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Schweizerisches Bundesblatt.

47. Jahrgang. IV.

Nr. 49.

13. November 1895.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Entwurf eines Bundesgesetzes über das Rechnungswesen der Eisenbahnen.

(Vom 11. November 1895.)

Tit.

Durch die von den eidgenössischen Räten unterm 29. Januar 1892 erheblich erklärten Motionen der Herren Nationalrat Curti und Ständerat Cornaz ist der Bundesrat eingeladen worden, über die Eisenbahnfrage (Eisenbahnreform und Eisenbahnrückkauf) eine allseitige Untersuchung zu veranstalten und über die Art und Weise, wie er dieselbe vorzunehmen gedenke, beförderlich Bericht und Antrag vorzulegen.

In Ausführung dieses Auftrages hat der Bundesrat der Bundesversammlung vorerst einen vom 27. März 1894 datierten Bericht über das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Eisenbahngesellschaften, eventuell Kantonen beim Auslauf der Konzessionen vorgelegt, von welchem der Nationalrat mit Beschluß vom 5., der Ständerat vom 19. Dezember 1894 Kenntnis nahm, ersterer unter Äußerung des Wunsches zu Händen des Bundesrates, es möchte die weitere Berichterstattung über die Eisenbahnfrage, beziehungsweise den Eisenbahnrückkauf beförderlich erfolgen.

Seither befaßte sich unser Eisenbahndepartement in eingehender Weise mit der Untersuchung der Frage des konzessionsmäßigen Ruckkaufes, insbesondere mit der Ermittlung der EntschädigungsBundesblatt. 47. Jahrg. Bd. IV.

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summen, welche bei Erwerbung der schweizerischen Hauptbahnen auf den nächsten Rückkaufstermin vom Bunde zu bezahlen sein werden. Diese Aufsähe erwies sich als eine sehr weitläufige und O O außerordentlich schwierige, hauptsächlich aus zwei Gründen : vor allem entstehen Zweifel über die Bedeutung der Rückkaufsbestimmungen der Konzessionen, und zwar gerade in Punkten, welche bei Berechnung der Entschädigungen in Betracht kommen ; in zweiter Linie besteht der Hauptmangel, daß die geltenden gesetzlichen Bestimmungen über das Rechnungswesen der Eisenbahnen auf einen allfälligen Rückkauf KU wenig Rücksicht nehmen und namentlich kein bestimmtes Rechtsmittel bieten, um die Bahnverwaltungen zur Ausscheidung des Reinertrages und des Anlagekapitals im Sinne der Konzessionen anhalten zu können.

Was vorerst den letzteren Punkt betrifft, so haben wir bereits in unserer Botschaft vom 28. November 1893, betreffend Zusammenfassung der Rückkaufsbestimmungen der Konzessionen zum Zwecke einheitlicher Ertragsberechnungen und Genehmigung der hierauf bezüglichen Vereinbarungen zwischen dem Bundesrat und einzelnen Bahngesellschaf'ten, auseinandergesetzt, daß einige Bahngesellschaften im Besitze mehrerer, ihnen successive und unabhängig voneinander erteilter Konzessionen sind. Nach diesen Konzessionen besteht sowohl für den Bund als auch für die Bahnunternehmungen das Recht, zu verlangen, daß ein allfälliger Rückkauf nach Maßgabe der Konzessionen l i n i e n w e i s e stattfinde, und daß die Entschädigungssumme für jede auf einer besonderen Konzession: beruhende Linie separat berechnet werde. Da die Entschädigungen entweder nach dem kapitalisierten Reinertrag oder nach dem Anlagekapital zu bemessen sind, so sollte von den Bahnunternehmungen für j e d e K o n z e s s i o n s s t r e c k e über das Anlagekapital und die Betriebsergebnisse besondere Rechnung geführt werden. Eine solche Ausscheidung der Rechnungsergebnisse nach Linien im Sinne der Konzessionen hat jedoch bis dahin bei keiner Unternehmung stattgefunden, und es ist deshalb auch nicht möglich, an Hand der bisherigen Rechnungsstellung ziffernmäßig nachzuweisen, welche, Entschädigungssummen der Bund bei einem konzessionsmäßigen Rückkaufe f ü r d i e e i n z e l n e n L i n i e n einer Unternehmung zu bezahlen hätte.

Um diesem Übelstande abzuhelfen, hat der
Bundesrat schon durch Beschluß vom 21. Juli 1888 die Eisenbahngesellschafteii, deren Betrieb nicht auf einer und derselben Konzession beruht, eingeladen, vom Beginn der für die Berechnung der Rückkaufsentschädigung maßgebenden 10 Jahre an, die Reinerträgnisse der den einzelnen

55 Konzessionen unterstellten Linien und Strecken für jede Konzession besonders zu ermitteln und diese linienweiscn Ergebnisse mit den andern Rechnungen vorzulegen. Gleichzeitig erklärte sich der .Bundesrat bereit, mit den Gesellschaften darüber zu verhandeln, ob nicht einzelne oder alle Konzessionen einer Gesellschaft mit der Wirkung zusammengelegt oder andere Vereinbarungen getroffen werden können, daß die besonderen Ertragsrechnungen entfallen.

Eine Übereinkunft in diesem Sinne kam einzig mit der Centralbahn und einigen kleinern Unternehmungen zu stände ; diejenige mit der Centralbahn hat indessen nur für einen eventuellen Rückkauf auf den 1. Mai 1903 Gültigkeit. Mit der Nordostbahn und den Vereinigten Schweizerbahnen konnten die über diesen Punkt eingeleiteten Verhandlungen bis .jetzt zu keinem Abschluß gebracht werden und es hat den Anschein, daß eine Verständigung mit den beiden Gesellschaften überhaupt nicht werde erzielt werden können.

Für die Jura-Simplon-Bahn wurden durch den Bundesbeschluß vom 19. Dezember 1889, botreffend Übertragung der Konzessionen der J.-B.-L. und der S.-O.-S. an die neue Gesellschaft (E. A. S. X, 214 ff.), in Beäug auf den Rückkauf der sämtlichen Linien des Netzes einheitliche Bestimmungen aufgestellt und diejenigen der alten Konzessionen und Bundesbeschlüsse, soweit sie das Rückkaufsrecht des Bundes betreffen, als erloschen erklärt. Was die Gotthardbahn betrifft, so ist in den Bundesbeschlüssen betreffend Genehmigung der kantonalen Konzessionen, wie in der Bundeskonzession für die eine Linie jeweilen bestimmt, daß von dem Rückkaufsrechte für die betreffende Teilstrecke nur Gebrauch gemacht werden dürfe, falls der Gesellschaft das g a n z e in ihrem Besitze befindliche Bahnnetz abgenommen werde, mit andern Worten, es war von Anfang an der einheitliche Rückkauf des ganzen Netzes vorgesehen.

