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Schweizerisches Bundesblatt.

64. Jahrgang.

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18. Dezember 1912.

Band V.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Beteiligung des Bundes an der Errichtung eines schweizerischen Nationalparks im Unterengadin (Kanton Graubünden).

(Vom 9. Dezember 1912.}

Tit.

Durch Eingabe vom 1. Februar 1911 gelangte die von der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft niedergesetzte Kommission für Naturschutz mit dem Ansuchen an uns um Aussetzung eines jährlichen Beitrages von Fr. 30,000 an die Kosten eines auf dem Gebiete der Gemeinden Scanfs, Zernez, Cierfs, Schuls und Tarasp zum Teil bereits gegründeten Nationalparkes.

Die Eingabe war durch eine persönliche Erklärung des Präsi·denten der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft gutge.heissen, d. h. empfohlen.

Diesem Schritt der schweizerischen Naturschutzkommission ist folgendes vorausgegangen: Durch Zuschrift vom 1. Juni 1907 verwendete sich die Ge.sellschaft für Physik und Naturgeschichte in Genf beim eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement einerseits dafür, dass -dem Projekt einer Drahtseilbahn auf den Cervin keine Folge Bundesblatt. 64. Jahrg. Bd. V.

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gegeben werden möchte, und machte anderseits die Anregungzur Schaffung geologischer und geographischer Freizonen, welche gegen die Eingriffe der menschlichen Industrie zu schützen wären -- nach dem Vorgange der Vereinigten Staaten Nordamerikas.

Das genannte Departement trat in der Weise auf diese Anregung ein, dass es dem Departement des Innern eine Abschrift der erwähnten Eingabe übermittelte und es ersuchte, sich an der Prüfung dieses Problems zu beteiligen.

Das Departement des Innern gab der Einladung Folge und wandte sich seinerseits an das Zentralkomitee der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, sowie an den Vorstand der schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz, indem es ihnen die Frage unterbreitete, wie sie sich zu der Anregung stellen, welche Gegenden unseres Landes, nach ihrer Ansicht, dabei in Betracht fallen könnten und auf welche Weise für die Aueführung desPlanes vorzugehen wäre.

Hierauf liess sich zuerst das Zentralkomitee der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft vernehmen, welches unterm 9. August 1907 mitteilte, dass die von der Gesellschaft eingesetzte Kommission für die Erhaltung von Naturdenkmälern und prähistorischen Stätten (Präsident Dr. Paul Sarasin) sich bereits mit der Frage solcher Reservationen beschäftigt und die kantonalen Subkommissionen beauftragt habe, Vorschläge über eventuell anzulegende Freizonen zu machen und über die Mittel und Wege, wie solche geschaffen werden könnten, zu beraten.

Unterm 10. Dezember 1908 gelangte ein weiteres Schreiben des Zentralkomitees an das Departement des Innern, wodurch angezeigt wurde, dass der Kommission für Naturschutz und den kantonalen Subkommissionen zahlreiche Vorschläge zur Bildung von Naturschutz-Reservationen eingegangen seien.

Während es sich bei den meisten vorgeschlagenen Objekten nur um kleinere Gebiete von Torfmooren, Waldstucke, Findlinge usw. handle, habe die Naturschutzkommission geglaubt im Sinne des Departementes vorzugehen, wenn sie sich nach einer Reservation im grossen Stile umsehe. Ein solches Gebiet könne nur in einer relativ schwach bevölkerten Gegend gefunden Werden, und es habe sich hierzu, ihrer Natur nach, am geeignetsten die Südostecke des Kantons Graubünden gezeigt, ungefähr umgrenzt durch das Viereck Piz Quatervals, Piz Nuna, Piz Lischanna und Piz Nair. Hier liege eine Reihe unbewohnter Alpentäler und meist solche, wo die Weide- und Holzrechte ohne allzu grosse Kosten abgelöst werden könnten. Hier liesse sich eine Reser-

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vation schaffen, die, wenn auch an Ausdehnung hinter dem Yellowstone-Nationalpark Nordamerikas zurückstehend, doch an wissenschaftlichem Interesse von grossem Wert wäre.

