der Verwaltung in Anspruch nähme, während die Regierung von St. Gallen dieses Recht sich selbst, beziehungsweise dent Waisenamte Rorsehach vindizirte.

Allein da sür ^t auch ein solcher Konfliktsall l^ 74, Ziss. 16 der Bundesverfassung) nicht vorhanden , so liegt dermalen kein Grund vor, in Rummer lll des Rekurses einzutreten.

Es geht daher der einstimmige Antrag Jhrer Kommission dahin : Begehren I und lll des Rekurses seien als unbegründet weisen.

abzu^

Dem Begehren ll sei, als begründet, Folge zu geben. ^) B e r n , den 18. Dezember 1869.

Der Berichterstatter in deutscher Sprache : .^r. Bn^ Nationalrath.

^) Angenommen. Nationalrath 1.8., Ständerath 21. Dezember 18.^.

Siehe den Bnnde.^besehln^ . Bunde.^blatt von 1.870, Bd. I, S. 7.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission in Rekurssache des Herrn Johann von Hasle bei Burgdorf, betreffend Gerichtsstand. (Vom 18. Dezember 1869.)

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22.01.1870

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