Obwohl die Verpflichtung zur linienweisen Rechnungsstellung eigentlich schon in den Konzessionen begründet ist, erscheint es bei der dargestellten Sachlage doch dringend geboten, die Bahngesellschaften durch g e s e t z l i c h e Bestimmungen zu der nötigen linienweisen Ausscheidung der Rechnungen zu veranlassen und ein bestimmtes Verfahren festzusetzen, das u. a. auch den Fall der Säumnis der Bahnen ins Auge faßt. Dies ist der eine Zweck, den wir bei unserm Antrage auf Revision
des Rechnungsgesetzes im Auge haben.

Allein für die richtige Ausmittlung der Rückkaufsentschädigungen ist die linienweise Aliseinanderhaltung der Rechnungsergebnisse keineswegs die einzige Vorbedingung. Nicht geringere Be-

56 deutung kommt in dieser Beziehung der Festsetzung des dabei maßgebenden, aber infolge der wenig präciseu Fassung der Rückkaufsbefetimmungen bestrittonen Begriffes des Reingewinnes und Anlagekapitals zu. Will der Bund bei Ankündigung des Rückkaufs nicbt einen Schritt ins Ungewisse thun, sondern mit einiger Sicherheit die ihm auffallenden Rückkaufssummen vorausbestimmen künocu, so ist es unerläßlich, daß über jene maßgebenden Begriffe schon jetzt möglichste Klarheit geschafft und sie in einer für die Bahnen beim Rückkauf v e r b i n d l i c h e n Weise festgelegt werden.

Das Eisenbahndepartement sah sich veranlaßt, seine vorläufigen Berechnungen über die zu bezahlenden Kückkaufsentschädigungon samt zudienenden Berichten zunächst einer Kommission von Sachverständigen zur Prüfung und Begutachtung vorzulegen. Diese Kommission gelangte nach einläßlicher Beratung aller in Betracht kommenden Fragen ebenfalls zu dem Schlüsse, daß zur gedeihlichen Lösung der Rückkaufsfrage die unverzügliche Revision des bestehenden Gesetzes über das Rechnungswesen der Eiscnbahngesellschaften notwendig sei, und daß es sich dabei vor allem um Aufstellung einer Vorschrift handeln müsse, welche ermögliche, die Bahnunternehntungen schon vor Eintritt des Kündigungstermins zur Vorlage der Nachweise über den jährlichen Reinertrag und das Anlagekapital nach Maßgabe der Konzessionen anzuhalten.

Darauf nun zielt in zweiter Linie der vorliegende Gesetzesentwurf ab, indem er einen Weg eröffnet, auf welchem die bestehenden und in der Folge auftauchenden Differenzen in einer für den Rückkauf maßgebenden Weise zur Erledigung gebracht werden können. Zu diesem Zwecke verpflichtet er die Bahnen, neben den schon jetzt vorgeschriebenen und auch bei anderen Aktiengesellschaften gebräuchlichen Rechnungen über das G-esamtuntornehmen (welche sich auch auf Bestandteile erstrecken, die beim Rückkauf nicht in Betracht kommen) besondere Ausweise über den Reinertrag und das Anlagekapital im Sinne der Konzessionen, d. h. unter Beschränkung auf das engere Rückkauf'sobjekt, vorzulegen. Und zwar hat dies, soweit das Netz einer Bahn nicht ein einheitliches Rückkaut'sobjekt bildet oder eine Zusammenlegung der Konzessionen stattgefunden hat, getrennt für die einzelnen Linien, beziehungsweise Liniengruppen, die unter einer besonderen Konzession stehen,
zu geschehen. Ergiebt die Prüfung dieser besonderen Rechnungsausweise, daß sie mit den Rücldvaufsbestimmungen der Konzessionen nicht in Übereinstimmungo stehen,l so o verfügt der Bundesrat die zur Erreichung des genannten Zweckes erforderlichen Änderungen. Stimmen die Bahnen diesen nicht zu,

57 so steht ihnen der Rekurs an das Bundesgericht offen, welches dann in letzter Linie über die streitigen Punkte entscheidet. Werden dann weiter die in den Konzessionen vorgesehenen Schiedsgerichte überall durch das Bundesgericht ersetzt, so wird es in dieser Weise möglich sein, alle an die Rückkaufshestimmungen sich knüpfenden Streitfragen successive zum Entscheid zu bringen und für den Rückkauf eine liquide Situation zu schaffen.

Als Unterlage zu den daherigen Verfügungen und Entscheidungen werden dorn JBundesrate und dem Bundesgerichte die Bestimmungen des revidierten Rechnungsgesetzes zu dienen haben, welches sich als weitere Aufgabe stellt, unter specieller Rücksichtnahme auf den Rückkauf und fußend auf den anerkannten Grundsätzen einer soliden Verwaltung und Finanzgebarung die in der Praxis konstatierten Mängel des bisherigen Gesetzes zu beseitigen und die vorhandenen Lücken auszufüllen.

Wir enthalten uns, an dieser Stelle auf Einzelheiten einzugehen, sondern begnügen uns, in allgemeinen Zügen die dringende Revisionsbedürftigkeit des geltenden Reehnungsgesetzes darzuthun.

Es wird sich hiernach bei Besprechung der einzelnen Artikel Gelegenheit bieten, die Verhältnisse, welche wir speciell im Auge haben, des nähern zu erörtern.

Nach dem Gesagten entsteht zunächst die Frage, ob die Revision in der Form eines Nachtrages zum bestehenden, oder des Erlasses eines neuen Rechnungsgesetzes durchzuführen sei. Wir gelangten zu der Überzeugung, daß schon aus allgemeinen Gründen die einheitliche Neuregelung der ganzen Materie vorzuziehen sei, und daß auch die besondere Natur der Verhältnisse, um die es sich hier handelt, für Aufstellung eines neuen Gesetzes spreche, indem bei diesem Vorgehen den verschiedenen Bedürfnissen am besten Rechnung getragen werden kann und die gebotenen Verbesserungen und Ergänzungen der bisherigen Vorschriften am ehesten sich anbringen lassen, ohne Komplikationen und Widersprüche zu schaffen.

