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Schweizerisches Bundesblatt

46. Jahrgang. I.

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No 8

21. Februar 1912,

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die ausserordentlichen Ausgaben für militärische Zwecke.

(Vom

16. Februar 1912.)

Tit.

Bei Anlass der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1911 haben die eidgenössischen Räte am 21./22. Dezember 1910 ein Postulat angenommen, dessen zweiter Teil folgenden Wortlaut hat: ,,Der Bundesrat wird eingeladen: ,,2. ein Programm der in nächster Zeit seines Erachtens notwendigen ausserordentlichen militärischen Ausgaben vorzulegen und Vorschläge über dessen successive Durchführung zu machen."

Dieser Aufforderung nachkommend, beehren wir uns, Ihnen hiermit den verlangten Bericht zu erstatten.

Gleichzeitig gestatten wir uns, auf die nachgenannten Vorlagen, in denen die Kreditforderungen für die Materialbeschaffungen näher begründet sind und d i e e i n e n B e s t a n d t e i l d i e s e r V o r l a g e b i l d e n , zu verweiset!, nämlich: 1. Botschaft und Beschlussesentwurf betreffend die Beschaffung des Materials für die Infanterie-Mitrailleurabteilungen.

2. Botschaft und Beschlussesentwurf betreffend die Beschaffung des Materials der Haubitz-Abteilungen.

Bandesblatt. 64. Jahrg. Bd. J.

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3. Botschaft und Beschlussesentwurf betreffend die Beschaffung des Materials für drei neue Gebirgsbatteriën.

4. Botschaft und Beschlussesentwurf betreffend den Ersatz von Geschützen der beweglichen Festungsartillerie.

Wir unterscheiden in 'unserer Berichterstattung von vorneherein Ausgaben, welche die Kriegsbereitschaft unmittelbar betreffen und mit Rücksicht auf ihren Belang und ihre Dringlichkeit durch Anleihen gedeckt werden müssen, und Ausgaben für Einrichtungen, die mit der Kriegsbereitschaft nicht unmittelbar zusammenhängen, wohl aber nötig sind für den Unterricht, die Unterbringung des Materials usw., und welche, gemäss ihrer Dringlichkeit zeitlich gestaffelt, in den ordentlichen Budgets der nächsten Jahre werden unterzubringen sein.

I. Unter den erstgenannten Gesichtspunkt fallen zurzeit die folgenden Posten: 1. K o r p s m a t e r i a l der 6 I n f a n t e r i e Fr.

M i t r a i l l e u r - A b t e i l u n g e n , zu 3 Kompagnien zu 4 Gewehren (vide Botschaft sub Ziffer i hiervor) 1,495,00fr Die Einführung der Maschinengewehre bei der Infanterie ist bereits in Art. 38, 3, a, der Militärorganisation vom 12. April 1907 vorgesehen, die Organisation der Abteilungen und Kompagnien aber erst durch die neue Truppenordnung, Tabelle 8. 6 und 7, erfolgt. Ein Kredit von Fr. 300,000 ist für das zur Ausbildung der Infanterie-Mitrailleure erforderliche S c h u l m a t e r i a l durch das, Kriegsmaterialbudget für das Jahr 1912 bewilligt worden. Die Bildung der 3. und 4. Züge der Mitrailleurkompagnien, d. h.

ihre von der Truppenordnung, Tabelle S. 6, vorgesehene E r g ä n z u n g auf 6 bezw. 8 Gewehre, ist, laut Botschaft zur Truppenordnung Seite 105 (Tabelle), ebenfalls dem ordentlichen Budget vorbehalten. Der durch Ihren Beschluss vom 14. Februar 1906 festgesetzte M u n i t i o n s v o r r a t wird zurzeit als auch für die neuen Maschinengewehre ausreichend erachtet.

2. K o r p s m a t e r i a l und M u n i t i o n der 6 F e l d h a u b i t z - A b t e i l u n g e n der Divisionen, nebst zugehörigem S c h u l m a t e r i a l (vide Botschaft sub Ziffer 2 hiervor und Truppenordnung Seite 15 und 16) 8,416,000 Übertrag 9,911,000

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Übertrag

Fr9,911,000

3. K o r p s m a t e r i a l und M u n i t i o n der 3 n e u e n G e b i r g s b a t t e r i e n und eines Abteilungsstabes (vide Botschaft sub Ziffer 3 hiervor) . 1,020,000 Die Aufstellung von 3 neuen Gebirgsbatterien ist durch den Beschluss betreffend die Organisation des Heeres Tom 6. April 1911 (neue Truppenordnung) vorgesehen.

