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79. Jahrgang.

Bern, den 9. Februar 1927.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellangsgebnltr.

EinrückungsgebUhr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. m Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung.

(Vom 31. Januar 1927.)

I.

Das heute noch bestehende Einfuhrmonopol wurde auf Grund der ausserordeiith'chen Vollmachten durch den Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 geschaffen. Die Bundesversammlung ihrerseits ordnete durch Beschlüsse vom 1. Juli 1922, 20. Juni 1924 und 27. März 1925 die Übernahme des Inlandgetreides und die Ausrichtung der Mahlprämie; die bezüglichen Vorschriften kommen ein letztesmal für die Ernte 1926 zur Anwendung.

Beide, das Getreidemonopol und die Massregeln zur Unterstützung des inländischen Getreidebaues (Getreideabnahme und Mahlprämie), sind aufs innigste miteinander verbunden. Niemand konnte je daran denken, das Getreidemonopol fortzusetzen, ohne die Massnahmen für den inländischen Getreidebau aufrechtzuerhalten. Für diese braucht es aber einen Bundesbeschluss. Infolgedessen hegt also auch nach dem heutigen Eechtszustand der Entscheid über die Fortsetzung des Monopols tatsächlich in den Händen der Bundesversammlung.

Am 5. Dezember 1926 hat das Schweizervolk die Verfassungsvorlage der Bundesversammlung betreffend die Getreideversorgung des Landes mit 372,049 gegen 366,507 Stimmen verworfen. Acht Stände haben der Vorlage zugestimmt, und 14 Stände haben sie abgelehnt. Durch diese Abstimmung haben somit Volk und Stände den Verfassungsartikel, der das heute bestehende Getreiderecht in die ordentliche Gesetzgebung des Bundes überführen sollte, verworfen. Die gegebene Konsequenz dieser Tatsache wäre die tunlichst rasche Aufhebung der heute noch bestehenden Institutionen, also insbesondere des Einfuhrmonopols. Die Aufhebung könnte, da sich die Getreideabnahme für die Ernte 1926 bis in das Frühjahr und ihre Verarbeitung bis in den Sommer hineinzieht, auf Ende Juni 1927 erfolgen. Einzig die Ausrichtung der Mahlprämie für die Getreideernte 1926 müsste sich nach bisheriger Praxis auf die Zeit bis 31. August 1927 erstrecken.

Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. I.

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Freunde und Gegner der am 5. Dezember verworfenen Vorlage waren aber in der Auffassung einig, dass die Ernte 1927 in gleicher Weise zu behandeln sei wie die Ernte 1926. Die Landwirte haben im letzten Herbst die Getreideansaaten zweifellos in der Meinung und Überzeugung vorgenommen, dass Mahlprämie und Getreideabnahme auch für die Ernte 1927 Platz greifen werden.

Vorab hofften sie, dass der vorgeschlagene Verfassungsartikel angenommen werde, aber sie nahmen auch Akt von den Erklärungen der Gegner, die ihnen versicherten, dass, selbst wenn der Verfassungsartikel verworfen werde, am geltenden Getreiderecht zunächst nichts verändert würde.

Überdies ist aber auch zu berücksichtigen, dass mit 77,062 gültigen Unterschriften eine Volksinitiative für eine monopolfreie Lösung der Getreidefrage zustande gekommen ist, die hinsichtlich der Unterstützung des inländischen Getreidebaues die heute angewendeten Massregeln, d. h. die Getreideabnahme und die Mahlprämie für Selbstversorger, aufrechterhalten will. Würde der gegenwärtig bestehende Zustand abgeschafft, ohne dass gleichzeitig eine neue Eegelung erfolgt, so wäre die Kontinuität in der Getreideabnahme und der Ausrichtung der Mahlprämie unterbrochen und dadurch für die Annahme des durch die Initianten vorgeschlagenen Verfassungsartikels eine grosse, wohl kaum überbrückbare Schwierigkeit geschaffen. Diese Folge wollten die Initianten vermeiden, und es ist eine Pflicht der Loyalität, ihnen keine Hindernisse in den Weg zu legen.

Schliesslich darf noch erwähnt werden, dass fast die Hälfte der abstimmenden Schweizerbürger am 5. Dezember 1926 der Verfassungsvoiiage zugestimmt hat. Ist diese auch verworfen, so muss doch die Abstimmung gleichzeitig als ein Bekenntnis des Schweizervolkes ausgelegt werden, dass die brennende öetreidefrage einer Lösung entgegenzuführen sei und das heute Bestehende nicht einfach begraben werden dürfe. Dies ist um so zutreffender, als meistens auch die Gegner der Monopolvorlage ausdrücklich erklärten, das» sie mit deren sachlichen Zielen einig gehen.

