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Botschaft betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit

vom 18. Oktober 1995

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit mit dem Antrag auf Genehmigung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Oktober 1995

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Villiger Der Bundeskanzler: Couchepin

1995-696

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Übersicht Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im April 1986 wurden im Rahmen der internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) in Wien das Übereinkommen aber die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen (SR 0.732.321. l) und das Übereinkommen über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen (SR 0.732.321.2) erarbeitet. Die Schweiz hat beide Übereinkommen am 26. September Ì986 unterzeichnet und am 3. März Ì9S8 ratifiziert, 1992 setzte die IAEO eine Expertengruppe ein mit dem Auftrag, ein internationales Übereinkommen über nukleare Sicherheit vorzubereiten. Der Entwurf des Übereinkommens lag im Juni 1994 vor und wurde im Rahmen einer diplomatischen Konferenz in Wien von Vertretern aus 84 Staaten gutgeheissen. Bis Ende August 1995 wurde das Übereinkommen von 59 Staaten unterzeichnet und von acht Staaten ratifiziert. Am 18. Oktober 1995 hat der Bundesrat die Unterzeichnung des Übereinkommens beschlossen.

Das Übereinkommen basiert auf den von der IAEO geschaffenen und weitgehend anerkannten grundlegenden Sicherheitsprinzipien für Kernanlagen, den sog.

Safety Fundamentals. Es verlangt von den Vertragsparteien nicht die Anwendung konkreter Sicherheitsnormen, sondern die Beachtung grundsätzlicher Sicherheitsregeln.

Das Übereinkommen gilt nur für zivile Kernkraftwerke; es erwies sich als unmöglich, militärische Kernanlagen in das Übereinkommen einzubeziehen. Die Anforderungen an die Sicherheit von Lagern für radioaktive Abfälle werden in einem besonderen Übereinkommen geregelt; die IAEO hat entsprechende Vorarbeiten aufgenommen. Auf den Einbezug anderer Kernanlagen (z. B. Anreicherungs- und Wiederaufarbeitungsanlagen, Forschungsreaktoren) in das Übereinkommen musste verzichtet werden, da noch keine international anerkannten Sicherheitsregeln bestehen.

Zur Überprüfung, ob die Vertragsparteien das Übereinkommen einhalten, soll mindestens alle drei Jahre eine Tagung einberufen werden. Im Hinblick auf diese Überprüfungstagungen muss jede Vertragspartei einen Bericht erstellen, in welchem sie darlegt, wie das Übereinkommen in ihrem Hoheitsgebiet umgesetzt wird.

An den Tagungen werden die Berichte der Vertragsparteien geprüft und diskutiert; -die Schlussfolgerungen der Überprüfung werden veröffentlicht. Der gegenseitige Informations- und Erfahrungsaustausch
sowie die Publikation der Ergebnisse der Überprüfung führen längerfristig zu einer Angleichung der Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke und damit zu einer Verbesserung der nuklearen Sicherheit.

Vor dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit bestanden keine völkerrechtlich verbindlichen Sicherheitsstandards für zivile Kernkraftwerke. Das vorliegende Übereinkommen stellt daher einen bedeutenden Fortschritt im Hinblick auf die Kodifizierung der allgemeinen Sicherheitsgrundsätze der IAEO dar. Insbesondere soll damit erreicht werden, dass die Kernkraftwerke der mittel- und osteuropäischen sowie der neuen unabhängigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion sicherheitstechnisch verbessert oder wenn nötig stillgelegt werden. Selbst wenn das Übereinkommen lediglich allgemeine Grundsätze enthält, stellt es doch einen

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wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Festlegung-und Vereinheitlichung zwingender materieller Bestimmungen im Bereich der nuklearen Sicherheit dar.

Die Schweiz verfügt über die erforderlichen gesetzlichen Regelungen und verwaltungsmässigen Strukturen, die zur Umsetzung des Übereinkommens und zur Einhaltung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen nötig sind.

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Botschaft I II

Allgemeiner Teil Ausgangslage

Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im April 1986 hatte Folgen weit über die Grenzen der damaligen Sowjetunion hinaus. Die grenzüberschreitenden Schaden machten unter anderem deutlich, dass internationale Vorschriften fehlen, die eine rasche Weiterleitung von Informationen über einen Schadenfall sowie über die Organisation der Hilfeleistungen bei derartigen Unfällen ermöglichen. Insbesondere zeigte diese Katastrophe auch, dass e;ne Kodifizierung der grundlegenden Prinzipien der nuklearen Sicherheit auf internationaler Ebene nötig ist. Diese Prinzipien waren vom Betreiber des Kernkraftwerks Tschernobyl missachtet worden.

Auf Anregung und unter -Federführung der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) konnten diese Lücken schrittweise geschlossen werden. In Rekordzeit wurden das Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen sowie das Übereinkommen über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen erarbeitet. Beide Übereinkommen wurden von der Schweiz am 26. September 1986 unterzeichnet und am 3. März 1988 ratifiziert.

Aufgrund des Beschlusses des Gouverneurrats vom Februar 1992 setzte die IAEO eine Expertengruppe ein mit dem Auftrag, ein internationales Übereinkommen über nukleare Sicherheit vorzubereiten. Nach Abschluss der Arbeiten legte die Expertengruppe einen Entwurf vor, der im Juni 1994 im Rahmen einer diplomatischen Konferenz in Wien von Vertretern aus 84 Staaten gutgeheissen wurde. Am 20. September 1994 wurde das Übereinkommen anlässlich der 38. ordentlichen Generalversammlung der IAEO zur Unterschrift aufgelegt. Bis Ende August 1995 wurde das Übereinkommen von 59 Staaten unterzeichnet und von acht Staaten ratifiziert. Am 18. Oktober 1995 hat der Bundesrat beschlossen, das Übereinkommen zu unterzeichnen.

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Verhandlungsverlauf

Im Verlaufe der Vorbereitungssitzung zeigten alle Delegationen von Anfang an den Willen, möglichst rasch zu einem für alle Staaten akzeptablen Übereinkommen zu gelangen, unabhängig davon, ob ein Land über Kernanlagen verfügt oder nicht.

Den Fachleuten boten sich dabei zwei Möglichkeiten; die Schaffung eines einzigen, umfassenden Übereinkommens, allenfalls mit einer beschränkten Zahl von Anhängen, oder die Erarbeitung eines allgemein gehaltenen Rahmenübereinkommens mit späterer Ergänzung durch technische Anhänge, welche die beteiligten Staaten ratifizieren können oder nicht. An ihrer ersten Sitzung legten sich die Fachleute nicht auf eine der beiden Varianten fest. Vielmehr kristallisierte sich die Struktur eines einzigen Übereinkommens ohne Anhänge erst im Verlaufe der weiteren Sitzungen heraus.

Das Prinzip eines Übereinkommens mit verbindlichem Charakter fand rasche Zustimmung. Lebhafte Diskussionen entstanden dort, wo es um die Frage des Detaillierungsgrades der einzelnen Artikel ging. Es galt, zwischen sehr detaillierten technischen Vorschriften einerseits und anerkannten allgemeinen Grundsätzen andererseits zu entscheiden. Schliesslich gab die Expertengruppe der zweiten Variante

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den Vorzug. Diese vermeidet starre Vorschriften in einem Bereich, der sich ständig weiterentwickelt, bietet Raum für neue Konzepte und Verfahren im Bereich der nuklearen Sicherheit und gewährt der Industrie und den Betreibern von Kernkraftwerken sowie den nationalen Sicherheitsbehörden einen gewissen Handlungsspielraum.

Unbestritten war die Notwendigkeit, einen Mechanismus für die Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens festzulegen; Zweck, Ausmass und Ablauf dieser Überwachung waren aber umstritten. Es zeigte sich schnell, dass ein grosser Teil der Fachleute eine supranationale Überwachungsbehörde für Kernanlagen ablehnt.

Trotz des Vorbehaltes einzelner Delegationen entschied die Expertengruppe schliesslich, die Einhaltung des Übereinkommens mittels periodisch stattfindender Tagungen zu überprüfen. Im Hinblick auf diese Tagungen muss jede Vertragspartei einen Bericht erstellen, in welchem sie darlegt, wie das Übereinkommen in ihrem Hoheitsgebiet umgesetzt wird. An den Tagungen werden die Berichte der Vertragsparteien geprüft und diskutiert; die Schlussfolgerungen der Überprüfung werden veröffentlicht. Der gegenseitige Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Publikation der Ergebnisse der Überprüfung führen längerfristig zu einer Angleichung der Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke und damit zu einer Verbesserung der nuklearen Sicherheit.

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Würdigung

Das Übereinkommen über nukleare Sicherheit bildet zusammen mit dem Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen und dem Übereinkommen über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen sowie mit dem geplanten Übereinkommen über die Sicherheit von Lagern für radioaktive Abfälle ein Paket völkerrechtlicher Verträge, wie es von den meisten lAEO-Mitgliedstaaten nach der Katastrophe von Tschernobyl für nötig erachtet wurde. Dazu kommt das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die zivilrechtliche Haftung bei Nuklearschäden. Die seit 1990 hängige Revision dieses Übereinkommens konnte jedoch bis heute nicht abgeschlossen werden. Hauptschwierigkeiten sind die Festlegung einer minimalen Haftungssumme und die Ergänzung der primären Haftpflicht des Betreibers durch eine ergänzende Staatshaftung, Das Übereinkommen über nukleare Sicherheit basiert auf den von der IAEO geschaffenen und weitgehend anerkannten grundlegenden Sicherheitsprinzipien für Kernanlagen, den sog. Safety Fundamentals. Es verlangt von den Vertragsparteien nicht die Anwendung konkreter Sicherheitsnormen, sondern die Beachtung grundsätzlicher Sicherheitsregeln, die in den Artikeln 7-19 des Übereinkommens konkretisiert werden und von den Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Nutzung der Kernenergie zusammengefasst folgendes verlangen:

- Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug; - geeignete und unabhängige staatliche Stellen; - primäre Verantwortung des Bewilligungsinhabers für die Sicherheit; - Vorrang der Sicherheit und Berücksichtigung menschlicher Faktoren beim Betrieb der Kernkraftwerke; - Qualitätssicherungsmassnahmen und systematische Sicherheitsbeurteilung bei Bau, Inbetriebnahme und Betrieb von Kernkraftwerken; - Beachtung strahlenschützerischer Grundsätze; - Vorbereitung von Notfallplänen;

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- Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit bei Standortwahl, Auslegung, Bau und Betrieb von Kernkraftwerken.

Die Gliederung des Übereinkommens entspricht jener zahlreicher internationaler Übereinkommen. Nach der Präambel folgt das erste Kapitel mit den Zielen, den Begriffsbestimmungen sowie dem Anwendungsbereich (Art. 1-3). In Kapitel 2 werden die Verpflichtungen der Vertragsparteien formuliert (Art. 4-19); dieses Kapitel bildet das Kernstück des Übereinkommens. Das Kapitel 3 regelt das Verfahren zur Überprüfung der nationalen Berichte im Rahmen der periodisch stattfindenden Überprüfungstagungen der Vertragsparteien (Art. 20-28). Kapitel 4 schliesslich enthält die Schlussklauseln und sonstigen Bestimmungen (Art. 29-35).

