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Botschaft

über die Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer»

vom 2. November 1994 Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir legen Ihnen hiermit unsere Botschaft über die Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuen> vor und beantragen Ihnen, die Initiative dem Volk mit der Empfehlung auf Verwerfung zur Abstimmung zu unterbreiten.

Der Entwurf zu einem entsprechenden Bundesbeschluss liegt bei.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. November 1994

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Stich Der Bundeskanzler Couchepin

1995-705

·fc Übersicht Die in der Form einer allgemeinen Anregung eingereichte Volksinitiative «zar Abschaffung der direkten Bundessteuer» verlangt, die Einkommenssteuerbelastung sei durch eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer auf eine (indirekte) Verbrauchssteuer zu vermindern. Direkte Steuern sollen nur noch durch Gemeinden und Kantone erhoben werden dürfen. Dabei soll der bisher über die direkte Bundessteuer bewirkte interkantonale Finanzausgleich mindestens im heutigen Ausmass aufrechterhalten werden.

Der Initiative liegt ganz offensichtlich die Auffassung zugrunde, dass direkte Steuern leistungshemmend wirken. Zwar kann durchaus davon ausgegangen werden, dass sich hohe Steuern negativ auf das Arbeitsangebot auswirken. Hieför ist aber nicht das Verhältnis zwischen-direkten und indirekten Steuern massgebend, sondern die gesamte fiskalische Belastung des Einkommens, In dieser Hinsicht schneidet die Schweiz jedoch im internationalen Vergleich nach wie vor gut ab.

Die Forderung der Initiative nach einer allgemeinen Verbrauchssteuer zwecks zumindest teilweisem Ausgleich der Einnahmenausfälle aus der Abschaffung der direkten Bundessteuer ist mit der beschlossenen Einßihrung der Mehrwertsteuer per 1. Januar 1995 bereits erßillt. Ebenso ist damit auch das Begehren der Initianten nach Abschaffung der taxe occulte verwirklicht.

Sollte die Initiative angenommen werden, müsste der Einnahmenausfall durch entsprechende Satzerhöhungen bei der Mehrwertsteuer vollständig ausgeglichen werden. Somit steht fest, dass die Fiskalquote der Schweiz als Ausdruck der Gesamt·steuerbelastung im Falle einer Abschaffung der direkten Bundessteuer nicht sinken würde. Die Annahme der Initiative hätte auch keinen mildernden Einßuss auf die von Kanton zu Kanton teilweise erheblichen Steuerbelastungsunterschiede.

Die massiven Umverteilungswirkungen der Initiative gehören zu ihren einschneidendsten Merkmalen: Durch die Umlagerung von der direkten Bundessteuer zu einer von 6£ auf mindestens 12 Prozent angehobenen Mehrwertsteuer kämen die Unternehmen nach der Elimination der taxe occulte in der Höhe von über 2 Milliarden Franken zu einer weiteren Steuerentlastung von jährlich rund 3 Milliarden Franken. Profitieren würden daneben höchstens 10 Prozent der Haushalte. Bei diesem einkommensstärksten Teil der Bevölkerung würde die
wegfallende direkte Bundessteuer die zusätzliche Mehrwertsteuerbelastung teilweise massiv übertreffen.

Die Steuerlast würde mithin von den juristischen Personen und den sehr einkommensstarken natürlichen Personen auf die weniger einkommensstarken restlichen 90 Prozent der steuerpflichtigen natürlichen Personen verlagert, för welche die Anhebung der Mehrwertsteuer stärker ins Gewicht fiele als die Abschaffung der direkten Bundessteuer.

Unter dem Aspekt des Finanzausgleichs erscheint die Initiative för Bund und Kantone als problematisch und gefährlich. Während sich der Finanzausgleich mittels direkter Bundessteuer über Jahrzehnte hinweg bewährt hat und auch von anerkannten Experten als zweckmässig und ausbaufähig bezeichnet wird, ist eine praktikable alternative Finanzausgleichslösung nicht ohne weiteres möglich.

Die direkte Bundessteuer als eidgenössische, im ganzen Land nach einheitlichen Kriterien erhobene Steuer trägt zur Harmonisierung der direkten Steuern der Kan-

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tone und Gemeinden bei, indem zur Vereinfachung der Veranlagung die kantonalen Steuergesetze immer häufiger auf das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer ausgerichtet werden.

Es bestehen keine Zweifel, dass die Nachteile der Initiative allfällige positive Aspekte bei weitem übertreffen. Ein Umbau des schweizerischen Steuersystems im Sinne der Initiative schiesst somit weit über das Ziel hinaus.

Der Bundesrat beantragt deshalb, die Initiative abzulehnen und sie dem Volk mit dem Antrag auf Verwerfung vorzulegen.

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·*_.

Botschaft I II III

Allgemeiner Teil Ausgangstage der Initiative Wortlaut

Am 3. August 1993 reichten verschiedene Organisationen unter der Federführung des Schweizerischen Gewerbeverbandes die eidgenössische Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten BundessteueD> ein. Die Initiative lautet: Die Bundesverfassung ist nach folgenden Grundsätzen abzuändern: 1. Spätestens für die auf den 3 L Dezember 2002 folgenden Jahre wird die direkte Bundessteuer nicht mehr erhoben.

2. Die dem Bund erwachsenden Ertragsausfälle werden, soweit notwendig, durch eine in der Verfassung nach oben begrenzte allgemeine Verbrauchssteuer ausgeglichen.

3. Der bisher Ober die direkte Bundessteuer bewirkte interkantonale Finanzausgleich soll mindestens im heutigen Ausmass aufrechterhalten werden,

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Zustandekommen

Die Bundeskanzlei stellte mit Verfügung vom 16. November 1993 fest, dass die Initiative mit 106 419 gültigen Unterschriften formell zustandegekommen ist (BBl 1993 IV 272).

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Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Gültigkeitsvorschriften von Artikel 121 Absätze 3 und 4 der Bundesverfassung (BV) und von Artikel 75 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (SR 16L1). Sie weist die Form der allgemeinen Anregung auf und wahrt den Grundsatz der Einheit der Materie. Die Initiative ist daher als gültig zu betrachten.

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Behandlung

Weil die Initiative die Form der allgemeinen Anregung aufweist, hat die Bundesversammlung innert drei Jahren nach der Einreichung Beschluss zu fassen, ob sie der Initiative zustimmt oder nicht (Art. 26 Abs. l des Geschäftsverkehrsgesetzes, GVG). Stimmen die eidgenössischen Räte der Initiative zu, so haben sie die Partialrévision der BV im Sinne der Initianten auszuarbeiten und sie anschliessend dem Volk und den Ständen zur Abstimmung vorzulegen (Art. 121 Abs. 5 BV; Art. 26 Abs. 2 GVG). Lehnen die eidgenössischen Räte die Initiative ab oder kommt ein übereinstimmender Beschluss innert der Frist von drei Jahren nach Einreichung der Initiative (d. h. bis zum 2. Aug. 1996) nicht zustande, so ist die Initiative dem Volke zur Abstimmung zu unterbreiten (Art. 121 Abs. 5 BV; Art. 26 Abs. 3-5 GVG).

Bei in der Form der allgemeinen Anregung vorgebrachten Initiativen haben die eidgenössischen Räte nicht die Möglichkeit, einen Gegenentwurf aufzustellen.

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Wird die Initiative verworfen, so hat sie keine Folgen. Im Falle ihrer Annahme durch das Volk haben die eidgenössichen Räte die Verfassungsrevision im Sinne des Volksentscheides an die Hand zu nehmen. Anschliessend ist der Revisionsentwurf Volk und Ständen zur Abstimmung vorzulegen (Art. 121 Abs. 5 BV; Art. 26 Abs. 6 GVG).

Sind zu derselben Verfassungsmaterie mehrere Initiativen eingereicht worden, so ist vorweg die zuerst eingereichte Initiative innert der vorgeschriebenen Fristen zu behandeln. Die Übrigen Initiativen sind von der Bundesversammlung in der Reihenfolge des Eingangs zu behandeln, je innert eines Jahres seit der Volksabstimmung über die zuletzt behandelte Initiative (Art. 28 GVG). Demnach ist die vom Hauseigentümerverband am 22. Oktober 1993 eingereichte Initiative «Wohneigentum für alle» erst nach der Initiative des Schweiz. Gewerbeverbandes zu behandeln» spätestens aber innert der Frist von einem Jahr seit der Volksabstimmung Über die hier zur Diskussion stehende Initiative.

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Ziele und Inhalt der Initiative

Die Initianten betrachten es als Hauptmangel des aktuellen Steuersystems, dass in der Schweiz der Anteil der direkten Steuern am gesamten Steueraufkommen wesentlich höher liegt als in den anderen europäischen Staaten (vgl. Gewerbliche Rundschau, Nr. 1/1992, S. 29).

Während in den letzten drei Jahrzehnten der Anteil der direkten Steuern am Bruttosozialprodukt in den meisten OECD-Staaten rückläufig gewesen oder zumindest stabil geblieben sei, habe sich diese Masszahl in der Schweiz fast verdoppelt. Im Jahr 1988 hätten die direkten Steuern in der Schweiz rund 16 Prozent des Bruttoinlandprodukts erreicht, deutlich mehr als in Frankreich mit rund 10 Prozent oder in Deutschland mit 14 Prozent (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. 0, S. 33). Namentlich wird behauptet, die Einkommensbelastung in der Schweiz sei im europäischen Vergleich weit überdurchschnittlich hoch (vgl. Gewerbliche Rundschau, a.a.O.

S. 6).

Weil der Tarif der direkten Bundessteuer von einer aussergewöhnlich starken Progression geprägt sei, hemme diese Steuer zusammen mit den direkten Steuern der Kantone und Gemeinden die Bereitschaft des einzelnen, mehr Einkommen zu erzielen oder Wohneigentum zu erwerben.

Es sei somit für die Schweiz dringend geboten, die Belastung durch die direkten Steuern zu reduzieren, wenn die Wettbewerbsfähigkeit mit dem Ausland nicht gefährdet werden solle (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. 0, S. 31).

Die Initianten bemängeln ferner, dass im Rahmen des DBG Zweiverdiener-Ehepaare wesentlich höher belastet würden als Zweiverdiener-Konkubinatspaare, weil bei den Ehepaaren nach wie vor keine getrennte Besteuerung und auch kein Vollsplitting erfolge. Eine weitere Ungereimtheit stelle die Eigenmietwertbesteuerung durch die direkte Bundessteuer dar. Obwohl die Wohneigentumsförderung in der Verfassung festgeschrieben sei, lege die Eidgenössische Steuerverwaltung selbstherrlich Eigenmietwerte fest, welche bei mehr als der Hälfte der Kantone deutlich über den kantonalen Berechnungen zu liegen kämen (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 35).

Gestützt darauf fordert die Initiative, dass: - die Steuerbelastung durch eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer auf (indirekte) Verbrauchssteuern vermindert werden muss; 432

- nur noch die Gemeinden und Kantone direkte Steuern erheben dürfen und der Bund sich auf indirekte Steuern beschränken muss; - der interkantonale Finanzausgleich, wie er heute durch einen Teil der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer erfolgt, sichergestellt bleiben muss.

Damit solle eine klare und einfache Steuerstruktur geschaffen werden, welche für den Bürger und die Gemeinwesen übersichtlich sei und administrative Vereinfachungen bringe. Der Steuerzahler solle nur noch eine Steuererklärung für den Kanton ausfüllen müssen und nur noch eine Steuerveranlagung erhalten (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 6).

Als Mittel zur Erreichung dieser Ziele nennt die Initiative drei Massnahmen: - Ab 1. Januar 2003 soll die direkte Bundessteuer nicht mehr erhoben werden; - soweit notwendig, seien die Ertragsausfälle des Bundes durch eine allgemeine, verfassungsmässig nach oben begrenzte Verbrauchssteuer auszugleichen; - der bisher über die direkte Bundessteuer bewirkte interkantonale Finanzausgleich soll mindestens im heutigen Ausmass beibehalten werden.

Die Initiative verlangt die Abschaffung der direkten Bundessteuer bis spätestens zum 3I.Dezember 2002. Demnach dürfte spätestens für die Jahre 2003 und folgende die direkte Bundessteuer nicht mehr erhoben werden. Hingegen könnte die für das Jahr 2002 geschuldete Steuer wohl auch noch im Jahre 2003 bezogen werden.

Mit dieser Frist will die Initiative Bundesrat und Parlament Zeit für die Umstellung einräumen. Nach dem Initiativtext wäre es auch zulässig, eine schrittweise Reduktion der direkten Bundessteuer vorzunehmen. Unmissverständlich ist einzig die Forderung, dass nach dem Jahre 2002 keine direkte Bundessteuer mehr erhoben werden darf.

Die Initianten betrachten die Initiative als «Schlussstein einer mehrphasigen Modernisierung unsres Steuersystems» (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 4) und «Teil eines zukunftsweisenden Konzepts». Sie führen dafür die folgenden Gründe an (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. 0, S. 7 und 36): - Die Initiative verbessere die steuerlichen Rahmenbedingungen und stärke die Leistungsfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft; - sie erzwinge eine Verlagerung von den direkten Steuern zu den Verbrauchssteuern; - sie beseitige endlich die taxe occulte;

- sie vermindere ein fragwürdiges Hin- und Herfliessen von Steuergeldern zwischen Bund und Kantonen und stärke die Finanzautonomie der Kantone und Gemeinden; - sie garantiere den interkantonalen Finanzausgleich;

- sie halte die Steuerbelastung durch den Bund in Grenzen; - sie vermindere die Erhebungs- und Kontrollkosten und bringe dadurch den Kantonen und Gemeinden Ersparnisse; - sie bewirke durch das Entfallen einer Steuererklärung für den Bund auch für den Bürger Vereinfachungen; - sie verbessere die Steuermoral und veranlasse vermögende Schweizerbürger weniger zur Steuerflucht.

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Überblick über die schweizerische Steuerordnung Teilung der Steuerhoheit

Nach Artikel 3 der Bundesverfassung sind die Kantone souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt wird. Für die öffentlichen Abgaben folgt aus dieser Bestimmung, dass die Kantone sämtliche Steuern erheben können, welche durch die Bundesverfassung nicht ausschliesslich dem Bund vorbehalten sind. Die Erhebung einer eidgenössischen Steuer setzt daher immer eine entsprechende Grundlage in der Bundesverfassung voraus.

