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Bericht des

Schweizerischen Konsuls in Genua, Hrn. Schlatter-Rheiner von St. fallen, über das Jahr 1869

(Vom 20. März 1870.)

An den hohen Bundesrath.

Allgemeine Lage und Handelsgesezgebung.

Jm verflossenen Jahre hat der Handelsverkehr des Hafens von Genua gegenüber dem Vorjahre keine bedeutenden Veränderungen erlitten. Laut dem von der .Handelskammer dieser Stadt soeben ver....ssentlichten Geschäftsbericht gibt die summarische Vergleichung folgende Resultate.

Dampfschiffe mit Bestimmung nach Jtalien und den überseeischen .Ländern : 1869.

Eingelaufen .

Abgesegelt .

Segelschiffe : Eingelaufen .

Abgesegelt .

Schisse.

1868.

Tonne.

. 2,107 mit 610,197 . 2,115 ,, 580,449

Schisse.

Tonnen.

2,151 mit 595,961 2,173 ,, 573,374

. 3,595 ,, 580,701 3,698 ,, 560,726 . 3,581 ,, 550,803 3,589 ,, 471,049

Aus diesem Berichte geht hervor. dass der Handel unseres Blazes sich fortwährend in blühendem Stande befindet , wovon die ununter-

506 brocheue ..Vermehrung der Handelsmarine , die fortwährend neue aus unsern Wersten erbaute Schisse von Stappel lässt, Zeugniss ablegt.

Der im verflossenen Jahre gestiegene Kurs der italienischen Rente erhohte das Zutrauen sür die Handelsnnternehmungen. Das im verflossenen Jahre erfolgte Sinken des Goldagio aus 3 ^ tr^.g ebensalls zur Erleichterung des Handeisverkehrs wesentlich bei. Demuugeachtet wünscht die Handelswelt lebhast die gänzliche Abschasfuug des Zwangskurses, denn ohne diese wird man so.rt und fort den Schwankungen des Auslandes unterworfen sein. Dies war im verflossenen Herbste der Fall, wo insolge des Sinkens der srau.^osischen Rente der Zinsfuss des Goldes aus 6 ^ gestiegen war. Jn der Handelsgese^gebung wurde

nichts^ Reues verfügt.

Erzeu^niffe der Landwirtschaft.

Der landwirtschaftliche Ertrag der Küste Genuas und der J.^sel Sardinien war im Allgemeinen ziemlieh befriedigend.

G e t r e i d e b a u . Die Ernte war ziemlich ergiebig, besonders aus der Jusel Sardinien ; da aber das Ausland mit seiner starken Getreideaussnhr Konkurrenz macht , so ist der Ertrag unter den^ Erwartungen der Landwirtl^e geblieben und mussten die Geldeinkünfte weniger genügend sein , als es die Eigenthümer erwartet hatten , denn der im Anfang des Jahres 1869 (je nach der Qualität) geltende Breis von 26 bis 28 L. per Hektoliter sank im Monat Dezember aus 21 bis

23 L.

W e i n b a u . Der Weinbau lieferte in diesem Jahre, das man ^u den g .wohnlichen rechnet, einen hohern Ertrag. Die Verbesserung der Weinkultur erzengte günstige Resultate , demungeachtet ex^istirt die Traubenkrankheit noch immer in vielen Lokalitäten und nur mit Hilse der Schwefelung gelang es, einen Theil der Ernte in gutem Zustande zu erhalten, worunter jedoch die ...Qualität zu leiden hatte.

S e i d e n b a u . Die Brovinz Genua zeichnete sich uie auf diesem Gebiete besonders aus, nnd war der Ertrag im verflossenen Jahre ziemlich gering. Die kalte und stürmische Witterung sagte der Behandlung der Seidenraupe nicht zu , die Maulbeerblätter blieben zurük , und das Endresultat entsprach keineswegs den Erwartungen der Eigenthümer. Jm Allgemeinen werden die japanesischen Eier vorgezogen, indessen hat man auch mit kalifornischen Versuche gemacht, die sehr gut ausfielen.

O e l. Jn seinen Oelsorten erhielt man ein Drittel des gewohn^ liehen Ertrages , in geringern eine Durchschnitts.^uantität. Der Stand der Olivenbäume berechtigte im Frühjahr zu den sehonsten Hossnungen,

507 die aber durch die grosse Trokenheit der Sommermonate und die unaufhörlichen Regengüsse des Herbstes vernichtet wurden.

Erzeugnisse der Industrie.

Die industrielle Produktion der Provinz hat im Allgemeinen die in meinen lezten Berichten vorhergesagte Entwiklung genommen. Die Baumwollspinnereien und Webereien haben ihre Fabrikation besonders in den Geweben verbessert, und diese Etablissemente konnen, selbst ohne Schu^oll , die Konkurrenz mit dem Auslande bestehen. Die Hüttenwerke pon St. Vietro d'Arena machen stetssort gute Geschäste. Die Tuch- und Wollensabriken haben ihre Bxodukte in den gewohnlichen Sorten merklich verbessert. Die Sammet^ und Stikereisabriken dagegen haben unter dem uuregelmässigen Geschäftsverkehr mit der argentinischen Republik, mit Brasilien und anderen überseeischen Ländern sehr gelitten.