4, a. E r s a t z der 8,4 e m - G e s c h ü t z e (bisher Fussartillerie) der Festungen durch 7,5 cm-Feldkanonen (Kriegsgeschütze) mit zerlegbarer Lafette und Zubehör, dazu 8 S c h u l g e s c h ü t z e gleicher Gattung (ohne Caissons und Beschirrung), mit der erforderlichen Kriegsmunition (vide Botschaft sub Ziffer 4 hiervor) 1,718,000 4, b. E r s a t z der 12 c m - M ö r s e r (bisher Fussartillerie) der Festungen durch ein der 12 cmFeldhaubitze entsprechendes Geschütz samt Zubehör, jedoch ohne Caissons und Beschirrung, sowie die erforderliche Munition, im ganzen: 3,120,000 (vide Botschaft sub Ziffer 4 hiervor).

(Betreffend die Posten 4, a und o, vergi, die Botschaft betreffend den Ausbau der Befestigungen vom 11. März 1910, besonders Seite 7.)

Gesamterfordernis -15,769,000 Die unter Nr. l, 2 und 3 aufgeführten Kredite für die Infanterie-Maschinengewehre, die Feldhaubitzen und die Gebirgsgeschütze entsprechen den in der Truppenordnung bereits grundsätzlich beschlossenen Kriegsmaterialanschaffungen. Der hier vorgesehene Gesamtbetrag dieser Posten, Fr. 10,931,000, ist jedoch um Fr. 71,000 höher, als dannzumal (vgl. Tabelle zu Seite 105: Voranschlag Fr. 10,860,000) angenommen wurde. Die Differenz ist in den obenerwähnten Botschaften genauer begründet; sie ergibt sieh aus einer wesentlich höhern Kostensumme bei den InfanterieMaschinengewehren einerseits und anderseits aus einem etwas geringern Erfordernis für die Gebirgsgeschütze. Die sub 4 a und b aufgeführten Posten anlangend, sind wir damit auf die geringst zulässige Geschützzahl gegangen ; wir müssen aber erklären, dase

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wir damit an eine Grenze gelangt sind, wo der Vorbehalt einer Vermehrung sich aufdrängt für den Fall, dass die Erfahrung deren Notwendigkeit ergeben sollte.

Diese sämtlichen Kredite sollten zum Teil schon im Jahre 1912 zur Verfügung stehen; einige davon werden voraussichtlich im Jahre 1913, andere spätestens im Jahre 1914 erschöpft.

II. Als ausserordentliche militärische Ausgabe, die die Kriegsbereitschaft unmittelbar beschlägt und durch Anleihen zu decken ist, bringen wir in Erinnerung die N e u b e w a f f n u n g der gew e h r t r a g e n d e n T r u p p e n . Der Kredit hierfür von Fr. 15,710,000 ist durch die Beschlüsse des Ständerats vom 4. April und des Nationalrats vom 14. Juni 1911 erteilt und es ist damals schon die Deckung durch Anleihen vorgesehen worden.

Mit dieser Neubewaffnung steht im Zusammenhang der Ausbau der Waffenfabrik in Bern. Hierfür haben Sie durch Bundesbeschluss vom 26. September/4. Oktober 1911 im ganzen Fr. 1,025,000 bewilligt. Hiervon sind Fr. 188,000 für die Landerwerbungen in die II. Serie der Nachtragskredite pro 1911 und Fr. 672,000 für Bauten ins Budget pro 1912 eingestellt worden. Der Rest von Fr. 165,000 für die maschinellen Einrichtungen wird ebenfalls auf dem Budgetwege aufgebracht werden.

HI. Als weitere ausserordentliche militärische Ausgaben, die uns für die nächsten Jahre bevorstehen, von denen wir aber glauben, dass sie successive in den ordentlichen Budgets untergebracht werden können, und für welche man sich, soweit es sich nicht um absolut dringliche Objekte handelt, nach der Decke zu strecken haben wird, sind die folgenden zu erwähnen : 1. Z e u g h a u s b a u t e n .

a. Eine grosse Zeughausanlage für die neue zweite Division.