Eine direkte Bundessteuer auf Einkünften und Vermögen wurde vom Bund seit 1915, mit Ausnahme eines einjährigen Unterbruchs im Jahre 1933, kontinuierlich erhoben. Die heutige direkte Bundessteuer besteht seit 1941. Artikel 41lecBV bildet die Verfassungsgrundlage für ihre Erhebung.

Am 14. Dezember 1990 haben die eidgenössischen Räte ein umfassendes Ausführungsgesetz zur direkten Bundessteuer verabschiedet, gegen welches das Referendum nicht ergriffen wurde und das am I.Januar 1995 als Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) in Kraft treten wird. Sodann haben Volk und Stände am 28. November 1993 die Vorlagen über den Ersatz der Finanzordnung angenommen. In diesem Rahmen wurde auch der Befugnis des Bundes zugestimmt, bis Ende des Jahres 2006 eine direkte Bundessteuer zu erheben, und diese in Artikel 41lcr BV verankert.

In der ausschliesslichen Kompetenz des Bundes liegt es, eine Umsatzsteuer (auf den Lieferungen von Gegenständen, auf Dienstleistungen sowie auf Einfuhren), eine Verrechnungssteuer (als weitere direkte Steuer des Bundes) und Stempelabgaben zu erheben.

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Zur Geschichte und Ausgestaltung der direkten Bundessteuer sowie der Umsatzsteuer

Im Jahre 1993 machten die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer (DBSt) und der Warenumsatzsteuer (WUST) 52,6 Prozent der Gesamteinnahmen des Bundes aus (DBSt 24% und WUST 28,6%). Trotz der Bedeutung dieser beiden Steuern für den Bundeshaushalt konnte die zeitliche Befristung ihrer Erhebung nie abgeschafft werden. In der Folge soll dargestellt werden, wie Bundesrat und Parlament sich in der Vergangenheit bemühten, zu einer dauerhaften Finanzordnung oder abei1 zumindest zu verschiedenen zeitlich befristeten Verlängerungen zu kommen, und wie sich die Struktur der beiden Steuern entwickelt hat.

122.1

Die Finanzordnungen des Bundes

Zur Finanzierung der Mobilmachungskosten führte der Bundesrat, gestützt auf den Vollmachtenbeschluss vom 30. August 1939 im Jahre 1940 die eidgenössische Wehrsteuer ein, 1941 folgte die Umsatzsteuer und 1943 die Verrechnungssteuer.

Diese Steuern erhielten ihre verfassungsmässige Grundlage durch den Bundesbeschluss vom 31. Januar 1958: Die Verrechnungssteuer fand Eingang in den Artikel 41bls BV und wurde zeitlich nicht befristet. In Artikel 4l1" BV wurde die Erhebung der beiden wichtigsten Steuern, nämlich der Umsatzsteuer und der Wehrsteuer, sowie der Biersteuer eingeführt. Diese wurden nicht nur zeitlich befristet (bis Ende 1964), sondern auch materiell klar umschrieben (Höchstsätze, Freiliste, 434

Freibeträge). Die Änderungen und Verlängerungen der Finanzordnung des Bundes betrafen von da an immer die Wehrsteuer und die Umsatzsteuer gemeinsam. Der Bundesrat wie auch das Parlament versuchten wiederholt, aber erfolglos, die in der Verfassung verankerten Beschränkungen für diese beiden Steuern abzuschaffen.

Wie die Geschichte der Bundesfinanzordnung aber klar und deutlich zeigt, ging es niemals darum, die eine oder die andere der beiden Steuern abzuschaffen oder sie getrennt zu behandeln. Änderungsanträge waren in der Volksabstimmung nur erfolgreich, so lange die im Jahre 1958 in der Bundesverfassung verankerten Beschränkungen unangetastet blieben.

So nahm das Parlament am 24. Juni 1970 eine Vorlage an, die zusätzliche Einnahmen bringen sollte, mit der erstmals auch die zeitliche Befristung der WUST und der Wehrsteuer sowie deren materielle Beschränkungen (Höchstsätze) abgeschafft werden sollten. Sie scheiterte in der Volksabstimmung vom 15. November 1970 am Ständemehr. Die eidgenössischen Räte erliessen am 11. März 1971 einen neuen Bundesbeschluss. Darin übernahmen sie den Inhalt des Bundesbeschlusses vom 24. Juni -1970 in seinen grossen Linien, befristeten aber die Erhebung von WUST und Wehrsteuer bis Ende 1982. Der Bundesbeschluss wurde in der Volksabstimmung vom o.Juni 1971 gutgeheissen.

Die beiden Vorlagen von 1976 und 1978 (BB vom 17. Dez. 1976 und BB vom 15. Dez. 1978) sahen die Einführung der Mehrwertsteuer vor. Sie enthielten zudem auch Massnahmen, die die Wehrsteuer betrafen (Anhebung der unteren Steuergrenze und der Höchstsätze). Zudem sollte die zeitliche Befristung der beiden Steuern abgeschafft werden, während die verfassungsmässig festgelegten Höchstsätze beibehalten werden sollten. Das Volk verwarf beide Vorlagen.

Mit dem Bundesbeschluss vom 19. Juni 1981 über die Weiterführung der Finanzordnung und die Verbesserung des Bundeshaushalts erhielt der Bund die Kompetenz, die Umsatzsteuer und die direkte Bundessteuer (die Wehrsteuer wurde bei dieser Gelegenheit offiziell in «direkte Bundessteuer» umbenannt) bis Ende 1994 zu erheben. Ende der achtziger Jahre bereitete der Bundesrat einen Entwurf für eine Reform der Finanzordnung vor. Darin schlug er nicht nur eine Stempelsteuerreform, eine Modernisierung der Warenumsatzsteuer und die Umwandlung der Zölle in interne Verbrauchssteuern
vor, sondern er wollte auch die Befristung für die direkte Bundessteuer und die Umsatzsteuer abschaffen. An der Verankerung der Höchstsätze in der Verfassung wollte er dabei nichts ändern. Nach zahlreichen Beratungen verabschiedeten die eidgenössischen Räte am 14. Dezember 1990 den Bundesbeschluss, der u.a. den Übergang zum Mehrwertsteuersystem beinhaltete.

Das Volk verwarf am 2. Juni 1991 auch diese Vorlage.

Am 18. Dezember 1991 legte der Bundesrat einen neuen, weniger weitgehenden Botschaftsentwurf vor. Nur noch die Befristung der direkten Bundessteuer und der Umsatzsteuer sollte aufgehoben werden. Das Parlament entschied in seinem Beschluss vom 18. Juni 1993 aber anders. Es zog vor, die Mehrwertsteuer einzuführen, und befristete die Kompetenz des Bundes, diese Steuer und die direkte Bundessteuer zu erheben, bis Ende des Jahres 2006. Volk und Stände stimmten dieser Lösung am 28. November 1993 zu.

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122.2

Ausgestaltung der direkten Bundessteuer sowie der Umsatzsteuer

122.21 Direkte Bundessteuer Rechtsgrundlage

Die Kompetenz des Bundes, die direkte Bundessteuer zu erheben, ist in Artikel 4I1" der Bundesverfassung verankert. Gegenwärtig wird diese Steuer nach den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt) erhoben. Dieser Bundesratsbeschluss wird am 1. Januar 1995 durch das Gesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG) abgelöst. Das DBG Übernimmt weitgehend die Bestimmungen des BdBSt, berücksichtigt aber auch das Gesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG). Der Teil des DBG, der die Familienbesteuerung betrifft, wurde Übrigens durch den Bundesbeschluss vom 9. Oktober 1987 über die direkte Bundessteuer («Sofortprogramm») bereits in den BdBSt eingeführt. Die Höchstsätze stehen weiterhin in Artikel 41« der BV.

Geltungsbereich

Der direkten Bundessteuer unterliegen das Einkommen der natürlichen Personen sowie Gewinn und Kapital der juristischen Personen. Von 1941-1944 und 1948 bis Ende 1958 wurde auch das Vermögen der natürlichen Personen von dieser Steuer erfasst.

Entwicklung der Steuertarife und der Sozialabzüge

Seit 1975 blieben die Höchstsätze unverändert, nachdem sie zwischen 1959 und 1975 mehrmals erhöht worden waren. Da die Höchstsätze in der Verfassung festgesetzt sind, mussten Volk und Stände jedesmal über deren Änderung befinden. Alle Änderungen wurden in der Volksabstimmung angenommen. Was die Besteuerung der natürlichen Personen anbelangt, so wurden bei den Tarifen und den Sozialabzügen die Folgen der kalten Progression sporadisch und seit 1983 periodisch und vollständig ausgeglichen. Schliesslich wurden im Laufe der Jahre auch Steuererleichterungen für die Familien eingeführt.

Steuertarife und Höchstsätze Natürliche Personen Einkommenssteuer Der Höchstsatz von 6,5 Prozent wurde 1943 um die Hälfte angehoben, nämlich auf 9^75 Prozent (dies in Form einer Zusatzsteuer von 50 Prozent, die zum normalen Steuerbetrag hinzukam). 1959 wurden neue Steuertarife eingeführt. Der Höchstsatz wurde auf 8 Prozent festgelegt und schliesslich im Zeitraum von 1963 bis 1970 über einen Steuerrabatt auf 7,2 Prozent gesenkt. 1965 trat ein tieferer Steuertarif in Kraft, um die Folgen der kalten Progression auszugleichen. Aus demselben Grund wurde der Steuertarif 1971 ein weiteres Mal geändert. Die Steuerpflichtigen, deren Einkommen weniger als 88 700 Franken betrug, erhielten Steuererleichterungen.

Der Höchstsatz indessen wurde auf 9,025 Prozent angesetzt. Die Tarifstufen wurden 1973 um 10 Prozent gestreckt, während der Steuerbetrag von 95 Prozent auf 110 Prozent erhöht wurde. Der Höchstsatz kam damals auf 10,45 Prozent zu Hegen. 1975 wurde er schliesslich auf die heute noch geltende Höhe von 11,5 Prozent

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angehoben. Mit einem Steueirabatt wurden 1983 die Folgen der kalten Progression ausgeglichen. Von 1985 an wurden die Steuertarife periodisch an die Entwicklung des Konsumentenpreisindexes angepasst. Mit dem Sofortprogramm wurde 1989 ein Doppeltarifsystem eingeführt, um die Familien zu entlasten.

Juristische Personen Gewinnsteuer Von Beginn an wurde der Steuersatz entsprechend der Höhe der Rendite festgelegt.

1959 wurde ein dreistufiges Tarifsystem eingefühlt. Der Tarif von damals wurde 1963 um lOProzentund 1971 um weitere 5Prozent (Höchstsatz 7,6%) verringert, um 1973 wieder um 10 Prozent angehoben zu werden (Höchstsatz 8,8%). Das Tarifsystem, das heute gilt, stammt aus dem Jahre 1975 und sieht die folgenden Ansätze von eine Steuer von 3,63 Prozent als Grundsteuer; einen Zuschlag von 3,63 Prozent auf dem Teil des Reingewinns, der 4 Prozent Rendite Übersteigt; einen Zuschlag von 4,84 Prozent auf dem Teil des Reingewinns, der 8 Prozent Rendite-übersteigt; der Höchstsatz beträgt 9,8 Prozent.

Kapitalsteuer Der Steuersatz lag 1959 bei 0,75 Promille, wurde 1963 auf 0,675 Promille gesenkt und 1971 wieder auf 0,7125 Promille festgelegt. Der heute noch geltende Satz von 0,825 Promille stammt aus dem Jahre 1975. Ab 1995 betragt er 0,8 Promille.

Steuerfreigrenzen Von 1959 an waren die steuerbaren Einkommen der natürlichen Personen unter 6000 Franken von den Steuern befreit. Dieser Betrag wurde kontinuierlich angehoben und erreicht im Januar 1995 14000 Franken für die alleinstehenden Personen und 23 300 Franken für verheiratete Personen und Alleinerziehende.

Abzüge Der Verheiratetenabzug betrug im Jahre 1959 1500 Franken. 1965 wurde dieser Betrag auf 2000 Franken, 1973 auf 2500 Franken, 1983 auf 4000 Franken und 1985 auf 4300 Franken angehoben. Seit 1989 ist der Abzug in den Tarifen für Verheiratete bereits berücksichtigt.

Der Kinderabzug wurde schrittweise von 500 Franken im Jahre 1959 auf 4700 Franken im Jahre 1993 erhöht.

Der Abzug für Zweiverdiener-Ehepaare wurde 1973 eingeführt und auf 2000 Franken festgesetzt. Ab 1. Januar 1995 beziffert er sich auf 5900 Franken.

1983 wurde auch ein Abzug von 3000 Franken für Alleinerziehende eingeführt.

Heute beträgt dieser Abzug 4200 Franken. Ab 1995 wird es diesen Abzug nicht mehr geben. Ab diesem Zeitpunkt gilt für diese Steuerpflichtigen der Verheiratetentarif.
Der Abzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen belief sich 1959 auf höchstens 500 Franken. Heute sind es 2600 Franken für Verheiratete und 1300 Franken für die anderen Steuerpflichtigen; dazu kommen noch 500 Franken für jedes Kind, für dessen Unterhalt die steuerpflichtige Person aufkommt.

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Neben den erwähnten Abzügen, die mit fixen Beträgen im Bundesbeschluss stehen, gibt es zahlreiche andere Steuerermässigungen, so beispielsweise der vollständige Abzug der Hypothekarzinsen oder die Abzüge für Berufsauslagen.

Ausgleich der Folgen der kalten Progression Nach Artikel 41Kr Absatz 5 Buchstabe c BV sind die Folgen der kalten Progression für die Steuer vom Einkommen der natürlichen Personen periodisch auszugleichen.

Dieser Grundsatz gelangte in die Verfassung durch den Bundesbeschluss vom l I.März 1971 über die Weiterführung der Finanzordnung des Bundes (BBI1971 \ 486), den Volk und Stände am 6. Juni 1971 (AS 1971 907) annahmen. Auf dieser Grundlage wurden die Folgen der kalten Progression einmal teilweise und zweimal vollständig ausgeglichen.

