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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Arth-Rigi-Bahn.

(Vom 7. Juni 1912.)

Tit.

Die Arth-Rigi-Bahn hat seit einigen Jahren mit grossen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Um ihre finanzielle Lage möglichst zu verbessern hat sie kürzlich die Revision des Pachtvertrages betreffend die Verpachtung der Strecke StaffelhöheRigikulm an die Vitznau-Rigi-Bahn veranlasst, wobei der zu zahlende Pachtzins von 75 auf 85 Prozent der Transporteinnahmen der Pachtstrecke erhöht wurde (vergl. unsere Botschaft vom 26. April 1912 betreffend die Genehmigung des Pachtvertrages).

Da die aus dem neuen Pachtverhältniss erzielte Mehreinnahme der Arth-Rigi-Bahn noch nicht genügend schien, um ihr Unternehmen auf gesunde Grundlage zu stellen, reichte sie dem Eisenbahndepartement unterm 10. März 1912 eine Eingabe ein, in. welcher um die Erhöhung der konzessionsmässigen .Taxen auf der Pachtstrecke Staffelhöhe-Rigikulm ersucht wird.

Zur Begründung ihres Gesuches führt die Bahngesellschaft im wesentlichen aus, sie könne ihr Aktienkapital im Gesamtbetrage von Fr. 3,960,000 (13200 Aktien à Fr. 300) schon seit der Elektrifizierung der Linie nicht mehr verzinsen. Seit Jahren schliesse ihre Betriebsrechnung mit Unterbilanzen ab. Sogar das Jahr 1911 werde, wenn die Bilanzierung eine ganz gesunde sein solle, trotz Mehreinnahmen im Betrage von ca. Fr. 87,000 mit ·einer bedeutenden Unterbilanz abschliessen.

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Die Gesellschaft habe an festen Lasten: Hypothekaranleihen vonFr. 2,350,000,4%ige Obligation., im L Rang ,, ,, 350,000,4V,»/oige ,, ,,II. ,, ,, 150,000,5%ige ,, ohneHypothek ,, 150,000 laufende Schulden y, 30,000 Restzahlung an einen neuen Motorwagen zusammen Fr. 3,030,000 Die Obligationenanleihen seien im Jahre 1916 zurückzuzahlen. Die Lage der Gesellschaft sei eine so prekäre, dass sie den nötigen Kredit zur Erneuerung ihrer Obligationenschuld im Jahre 1916 nicht finden würde, wenn es ihr nicht gelingen sollte, die laufenden Schulden aus den Betriebsergebnissen der Jahre 1912--1915 zu tilgen. Dies würde den Ruin der Gesellschaft bedeuten.

Die Taxerhöhung solle einzig auf der verpachteten Strecke Staffelhöhe-Rigikulm zur Ausführung gelangen.

Auf dieser Strecke führe die Pächterin, die Vitznau-Rigi-Bahn als Fortsetzung ihrer Linie nur eine Wagenklasse. Art. 19, Abs. 1T der Konzession sei aus diesen Gründen dahin abzuändern, dass auf der fraglichen Strecke die Taxe pro Person und Bahnkilometer für die Bergfahrt von Fr. l auf Fr. 1.10 und für die Talfahrt von 50 Rappen auf 55 Rappen erhöht werde.

Der Regierungsrat des Kantons Schwyz, zur Vernehmlassung über die Eingabe der Arth-Rigi-ßahn eingeladen, beantragte unterm 7. Mai 1912 Ablehnung des Konzessionsänderungsgesuches.

Dabei stützte sich die Kantonsregierung auf den bezüglichen Bericht des Gemeinderates Arth, der u. a. geltend gemacht habe, dass die Arth-Rigi-Bahn ihr Aktienkapital auch vor der Elektrifizierung der Linie nicht habe verzinsen können. Seit Bestehen der Bahn habe das frühere Prioritätsaktienkapital ein einziges Mal eine kleine Dividende erhalten. Wenn die Arth-Rigi-Bahn ausführe, dass sie dringend Mehreinnahmen bedürfe zur Verbesserung ihrer ökonomischen Lage, so müsse man allerdings zugeben, dass die finanzielle Lage der Bahngesellschaft keine rosige sei. Diese Lage sei jedoch seit vielen Jahren die gleiche, ohne dass es jemals dem Verwaltungsrate eingefallen wäre, deswegen um die Erhöhung der koniessionsmässigen Taxen einzukommen. Seit einiger Zeit seien aber Taxerhöhungen an der Tagesordnung. Zuerst habe man die Frachtansätze der Bergbahn erhöht und dazu die sog. Umschlags- oder Umladegebühren auf dem Bahnhof« Goldau

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eingeführt. Vor ungefähr einem Jahre seien dann die Abonnements auf der Talbahnstrecke erhöht worden. Durch diese Taxerhöhungen werde es dem Publikum erschwert, die Bahn zu benützen, ohne dass daraus die Bahngesellschaft Nutzen ziehe, denn die Frequenz gehe zurück.