Die schweizerische Naturschutzkommission habe sich sodann auch ohne Verzug mit der Gemeinde Zernez in Verbindung gesetzt wegen Überlassung des Val Cluoza als Reservation, mit der Absicht, weitere Gebiete dieser Gemeinde und anderer Gemeinden daran anzuschliessen.

Unter dem 1. Februar 1911 langte von dieser Kommission selbst das im Eingange angeführte Gesuch um Gewährung eines jährlichen Beitrages von Fr. 30,000 für die Errichtung eines Nationalparkes auf dem Gebiete der schon bezeichneten Gemeinden ein. Aus der Begründung des Begehrens sei hier folgendes reproduziert.

Auf Anregung des eidgenössischen Departements des Innern hat die von der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft niedergesetzte schweizerische Naturschutzkommission sofort eine umfassende Tätigkeit entwickelt, indem sie zunächst Schritte tat für die Erhaltung interessanter erratischer Blöcke, sowie zum Schütze seltener Pflanzen und Pflanzenherden, von schutzbedürftigen Tieren, insbesondere von, der Land- und Forstwirtschaft nützlichen, unter dem Schutz des Bundes stehender Vogelarten.

Sodann ist die Kommission an die Gründung einer grössern Reservation gegangen. Mit der Gemeinde Zernez wurde ein definitiver Pachtvertrag auf 25 Jahre abgeschlossen über das Val Cluoza und die sich daran anschliessende rechte Talseite des Inn, mit Einschluss des Val Tantermozza bis zur Gemeindegrenze von Scanfs. Auch mit letzterer Gemeinde bestehe bereits ein Vertrag, der sich über das Gebiet von Val Forta bis zum Monte Serra, längs der Zernezergrenze ausdehnt. (Die Waldungen im Inntal und Trupchum sind, mit Ansnahme unbedeutender Bestände an der Waldvegetationsgrenze, in der Reservation nicht inbegiiffen.)

[Siehe Karte im Massstab von, l : 100,000.]

Die Waldungen im Val Cluoza bekleiden die rechte und linke Talseite bis zur Waldvegetationsgrenze, sind aber stark unterbrochen von Rufen, Lawinenzügen und Steintrümmern (Gufer). Die weitaus vorherrschende Holzart ist die Bergkiefer, deren meist niederliegende niedrige Bestände (Krummholzkiefer) kleinere und grössere Gruppen und Einzelstämme von Lärchen und Arven enthalten.

Da durch die Tiefe des Tales keine Wegsame besteht und überhaupt nur von hochobenher ein schwierig gangbarer Pfad in

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das Tal führt, die Anlage eines brauchbaren Fahr- oder Schlittweges aber mit grossen Kosten verbunden wäre, so besitzt der Wald einen nur geringen Wert. Flössung ist das einzige unvorteilhafte Transportmittel. Die Waldfläche wurde vom betreffenden Kreisforstamt zu 120 ha geschätzt, mit einem jährlichen Zuwachs von 95 Festmetern und einem Wert auf dem Stock von zirka Fr. 500.

Der Grosse Rat Graubündens hat untertn 24. Mai 1910 ein Jagdverbot für das Val Cluoza erlassen und der Regierungsrat, mit bundesrätlicher Genehmigung, unterm 4. November 1910 für den Talbach in Tantermozza ein Fischereiverbot.