Der verfassungsmässige Auftrag wurde in einem Ausführungsgesetz konkretisiert, nämlich im Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Ausgleich der Folgen der kalten Progression bei der direkten Bundessteuer, das am I.Januar 1985 in Kraft trat und mit welchem der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer ergänzt wurde. Danach müssen die Folgen der kalten Progression zwingend ausgeglichen werden, indem die Tarife und- die Abzüge in Frankenbeträgen angepasst werden, sobald der Konsumentenpreisindex seit der letzten Anpassung um 7 Prozent gestiegen ist. Der Bundesrat vollzieht diese Anpassung und informiert das Parlament darüber.

Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wurden die Folgen der kalten Progression 1985 (7,7%), 1989 (8,3%), 1991 (7,1 %) und 1993 (10,8%) ausgeglichen.

Diese Bestimmungen flössen in Artikel 39 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkten Bundessteuern (DBG) ein, das am I.Januar 1995 in Kraft treten wird.

122.22 Umsatzsteuer Gesetzliche Grundlage Die Befugnis des Bundes, eine Umsatzsteuer zu erheben, gründet in Artikel 4l1" der Verfassung. Gegenwärtig wird die Umsatzsteuer nach den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer erhoben.

Die Mehrwertsteuer löst am 1. Januar 1995 die Warenumsatzsteuer ab. Sie gründet auf Artikel 41Icrund auf Artikel 8 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung. Ihr Vollzug ist in der Verordnung des Bundesrates vom 22. Juni 1994 Über die Mehrwertsteuer (MWStV) geregelt.

Entwicklung der Steuersätze
Für Detaillieferungen lag der Steuersatz 1941 und 1942 bei 2 Prozent, für Engroslieferungen bei 3 Prozent. 1943 wurden diese Sätze auf 4 beziehungsweise 6 Prozent verdoppelt. 1956 wurde eine Ermässigung von 10 Prozent gewährt, so dass die Sätze nun 3,6 und 5,4 Prozent betrugen.

1972 wurden die Sätze von 4 und 6Prozent wieder eingeführt, um 1974 auf 4,4 und 6,6 Prozent und auf den 1. Oktober 1975 auf 5,6 und 8,4 Prozent angehoben zu werden.

Aufgrund des Bundesbeschlusses von 19. Juni 1981 über die Weiterführung der Finanzordnung und die Verbesserung des Bundeshaushalts wurden die Sätze auf 6,2 und 9,3 Prozent erhöht. Seither blieben sie unverändert.

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Mehrwertsteuer 1972 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement, eine Expertenkommission einzusetzen. Sie sollte unter steuertechnischen Gesichtspunkten prüfen, wie in der Schweiz eine Umsatzsteuer nach dem Mehrwertprinzip eingeführt werden könnte. Der Bundesrat übernahm die Vorschläge dieser Kommission in seiner Botschaft vom 24. März 1976 über die neue Finanz- und Steuerordnung des Bundes. Er schlug darin die Einführung einer Mehrwertsteuer mit einem, Normalsatz von 10 Prozent und einem reduzierten Satz von 3 Prozent vor. Die eidgenössischen Räte folgten dem Bundesrat mit dem Bundesbeschluss vom 17. Dezember 1976. Doch Volk und Stände lehnten diese neue Finanzordnung in der Abstimmung vom 12. Juni 1977 ab.

Einem zweiten Entwurf zur Mehrwertsteuer gemäss Bundesbeschluss vom 15. Dezember 1978 mit geringeren Ansätzen (8% und 2,5%) war dasselbe Schicksal beschieden.

Mit dem Bundesbeschluss vom 14. Dezember 1990 über eine neue Finanzordnung entschied sich das Parlament gegen den Bundesrat, der die Verfassungsgrundlage für eine Modernisierung der Warenumsatzsteuer schaffen wollte. Das Parlament schlug die Einführung einer Mehrwertsteuer zum Satz von 6,2 Prozent vor. Auch diese neue Finanzordnung fand am 2. Juni 1992 keine Mehrheit in der Volksabstimmung. Damit scheiterte der dritte Versuch, die Mehrwertsteuer einzuführen.

Im Rahmen der Beratungen über die Bundesfinanzordnung für die Jahre 1995 bis 2006 entschied sich das Parlament mit Bundesbeschluss vom 18. Juni 1993 ein weiteres Mal für die Einführung der Mehrwertsteuer, diesmal zu Sätzen von 6,5 Prozent (Normalsatz) und 2 Prozent (reduzierter Satz). Volk und Stände stimmten der Vorlage am 28. November 1993 zu. In diesen Mehrwertsteuersätzen sind als Beitrag zur Gesundung der Bundesfinanzen Zuschläge von 0,3 Prozent für den Normalsatz und 0,1 Prozent für den reduzierten Satz eingeschlossen. Der Steuersatz kann durch einen allgemeinverbindlichen referendumspflichtigen Bundesbeschluss um höchstens einen Prozentpunkt erhöht werden, um die Finanzierung der AHV sicherzustellen.

122.3

Abgelehnte Begehren

Die Aufteilung der Steuerquellen zwischen Bund und Kantonen wurde wiederholt in Frage gestellt, die direkte Bundessteuer bisher aber nur ein einziges Mal. Dies war der Fall in den Jahren 1948 bis 1950. In den damaligen Debatten kamen die eidgenössischen Räte zu einem Kompromiss: Nur die juristischen Personen sollten weiterhin einer direkten Bundessteuer unterworfen bleiben. Das Bundesdefizit sollte durch Beiträge der Kantone gedeckt werden. Dieses Modell kam in der Volksabstimmung nicht durch. Weitere Vorschläge zur grundlegenden Umgestaltung der direkten Steuern scheiterten ebenfalls. So zum Beispiel im Jahre 1974 das Volksbegehren des Landesrings der Unabhängigen für gerechtere Besteuerung und die Abschaffung der Steuerprivilegien. Es sah unter anderem eine allgemeine Bundessteuer vor. Dadurch hätte der Bund die Befugnis erhalten, als einzige Instanz direkte Steuern zu erheben, an deren Ertrag er aber Kantone und Gemeinden hätte teilhaben lassen müssen. Im selben Jahr schlugen die Sozialdemokraten mit der Reichtumssteuer-Inititative vor, dem Bund sei die alleinige Kompetenz einzuräumen, die juristischen Personen zu besteuern. Die Steuereinbussen, die den Kantonen durch den Verlust dieses Rechts erwachsen wären, hätten dadurch ausgegli-

439

chen werden sollen, dass mindestens zwei Drittel der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer wieder auf sie verteilt worden wären. Für die natürlichen Personen wäre das geltende System beibehalten worden. Auch diese Initiative wurde 1977 abgelehnt.

Die Schweizerische Autopartei brachte die Diskussion um die direkte Bundessteuer wieder in Gang. So lancierte sie am 30. Januar 1990 eine Volksinitiative zur Abschaffung der direkten Bundessteuer. Die vorgeschlagene Änderung betraf insbesondere Artikel 41ter BV. Der Bundesrat sollte ermächtigt werden, eine allgemeine Umsatzsteuer von höchstens 10 Prozent zu erheben. Auch die Dienstleistungen sollten unter diese Steuer fallen. Ein Fünftel des Ertrags sollte den Kantonen zufliessen. Wenigstens ein Sechstel der für die Kantone bestimmten Summe hätte für den Finanzausgleich eingesetzt werden müssen. Es konnten aber innerhalb der gesetzlichen Frist nicht genügend Unterschriften gesammelt werden, so dass die Initiative nicht zustande kam.

123

Übersicht über die vergleichbaren kantonalen Steuern

Die Erhebung der Umsatzsteuer ist von Verfassungs wegen ausschliesslich dem Bund vorbehalten. Die Kantone sind jedoch befugt, direkte Steuern von den natürlichen wie von den juristischen Personen zu erheben. In dem auf den 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Bundesgesetz Über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, das von den eidgenössischen Räten gemeinsam mit dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer verabschiedet und auch mit diesem abgestimmt worden ist, sind die von den Kantonen zwingend zu erhebenden direkten Steuern festgehalten. Es handelt sich um die Einkommens- und Vermögenssteuer von den natürlichen Personen, die Gewinn- und Kapitalsteuer von den juristischen Personen, die Quellensteuer von bestimmten natürlichen und juristischen Personen sowie die Grundstückgewinnsteuer. Das Steuerharmonisierungsgesetz gewährt den Kantonen eine Frist von acht Jahren, um ihre Steuergesetze an dessen Erfordernisse anzupassen.

Sämtliche Kantone erheben mithin gemäss Steuerharmonisierungsgesetz eine allgemeine Steuer auf dem Einkommen der natürlichen Personen, d.h. eine Steuer, die grundsätzlich nach der Summe aller Einkünfte (vorab aus Anstellung, aus selbständiger Erwerbstätigkeit, aus Vermögen usw.) bemessen wird.

Desgleichen erheben alle Kantone auf dem Vermögen der natürlichen Personen eine Steuer. Die Vermögenssteuer dient als Ergänzungssteuer zur Einkommenssteuer. Der Bund kennt dagegen seit 1959 für die natürlichen Personen keine Vermögenssteuer mehr.

Auch die juristischen Personen werden in allen Kantonen zu den direkten Steuern herangezogen. Eifasst werden der Reingewinn mit der Gewinnsteuer sowie das Eigenkapital mit der Kapitalsteuer. Während bisher diese Regelung nur für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften galt und Vereine, Stiftungen und übrige juristische Personen vielfach wie die natürlichen Personen besteuert wurden, schreibt das Harmonisierungsgesetz nunmehr - entsprechend dem DBG - für alle juristischen Personen die Gewinn- und Kapitalsteuer vor.

Sowohl im Bund wie in allen Kantonen mit Ausnahme Graubündens sind private Kapitalgewinne auf beweglichem Vermögen steuerfrei. Hingegen werden private Kapitalgewinne auf unbeweglichem Vermögen in den Kantonen durchwegs besteuert. Der direkten Bundessteuer unterliegen Grundstückgewinne nur dann, wenn sie 440



im Rahmen des gewerbsmässigen Liegenschaftshandels erzielt werden oder als Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen anfallen. Für die Erfassung der Grundstückgewinne durch die Kantone kommen auch künftig zwei grundsätzlich verschiedene Besteuerungsaiten zur Anwendung: Entweder die Besteuerung aller Grundstückgewinne mit der Grundstückgewinnsteuer als Objektsteuer; oder aber die Besteuerung nur der sog.

privaten Grundstückgewinne mit dieser Sondersteuer, und dementsprechend die Besteuerung der geschäftlichen Grundstückgewinne mit der Einkommens- oder Gewinnsteuer..

In der Festlegung der Steuertarife, Steuersätze und Steuerfreibeträge sind die Kantone von Verfassungs wegen bei allen diesen Steuern autonom.

124

Die Einnahmen der öffentlichen Hand

Im folgenden geht es darum, eine Übersicht über die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden zu geben. Femer soll die Bedeutung der Steuereinnahmen im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen dargestellt werden.

Tabelle l gibt einen Überblick über die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden im Jahre 1991. (Bei den Daten aus dem Jahre 1991 handelt es sich um die aktuellste statistische Bearbeitung der Rechnungen der öffentlichen Haushalte auf konsolidierter Basis. Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994.) Es fällt auf, dass der Bund seine Einnahmen mehrheitlich über Steuern erzielt (92,7%), wobei mehr als die Hälfte davon über Verbrauchssteuern (inklusive Zölle, Verkehrsabgaben und landwirtschaftliche Abgaben) eingeht. Bei den Kantonen und Gemeinden stellen die Steuern auf Einkommen und Vermögen praktisch das gesamte Steueraufkommen dar. Rund die Hälfte ihrer Gesamteinnahmen stammt aber aus anderen Quellen (vor allem Übertragungen und Entgelte). Die Übertragungen zwischen den Gemeinwesen haben für die Kantone (rund 30%) und die Gemeinden (rund 20%) eine grosse Bedeutung.

Diese Transferzahlungen, welche vorab vom Bund an die Kantone und Gemeinden fliessen, erklären zum Teil die im Vergleich zum Bund geringeren Anteile der Steuern an den Gesamteinnahmen der Kantone und Gemeinden. Bei den übrigen Einnahmen handelt es sich vor allem um Entgelte (Gebühren, Schulgelder, Spital- und Heimtaxen, Bussen usw.). Die Entgelte stellen bei den Gemeinden 22,7 Prozent, bei den Kantonen 14,2 Prozent und beim Bund 3,1 Prozent der jeweiligen Gesamteinnahmen dar.

441

Tabelle l Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden 1991 nach Sachgruppen

Steuern Direkte Steuern Verbrauchssteuern Übertragungen (Anteile, Beiträge, Entschädig.)

Übrige Einnahmen Einnahmen total

Bund

Kantone

Gemeinden

in Millionen in Prozent Franken der Einnahmen

in Millionen in Prozent Franken der Einnahmen

in Millionen in Prozent der EinFranken nahmen

29 169 12 888 16 282

92,7 41,0 51,8

21606 20334 1272

51,6 48,6

15358 15286 72

49,4 49,2 0,2

27 2 262 31 458

0,1 7,2

12399 7839 41844

29,6 18,7

6042 9688 31088

19,4 31,2 100,0

100,0

3,0

100,0

Quelle; Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994 Tabelle 2 zeigt die Entwicklung und Zusammensetzung der Einnahmen der öffentlichen Hand seit 1980. Die Steuereinnahmen machen bei Bund, Kantonen und Gemeinden zusammen rund drei Viertel der gesamten Einnahmen aus. Die Einkommenssteuern stellen gesamtschweizerisch mit rund einem Drittel der Gesamteinnahmen die bedeutendste Einnahmenquelle dar.