Was die seit dem Jahre 1870 bestehenden Taxen der Linie Staffelhöhe-Kulm anbetreffe, so seien dieselben hoch genug. Die Arth-Rigi-Bahn beziehe von den Einnahmen auf dieser Strecke von der Vitznau-Rigi-Bahn, welche den Betrieb inné habe, jähr- , lieh 85°/o oder ca. Fr. 100,000. Durch die nachgesuchte Taxerhöhung würde vielen Schweizerbürgern der Besuch des Rigi erschwert oder verunmöglicht. In Betracht falle auch, dass bei Erbauung der Bahn ein grosser Teil des Aktienkapitals von Bürgern der Gemeinde Arth und den anderen Ortschaften des Kantons aufgebracht worden sei. Dieselben hätten aber durch den Kurssturz grosse Beträge eingebüsst und die Aktien seien seit Jahren nur mehr Spekulationspapiere, ohne eigentlichen reellen Wert. Nun solle durch die Erhöhung der Taxen der Wert der Aktien gehoben werden. Der Gemeinderat finde aber, er könne hierzu im Interesse der Gesamtheit nicht Hand bieten.

Deshalb beantrage er Abweisung des Konzessionsänderungsgesuches.

Die Arth-Rigi-Bahn, der das Eisenbahndepartement die Vernehmlassung der Kantonsregierung zur Kenntnis brachte, bestätigte ihr Konzessionsänderungsgesuch in einer weiteren Eingabe vom 21. Mai 1912. Dabei bemerkte sie in Ergänzung ihres Gesuches, die in den Jahren 1904--1907 durchgeführte Elektrifizierung ihres ohnehin unrentabeln Unternehmens habe ihr eine Enttäuschung gebracht. Während vor der Elektrifizierung die schwebenden Schulden der Gesellschaft ca. Fr. 6000 betragen hatten, seien dieselben bis Ende 1910 auf Fr. 231,000 angewachsen. Die vor dem Umbau Fr. 2,350,000 betragende Anleihensschuld (4 y* prozentiges Obligationenanleihen I. Hypothek) habe durch eine weitere 4 y« prozentige Anleihe H. Hypothek auf Fr. 2,700,000 erhöht werden müssen. Aber auch diese Erhöhung habe sich als ungenügend erwiesen, so dass eine dritte 5 prozentige Anleihe von Fr. 150,000 ohne Hypothek aufgenommen worden sei. Durch diese bedeutenden finanziellen Mehrbelastungen sei der jährliche Zinsendienst von Fr. 100,000 auf rund Fr. 127,000 gestiegen, während sich der Einnahmenüberschuss nach der Elektrifizierung
durchschnittlich nur um ca. Fr. 15,000 erhöht habe.

Daraus ergebe sich, dass die Bahn seit der Elektrifizierung mit einer Mehrbelastung von Fr. 12,000 zu rechnen habe. Ferner

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habe die Einlage in den Erneuerungsfonds um Fr. 8000 erhöht werden müssen und vom Jahre 1912 an werde diese Einlage nach den vom Eisenbahndepartement aufgestellten Normen um weitere Fr. 5000 erhöht werden. Für die kommenden Jahre sei .daher mit einer Mehrbelastung von rund Fr. 25,000 zu rechnen.

Von diesen Fr. 25,000 würden nun ca. Fr. 13,000 durch das erhöhte Pachtzinsbetreffnis der Strecke Staffelhöhe-Kulm eingebracht. Die dann noch fehlenden Fr. 12,000 könnten auf dem Wege der Tariferhöhung auf der Pachtstrecke erzielt werden.

Nachdem die Arth-Rigi-Bahn in der Vitznau-Rigi-ßahn eine übermächtige Konkurrenz besitze und ausserdem, wegen der bereits erfolgten und noch bevorstehenden Eröffnung weiterer Bergbahnen, wie die Niesenbahn und die Säntisbahn, auf eine wesentliche Steigerung des Verkehrs kaum mehr zu rechnen sei, müsse versucht werden, die vorstehende Mehrbelastung durch das Mittel der Tariferhöhung auf der Pachtstrecke zu kompensieren.