Indem wir Ihnen hiernach den Entwurf zu einem neuen .Bundesgesetze über das Rechnungswesen der Eisenbahnen unterbreiten, fügen wir über den Inhalt desselben noch folgende Auseinandersetzungen bei : Ad Art. 1. Nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen erstreckte sich das Aufsichtsrecht des Bundes nur auf das Rechnungswesen der E i s e n b a h n g e s e l l s c h a f t e n , und zwar bloß derjenigen, welche ihren Gesellschaftssitz in der Schweiz haben, während dagegen nach dem vorliegenden Gesetzesentwurfe für

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s ä m t l i c h e E i s e n b a h n e n in de r S c h w e i z , d. h. nicht hieß für diejenigen, welche schweizerischen Gesellschaften, sondern auch für solche, die Kantonen, Gemeinden, Privaten, benachbarten Staaten und ausländischen Gesellschaften gehören, mit Bezug auf das Rechnungswesen ein einheitliches Recht geschaffen werden soll. Diese Ausdehnung der Anwendbarkeit des Gesetzes auf alle in der Schweiz gelegenen Bahnen erscheint als erforderlich, um die Wahrung der konzessionsmäßigen und staatshoheitlichen Rechte des Bundes in allen Fällen zu sichern.

Ad Art. 2. Dieser Artikel schreibt zunächst vor, daß die Rechnungen und Bilanzen nach einem einheitlichen Schema -zu erstellen seien. Bin solches besteht schon seit dem Jahre 1884, jedoch nur zum Zwecke der Nachweisung der Rechnungsergebnisse des Gesamtunternehmens einer Gesellschaft. In dem neuen Schema wird eine Ausscheidung aller Rechnungselemente verlangt werden müssen, welche für die Berechnung des konzessionsmäßigen Reinertrages und Anlagekapitals maßgebend sind. Dasselbe wird jedoch ebenso wie das bisherige auf die verschiedenartigen Verhältnisse Rücksicht nehmen und für kleine Unternehmungen in möglichst einfachen Formen gehalten werden, so daß die Anwendung desselben nirgends auf Schwierigkeiten stoßen wird. Die vorgesehene Prüfung der vorgelegten Rechnungen und Bilanzen durch den Bundesrat ist im Sinne des Art. 16 zu verstehen.

Ad Art. 3. Nach den Bestimmungen des Art. 3 haben die vom Bundesrate zu bezeichnenden Bahnverwaltungen, gleichzeitig mit den üblichen, das ganze Netz bezw. Unternehmen umfassenden und den zur Verfügung des Bahneigentümers stehenden Reingewinn darstellenden Rechnungen und Bilanzen, besondere Ausweise über den Reinertrag und das Anlagekapital derjenigen einzelnen Linien, welche auf Grund der Konzessionen besondere Rückkaufsobjckte bilden, zu erstellen und vorzulegen.

Die besondere Nachweisung des konzcssionsmäßigen Reinertrages und Anlagekapitals neben den gewöhnlichen Rechnungen und Bilanzen ist auch dann nicht entbehrlich, wenn die sämtlichen Linien konzessionsgemäß oder infolge einer Vereinbarung mit den Bundesbehörden zu einem einheitlichen, untrennbaren Rückkaufsobjekte zusammengefaßt sind, indem die gewöhnlichen Jahresreclmungen und Bilanzen Rechnungsposten enthalten, welche liei der Festsetzung der konzessionsmäßigen Rechnungsergebnisse außer Betracht fallen. Dieses Verhältnis hat Absatz 2 des Artikels im Auge.

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Das Schlu-ßalinea enthält für den Fall, daß die vorgeschriebenen konzcssionsmäßigen Ertrags- und Kapitalausweise nicht rechtzeitig vorgelegt werden sollten, Bestimmungen, welche unerläßlich sind, wenn der Bund die mißliche Eventualität für sich ausschließen will, den Rückkauf einer Bahn beschließen zu müssen, ohne vorher den dafür zu bezahlenden Preis wenigstens annähernd zu kennen.

Ad Art. 4. Die beiden ersten Absätze des Artikels entsprechen dem Sinne nach den bisherigen Bestimmungen (Art. 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 1883). Im ersten Satz war eine redaktionelle Änderung nötig, weil der frühere Wortlaut insofern unrichtig war, als nicht nur die für die Erstellung oder die Erwerbung der Bahn aulgewendeten Kosten, sondern auch die zu tilgenden Verluste u. s. w.

in den A k t i v e n d e r B i l a n z , aufgeführt werden müssen, während diese letztern Posten dagegen nicht auf B a u c o n t o gehören.

In Absatz 3 ist mit Bezug auf die Verzinsung des Aktienkapitals während der Bauzeit bestimmt, daß Aktienzinse den Anlagekosten nur beigefügt werden dürfen, wenn die Auszahlung solcher auf Grund eines statutarischen oder vertraglichen Versprechens (in Emissionsprospekten oder Finanzverträgen) stattgefunden hat und, für die Zukunft (d. h. nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes), höchstens zum Ansätze von 4 °/o per Jahr. Diese Bestimmung über die Verrechnung von Aktienzinsen zu Lasten des Baucontons enthält eine Präcisiemng der Vorschrift in Art. 630 O.-R. Die Beschränkung des Aktienzinses auf 4 °/o p. a. erscheint einerseits im Hinblick auf den zur Zeit landesüblichen Zinsfuß gerechtfertigt und ist anderseits auch geeignet, allfälligen Spekulationsversuchen auf Grund hoher Bauzinsen wirksam entgegenzutreten.

Der Schlußsatz des Art. 4 will der bisherigen Unsicherheit mit Bezug auf die Grenze zwischen Bahnbau und Bahnunterhalt nach Eröffnung des Betriebes ein Ende machen.

Ad Art. 5. In diesem Artikel sind über die Verrechnung der Kosten der Ergänzungs- und Neuanlagen und der Anschaffung von Betriebsmaterial nach Eröffnung dos Betriebes ausführlichere Bestimmungen getroffen, als dies im bisherigen Rechnungsgesetze der Fall war. Den Anlaß hierzu gab der von den Bahngesellschaften jeweilen eingenommene Standpunkt, daß alle durch Veränderungen an bestehenden Anlagen und Einrichtungen zum Zwecke der Verbesserung, Verstärkung oder Vergrößerung entstehenden Kosten auf Bauconto zu tragen seien, ein Verfahren, das deshalb nicht gebilligt werden

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kann, weil sonst der Bilanzwert mit dem wirklichen materiellen Wert der betreffenden Objekte nicht mehr in Übereinstimmungstehen würde. So ist es z. B. zweifellos, daß die Kosten, welche bei Erhöhung eines Gebäudes um ein Stockwerk durch das Abbrechen und Wiederaufsetzen des Dachwerkes und durch andere damit verbundene Ersatz- und Nebenarbeiten erwachsen, keinen Mehrwert zur Folge haben, indem die erste auf Bauconto verrechnete Anlage solche Kosten schon in sich schließt. Diesem thatsächlichon Verhältnis entspricht es, daß bei solchen Umbauten der Bauconto nur mit dem auf Grund von Einheitspreisen ermittelten materiellen Mehrwert belastet werde, welcher durch den Umbau wirklich geschaffen worden ist. Auf gleicher Linie stehen die Ausgaben, welche anläßlich der Verstärkung von Brücken, durch teilweise Demontierung und Ersatz einzelner Bestandteile, sowie durch außerordentliche Gerüstungen, durch Neuanstrich und andere Nchcnarbeiten verursacht werden, da auch hier der materielle Mehrwert der Brücke nicht im Verhältnis der gemachten Auslagen gestiegen ist.