Im Val Cluoza ist für den Aufseher der Reservation bereits eine Hütte erstellt worden, die er jedoch nur vom 1. Juni bis zum Einschneien bewohnt, den Winter bringt er in Zernez zu; Die Naturschutzkommission, welche obige Reservation aus eigenen Mitteln geschaffen und bisher auch unterhalten hat, findet nun aber dieselbe zur Erreichung ihres Zweckes zu beschränkt' und hat sich daher nach Erweiterung derselben umgesehen auf Gebiet der Gemeinden Zernez, Cierfs am Ofenberg, Schuls im Val Scarl und Tarasp im Val Plafna.

Mit Cierfs, resp. der Gemeinde Valcava, als Eigentümerin des Val Nuglia und mit einem dortigen Privatwaldbesitzer, sowie mit der Gemeinde Tarasp bestehen noch keine Verträge, dagegen wurde mit Schuls und der Alpgenossenschaft Tavrü in Scarl ein Vertrag auf 25 Jahre abgeschlossen. Ein Vertrag auf 25 Jahre kam auch mit der Gemeinde Zernez betreffend den Ofenberg zustande, der nachträglich dann aber, mit Einschluss von Val Cluoza und Tantermozza, auf 99 Jahre in der Weise verlängert wurde, daas die schweizerische Naturschutzkommission nach 25 Jahren das Recht hat, entweder die Pacht zu künden, oder sie zu gleichen Bedingungen auf 75 weitere Jahre zu verlängern. -- Von obiger Eingabe der schweizerischen Naturschutzkommission wurde dem Regierüngsrat des Kantons Graubünden Kenntnis gegeben mit dem Ersuchen, sich über seine Stellungnahme gegenüber der Bildung fraglicher Reservationen auf dortigem Kantonsgebiet äussern zu wollen.

Die Antwort erfolgte durch Schreiben vom 21. April 1911 und lautet dahin, die Gründung einer Gross-Reservation, als schweizerischer Nationalpark, nach dem Projekt der schweizerischen Naturschutzkommission, auf dem Gebiet der Gemeinden Scanfs, Zernez, Cierfs, Schuls und Tarasp werde begrüsst, in-

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dem durch den Entzug der in diesen Gebieten bis jetzt ausgeübten Weide- und Holznutzungen volkswirtschaftliche Nachteile nicht eintreten und auch eine Gefahrdung der in Frage kommenden Waldungen aus dem Umstände, dass sie dem Naturleben, ohne irgendwelches Eingreifen des Menschen überlassen werden, nicht zu befürchten sei.

Über das Projekt selbst ist auf Grundlage der vorliegenden Akten folgendes zu berichten : Die auf dem Gebiet der Gemeinden Scanfs, Zernez, Schuls und Tarasp liegenden Reservationen bestehen aus Wald und Alpweiden, die in unfruchtbare felsige Hänge, Gräte und Bergspitzen übergehen. Die Gesamtfläche derselben wird zu rund 200 km 2 angegeben.

Was die Waldungen betrifft, so wurden von den Gemeinden diejenigen Distrikte, die mit Bezug auf Bodensehutz und Rentabilität grössern Wert besitzen, von der Reservation ausgeschlossen. Die innerhalb derselben liegenden Waldungen bestehen, gleich wie in dem bereits besprochenen Val CJuoza, weitaus zum grössten Teil aus der Bergföhre und ferner aus Gruppen und Einzelstämmen von Lärchen und Arven an der Waldvegetationsgrenze. Bis in diese entlegenen, meist sehr schwer zugänglichen Waldungen, ist die Waldwirtschaft bisher nur ausnahmsweise gedrungen und da dieselben, als Teile der Reservation, künftighin nicht mehr genutzt und vom Tritt und Biss des Weidviehes unberührt bleiben werden, so wird der Wald sich natürlich verjüngen und über die Weidflächen, auch bergwärts, bis an die durch das Klima bezeichnete Waldvegetationsgrenze ausbreiten. Dieser Vorteil ist so gross, dass er den Nachteil des Fehlens einer wirtschaftlichen Behandlung der Waldungen und des Nutzungsausfalles als sehr unbedeutend erscheinen lässt.