Wir haben dafür Lyss in Aussicht genommen, in der Meinung, dass eine kleinere Anlage durch die Stadt Biel in der Nähe von Biel erstellt werde, woselbst das Material einiger eidgenössischer Truppen mietweise untergebracht werden könnte. Hierüber sind zurzeit Verhandlungen im Gange. Der Vertrag mit der Gemeinde Lyss über die Erwerbung des erforderlichen Bodens ist, unter Vorbehalt der Bewilligung der nötigen Kredite durch die Bundesversammlung, abgeschlossen. In Lyss sollen zirka 500 Fuhrwerke untergebracht werden. Über die voraussichtlichen Kosten dieser Anlage, die zurzeit dem Studium der Oberbau-

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Von den Zeughausbauten ist diejenige in Lyss die dringlichste. Das projektierte Zeughaus sollte spätestens im Frühjahr 1914 bezogen werden können.

Wir werden Ihnen darüber demnächst eine besondere Vorlage unterbreiten.

b. Zeughausbauten in Bern.

Sie haben uns mit Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1909 ermächtigt, auf dem Wankdorffeld eine Parzelle im Halte von 29,345 m2 zu erwerben. Die Kaufsumme ist zu Lasten der Rechnung für das Jahr 1911 bezahlt worden.

Die Notwendigkeit, in Bern ein neues Zeughaus zu erstellen, ist in der Botschaft vom 23. Oktober 1909 auseinandergesetzt worden. Sie ist darauf zurückzuführen, dass die bisherigen Magazine der Kriegsmaterialverwaltung an der Insel- und Amthausgasse (alte Freimaurerloge, Staatsapotheke und Münze) abgebrochen werden, dass ein Sanitätsmagazin erstellt werden muss (gegenwärtig sind dafür ganz ungenügende Lokale für zirka Fr. 5000 gemietet), dass der Kanton Bern in seinem Zeughaus mehr Platz für das Material kantonaler Einheiten braucht als früher und daher der eidgenössischen Militärverwaltung nicht mehr so viel Platz einräumen kann wie bisher, und endlich dass die Fuhrwerkszahl in den eidgenössischen Magazinen in Bern im Zusammenhang mit der neuen Truppenordnung um zirka 120 Stück vermehrt wird.

Die Zeughausneubauten in Bern werden umfassen : ein Zeughaus für Fuhrwerke, ein Werkstattgebäude und ein Zentralausrüstungsmagazin für die Kriegsmaterial Verwaltung, ein Sanitätsmagazin und ein Magazin der kriegstechnischen Abteilung. Wir werden uns indessen auch bei der Ausführung dieser Bauten der grösstmöglichen Zurückhaltung befleissen und in den nächsten Jahren wohl nur das Zeughaus für Fuhrwerke und allfällig das Sanitätsmagazin zur Ausführung bringen.

Die Kosten lassen sich auf eine Reihe von Jahren verteilen; über deren Betrag lassen sich zurzeit auch nicht annähernd zuverlässige Angaben machen.

c. Zeughausbauten, von g e r i n g e r e m Umfange werden nach und nach nötig werden: in W a n g e n a./d. A a r e . Für die Unterbringung vermehrten Pontoniermaterials ist ein Posten im Budget pro 1912 auf-

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genommen; eventuell muss noch Raum für die Unterbringung von Haubitzen geschaffen werden; in L a v e y für das Gebirgs-Infanterie-Regiment 5, weil die Mobilmachung von Gebirgstruppen in Morges, wo weit und breit keine berggewohnten Tragtiere zu finden sind, auf grosse.

Schwierigkeiten stösst ; in W i l, weil der Korpssammelplatz St. Gallen an Platzmangel leidet und es wünschbar erscheint, auf dem Artilleriesammelplatz Wil auch Infanterie mobilisieren zu lassen; in B r u g g für vermehrtes Pontoniermaterial.

Die Wünschbarkeit dieser Zeughausbauten steht im Zusammenhang mit dem Postulate einer möglichst prompten und reibungsfreien Mobilisation; es wird indessen in jedem einzelnen Falle sorgfältig erwogen werden, ob sie vorübergehend nicht vor noch dringlicheren Aufgaben zurückzutreten haben. Die Summen, die für die genannten Bauten und allfällig sonstige künftige Erweiterungsbedürfnisse notwendig werden, können übrigens ohne Schwierigkeiten in den ordentlichen Budgets untergebracht werden.