Die Schweiz verfügt über die erforderlichen gesetzlichen Regelungen und verwaltungsmässigen Strukturen, die zur Umsetzung des Übereinkommens und zur Einhaltung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen nötig sind.

Vor dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit bestanden keine völkerrechtlich verbindlichen Sicherheitsstandards für zivile Kernkraftwerke. Das vorliegende Übereinkommen stellt daher einen bedeutenden Fortschritt im Hinblick auf die Kodifizierung allgemeiner Sicherheitsgrundsätze dar. Selbst wenn das Übereinkommen lediglich allgemeine Grundsätze enthält, stellt es doch einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Festlegung und Vereinheitlichung zwingender materieller Bestimmungen im Bereich der nuklearen Sicherheit dar.

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Besonderer Teil Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen

Präambel In Form allgemeiner Erklärungen enthält die Präambel die Beweggründe, die zum Übereinkommen geführt haben, sowie weitere Feststellungen, welche für die Auslegung der materiellen Bestimmungen wichtig sein können. Zunächst werden die Grundsätze aufgezählt, von denen sich die Verfasser des Übereinkommens bei ihren Arbeiten leiten Hessen, nämlich der sichere, gesetzlich geregelte und umweltverträgliche Einsatz der Kernenergie. Die Präambel ruft die Notwendigkeit in Erinnerung, weltweit einen hohen Stand an nuklearer Sicherheit zu fördern, und bekräftigt gleichzeitig die Hoheit jedes Staates über alle Kernanlagen, die sich auf seinem Gebiet befinden. .

Die Vertragsparteien unterstreichen den Willen, im Bewusstsein der möglicherweise grenzüberschreitenden Auswirkungen von Unfällen in Kernanlagen eine wirksame Sicherheitskultur zu fördern. Sie betonen die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit zur Verbesserung der Sicherheit im nuklearen Bereich durch die Nutzung bestehender bilateraler und multilateraler Vereinbarungen und durch die Erarbeitung des vorliegenden Übereinkommens.

Allgemeine, grundlegende Sicherheitsprinzipien werden gegenüber detaillierten Sicherheitsnormen bevorzugt. Die Vertragsparteien erinnern daran, dass es im Rahmen der ÏAEO international definierte Sicherheitsrichtlinien gibt, die regelmässig auf den neuesten Stand gebracht werden. Diese enthalten die nötigen Hinweise, wie ein hohes Sicherheitsniveau erreicht werden kann. Die Vertragsparteien bekräftigen zudem ihren Willen, rasch an die Arbeit zu einem Übereinkommen über die sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle zu gehen.

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Artikel i Ziele Artikel l nennt drei Ziele. Das erste Ziel ist die Erreichung und Beibehaltung eines hohen Standes an nuklearer Sicherheit. Dieses soll durch eine Verstärkung nationaler Massnahmen und internationaler Zusammenarbeit erreicht werden. Es wurde darauf verzichtet, näher zu umschreiben, was unter einem «hohen Stand an nuklearer Sicherheit» zu verstehen ist. Nach Ansicht einzelner Staaten wäre eine solche Definition zu subjektiv ausgefallen. Das Übereinkommen hütet sich auch davor, die im Rahmen der IAEO bestehenden Sicherheitsstandards ausdrücklich zu erwähnen.

Das zweite Ziel betrifft den Schutz vor Strahlenschäden. Damit sollen Mensch, Gesellschaft und Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen ionisierender Strahlen aus Kernanlagen geschützt werden. Auch hier wurde bewusst auf einen Verweis auf bestimmte Normen verzichtet.

Das dritte Ziel des Übereinkommens besteht darin, Unfälle mit Austritt radioaktiver Substanzen zu verhüten bzw. allfallige Folgen von derartigen Unfällen zu mildern.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen Artikel 2 enthält drei Definitionen. Die erste betrifft den Begriff «Kernanlage» und beschränkt das Übereinkommen auf zivile Kernkraftwerke im Hoheitsbereich einer Vertragspartei. Die Anlage umfasst den Reaktor sowie Lagerungs-, Handhabungsund Bearbeitungseinrichtungen für radioaktives Material, die sich an demselben Ort befinden und direkt mit dem Betrieb des Kernkraftwerks zusammenhängen.

Ein Kernkraftwerk gilt nicht mehr als Kernanlage, wenn alle Brennelemente definitiv aus dem Reaktorkern entfernt und gemäss genehmigtem Verfahren sicher gelagert wurden und die zuständige staatliche Stelle einem Stillegungsprogramm zugestimmt hat.

Um innert vernünftiger Frist zum Abschluss der Verhandlungen zu kommen, musste auf den Einbezug anderer Kernanlagen des Kernbrennstoffkreislaufes (z. B.

Anreicherungs- und Wiederaufbereitungsanlagen, Forschungsreaktoren), für welche noch keine international anerkannten Sicherheitsregeln existieren, verzichtet werden. Die Anforderungen an die Sicherheit von Lagern für radioaktive Abfälle werden in einem besonderen Übereinkommen geregelt; die Vorarbeiten dazu wurden von der IAEO aufgenommen. Bezüglich des Einbezuges der militärischen Kernanlagen konnte kein Konsens erreicht werden.

In der Schweiz findet das vorliegende Übereinkommen Anwendung
auf die Kernkraftwerke Beznau I und II, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt. Die Forschungsanlagen des Paul Scherrer Institutes (PSI), der Universität Basel und der ETH Lausanne sowie künftige Zwischen- und Endlager für radioaktive Abfalle sind davon nicht betroffen.

In der zweiten Definition geht es um die «staatliche Stelle». Hierbei kann es sich für jede Vertragspartei um eine oder mehrere Stellen handeln, welche die Kompetenz haben, atomrechtliche Bewilligungen zu erteilen. In der Schweiz ist dies in erster Linie der Bundesrat, der die Rahmenbewilligung und die Bewilligung zum Bau, Betrieb sowie zur Stillegung einer Kernanlage erteilt; die Bundesversammlung muss die vom Bundesrat erteilten Rahmenbewilligungen genehmigen. Die Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) verfasst zuhanden der Bewilligungsbehörden die sicherheitstechnischen Gutachten, erteilt im Rahmen der

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atomrechtlichen Bewilligungen die für einen kontrollierten Bau und Betrieb erforderlichen Freigaben und übt die Aufsicht über Bau und Betrieb aus.

Die dritte Definition schliesslich betrifft den Begriff «Genehmigung». Er umfasst jede einer Gesuchstell eri n oder einem Gesuchsteller von der staatlichen Stelle erteilte atomrechtliche Bewilligung.

Artikel 3 Anwendungsbereich Gegenstand des Übereinkommens ist die Sicherheit von Kernanlagen.

Artikel 4 Durchführungsmassnahmen Dieser Artikel legt fest, dass jede Vertragspartei die zur Umsetzung des Übereinkommens erforderlichen gesetzgeberischen Massnahmen und verwaltungsmäßigen Strukturen einrichten muss. Wir verweisen diesbezüglich auf die Bemerkungen zu Artikel 7.

Artikel 5 Berichterstattung Diesem Artikel kommt zentrale Bedeutung zu, legt er doch ein besonderes Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der von den Vertragsparteien eingegangenen Verpflichtungen fest.

Jede Vertragspartei legt in einem Bericht zuhanden der dafür vorgesehenen Überprüfungstagungen den übrigen Vertragsparteien die Massnahmen dar, welche sie zur Erfüllung der einzelnen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen ergriffen hat. Die nationalen Berichte werden an den Überprüfungstagungen diskutiert. Wie häufig diese Tagungen einberufen werden und wie die nationalen Berichte formell und inhaltlich zu gestalten sind, wird an einer Vorbereitungstagung festgelegt, die spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Übereinkommens einberufen werden muss (vgl. Art. 21). Es wird die Aufgabe der HSK sein, diese Berichte vorzubereiten und sie an den Überprüfungstagungen den andern Vertragsparteien zu erläutern.

Artikel 6 Vorhandene Kernanlagen Jede Vertragspartei ist dafür besorgt, dass die bestehenden Kernkraftwerke baldmöglichst sicherheitstechnisch überprüft und wenn nötig nachgerüstet werden.

Wenn eine Verbesserung der Sicherheit nicht erreicht werden kann, muss die Anlage - sobald als möglich - abgeschaltet werden. Bei der Festlegung des Zeitpunktes der Abschaltung können jedoch Faktoren wie die energiewirtschaftliche Situation, mögliche Alternativen sowie soziale, wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen berücksichtigt werden.

Mit Artikel 6 soll insbesondere erreicht werden, dass die Kernkraftwerke der mitte]- und osteuropäischen sowie der neuen unabhängigen Staaten der früheren Sowjetunion sicherheitstechnisch verbessert oder stillgelegt werden. Aber auch ältere Anlagen westlichen Standards sind hier anvisiert.

Diese Bestimmung stellt einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem bestehenden Völkergewohnheitsrecht dar. Sie auferlegt den Vertragsstaaten nicht nur Unterlassungs-, sondern Handlungspflichten: Sie müssen feststellen, ob ihre Kernkraftwerke sicher sind, und sie wenn nötig durch Nachrüstung oder
Stillegung sicherer machen. Artikel 6 Satz l bedeutet nicht, dass in jedem Fall eine neue sicherheitstechnische Überprüfung vorzunehmen ist; eine vor kurzem abgeschlossene, aber noch aktuelle Überprüfung genügt den Anforderungen dieser Bestimmung. Für die

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Schweiz ergibt sich aus Artikel 6 kein zusätzlicher Handlungsbedarf. Die älteren KKW Mühleberg und Beznau I und II wurden in den vergangenen Jahren weitgehend nachgerüstet und von der HSK und der Eidg. Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA) überprüft. Im Rahmen der Begutachtung eines Antrages zur Leistungserhöhung wird zur Zeit eine auf dieses Gesuch ausgerichtete, umfassende Überprüfung des KKW Leibstadt durchgeführt. Die erste periodische sicherheitstechnische Überprüfung des KKW Gösgen ist angelaufen. Damit erfüllt die Schweiz Artikel 6 des Übereinkommens.

Artikel 7 Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug .

Nach-Artikel 7 Absatz l schafft jede Vertragspartei den erforderlichen Rahmen, der in Absatz 2 näher umschrieben ist.

Das schweizerische Recht enthält im Atomgesetz vom 23. Dezember 1959 (SR 732.0), im Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1978 zum Atomgesetz (SR 732.01} und im Strahlenschutzgesetz vom 22. März 1991 (SR 814.50) grundlegende gesetzliche Vorschriften über die Bewilligungen und für die Aufsicht über Kernkraftwerke. Artikel 7 des Übereinkommens bedeutet nicht, dass die verschiedenen materiellen Sicherheitsanforderungen in einem formellen Gesetz festgelegt sein müssen.