Es besteht somit kein Grund, die in den Reservationen stehenden Waldungen ihrem unbeschränkten Naturleben nicht zurückzugeben.

Die Alpweiden werden dadurch, dass man sie sich selbst überlässt nur gewinnen, denn die Rasendecke, die nicht mehr unter dem Tritt des Weideviehes zu leiden haben wird, wird sich besser schliessen und die Graser und Krauter sich künftighin üppiger entwickeln, wenn der Jahreswuchs dem Boden als Dünger gelassen wird. Der Gemeinde wird der Verlust an Alpnutzung durch den Pachtbetrag entschädigt.

Das ausgedehnte felsige Gebirge und die Steingufer kommen mit Bezug auf Rentabilität nicht in Betracht.

420 Es taueht nun die Frage auf, welche Zwecke die schweizerische Naturschutzkommission bei der Schaffung einer GrossReservationen, eines Nationalparks, verfolgt. Zunächst hat sie einen wissenschaftlichen Zweck ins Auge gefasst, es soll der Wissenschaft ein weites Feld geöffnet werden, zu Beobachtungen und zu Studien eines grössern, allem Einfluss des Menschen möglichst entzogenen Gebietes, wo die Natur sich selbst überlassen ist und nach ihren Gesetzen die bisherigen Eingriffe des Menschen allmählich zu verwischen und den einstigen Urzustand wieder möglichst herzustellen sucht.

Über diese Bedeutung des Nationalparks sprechen sich Herr Prof. Dr. Schröter-Zürich in einem einlässlichen Gutachten bezüglich der wissenschaftlichen Erforschung der Pflanzenwelt und Prof. Dr. Zschokke-Basel bezüglich der Tierwelt aus. In beiden wird das vorliegende Projekt unterstützt und die Zweckmässigkeit der, von der schweizerischen Naturschutzkonimission in Aussicht genommenen Reservationen hervorgehoben (beide Gutachten liegen bei den Akten).

Aber nicht nur die Wissenschaft wird, nach Ansicht der schweizerischen Naturschutzkommission, aus den Reservationen Nutzen ziehen, sondern auch der Naturfreund wird sich zum schweizerischen Nationalpark hingezogen fühlen, in diese grossartige Hochgebirgslandschaft mit ihrer eigentümlichen, frei unter sich selbst um ihr Dasein kämpfenden Pflanzen- und Tierwelt.

Namentlich wird das vorhandene Jagdwild, im Gefühle der Sicherheit, sich hier mehren und von aussen her zahlreichen Zuzug erhalten.

Hl Zur leichten Begehung der heute fast noch pfadlosen Gegenden gedenkt die Kommission Fusswege anlegen und die vorhandenen Älpgebäude zu Schutzhütten einrichten zu lassen.

Ferner ist zu bemerken, dass nicht nur der schweizerische Naturfreund, sondern auch der Ausländer den grössten Nationalpark Europas besuchen und sich dessen Eindrücken hingeben wird. Mit Gründung des Nationalparks wird, zu den vielen bestehenden, ein neuer Anziehungspunkt edelster Art geschaffen.

Wir müssen uns nun aber weiter fragen, ob die Vorlage der schweizerischen Naturschutzkommission in ihrem Gesamtumfange die nötige Grundlage bietet zur Schaffung einer GrossReservation über die aufgeführten Gebiete der Gemeinden Scanfs, Zernez, Cierfs, Schuls, Tarasp und ob die abgeschlossenen Ver-

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träge die nötigen Bestimmungen enthalten, um die vorgesteckten Zwecke zu erreichen.