2. E r w e r b u n g oder E r w e i t e r u n g von W a f f e n plätzen.

Die sehr erheblichen Anforderungen, die an die Ausgestaltung unserer Waffenplätze gestellt werden, beschlagen nicht unmittelbar die Kriegsbereitschaft und infolgedessen haben sie grundsätzlich hinter den unabweisbaren Forderungen der letztern zurückzutreten. Allein soweit von der Ausgestaltung der Waffenplätze die zweckgemässe Ausbildung der Truppen abhängt, oder falls hygienische Rücksichten gebieterisch Verbesserungen verlangen, wird man sich auch diesen Postulaten und den damit verbundenen Ausgaben gegenüber nicht ablehnend verhalten dürfen.

Im einzelnen ist folgendes zu sagen.

a. Seit Jahren beschäftigt sich unser Militärdepartement mit der Ordnung der Verhältnisse auf dem für die Schiessschulen der Infanterie bestimmten Waffenplatz W a l l e n S t a d t . Es bestehen dort hinsichtlich der Rechte an Grund und Boden äusserst verwickelte Verhältnisse, die eine richtige Verwaltung immer mehr erschweren. Was indessen noch viel schwerer ins Gewicht fällt, ist der Umstand, dass ein Grossteil der auf den Liegenschaften von Privaten lastenden Schiessberechtigungen von Jahr zu Jahr kündbar ist, so dass ein unerträglicher Zustand der Unsicherheit besteht und man überdies stets wachsenden An-

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sprächen der Grundeigentümer gegenüber sich befindet. Dazu kommt, dass aus Gründen der Sicherheit des Umgeländes eine Drehung der Schiesslinie erforderlich ist und dadurch ganz erhebliche Expropriationen verursacht werden.

Bekannt sind sodann die überaus primitiven Unterkunftsverhältnisse für die Truppen.

Es ist die übereinstimmende Ansicht der Regierung des Kantons St. Gallen und der eidgenössischen Militärbehörden, dass die verwickelten Rechtsverhältnisse auf dem Schiessplatz Wallenstadt nur durch Ankauf seitens des Bundes geordnet werden können. Ebenso wird man sich auf die Dauer dem Ersätze der vom hygienischen und feuerpolizeilichen Standpunkte aus ganz ungenügenden Kasernen nicht widersetzen können ; ist doch auch in den eidgenössischen Räten schon wiederholt auf die Remedurbedürftigkeit dieser Zustände hingewiesen worden.

Wir haben somit die Erwerbung des Waffenplatzes Wallenstadt in Aussicht genommen und ein Projekt ausarbeiten lassen, das der Entwicklung des Waffenplatzes Rechnung trägt und der Schiessschule einen geeigneten Waffenplatz gibt.

Die Kosten der Erwerbungen, sowie der Erstellung und Möblierung der projektierten Bauten sind auf Fr. 2,190,000 veranschlagt worden. Hierin sind die Kosten für die zwei Zeughäuser Inbegriffen, die wir, schon um der einheitlichen Verwaltung des Waffenplatzes willen, zu erwerben gedenken, vorausgesetzt, dass durch diesen Ankauf die bisherigen Kosten der Magazinierung nicht vermehrt werden. Für die Erwerbung der Liegenschaften und Zeughäuser sind Fr. 712,500 vorgesehen; in dieser Summe sind indessen zirka Fr. 415,000 für produktiven Boden mit einem Jahresertrag von ungefähr Fr. 10,000 enthalten.

(Die Waffenplatzmiete, die der Bund gegenwärtig zu bezahlen hat, beträgt Fr. 10,000, wozu noch jährlich Fr. 1100 für Servituten bezahlt werden müssen.)

Wir beabsichtigen nun zunächst, als das dringlichste, die Erwerbung der Liegenschaften durchzuführen, wenn möglich auch die Erwerbung der Zeughäuser. Alsdann wird an die Erstellung der Neubauten geschritten werden müssen, doch gedenken wir dabei nur ganz allmälig verzugehen. Im Projekte ist enthalten ·die Erstellung von 2 Mannschaftskasernen für je 250 Mann, einer Offizierskaserne für 60 Offiziere, eines Wirtschaftsgebäudes und einer Exerzierhalle. Wir werden zunächst nur die Erstellung

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einer der beiden Mannschaftskasernen beantragen und die übrigen Gebäude im Laufe der Jahre, nach Massgabe der verfügbaren Mittel, zur Ausführung bringen. Auf diesem Wege wird es möglich sein, das ganze Projekt aus dem ordentlichen Budget zu bestreiten.

