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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von J. A. Tröndlé in Genf.

(Vom 1. November 1912.)

Tit.

Tröndle, Jean Albert, Arzt in Genf, hatte gegen den Entscheid der Rekurskommission des Kantons Genf, seinen Militärpflichtersatz betreffend, beim Bundesrate Beschwerde erhoben.

In diesem Entscheide war das Begehren des Rekurrenten um Herabsetzung der Taxation des Immobiliarvermögens mit der Begründung abgewiesen worden, dass kein Anlass vorliege, eine andere Schätzung als die für die Staatssteuer bestehende anzunehmen. In seiner Beschwerdeschrift machte Tröndle geltend, dass für die Militärsteuer einzig der Verkaufswert der Liegenschaften massgebend sei. Das Militärdepartement des Kantons Genf führte demgegenüber in seiner Vernehmlassung aus, dass
Der Bundesrat wies am 9. Juli 1912 den Rekurs ab, indem er von folgender Auffassung ausging.

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Gemäss Art. 5, A, l, des Bundesgesetzes betreffend den, Militiirpflichtersatz vom 28. Juni 1878 seien die Liegenschaften nach dem Verkaufswert zu taxieren, wie hoch dieser sich belaufe, sei eine Schätzungsfrage, welche dem Ermessen der kantonalen Behörden überlassen bleibe. Würden diese letztern eine Liegenschaft unter Ausserachtlassung des Verkaufswertes höher als zu diesem besteuern wollen, so müsste eine solche Besteuerung als ungesetzlich erachtet werden. Davon könne indessen im vorliegenden Falle keine Rede sein, da der auf Grund der kapitalisierten Rendite festgesetzte Steueransatz des kantonalen Steuerregisters, der der Berechnung des Pflichtersatzes zugrunde gelegt wurde, den Verkaufswert nach den Ausführungen der Vorinstanz sogar nicht erreiche. Es könne somit von einer ungerechten Behandlung des Rekurrenten keine Rede sein. Was aber die materielle Überprüfung der Liegenschaftewertnng- anbelange, so stehe eine solche dem Bundesrate nicht zu.

Gegen diesen Entscheid des liundesrates rekurrievt Tröndle mit Eingabe vom \. August 1912 an die Bundesversammlung und stellt das Rechtsbegehren, es möchte diese oberate Instanz, verfügen, dass ihm gegenüber das Gesetz richtig anzuwenden sei.

Er führt aus, dass der Hundesrat in seinem Entscheide eine durch die genferischen Steuerbehörden begangene Gesetzesverletzung zwar zugebe, jedoch mit Rücksicht darauf, dass dem Rekurrenten kein Unrecht zugefügt worden sei, zur Abweisung des Rekurses gelangt sei. Er habe nun aber ein Recht darauf, dass das Gesetz so angewendet werde, dass von einer auch nur formellen Verletzung nicht die Rede sein könne, wobei es unerheblich erscheine, ob eine materielle Benachteiligung eingetreten, sei. Er behaupte übrigens, dass er eine höhere Steuer bezahlen müsse, als ihm bei richtiger Handhabung des Gesetzes zufallen würde, er sei aber in die Unmöglichkeit versetzt, dies nachzuweisen, da ihm die Steuerbehörde Ziffern entgegenhalte, die unter Beiseitesetzung der gesetzlichen Vorschriften erhoben worden seien.

Wir ersuchen Sie, den Rekurs als unbegründet abzuweisen.

Gemäss Art. 189, 190 und 178 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 22. März 1893, mit Novelle vom 6. Oktober 1911, haben der Bundesrat und die Bundesversammlung im staatsrechtlichen Verfahren nur zu prüfen, fcb eine Rechtsverletzung vorliegt. Eine solche könnte nun darin gefunden werden, dass die kantonale Steuerbehörde in Missach-

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tung einer bestimmten gesetzlichen Vorschrift dem Rekurrenten einen materiellen Schaden zugefügt hätte, während anderseits selbst eine materielle Benachteiligung durch die kantonale Instanz nicht den Charakter einer Rechtsverletzung annimmt, wenn es sich dabei um reine Ermessens- oder Schätzungsfragen handelt.