Zunächst ist hierüber zu bemerken, dass Pachtverträge zwischen der schweizerischen Naturschutzkommission und den Gemeinden Cierfs, resp. der Besitzerin der Alp Nüglia und einem Privatbesitzer am Ofenpass, und mit Tarasp, wie schon oben angeführt wurde, bis jetzt noch nicht abgeschlossen wurden und mit den Gemeinden Scanfs und Schuls nur solche auf 25 Jahre. Eine so kurze Dauer des Naturschutzes hat sehr geringen Wert, denn in dieser Zeit wird im Bestand der Flora und Fauna der erwähnten hochgelegenen Reservationen mit ihrem langen Winter keine ·erhebliche, wenn wissenschaftlich auch nicht ganz wertlose Änderung eintreten. Es wird der Wald zwar schon in dieser kurzen Zeit an Ausdehnung auf benachbartem Boden und selbst bis zur natürlichen Waldvegetationsgrenze hinauf gewinnen, die Alpweiden werden sich üppiger entfalten und ihre Grasnarbe .sich in etwas verändern. Aber dieser Wechsel ist doch zu unbedeutend gegenüber den festgesetzten Pachtbeträgen.

Anders verhält es sich dagegen mit der Reservation auf dem Gebiet der Gemeinde Zernez, für welches ein Pachtvertrag auf volle 99 Jahre abgeschlossen wurde. Diese Reservation nimmt für sich allein schon eine Fläche von 95 km 2 ein, wovon allerdings, je nach den Distrikten, 20--35 % unproduktiver Boden. Sie bildet ein gut arrondiertes Ganze, dessen Begrenzung sich wie folgt beschreibt und in der Karte mit roter Farbe bandiert ist.

Beim Piz Quatervals (3169 m) beginnend, geht die Grenze gegen die Gemeinde Scanfs, längs dem höchsten Grat zum Piz d'Esen, dann in nördlicher Richtung auf einen Felskopf und weiter nordwestlich zur obern Waldgrenze im Val Torta. Von hier an läuft die Grenze am obern Waldsaum hin, durchquert unten das Val Tantermozza und gelangt zum Signal Nr. 21 der Triangulation IV. Ordnung. Von hier zieht sie sich in östlicher Richtung zum Punkt 2587 m (Siegfriedkarte Blatt 424), am Grat gegen Val Cluoza und wendet sich dann nördlich zum Punkt 2328 m. Nun senkt sich die Grenze östlich, durch das Vallun Pedratscha hinunter zum Cluozabach und steigt jenseits durch einen Lawinenzug hinauf zum Punkt 2482 m und über den Grat auf Piz Terza.

Von hier nach dem Spöl ist die Grenze noch nicht genau festgestellt, es empfiehlt sich aber, dieselbe in der Richtung des Hanggefälles zu diesem Fluss hinunterzuziehen und sodann dem-

422 selben folgend bis zum Binlauf des Ova del Fuorn in den SpöL Ersterer begleitet die Grenze bis zum Bach aus dem Val Ftur und folgt diesem bis auf Piz Laschiadurella (3049 m). Von hier nimmt die Grenze eine östliche Richtung ein und zieht sich.

über den Gebirgsgrat gegen Val Sampuoir (Grenze gegen Ardez)und denjenigen gegen Val Plafna (Gemeindegrenze von Tarasp).

zum Punkt 2947 m. Von da an setzt sie sich südlich, längs der Cierfsergrenze zum Piz Nair fort und hinunter in den Bach des Val Nuglia. In südwestlicher Richtung durchquert die Grenzesodann den Bach Ova del Fuorn, steigt zum Monte da Buffalora hinauf und trifft bei 2510 m die italienische Grenze. Dieser folgt nun die Reservationsgrenze in südwestlicher Richtung ins Val Ciasabella, durch dasselbe hinunter ins Val del Gallo und zum Spöl. Jenseits steigt die Landes- und Zernezergrenze hinauf zum Piz Murtarus und Piz dell'Acqua und über den Monte Serra zum Piz'.

Quatervals, womit sich die Grenze abschliesst.

Zwischen Val Ciasabella und Val del Gallo geht die Reservationsgrenze über den Punkt 2170 m, indem die Gemeinde Zernez hier ein Stück Boden verkauft hat.