Eine Ausnahme von den Bestimmungen des zweiten Absatzes ist bezüglich der Ausgaben für Verbesserung oder Verstärkung des Oberbaues deshalb zu machen, weil der ursprüngliche Oberbau in den meisten Fällen thatsächlich (infolge des höhern Preises des verwendeten Materials) mehr gekostet hat als der verbesserte und verstärkte. Zudem ist es in Ermanglung zuverlässiger Daten über die stattgefuudenen Auswechslungen oder Verbesserungen u. s. w.

vielfach unmöglich, die Wertdifferenz zwischen dem alten und dem neuen Oberbau zu ermitteln. Aus den angeführten Gründen haben denn auch die Bahngesellschaften bis dahin ohne Ausnahme die Ausgaben für Verbesserung und Verstärkung des Oberbaues aus den Betriebseinnahmen,i beziehungsweise aus dem Erneuerunü'sfoads O ~ bezahlt.

Mit Bezug auf die Schlußbestimmung in Art. 5 führen wir an, daß bisher Bahngesellschaften in einzelnen Fällen den Bauconto mit Organisations-, Verwaltungs- und Bauleitungskosten zu gunsten d e r B e t r i e b s r e c h n u n g zu belasten versuchten, was als durchaus ungerechtfertigt erscheint und daher für die Zukunft a u s d r ü c k l i c h zu untersagen ist.

Ad Art. 6. Die in diesem Artikel aufgestellte Forderung, daß für beseitigte oder untergegangene Anlagen und Einrichtungen der auf
Bauconto verrechnete Wert abzuschreiben sei, wogegen für Ersatzanlagen der Wert der letztern wieder auf Bauconto getragen werden dürfe, erscheint eigentlich als selbstverständlich.

61 Dennoch haben BahngeseUschaf'ten bisweilen den Versuch gemacht, den Wert abgegangener Objekte auf Bauconto0 zu belassen, wenn die Kosten der Ersatzanlagen geringer waren als diejenigen der ersetzten. Eine Ausnahme von dieser Regel ist wiederum bezüglich der Erneuerung des Oberbaues zu machen, indem hier dieselben Gründe zutreffen, welche wir zum vorhergehenden Artikel mit Bezug auf die Verbesserung und Verstärkung des Oberbaues anführten.

Ad Art. 7. Hierzu bemerken wir, daß die Bestimmung, wonach für die Transporte zu Bauzwecken nur die Selbstkosten angerechnet werden dürfen, mit einem auf Grund des bestehenden Gesetzes ausgefällten bundesgerichtlichen Entscheide übereinstimmt.

Sie muß auch für den Fall Anwendung finden, d. h. es müssen für die eigene Bahnstrecke die Taxen auch dann auf Grund des vorgesehenen Aiisnahmetarif's berechnet werden, wenn die Transporte zu Lasten eines Bauunternehmers oder Lieferanten geschehen, da sonst die Bahnverwaltungen durch Überbindung der Transportkosten an die Unternehmer die Bestimmung umgehen könnten und so durch Anwendung der normalen Taxen eine ungerechtfertigte Belastung des Baucontos herbeiführen würden.

Unter den gleichen Gesichtspunkt, wie .Bautransporte, fallen Material- oder Arbeitslieferungen zu Bauzwecken des eigenen Netzes, weshalb in Absatz 2 Gewinnzusehläge auf solchen Lieferungen als unstatthaft erklärt sind.

Ad Art. 8. Die hier verlangte Vorlage von Projekten und Kostenvoranschlägen für alle Ergänzung«- und Neuanlagen und für die Anschaffung von Rollmaterial ist zur Prüfung der Rechnungen erforderlich, indem sonst in vielen Fällen nicht mehr konstatiert werden könnte, welche Anlagen, Einrichtungen oder Gegenstände schon vorher bestanden haben und durch die Ergäuzungsbauten entfernt oder umgeändert, resp. ersetzt worden sind.

Ad Art. 9. Dieser Artikel enthält ein Verzeichnis derjenigen Verwendungen und Verluste, welche nicht auf Bauconto getragen werden dürfen, wozu wir aber gleich bemerken, daß es sich dabei zum geringsten Teil um Schaffung eines neuen Rechtszustandes handelt, sondern wesentlich nur um gesetzliche Festlegung der an Hand des geltenden Gesetzes und in Anlehnung an bundesgerichtliche Entscheidungen bisher geübten Praxis des Bundesrates bei Prüfung und Genehmigung der Rechnungen.

Die durch Art. 2, Absatz 3, des bisherigen Rechnungsgesetzes nicht aufgehobene Vorschrift in Art. 656 O.-R., wonach 7

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62 Gründungskosten (litt, d) in der Jahresrechnung in Ausgabe zu bringen sind, war schon bisher für die Eisenbahngesellschaften maßgebend. Zu den Gründungskosten sind insbesondere zu rechnen die Ausgaben für Erwerbung der Konzessionen, die Kosten der Konstituierung einer Gesellschaft und die Verwendungen auf Vorstudien und Vorprojekte, und es empfiehlt sich, im Interesse möglichster Klarstellung, deren ausdrückliche Aufzählung im Gesetze Mit Bezug auf die Vorstudien und Vorprojekte ist anzuführen, daß dieselben nicht au verwechseln sind mit den eigentlichen Bauprojekten, deren Kosten dem Bauconto belastet werden dürfen.

Geldbeschaffungskosten und Kursverluste auf Aktien und Obligationen (litt, b und c) durften schon nach dem bisherigen Gesetze (Art. 2, Absatz 3) nicht auf Bauconto gesetzt werden.