Das Übereinkommen geht davon aus, dass die Unterschiede in den Rechtssystemen und in der Praxis der einzelnen Staaten zu unterschiedlichen Regelungsmethoden betreffend die nukleare Sicherheit führen können und dürfen. Wie bisher können deshalb die sicherheitstechnischen Anforderungen an Kernkraftwerke in technischen Regelwerken (Richtlinien) festgelegt werden, Der in Artikel? erwähnte gesetzgeberische Rahmen besteht in der Schweiz aus der Rahmenbewilligung sowie der Bewilligungspfficht für Bau, Betrieb und Änderung von Kernanlagen.

Die HSK als zuständige Aufsichtsbehörde führt während der Bewilligungsverfahren und nachher während des Betriebs Inspektionen durch und kontrolliert so die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der in den Bewilligungen festgelegten Auflagen und Bedingungen. Damit wird Artikel 7 des Übereinkommens erfüllt.

Artikel 8 Staatliche Stelle * Artikel 8 Absatz l verlangt, dass jede Vertragspartei eine geeignete staatliche Stelle hat, die mit der Durchführung der in Artikel 7 vorgesehenen Massnahmen betraut ist. Absatz 2 soll eine wirksame Trennung der Aufgaben dieser staatlichen
Steile von den Aufgaben anderer Stellen gewährleisten, denen die Förderung und Nutzung der Kernenergie obliegt.

Nach der Verordnung vom 14. März 1983 betreffend die Aufsicht über Kernanlagen (SR 732.22) ist die HSK die zuständige Aufsichtsbehörde für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz; sie hat die Kompetenz, Verfügungen zu erlassen. Die HSK prüft die atomrechtlichen Bewilligungsgesuche und fasst die Ergebnisse in Gutachten zuhanden der Bewilligungsbehörde zusammen. Die Gesuche und die HSK-Gutachten werden zudem der Eidg. Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA) zur Stellungnahme unterbreitet. Die Organisation und der Personalbestand der HSK wurde in den vergangenen Jahren mehrmals den gestiegenen Anforderungen und den sich ändernden Aufgaben angepasst. Eine weitere Erhöhung des Personalbestandes ist vorgesehen; diesbezüglich ist auf das Postulat 95.3085 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 25. Februar 1995 hinzuweisen, zu dessen Entgegennahme sich der Bundesrat am 3. Mai 1995 bereit erklärt hat.

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Absatz 2 richtet sich in erster Linie an Vertragsparteien mit staatlicher Kernenergiewirtschaft und bezweckt eine wirksame Trennung der Zuständigkeiten der Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden einerseits und des Betreibers andererseits. Diese Bestimmung verlangt aber auch verwaltungsintern eine Trennung der Zuständigkeiten der Sicherheitsbehörden und der anderen, mit der Nutzung der Kernenergie befassten Stellen. Die HSK ist Teil des BEW, arbeitet aber in allen sicherheitstechnischen Belangen vollständig unabhängig von BEW und EVED. Die administrative Unterstellung unter das BEW tangiert in keiner Weise die fachliche Unabhängigkeit der HSK. Die Stellung der HSK innerhalb des EVED wurde im Rahmen des Berichtes der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 14. November 1980 betreffend die Sicherheit der Kernkraftwerke geprüft. Die GPK stellte-dabei fest, dass ein Konflikt zwischen den Sicherheitsanforderungen der Kontrollbehörden und den Aufgaben des BEW bisher nie aufgetreten ist, dass aber unter Umständen eine andere organisatorische Stellung der HSK im gleichen oder in einem anderen Departement gesucht werden müsste, falls die Bundesverfassung (BV, SR 101} dem Bund Verantwortungen im Bereich der Energieversorgung übertragen sollte.

Der am 23. September 1990 in Kraft getretene Artikel 24;*liM BV enthält keine entsprechende Kompetenzen, so dass sich organisatorische Änderungen bezüglich der HSK nicht unmittelbar aufdrängen. Auch die im Rahmen des Programms Energie 2000 vorgesehene Leistungserhöhung der bestehenden Kernkraftwerke ändert daran nichts. Die nach dem Atomgesetz erforderliche Beurteilung durch HSK und KSA stützt sich einzig und allein auf sicherheitstechnische Kriterien und Überlegungen. Eine andere Unterstellung der HSK ist jedoch im Rahmen der Regierungsreform bzw. bei einer Neugliederung der Departemente zu prüfen. Die organisatorischen und personellen Vorkehren genügen Artikel 8 des Übereinkommens.

Artikel 9 Verantwortung des Genehmigungsinhabers Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass die Verantwortung für die Sicherheit einer Kernanlage in erster Linie beim Bewilligungsinhaber liegt.

Artikel 9 ist keine haftpflichtrechtliche Vorschrift; Gegenstand dieser Bestimmung ist die Verantwortung für einen sicheren Betrieb der Kernkraftwerke und nicht die
Haftung für Schäden bei Unfällen.

Artikel 24iuiniuics BV und das Atomgesetz gehen vom Grundsatz aus, dass die Nutzung der Kernenergie zwar Sache der Wirtschaft ist, aber einer strengen, von den Bundesbehörden uiwahrgenommenen sicherheitstechnischen Aufsicht unterliegt (Botschaft zu Art. 24i "4<'ï« BV, BEI 1957 I 1157). Ohne dass es im Atomgesetz ausdrücklich festgelegt ist, liegt die Verantwortung für einen sicheren Betrieb in erster Linie beim Inhaber der atomrechtlichen Betriebsbewilligung. Die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass dieser den gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt und die in den Bewilligungen festgelegten Bedingungen und Auflagen einhält. Damit wird Artikel 9 des Übereinkommens Rechnung getragen.

Artikel 70 Vorrang der Sicherheit

Nach Artikel 10 stellt jede Vertragspartei sicher, dass alle mit der Nutzung der Kernenergie beschäftigten Stellen in Leitlinien der Sicherheit nuklearer Anlagen die gebotene Priorität einräumen.

Diese Bestimmung gilt für die Aufsichtsbehörden und die Betreiber von Kernkraftwerken. Materiell drängt sich hier ein Hinweis auf den nach mühsamen Verhandlungen als Kompromiss gewählten Begriff «gebotene Priorität» auf. Darin kommt

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zum Ausdruck, dass es bei einer Gesamtschau aller ins Gewicht fallenden Gesichtspunkte im Einzelfall gerechtfertigt sein kann, anderen Aspekten höchste Priorität zu geben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass für die Schweiz die Sicherheit der Kernkraftwerke an erster Stelle steht. Dies ist für die Sicherheits- und für die Bewilligungsbehörden selbstverständlich, ergibt sich aus den anzuwendenden Gesetzen und Verordnungen und wird konkretisiert in den von den Sicherheitsbehörden erlassenen Richtlinien. Aber auch die Betreiber haben höchstes Interesse an einem sicheren und störungsfreien Betrieb, denn nur so ist der Betrieb dieser Anlagen auch in Zukunft gewährleistet. Der Vorrang der Sicherheit vor anderen Aspekten ergibt sich unter anderem aus dem von jedem Betreiber für seine Anlage erstellten und von der HSK genehmigten Kernkraftwerksreglement sowie aus weiteren Dokumenten (z.B. technische Spezifikationen). Damit erfüllt die Schweiz Artikel 10 des Übereinkommens.

Artikel U Finanzmittel und Personal Nach Artikel 11 stellt jede Vertragspartei sicher, dass angemessene finanzielle Mittel sowie ein ausreichender Bestand an qualifiziertem Personal zur Verfügung stehen, um die Sicherheit der Kernkraftwerke während ihrer Lebensdauer zu erhalten.

Zu Absatz l (Sicherstellung der finanziellen Mittel); Die Aufwendungen des Bundes für die sicherheitstechnische Aufsicht über die Kernkraftwerke werden den Kernkraftwerkbetreibern mittels Gebühren voll verrechnet. Mit Ausnahme des Fonds zur Sicherstellung der Kosten für die Stillegung und einen allfälligen Abbruch von Kernanlagen (Stillegungsfonds, Art. 11 Bundesbeschluss zum Atomgesetz) gibt es keine besondere atomrechtliche Vorschrift, die von den Kernkraftwerkbetreibern verlangt, die für die Aufrechterhaltung der Sicherheit erforderlichen finanziellen Mittel sicherzustellen. Die Betreiber haben bis anhin die von den Sicherheitsbehörden verlangten, teilweise sehr aufwendigen Nachrüstmassnahmen (z. B. Notstandsysteme, gefilterte Containmentdruckentlastung) stets realisiert.

Könnten notwendige und von den Sicherheitsbehörden geforderte Nachrüstungen aus irgendwelchen Gründen nicht vorgenommen werden, droht der Entzug der atomrechtlichen Bewilligung (Art. 9 Abs. 2 Atomgesetz). Daran haben die betroffenen Bewilligungsinhaber kein Interesse.

Zu Absatz 2
(Sicherstellung der personellen Mittel): Bezüglich des Kernkraftwerkpersonals ist auf Artikel 5 Absatz 2 des Atomgesetzes hinzuweisen, wonach die Erteilung einer atomrechtlichen Bewilligung voraussetzt, dass die für die Leitung und Beaufsichtigung der Anlage verantwortlichen Personen die erforderlichen Fachkenntnisse besitzen. Sollte diese Voraussetzung einmal nicht erfüllt sein, kann die Bewilligung widerrufen werden (Art. 9 Abs. 2 Atomgesetz). Die HSK hat die Anforderungen an Organisation und Personal von Kernkraftwerken in Richtlinie R-17 festgelegt. Die Ausbildung und Prüfung des Strahlenschutzpersonals ist in Richtlinie R-37 geregelt. Zur Gewährleistung der erforderlichen Aus- und Weiterbildung betreibt das PSI eine Reaktorschule und eine Strahlenschutzschule. Forderungen der HSK nach Erhöhung des Personalbestandes haben die KKW-Betreiber jeweils entsprochen. Entsprechend den gestiegenen Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit wurde der Personalbestand der HSK in den vergangenen Jahren sukzessive von 35 im Jahr 1979 auf 77 im Jahr 1995 erhöht und die Organisation der HSK den neuen Bedürfnissen angepasst: dies wird auch in Zukunft der Fall sein.

Damit erfüllt die Schweiz Artikel 11 des Übereinkommens.

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Artikel 12 Menschliche Faktoren Nach Artikel 12 stellt jede Vertragspartei durch geeignete Massnahmen sicher, dass die Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Handelns in Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kernkraftwerkes berücksichtigt werden.

Bei dieser Bestimmung geht es um mehr als die personenbezogenen Bewilligungsvoraussetzungen nach Artikels Absatz2 des Atomgesetzes. Es geht darum, in den Kernkraftwerken Arbeitsbedingungen zu schaffen, die ein gutes Zusammenwirken Mensch-Technik ermöglichen und menschlichen Fehlhandlungen entgegenwirken.