Aus dieser Lage und diesen Erwägungen heraus erwuchsen drei parlamentarische Anregungen, nämlich: die Motion D u f t und Mitunterzeichner, vom 1. Oktober 1926, mit folgendem Wortlaut: «Der Bundegrat wird eingeladen, für den Fall, dass die Verfassungsvorlage betreffend die Getreideversorgung
des Landes am 5. Dezember 1926 verworfen werden sollte, die provisorische Beibehaltung des bisherigen Eechtszustandes durch einen dringlichen Bundesbeschluss in die Wege zu leiten; dies in der Meinung, dass die Wirksamkeit dieses Bundesbeschlusses auf eine angemessene Frist zu beschränken sei, welche Übergangszeit die Schaffung eines neuen Getreiderecht», auf monopolfreier Grundlage ermöglichen soll.» Das Postulat P a z a n und Mitunterzeichner, vom 9. Dezember 1926: «Angesichts des Ergebnisses der Volksabstimmung über Art. 23bl* der Verfassung wird der Bundesrat eingeladen, zu berichten, welche

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Massnahmen er zu ergreifen gedenkt, um die : Anlage von genügenden Getreidevorräten und die Förderung des inländischen Getreidebaues sicherzustellen, insbesondere um den Absatz der Ernte 1927 und, wenn nötig, der folgenden Jahre zu gewährleisten.» Die Motion: Es eher und Mitunterzeichner, vom 7. Dezember 1926: «Nachdem die Verfassungsvorläge betreffend die Getreideversorgung des Landes am 5. Dezember verworfen wurde, alle aber sich bereit erklärten, der Gebirgsbevölkerung zu. Hilf e kommen zu wollen, wird der .Bundesrat eingeladen, bis zur endgültigen Eegelung des Getreiderechtes den Gebirgskantonen jene Vorteile zukommen zu lassen, deren sie bei Annahme der Vorlage teilhaftig geworden wären, besonders hinsichtlich des. Frachtenausgleichs für Getreide und Mehl.» Das Postulat Fazan war unbestritten und wurde im Nationalrat am 14. Dezember: 1926 gutgeheissen.

Auf Wunsch des Bundesrates wurde die Motion E s ehe r vom Motionär in ein Postulat umgewandelt ; sie blieb dann in dieser Form unbestritten.

Was die Motion Duft betrifft, so erklärte sich der Bundesrat mit deren Zielen einverstanden. Er selbst war aus den bereits erwähnten Gründen davon überzeugt, dass von einer sofortigen Abschaffung der Massnahmen für die Aufrechterhaltung des inländischen Getreidebaues keine Eede sein könne, und er musste sich sagen, dass ein neues Eegime innert einiger Wochen oder Monate nicht ins Leben gerufen werden könne. So kam er dazu, dass auch das Einfuhrmonopol namentlich als Mittel zur Durchführung der Massregeln zugunsten des inländischen Getreidebaues aufrechterhalten werden müsse.

Der Bundesrat hat aber, wie bereits erwähnt, niemals, daran gedacht, eine Verlängerung der derzeitigen Vorschriften und damit des Monopols auf unbestimmte Zeit vorzuschlagen, um so weniger, als er ja schon im Jahre 1924 seine Anträge auf die Ernten 1925 und 1926 beschränkte. So weit ging also der Bundesrat mit den Anregungen der Motion Duft, die eigentlich gegebene waren und über die, man darf wohl sagen, allseitiges Einverständnis bestand, vollständig einig.

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, Die Motion Duft machte weiter in formeller Beziehung die Anregung, es solle : das Einfuhrmonopol nicht mehr auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten fortgesetzt, sondern durch einen dringlichen Beschluss der eidgenössischen Bäte sanktioniert werden. Auch hiegegen hatten
wir nichts einzuwenden. Wir gaben also im Nationalrat die Erklärung ab, dass wir der Bundesversammlung eine terminierte Vorlage über die vorläufige Weiterführung des Einfuhrmonopols und die Unterstützung des inländischen Getreidebaues einbringen werden. Wenn dann im Nationalrat der zweite Teil der Motion Duft, der insbesondere von,der zeitlichen Beschränkung der Gültigkeit des Beschlusses sprach, gestrichen wurde, so glauben wir, dass dieses Votum eher einer in der Diskussion vorgeschlagenen, der Mehrheit des Eates offenbar etwas kurz

72 erscheinenden Terminierung als dem Grundsatz der zeitlichen Beschränkung galt, und wir sind überzeugt davon, dass eigentlich jedermann die letztere als gegeben betrachtete.