Entsprechend der Ausdehnung des Gesetzes auf sämtliche Bahnen, auch auf die den Gemeinden, Kantonen, ausländischen Staaten oder Privatpersonen gehörenden, müssen die Worte ,,auf Aktien und Obligationen" durch den Ausdruck ,,auf dem Anlagekapital" ersetzt werden.

Die Bestimmung sub litt, d, welche die Belastung des Baucontos mit Subventionen oder Beiträgen der Bahnen an öffentliche Werke, z. B. andere Eisenbahnen, Straßen, Brücken, Uferschutzhauten u. s. w., welche außerhalb · des eigenen Bahngebietes liegen oder im Eigentum Dritter verbleiben, ausschließt, mag beim ersten Anblick als etwas weitgehend erscheinen. Zieht man jedoch in Betracht, daß solche Bauwerke mit der Erstellung der eigenen Bahn nichts zu thun haben und mit dem Zweck des BAhnunternehmens meist nur in sehr entferntem Zusammenhange stehen, sowie ferner, daß, namentlich bei ausländischen Bahnen, eine Amortisation des grüßten Teils der Baukosten stattfindet, so muß die Bestimmung sub litt, d als durchaus gerechtfertigt erscheinen, besonders wenn dabei die Erleichterung geboten wird, daß die Amortisation auf die ganze Konzessionsdauer verteilt werden darf (Art. 14, Absatz 3) und daß die Beträge, welche im Zeitpunkt des konzessionsmäßigen Rückkaufes einer Bahn noch nicht amortisiert sind, zu Lasten des Käufers fallen, insofern die Rücklaufsentschädigung nach dem verwendeten Anlagekapital bemessen wird (Art. 15).

Die an die Bahnen geleisteten Subventionen à fonds perdus (litt, e) und die aus denselben gedeckten Baukosten wurden von uns schon
bisher von der Aufnahme in die Bilanz ausgeschlossen und das Bundesgericht billigte diesen Grundsatz in einem Rekursentscheide. Ausgenommen von dieser Bestimmung; sind Subveno O

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tionen, welche am Reinerträge des Unternehmens in irgend welcher Form participieren oder rückzahlbar sind.

Die Kosten der Organisation und Einrichtung des Betriebes (litt, f) qualifizieren sich als Verausgaben für den Betrieb und sind daher aus den Betriebseinnahmen zu bestreiten, wie dies bisher schon, in einzelnen wenigen Fällen jedoch erst auf Verlangen des Bundesrates, geschehen ist.

Die Belastung des Baucontos mit Bauzinsen für die nachtrag-liche Erstellung von Doppelgeleisen (mit Inbegriff des Bahnkörpers) und für andereErgänzungs-- und Neuanlagen oder für Vermehrung des Betriebsmaterials (litt, g) erscheint als unzulässig, weil die ratio legis, welche der Zulassung von Zinsen auf Bauconto w ä h r e n d des B a u e s e i n e r B a h n zu Grunde liegt, hier nicht zutrifft. In der That beruht die Bestimmung in Art. 4, wonach Zinse, welche im Interesse der Erstellung und der Einrichtung der Bahn erlaufen sind, den Anlagekosten beigefügt werden dürfen, einzig auf der Erwägung, daß solche faktisch nicht zu vermeidende Zinse aus dem Baukapital selbst bezahlt werden m ü s s e n , da vor Eröffnung des Betriebes keine andern Mittel zur Deckung derselben vorhanden sind, während nach Eröffnung des Betriebes die Betriebseinnahmen für alle Kapitalzinse aufzukommen haben.

Ad Art. 10. Hier ist die Bestimmung aufgenommen, daß die Schuldenzinse, die Einlagen in die Specialfonds, die Abschreibungen und Amortisationen alljährlich unter die Ausgaben der Gewinn- und Verlustrechnung einzustellen sind, auch wenn die Betriebseinnahmen zur Bestreitung derselben nicht ausreichen.

Diese Vorschrift stützt sich auf ein Prinzip, welches in jedem geordneten Geschäfte befolgt wird. Bis dahin glaubten sich aber immer einzelne Bahnunternehmungen einer solchen Verpflichtung so lange enthoben, als die Mittel zur wirklichen Deckung jener Ausgaben nicht vorhanden waren. Die Folge war, daß von diesen Bahnunternehmungen Bilanzen konstruiert wurden, welche ein unrichtiges Bild der Vermögenslage gaben. Auf Grund des Obligationenrechts konnte diesfalls Abhülfe nicht geschafft werden, weil das bisherige Gesetz über das Rechnungswesen in Art. 3 und 4 bestimmt , daß die Einlagen in die Reserve- und Erneuerungsfonds, sowie die Posten, welche aus der Bilanz entfernt werden müssen, aus den jährliehen E i n n a h m e n ü b e r s c h ü
s s e n zu bestreiten, beziehungsweise zu ersetzen seien. Soll aber die Bilanz einer Bahnunternehmung, wie es Art. 656 O.-R. vorschreibt, so klar und übersichtlich aufgestellt werden, daß die Aktionäre einen möglichst

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sichern Einblick in die wirkliche Vermögenslage der Gesellschaft erhalten, so muß die angeführte Ergänzung des Gesetzes vorgenommen werden.

Ad Art. 11. Während im geltenden Gesetz eine bezügliche Verpflichtung nicht statuiert ist, schreibt dagegen Art. 11 des Entwurfes den Bahnunternehmungen vor, für alle einer Abnutzung unterworfenen Anlagen und Einrichtungen, mit Inbegriff des Betriebsmaterials, einen Erneuerungsfonds anzulegen. Diese Vorschrift findet ihre Begründung in folgenden Erwägungen : In Art. 656 O.-R. ist vorgeschrieben, daß Grundstücke, Gebäude, Maschinen in der Bilanz höchstens nach den Anschaffungskosten, mit A b z u g der erforderlichen und den Umständen angemessenen A b s c h r e i b u n g e n , anzusetzen sind. Bei den Bahnunternehmungen sind nun solche Abschreibungen nicht gebräuchlich, sondern es wird an deren Statt bei der Mehrzahl der Gesellschaften ein Erneuerungsfonds angelegt, welcher dann für die Kosten der Erneuerung aufzukommen hat. Bei der Anlage solcher Fonds wurde aber bis dahin in der Regel nur die Erneuerung des Oberbaues und des Rollmaterials ins Auge gei'aßt, während alle andern einer Abnutzung unterworfenen Anlagen und Einrichtungen, wie Mobiliar und Gerätschaften, Hochbauten, Mauerwerk, Eisenwerk der Brücken, Signaleinrichtungen etc. bei der Dotierung unberück-sichtigt blieben. Bei den bestehenden Erneuerungsfonds erweisen sich die jährlichen Einlagen zudem meistens als zu gering, um aus denselben alle v o r g e s e h e n e n Erneuerungskosten bestreiten zu können. Aus dem Umstände, daß die durch successive Abnutzung entstandenen Wertabgänge bei einzelnen Bahnen gar nicht und bei andern nur in ungenügendem Maße durch einen solchen Reservefonds gedeckt sind, folgt aber, daß die jährlichen Bilanzen der betreffenden Bahnen über die wirklichenVermögensverhältnisseo kein richtiges Bild geben. Es erscheint deshalb dringend geboten, durch Aufstellung specieller gesetzlicher Vorschriften die volle Berücksichtigung der Minderwerte auf den Bahnanlagen bei derBilanz-aufstellung im Sinne des Obligationenrechts zu sichern.