Zu bemerken ist, dass das Gut Ofenberg (Wirtschaft) inr Distrikt zwischen Spöl und Ofenberg ein Weidrecht besitzt.

:· Für diese Zernezer-Heservation, den schweizerischen Nationalpark, fehlt noch das Jagd- und Fischereiverbot, nur für das Val Tantermozza besteht letzteres und für Val Cluoza ersteres jetzt.

schon. Für den Spöl als Grenzgewässer der Reservation kann von einem Fischerei verbot abgesehen werden.

Laut dem von der schweizerischen Naturschutzkommission, mit der Gemeinde Zernez abgeschlossenen Vertrage belaufen sich die Pachtsummen auf: · ' ' 1. für das Gebiet von Tantermozza im Inntal . Fr.

(iOt) 2. für Val Cluoza ,, 1,400 3. Distrikt Praspöl ,, 3,300 4.

,, La Schera ,, 9,500 5.

,, Fuorn ,, 1,000 '· 6.

,, Stavelchod ,, 2,400 ·

Zusammen

Fr. 18,200

· · Aus dem vorstehenden geht hervor, dass die .Bemühungen der Naturschutzkommission für Schaffung eines schweizerischenNationalparkes insoweit feste Gestalt angenommen haben, als es

423 die Pacht dreier Gebietsteile der Gemeinde Zernez (Val Tantermozza, im Inntal, Val Cluoza und Ofenberg) betrifft. Dagegen sind die Verhandlungen mit den Gemeinden Cierfs, Schuls und Tarasp noch nicht zum Abschluss gediehen. Es kann sich also dermal für uns noch nicht darum handeln, in vollem Masse auf das Beitragsgesuch einzutreten. Wir beschränken uns daher einstweilen auf die Empfehlung einer jährlichen Bundesunterstützung von Fr. 18,200, welche Summe die Petentin zur Bezahlung des Zinses für die mit Zernez abgeschlossene Pacht nötig hat. Zudem wünschen wir uns die Möglichkeit zu sichern, den Beitrag erhöhen zu können, wenn die Verhandlungen mit den Gemeinden, Cierfs, Schuls und Tarasp zu einem befriedigenden Abschluss gelangen und das Gebiet des Nationalparkes von daher einen wünschbaren Zuwachs erhält.

Die Abmachungen mit der Gemeinde Zernez bedürfen, wie oben angedeutet, noch einiger nicht belangreicher Ergänzungen zur Sicherung des Gebietes des Nationalparkes, wie die Durchführung einer Vermarkung, und die Erwirkung eines vollständigen Fischereiund Jagdverbotes. Anderseits hat auch die Petentin gegenüber der Eidgenossenschaft gewisse Verpflichtungen in bezug auf die Erhaltung der Reservation einzugehen, wie die regelmässige Überwachung, die Anlage von Fusswegen, die Unterhaltung der auf dem Gebiete des Parkes vorhandenen Alphütten als Schutzhütten für die Besucher, sowie der Hütte des Parkwächters, der graphischen Aufnahme der Flora und Fauna etc. Um diese Voraussetzungen für die richtige Entwicklung des Nationalparks zu realisieren, haben wir uns in dem dieser Botschaft angeschlossenen Entwurf-Bundesbeschluss die Befugnis vorbehalten, die Verpflichtungen festzustellen, welche die Naturschutzkommission ihrerseits zu erfüllen hat.

Da diese Kommission nicht selbst ein Rechtssubjekt ist,.

sondern nur einen Spezialausschuss der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft bildet, haben wir letztere, welche juristische Persönlichkeit besitzt, veranlasst, die Vorkehren ihrer Naturschutzkommission in Sachen der Errichtung eines Nationalparkes gutzuheissen und die Verantwortlichkeit für die von ihr eingegangenen und noch einzugehenden Verpflichtungen zu übernehmen. Es ist hierauf ein sachbezüglicher Beschluss des Zentralkomitees, sowie des Senates der Gesellschaft gefasst und zu den Akten gegeben worden.

