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Gesez über

die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit.

(Vom 1. Juni 1870.)

(Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Erlass .Nr. 510.)

Wir Wilhelm, ...on Gottes Gnaden König von Preussen &.

verordnen im

Ramen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zu-

ftimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

^

Die Bundesangehörigkeit wird durch die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate erworben und erlischt mit deren Verlust.

Angehörige des Grossherzogthums Hessen besten die Bundesangehorigkeit nur dann, wenn sie in den zum Bunde gehörigen Theilen des Grossherzogthums heimathsberechtigt sind.

§

2 ^

.2

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Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird fortan nur.

begründet: 1) durch Abstammung (§ 3),

2) durch Legitimation (§ 4),

3) durch Verheirathung (§ 5), 4) für einen Norddeutschen durch Aufnahme und l §§ 6 ff ..

5) für einen Ausländer durch Naturalisation §§ 6 ^ Die Adoption hat für sich allein diese Wirkung nicht.

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^

^ § 3.

Durch die Geburt, auch wenn diese im Auslande erfolgt, erwerben eheliche Binder eines Norddeutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Binder einer Norddeutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter.

^4. ^ Jst der Vater eines unehelichen lindes ein Norddeutscher und be-

fitzt die Mutter nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters, so erwirbt das Kind durch eine den geglichen Bestimmungen gemäss erfolgte Le-

gitimation die Staatsangehörigkeit des Vaters.

.^5.

Die

Verheirathung mit

einem Rorddentsehen begründet für die

Ehefrau die Staatsangehorigkeit des Mannes.

. ^ 6 .

Die Ausnahme, sowie die Naturalisation (^ 2 Rr. 4 und 5) erfolgt durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte Urkunde.

^7.

Die Aufnahme-Urkunde wird jedem Angehörigen eines anderen Bundesstaates ertheilt, welcher um dieselbe nachsucht und nachweist, dass er in dem Bundesstaate, in welchem er die Ausnahme nachsucht, sich niedergelassen habe, sofern kein Grund vorliegt, welcher nach den ^ 2 bis 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 die Abweisung eines ^euanziehenden oder die Versagung der Fortsetzung

des Ausenthalts rechtfertigt.

^

Die ..^aturalisations-Urkunde darf Ausländern nur dann ertheilt werden, wenn sie

1) nach den Gesetzen ihrer bisherigen Heimath dispositionssähig sind, es sei denn, dass der Mangel der Dispositionssähigkeit durch die Zustimmung des Vaters, des Vormundes oder Kurators des Aufzunehmenden ergänzt wird .^ 2) einen unbescholtenen .Lebenswandel geführt haben ; 3) an dem Orte, wo sie sich niederlassen wollen, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen finden , 4) an diesem Orte nach den daselbst bestehenden Verhältnissen sich.

und ihre Angehörigen zu nähren im Stande sind.

Vor Ertheilung der Raturalisations-Urkunde hat die höhere Verwaltungsbehörde die Gemeinde, beziehungsweise den Armenverband des.^

17^ .^.

jenigen Orts, wo der Auszunehmende sich niederlassen will, in Beziehnng auf die Erfordernisse unter Rr. 2, 3 .und 4 mit ihrer Erklärung zü hören.

Von Angehörigen der Königreiche Bauern und Württemberg und des Grossherzogthums Baden soll, im Falle der Reziprozität, bevor sie

naturalisât werden, der Raehw^is, dass sie die Militairpflicht gegen ihr

bisheriges Vaterland erfüllt haben oder davon befreit worden sind, gefordert werden.

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^

Eine von der Regierung ^oder von einer Zentral- oder höher.en Verwaltungsbehörde eines Bundesftaates vollzogene oder bestätigte Bestallung für einen in den unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst .^der in den Kirehen-, Schul- oder Kommunaldienst ausgenommenen Ausländer oder Angehörigen eines anderen Bundesstaates vertritt die Stelle der Ratnralisations^Urknnde, beziehungsweise Ausnahme-Urkunde, sosern nicht ein entgegenstehender Vorbehalt in der Bestallung ausgedrückt^ wird.

Jst die Anstellung eines Ausländers im Bnndesdienst erfolgt, so erwirbt der Angestellte .^ie Staatsangehörigkeit in demjenigen Bundes. staate, in welchem er seinen dienstlichen Wohnsitz hat.