Die schweizerischen Betreiber haben Reaktortypen gewählt, die inhärente Sicherheitseigenschaften aufweisen und dank Automatisierung den Operateur oder die Operateurin nicht zu raschen Entscheidungen zwingen; einzelne Bedienungsfehler würden die Anlage nicht gefährden. Das verantwortliche Personal im Kommandoraum wird durch die HSK lizenziert und erfahrene Ingenieure und Ingenieurinnen sind stets innert kürzester Frist erreichbar. Weitere Grundlagen sind ein sicherheitsbewusstes Arbeitsklima und eine kritische Einstellung des Personals gegenüber der Technik. Umfassende Aus- und Weiterbildung, offene Information und Kommunikation sowie eine geeignete Arbeitsplatzgestaltung sind wesentliche Voraussetzungen für ein sicherheitstechnisch optimales Verhalten der KKW-Angestellten. Für die Kernkraftwerkbetreiber und die Sicherheitsbehörden haben diese Aspekte einen hohen Stellenwert. Zur Bearbeitung der damit zusammenhängenden Fragen wurde in der HSK vor einigen Jahren die Sektion Personal und Organisation geschaffen.

In der KSA beschäftigt sich vor allem der Ausschuss Personal und Organisation mit dieser Problematik, was beispielsweise zu einer umfassenden Behandlung dieser Themen in der KSA-Stellungnahme 15/147 vom April 1994 zum Kernkraftwerk Beznau II führte. 1994 hat die KSA insbesondere für die Kader der schweizerischen Kernkraftwerkbetreiber mit internationaler Beteiligung das Seminar «Sicherheitskultur im Kernkraftwerk» durchgeführt; sie bereitet inzwischen eine Nachfolgeaktion vor. Die Schweiz beteiligt sich am internationalen Halden-Forschungsprojekt, das u, a. Fragen des Zusammenwirkens Mensch-Maschine behandelt. Die Sicherheitsbehörden werden dieser Thematik auch weiterhin die nötige Beachtung schenken und damit Artikel 12 des Übereinkommens Rechnung tragen.
Artikel 13 Qualitätssicherung Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass für alle für die nukleare Sicherheit bedeutsamen Aktivitäten Qualitätssicherungsprogramme eingeführt und angewendet werden.

Die Grundsätze der Qualitätssicherung wurden in den schweizerischen KKW seit jeher berücksichtigt. Dies kann u. a. aus der geringen Anzahl sicherheitsrelevanter Ereignisse und der hohen Verfügbarkeit der Anlagen abgeleitet werden. In neuerer Zeit werden wie in Fabrikationsbetrieben auch in den KKW formale Qualitätssicherungsprogramme eingeführt. Diese Entwicklung hat in der Schweiz begonnen, ist aber noch nicht voll realisiert. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens werden alle schweizerischen KKW-Betreiber zur Einführung solcher Programme verpflichtet.

Artikel 14 Bewertung und Nachprüfung der Sicherheit Jede Vertragspartei stellt sicher, dass vor Bau und Inbetriebnahme sowie während der Lebensdauer eines Kernkraftwerkes systematische Sicherheitsbewertungen sowie Nachprüfungen mittels Analysen, Überwachungen, Tests und Inspektionen durchgeführt werden, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.

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Nach Artikel 7 Absatz l des Atomgesetzes muss jedes Gesuch um Erteilung einer atomrechtlichen Bewilligung von einem ausführlichen technischen Bericht (Sicherheitsbericht} begleitet sein. Dieser Sicherheitsbericht wird von der HSK eingehend geprüft und das Ergebnis der Überprüfung in einem Gutachten festgehalten. Die KSA nimmt zu den Gesuchsunterlagen und zum Gutachten der HSK Stellung. Die HSK verlangt von den Kernkraftwerkbetreibern, die Sicherheitsberichte jährlich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und wenn nötig zu revidieren. Ebenso ist beabsichtigt, die probabilistischen Sicherheitsanalysen unter Berücksichtigung der Betriebserfahrungen dem aktuellen Anlagenzustand und den neuen Entwicklungen in der PSA-Methodik periodisch anzupassen. Der internationalen Entwicklung folgend verlangt die HSK zudem neuerdings periodische, d. h. etwa alle zehn Jahre durchzuführende systematische Sicherheitsüberprüfungen. Dazu müssen die Betreiber einen umfassenden' Bericht über die Sicherheit ihrer Anlage vorlegen. In diesem Bericht ist unter anderem auf die Betriebserfahrung, besondere Vorkommnisse in der eigenen und in ähnlichen Anlagen, durchgeführte Änderungen und den Alterungszustand einzugehen sowie ein Vergleich mit dem aktuellen Stand der Technik vorzunehmen. Mit diesen Massnahmen erfüllt die Schweiz die Verpflichtungen aus Artikel 14 des Übereinkommens.

Artikel 15 Strahlenschutz Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass die von einer Kernanlage ausgehende Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Öffentlichkeit so gering wie vernünftigerweise möglich (ALARA-Prinzip) gehalten wird und dass die national vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden.

Am I.Oktober 1994 sind das Strahlenschutzgesetz vom 22.März 1991 (SR 814.50) und die totalrevidierte Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (SR 814.501) in Kraft getreten. Strahlenschutzgesetz und Strahlenschutzverordnung basieren auf den neusten Empfehlungen der International Commission on Radiological Protection (ÏCRP). Bezüglich der spezifischen Erfordernisse des Strahlenschutzes in Kernkraftwerken hat die HSK verschiedene Richtlinien erlassen: Richtlinie R-7 (Strahlenschutzzonen in Kernanlagen), Richtlinie R-12 (Erfassung der Dosen des beruflich strahlenexponierten Personals von Kernanlagen), Richtlinie R-11 (Ziele
für den Schutz von Personen vor ionisierender Strahlung im Bereich von Kernkraftwerken), Richtlinie R-37 (Anerkennung von Kursen für Strahlenschutz-Kontrolleure und Chefkontrolleure; Prüfungsordnung). Die Anpassung der Richtlinien an die neue Strahlenschutzgesetzgebung ist im Gang. Die HSK überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien und informiert darüber in ihrem Jahresbericht. Damit erfüllt die Schweiz Artikel 15 des Übereinkommens.

Artikel 16 Notfallvorsorge Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass für alle Kernkraftwerke Notfallpläne bestehen, die darin vorgesehenen Massnahmen vorbereitet sind und getestet werden sowie die eigene Bevölkerung und die zuständigen Behörden der benachbarten Staaten geeignete Informationen über die Notfallplanung und -bekämpfung erhalten.

Im Bereich Notfallvorsorge verfügt die Schweiz Über umfassende gesetzliche Regelungen. In der Verordnung vom 26. Juni 1991 über die Einsatzorganisation bei erhöhter Radioaktivität (SR 732.32) sind der Aufbau der Einsatzorganisation sowie die Aufgaben und Befugnisse der einzelnen Organe festgelegt. Die Verordnung

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vom 3. Dezember 1990 über die Nationale Alarmzentrale (SR 732,34) regelt die Alarmierung und die Information bei ausserordentlichen Ereignissen, u. a. bei erhöhter Radioaktivität. Betreffend Warnung, Alarmierung sowie die Vorbereitung und Durchführung von Schutzmassnahmen für den Fall radioaktiver Gefahrdung in der Umgebung von Kernanlagen gilt die Notfallschutzverordnung vom 28. November 1983 (SR 732.33). Gestützt auf diese gesetzlichen Vorschriften verfügen die HSK und Kernkraftwerkbetreiber über die erforderlichen Notfallreglemente und haben die nötigen organisatorischen Vorkehrungen getroffen. Die HSK führt regelmässig Kurse für die Führangsstäbe von Kantonen und Gemeinden durch. Im Rahmen periodisch stattfindender Notfallübungen werden die administrativen und organisatorischen Vorbereitungen zur Bewältigung eines Notfalles getestet.

Absatz 2 enthält zwei Elemente: Die Information der eigenen Bevölkerung und die Information der zuständigen Behörden der Staaten in der Nachbarschaft. Die Information der Bevölkerung über die Notfallplanung und -bekämpfung erfolgt durch Informationsbroschtlren, einen Anhang in den Telefonbüchern und im Ernstfall mittels Sirenen und Radiomeldungen der Nationalen Alarmzentrale, welche sich auf Informationen der HSK und fernübertragene Messwerte der Radioaktivität abstützen kann. Beide Organisationen unterhalten einen Pikettdienst. Wichtige KKWAnlagenparameter werden im Ereignisfall zur HSK fernübertragen. Im Zusammenhang mit der Information der Behörden der Nachbarstaaten wurde im Übereinkommen bewusst auf das Erfordernis der Reziprozität verzichtet. Der Begriff «Nachbarschaft» ist nicht definiert, Aufgrund der Verhandlungen ist diese Bestimmung so zu interpretieren, dass darunter eine solche räumliche Entfernung von der Anlage zu verstehen ist, in der noch so erhebliche radiologische Auswirkungen zu erwarten sind, dass kurzfristig Notfallmassnahmen vorgesehen werden müssen. Gestützt auf entsprechende bilaterale Vereinbarungen mit der Bundesrepublik Deutschland, mit Frankreich und mit Italien besteht ein regelmässiger Informationsaustausch.

Damit erfüllt die Schweiz die Verpflichtungen aus Artikel 16 des Übereinkommens.

Artikel 17 Standortwahl Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass bei der Standortwahl die standortspezifischen Faktoren
und die wahrscheinlichen Auswirkungen der projektierten Anlage auf Mensch, Gesellschaft und Umwelt beurteilt und die benachbarten Vertragsstaaten konsultiert und informiert werden.

Nach Artikel l des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1978 zum Atomgesetz legt die Rahmenbewilligung den Standort eines Kernkraftwerkes fest. Das Rahmenbewilligungsgesuch und die dazugehörenden Unterlagen, insbesondere der Sicherheitsbericht, müssen Auskunft geben über die wesentlichen standortrelevanten Faktoren, z. B. Lage (Bevölkerungsverteilung, Infrastrukturanlagen usw.), natürliche Gegebenheiten (Geologie, Hydrologie, Seismik usw.), nukleare Sicherheit, Strahlenschutz. Im Rahmenbewilligungsverfahren nehmen HSK und KSA zuhanden der Bewilligungsbehörde zur Frage Stellung, ob der vorgesehene Standort für die projektierte Anlage geeignet ist. · Im Rahmen gemischter Kommissionen werden die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs regelmässig konsultiert und die erforderlichen Informationen ausgetauscht. Auch mit den anderen Nachbarstaaten kann bei Bedarf ein Informationsaustausch erfolgen, der jedoch mangels grenznaher Kernkraftwerke nicht zwingend formell geregelt werden muss. Die Erfüllung der sich aus Artikel 17 des Übereinkommens ergebenden Verpflichtungen bietet für die Schweiz keine Probleme.