Die vom Regierungsrat ausgesprochene Befürchtung, dass durch die Erhöhung der Taxen der Besuch des Rigi und der Genuss der dort einzig schönen Rundsicht erschwert oder verunmöglicht werde, könne nicht ernsthaft genommen werden, denn wer mühelos die Schönheit unseres Vaterlandes kennen lernen und bewundern wolle, werde sich der minimen Taxerhöhung wegen, diesen Genuss nicht versagen.

Dass die Bahngesellschaft seit der Elektrifizierung dem Zinsendienst nicht mehr voll genügen könne, gehe noch aus folgenden Zahlen hervor: Nach den bisherigen, normalen Ergebnissen könnten die durchschnittlichen Jahreseinnahmen auf rund Fr. 300,000 und die Ausgaben im Minimum auf rund Fr. 155,000 festgesetzt werden, so dass ein mutmasslicher Einnahmenüberschuss von Fr. 145,000 verbliebe.

Aus diesem Ergebnis seien sodann zu bestreiten: Obligationenzinsen Fr. 117,250 Kontokorrentzinsen, Provisionen, Kommissionen etc.

,, 12,250 Einlage in den Erneuerungsfonds nach den künftigen Normen ca. ,, 23,500 Statutarische Einlage in den Reservefonds . . . ,, 2,000 Zusammen . . Fr. 155,000 Werde die oben erwähnte Mehreinnahme nicht erreicht, so müsse die Gesellschaft mit einem jährlichen Defizit von mindestens Fr. 10,000 rechnen.

7Ü7 An Arbeiten für die Betriebssicherheit -der Bahn sei in nächster Zeit eine durchgehende Weichenanlage auf den Stationen Fruttli und Wölfertschen in einem Kostenaufwand von rund Fr. 16,000 auszuführen. Zudem müsse die Station Rigi Staffel umgebaut werden, was ca. Fr. 14,000 erfordere. Das ergebe zusammen Fr. 30,000.

Wenn die Gesellschaft nicht in die Lage komme, bis Ende 1915 'die laufenden Schulden zu tilgen und ca. Fr. 30,000 für die erwähnten, dringend nötigen Arbeiten aufzubringen, so könnte sie im Jahre 1916, wo ihr Ob'ligationenkapital zur Zahlung fällig werde, in die Zwangslage kommen, den Konkurs anmelden zu müssen.

Die Abweisung des Konzessionsänderungsgesuches würde die geplante Sanierung verunmöglichen und die Fortexistenz der Gesellschaft ernstlich in Frage stellen.

Wir halten das Begehren der Verwaltung der Arth-Rigi-Bahn um Erhöhung der konzessionsinässigen Taxen für den Personenverkehr auf der Strecke Staffelhöhe-Kulm um 10 resp. 5 Rappen per Kilometer und Person für begründet. Die Ausführungen der Bahngesellschaft sind in allen Teilen zutreffend. Die Bahnverwaltung bedarf vermehrter Einnahmen nicht um eine Rendite abzuwerfen, sondern nur um sich ordentlich über Wasser zu halten und ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. Da hierfür nur eine Erhöhung der Taxen auf der Pachtstrecke Staffelhöhe .Kulm in Frage kommen kann, wenn .nicht Frequenz und Konkurrenzfähigkeit .der Arth-Rigi-Bahn geschädigt werden sollen, so ,,kann die Einrede der Kantonsregierung nicht berücksichtigt werden.

Wir beantragen Ihnen deshalb, die Erhöhung der Taxen in dem !im Gesuche der Arth-Rigi-Bahn vorgesehenen Umfange gemäss dem nachstehenden Beschlussesentwurfe zu .bewilligen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei'diesem Anlasse die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

e

B;ern, den 7. Juni 1912.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

Bandesblatt. 64. Jahrg. Bd. III.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Aenderung der Konzession der Arth-Rigi-Bahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Arth-Rigi-Bahn vom 10. März und vom 21. Mai 1912; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 7. Juni 1912, beschliesst: I. Art. 19, Absatz l, der vom Stande Schwyz am 23. Juni 1870 erteilten Konzession für eine Eisenbahn von der luzernischschwyzerischen Kantonsgrenze oberhalb Kaltbad über Rigi-Kulm und von da auf der Nordseite der Rigi in die Talsohle ArthGoldau zum Anschlüsse an die Gotthardbahn (E. A. S. a. F., VI, 412) wird dahin abgeändert, dass die Gesellschaft auf der Strecke Staffelhöhe-Kulm per Person und per Kilometer der Bahnlänge höchstens Fr. 1: 10 für die Bergfahrt und Fr. 0. 55 für die Talfahrt berechnen darf.

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1912 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Arth-Rigi-Bahn. (Vom 7. Juni 1912.)

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12.06.1912

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