6. Für die Ausbildung der G e b i r g s t r u p p e n wird esmöglicherweise nötig werden, in A n d e r m a t t einige Ergänzungsbauten für Unterkunft und Verpflegung zu erstellen. Im übrigen können für die Gebirgstruppen der 5. Division die bestehenden Einrichtungen in Andermatt und Bellinzona benützt werden.

Für die Gebirgstruppen der 6. Division genügt Chur und für diejenigen der 1. Division wird man in Sitten und St. Maurice Platz finden.

Einzig für die Gebirgstruppen der 3. Division kann esfraglich werden, ob nicht mit der Zeit ein Waffenplatz im Oberwallis eingerichtet werden muss. Die neue 3. Division ist die einzige, die nur über einen einzigen Infanterie-Waffenplatz verfügt. Da nun unmöglich sechs Rekrutenschulen auf demselben Waffenplate stattfinden können, so machen wir zunächst den Versuch, den unlängst vergrösserten Artillerie - Waffenplatz Thun auch durch Infanterie benützen zu lassen. Wir haben bereits im vergangenen Jahre zwei Infanterie-Rekrutenschulen vorübergehend (während einer und zwei Wochen) nach Thun verlegt und das diesjährige Schultableau sieht nun versuchsweise die Abhaltung von drei Rekrutenschulen für l, 2 und 3 Kompagnien daselbst vor. Wir hoffen, die Durchführung werde in einer Weise möglich sein, die den Bedürfnissen der Infanterie genügt und doch die Ausbildung der Artillerie nicht über Gebühr benachteiligt. Thun besitzt alle kostspieligen Einrichtungen eines Artillerie-Waffenplatzes, lange Schusslinie, Stallungen, Reitbahnen etc. und es wäre gewiss eine unrichtige Ökonomie, wenn die Ausbildung der Artillerie auf diesem Platze eingeschränkt werden müsste, wegen seiner Mitverwendung als Infanterie-Waffenplatz. Wir denken indessen, dass bei beidseitigem Entgegenkommen dieser Gefahr begegnet werden kann. Sollte sich das nicht bewahrheiten und die Notwendigkeit der Schaffung eines neuen Waffenplatzes für die 3. Division sich ergeben, so sollte dieser ins Oberwallis verlegt werden, d. h. nach Brig, oder zwischen Brig und Sierre.

Die Frage ist aber noch so wenig abgeklärt, dass es unmöglich ist, darüber zurzeit weitere Angaben zu machen.

«*

369 c. Ebenso verhält es sich mit Bezug auf den Ausbau der Waffenplätze Aarau, Luzern und Chur.

In A a r a u wurde zu diesem Zwecke bekanntlich vor einigen Jahren die sogenannte Fleinersche Besitzung vom Bunde angekauft. Damit im Zusammenhang steht der Ankauf des Zeughauses in Aarau, sowie die Erwerbung von Terrain auf dem ,,Rössligut", welche die Räte in der Dezember-Session vorigen Jahres gutgeheissen haben. Wir besitzen nun die Möglichkeit, die unbefriedigenden Unterkunftsverhältnisse von Mannschaft und Pferden in Aarau nach Massgabe der verfügbaren Mittel zu verbessern. Bestimmtes lässt sich indessen hierüber zurzeit noch nicht sagen.

In L u z e r n steht die Errichtung einer neuen Kaserne in Frage. Sie ist ein dringendes Bedürfnis. Der Bau wird indessen aller Voraussicht nach nicht vom Bunde, sondern vom Kanton oder von der Stadt Luzern zu erstellen sein, so dass für den Bund nur die jährlich zu leistende Vergütung in Betracht fallen dürfte.

Ähnlich verhält es sich in C h u r . Wir haben die käufliche Erwerbung des dortigen Waffenplatzes abgelehnt und stehen zurzeit in Unterhandlung über eine Revision des Waffenplatzvertrages, in der Meinung, dass auch die aus hygienischen Gründen zu treffenden Verbesserungen und Ergänzungen vom Waffenplatzkonsortium vorgenommen und von uns verzinst werden sollen.

Auch andere Fragen ähnlicher Art werden im Laufe der Zeit noch auftauchen ; allein es wäre wohl zwecklos, in diesem Berichte alle künftigen Möglichkeiten zu erörtern. Wir glauben uns auf das beschränken zu sollen, was in greifbarer Nähe liegt und bereits einigermassen Gestalt angenommen hat. Wir können nur neuerdings betonen, dass wir uns in den finanziellen Anforderungen für Aufgaben, die nicht direkt mit unserer Kriegsbereitschaft zusammenhängen, der grösstmöglichen Zurückhaltung befleissen werden.