Bundesrat und Bundesversammlung haben denn auch in gefesteter Praxis eine Überprüfung der durch die zuständigen kantonalen "^Behörden vorgenommenen Taxationen von Vermögenswerten und Sinkommensverhältnissen der Steuerpflichtigen abgelehnt.

Wenn Art. 5, A, l, leg. cit. vom ,,Verkaufswerte" der Liegenschaften spricht, so bleibt die Festsetzung dessen, was VerUaufswert einer bestimmten Liegenschaft ist, der kantonalen (Steuerbehörde überlassen. Diese Festsetzung kann offenbar nach verschiedenen Grundsätzen erfolgen und es ist nicht abzusehen, warum unter bestimmten lokalen Verhältnissen nicht auch die kapitalisierte Rendite des Grundstücks, eventuell unter angemessenen Abzügen für Unterhalt, der Berechnung zugrunde ge'egt werden könnte.

Diese Berechnung ist aber jedenfalls dann ganz unanfechtbar, ·venn sich aus andern tatsächlichen Momenten ergibt, dass in Wirklichkeit die kapitalisierte Rendite noch unter dem bleibt, ·vas unter günstigen Verhältnissen für die zu taxierende Liegenschaft erzielt werden möchte.

Dass dem so sei, haben die kantonalen Steuerbehörden unter Anführung von ganz bestimmten Taxationsfaktoren in ihren Vernehmlassungen wiederholt behauptet. Es kann ganz offenbar nicht Sache der Bundesbehörden sein, diese Behauptungen auf ihre Richtigkeit nachzuprüfen.

Nun ist aber auch vom Rekurrenten in seiner an den Bundesrat gerichteten Beschwerde nicht einmal behauptet, geschweige denn nachzuweisen versucht worden, dass das Immobiliarvermögen zu einem höhern als dem Verkaufswerte in die Militärsteueranlage eingestellt worden sei. Bei dieser Sachlage konnte der Standpunkt des Bundesrates nur der sein, es ohne weiteres bei dern Entscheide der Vorinstanz bewenden zu lassen.

In seiner an die eidgenössischen Räte gerichteten Eingabe behauptete nun allerdings der Rekurrent, dass er höher als nach (Besetz zulässig, also höher, als zum Verkaufswerte, besteuert sei.

Einen Beweis für diese Behauptung leistet er indessen auch jetzt in keiner Weise, ja er bringt überhaupt nicht die mindesten Anhaltspunkte für sie vor. Hätte er aber auch eine Beweis-

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führung unternommen, so müsste ihm entgegengehalten werden, dass auf neue Behauptungen und Beweisanträge im heutigen Stadium des Verfahrens nicht mehr eingetreten werden kann, indem der Entscheid der untern staatsrechtlichen Rekursinstanz doch nur auf Grund solcher Tatsachen und Beweismittel überprüft werden kann, welche bereits vor dieser Instanz vom Rekurrenten geltend gemacht worden waren.

Die Behauptung des letztern endlieh, es sei ihm unmöglich, seine Hechte zu wahren, weil die kantonalen Behörden ihm Schätzungswerte entgegenhalten, welche von ihnen unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften aufgestellt worden seien, muss als eine Ausflucht erachtet worden. Es ist nicht einzusehen, was den Rekurrenten gehindert hätte, darzulegen, nach welchen Richtungen und im Vergleich zu welchen Faktoren nach seiner Auffassung eine so hohe Wertung der in Frage liegenden Vermögensobjekte vorgenommen worden sei.

Wir beehren uns somit, Ihnen zu beantragen, es sei der von J. A. Tröndle erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 1. November 1912.

Im Narnen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von J. A. Tröndlé in Genf. (Vom 1. November 1912.)

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367

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06.11.1912

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