Tabelle 2 Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden insgesamt nach Sachgruppen

1980

1990

1991

in Millionen in Prozent Franken der Einnahmen

in Millionen in Prozent Franken der Einnahmen

in Millionen in Prozent Franken der Ein-

77,8 33,1 2,6 7,2 1,8 0,5 4,9

66133

76,6

29285

33,9

2164 6073 1444 464 4104

2,5 7,0 1,7

nahmen

Steuern 34806 Einkommenssteuem 16222 Vermögenssteuern 1333 Ertragssteuem 2831 Kapitalsteuern 805 Grundsteuern 304 Verrechnungssteuern 1249

75,2 35,0

0,7 2,7

64698 27518 2184 6002 1456 447 4044

582 steuern Vermögensverkehrssteuern 1043 Erbschafts-/Schenkungssteuem 393 Verbrauchssteuern 10044 davon WUST 4772 Zölle 3171 Übrige Einnahmen 11506 Einnahmen total 46312

1,3

2035

2,4

1554

1,8

2,3

2861

3,4

2580

3,0

0,8 21,7 10,3 6,8 24,8 100,0

896 17256 9872 4267 18463 83161

1,1 20,8 11,9 5,1 22,2 100,0

840 17625 10006 4427 20163 86296

1,0 20,4 11,6 5,1 23,4 100,0

Vermögensgewinn-

2,9 6,1 1,7

0,5 4,8

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994

442

-3:

Tabelle 3, welche den Anteil der Steuern an den Gesamteinnahmen über mehrere Jahre darstellt, zeigt ein relativ stabiles Bild. Beim Bund bewegt sich der Anteil seit 1982 nur geringfügig um die 92-Prozent-Marke, und bei den Kantonen und Gemeinden ist eine leicht abnehmende Tendenz zu erkennen. Die Steuereinnahmen stellen beim Bund seit jeher die wichtigste Einnahmenquelle dar, bei den Kantonen und Gemeinden machen sie etwa die Hälfte der Gesamteinnahmen aus.

Tabelle 3 Anteil der Steuern an den Gesamteinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden Bund

Gemeinden

Kantone

Total

in Millionen in Prozent in Millionen in Prozent in Millionen in Prozent in Millionen in Prozent Franken der Ein- Franken der Ein- Franken der Ein- Franken der Einnahmen nahmen nahmen nahmen 1970 1980 1989 1990 1991

7187 14516 26147 28815 29169

90,2 89,0 92,8 93,4 92,7

4917 11753 19995 21 120 21606

52,9 54,0 53,4 53,8 51,6

3725 8538 13854 14763 15358

58,1 50,4 50,2 50,2 49,4

15829 34806 59996 64698 66133

79,8 75,2 76,6 77,8 76,6

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994

125

Die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand

Zweck dieses Abschnittes ist es, die Bedeutung der direkten Steuern und speziell der direkten Bundessteuer zu veranschaulichen. Ferner wird das Aufkommen aus der direkten Besteuerung der natürlichen und juristischen Personen miteinander verglichen.

Tabelle 4 veranschaulicht die Entwicklung der Steuereinnahmen des Bundes von 1970-1993. Der Anteil der direkten Bundessteuer an den Steuereinnahmen ist seit 1970 angewachsen. Die direkte Bundessteuer stellt heute neben der WarenumsatzSteuer die wichtigste Einnahmenquelle des Bundes dar. Die hauptsächlich in den siebziger Jahren eingetretene Zunahme ist in erster Linie auf Tariferhöhungen in der Veranlagungsperiode 1975/76 zurückzuführen. Bei den Zolleinnahmen ist die umgekehrte Tendenz zu erkennen. Dies hängt hauptsächlich mit dem Zollabbau aufgrund verschiedener Abkommen (GATT, EFTA, EG, Entwicklungsländer) zusammen. Der Anteil der Warenumsatzsteuer hat in den siebziger Jahren ebenfalls stark zugenommen (Steuersatzerhöhungen) und bewegt sich heute bei knapp einem Drittel der Steuereinnahmen des Bundes,

443

Tabelle 4 Die direkte Bundessteuer im Vergleich zu den gesamten Steuereinnahmen des Bundes Steuereinnahmen

1970

1980

1989

1990

1991

1992

1993

in Millionen Franken Direkte Bundessteuer Verrechnungssteuer Stempelabgaben Verbrauchssteuern davon WUST Zölle

7187 1 175

14516 3419 1249 696 9152 4772 3171

26147 5987 2667 2379 15114 9226 4096

28815 6710 4044 2091 15970 9871 4267

29 169 6849 4104 1934 16282 10006 4427

30406 8342 3974 1953 16137 9817 4483

28589 7884 1928 2181 16596 9381 5137

in Prozent Direkte Bundessteuer Verrechnungssteuer Stempelabgaben Verbrauchssteuern davon WUST Zölle

100,0 16,3 10,3 4,3 69,1 23,5 32,9

100,0

100,0

23,6 8,6

22,9 10,2 9,1 57,8 35,3 15,7

100,0 23,3 14,0 7,3 55,4 34,3 ' 14,8

100,0 23,5 14,1 6,6 55,8

100,0 27,4 13,1

100,0 27,6

740 308 4964 1688 2364

4,8

63,0 32,9 21,8

34,3 15,2

6,4

6,7 7,6

53,1 32,3 14,7

58,1 32,8 18,0

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Staatsrechnung der Schweiz. Eidgenossenschaft für das Jahr 1993, Bern 1994 Tabelle 5 liefert ein Bild über die Bedeutung der direkten Besteuerung in der Schweiz. In der Finanzstatistik des Bundes werden beim Bund die direkte Bundessteuer, die Verrechnungssteuer und die Stempelabgaben, bei den Kantonen und Gemeinden die Einkommens-, Vermögens-, Ertrags-, Kapital-, Grund-, Vermögensgewinn-, Vermögensverkehrs-, Erbschafts- und Schenkungssteuern der Kategorie der direkten Steuern zugeordnet. Mehr als 70 Prozent des gesamten Steueraufkommens werden demnach über direkte Steuern erzielt. Bei den Gemeinden liegt der Anteil der direkten Besteuerung nahe bei 100 Prozent und die Kantone nähern sich der 95-Prozent-Marke. Die beim Bund erkennbare steigende Tendenz ist seit 1980 ausschliesslich auf den Einnahmenzuwachs bei der Verrechnungssteuer zurückzuführen (vgl. auch Tabelle 4).

Tabelle 5 Direkte und indirekte Steuern hei Bund, Kantonen und Gemeinden in Prozent der gesamten Steuereinnahmen Bund

1970 1980 1989 1990 1991

Kantone

Toial

Gemeinden

direkte Steuern

indirekte Steuern

direkte Steuern

indirekte Steuern

direkte Steuern

indirekte Steuern

direkte Steuern

indirekte Steuern

30,9 37,0 42,2 44,6 44,2

69,1 63,0 57,8 55,4 55,8

90,6 92,7 94,1 94,3 94,1

9,4 7,3 5,9 5,7 5,9

99,3 99,6 99,5 99,5 99,5

0,7 0,4 0,5 0,5

65,7 71,1 72,7 73,3 73,3

34,3 28,9 27,3 26,7 26,7

0.5

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994 444

Tabelle 6 illustriert die Bedeutung der.Besteuerung von Einkommen und Vermögen bei den natürlichen sowie Ertrag und Kapital bei den juristischen Personen.

Beim Bund handelt es sich um die direkte Bundessteuer auf Einkommen, Ertrag und Kapital, bei den Kantonen und Gemeinden um die Einkommens-, Vermögens-, Ertrags- und Kapitalsteuern (ohne Vermögensgewinn-, Vermögensverkehrs- und Grundsteuer). Die Angaben zu den Gemeinden beruhen teilweise auf Schätzungen.

Beim Bund tragen die juristischen Personen verhältnismässig stärker zu den Steuereinnahmen bei als dies bei den Kantonen und Gemeinden der Fall ist. Die juristischen Personen leisten insgesamt einen Drittel der direkten Bundessteuer. Bei den Kantonen beträgt der Anteil 18 Prozent und bei den Gemeinden 14Prozent. Von den gesamten Steuereinnahmen auf Ertrag und Kapital in der Höhe von 7517 Millionen Franken entfallen 2260 Millionen oder 30 Prozent auf den Bund. Dieser Umstand ist vorab darauf zurückzuführen, dass der Bund im Gegensatz zur Mehrheit der Kantone keine Ertragssteuerbefreiung für Holding- und Domizilgesellschaften vorsieht.

Betrachtet man den Steuerertrag von Bund, Kantonen und Gemeinden gemeinsam, ergibt- sich, dass die juristischen und die natürlichen Personen im Verhältnis von etwa eins zu vier zum Steueraufkommen beitragen. Dieses Verhältnis ist in den letzten Jahren relativ stabil geblieben.

Tabelle 6 Die Steuern auf Einkommen, Vermögen, Ertrag und Kapital von Bund, Kantonen und Gemeinden 1991 Kantone

Bund

Total

Gemeinden

in in Pro- in in Pro- in in Pro- in in ProMillionen zemdes Millionen zent'des Millionen zentdes Millionen zentdes Franken Totais Franken Totais Franken Tolals Franken Totais

Steuern auf Einkommen, Vermögen Steuern auf Ertrag und Kapital Total

4524 2260 6784

66,7

14926

33,3 3282 100,0 18208

82,0 1200018,0 1975 100,0 13975

85,9 31450

80,7

14,1 7517 100,0 38967

19,3 100,0

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1991, Bern 1994

126

Die Steuerbelastung im internationalen Vergleich

Die Annahme der Initiative würde zu einer Verminderung der steuerlichen Belastung von Einkommen, Gewinnen und Kapital und zu einer Verlagerung von den direkten zu den indirekten Steuern führen. Mit Hilfe der offiziellen Vergleichszahlen der OECD (Stand: 1992) soll nachfolgend die Stellung der Schweiz im internationalen Vergleich näher dargestellt werden.

In Tabelle? werden die Anteile der indirekten Steuern an den Fiskaleinnahmen (= Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) der OECD-Staaten in abnehmender Reihenfolge dargestellt. Mit 17 Prozent weist die Schweiz einen weit unterdurchschnittlichen Anteil der indirekten Steuern an den Fiskaleinnahmen aus. Dies ist in

445

erster Linie auf die bisher fehlende Besteuerung der Dienstleistungen und den im internationalen Vergleich niedrigen Steuersatz der Warenumsatzsteuer zurückzuführen.

Aufgrund der Struktur des Steuersystems lässt sich noch nichts über die Steuerbelastung in den einzelnen Staaten aussagen. Nicht der Vergleich der Anteile einzelner Steuern an den gesamten Fiskaleinnahmen ist massgebend, sondern in erster Linie der auf die Wertschöpfung bezogene Steuerdruck. Für solche Vergleiche stehen viele Zusammenstellungen der OECD zur Verfügung, die sich allesamt am besten Indikator der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung, dem Brutto-Inlandprodukt (BIP) orientieren.

Beim wohl umfassendsten Vergleich wird der Anteil der gesamten Fiskaleinnahmen am BIP (die sogenannte Fiskalquote) gemessen. Die OECD definiert die Fiskalquote als Summe der gesamten Steuereinnahmen (d. h. für die Schweiz von Bund, Kantonen und Gemeinden) einschliesslich der Sozialversicherungsbeiträge und der Krankenkassenprämien. Hingegen sind Beiträge an die nichtstaatliche Altersvorsorge in der Fiskalquote nicht enthalten. In der Schweiz betrifft dies die Beiträge an die 2. Säule. Trotz dieses Vorbehaltes kann im folgenden nur auf die von der OECD verwendeten Zahlenreihen abgestellt werden, handelt es sich bei diesen doch um die einzigen verfügbaren internationalen Vergleichswerte. Der Vergleich der Fiskalquoten (vgl. Tabelle 8) zeigt, dass die Schweiz mit 32 Prozent unter den Staaten mit einem relativ moderaten Abgabendruck einzureihen ist.

Bei einem reinen Steuervergleich, d. h, ohne Einbezug der Sozialversicherungsbeitra'ge, befindet sich die Schweiz mit einer Steuerquote (Steuern im Verhältnis zum BIP) von 20,8 Prozent auf einem vorteilhaften Platz unter den OECD-Ländern (Durchschnitt 28,9 %; vgl. Tabelle 9).

Schliesslich dürfte noch ein Vergleich der Anteile der Einkommenssteuern der natürlichen Personen am BIP sowie derselbe Vergleich unter Einbezug der von den juristischen Personen bezahlten Gewinnsteuern von Interesse sein. Die entsprechenden Anteile der OECD-Länder sind in Tabelle 10 aufgeführt. Auch bei diesem Vergleich schneidet die Schweiz international gut ab. Mit ihrem Anteil von 13,1 Prozent liegt sie unter dem Durchschnitt der OECD und der Europäischen Union.

Zieht man auch die Sozialversicherungsbeiträge, die weitgehend als
direkte Abgaben von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf dem Arbeitseinkommen aufgefasst werden können, in den Vergleich mit ein, so sieht die Lage der Schweiz bei der direkten Abgabenlast noch besser aus; denn die meisten mit der Schweiz vergleichbaren Länder greifen, mit Ausnahme der USA, Japan und Grossbritannien, in weit stärkerem Ausmass auf Sozialversicherungsbeîtrà'ge. In der Tat beträgt der Anteil der Sozialversicherungsbeiträge am BIP gemäss OECD-Statistik für die Schweiz 11,2 Prozent, während er in Spanien bei 13,1 Prozent, in Österreich bei 14,3 Prozent, in Deutschland bei 15,2 Prozent und in Frankreich gar bei 19,5 Prozent liegt (vgl. hiezu auch die Tabelle 14 in Ziff. 211 dieser Botschaft).