^ Einfuhr und .^lu^fuhr.

Die Ausschlüsse , welche ich .^nir über die Einnahmen der HauptZollverwaltung Genua^s im Vergleich mit denjenigen vom Jahr 1868 verschaffen konnte, sind folgende:

^

.

.

^ l l e .

...lu^fuhr.

Einfuhr.

Einnahmen im Jahr 1869 ,, ,, ,, 1868

.

.

814,307 14,766,713 1,071,143 14,383,438

.^errecht.

Verschiedene....

.^tal.

519,491 475,562

2,708,063 2,624,379

18,808,575 18,494,523

.

.

Die Hauptartikel der Einsuhr, welche zu dieser Erhohung das Meiste beitrugen, sind : Wein

.

.

.

.

^ .

Oel ^

Rohe Häute

^

Lein und Flachs, gesponnen Gesponnene Baumwolle

1,787,765 Liter mehr als im Jahr 1868 1,209,801 Kilo ,, ,, ,, ,, ,, 1,.-71,41^

,,

^

,,

,,

,,

,,

115,080

,,

^

^

,,

,,

^,

12,696

,,

,,

,,

,,

,,

,,

.

Wolle

.

.

.

.

1,^^.^,.^.^.^

,,

,,

,,

,,

^,

,,

Seide

.

.

.

.

11,b1^

,,

.,

,,

,,

.,

,,

Getreide .

.

.

.

16,457,817

^,

,,

,,

,,

,,

,,

Dagegen ist in den Kolonialartikeln, Zuker, Baumwolle, baumwollene und wollene Gewebe, eine Verminderung eingetreten.

^o ..^ .

^

509 ..gesponnene Baumwolle. Es wurden eingeführt 1,468,587 ..Kilo , was im Vergleiche zum Jahr 1868 eine Verminderung von 12,596 Kilo ausmachte. Das Meiste kam ans England, aus der Schweiz werden nur wenige feine Rummern bezogen. Die allzu hohen Transportkosten bilden das Haupthinderniss.

. . g e s p o n n e n e r Flachs. Zur Verzollung gelangten 1,268,742 Kilo, meist englisches Fabrikat. Die massigen Preise des Seetransports sichern England (wie dies auch hinsichtlieh der Baumwolle der Fall ist) gegenüber den andern Ländern die Suprematie aus unserm Plaze.

R o h e s und g e b l e i c h t e s B a u m w o l l e n z e u g . Die Einfuhr von rohen Zeugeu hat vollständig aufgehort , indem die Fabriken des Landes diesen. Artikel zu sehr massigen Preisen herstellen; bei den bestehenden Zollen ist demnach eine Konkurrenz schwierig. Jn den leichtern Qualitäten wurden mit England und der Schweiz einige Geschäste gemacht. Diese .Qualitäten werden besonders sür die Färbereien bestimmt.

Was die gebleichten Zenge anbelangt, so sind es England und Frankreich, welche die unserem Lande entsprechenden Gewebe und Appreturen liesern.

G e d r u k t e B a u m w o l l e n w a a r e n . Die türkischrothen Halstücher finden immer noch Absaz, jedoch in geringerm Masse, als srüher; dieser Artikel würde eine schone Zukunft haben, wenn man sieh bemühte, neue Muster ans guten Geweben zu erfinden. Jndienne ans der Schweiz findet immer noch Absaz.

B a u m w o l l e n e f a r b i g e G e w e b e s ü r ^ D a m e n k l ei d e x und H o s e n . Die Einfuhr von solchen Stofseu ist nur unbedeutend; da die mechanischen Etablissemente , die in der Rahe des .Langeusees errichtet wurden , unter dem ^chuz des Einsuhrzollesstehen, so darf man sieh rüksichtlich des Absazes in unserm ^a..de keinen Jllufionen

hingeben.

.... t. G .. l l e r B a u m w o l l e n w a a r e n , g l a t t e M o u s s e l i n e und br och i r t e J a e o n a t s . Der Verkauf dieser Artikel, zumal derjenigen .Qualitäten, welche im Lande verbraucht werden, war ein regelmassiger . dagegen trat, hinsichtlich der zum Export bestimmten, der bereits oben erwähnten Geschästsunterbrechuug mit einigen überseeischen Ländern wegen, eine starke Verminderung ein. England fängt an, mit seinen Monsselinen und glatten Jaeouats Konkurrenz zu macheu , im Allgemeineu jedoch behauptet die St. Gallische Fabrikation ihre Ueberlegenheit in diesen Jndustriezweigen.