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Artikel 18 Auslegung und Bau Jede Vertragspartei stellt durch geeignete Massnahmen sicher, dass bei Auslegung und Bau einer Kernanlage entsprechende Sicherheitssysteme und geeignete Techniken zur Anwendung kommen; im Hinblick auf einen zuverlässigen und leicht zu führenden Betrieb ist bei der Auslegung der Anlage insbesondere den Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Handelns und dem Zusammenwirken Mensch-Technik Rechnung zu tragen.

Die in der Schweiz in Betrieb stehenden und allenfalls in Zukunft zu bauenden Kernkraftwerke sind Produkte ausländischer, insbesondere westeuropäischer oder amerikanischer Reaktorhersteller. Diese Anlagen entsprechen dem Stand der Technik. Es ist zu erwarten, dass künftige Anlagen noch mehr standardisiert sind und einen weiter verbesserten Sicherheitsstand aufweisen. Mit dem Bau derartiger Anlagen wird Artikel 18 des Übereinkommens Rechnung getragen.

Artikel Ì9 Betrieb Jede Vertragspartei sorgt durch geeignete Massnahmen für eine sichere Inbetriebnahme und einen sicheren Betrieb. Unter anderem werden folgende Massnahmen genannt; Sicherheitsanalyse, Inbetriebnahmeprogramm, Festlegung betrieblicher Grenzwerte, Verfahren bei Betriebsstörungen und Unfällen, sicherheitstechnische Unterstützung, Meldung sicherheitsrelevanter Störfälle, Sammlung und Analyse der Betriebserfahrungen, Beschränkung der Erzeugung radioaktiver Abfälle auf das notwendige Minimum.

Alle Forderungen entsprechen etablierter Praxis der schweizerischen Kernkraftwerke. Erwähnenswert sind insbesondere die folgenden Punkte: Sicherheitsanalysen und Inbetriebnahmeprogramme sind eine selbstverständliche Forderung der Sicherheitsbehörden an die KKW-Betreiber; sie werden von der HSK überprüft und sind Grundlage jeder nuklearen Betriebsbewilligung. Die betrieblichen Grenzwerte sind in Form von Bedingungen und Auflagen in den Betriebsbewilligungen der einzelnen KKW festgelegt und können aus sicherheitstechnischen Gründen jederzeit geändert werden. Das Wiederanfahren nach Brennstoffwechsel, grösseren Revisionen oder Reparaturen sowie schwerwiegenderen Vorkommnissen erfordert eine Freigabe der HSK. Jedes KKW verfügt über Störfallvorschriften, die periodisch den neusten Erkenntnissen angepasst werden. Technische Unterstützung ist durch die werkinterne Organisation und durch die Kraftwerkslieferanten gewährleistet. Die
Meldepflicht sicherheitsrelevanter Ereignisse ist in der HSK-Richtlinie R-15 geregelt. Seit 1980 nimmt die HSK am Incident Reporting System der Nuclear Energy Agency der OECD teil, welches den internationalen Erfahrungsaustausch zum Ziel hat.

Artikel 20 Überprüfungstagungen Nach diesem Artikel sind regelmässige Überprüfungstagungen durchzuführen, an denen die Vertragsparteien die vorgelegten Berichte prüfen und diskutieren. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf die Bemerkungen zu Artikel 5.

Artikel 21 Zeitplan Das Übereinkommen sieht eine Vorbereitungstagung vor, die innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Übereinkommens stattfinden soll. An dieser Tagung wird die erste Überprüfungstagung vorbereitet und organisiert, die innerhalb von 30 Monaten seit Inkrafttreten des Übereinkommens stattfinden soll. Die

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einzelnen Überprüfungstagungen dürfen nicht mehr als drei Jahre auseinanderliegen.

Artikel 22 Verfahrensregelungen Anlässlich der in Artikel 21 erwähnten Vorbereitungstagung sind eine Geschäftsordnung und Finanzregeln zu erarbeiten und durch Konsens anzunehmen. Zudem legen die Vertragsparteien Richtlinien in bezug auf die Form und den Aufbau der nach Artikel 5 vorzulegenden Berichte sowie ein Datum zur Vorlage dieser Berichte fest und bestimmen das Verfahren zu deren Überprüfung. Durch Konsens können Richtlinien, Geschäftsordnung und Finanzregeln bei jeder Überprüfungstagung geändert werden.

Artikel 23 Ausserordentliche Tagungen Jede Vertragspartei kann jederzeit die Einberufung einer ausserordentlichen Tagung verlangen. Ein solches Begehren muss von der Mehrheit der Vertragsparteien unterstützt werden. Die IAEO ist nicht selber zur Einberufung einer ausserordentlichen Tagung befugt.

Artikel 24 Teilnahme An den Überprüfungstagungen wird jede Vertragspartei durch eine Delegierte oder einen Delegierten vertreten. Diese Personen dürfen sich von einer beliebigen Zahl von Stellvertreterinnen oder Stellvertretern, Sachverständigen und Beraterinnen oder Beratern begleiten lassen. Die Vertragsparteien können zudem durch Konsens zwischenstaatliche Organisationen, die im Bereich des Übereinkommens tätig sind, als Beobachter zur Teilnahme an den Überprüfungstagungen und ausserordentlichen Tagungen einladen. Beobachterstatus wird nur zwischenstaatlichen Organisationen gewährt (z. B. Kernenergieagentur der OECD, Kommission der Europäischen Gemeinschaften); diese sind ebenfalls an die Vertraulichkeitsklausel nach Artikel 27 des Übereinkommens gebunden.

Artikel 25 Zusammenfassende Berichte An den Überprüfungstagungen verabschieden die Vertragsparteien ein Dokument, das die besprochenen Themen und die Schlussfolgerungen zusammenfasst; dieses Dokument wird veröffentlicht. Diese Bestimmung zeigt die Bedeutung, welche die Vertragsparteien der Information der Öffentlichkeit und der Transparenz in sicherheitstechnischen Fragen beimessen.

Artikel 26 Sprachen

Für die Tagungen gelten die offiziellen Sprachen der IAEO, d. h. arabisch, chinesisch, englisch, französisch, russisch und spanisch. Die nach Artikel 5 vorzulegenden Berichte sind in der Landessprache der Vertragspartei oder in einer bestimmten, in der Geschäftsordnung vereinbarten Sprache vorzulegen.

Artikel 27 Vertraulichkeit Die Verhandlungen während der Überprüfung der Berichte der Vertragsparteien sind vertraulich. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Informationen, die sie von anderen Vertragsparteien erhalten, vertraulich zu behandeln und ausschliesslich für jene Zwecke zu verwenden, für die sie zur Verfügung gestellt wurden.

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Artikel 28 Sekretariat Die IAEO stellt das Sekretariat fur die Tagungen der Vertragsparteien. Artikel 28 legt die Aufgaben des Sekretariates fest. Die Kosten des Sekretariates werden von der IAEO aus Mitteln des ordentlichen Budgets getragen. Weitergehende Dienstleistungen kann die IAEO zur Verfugung stellen, wenn die daraus erwachsenden Kosten aus anderen Quellen finanzier werden konnen.

Artikel 29 Beilegung von Meinungsverschiedenheiten Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung des Uebereinkommens sollen mittels Konsultationen im Rahmen der Tagungen der Vertragsparteien gelost werden. Weitere Mittel zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten sieht dasUebereinkommenn nicht vor.

Artikel 30 Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung, Beitritt Das Uebereinkommen liegt vom 20. September 1994 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der IAEO in Wien zur Unterzeichnung auf. Neben weiteren Bestimmungen betreffend Ratifikation, Annahme und Genehmigung regelt diese Bestimmung, unter welchen Bedingungen regionale Organisationen diesem Ubereinkommen beitretenkönnen.. Solche regionale Organisationen mussen aussouveränenn Staaten bestehen und fur Angelegenheitenzuständigg sein, die in diesemUebereinkommenn geregelt sind; sie haben kein eigenes Stimmrecht.

Artikel 31 Inkrafttreten Das Obereinkommen tritt am 90. Tag nach Hinterlegung von 22 Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden in Kraft; davon mussen 17 Staaten mindestens je eine Kernanlage besitzen, deren Kern den Zustand der Kritikalität erreicht hat. Diese verhältnismässig hohe Zahl macht deutlich, dass die Vertragsparteien der Einführung grundlegender Sicherheitsprinzipien für Kernanlagen durch möglichst viele Staaten grosses Gewicht beimessen.

Artikel 32 Anderungen des Ubereinkommens Die Vertragsparteien können jederzeit Anderungen des Ubereinkommens vorschlagen. Diese Anderungen werden an einer Ueberprüfungstagung oder an einer ausserordentlichen Tagung besprochen. Danach entscheiden die Vertragsparteien, ob die Anderung durch Konsens angenommen oder einer diplomatischen Konferenz vorgelegt werden soll. Wenn es anlasslich der diplomatischen Konferenz nicht gelingt, einen Konsens zu erreichen, braucht es fur die Annahme der Anderung eine Zweidrittelmehrheit aller Vertragsparteien.

Artikel 33

Kündigung

Jede Vertragspartei kann jederzeit vom Uebereinkommenzurücktreten.. DieKündiigung wird ein Jahr nach Eintreffen der Notifikation bei der Verwahrerorganisation oder zu einem spateren, in der Notifikation bestimmten Zeitpunkt wirksam.

Artikel 34 Depositar Die Generaldirektorin oder der Generaldirektor der IAEO verwahrt das Ueberein-kommen. Zu dieser Aufgabegehörenn die Information der Vertragsparteienüberr d e n Stand d e r Unterzeichnungen, d a s Datum d e s Inkrafttretens, dieRücktrittee

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Artikel 35 Authentische Texte Der letzte Artikel bestimmt, dass die arabische, chinesische, englische, französische, russische und spanische Fassung des Übereinkommens gleichermassen verbindlich sind.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

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Auf den Bund

Nach Artikel 5 des Übereinkommens muss jede Vertragspartei zuhanden der periodisch stattfindenden Überprüfungstagungen in einem Bericht darlegen, wie sie den Verpflichtungen des Übereinkommens in ihrem Hoheitsgebiet nachkommt.

Diese Berichterstattung und die damit zusammenhängende Teilnahme an den entsprechenden Tagungen obliegt der HSK. Insbesondere die erstmalige Erstellung dieses Berichtes wird für die HSK einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Für die künftigen Berichte wird dieser Aufwand eher abnehmen; insgesamt bleibt aber ungewiss, wie sich der Aufwand der HSK bezüglich der Umsetzung dieses Übereinkommens entwickeln wird. Unter Berücksichtigung aller Aspekte ist dafür eine halbe Stelle vorzusehen.