Wie wir schon an anderer Stelle anführten, enthält das gegenwärtige Rechnungsgesetz die Vorschrift, daß die Einlagen in die Fonds aus den E i n n a h m e n ü b e r s c h ü s s e n zu bestreiten seien, und diese Bestimmung ist es, welche es bis dahin unmöglich machte, von den Bahn Unternehmungen eine gleichmäßige und hinreichende Dotierung des Erneuerungsfonds zu verlangen.

Ad Art. 12. Sollen, die im Art. 11 aufgestellten Vorschriften einheitlich und vollständig zur Durchführung gelangen, so ist es notwendig, wie Art. 12 des Entwurfes vorsieht, daß der Bundesrat die jährliehen Einlagen in den Erneuerungsfbnds, nach Entgegennahme der Vorschläge der Bahnverwaltungen, e n d g ü l t i g festsetze. Der Ausschluß des Rekurses gegen die daherigen Schlußnahmen des Bundesrates rechtfertigt sich um so mehr, als bei der Normierung der Einlagen in den. Fonds ausschließlich technische und administrative Verhältnisse in Betracht kommen, zu deren Beurteilung die Aufsichtsbehörde, welcher die erforderlichen sachverständigen Organe zur Verfügung stehen, eher kompetent ist, als das Gericht, dem solche Organe fehlen.

Ad Art. 13 und 14. Diese Artikel enthalten die nötigen Bestimmungen über die Amortisation und weichen von den Vorschriften des bisherigen Rechnungsgesetzes insofern ab, als nun auch die Tilgung der alten Emissions veri uste auf den Aktien verlangt wird.. Es geschieht dies auf Grund der Erwägung, daß der vom bisherigen Gesetz eingenommene Standpunkt, wonach die im Zeitpunkt einer Liquidation vorhandenen Emissionsverluste einzig und allein von den dannzumaligen Aktionären zu tragen seien, als ein unbilliger bezeichnet werden muß. Um nun die künftigen nicht zu gunsten der früheren Aktieninhaber zu benachteiligen, ist es erforderlich, die Emissionsverluste auf den Aktien ebenfalls der Amortisation zu unterwerfen, wodurch bewirkt wird, daß auch die gegenwärtigen Aktionäre zum Ersatz dieser Verluste beitragen müssen. Übrigens fuhren wir an, daß alte Emissionsverluste nur noch bei der Centralbahn, Nordostbahn, G-otthardbahn und bei den Vereinigten Schweizerbahnen im Gesamtbeträge von Fr. 7,315,228 vorhanden sind. Der Ausschluß des Rekurses gegen die Verfügungen des Bundesrates in Amortisationsfragen rechtfertigt sich aus den gleichen Gründen, wie bei Festsetzung der jährlichen Einlagen in den Erneuerungsfonds (s. ad Art. 12).

Ad Art. 15. Über die Amortisation der indirekten Ausgaben (Art. 9, litt. d) und die eventuelle Vergütung des nicht amortisierten Teils derselben im Falle eines Rückkaufes (Art. 15) haben wir uns bereits oben ad Art. 9 ausgesprochen. Im weiteren führen wir aber noch an, daß diese Bestimmung von der Voraussetzung ausgeht, es habe die Amortisation sofort nach
Entstehung der betreffenden Ausgaben begonnen; soweit dies nicht der Fall ist, hat dieselbe den Sinn, daß die Festsetzung der zu Lasten des Käufers fallenden Restanzsumme auf dieser Grundlage berechnet werde.

66 Ad Art. 16. Hier ist bestimmt, nach welchen Gesichtspunkten die in Art. 2 und 3 vorgesehene Prüfung der Rechnungen, Bilanzen und sonstigen Ausweise durch die Aufsichtsbehörde stattzufinden hat. Von größter Bedeutung ist dabei die Erweiterung gegenüber dem jetzigen Gesetze, daß die Prüfung sich auch auf die Übereinstimmung mit den K o n z e s s i o n e n zu erstrecken hat, wodurch, in Verbindung mit den Bestimmungen über das Verfahren zur Erledigung von Differenzen (Art. 17 und 22), ermöglicht wird, sichere Grundlagen für Berechnung der Riickkaul'sentschädigungcn zu gewinnen. Die dem Bundesrat ferner eingeräumte Befugnis, xum Zwecke der Rechnungsprüfung von der gesamten Geschäftsführung der Bahnverwaltungen Einsicht zu nehmen und alle sonst nötigen Erhebungen zu machen, ist schon im gegenwärtigen Gesetz enthalten und muß ihm auch für die Zukunft gewahrt bleiben. Dabei versteht es sich, daß der Bundesrat von dieser Befugnis nur dann Gebrauch machen wird, wenn es zur Aufklärung thatsächlicher Verhältnisse als notwendig erscheint.

Ad Art. 17. Gemäß Art. 5 des bisherigen Rechnungsgesetzes hatte der Bundesrat die ihm nötig erscheinenden Änderungen und Anordnungen betreffend die zur Prüfung und Genehmigung vorgelegten Rechnungen den Gesellschaften mitzuteilen und diese die bestimmte Erklärung abzugeben, ob sie die getroffenen Anordnungen anerkennen oder nicht. Im verneinenden Falle konnte der Bundesrat binnen 30 Tagen nach der Schlußnahme der Generalversammlung die Streitfrage an das Bundesgericht bringen, welches dann endgültig z,u entscheiden hatte. Diese der Aufsichtsbehörde in dem bisherigen Verfahren zugewiesene Stellung muß aber entschieden als eine der obersten Landesbehörde unwürdige bezeichnet werden.