446

Tabelle 7 Anteil der indirekten Steuern an den Fiskaleinnahmen der OECD-Länder (Stand 1992) Land

Anteil in Prozent

Island Griechenland Portugal

50,0 46,1 43,0 40,2 37,1 35,4 34,4 32,5 31,6 30,2 29,8 28,5 28,4 28,4

Irland Norwegen Neuseeland Grossbritannien Dänemark Finnland Österreich Türkei Spanien Australien Luxemburg

Deutschland Italien

Frankreich Schweden Kanada Niederlande Belgien USA Schweiz Japan OECD Total * OECD Europa *

EU*

26,9 26,9 26,8 26,5 26,1 25,8 25,5 17,1 17,0 14,0 30,3 31,9 32,1

* ungewichtet Quelle: Revenue Statistica of OECD Member Countries 1965-1993, OECD, Paris 1994

447

Tabelle 8 Fiskalquoten (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge im Verhältnis zum BIP) der OECD-Länder (Stand 1992) Land

Fiskalquote in Prozent

Schweden

50,0

Dänemark Luxemburg

49,3 48,4 47,0 46,9 46,6 45,4 43,6 43,5 42,4 40,5 39,6 36,6 36,5 35,9 35,8 35,2 33,4 33,0

Finnland

Niederlande Norwegen Belgien Frankreich Österreich Italien Griechenland

Deutschland Irland Kanada Neuseeland Spanien Grossbritannien

Island Portugal Schweiz Japan USA Australien Türkei OECD Total* OECD Europa*

EU*

32,0 29,4 29,4 28,5 23,1 38,8 40,6 41,4

* ungewichtet Quelle: Revenue Statistics of OECD Member Countries 1965-1993, OECD, Paris 1994

448

Tabelle 9 Steuerquoten (Steuern im Verhältnis zum BIP) der OECD-Länder (Stand 1992) Land

Steuerquote in Prozent

Dänemark

47,8 36,1 35,9 35,6 34,7 34,2 31,0 30,7 30,5 29,2 29,2 29,0 28,9 28,7 28,5 28,1 24,6

Finnland Neuseeland Schweden Luxemburg Norwegen

Irland Island Kanada Österreich Italien Belgien Grossbritannien

Niederlande Australien Griechenland Portugal

Deutschland Frankreich Spanien

24,4 24,2

Schweiz

20,8

USA Japan

20,6 19,8

Türkei

18,4

OECD Total * OECD Europa *

28,9 29,4 29,4

EU*

22,7

* ungewichtet Quelle; Revenue Slatistics of OECD Member Countries 1965-1993, OECD, Paris 1994

18 Bundcsblalt 147. Jahrgang. Bd. I

449

Tabelle 10 Einkommensteuerquoten (Steuern auf Einkommen der natürlichen Personen in % des BIP) und Gewinnsteuerquoten (Steuern auf Ertrag der juristischen Personen in % des BIP) der OECD-Länder (Stand 1992) Land

Einkommcnsteuerquoie

Gewinnsleuerquole

Einkommen- und Gcwinnsteuerquole

Dänemark

26,4 18,9 18,0 16,0 10,8 11,5 14,5 14,2 11,7 11,7 11,7 11,7 IM 11,1

1,6 1,2 1,2 3,0 6,3 4,9 1,8 2,0 4,1 3,3 3,1 2,5 2,0 1,6

20,1 19,2 19,0 17,1 16,4 16,3 16,2 15,8 15,0 14,8 14,2 13,1

Finnland Schweden Neuseeland

Luxemburg Italien Kanada

Belgien Australien Norwegen Niederlande

Irland Schweiz Deutschland Grossbritannien

Japan USA

Österreich Spanien Island Portugal

Frankreich Türkei Griechenland OECD Total* OECD Europa* EU*

10,0 7,4

10,1 9,4 8,5 8,9 6,7 6,0 6,4 4,1 11,5 11,4 11,1

2,7 5,0 2,1 1,8 2,3 1,0 2,7 1,5 1,1

28,0

12,7

12,7 12,4 12,2 11,2 10,8

1,9

9,9 9,4 7,5 7,5 6,0

2,5 2,4 2,8

14,0 13,8 13,9

* ungewichtet Quelle: Revenue Statistics of OECD Member Countries 1965-1993, OECD, Paris 1994

13

Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer und Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen heute

Artikel 41^ Absatz 5 Buchstabe b der Bundesverfassung bestimmt, dass 30 Prozent des Ertrages der direkten Bundessteuer den Kantonen zufallen. Im Durchschnitt der Jahre 1992 und 1993 betrug dieser Kantonsanteil 2434 Millionen Franken. Davon sind gemäss Artikel 8 des Bundesgesetzes über den Finanzausgleich unter den Kantonen 13/30 aufgrund der Finanzkraft und 17/30 entsprechend dem Steueraufkommen zu verteilen. Im Durchschnitt der Jahre 1992 und 1993 beliefen sich die ent-

450

sprechenden Quoten auf 1055 Millionen und 1379 Millionen Franken (vgl.

Tabelle 11).

Die aufgrund der Finanzkraft vorgenommene Verteilung weist eine nicht zu vernachlässigende Finanzausgleichswirkung auf, wurden doch 1993 399 Millionen oder rund 42 Prozent (1992: 466 Mio. Fr. oder rund 41 %) der mit der Finanzausgleichsquote bereitgestellten Mittel auch tatsächlich umverteilt. Mehr als die Hälfte des gesamten Kantonsanteils wird indessen nach dem Steueraufkommen verteilt, was die Ausgleichswirkung- der gesamten 30 Prozent entsprechend vermindert.

Eine kürzlich publizierte Finanzausgleichsexpertise (unter dem Titel «Der Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen» vom 31. März 1994 der Professoren Frey, Dafflon, Jeanrenaud und Meier) kommt denn auch zum Schluss, dass die Kantonsanteile stärker auf die Finanzkraft der Kantone ausgerichtet werden sollten.

Mit dem Finanzausgleich wird meist nur der Kantonsanteil von insgesamt 30 Prozent in Verbindung gebracht. Es darf jedoch nicht ausser acht gelassen werden, dass bei der direkten Bundessteuer bereits die Mittelherkunft und damit vorab auch der dem Bund verbleibende Ertragsanteil von 70 Prozent eine, gewichtige Finanzausgleichswirkung entfaltet. Aus Tabelle 12 wird für die Veranlagungsperiode 1989/90 ersichtlich, wie hoch der Beitrag der einzelnen Kantone an die direkte Bundessteuer pro Kopf der Bevölkerung und pro Jahr ausgefallen ist. Dabei springen die grossen Finanzkraftunterschiede zwischen den finanzschwachen und den finanzstarken Kantonen ins Auge.

45 Prozent des Bundesanteüs an der direkten Bundessteuer stammen aus den vier finanzstärksten Kantonen (Zug, Basel-Stadt, Zürich und Genf), in welche nur 28 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes zurückfliessen. Dagegen steuern die sechs finanzschwachen Kantone (Uri, Jura, Wallis, Appenzell-Innerrhoden, Obwalden und Neuenburg) lediglich knapp 5 Prozent an diesen Bundesanteil bei, kom- " men jedoch in den Genuss von Bundesleistungen im Ausmass von 11 Prozent des Bundeshaushaltes. Auch diesem Aspekt wird bei der Analyse der Auswirkungen der Initiative auf den Finanzausgleich die nötige Aufmerksamkeit zu schenken sein (vgl. Ziff. 215).

451

Tabelle 11 Bundesanteil und Kantonsanteile an der direkten Bundessteuer im Mittel der Jahre 1992 und 1993 in 1000 Franken

Kantone

Bund

Kantone

Anteil 70 Prozent

Anteil nach Fester Aufkommen Anteil 30 Prozent 17/30

1326363 489299 178 355 19113 Uri 111583 Schwyz 16547 Obwalden 35990 Nidwaiden 55183 Glarus 328293 Zug Fribourg 152295 120773 Solothum 346930 Basel-Stadt Basel-Landschaft 187407 44344 Schaffhausen 31320 Appenzell A. Rh, 7096 Appenzell I. Rh.

242281 St. Gallen 122 135 Graubünden 320592 Aargau Thurgau 104723 195765 Ticino 470866 Vaud 99461 Valais 96862 Neuchâtel 550 172 Genève 25245 Jura

Zürich Bern Luzem

Total

452

Finanzausgleich

Saldo fttr den Kanton

Liefert 13/30 ab

17/30 + Finanzausglelch

Erhalt aus dem Finanzausglelch

Effektiver Kantonsunteil in Prozent

369059 312630 120437 19996 47227 14419 12946 20084 80940 86274 66374 89970 70780 20743 18657 6740 125087 69322 146 111 55041 104098 193775 130517 70099 148453 34075

19,5 44,7 47,3 73,2 29,6 61,0 25,2 25,5 17,3 39,7 38,5 18,2 26,4 32,7 41,7

5678991 2433853 1379183 1054670 1054670 2433853

30,0

568441 209699 76438 8191 47821 7092 15424 23650 140697 65269 51760 148684 80317 19005 13423 3041 103 835 52344 137396 44881 83899 201800 42626 41512 235 788 10819

322 117 118 830 43315 4642 27099

4019 8740 13402 79728 36986 29331 84254 45513 10769 7606 1723 58840 29661 77858 25433 47543

114 353 24155 23524 133613

6131

246324 90870 33123 3549 20723 3073 6684 10248 60969 28283 22429 64430 34804 8235 5817 1318 44995 22682 59538 19449 36356 87446 18471 17989 102 175 4688

46942 193800 77122 15355 20128 10401 4206 6682 1212 49288 37043 5715 25267 9973 11051 5017 66247 39660 68253 29609 56555 79422 106363 46576 14840 27944

66,5 36,1

39,7 31,9

36,8 37,2 28,8 91,9 50,7 18,9 94,5

Tabelle 12 Steuererträge pro Jahr nach Kantonen in der Veranlagungsperiode 1989/90 Kantone

Natü rliche Personen

Juristische Personen

Natürliche und juristische Personen

Absolut

Absolut

Absolut

in 1000

Franken Zürich Bein Luzern

1 073 758

Uri

Schwyz Obwalden Nidwaiden Glarus

Zug Fribourg Solothum Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen Appenzell A. Rh.

Appenzell I. Rh.

St, Gallen Graubünden Aargau Thurgau Ticino Vaud Valais Neuchâtel Genève Jura

Schweiz/Suisse

14

471 747 151 982 16302 63608 13166 27095 17479 92109 86874 117989 164401 189559 38310 29500 5784 220 657 99088 273 279 97050 177 636 408125 103 559 79029 459258 20176

4497520

Pro Kopf in Franken 911 492 466 477 568 454 820 454 1077 407 509 824 812 531 565 417 516 570 538 464 630 678 415 482 1211

305 654

in 1000 Franken

580 472 137 196

Pro Kopf in Franken 492

143 175 119 495 164 556 801 3278 461 150 825 157 201 180 214 173 217

57256 4068 55439 4770 18356 30849 280444 98403 34720 164546 36722 14505 9.408 2969 73902 37700 93725 · 185 28226 135 67680 240 172 305 286 21851 87 33129 202 246154 649 7577 115 2312372

336

in 1000

Franken 1654230 608943 209238 20370 11904?

17936 45450 48328 372553 185 277 152709 328 947 226281 52816 38908 8754 294559 136788 367004 125276 245 316 580 430 125410 112158 705 412 27753 6 809 893

Pro Kopf in Franken

1403

635 641 595 1063

618 1375 1255

4355 868 659 1650

969 732 745 631 689 787 723 598 869 964 502 684 1860

419

991

Die Einkommensverteilung in der Schweiz

Im Zusammenhang mit der Initiative interessieren die Einkommensverhältnisse der Steuerpflichtigen in der Schweiz. In der Tabelle 13 wird die Verteilung der Steuerpflichtigen nach Einkommensstufen gemäss der letzten verfügbaren Statistik der direkten Bundessteuer (Veranlagungsperiode 1989/90) dargestellt.

453

Tabelle 13 Anzahl Steuerpflichtige nach Einkommensstufen Einkommensstufe

Anzahl Steuerpflichtige Absolut

in Prozent Stufe

Kumuliert

7,26

bis 14,9 15 bis 24,9 25 bis 49,9 50 bis 99,9 100 bis 499,9 500 bis 999,9 1000 u. mehr

225 581 550206 1 463 180 708 805 154532 4098 1507

22,81 4,97 0,13 0,05

24,96 72,04 94,85 99,82 99,95 100,00

Total

3107909

100,00

100,00

7,26 17,70 47,08

Aus der Tabelle 13 lässt sich beispielsweise herauslesen, dass fast die Hälfte der Steuerpflichtigen (rund 47%) ein steuerbares Einkommen (- Einkommen nach allen Abzügen) zwischen 25 000 und 49 900 Franken ausweisen. Gesamthaft rund 72 Prozent der Steuerpflichtigen versteuern ein Einkommen unter 50 000 Franken.

Nur etwas mehr als 5 Prozent der Steuerpflichtigen verfügen hingegen Über ein Einkommen von 100 000 Franken und mehr.

In der Statistik der direkten Bundessteuer sind jedoch nur die Daten jener Steuerpflichtigen verarbeitet, die aufgrund ihres Einkommens diese Steuer tatsächlich zu bezahlen haben. Somit sind in den Tabellen 13 und 15 (s. unter Ziff. 213) diejenigen Personen, deren steuerbares Einkommen unter dem für die Steuerpflicht erforderlichen Minimum Hegt, nicht aufgeführt. Bei Berücksichtigung dieser Steuerpflichtigen, deren Anzahl zwischen 300 000 und 400 000 betragen dürfte, und der in Tabelle 13 ebenfalls nicht aufgeführten - Steuerpflichtigen, die an der Quelle besteuert werden, würde die Verteilung zweifellos noch krasser aussehen. Es darf jedenfalls die Aussage gemacht werden, dass der Anteil der'inländischen Steuerpflichtigen, welche ein steuerbares Einkommen von über 100 000 Franken ausweisen, unter der 5-Prozent-Marke liegt.

2 21 211

Besonderer Teil Beurteilung der Initiative Die fiskalische Konzeption der Initiative

Im Mittelpunkt der Initiative stehen die Verminderung der steuerlichen Belastung von Einkommen, Gewinnen und Kapital und damit gleichzeitig die Verlagerung von den direkten zu den indirekten Steuern. Wenn die Initianten nach einer Verlagerung des Gewichts hin zu den indirekten Steuern rufen, die im schweizerischen Steuersystem eindeutig der Bundesebene zugeordnet sind, so vertreten sie ganz offensichtlich die Auffassung, wonach die direkten Steuern nur eine Domäne der Kantone und Gemeinden sein sollten. Daneben dürfte für die von den Initianten 454

angestrebte Umlagening aber auch die Meinung eine Rolle spielen, dass die direkten Steuern wegen der klar sichtbaren Belastung für den einzelnen einen stärkeren Einfluss auf den Leistungswiüen aufweisen als die verhältnismässig unmerklicheren indirekten Steuern, Im Kapitel «Die Steuerbelastung im internationalen Vergleich» (vgl. Ziff. 126 und Tabelle 7) wurde bereits auf die unterschiedlichen Anteile der indirekten Steuern an den gesamten Fiskaleinnahmen in den OECD-Ländern eingegangen. Der Vergleich dieser Anteile zeigt, dass die Schweiz für die Finanzierung ihres Staatshaushalts die indirekten Steuern verhältnismässig weniger stark ausschöpft als die übrigen europäischen Länder. Es lässt sich aber auch feststellen, dass die Schweiz in dieser Hinsicht kein Einzelfall ist, weisen doch von den OECD-Ländern die USA praktisch den gleichen und Japan einen kleineren Anteil der indirekten Steuern auf. Im übrigen zeigen die Berechnungen der Eidg. Steuerverwaltung, dass im Falle der Abschaffung der direkten Bundessteuer mit einer entsprechenden Kompensation der Einnahmenausfälle durch die Erhöhung der Steuersätze der Mehrwertsteuer der Anteil der indirekten Steuern an den Fiskaleinnahmen in der Schweiz von 17 auf gegen 25 Prozent zunehmen würde. Mit einem solchen Anteil, der zwar immer noch unter dem Durchschnitt der OECD-Länder läge, käme die Schweiz doch schon in eine Grössenordnung, wie sie gemäss der OECD-Statistik die BeneluxLänder ausweisen (vgl. Tabelle 7).