Mit Postulat vom 27. Februar 1995 hat die UREK des Nationalrates den Bundesrat eingeladen, die für die Sicherheitskontrolle der Kernanlagen notwendigen Stellen zugunsten der HSK zu bewilligen. Am 3. Mai 1995 hat sich der Bundesrat bereit erklärt, das Postulat entgegenzunehmen. Im Rahmen der noch zu bewilligenden Stellen kann diese zusätzliche Aufgabe von der HSK wahrgenommen werden.

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Auf die Kantone

Für die Kantone ergeben sich keine Aufgaben oder Ausgaben aus diesem Übereinkommen.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in den Richtlinien der Regierungspolitik 1991-1995 nicht angekündigt, da die IAEO erst 1992 beschloss, ein Übereinkommen über nukleare Sicherheit zu erarbeiten.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Europäische Union (EU) hat im Bereich der nuklearen Sicherheit die gleichen Ziele wie die Schweiz. Alle Mitgliedstaaten der EU haben bei der Erarbeitung des Übereinkommens über nukleare Sicherheit mitgewirkt und dieses in der Zwischenzeit unterzeichnet. Die im Übereinkommen festgelegten Grundsätze sind zum grossen Teil im Gemeinschaftsrecht enthalten. Im Rahmen der Programme TACIS und PHARE hat die EU verschiedene Massnahmen getroffen, um die Sicherheit der Kernanlagen zu erhöhen und insbesondere die nukleare Sicherheit in verschiedenen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie der ehemaligen Sowjetunion zu verbessern. Zusätzlich zur technologischen Unterstützung gewährt die EU diesen Staaten auch wesentliche finanzielle Hilfe. Zu diesem Zweck hat der Ministerrat im März 1994 die Kommission ermächtigt, Euratom-Anleihen aufzunehmen, um Massnah-

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men zur Verbesserung des Wirkungsgrades und der Sicherheit der Kernanlagen gewisser Länder zu finanzieren. Ebenso hat der Rat den Abschluss eines Übereinkommens zwischen der EU und der Europ. Bank für Wiederaufbau und Entwicklung betreffend Finanzierung kurzfristiger Massnahmen zur Verbesserung des Sicherheitsniveaus der Kernanlagen der begünstigten Länder genehmigt. Der Schutz der Bevölkerung und der Arbeitnehmer gegen die Gefahren ionisierender Strahlen ist in den Artikeln 30 ff. des Euratom-Vertrages vorgesehen. Eine Richtlinie zur Festsetzung von Grenzwerten für Personen, die ionisierenden Strahlen ausgesetzt sind, ist in Vorbereitung.

6

Verfassungsmässigkeit

Artikel 8 der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zum Abschluss von Staatsverträgen. Die Genehmigung des Übereinkommens fällt nach Artikel 85 Ziffer 5 der Bundesverfassung in die Zuständigkeit der Eidgenössischen Räte.

Das Übereinkommen ist jederzeit auf ein Jahr kündbar (Art. 33). Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Ebensowenig wird eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeigeführt, da das Übereinkommen keine Verpflichtung zur Anwendung genauer Sicherheitsnormen enthält, sondern von den Vertragsparteien die Beachtung grundlegender Sicherheitsprinzipien für Kernanlagen verlangt. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt nicht dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 89 Absatz 3 der Bundesverfassung.

7876

1361

Bundesbeschluss betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit

Die Bundesversammlung der Schweizerischen

Entwurf

Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 18. Oktober 19951), beschliesst: Art.1 1 Das Übereinkommen vom 17. Juni 1994 über nukleare Sicherheit wird genehmigt.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Art. 2

Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

7876

11

BEI 1995 IV 1343

1362

Übereinkommen über nukleare Sicherheit

Übersetzung ·>

Präambel Die Vertragsparteien Ì) im Rewusstsein der Bedeutung, die der Gewährleistung einer sicheren, gut geregelten und umweltverträglichen Nutzung der Kernenergie für die internationale Staatengemeinschaft zukommt; ii) in erneuter Bekräftigung der Notwendigkeit, weiterhin einen hohen Stand nuklearer Sicherheit weltweit zu fördern; iü) in erneuter Bekräftigung dessen, dass die Verantwortung für die nukleare Sicherheit bei dem Staat liegt, dem die Hoheitsgewalt über eine Kernanlage zukommt; iv) in dem Wunsch, eine wirksame nukleare Sicherheitskultur zu fördern; v) in dem Bewusstsein, dass Unfälle in Kernanlagen grenzüberschreitende Auswirkungen haben können; vi) eingedenk des Übereinkommens von 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial, des Übereinkommens von 1986 über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen und des Übereinkommens von 1986 über Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen; vii) in Bekräftigung der Bedeutung internationaler Zusammenarbeit zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit durch bestehende zweiseitige und mehrseitige Mechanismen und die Schaffung dieses wegbereitenden Übereinkommens; viü) in der Erkenntnis, dass dieses Übereinkommen eine Verpflichtung zur Anwendung von Grundsätzen der Sicherheit für Kernanlagen und nicht so sehr von Sicherheitsanforderungen im einzelnen schafft und dass es international ausgearbeitete Sicherheitsrichtlinien gibt, die von Zeit zu Zeit auf den neuesten Stand gebracht werden und somit richtungweisend sein können, wie mit gegenwärtigen Möglichkeiten ein hoher Sicherheitsstand erreicht werden kann; ix) in Bekräftigung der Notwendigkeit, sofort mit der Ausarbeitung eines internationalen Übereinkommens über die Sicherheit im Umgang mit radioaktiven Abfällen zu beginnen, sobald der laufende Prozess der Entwicklung von Sicherheitsgrundlagen für den Umgang mit Abfällen zu breiter internationaler Übereinstimmung geführt hat; x) in der Erkenntnis, dass weitere fachliche Arbeit im Zusammenhang mit der Sicherheit anderer Teile des Kernbrennstoffkreislaufs nützlich ist und dass diese Arbeit mit der Zeit die Entwicklung-bestehender oder künftiger internationaler Instrumente erleichtern kann sind wie folgt übereingekommen: " Zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmte Übersetzung auf der Basis des englischen und des französischen Originaltextes.

1363

Nukleare Sicherheit

Kapitel l Ziele, Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich Artikel l Ziele Ziele dieses Übereinkommens sind: i) Erreichung und Beibehaltung eines weltweit hohen Standes nuklearer Sicherheit durch Verbesserung innerstaatlicher Massnahmen und internationaler Zusammenarbeit, gegebenenfalls einschliesslich sicherheitsbezogener technischer Zusammenarbeit; ii) Schaffung und Beibehaltung wirksamer Abwehrvorkehrungen in Kernanlagen gegen mögliche strahlungsbedingte Gefahren, um den einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt vor schädlichen Auswirkungen der von solchen Anlagen ausgehenden ionisierenden Strahlung zu schützen; iii) Verhütung von Unfällen mit strahlungsbedingten Folgen und Milderung solcher Folgen, falls sie eintreten.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet i) «Kernanlage» für jede Vertragspartei jedes ortsgebundene zivile Kernkraftwerk unter ihrer Hoheitsgewalt einschliesslich solcher Lagerungs-, Handhabungs- und Bearbeitungseinrichtungen für radioaktives Material, die sich auf demselben Gelände befinden und mit dem Betrieb des Kernkraftwerks unmittelbar zusammenhängen. Ein solches Werk gilt nicht mehr als Kernanlage, sobald alle nuklearen Brennelemente endgültig aus dem Reaktorkern entfernt, in Übereinstimmung mit genehmigten Verfahren sicher gelagert worden sind und die staatliche Stelle einem Stillegungsprogramm zugestimmt hat; ü) «staatliche Stelle» für jede Vertragspartei eine oder mehrere Stellen, die von dieser Vertragspartei mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet sind, Genehmigungen zu erteilen und Standortwahl, Auslegung, Bau, Inbetriebnahme, Betrieb oder Stillegung von Kernanlagen zu regeln; iii) «Genehmigung» jede dem Antragsteller von der staatlichen Stelle erteilte Ermächtigung, die diesem die Verantwortung für Standortwahl, Auslegung, Bau, Inbetriebnahme, Betrieb und Stillegung einer Kernanlage überträgt.

Artikel 3 Anwendungsbereich

Dieses Übereinkommen findet auf die Sicherheit von Kernanlagen Anwendung, Kapitel 2 Verpflichtungen a) Allgemeine Bestimmungen Artikel 4 Durchführungsmassnahmen Jede Vertragspartei trifft im Rahmen ihres innerstaatlichen Rechts die Gesetzes-, Verordnungs- und Verwaltungsmassnahmen und unternimmt sonstige Schritte, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erforderlich sind.

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Nukleare Sicherheit

Artikel 5 Berichterstattung Jede Vertragspartei legt vor jeder in Artikel 20 bezeichneten Tagung einen Bericht über die von ihr getroffenen Massnahmen zur Erfüllung jeder einzelnen Verpflichtung aus diesem Übereinkommen vor.

Artikel 6 Vorhandene Kernanlagen Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Sicherheit der Kernanlagen, die zu dem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen für die Vertragspartei in Kraft tritt, vorhanden sind, so bald wie möglich überprüft wird. Sollte es sich im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen als notwendig . erweisen, stellt die Vertragspartei sicher, dass alle zumutbaren und praktisch möglichen Verbesserungen dringend vorgenommen werden, um die Sicherheit der Kernanlage zu erhöhen. Kann eine solche Verbesserung nicht erreicht werden, sollen Pläne durchgeführt werden, die Kernanlage so bald wie praktisch möglich abzuschalten. Bei der zeitlichen Festlegung der Abschaltung können der ganze energiewirtschaftliche Zusammenhang und mögliche Alternativen sowie die sozialen, umweltbezogenen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt werden.

b) Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug Artikel 7 Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug (1) Jede Vertragspartei schafft einen Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug zur Regelung der Sicherheit der Kernanlagen und erhält diesen aufrecht.

(2) Der Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug sieht folgendes vor:

i)

die Schaffung einschlägiger innerstaatlicher Sicherheitsvorschriften und -regelungen;

ii)

ein Genehmigungssystem für Kernanlagen und das Verbot des Betriebs einer Kernanlage ohne Genehmigung; iii) ein System für behördliche Prüfung und Beurteilung von Kernanlagen, um feststellen zu können, ob die einschlägigen Vorschriften und Genehrnigungsbestimmungen eingehalten werden; iv) die Durchsetzung der einschlägigen Vorschriften und Genehmigungsbestimmungen, einschliesslich Aussetzung, Änderung oder Widerruf.

Artikel 8

Staatliche Stelle

(1) Jede Vertragspartei errichtet oder bestimmt eine staatliche Stelle, die mit der Durchführung des in Artikel 7 bezeichneten Rahmens für Gesetzgebung und Vollzug betraut und mit entsprechenden Befugnissen, Zuständigkeiten, Finanzmitteln und Personal ausgestattet ist, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um eine wirksame Trennung der Aufgaben der staatlichen Stelle von denjenigen anderer Stellen oder Organisationen, die mit der Förderung oder Nutzung von Kernenergie befasst sind, zu gewährleisten.