Wir haben nun zu untersuchen, wie und mittelst welcher Hülfsquellen es möglich sein wird, unter den obwaltenden Umständen diese ausserordentlichen Ausgaben zu bestreiten, sowohl die für die Herstellung des Infanteriegewehrs bereits beschlossenen

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als auch die für die Beschaffung von Material, die den Gegenstand der vier unterm 6. Februar 1912 den gesetzgebenden Räten unterbreiteten Beschlussesentwürfe bilden.

Wir sind der Ansicht, dass es sich nicht darum handeln kann, mit diesen Ausgaben das Budget zu belasten, dass vielmehr angesichts des gegenwärtigen Standes unseres Voranschlages kein anderer Ausweg übrig bleibt, als der der Aufnahme eines Anleihens.

In der Tat kann das Budget mit den Lasten, die es in Zukunft zu tragen haben wird, nicht auch noch die Hülfsmittel für die Durchführung des Programms liefern, das Ausgaben im Betrage von 31,6 Millionen Franken vorsieht; auch ist kaum damit zu rechnen, dass die Staatsrechnungen der nächsten Jahre mit einem Binnahmenüberschuss abschliessen werden. Sie haben übrigens diese Ansicht geteilt, als Sie vor kurzem beschlossen haben, die ausserordentlichen Ausgaben für den Erwerb der Waffenplätze Kloten und Bülach und für die Erweiterung derjenigen von Thun, Bière und Frauenfeld seien durch ein Anleihen zu decken, und als Sie noch früher uns ermächtigt haben, ein Anleihen aufzunehmen, aus dem die durch die Umgestaltung unserer Feldartillerie nötig werdenden Ausgaben bestritten werden sollten.

Damals war unser Voranschlag noch nicht so stark belastet und sah beträchtliche verfügbare Summen vor; nichtsdestoweniger haben Sie uns ermächtigt, ein Anlehen aufzunehmen, das wir auch unter ganz ausnahmsweise günstigen Bedingungen, nämlich zu einem Zinsfuss von 3 °/0 und zum Kurse von Fr. 97. 50, haben abschliessen können.

Als wir uns in der Folge überzeugt hatten, dass die Ausgaben für das neue Gewehr und das Artilleriematerial, die von den zuständigen Dienstabteilungen seit langem in Aussicht genommen und gefordert worden waren, dringlich notwendig sind und in kürzester Frist gemacht werden müssen, haben wir geglaubt, eine vorsichtige Finanzpolitik erheische, der Verteuerung des Geldes, die sich durch sehr deutliche Anzeichen als bevorstehend ankündigte, zuvorzukommen. Wir beeilten uns, die noch bestehenden günstigen Chancen des Geldmarktes zu benutzen und ein Anlehen von 50 Millionen zu 3 l/2°/o abzuschliessen, Hierbei versicherten wir uns der Mitwirkung der schweizerischen Banken, die eingewilligt hatten, das Geschäft zu einem Zinsfuss von 31/a °/o und unter so günstigen Bedingungen zu Übernehmen, wie wir sie so bald nicht wieder finden werden. Bis die Gelder, die zur sukzessiven Bestreitung der militärischen Aus-

391 gaben erforderlich werden, ihre Verwendung gefunden hätten, würde die Gelegenheit zu vorübergehender günstiger Anlage nicht gefehlt haben. Die Mehrheit der Kommissionen der gesetz* gebenden Räte haben unsern Anträgen nicht zugestimmt und den Betrag des beabsichtigten Anlehens auf 25 Millionen herabgesetzt. Heute können wir dies nur bedauern; denn mit einem Anleihen von 50 Millionen hätten wir sämtliche neuen zur Landesverteidigung nötigen Ausgaben bestreiten und unsere Armee mit einer vervollkommneten Bewaffnung versehen können, die auf der Höhe derjenigen unserer Nachbarstaaten stehen wird.