Es muss jedoch klar festgehalten werden, dass der Anteil der indirekten Steuern oder der Anteil der direkten Steuern am gesamten Steueraufkommen für sich alleine nicht viel über die Steuerbelastung in den einzelnen Staaten und die damit allenfalls zusammenhängenden Auswirkungen auf Arbeitsangebot und Wirtschaftsleistung aussagen kann. Von Interesse ist vielmehr das Total sämtlicher Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge. Besonders geeignet ist in dieser Hinsicht der internationale Vergleich der Anteile der Fiskaleinnahmen am BIP, der sog. Fiskalquoten (vgl. Tabelle 8), zeigt doch dieser Vergleich auf, in welchem Ausmass die einzelnen Staaten für die Finanzierung ihrer Haushalte an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung partizipieren müssen. In der Tabelle 14 werden deshalb für die Schweiz, die umliegenden Länder und ausgewählte wichtige
Industriestaaten die Fiskalquoten in absteigender Reihenfolge verglichen. Es handelt sich dabei um einen Auszug aus Tabelle 8, wobei im Sinne einer Verdeutlichung eine Aufteilung in Steuern und obligatorische Sozialversicherungsbeiträge vorgenommen wurde.

455

Tabelle 14 Fiskalquote in einzelnen OECD-Ländern, Stand 1992 (mit Aufteilung in Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) Land

Steuerquote

Sozialversich,-

Fiskalquoie

Schweden Niederlande Belgien Frankreich Österreich Italien Deutschland Spanien Grossbritannien Schweiz Japan

35,6 28,7 29,0 24,2 29,2 29,2 24,4 22,7 28,9 20,8 19,8 20,6

14,4 18,2 16,4 19,5 14,3 13,3 15,2 13,1

50,0 46,9 45,4 43,6 43,5 42,4 39,6 35,8 35,2 32,0 29,4 29,4

USA

beiiragsquoie

6,3 11,2

9,7 8,8

Der Tabelle 14 kann entnommen werden, dass die Schweiz unter den Industriestaaten eine sehr vorteilhafte Stellung einnimmt. Zusammen mit Japan und den USA gehört die Schweiz nach wie vor zu den Staaten mit einem relativ bescheidenen Abgabendruck. Der Vergleich zeigt im Übrigen eindeutig, dass die verhältnismässig schwache Ausschöpfung der indirekten Steuern in diesen drei Staaten keineswegs eine um so stärkere Belastung der Bürger mit direkten Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach sich zieht. Man könnte aufgrund der OECD-Vergleichszahlen sogar geneigt sein, den gegenteiligen Schluss zu ziehen, dass die geringe Ausschöpfung der indirekten Steuern einen gewissen Schutz gegen hohe Steuer- und Fiskalquoten bietet.

Die massige Fiskalbelastung zählt zweifellos zu den komparativen Standortvorteilen, welche die Schweiz zu bieten hat. Um sie zu erhalten, sind insbesondere Anstrengungen aller Staatsebenen beim Ausgabeverhalten nötig. Zwar Hesse sich die Auffassung vertreten, dass für den Fall absolut unerlässlicher Mehreinnahmen vorwiegend das Substrat der indirekten Steuern herangezogen werden sollte. Ein radikaler Umbau unseres Steuersystems, wie ihn die Annahme der Initiative verursachen würde, schiesst hingegen weit über das Ziel hinaus und ist deshalb abzulehnen.

212

Forderung nach einer allgemeinen Verbrauchssteuer als vollständige oder teilweise Kompensation

Die Initianten setzen eine aligemeine Verbrauchssteuer voraus. Im Hinblick auf die nötige Kompensation der aus der Abschaffung der direkten Bundessteuer resultierenden Ausfälle hält denn auch Ziffer 2 der Initiative fest, dass dieser Ausgleich durch eine «allgemeine Verbrauchssteuer» mit einem in der Bundesverfassung verankerten Höchstsatz erfolgen soll.

456



Die Forderung nach einer allgemeinen Verbrauchssteuer zur Kompensation der Steuerausfälle verlangt, wie die Inîtianten darlegen (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 47), «eine neugestaltete und wettbewerbsneutrale Steuer auf dem Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen». Welche konkrete Ausgestaltung eine solche allgemeine Verbrauchssteuer haben muss, schreibt die Initiative jedoch nicht vor. Immerhin folgt aus dem Wort «allgemein», dass darunter nicht nur eine Sondersteuer für einzelne Güter oder Dienstleistungen verstanden werden könnte. Weiter geht aus dem Begriff «allgemeine Verbrauchssteuer» auch die Absicht der Initianten hervor, die bisher mit dem System der WUST verbundene taxe occulte zu eliminieren (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 48). Diese beiden Anliegen sind indes mit der Annahme der Mehrwertsteuervorlage durch Volk und Stände am 28. November 1993 erfüllt worden.

Die Initiative bezweckt, «die dem Bund erwachsenden Ertragsausfälle..., soweit notwendig, durch eine in der Verfassung nach oben begrenzte allgemeine Verbrauchssteuer» auszugleichen. Es ist verständlich, dass die Initianten eine Formulierung gewählt haben, welche es ermöglicht, den durch die Abschaffung der direkten Bundessteuer entstehenden Einnahmenausfall auch nur teilweise auszugleichen. Nun weist aber der Bund bereits seit mehreren Jahren einen zunehmend stark defizitären Finanzhaushalt auf. Ein Hauptziel der bundesrätlichen Politik ist es deshalb, das Defizit in den kommenden Jahren sukzessive abzubauen. Ein Budgetausgleich wird aber noch intensive Anstrengungen erfordern. Somit ist es gegenwärtig undenkbar, dass der Bund auf Einnahmen verzichten kann, ohne diese vollständig zu kompensieren. Aufgrund dieser Situation wird darum in der vorliegenden Botschaft generell davon ausgegangen, dass der im Falle einer Annahme der Initiative dem Bund verursachte Einnahmenausfall durch entsprechende Satzerhöhungen bei-der Mehrwertsteuer vollständig ausgeglichen werden müsste.

Damit wird auch klar, dass die Fiskalquote der Schweiz als Ausdruck der Gesamtsteuerbelastung im Falle einer Abschaffung der direkten Bundessteuer nicht sinken würde.

213

Starke Umverteilungswirkungen der Initiative

Wegen des progressiven Tarifs der direkten Bundessteuer bestehen zwischen der Anzahl der Steuerpflichtigen in den einzelnen Einkommensstufen und dem von ihnen aufgebrachten Steuerertrag starke Disproportionen. Dieser Zusammenhang wird in der Tabelle 15 aufgezeigt.

457

Tabelle 15 Anzahl Steuerpflichtige und Steuerertrag nach Einkommensstufen Einkommensslufe (in lOOOFr.)

bis 14,9 15 bis 24,9 25 bis 49,9 50 bis 99,9 100 bis 499,9 500 bis 999,9 1000 u. mehr

Total

Anzahl Sleuerpflichiige in Prozent

Sleuercnrag in Prozent

Stufe

Stufe

Kumuliert

Kumuliert

7,26 17,70 47,08 22,81 4,97 0,13 0,05

7,26 24,96 72,04 94,85 99,82 99,95 100,00

0,71 1,11 11,96 27,40 43,90 6,95 7,97

0,71 1,82 13,78 41,18 85,08 92,03 100,00

100,00

100,00

100,00

100,00

Der Tabelle 15 kann beispielsweise entnommen werden, dass die Steuerpflichtigen mit einem steuerbaren Einkommen unter 50 000 Franken, welche rund 72 Prozent aller Steuerpflichtigen ausmachen, weniger als 14 Prozent des Steuerertrags der direkten Bundessteuer aufbringen. Auf die Steuerpflichtigen mit einem steuerbaren Einkommen von 100000 Franken und mehr, die nur rund 5 Prozent aller Steuerpflichtigen bilden, entfallen dagegen fast 59 Prozent der Steuereingänge.

Würde die direkte Bundessteuer abgeschafft, wären aus diesem Grund auch die Entlastungen der einzelnen Steuerpflichtigen extrem unterschiedlich. Stellt man auf die letzten verfügbaren statistischen Ergebnisse (Veranlagungsperiode 1989/90) ab, könnten beispielsweise die Steuerpflichtigen mit einem steuerbaren Einkommen unter 15 000 Franken eine durchschnittliche Steuerentlastung von gegen 140 Franken erwarten. Auf der anderen Seite beliefe sich die Steuerentlastung bei den gut 1500 Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von l Million Franken und mehr auf durchschnittlich 230 000 Franken. Wohl handelt es sich bei diesen Steuerentlastungen nur um Durchschnitte, doch geben sie in den grossen Zügen zweifellos einen treffenden Eindruck über die zu erwartenden Minderbelastungen in einzelnen Einkommenskategorien. Nebst den grossen Einkommensunterschieden in der Bevölkerung (vgl. Ziff. 14) wirkt sich dabei der stark progressive Steuertarif aus, welcher bei einer Abschaffung der direkten Bundessteuer dazu führen würde, dass die Bezüger hoher Einkommen überproportional von Steuerentlastungen profitieren könnten.

Bei so extrem unterschiedlichen Steuerentlastungen ist es naheliegend, dass die von der Initiative postulierte Kompensation der Steuerausfälle mit Massnahmen im Bereich der allgemeinen Verbrauchssteuer (sprich: Mehrwertsteuer) auch nicht annähernd eine ähnliche Verteilung der Steuerlasten wiederherstellen kann. Eine solche Kompensation, die im wesentlichen durch eine starke Erhöhung der Steuersätze der Mehrwertsteuer erreicht werden müsste, würde vielmehr auf eine Umverteilung der Steuerlasten von den einkommensstarken zu den einkommensschwächeren Haushalten hinauslaufen.

Um eine Vorstellung über die Grössenordnung der Mehr- und Minderbelastungen der privaten Haushalte in den einzelnen Einkommensstufen zu erhalten, muss zuerst über die erforderlichen Steuersätze bei der Mehrwertsteuer Klarheit beste458

hen. Bei einer einfachen Extrapolation aufgrund der Rechnungsabschlüsse der direkten Bundessteuer und der Warenumsatzsteuer in den Jahren 1992 und 1993 könnte man sich für die Kompensation des Ertragsausfalls bei der direkten Bundessteuer zwar mit einem Normalsatz der Mehrwertsteuer von «nun> 11 Prozent begnügen.

Legt man indessen die ab dem effektiven Inkrafttreten der Mehrwertsteuer budgetierten und im Finanzplan enthaltenen Einnahmen der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer dem Vergleich zugrunde, so zeigt sich, dass ein Steuersatz von mindestens 12 Prozent erforderlich wäre. Diese Abweichung ist in erster Linie Ausfluss der seit mehreren Jahren zu beobachtenden relativ schwachen Aufkommenselastizität der Warenumsatzsteuer im Vergleich zur direkten Bundessteuer. Diese Entwicklungstendenz dürfte - in etwas abgeschwächter Form - auch nach dem Übergang von der Warenumsatzsteuer zur Mehrwertsteuer Bestand haben.

Eine Erhöhung des Normalsatzes der Mehrwertsteuer von 6,5 Prozent um 5,5 Prozent auf 12 Prozent käme beinahe einer Verdoppelung gleich und wäre damit sehr erheblich. Ausserdem ist daran zu erinnern, dass mit verschiedenen weiteren Begehren um Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes zu rechnen sein dürfte.

Dass der Ertragsausfall bei einer Abschaffung der direkten Bundessteuer durch eine derart starke Erhöhung der Steuersätze der Mehrwertsteuer erkauft werden müsste, hängt im übrigen auch damit zusammen, dass rund Vi der Einnahmen der direkten Bundessteuer von den juristischen Personen aufgebracht werden. Die von den Initianten vorgeschlagene Kompensation des Ertragsausfalls durch Anpassungen bei der Mehrwertsteuer bürdet somit den Konsumentinnen und Konsumenten einseitig auch die Steuerentlastungen der juristischen Personen auf. Diese kämen nach der Abschaffung der taxe occulte, welche jährliche Einnahmen von über 2 Milliarden Franken erbrachte, mithin zu einer weiteren starken Entlastung von jährlich rund 3 Milliarden Franken. Eine solche Entlastung ginge - wie erwähnt - fast ausschliesslich auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten.

Wenn man die von den Initianten erwähnte Lösungsmöglichkeit in Betracht zöge, wonach der direkt gemäss Aufkommen den Kantonen zustehende Anteil an der direkten Bundessteuer (= 17% des Aufkommens) von den Kantonen selbst und nicht vom Bund zu kompensieren
sei, würde die nötige Steuersatzerhöhung bei der Mehrwertsteuer zwar rund l Prozentpunkt geringer ausfallen. Aus mehreren Gründen, z.B. weil in verschiedenen finanzschwachen Kantonen mit einer ohnehin hohen Steuerbelastung wiederum politisch kaum durchsetzbare Steuererhöhungen erforderlich würden, ist eine Teilkompensation des Ertragsausfalls durch die Kantone als äusserst schwierig und -wenig realistisch einzuschätzen. Es ist deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass der gesamte Ertragsausfall infolge der Abschaffung der direkten Bundessteuer über eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze zu kompensieren wäre.