58 Bundesblall 147. Jahrgang. Bd. IV

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Nukleare Sicherheit

Artikel 9 Verantwortung des Genehmigungsinhabers Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Verantwortung für die Sicherheit einer Kernanlage in erster Linie dem jeweiligen Genehmigungsinhaber obliegt; sie trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Inhaber einer solchen Genehmigung seiner Verantwortung nachkommt.

c) Allgemeine Sicherheitsüberlegungen Artikel 10 Vorrang der Sicherheit Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass alle Organisationen, die mit Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit Kernanlagen befasst sind, Leitlinien entwickeln, die der nuklearen Sicherheit den gebotenen Vorrang einräumen.

Artikel 11 Finanzmittel und Personal (1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass angemessene Finanzmittel zur Verfügung stehen, um die Sicherheit jeder Kernanlage während ihrer gesamten Lebensdauer zu unterstützen.

(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass während der gesamten Lebensdauer jeder Kernanlage eine ausreichende Anzahl von qualifiziertem Personal mit entsprechender Ausbildung, Schulung und Wiederholungsschulung für alle sicherheitsbezogenen Tätigkeiten in jeder oder für jede Kernanlage zur Verfügung steht.

Artikel 12 Menschliche Faktoren Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass die Fähigkeiten und Grenzen menschlichen Handelns während der gesamten Lebensdauer einer Kernanlage Berücksichtigung finden.

Artikel 13 Qualitätssicherung Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass Programme zur Qualitätssicherung aufgestellt und durchgeführt werden, die das Vertrauen vermitteln, dass den besonderen Anforderungen aller für die nukleare Sicherheit bedeutsamen Tätigkeiten während der gesamten Lebensdauer einer Kernanlage Genüge getan wird.

Artikel 14 Bewertung und Nachprüfung der Sicherheit Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i) dass umfassende und systematische Sicherheitsbewertungen sowohl vor dem Bau und der Inbetriebnahme einer Kernanlage als auch während ihrer gesamten Lebensdauer vorgenommen werden. Solche Bewertungen sind gut zu dokumentieren, in der Folge im Licht betrieblicher Erfahrungen und bedeutender neuer Sicherheitsinformationen auf den neuesten Stand zu bringen und im Auftrag der staatlichen Stelle zu überprüfen; 1366

Nukleare Sicherheit

ü)

dass Nachprüfungen durch Analyse, Überwachung, Erprobung und Prüfung vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass der physische Zustand und der Betrieb einer Kernanlage seiner Auslegung, den geltenden innerstaatlichen Sicherheitsanforderungen sowie den betrieblichen Grenzwerten und Bedingungen weiterhin entsprechen.

Artikel 15 Strahlenschutz Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass die von einer Kernanlage ausgehende Strahlenbelastung für die Beschäftigten und die Öffentlichkeit in sämtlichen Betriebsphasen so gering wie vernünftigerweise erzielbar gehalten wird und dass niemand einer Strahlendosis ausgesetzt wird, welche die innerstaatlich vorgeschriebenen Grenzwerte überschreitet.

Artikel 16 Notfallvorsorge (1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass Notfallpläne sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Kernanlage zur Verfügung stehen, die regelmässig erprobt werden und die im Notfall zu ergreifenden Massnahmen enthalten.

Für jede neue Kernanlage sind solche Pläne auszuarbeiten und zu erproben, bevor der Betrieb das von der staatlichen Stelle zugelassene niedrige Leistungsniveau übersteigt.

(2) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass ihre eigene Bevölkerung und die zuständigen Behörden der Staaten in der Nachbarschaft einer Kernanlage, soweit sie von einem strahlungsbedingten Notfall betroffen sein könnten, die entsprechenden Informationen für die Notfallplanung und -bekämpfung erhalten.

(3) Vertragsparteien, die in ihrem Gebiet keine Kernanlage haben, jedoch von einem strahlungsbedingten Notfall in einer benachbarten Kernanlage betroffen sein könnten, treffen die geeigneten Massnahmen zur Vorbereitung und Erprobung von Notfallplänen für ihr Gebiet, welche die in einem solchen Notfall zu ergreifenden Massnahmen enthalten.

d) Ânlagensicherheit Artikel 17 Standortwahl Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass geeignete Verfahren geschaffen und angewendet werden, i) um die Bewertung aller standortbezogenen einschlägigen Faktoren zu ermöglichen, welche die Sicherheit einer Kernanlage während ihrer vorgesehenen Lebensdauer beeinträchtigen könnten; ii) um die Bewertung der mutmasslichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit einer vorgesehenen Kernanlage auf den einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt zu ermöglichen;

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Nukleare Sicherheit

Üi) um soweit notwendig die Neubewertung aller einschlägigen Faktoren, auf die unter den Ziffern i und ii Bezug genommen wird, zu ermöglichen, damit die Sicherheitsakzeptanz gewährleistet bleibt; iv) um Konsultationen mit Vertragsparteien in der Nachbarschaft einer vorgesehenen Kemanlage aufnehmen zu können, soweit sie durch diese Anlage betroffen sein könnten, und um die Übermittlung der notwendigen Informationen an solche Vertragsparteien auf deren Verlangen zu ermöglichen, damit diese die mutmasslichen Auswirkungen auf die Sicherheit ihres Gebiets selbst beurteilen und eigene Bewertungen vornehmen können.

Artikel 18 Auslegung und Bau Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i) dass die Auslegung und der Bau einer Kernanlage mehrere zuverlässige Ebenen und Methoden zum Schutz (in die Tiefe gestaffelte Abwehr) gegen die Freisetzung radioaktiven Materials vorsehen, um Unfälle zu verhüten und, falls sie eintreten, ihre strahlungsbedingten Folgen zu mildern; ii) dass sich die bei der Auslegung und dem Bau einer Kernanlage eingesetzten Techniken durch Erfahrung beziehungsweise durch Erprobung oder Analyse bewährt haben; iij) dass die Auslegung einer Kernanlage den zuverlässigen, beständigen und leicht zu handhabenden Betrieb ermöglicht, wobei die menschlichen Faktoren und die Schnittstelle Mensch/Maschine besondere Berücksichtigung finden.

Artikel 19 Betrieb Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, i) dass die Erlaubnis für den Betriebsbeginn einer Kernanlage auf einer geeigneten Sicherheitsanalyse und einem Programm zur Inbetriebnahme beruht, aus denen hervorgeht, dass die Anlage, wie sie gebaut wurde, den Auslegungsund Sicherheitsanforderungen entspricht; ii) dass die aus der Sicherheitsanalyse, den Erprobungen und der Betriebserfahrung hervorgehenden betrieblichen Grenzwerte und Bedingungen festgelegt und bei Bedarf überarbeitet werden, um die Grenzen eines sicheren Betriebs festzustellen; iü) dass Betrieb, Wartung, Inspektion und Erprobung einer Kernanlage in Übereinstimmung mit genehmigten Verfahren erfolgen, iv) dass Verfahren festgelegt sind, um auf mögliche Betriebsstörungen und Unfälle zu reagieren; v) dass die notwendige ingenieurtechnische und technische Unterstützung in allen sicherheitsbezogenen Bereichen während der
gesamten Lebensdauer der Kernanlage zur Verfügung steht; vi) dass für die Sicherheit bedeutsame Ereignisse vom Inhaber der entsprechenden Genehmigung der staatlichen Stelle rechtzeitig gemeldet werden; vii) dass Programme zur Sammlung und Analyse von Betriebserfahrungen aufgestellt werden, die erzielten Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Grundlage des Handelns dienen und dass vorhandene Mechanismen dazu genutzt werden, um wichtige Erfahrungen mit internationalen Gremien, anderen Betreiberorganisationen und staatlichen Stellen auszutauschen; 1368

Nukleare Sicherheit

viii) dass die Erzeugung radioaktiven Abfalls durch den Betrieb einer Kernanlage sowohl hinsichtlich der Aktivität als auch des Volumens auf das für das jeweilige Verfahren mögliche Mindestmass beschränkt wird und dass bei jeder notwendigen Behandlung und Lagerung von abgebranntem Brennstoff und Abfall, die mit dem Betrieb in unmittelbarem Zusammenhang stehen und auf demselben Gelände der Kernanlage stattfinden, Konditionierung und Beseitigung Berücksichtigung finden.

Kapitel 3 Tagungen der Vertragsparteien Artikel 20 Überprüfungstagungen (1) Die Vertragsparteien halten Tagungen (im folgenden als «Überprüfungstagungen» bezeichnet) ab zur Überprüfung der nach Artikel 5 in Übereinstimmung mit den nach Artikel 22 angenommenen Verfahren vorgelegten Berichte.

(2) Vorbehaltlich des Artikels 24 können aus Vertretern der Vertragsparteien zusammengesetzte Untergruppen gebildet werden, die während der Überprüfungstagungen tätig werden, sofern dies zum Zweck der Überprüfung in den Berichten enthaltener besonderer Themen als notwendig erachtet wird.

(3) Jede Vertragspartei erhält angemessen Gelegenheit, die von anderen Vertragsparteien vorgelegten Berichte zu erörtern und Klarstellung zu diesen Berichten zu suchen.

Artikel 21 Zeitplan (1) Eine Vorbereitungstagung der Vertragsparteien findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt.

(2) Auf dieser Vorbereitungstagung legen die Vertragsparteien den Zeitpunkt für die erste Überprüfungstagung fest. Diese Überprüfungstagung findet so bald wie möglich statt, spätestens jedoch dreissig Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens.

, (3) Auf jeder Überprüfungstagung legen die Vertragsparteien den Zeitpunkt für die nächste Überprüfungstagung fest. Die Zeitspanne zwischen den Überprüfungstagungen darf drei Jahre nicht überschreiten.

Artikel 22

Verfahrensregelungen

(1) Auf der nach Artikel 21 abgehaltenen Vorbereitungstagung arbeiten die Vertragsparteien eine Geschäftsordnung und Finanzregeln aus und nehmen diese durch Konsens an. Die Vertragsparteien legen insbesondere und in Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung folgendes fest: i) Richtlinien hinsichtlich Form und Gliederung der nach Artikel 5 vorzulegenden Berichte; ii) den Zeitpunkt für die Vorlage der Berichte; iii) das Verfahren zur Überprüfung der Berichte.

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Nukleare Sicherheit

(2) Auf den Überprüfungstagungen können die Vertragsparteien erforderlichenfalls die unter den Ziffern i bis in des Absatzes l getroffenen Vereinbarungen überprüfen und Änderungen durch Konsens annehmen, sofern in der Geschäftsordnung nichts anderes vorgesehen ist. Sie können auch die Geschäftsordnung und die Finanzregeln durch Konsens ändern, Artikel 23 Ausserordentliche Tagungen Eine ausserordentliche Tagung der Vertragsparteien i) findet statt, wenn dies von der Mehrheit der auf einer Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien vereinbart wird, wobei Enthaltungen als abgegebene Stimmen gelten; ii) findet statt auf schriftliches Ersuchen einer Vertragspartei innerhalb von sechs Monaten, nachdem dieses Ersuchen den Vertragsparteien übermittelt wurde und bei dem in Artikel 28 bezeichneten Sekretariat die Notifikation eingegangen ist, dass das Ersuchen von der Mehrheit der Vertragsparteien unterstützt wird.