Vom .finanziellen Standpunkte aus hätte das Geschäft auch die günstige und den Geldverhältnissen der Schweiz entsprechende Wirkung gehabt, für Bundesanlehen möglichst lange den Zinsfuss von 31/» °/° aufrecht zu halten und jene Bewegung zurückzuhalten, bei der der Bund genötigt ist, den vierprozentigen Anleihen der Kantone, schweizerischen Städte und Hypothekarbanken Konkurrenz zu machen und den^Zinsfuss ihrer Anleihen in die Höhe zu treiben.

Wenn wir Ihnen nun auch vorschlagen, die Gesamtheit der neuen militärischen ausserordentlichen Ausgaben vermittelst eines Anlehens zu decken, dessen Betrag wir auf 31 Millionen schätzen, so können wir doch nicht daran denken, dies unter den gegenwärtigen Geldmarktverhältnissen zu tun. Wir müssen warten, bis sie sich gebessert haben. Übrigens liegt keine Gefahr im Verzüge, da diese Auslagen nicht zu denen gehören, die sofort zu begleichen sind. Ihre Regulierung kann in der Tat allmählich erfolgen, je nach der Ablieferung und Prüfung des Materials, und erst in drei Jahren wird die Rechnung abgeschlossen sein. Das Finanzdepartement wird also Vorschüsse zu machen haben, um die allmählichen Zahlungen für die Erstellung jenes Materials zu leisten. Um diese Vorschüsse zu machen, wird es zu vorübergehenden Anleihen greifen müssen, bis eine günstigere Zeit für ein definitives Anleihen eintritt. Wir werden so zu einer schwebenden Schuld gelangen, die vorübergehend jene aussergewöhnlichen Ausgaben zu bestreiten haben wird. Das Finanzdepartement kann auch die Ausgabe von Kassascheinen für zwei oder drei Jahre veranstalten, die erneuert werden können. Diese im Innern des Landes im Verkehr gebrachten Scheine werden besonders von Kapitalisten gesucht werden, denen eine vorübergehende
Anlage ihrer verfügbaren Gelder erwünscht ist. Ihre Ausgabe wird unter Berücksichtigung der Kreditverhältnisse unseres Landes und unter Mitwirkung der Nationalbank zu erfolgen haben.

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In Zusammenfassung des Vorgebrachten schliessen wir dahin, dass die ausserordentlichen, bereits beschlossenen Ausgaben für das Infanteriegewehr und diejenigen, die in den Entwürfen zu den vier Bundesbeschlüssen vorgesehen sind, durch ein Anleihen bestritten werden sollen, das später, wenn der Geldmarkt günstigere Verhältnisse bietet, aufgenommen werden wird und dessen Bedingungen von der Bundesversammlung werden festgesetzt werden. Inzwischen wird der Bundesrat mittelst vorübergehender Anleihen oder durch die Ausgabe von Schatzscheinen von bebeschränkter Dauer die nötigen Summen sich verschaffen, die zu einer allmählichen Begleichung der in Rede stehenden Ausgaben nötig sind. · Auf Grund vorstehender Auseinandersetzungen beehren wir uns, Ihnen den nachfolgenden Beschlussesentwurf zur Genehmigung zu empfehlen.

B e r n , den 16. Februar

1912,

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n V i e s p r ä s i d e n t :

L. Forcer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die ausserordentlichen Ausgaben für militärische

Zwecke.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht, einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Februar 1912, beschliésst: 1. Die ausserordentlichen Ausgaben a. für die Neubewaffnung der gewehrtragenden Truppen Fr. 15,710,000 b. für die Beschaffung des Materials der Infanterie-Mitrailleurabteilungen . . ,, 1,495,000 c. für die Beschaffung des Materials und der Munition für die Haubitzabteilungen ,, 8,416,000 d. für den Ersatz von Geschützen der beweglichen Festungsartillerie . . ,, 4,838,000 e. für die Beschaffung des Materials und der Munition für drei neue Gebirgsbatterien ,, 1,020,000 im ganzen Fr. 31,500,000

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sollen durch ein Anlehen gedeckt werden, das der Bundesrat aufzunehmen ermächtigt ist, sobald er die Umstände hierfür günstig erachtet, und dessen Bedingungen durch einen Bundesbeschluss festgesetzt werden sollen.

2. Inzwischen ist der Bundesrat ermächtigt, sich die erforderlichen Mittel durch provisorische Anleihen oder die Ausgabe von Kassascheinen zu verschaffen.

3. Gegenwärtiger Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

-^r-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die ausserordentlichen Ausgaben für militärische Zwecke. (Vom 16. Februar 1912.)

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1912

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08

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21.02.1912

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