Das Verfahren hat sich aber auch praktisch nicht bewährt, weil dem Bundesrate, welchem als Rekurskläger zunächst die Beweislast auffiel, in vielen Fällen die Beschaffung des nötigen Beweismaterials zur Stützung seines Rekurses innert der dreißigtägigen Frist nicht möglich war und die Bahngesellschaften diesen ihnen wohl bekannten Umstand zu ihrem Vorteil ausnützen konnten. Das grundsätzlich und praktisch richtige Rekursverfahren besteht unseres Erachtens darin, daß der Bundesrat, nach Anhörung der Bahnverwaltung, die nötigen Verfügungen betreffend Rechnungsstelluug trifft und daß den
Bahnunternehmungen das Recht eingeräumt wird, gegen die Anordnungen des Bundesrates beim Bundesgericht zu rekurrieren, wie dies nun in Art. 17 vorgesehen ist. Die Praxis hat sodann keine Anhaltspunkte ergeben, welche die Anwendung des für die staatsrechtlichen Streitigkeiten vorgesehenen Verfahrens

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zur Erledigung der von den Bahnunternehmungen erhobenen Einsprachen als ungeeignet erscheinen ließen, weshalb dasselbe im Entwurfe beibehalten wurde. Eine Erweiterung ist nur insofern getroffen, als inskünftig Kosten, welche durch besondere Expertisen veranlaßt werden, zu Lasten der Bahnunternehmungen fallen sollen.

Ad Art. 18. Während nach dem bisherigen Gesetze bis nach Ablauf der Rekursfrist und eventuell bis zum Entscheide des Bundesgerichtes jede Dividendenzahlung untersagt war, sieht der Entwurf die Milderung vor, daß in Zukunft nur noch der streitige Betrag des Reinertrages, gemäß den Anordnungen des Bundesrates, in Reserve gestellt werden muß.

Ad Art. 19. Art. 19 enthält Strafbestimmungen, welche als unerläßlich erscheinen, wenn der Zweck des Gesetzes erreicht, werden soll.

Ad Art. 20. In der Absicht, die rechtzeitige Vorlage der konzessionsmäßigen Ertrags- und Kapitalausweise (Art. 3) zu sicher^ damit für deren Prüfung und für die Bearbeitung des daherigen Materials dem Bundesrate vor dem nächsten Kündigungstermine genügende Zeit bleibt, sind im Art. 20 angemessene Fristen festgesetzt.

Da aber nach bisherigen Erfahrungen trotz dieser Fristbestimmung die rechtzeitige Einreichung nicht in allen Fällen gesichert erscheint, so räumt der Entwurf dem Bundesrate überdies das Recht ein, die Prüfung und Genehmigung der Rechnungen und Bilanzen^ welche ohne diese Ausweise eingereicht werden, bis nach stattgefundener Ergänzung der Vorlagen zu verweigern und jede Dividendenzahlung zu untersagen.

Ad Art. 21. Dieser Artikel bezweckt eine gutliche Verständigung mit den Bahnunternehmungen in Bezug auf die Festsetzung der Bauconti in den noch unerledigten Fällen (Bahnstrecken ausländischer Unternehmungen auf Schweizergebiet, sowie Bahnen, welche Kantonen, Gemeinden und einzelnen Privaten gehören). Dabei ist verstanden, daß die gemäß Ziffer l der Übergangsbestimmungen zum bisherigen Eisenbahnrechnungsgesetz bereits festgesetzten Bauconti keiner nochmaligen Revision unterstellt werden und daß demgemäß die Grundsätze des neuen Gesetzes auf die genehmigten Baurechnungen keine rückwirkende Anwendung finden sollen. Eine Verständigung soll auch gesucht werden über die Grundsätze, nach welchen der Reinertrag und das Anlagekapital im Sinne der Rückkaufsbestimmungen festzusetzen sind.

Absatz 3 bezeichnet das Verfahren für den Fall, daß eine Verständigung nicht erzielt wird. Durch die Verweisung auf das

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in Art. 17 vorgesehene Rekursrecht dürfte außer Zweifel gestellt sein, daß Rekurse der BAhnunternehmungen, die sich aus der Revision von Baurech nungen oder anläßlich der Festsetzung der O O Grundsätze für die, Berechnung des konzessionsmäßigen Reinertrages und Anlagekapitals ergeben, nach demselben Verfahren zu behandeln sind, wie es für die im gleichen Artikel vorgesehenen Streitfälle festgesetzt ist.

Ad Art. 22. Nach diesem Artikel soll dem Bundesgerichte überhaupt die Entscheidung in allen denjenigen Fällen zukommen, für welche nach den Rückkaufsbestimmungen der Konzessionen die schiedsgerichtliche Erledigung (Festsetzung der Rückkaufsentschädigungen und Entscheid über andere aus dem Rückkäufe sich ergebende Streitfragen) vorgesehen ist. In Anbetracht der prinzipiellen und materiellen Tragweite dieser Streitigkeiten empfiehlt es sich, für deren Abwandlung statt des summarischeren Verfahrens, wie es für die staatsrechtlichen Streitigkeiten gilt, das in Abschnitt II des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 vorgesehene (civilgerichtliche) in Aussicht zu nehmen.

Zur Begründung dieser wichtigen Bestimmung führen wir folgendes an : In den bis Mitte September 1873 erteilten Konzessionen ist die Entscheidung von Streitigkeiten über die Rückkaufsentschädiguugen und andere damit zusammenhängende Fragen einem S c h i e d s g e r i c h t e zugewiesen, welches so zusammengesetzt wird, daß jeder Teil zwei Schiedsrichter wählt und von den letzteren ein Obmann bezeichnet wird oder, wenn sich die Schiedsrichter über die Person des Obmanns nicht vereinigen können, das Bundesgericht einen Dreiervorschlag bildet, aus welchem zuerst der Kläger und hernach der Beklagte je einen der Vorgeschlagenen zu streichen hat, während der Übrigbleibende Obmann des Schiedsgerichtes ist.

In den seit jener Zeit vom Bunde erteilten Konzessionen dagegen ist die Entscheidung von Streitigkeiten über den Rücklauf und damit zusammenhängende Fragen dem B u n S e s g e r i c h t e vorbehalten. Im weiteren ist auch zu erwähnen, daß nach Art. 39 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Bisenbahnen alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und einer Eisenbahngesellschal't vor dem Bundesgerichte auszutragen, sind.