Zum Schlüsse sei noch folgendes bemerkt : die Kunde von der ausgedehnten Reservation in einer der unbekanntesten, wildesten

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·und naturgeschichtlich interessantesten Gegenden der Schweiz hat .sich rasch nicht nur durch die ganze Schweiz verbreitet, sondern ·ttber deren Grenzen hinaus und hat allgemein Anklang gefunden.

Den Bemühungen der genannten Kommission ist es dann geglückt, ·einen Naturschutzbund zu gründen, der gegenwärtig bereits zirka 17,000 Mitglieder im In- und Ausland zählt und bald die 20,000 erreichen wird. Diese Vereinigung trägt ebenfalls das ihrige zur Unterstützung und Sicherung des Unternehmens bei.

Im Hinblick hierauf halten wir es auch für den Bund als gerechtfertigt, sich desselben anzunehmen und erlauben uns daher, ·den nachstehenden Entwurf Bundesbeschluss Ihnen zur Gutheissung .zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 9. Dezember 1912.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Beteiligung des Bundes an der Errichtung eines schweizerischen Nationalparkes im Unterengadin, Kanton Graubünden.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Eingabe der Naturschutzkommission der schweizerischen naturforschenden Gesellschafs und einer Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1912, beschliesst: Art. 1. Zur Erleichterung der Schaffung des schweizerischen Nationalparkes, den die Naturschutzkommission der schweizerischen naturfbrschenden Gesellschaft im Unterengadin (Graubünden) zu gründen beabsichtigt, sichert die Eidgenossenschaft dieser Kommission folgende Beiträge zu: A. Einen jährlichen Beitrag von Fr. 18,200, entsprechend dem jährlichen Zinse für die durch Vertrag vom 7. November 1912 von der Gemeinde Zernez auf die Dauer von 99 Jahren erlangte pachtweise Benutzung der Täler T antennozza und Cluoza und der Distrikte Praspöl, Schera, Fuorn und Stavelchod.

B. Dieser Beitrag kann vom Bundesrat nach und nach bis zum Maximum von jährlich Fr. 30,000 erhöht

426 werden in dem Masse, als dem durch die Gemeinde Zernez dargebotenen Reservationsdistrikt noch andere von der Kommission in Aussicht genommene Gebietsteile der Gemeinden Cierfs, Schuls und Tarasp angeschlossen werden.

Die Beitragserhöhungen sind bedingt durch Pachtverträge, welche der Genehmigung des Bundesrates unterliegen und, gleich dem mit der Gemeinde Zernez abgeschlossenen, nicht auf eine kürzere Zeitdauer als 99 Jahre berechnet sein dürfen.

Art. 2. Der Bundesrat bestimmt die übrigen Verpflichtungen, welche die schweizerische naturforschende Gesellschaft, beziehungsweise deren Naturschutzkommission, in bezug auf die Einrichtung und Überwachung der verschiedenen Teile des Nationalparkes zu übernehmen hat und die Ausrichtung des ersten Beitrages darf erst dann stattfinden, wenn eine rechtsverbindliche Erklärung über die Übernahme dieser Verpflichtungen vorliegt.

Art. 3. Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sogleich in Kraft und wirkt in bezug auf den Bundesbeitrag, der sich an den mit der Gemeinde Zernez abgeschlossenen Pachtvertrag knüpft, zurück auf 1. Januar 1912.

Art. 4. Der Bundesrat ist mit der Ausführung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Beteiligung des Bundes an der Errichtung eines schweizerischen Nationalparks im Unterengadin (Kanton Graubünden). (Vom 9. Dezember 1912.)

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1912

Année Anno Band

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51

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386

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18.12.1912

Date Data Seite

415-426

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