^

^ 10.

Die Raturalisations-Urkunde, beziehungsweise Ausnahme-Urkunde, begründet mit dem Zeitpunkte der Aushändigung alle mit der Staatsangehörigkeit verbundenen Rechte und Bflichten.

.^ 11.

Die Verleihung der Staatsangehorigkeit erstreckt sich, insosern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich aus die Ehefrau und die noch unter väterlicher Gewalt stehenden minderjährigen Kinder.

^ 12.

Der .Wohnsitz innerhalb eines Bundesstaates

allein die Staatsangehörigkeit nicht.

^13.

begründet für sich

Die Staatsangehörigkeit geht fortan nnr verloren :

1) durch Entlassung ans Autrag (^ 14 ff.), 2) durch Ausspruch der Behörde ^ 2 0 und 22)..

3) durch zehnjährigen Ausenthalt im Auslande (^ 21).

4) bei unehelichen Kindern durch eine den gesetzlichen Bestimmungen gemäss erfolgte Legitimation. wenn der Vater einem anderen Staate angehört als die Mutter.

17.^ . 5) ^ei einer Norddeutschen durch V...rheirathung mit dem Angehörigen ..ines anderen Bundesstaates o.der mit einem Ausländer.

^14.

Die Entlassung wird durch eine von der höheren Verwaltungshe-

^orde des Heimathsstaates ausgefertigte Entlassungs^Urkunde ertheilt.

.^ 15.

Die Entlassung wird jedem Staatsangehörigen ertheilt, welcher nachweist, dass er in einem anderen Bundesstaate die Staatsangehörigkeit erworben hat.

Jn Ermangelung dieses Nachweises dars sie nicht ertheilt werden: 1) Wehrpflichtigen, welche sich in dem Alter vom vollendeten siebenzehnten bis zum vollendeten fünf und zwanzigsten Lebensjahre befinden, bevor sie ein Zeugniss der Kreis-Exsa^kommission darüber beigebraeht haben, dass sie die Entlassung nicht blos in der Absicht nachsuchen, um sich der Dienstpflicht im stehenden Heere.

oder in der Flotte zu entziehen ; 2,. Militairpersonen, welche zum stehenden Heere oder zur flotte gehören, Offizieren des Beurlaubtenstandes und Beamten, bevor sie aus dem Dienste entlassen sind , 3) den zur Reserve des stehenden Heeres und zur Landwehr, sowie deu zur Reserve der Flotte und zur Seewehr gehörigen und nicht als Ofsiziere angestellten Bersonen , nachdem sie zum aktiven Dienste einberufen Borden sind.

.^ 16.

Norddeutschen, welche nach dem Königreich Bauern, dem Königreich Württemberg oder dem Grossherzogthum Baden oder nach den nicht zum Bunde gehörigen Theilen des Grossherzogthums Hessen auswandern .vollen, ist im Falle der Reziprozität die Entlassung ^u verweigern, so lange sie nicht nachgewiesen haben, dass der betreffende Staat sie aufzunehmen bereit ist.

.^ 17.

Aus anderen als aus den in den ^ 15 und 16 bezeichneten gründen darf in Friedenszeiten die Entlassung nicht verweigert werden.

^ür die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr bleibt dem BuudesPräsidium der Exlass besonderer Anordnung vorbehalten.

^ 18.

Die Entlassnngs-Urkunde bewirkt mit dem Zeitpunkte der Aushändigung den Verlust der Staatsangehörigkeit.

t.^0 ^

Die Entlassung wird unwirksam, wenn der Entlassene nicht binnen

^sechs Monaten vom Tage der Aushändigung der Entlassungs^Urkund.^ ..n seinen Wohnsit^ ausserhalb des Bundesgebietes verlegt Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate erwirbt.

oder die

^ 19.

Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich aus die Ehefrau und die noch unter väterlicher Gewalt stehenden minderjährigen Binder.

^20.

Norddeutsche, welche sich im Auslande aufhalten, Tonnen ihrer Staatsangehörigkeit durch einen Beschluss der Eentralbehorde ihres Heimathsstaates verlustig erklärt werden, wenn sie im Falle eines Krieges oder einer Kriegsgefahr einer durch das Bundespräfidium für das ganze Bundesgebiet anzuordnenden ausdrücklichen Aufforderung zur Rückkehr binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leisten.