F e i n e S t i k e r e i e n uud g e s t i a t e V o r h ä n g e .

Die seine

Stilerei ist immer noch vernachlässigt, hinsichtlieh der gestikten Vorhänge werden, besonders aber in den gewohnliehen Sorten, ziemlieh viele Verkaufe gemacht.

Bunde^la^ Jahrg. XXII. Bd. II.

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.510 L e i n w a n d und l e i n e n e T ü c h e r . Mit dem Kanton Bern werden in Leinwand einige Gesehäste gemacht. Die Tischtücher finden immer geringen Absaz. Dagegen fand ziemlieh starke Rachsrage nach Zwillich statt , die rohen Sorten waren sehr gesucht und man glaubt, dass dieser Artikel in Ausnahme komme.

Uhren.

Schweizeruhren hatten den gewohnten Absaz.

K ä s e und M i l eh z u k e r. Die guten Käsesorten wurden sortwährend vortheilhast abgefegt . der Konsum von Milchzuker hat stark abgenommen.

Z i g a r r e n und T a b a k . Der geringe Absaz von schweizerischen Eigarren hat sozusagen ganz aufgehort ^ die grosse Strenge und die gar zu umständlicheu Formalitäten der Regie tragen Schuld daran.

Der Unterschied in den Ausfuhrzifseru erklärt sich aus der in mehreren Gegenden herrschenden Geschästsstokuug , und besonders ans dem Kriege der argentinischen Republik mit Paraguay , welche beiden Länder vormals sehr ausgedehnte Beziehungen mit unserem Hafen unterhielten und der inländischen Judustrie eiuen vorteilhaften Absaz gewährten, ^der ab^.r ans dem angeführten Grnnde seitdem stark gelitten hat.

Eine sehr starke Verminderung fand in der Aussuhr von Getreide statt :

Korn . . 15,426,327 Kilo weniger als im Jahr 1868 ^ Reis . . 4,880,307 ,, ,, ,, ^ ,, ,, Mehl. . 7,439,039 ,, ,, ,, ,, ., ,,

was sich aus den ziemlich reichlichen Ernten Jtaliens und der benachharten Länder erklären lässt , ein Umstand , der ebenfalls ^um Linken der Preise beitrug.

Jn den bestehenden Zolltarifen sand keine Veränderung statt.

Eisenbahnen und Verkehrswege.

Seit meinem lezten Berichte wurden die Bahnen von Genua nach Savona und von Genua naeh Ehiavari erosfnet. Bis zum heutigen Tage besten dieselben noch keine grosse Wichtigkeit für den Handel, sobald jedoch die Verbindung mit den sran^osischen und toseanisehen .Linien einmal erstellt sein wird , werden dieselben ohne Zweifel eine grosse Bedeutung erlangen.

^Durch die Gesellschast Rubattino ist nach der Levante und Jndien eine neue Dampfschissverbindung errichtet worden , welche seit der Erossnung des Suezkanals einer schonen Zukunft entgegenzugehen scheint.

Die Generalgesellschast des Seetransports von Marseille hat auch sur ^.die ..^oineidenz der monatlichen Abfahrten aus unserm Hafen mit denen

511 ihrer Dampfschiffe nach Brasilien und Blata gesorgt, was für den Hafen Gennas sehr günstig ist.

Einwanderung und Schweizerin Gesellschaften.

Man schlägt die Zahl der ans der Schweiz kommenden Bersonen, die sich hier nach Brasilien, den Blatastaaten und der argentinischen

Republik einschiffen, aus jährlich 400 bis 500, und diejenigen, welche sich nach .Algerien und Frankreich begeben, aus 700 bis 800 an. Meist sind dies Tesfiner Steinhauer , welche dort Arbeit suchen und , nach einigem Erwerb, zurükkommen.

Der schweizerische Unterstüzungsverein ist die einige unter unsern Landsleuten bestehende Gesellschast. Laut seinem lezten Berichte von 1869 hat derselbe 150Bersonen mit einer Snmme von 1355 L. unter-

stüzt. Die Mitgliederzahl belies sich auf 68.

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Bericht des

schweizerischen .Konsuls in Bastia, Hrn. Feretti aus dem Danton Hessin, für das Jahr 1869

^

(Vom 28. März 1870.)

An den hohen s.chmeiz. Bundesrath.

Tit. l Seit mehr als 12 Jahren war Eorsika, wie die osfiziellen Berichte es nachweisen , durch fehlere Ernten schwer heimgesucht. Theurung auf Theurung und die mit einer Hestigkeit wie sonst nirgends auftretende Traubenkrankheit äusserten aus die Ausfuhr einen lähmenden Einsluss , aber günstigere Zeiten künden sieh an, und die lezte Jahresernte war besser.

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Bericht des Schweizerischen Konsuls in Genua, Hrn. Schlatter-Rheiner von St. Gallen, ?ber das Jahr 1869 (Vom 20. M?rz 1870.)

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04.06.1870

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