Aus diesen Gründen liegen dem Steuerbelastungsvergleich in Tabelle 16 auf der einen Seite die Belastungen zugrunde, die. aufgrund des Tarifs der direkten Bundessteuer für die Veranlagungsperiode 1995/96 und der beschlossenen Steuersätze von 6,5 Prozent (Normalsatz) und 2 Prozent (reduzierter Satz) bei der Mehrwertsteuer zu erwarten sind. Auf der anderen Seite werden für den Fall der Abschaffung der direkten Bundessteuer die Belastungen der Mehrwertsteuer mit den für eine vollständige Kompensation erforderlichen Steuersätzen von 12 Prozent (Normalsatz) und 3,6 Prozent (reduzierter Satz) ausgewiesen.

459

Tabelle 16 Mehr- und Minderbelastungen der privaten Haushalte nach Einkommensstufen bei Abschaffung der direkten Bundessteuer und Satzerhöhung der Mehrwertsteuer Brutto Einkommen

direkte Bundessteuer

20000 30000 40000 50000 60000 70000 80000 90000 100000 150000 200000 300000 500000

0 0 52 141 303 570 899 1295 1773 6287 12137 24474 49161

Mehrwertsteuer 6,5 Prozent

Total DBST+ MWST

508

508

762

762

1016 1160 1362 1589 1768 2007 2370 3555 4740 7110 11850

1068 1301 1665 2159 2667 3302 4143 9842 16877 31584 61011

Mehrwertsteuer 12 Prozent

Mchr-(+) oder Minder- (-) bei astung

936 1404 1872 2135 2502 2926 3256 3699 4370 6555 8740 13110 21850

+ 428 + 642 + 804 + 834 + 837 + 767 + 589 + 397 + 227 - 3287 - 8137 -18 474 -39 161

Zur Tabelle 16 drängen sich noch einige Bemerkungen Über die eingeschränkte Aussagekraft der ausgewiesenen Beträge und die zugrundegelegten Annahmen auf.

Bei der in dieser Tabelle berechneten Mehrwertsteuerbelastung handelt es sich um die aufgrund der Verbrauchsstruktur «direkt» den Haushalten zuteilbare Steuerbelastung unter der Annahme einer vollständigen Überwälzung auf die Preise. Dies bedeutet, dass nur die auf dem Verbrauch von steuerbaren Waren und Diensten entfallende Steuerlast berücksichtigt wird. Es ist aber zu vermuten, dass die Mehrwertsteuer, welche als Vorsteuer auf solchen Umsätzen lastet, die nach Artikel 14 der Mehrwertsteuerverordnung von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind, mindestens mittelfristig auf die Preise dieser Umsätze überwälzt wird. Deshalb dürfte die effektive Mehrwertsteuerbelastung und somit auch die Mehrbelastung bei der Abschaffung der direkten Bundessteuer in Wirklichkeit noch höher ausfallen. Das Gewicht dieser «indirekten» zusätzlichen Mehrwerfsteuerbelastung kann zwar nicht beziffert werden, dürfte jedoch beträchtlich sein, wenn man an das grosse Gewicht der Ausgaben für steuerbefreite Dienste wie etwa die Ausbildung, die Gesundheit oder gar die Wohnungsmiete im Rahmen der Haushaltbudgets denkt. Die in der Tabelle 16 ausgewiesenen Mehrwertsteuerbelastungen sollten deshalb eher als Mindestgrössen aufgefasst werden. Im übrigen liegen für Haushalte mit sehr geringen und sehr hohen Einkommen keine gesicherten Daten über die Verbrauchsstruktur vor. Für die Berechnung der Mehrwertsteuerbelastung dieser Haushalte wird deshalb angenommen, dass deren Verbrauchsstruktur jener der Haushalte mit einem Einkommen von rund 40 000 Franken (für Haushalte mit noch tieferen Einkommen) oder von rund 100 000 Franken (für Haushalte mit höheren Einkommen) entspricht. Ferner werden für die Berechnung der Belastung durch die direkte Bundessteuer Haushalte von verheirateten Alleinverdienern mit einem Kind herangezogen, da sie am ehesten den Familienverhältnissen der Haushalte entsprechen, deren Verbrauchsstruktur regelmässig statistisch ausgewertet werden.

460

**

Bei aller Vorsicht hinsichtlich der Aussagekraft der in der Tabelle 16 ausgewiesenen Ergebnisse kann man davon ausgehen, dass von einer Abschaffung der direkten Bundessteuer mit vollständiger Kompensation über eine Satzerhöhung der Mehrwertsteuer letztlich nur die Haushalte mit einem Bruttoeinkommen über 100 000 Franken profitieren würden. Zieht man die letzte verfügbare Statistik der direkten Bundessteuer (Veranlagungsperiode 1989/90) heran, weisen aber nur rund 5 Prozent aller Steuerpflichtigen ein steuerbares Einkommen aus, welches über dieser Grenze liegt (vgl. Ziff. 14). Unter Berücksichtigung der erforderlichen Aufrechnungen vom steuerbaren zum Bruttoeinkommen, der seit der Veranlagungsperiode 1989/90 relativ massigen Einkommensentwicklung und der rund 300000-400000 Haushalte, die wegen eines zu geringen Einkommens bis anhin keine direkte Bundessteuer schulden und deshalb in der Steuerstatistik nicht erscheinen (vgl.

Ziff. 14), dürfte die Annahme zutreffend sein, dass per Saldo durch die Abschaffung der direkten Bundessteuer und einer entsprechenden Erhöhung der Mehrwertsteuer höchstens 10 Prozent aller Haushalte von Steuerentlastungen profitieren würden. Für die restlichen Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen, d. h. für rund 90 Prozent aller Haushalte würde die Annahme der Initiative hingegen letztendlich zu einer Erhöhung der Steuerlast führen.

Selbst wenn man der unwahrscheinlichen Annahme folgte, dass der den Kantonen, direkt zustehende Anteil von 17 Prozent an der direkten Bundessteuer vom Bund nicht kompensiert werden müsste, und dass deshalb für die Mehrwertsteuer eine Satzerhöhung auf «nur» rund 11 Prozent nötig würde, kann unter Berücksichtigung der eben beschriebenen «indirekten» Mehrwertsteuerlast trotzdem davon ausgegangen werden, dass es nicht mehr als 10 Prozent aller Haushalte wären, die bei der Abschaffung der direkten Bundessteuer per Saldo entlastet würden.

Die mit der Initiative verbundene massive Verschiebung der Steuerlasten von den einkommensstarken bis sehr einkommensstarken Bevölkerungsschichten zu den Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen trägt dem bei den Einkommenssteuern allseits anerkannten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht Rechnung und widerspricht somit dem Gedanken der Solidarität.

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Folgen für die Steuerharmonisierung und die kantonale Finanzautonomie

Der Auftrag zur Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden gemäss Artikel 42iuiniuies BV sowie dem darauf fussenden Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642,14} scheint auf den ersten Blick durch die Initiative nicht gefährdet. Bei näherer Betrachtungsweise ergibt sich jedoch ein anderer Schluss: Schon vor der Harmonisierungsgesetzgebung übte die direkte Bundessteuer eine harmonisierende Wirkung auf die kantonalen direkten Steuern aus. Auch bei dem nunmehr konkret eingeschlagenen Weg - der Steuerharmonisierung nur im formellen Sinn, also unter Ausklammerung der Steuersätze, Steuertarife und Steuerfreibeträge - ist die harmonisierende Wirkung der direkten Bundessteuer auf die kantonalen Steuergesetze nicht zu unterschätzen. Dies um so weniger, als das erwähnte Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG), wie es seit dem I.Januar 1993 in Kraft ist, lediglich Grundsätze enthält, die der kantonale Gesetzgeber innert acht Jahren, also bis zum Jahre

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2000, in die kantonale Gesetzgebung zu überführen hat. Bei vielen Fragen, für welche das StHG nur knappe Hinweise enthält, sieht das DBG eine detaillierte Lösung vor. Diese Konkretisierungen im DBG sind nun aber nicht nur bei der Rechtssetzung in den Kantonen, sondern zweckmässigerweise auch bei der Auslegung des StHG von Bedeutung. Andernfalls bliebe nämlich der Harmonisierungsauftrag in der Vertikalen ohne Wirkung (vgl. Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, Zürich 1992, S. 32). Mit dem Wegfall der direkten Bundessteuer ginge auch diese wichtige Harmonisierungswirkung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer im Bereich der schweizerischen direkten Steuern verloren; dabei gilt es festzuhalten, dass Volk und Stände seinerzeit einer Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden deutlich zugestimmt haben. In einer Zeit, da unser Land seine Position in Europa sucht und deshalb auch im Bereich der direkten Steuern mehr Geschlossenheit, sprich Steuerharmonisierung nötig wäre, könnte die Abschaffung der direkten Bundessteuer sogar eine kontraproduktive 'Entwicklung für die Schweiz einleiten. Auch könnten die Steuerpflichtigen und selbst die mit der Finanz- und Steuerautonomie ausgestatteten Kantone kein Interesse daran haben, dass.die Besteuerungsgrundsätze noch vielfältiger werden. Denn dadurch würden insbesondere die interkantonalen Steuerausscheidungsverfahren wesentlich komplizierter und dementsprechend aufwendiger. Daraus folgt auch, dass die Abschaffung der direkten Bundessteuer für die Kantone und Gemeinden insgesamt keine administrativen Erleichterungen zur Folge hätte.

Unter dem Gesichtspunkt der materiellen Steuerharmonisierung ist zu betonen, dass die Steuerbelastungsunterschiede innerhalb der Schweiz durch die Abschaffung der direkten Bundessteuer keineswegs vermindert würden. Denn die direkte Bundessteuer wird in der ganzen Schweiz einheitlich erhoben. Die unterschiedliche Steuerbelastung ist demzufolge in erster Linie auf die Belastungsunterschiede bei den Staats- und Gemeindesteuern zurückzuführen. Die Abschaffung der direkten Bundessteuer würde somit die relativen Belastungsunterschiede, namentlich bei den juristischen Personen, eher vergrössem.

Es ist auch nicht einzusehen, inwiefern durch den Wegfall der direkten Bundessteuer die kantonale Finanzautonomie
gestärkt würde. Denn zum einen verfügen die Kantone schon heute über eine weitgehende Finanzautonomie, und zum andern wäre ihr Handlungsspielraum auch bei Annahme der Initiative faktisch kaum grösser: Schon heute sind die Kantone nämlich hinsichtlich des Steuermasses bei den Staats- und Gemeindesteuern unter Vorbehalt der verfassungsmässigen Rechte der Steuerpflichtigen souverän. Ferner liegt ja auch den Initianten daran, dass die Steuerbelastung nicht grösser wird.

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Auswirkungen auf den bundesstaatlichen Finanzausgleich

Mit Beschluss vom 22. Juni 1994 hat der Bundesrat das Eidgenössiche Finanzdepartement beauftragt, ihm bis im Dezember 1995 die Grundzüge einer umfassenden Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen zu unterbreiten.

Der Bundesrat hat dabei auch deren strategische Ziele und Hauptstossrichtungen festgelegt. Relevant sind namentlich die postulierte Ablösung der teilweise kontraproduktiven Finanzkraftabstufung der Bundesbeiträge an die Kantone durch frei verfügbare Mittel sowie die Installierung eines politisch steuerbaren interkantonalen Ressourcenausgleichs, der die gewünschten Umverteilungen mit insgesamt möglichst geringem finanziellem Mitteleinsatz realisieren soll. In diesem Gesamtkon-

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text wird denn auch das heutige System des Finanzausgleichs mit der direkten Bundessteuer zu überprüfen und allenfalls anzupassen sein.

Im Rahmen des heutigen Finanzausgleichs muss die Beurteilung der Initiative bei den drei finanzausgleichsrelevanten Ertragskomponenten der direkten Bundessteuer ansetzen (vgl. Ziff. 13).

Wie in Ziffer 13 dargelegt wurde, entfaltet bereits der dem Bund verbleibende Ertragsanteil von 70 Prozent eine nicht zu unterschätzende Finanzausgleichswirkung. Dazu kommt die Finanzausgleichsquote von 13/30, welche bereits aufgrund ihrer Zwecksetzung dem interkantonalen Finanzausgleich dient. Die Initiative will diesen Finanzausgleichspfeiler «mindestens im heutigen Umfang aufrechterhalten» (Ziff. 3 des Initiativtextes). Im offen formulierten Verfassungstext sprechen sich die Initianten über das konkrete Ersatzinstrumentarium zwar nicht aus, fordern aber ganz klar eine vollwertige Ersatzlösung. Technisch wären solche Ersatzlösungen wohl denkbar, sie müssten jedoch im grösseren Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen grundlegenden Neuordnung des Finanzausgleichs erarbeitet werden.

Solange nun weder eine Konkretisierung der Stossrichtung noch konkrete Altemativlösungen vorliegen, stellt die direkte Bundessteuer ein unverzichtbares Finanzausgleichsinstrument dar.

Im Unterschied zur Finanzausgleichsquote weist die Aufkommensquote von 17/30 direkt keine horizontalen Finanzausgleichswirkungen auf; sie dient vielmehr dem vertikalen Finanzausgleich. Wohl kann ein Teil der Quote mit einer Art «Bezugsprovision» zugunsten der für die Veranlagung und das Inkasso der direkten Bundessteuer besorgten Kantone begründet werden. Der grössere Teil der Aufkommensquote, welche ebenfalls finanzausgleichend wirkt, sollte jedoch im Lichte der bereits erwähnten Finanzausgleichsexpertise in Zukunft eine institutionell und ökonomisch verbesserte Finanzausgleichswirkung erzielen.

Aus Finanzausgleichssicht ergäben sich schliesslich Probleme durch den von der Initiative anvisierten Ersatz des heutigen Bundesanteils an der direkten Bundessteuer von 70 Prozent durch die Mehrwertsteuer. Denn die Mittelherkunft nach Kantonen präsentiert sich bei der direkten Bundessteuer verhältmsmässig finanzausgleichskonform (vgl. Schluss der Ziff. 13), während sich der Umsatzsteuereingang wesentlich gleichmässiger auf die einzelnen Kantone verteilen dürfte. Finanzierte sich nun der Bund nicht mehr Über die direkte Bundessteuer, sondern über die Mehrwertsteuer, würde der gemäss den Experten weitaus am besten wirkende interkantonale Finanzausgleich somit automatisch geschwächt.