^ 21.

Norddeutsche, welche das Jahre lang ununterbrochen im ihre Staatsangehorigkeit. Die punkte des Austritts aus dem

Bundesgebiet verlassen und sich zehn Auslaude aushalten, verlieren dadurch vorbezeiehuete Frist wird von dem ZeitBundesgebiete oder, wenn der Austre-

tende sich im Besi^ eines Reisepapieres oder Heimathsscheines befindet,

von dem Zeitpunkte des Ablaufs dieser Bapiere an gerechnet. Sie wird unterbroeheu durch die Eintragung in die Matrikel eines Bundeskonsulats. Jhr Lauf beginnt von Reuem mit dem ans die ^oschnng

in der Matrikel folgenden Tage.

Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich aus die Ehefrau und die unter väterlicher Gewalt stehenden minderjährigen Kinder, soweit sie sich bei dem Ehemanne, beziehungsweise Vater befinden.

Für Norddeutsche, welche sich in einem Staate des Auslandes mindestens füns Jahre lang ununterbrochen aufhalten uno in demselben zugleich die Staatsangehörigkeit erwerben, kann durch Staatsvertrag die .zehnjährige Frist bis aus eine fünfjährige vermindert werden, ohne Un^

texschied, ob die Betheiligten sich im Besi^e eines Reisepapieres oder

. Heimathsseheines befinden oder nicht.

Norddeutschen, welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren und keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, kann die Staatsangehörigkeit in dem früheren Heimathsstaate wieder verliehen werden , auch ohne dass sie sich dort niederlassen.

181 norddeutsche. welche ihre Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Ausenthalt im Zustande verloren haben und demnächst in d.^s Gebiet des Norddeutschen Bundes zurückkehren, erwerben die Staatsangehörigkeit in demjenigen Bundesstaate, in welchem sie sich niedergelassen haben, durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte AusnahmeUrkunde, welche auf Rachsuchen ihnen ertheilt werden muss.

^22.

Tritt ein Rorddeutscher ohne Erlaubniss seiner Regierung in fremde Staatsdienste, so kann die Eentralbehörde seines Heimathsstaates denselben durch Beschluß seiner Staatsangehörigkeit verlustig erklären, wenn ex einer ausdrückliehen Aussonderung zum Austritte binuen dex darin bestimmten Frist keine Folge leistet.

^ 23.

Wenn ein Norddeutscher mit Erlaubuiss seiner Regierung bei einer fremden Macht dient, so verbleibt ihm seine Staatsangehörigkeit.

^ 24.

Die Ertheilung von Ausnahme-Urknnden und in den Fällen des ^ 1 5 Absatz 1 von Entlassungs-Urkunden erfolgt kostenfrei.

Für die Ertheilnng von Entlassungs-Urkunden in anderen als den im ^ 15 Absatz 1 bezeichneten Fällen darf an Stempelabgaben und^ Aussertigungsgebühren zusammen nicht mehr als höchstens Ein Thaler erhoben werden.

^

^ 25.

Für die beim Erlasse dieses Gesezes im Auslande sieh aushaltenden Angehörigen derjenigen Bundesftaaten, nach deren Gesetzen die Staatsangehorigkeit durch einen zehnjährigen oder längeren Ausenthalt im Auslande verloren ging, wird der Lauf dieser Frist durch dieses Gesetz nieht unterbrochen.

Für die Angehörigen der ubrigen Bundesstaaten beginnt der Laus der im ^ 21 bestimmten ^rist mit dem Tage der Wirksamkeit dieses

^^

^ 26.

Alle diesem Gesetze zuwiderlausenden Vorschxisten werden aufgehoben.

^ ^ 1871 in Kraft.

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrist und beigedrucktem Bundes-Jnsiegel.

Gegeben Schloss Babelsberg, den 1. Juni 1870.

l.L. ^.)

.^i.^elm.

^r. v. ^^mar^^Schonhausen.

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I. Gesez über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit. (Vom 1. Juni 1870.) (Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Erlass Nr. 510.)

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Jahr

1870

Année Anno Band

3

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34

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.08.1870

Date Data Seite

176-181

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10 006 607

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