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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Ergänzung des Bundesgesetzes betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Specialfonds vom 10. April 1891.

(Vom 15. März 1895.)

Tit.

Obschon das Gesetz über die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Specialfonds neuern Datums ist, so sieht sich doch 3er Bundesrat infolge der in letzter Zeit eingetretenen Veränderungen des Geldmarktes und der immer mehr ausgesprochenen Tendenz für Zinsreduktion aller für uns in Betracht fallenden Anlagewerte gezwungen, Ihnen eine Abänderung beziehungsweise Ergänzung desselben vorzuschlagen.

Wenn es auch gelungen ist, die aus dem 20 Millionen-Anleihen eingegangenen Gelder in Titeln anzulegen, deren Ertrag gegenwärtig durchschnittlich 3 1/2% beträgt und demnach die Ausgabe für die Verzinsung dieses Anleihens wieder einbringt, so folgen sich nun die Konversionen überall da, wo solche auf Grund der Anleihensbedingungen irgend zulässig sind, in so rascher Folge, daß es ungemein schwierig wird, neue Placements ohne allzu große Einbußen am bisherigen Ertrag ausfindig zu machen.

Gegenwärtig muß nicht nur für erstklassige 3 Va °/o ausländische Obligationen ein Agio bis 5 °/o bezahlt werden, sondern die Rückwirkung ist auch für das Inland nicht ausgeblieben, und schweizerische Obligationen, die noch vor wenigen Jahren zu 97 °/o und darunter erhältlich waren, haben dermalen nicht nur den Parikurs erreicht,

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sondern sind selbst bei l--2 % Agio gesucht. Hand in Hand mit diesem hohen Kurs aller Wertpapiere geht der niedrige Wechseldiskonto und der Zinsfuß für Anlagen in Bankdepositen. Zur Zeit wäre es der Staatskasse schon sehr schwierig, Wechsel zu l Va % ·m diskontieren, und da gemäß Übereinkommen der Zinsfuß für Bankdepositen jeweilen auf l % unter dem offiziellen Diskonto festgesetzt ist, der dato 2 1/2 °/o beträgt, so ist der Ertrag dieser Anlagen ebenfalls nu1 1/2 %.o.

Wenn wir uns nun nicht der fatalen Konsequenz unterziehen wollen, den Minderertrag der eidgenössischen Anlagen gegenüber der Verzinsung der Staatsschulden mehr und mehr anwachsen zu lassen, so muß der im Gesetze gezogene Kreis der Anlagen etwas erweitert werden. Es liegt uns ferne, zu diesem Zwecke unser Augenmerk auf Papiere richten zu wollen, deren Solidität auchnur dem mindesten Zweifel begegnen könnte ; allein außer ausländischen Staatspapieren und inländischen kantonalen oder Eisenbahn Obligationen giebt es noch eine Kategorie schweizerischer Titel, deren Sicherheit unzweifelhaft ist, und welche, namentlich wenn die Anlage von kürzerer Dauer ist, noch häutig zu günstigem Bedingungen erhältlich sind, als die vorgenannten Papiere. Wir meinen damit die O b l i g a t i o n e n , K assensc h ei n e etc. u n s e r e r Hypothekarbanken.

Die nennenswertesten dieser Institute haben die statutarische Vorschrift, daß ihr Obligationenkapital in Hypothekartiteln oder in Wechseloblighi, versichert durch faustpfandliche Hinterlage von Wertpapieren, angelegt werden muß; das Erteilen von ungedeckten Krediten und andere mit Risiko verbundene Geschäftszweige sind ihnen untersagt. Eine Anzahl dieser Hypothekarbanken qualifiziert sich auch deswegen als Institute, deren Obligationen erworben werden dürfen, weil Kantone mit Gründungskapital bei denselben beteiligt und in den Verwaltungsbehörden vertreten sind. Wo solche Grundlagen für die Solidität eines Instituts vorhanden sind, dürfte nach der Auffassung des Bundesrates die Anlage eidgenössischer Gelder gestattet werden. Allerdings läge es auch im Bereiche der Möglichkeit, daß im Verlaufe der Zeit die Statuten einer solchen Bank geändert und deren Geschäftsbetrieb dadurch derart verändert würde daß die Vorzüglichkeit der gemachten Anlage in Frage gestellt werden könnte. Dem gegenüber darf aber
darauf verwiesen werden, daß, nach unserer Ansicht, es sich nicht um Erwerbung von langsichtigen Titeln handeln würde, sondern von Obligationen und Kassenscheinen auf längstens fünf Jahre, wodurch das Schuldverhältnis auf die natürlichste Weise von Zeit zu Zeit sich lösen wird.

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Als eine fernere Vorsichtsmaßregel schlagen wir vor, daß diese Obligationen von schweizerischen Hypothekarbanken in gleicher Weise behandelt werden sollen, wie nach Art. 7, Alinea 3, des jetzigen Gesetzes die ausländischen Staatapapiere und schweizerischen Eisenbahnobligationen, d. h. das Finanzdepartement würde nur zur Übernahme solcher Titel ermächtigt, deren Erwerbung vom Bundesrate vorher grundsätzlich als zulässig erklärt worden ist; diese Ermächtigung dürfte aber nur ausgesprochen werden, nachdem sich der Bundesrat durch Einsichtnahme der vorgelegten Statuten, Bilanzen und der Anleihensbedingungen von der Solidität der AnInge überzeugt haben wird.

Von diesen Erwägungen geleitet, beehren wir uns, Ihnen den nachfolgenden Gesetzesentwurf zur Genehmigung zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. März

1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Ergänzung des Gesetzes betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Spécialfonds vom 10. April 1891.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 15. März 1895,

einer Botschaft

des Bundesrates vom

beschließt: Art. 1. Das Bundesgesetz vom 10. April 1891 betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Specialfonds*) wird dahin ergänzt, daß a. zu den in Art. 3 als zulässig aufgeführten Anlagen diejenige in Obligationen von schweizerischen Hypothekarinstituten hinzugefügt wird ; b. der Bundesrat diejenigen Hypothekarinstitute bezeichnet, deren Obligationen erworben werden können (Art. 7, Alinea 3).

Art. 2. Der Bundesrat wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmungen über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Veröffentlichung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

Siehe eidg. Gesetzsammlung n. F., Bd. XII, Seite 143.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Ergänzung des Bundesgesetzes betreffend die Anlage eidgenössischer Staatsgelder und der Specialfonds vom 10. April 1891. (Vom 15. März 1895.)

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20.03.1895

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