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Punktuelle Kritik an der direkten Bundessteuer

Die Initianten bringen ferner Einwände vor, welche Teilaspekte der direkten Bundessteuer betreffen. So bemängeln sie, dass auch im Rahmen des DBG Zweiverdiener-Ehepaare wesentlich höher belastet würden als Zweiverdiener-Konkubinatspaare. Eine weitere Ungereimtheit stelle ferner die Eigenmietwertbesteuerung im Rahmen der direkten Bundessteuer dar (vgl. Gewerbliche Rundschau, a. a. O, S. 35).

Bei der direkten Bundessteuer kann tatsächlich eine Mehrbelastung von Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren eintreten. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Gesamteinkommen des Ehepaares eine gewisse Höhe überschreitet und die Verteilung der Einkommen auf die beiden Ehepartner sehr ausgeglichen ist. Gemäss Statistik der direkten Bundessteuer deklarieren mehr als die Hälfte der insgesamt rund 463

650000 steuerpflichtigen Zweiverdiener-Ehepaare ein steuerbares Einkommen unter 55 000 Franken. Im übrigen sind die Zweitverdienste bei verheirateten Steuerpflichtigen oft nur sehr gering oder sie machen nur einen bescheidenen Anteil des Gesamteinkommens der Ehepaare aus. Für die deutliche Mehrheit der Zweiverdiener-Ehepaare verhindern somit der günstigere Tarif für Verheiratete und der nur Verheirateten zustehende Zweitverdienerabzug, dass Mehrbelastungen gegenüber Konkubinatspaaren entstehen. Es kann indessen nicht geleugnet werden, dass für eine beträchtliche Anzahl von Zweiverdiener-Ehepaaren erhebliche Mehrbelastungen gegenüber Konkubinatspaaren entstehen. Weil der Tarif bei der direkten Bundessteuer eine wesentlich steilere Progressionsstufe aufweist als die kantonalen Einkommenssteuertarife, kann der Bund die vorliegende Problematik nicht in gleicher Weise lösen wie dies in den Kantonen möglich war. Will man gewichtige Verschiebungen der Steuerbelastung auf andere Gruppen von Steuerpflichtigen, aber auch massive Mindereinnahmen vermeiden, so wird eine allseits akzeptable Lösung nur schwer zu finden sein. Dies haben auch die parlamentarischen Beratungen zum DBG gezeigt. Der Bundesrat ist aber bereit, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche das ganze System der Familienbesteuerung erneut überprüft. Gestützt darauf wird er dem Parlament in den nächsten Jahren eine sachgerechte Lösung vorlegen, die möglichst allen Aspekten der Steuergerechtigkeit zu genügen hat. Eine entsprechende Zusicherung hat der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme vom 3. Oktober 1994 zur Moüon Frick (93.3586) vom S.Dezember 1993 mit dem Titel «Für famiiienfreundliche Bundessteuern - gegen die Progressionsstrafe für Ehepaare» abgegeben.

Demgegenüber ist der Vorwurf der Initianten unberechtigt, wonach die Eigenmietwerte bei der direkten Bundessteuer zu streng festgelegt würden. Schon heute greift der Bund bei der direkten Bundessteuer nur dann korrigierend ein, wenn die Kantone die für die direkte Bundessteuer massgeblichen Steuermietwerte um mehr als 30 Prozent unter die Marktmietwerte absinken lassen. Immerhin halten sich die Hälfte der Kantone für ihre Staatssteuer ebenfalls an diesen moderaten Grundsatz.

Das Eidgenössische Finanzdepartement hatte 1993 eine Expertenkommission zur Prüfung des Einsatzes des Steuerrechts
für wohnungs- und bodenpolitische Ziele unter dem Vorsitz von Professor Peter Locher, Bern (Expertenkommission Locher) eingesetzt. Der Bericht wurde im Sommer 1994 abgeliefert. Die Kommission gelangt nach Prüfung aller möglichen Alternativen zum Ergebnis, dass das geltende System der Eigenmietwertbesteuerung unter allen Gesichtspunkten am besten abschneidet und darüberhinaus bereits eine eigentumsfördernde Wirkung entfaltet.

Gestützt darauf empfiehlt die Kommission in ihrem Bericht deshalb, am in Bund und Kantonen geltenden System der Eigenmietwertbesteuerung festzuhalten und namentlich den Eigenmietwert weiterhin am Marktwert auszurichten.

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Schlussfolgerungen

Die direkte Bundessteuer besteht seit 1941, wird seither ununterbrochen erhoben und hat heute ihren festen Platz im schweizerischen Steuersystem. Sie stellt seit vielen Jahren neben der Warenumsatzsteuer die wichtigste Einnahmenquelle des Bunde's dar.

Zwar entspricht es den Tatsachen, dass der Anteil der direkten 'Steuern am gesamten Steueraufkommen in der Schweiz wesentlich höher liegt als in anderen europäischen Staaten. Diese Aussage über die Steuerstruktur besagt aber noch nichts Über

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die Höhe der Steuerbelastung und den Steuerdruck (als Komponente der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen).

Dem Bestreben nach einer Umlagerung hin zu den indirekten Steuern liegt die Auffassung zugrunde, dass die direkten Steuern leistungshemmend wirken. Die empirische Wirtschaftsforschung bejaht zwar einen negativen Zusammenhang zwischen hohen direkten Steuern und Arbeitsangebot. Hiefür ist nun aber nicht das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Steuern massgebend, sondern vielmehr die Einkommensbelastung als solche.

Einer der Haupteinwände der Initianten gegen die direkte Bundessteuer gipfelt in der Aussage, die Einkommensbelastung in der Schweiz sei mit 16 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) im europäischen Vergleich weit überdurchschnittlich hoch.

Demgegenüber zeigen die offiziellen OECD-Statistiken, dass die Steuern auf dem Einkommen der natürlichen Personen im Verhältnis zum BIP in der Schweiz im Jahre 1992 mit 11, l Prozent genau dem EU-Durchschnitt entsprechen und sogar unter dem OECD-Durchschnitt von 11,5 Prozent liegen. Bei Einbezug der Ertragsbesteuerung der juristischen Personen schneidet die Schweiz mit 13,1 Prozent gegenüber der OECD mit 14,0 Prozent und der EU mit 13,9 Prozent noch besser ab.

Sollte die Initiative angenommen werden, müsste der dem Bund verursachte Einnahmenausfall durch entsprechende Satzerhöhungen bei der Mehrwertsteuer vollständig ausgeglichen werden. Somit ist zu betonen, dass die Fiskalquote der Schweiz als Ausdruck der Gesamtsteuerbelastung im Falle einer Abschaffung der direkten Bundessteuer nicht sinken würde. Die Annahme der Initiative hätte auch keinen mildernden Einfluss auf die von Kanton zu Kanton teilweise erheblichen Steuerbelastungsunterschiede.

Es trifft zu, dass die Progression bei der direkten Bundessteuer steil verläuft. Dieser Umstand ist aber vorab darauf zurückzuführen, dass niedrigere Einkommen nicht oder nur sehr mild besteuert werden. Im übrigen ist der Höchstsatz der direkten Bundessteuer auf dem Einkommen (wie auch jener auf dem Ertrag und Kapital der juristischen Personen) in der Bundesverfassung verankert und nur mit Zustimmung von Volk und Ständen (obligatorisches Referendum) abänderbar. Zudem werden die Folgen der kalten Progression bei den natürlichen Personen periodisch vollständig ausgeglichen. Wenn in Zukunft
Steuererhöhungen unumgänglich werden, so sind diese schwergewichtig im Bereich der indirekten Steuern vorzunehmen.

Die Forderungen der Initiative nach einer allgemeinen Verbrauchssteuer (um die aus der Abschaffung der direkten Bundessteuer sich ergebenden Einnahmenausfälle so weit wie nötig zu kompensieren) und namentlich danach, die sog. taxe occulte zu eliminieren, sind mit der beschlossenen Einführung der Mehrwertsteuer bereits erfüllt.

Die massiven Umveiteilungswirkungen der Initiative gehören zu ihren einschneidendsten Merkmalen: Der stark progressive Steuertarif der direkten Bundessteuer würde bei deren Abschaffung dazu führen, dass die Bezüger hoher und höchster Einkommen überproportional von Steuerentlastungen profitieren könnten. Denn die zur Kompensation des durch Wegfall der direkten Bundessteuer entstehenden Ertragsausfalls nötige Erhöhung des Normalsatzes der Mehrwertsteuer von 6,5 auf mindestens 12 Prozent könnte eine ähnliche Verteilung der Steuerlasten nicht annähernd wiederherstellen. Vielmehr würde der Umbau zu einer starken Umverteilung von den juristischen Personen (Unternehmen) zu den natürlichen Personen und von den einkommensstarken zu den weniger einkommensstarken Haushalten führen.

Während höchstens jene 10 Prozent der Steuerpflichtigen mît den höchsten Einkom-

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men per Saldo von Steuerentlastungen profitieren kannten, würde die Annnahme der Initiative für die restlichen über 90 Prozent aller Steuerpflichtigen zu einer Erhöhung der Steuerlast führen. Eine derart starke Anhebung der Mehrwertsteuersätze würde auch deshalb notwendig, weil rund ein Drittel der Einnahmen der direkten Bundessteuer von den juristischen Personen aufgebracht werden und die Initiative die Kompensation der Steuerentlastungen zugunsten der juristischen Personen einseitig (und vollumfänglich) den Konsumentinnen und Konsumenten aufbürdet.

Somit wären die gesamten Steuerentlastungen der Haushalte mit Bruttoeinkommen über 100 000 Franken wie auch jene der juristischen Personen ausschliessHch von den Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen zu tragen.

Die Initiative ist auch unter dem Aspekt des Finanzausgleichs nicht unproblematisch. Mit dem Finanzausgleich wird meist (nur) der Kantonsanteil in Verbindung gebracht. Die Initiative will den Finanzausgleich «mindestens im heutigen Umfang aufrechterhalten». Es ist deshalb zu berücksichtigen, dass bei der direkten Bundessteuer der dem Bund verbleibende Ertragsanteil von 70 Prozent ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Finanzausgleichswirkung entfaltet. Aus der Sicht des Finanzausgleichs ergäben sich deshalb Probleme durch den von der Initiative anvisierten Ersatz des heutigen Bundesanteils an der direkten Bundessteuer von 70 Prozent durch die Satzerhöhung bei der Mehrwertsteuer, bei der sich der Steuereingang pro Kopf der Bevölkerung wesentlich gleichmässiger auf die einzelnen Kantone verteilen dürfte. Denn konkrete Alternativlösungen für einen neuen Finanzausgleich-liegen selbst auf dem Papier noch nicht vor und werden auch durch die Initiative in keiner Weise konkretisiert. Auch wenn dereinst im Rahmen einer grundlegenden Neuordnung des Finanzausgleichs Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, ist deren Umsetzung und Praxistauglichkeit noch nicht garantiert und wird grosse Anstrengungen erfordern. Demgegenüber hat sich nun aber der Finanzausgleich mit der direkten Bundessteuer über Jahrzehnte bewährt und wird in der in Ziffer 13 hievor genannten Finanzausgleichsexpertise als zweckmässig und ausbaufähig beurteilt. Mindestens so lange, als hinsichtlich des Finanzausgleichs eine praktikable Alternativlösung zu jener bei der direkten
Bundessteuer nicht vorliegt, muss auch aus dieser Sicht an der direkten Bundessteuer festgehalten werden.

Schon vor der Gesetzgebung über die Steuerharmonisierung übte die direkte Bundessteuer eine harmonisierende Wirkung auf die kantonalen direkten Steuern aus.

Zwar ist am I.Januar 1993 das Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung (StHG) in Kraft getreten. Die Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer geht nun aber viel stärker in die Einzelheiten als das StHG als Rahmengesetz. Mit dem Wegfall der direkten Bundessteuer entfiele diese notwendige Harmonisierungswirkung der Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer im Bereich der schweizerischen direkten Steuern. Die Erfüllung des Verfassungsauftrages zur Steuerharmonisierung würde dadurch gefährdet.

Das Problem, dass bei Zweiverdiener-Ehepaaren gegenüber Zweiverdiener-Konkubinatspaaren im Rahmen der direkten Bundessteuer zuweilen erhebliche Mehrbelastungen auftreten, ist dem Bundesrat bekannt. Er hat sich denn auch bereit erklärt, diese Frage zu prüfen und einer Lösung zuzuführen. Anders verhält es sich indessen hinsichtlich der Eigenmietwertbesteuerung bei der direkten Bundessteuer, wo ein Handlungsbedarf grundsätzlich verneint werden muss.

Zusammenfassend steht fest, dass die Nachteile der Initiative gegenüber allfälligen positiven Auswirkungen weit stärker ins Gewicht fallen. Ein Umbau des schweizerischen Steuersystems im Sinne der Initiative schiesst somit weit über das Ziel hinaus und ist deshalb abzulehnen.

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Bundesbeschluss über die Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer»

Entwurf

vom Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Prüfung der am 3. August 1993 eingereichten Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer»1J, '·* nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 2. November 19942), beschliesst: Art. l 'Die Volksinitiative «zur Abschaffung de)^direkten Bundessteuer» wird gültig erklärt und der Abstimmung des Volkes unterbreitet.

er 2 Die Volksinitiative lautet:

Die Bundesverfassung ist nach folgenden Grundsätzen abzuändern: 1. Spätestens für die auf-den 3I.Dezember 2002 folgenden Jahre wird die direkte Bundessteuer nicht mehr erhoben.

2. Die dem Bund erwachsenden Ertragsausfälle werden, soweit notwendig, durch eine in der Verfassung nach oben begrenzte allgemeine Verbrauchssteuer ausgeglichen.

3. Der bisher über die direkte Bundessteuer bewirkte interkantonale Finanzausgleich soll mindestens im heutigen Ausmass aufrechterhalten werden.

Art. 2

Die Bundesversammlung empfiehlt dem Volk, die Initiative zu verwerfen.

7284

'> BB1 1993 IV 272 > BB1 1995 I 428

2

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer» vom 2.

November 1994

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1995

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

94.095

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.02.1995

Date Data Seite

428-467

Page Pagina Ref. No

10 053 336

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Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

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