Artikel 24 Teilnahme (1) Jede Vertragspartei nimmt an den Tagungen der Vertragsparteien teil; sie ist durch einen Delegierten und so viele Vertreter, Sachverständige und Berater vertreten, wie sie für erforderlich hält.

(2) Die Vertragsparteien können durch Konsens jede zwischenstaatliche Organisation, die für die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten zuständig ist, zur Teilnahme als Beobachter an jeder Tagung oder an einzelnen Sitzungen einer Tagung einladen. Von den Beobachtern wird verlangt, zuvor die Bestimmungen des Artikels 27 schriftlich anzuerkennen.

Artikel 25 Zusammenfassende Berichte Die Vertragsparteien nehmen durch Konsens ein Dokument an, das die auf einer Tagung erörterten Fragen und gezogenen Schlussfolgerungen enthält, und machen es der Öffentlichkeit zugänglich.

Artikel 26

Sprachen

(1) Die Sprachen auf den Tagungen der Vertragsparteien sind Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch, sofern in der Geschäftsordnung nichts anderes vorgesehen ist.

(2) Die nach Artikel 5 vorgelegten Berichte werden in der Landessprache der Vertragspartei abgefasst, die den Bericht vorlegt, oder in einer einzigen in der Geschäftsordnung zu vereinbarenden bezeichneten Sprache. Sollte der Bericht in einer anderen als der bezeichneten Landessprache vorgelegt werden, stellt die Vertragspartei eine Übersetzung des Berichts in die bezeichnete Sprache zur Verfügung.

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Nukleare Sicherheit

(3) Ungeachtet des Absatzes 2 wird das Sekretariat gegen Kostenerstattung die Übersetzung der in einer anderen Tagungssprache vorgelegten Berichte in die bezeichnete Sprache übernehmen.

Artikel 27 Vertraulichkeit (1) Dieses Übereinkommen lässt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus ihren Rechtsvorschriften zum Schutz von Informationen vor einer Preisgabe unberührt. Im Sinne dieses Artikels umfasst der Ausdruck «Informationen» unter anderem i) personenbezogene Daten, ii) durch Rechte des geistigen Eigentums oder durch industrielle oder gewerbliche Geheimhaltung geschützte Informationen und iii) Informationen in bezug auf die nationale Sicherheit oder den physischen Schutz von Kernmaterial oder Kernanlagen.

(2) Stellt eine Vertragspartei im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen Informationen zur Verfügung, die sie nach der Beschreibung in Absatz l als geschützte Informationen eingestuft hat, so werden diese ausschliesslich für die Zwecke verwendet, für die sie zur Verfügung gestellt wurden; die Vertraulichkeit dieser Informationen ist zu wahren.

(3) Der Inhalt der Debatten während der Überprüfung der Berichte durch die Vertragsparteien auf jeder Tagung ist vertraulich.

Artikel 28

Sekretariat

(1) Die Internationale Atomenergie-Organisation (im folgenden als «Organisation» bezeichnet) stellt für die Tagungen der Vertragsparteien das Sekretariat zur Verfügung.

(2) Das Sekretariat i) beruft die Tagungen der Vertragsparteien ein, bereitet sie vor und stellt auf den Tagungen die Dienstleistungen zur Verfügung; ii) übermittelt den Vertragsparteien die aufgrund dieses Übereinkommens eingelangten oder vorbereiteten Informationen.

Die der Organisation durch die unter den Ziffern i und ii genannten Aufgaben entstandenen Kosten werden von der Organisation als Teil ihres ordentlichen Haushalts getragen.

(3) Die Vertragsparteien können durch Konsens die Organisation ersuchen, weitere Dienstleistungen zur Unterstützung der Tagungen der Vertragsparteien zu erbringen. Die Organisation kann solche Dienste leisten, falls diese im Rahmen ihres Programms und ihres ordentlichen Haushalts erbracht werden können. Sollte dies nicht möglich sein, kann die Organisation solche Dienstleistungen erbringen, falls freiwillige Finanzmittel aus anderen Quellen zur Verfügung gestellt werden.

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Nukleare Sicherheit

Kapitel 4 Schlussklauseln und sonstige Bestimmungen Artikel 29

Beilegung von Meinungsverschiedenheiten

Im Fall einer Meinungsverschiedenheit zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens konsultieren die Vertragsparteien einander im Rahmen einer Tagung der Vertragsparteien zur Beilegung dieser Meinungsverschiedenheit.

Artikel 30

Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

(1) Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten vom 20. September 1994 bis zu seinem Inkrafttreten am Sitz der Organisation in Wien zur Unterzeichnung auf.

(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Unterzeichnerstaaten.

(3) Nach seinem Inkrafttreten steht dieses Übereinkommen für alle Staaten zum Beitritt offen.

(4) i) Dieses Übereinkommen steht für regionale Organisationen mit Integrationsoder anderem Charakter zur Unterzeichnung oder zum Beitritt offen, sofern diese von souveränen Staaten gebildet sind und für das Aushandeln, den Abschluss und die Anwendung internationaler Übereinkünfte betreffend die durch das Übereinkommen erfassten Angelegenheiten zuständig sind.

ii) Bei Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, handeln diese Organisationen bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten, die dieses Übereinkommen den Vertragsstaaten zuweist, im eigenen Namen.

iii) Wird eine solche Organisation Vertragspartei dieses Übereinkommens, so übermittelt sie dem in Artikel 34 bezeichneten Depositar eine Erklärung, in der sie angibt, welche Staaten Mitglieder der Organisation sind, welche Artikel des Übereinkommens auf sie anwendbar sind und welches der Umfang ihrer Zuständigkeit in dem von diesen Artikeln geregelten Bereich darstellt.

iv) Eine solche Organisation besitzt keine zusätzliche Stimme neben den Stimmen ihrer Mitgliedstaaten.

(5) Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden werden beim Depositar hinterlegt.

Artikel 31 Inkrafttreten (1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Depositar in Kraft, eins'chliesslich der Urkunden von siebzehn Staaten, von denen jeder über mindestens eine Kernanlage verfügt, bei der ein Reaktorkern einen kritischen Zustand erreicht hat.

(2) Für jeden Staat oder jede regionale Organisation mit Intégrations- oder anderem Charakter, die dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der letzten, zur Erfüllung der in Absatz l genannten Bedingungen notwendigen Urkunde ratifizieren, annehmen, genehmigen oder ihm beitreten, tritt das Übereinkommen am neunzig-

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Nukleare Sicherheit

sten Tag nach Hinterlegung der entsprechenden Urkunde beim Depositar durch diesen Staat oder diese Organisation in Kraft.

Artikel 32 Änderungen des Übereinkommens (1) Jede Vertragspartei kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen.

Änderungsvorschläge werden auf einer Überprüfungstagung oder einer ausserordentlichen Tagung geprüft.

(2) Der Wortlaut jedes Änderungsvorschlags und die Begründung dafür werden dem Depositar vorgelegt, der den Vertragsparteien den Vorschlag umgehend bis spätestens neunzig Tage vor der Tagung, auf der er geprüft werden soll, übermittelt. Alle zu einem solchen Vorschlag eingelangten Stellungnahmen werden den Vertragsparteien vom Depositar übermittelt.

(3) Die Vertragsparteien beschliessen nach Prüfung der vorgeschlagenen Änderung, ob sie diese durch Konsens annehmen oder, falls ein Konsens nicht zustande kommt, ob sie sie einer Diplomatischen Konferenz vorlegen. Für den Beschluss, eine vorgeschlagene Änderung einer Diplomatischen Konferenz vorzulegen, ist die Zweidrittelmehrheit der auf der Tagung anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien erforderlich, mit der Massgabe, dass mindestens die Hälfte der Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesend ist. Enthaltungen gelten als abgegebene Stimmen.

(4) Die Diplomatische Konferenz zur Prüfung und Annahme von Änderungen dieses Übereinkommens wird vom Depositar einberufen; sie findet spätestens ein Jahr nach dem diesbezüglichen Beschluss in Übereinstimmung mit Absatz 3 statt. Die Diplomatische Konferenz bemüht sich nach besten Kräften sicherzustellen, dass Änderungen durch Konsens angenommen werden. Ist dies nicht möglich, werden Änderungen mit Zweidrittelmehrheit aller Vertragsparteien angenommen.

(5) Änderungen dieses Übereinkommens, die nach den Absätzen 3 und 4 angenommen wurden, bedürfen der Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Bestätigung durch die Vertragsparteien; sie treten für die Vertragsparteien, die sie ratifiziert, angenommen, genehmigt oder bestätigt haben, am neunzigsten Tag nach Einlangen der entsprechenden Urkunden von mindestens drei Vierteln der Vertragsparteien beim Depositar in Kraft. Für eine Vertragspartei, welche die betreffenden Änderungen später ratifiziert, annimmt, genehmigt oder bestätigt, treten die Änderungen am neunzigsten Tag, nachdem die Vertragspartei die entsprechende
Urkunde hinterlegt hat, in Kraft.

Artikel 33 Kündigung (1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Depositar gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.

(2) Die Kündigung wird ein Jahr nach Einlangen der Notifikation beim Depositar oder zu einem späteren in der Notifikation festgelegten Zeitpunkt wirksam.

59 Bundesblau 147. Jahrgang. Bd. IV

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Nukleare Sicherheit

Artikel 34 Depositar (1) Der Generaldirektor der Organisation ist Depositar dieses Übereinkommens.

(2) Der Depositar unterrichtet die Vertragsparteien i) von der Unterzeichnung dieses Übereinkommens und der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden nach Artikel 30; ii) von dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens nach Artikel 31 ; in) von den nach Artikel 33 erfolgten Notifikationen der Kündigung dieses Übereinkommens und dem Zeitpunkt der Kündigung; iv) von den von Vertragsparteien vorgelegten Änderungsvorschlägen zu diesem Übereinkommen und den auf der entsprechenden Diplomatischen Konferenz oder der Tagung der Vertragsparteien angenommenen Änderungen sowie von dem Inkrafttreten der betreffenden Änderungen nach Artikel 32.

Artikel 35 Authentische Texte Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen authentisch ist, wird beim Depositar hinterlegt; dieser übermittelt den Vertragsparteien beglaubigte Abschriften.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Wien am 17. Juni 1994.

Es folgen die Unterschriften \ 7876

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft betreffend das Übereinkommen über nukleare Sicherheit vom 18. Oktober 1995

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Foglio federale

Jahr

1995

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

95.072

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.12.1995

Date Data Seite

1343-1374

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10 053 687

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