Nach den angeführten Bestimmungen würden also die beim Rückkauf entstehenden Streitfragen je nach den Vorschriften der

69 betreffenden Konzessionen teils von Schiedsgerichten, teils vom Bundesgerichte zu beurteilen sein, wobei überdies zu erwarten stände, daß beide Gerichte gleichzeitig berufen sein würden, zwar nicht über dasselbe Riickkaufsobjekt, wohl aber über identische Streitfragen entscheiden zu müssen. Wir greifen als Beispiel die Nordostbahn heraus, deren auf Schweizergebiet gelegene Linien konzessionsgemäß nicht weniger als 25 besondere Rückkaufsobjekte bilden. Wird der Rückkauf für diese 25 Linien gleichzeitig angekündigt und ergeben sich dabei Differenzen, so wären dieselben im Siane der Konzessionen für 15 Linien durch ebensoviele Schiedsgerichte und für 10 Linien durch das Bundesgericht zu beurteilen.

Nun besteht aber keinerlei Gewähr für eine übereinstimmende Rechtsprechung dieser verschiedenen, einander koordinierten Gerichte. Im Gegenteil liegt es in der Natur der Sache und kann es daher kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Schiedsgerichte sowohl unter sich als auch mit dem Bundesgerichte in der Entscheidung grundsätzlicher wie thatsächlicher Fragen auseinandergehen und so nicht allein bezüglich der verschiedenen Bahnnetze, sondern sogar bezüglich der Linien ein und desselben Netzes widersprechende Entscheide ausgefällt würden. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Voraussicht für die Bahngesellschaften nicht weniger als für den Bund beunruhigend sein muß und daß dadurch ein Zustand der Unsicherheit und Ungewißheit bedingt ist, an dessen Beseitigung die Aktionäre und der Bund in gleichem Maße ein Interesse haben. Es scheint uns daher in der Pflicht der gesetzgebenden Behörden zu liegen, der vorauszusehenden ungleichen Rechtsprechung in Bezug auf Fragen, bei denen so bedeutende ökonomische Interessen im Spiele sind, vorzubeugen, vorausgesetzt, daß ihnen dazu ein Mittel an die Hand gegeben ist. Dies ist nun in der That der Fall. Der angestrebte Zweck kann in einfacher Weise dadurch erreicht werden, daß -- wie dies Art. 22 des Entwurfes vorsieht -- für a l l e mit dem .Rückkauf zusammenhängenden Streitigkeiten, auch in den Fällen, wo die Konzessionen schiedsgerichtliehe Erledigung vorsehen, das B u n d e s g e r i c h t als einzig kompetent erklärt wird. Von einer Gefährdung materieller Interessen oder Verletzung wohlerworbener Rechte kann bei dieser Maßnahme zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung in den auf den Rückkauf bezüglichen Streitigkeiten um so weniger die Rede sein, als es die für unparteiische Rechtsprechung alle wünschbare Gewähr bietende oberste Gerichtsbehörde des Landes ist, welche an die Stelle einer Vielzahl von Schiedsgerichten treten soll. Wir können Ihnen daher aus voller Überzeugung die in Art. 22 des O O ßnndesblatt. 47. Jahrg. Bd. IV.

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Entwurfes niedergelegte Bestimmung zur Gutheißung empfehlen und glauben annehmen zu dürfen, daß auch die Bahngesellschaften in ihrem wohlverstandenen Interesse die angestrebte Beseitigung einer Unsicherheit, die auch ihnen verhängnisvoll werden könnte, begrüßen werden.

Ad Art. 23. Durch Art. 6 des geltenden Rechnungsgesetzes wurden, in Abweichung von den Vorschriften des Ohligationenrechtes, die dem Bunde und den Kantonen in betreff der Stimmberechtigung und der Verwaltung gegenüber einzelnen Eisenbahngesellschaften damals schon zustehenden Rechte gewahrt und die Bundesbehörden ferner ermächtigt, auch in der Zukunft derartige Verhältnisse durch die Konzessionen oder bei der Prüfung der Statuten oder der Verträge zu ordnen oder zu genehmigen. Soweit es die Beteiligung des Bundes und der Kantone bei der Verwaltung betrifft, ist nun die angeführte Bestimmung durch Art. 6 des Buudesgesetzes vom 28. Juni 1895, betreffend das Stimmrecht der Aktionäre von Bisenbahngesellschaf'ten und die Beteiligung des Staates bei deren Verwaltung, überholt und entbehrlich geworden, indem dieser Art. 6 die Vertretung des Bundes und der Kantone in den Bahnverwaltungen innerhalb gewisser Grenzen fest normiert und in Alinea 4 die konzessiousmäßigen oder vertraglichen Bestimmungen, welche dem Bunde, Kantonen oder Gemeinden eine größere Vertretung einräumen, ausdrücklich vorbehält. Nicht das Gleiche gilt dagegen mit Bezug auf die Stimmberechtigung des Bundes und der Kantone, über welche das genannte Gesetz keine Bestimmungen enthält. Da aber die Grunde, welche zur Aufnahme des Art. 6 in das Rechnungsgeset* vom 21. Dezember 1883 führten, heute noch zutreffen, für den Bund sogar in verstärktem Maße, da er seither eine bedeutende Zahl Aktien einer Hauptbahn erworben hat, so erscheint die Herübernahme der fraglichen Bestimmung aus dem alten in das neue Gesetz angezeigt, mit Weglassung .jedoch der BestimmungO betreffend die Verwaltung.

ö Ad Art. 24. Daß die Bahngesellschaften ihre Statuten innerhalb einer vom Bundesrate zu bestimmenden Frist mit den Vorschriften des neuen Gesetzes in Übereinstimmung zu bringen haben, ist eine notwendige Übergangsbestimmung, die keiner weitern Begründung bedarf.

Ad Art. 25. Neben der Aufhebung des bisherigen Eisenbahnrechnungsgesetzes bestimmt der Art. 25, daß die auf Grund des genannten Gesetzes getroffenen Vereinbarungen über die Amortisationen nach Maßgabe des vorliegenden neuen Gesetzes xu revi-

71 dieren seien, was mit Rücksicht auf den Umstand notwendig erscheint, daß die bisher vereinbarten Amortisationen nicht bloß auf die abgelaufene Periode, sondern auch auf die folgende Zeit Bezug haben, für welche das neue Gesetz Regel machen wird und nach dessen Bestimmungen eine Neuordnung der Amortisationen stattfinden muß.

Indem wir uns gestatten, Ihnen, Tit., den Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahnen hiermit vorzulegen und dessen sofortige Inberatungnahme zu empfehlen, benutzen wir den Anlaß zur wiederholten Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

"sB e r n , den 11. November 1895.

Im Namen des Schweiz. .Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zernp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Eingier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Entwurf eines Bundesgesetzes über das Rechnungswesen der Eisenbahnen. (Vom 11. November 1895.)

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13.11.1895

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