Die vom Nationalrat angenommene Motion Duft lautet wie folgt: «Der Bundesrat wird eingeladen, die provisorische Beibehaltung des bisherigen Eechtszustandes betreffend die Getreideversorgung durch einen dringlichen Bundesbeschluss in die Wege zu leiten.» Der Ständerat, an den die Motion geleitet wurde, fasste folgenden Beschluss : «Der Ständerat, in Erwägung, dass der Bundesrat durch den Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements hat erklären lassen: · 1. dass er die provisorische Beibehaltung des bisherigen Eechtszustandes durch einen dringlichen Bundesbeschluss sofort in die Wege leiten wolle und dass die Wirkung dieses Bundesbeschlusses auf eine möglichst kurze und zeitlich genau umgrenzte Übergangsperiode beschränkt werden solle, 2. dass die Vorlage des Entwurfes dieses dringlichen Bundesbeschlusses der Bundesversammlung vor der Frühjahrssession zugehen wird, in weiterer Erwägung, dass die Dauer dieser Übergangsperiode erst bei Behandlung des erwähnten dringlichen Bundesbeschlusses in der Bundesversammlung endgültig zu bestimmen sein wird und durch die heutige Beschlussfassung nicht präjudiziert ist, beschliesst : Zustimmung zum Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 1926, lautend: Der Bundesrat wird eingeladen, die provisorische Beibehaltung des bisherigen Eechtszustandes betreffend die Getreideversorgung durch einen dringlichen Bundesbeschluss in die Wege zu leiten.» Wir glauben daher, durch eine Vorlage, die den bisherigen Rechtszustand sowohl in sachlicher Beziehung wie hinsichtlich des Mittels aufrechterhält, den Wünschen und Absichten der eidgenössischen Räte gerecht zu werden. Die Motion Duft ist vor der Abstimmung über die Monopolvorlage im Oktober 1926 eingereicht worden. Man hat sie allgemein so verstanden und namentlich in der Abstimmungskampagne auch dahin ausgelegt, dass einstweilen, d. h. bis zum Entscheid über die monopolfreie Lösung, am bisherigen Getreiderecht nichts geändert werde und dass also insbesondere das Monopol provisorisch, allerdings nicht mehr auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten, wohl aber auf Grund eines Bundesbeschlusses, weiterbestehen soll.

In der parlamentarischen Beratung
hat im Nationalrat und im Ständerat der Vertreter des Bundesrates keinen Zweifel darüber gelassen, wie dieser die Motion Duft verstehe, nämlich so, dass es sachlich, aber auch in Be-

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ziehung auf das Mittel der Durchführung, also des Einfuhrmonopols, für eine Übergangsperiode beim bisherigen Zustand sein Bewenden habe. Diese Auffassung ist zweifellos auch diejenige der Motionäre und der Rate. Denn sonst hätte ja die Diskussion darüber, ob das Monopol auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten oder auf Grund eines neuen Bundesbeschlusses weiterbestehen soll überhaupt keinen Sinn gehabt, und die Erklärungen des Bundesrates wären nicht auch von den Monopolgegnern als durchaus befriedigend bezeichnet worden. Besonders scharf und klar hat es der Ständerat auf den Antrag seiner einstimmigen Kommission sowohl in den Motiven wie im Beschlüsse selbst ausgesprochen, dass der bisherige Rechtszustand provisorisch weiterdauern und, was das Monopol betrifft, nur auf eine andere Basis gestellt werden soll.

Es herrscht also über die Grundlage, auf der der vorzulegende Bundesbeschluss aufzubauen ist, Übereinstimmung. Die getroffene Lösung ist aber auch sachlich begründet, denn anlässlich des Erlasses eines Bundesbeschlusses, der so ausgesprochen vorübergehenden Charakter hat, kann nach allem, was gegangen ist, nicht in aller Eile über die Gestaltung einer mouopolfreien Lösung, die präjudizierlich sein könnte, entschieden werden. Dazu kommt, dass es auch vollständig unmöglich gewesen wäre, in der kurzen, zur Verfügung stehenden Frist eine andere Organisation zu treffen, an deren Ausgestaltung und Durchführung bestimmte wirtschaftliche Kreise, wie namentlich das Müllereigewerbe, in hervorragendem Masse beteiligt sind und deshalb zuvor gehört werden müssten.

Wir benutzen den Anlass, um den Raten mitzuteilen, dass die Vorarbeiten für die Prüfung der Initiative und einer monopolfreien Lösung im Gange sind. Das Departement hat intern das Studium und die Untersuchung der Präge an die Hand genommen und gleichzeitig wirtschaftlichen Kreisen, die sich um das Zustandekommen der monopolfreien Losung besonders interessieren oder bei ihr mitzuwirken hätten, Gelegenheit gegeben, ihre Wünsche und Anregungen bekannt zu geben.

Nach Verarbeitung des Materials wird wohl eine aus allen Bevölkerungskreisen zusammengesetzte Kommission das Weitere zu beraten haben. Der Bundesrat bleibt, wie er bereits erklärte, bemüht, den Bericht über die Initiative, so rasch wie es die nötige Umsicht gestattet, einzureichen.

II.

Am 13. Dezember 1926 richtete das Zentralkomitee des schweizerischen Getreidehandels folgende Zuschrift an uns: ,,Die monopolfreie Lösung der Getreidefrage wird zweifellos im Hinblick auf technische Fragen, die zu lösen sein werden, die Mitarbeit von Fachleuten erfordern und halten wir darauf, dass der schweizerische Getreidehandel dabei zugezogen werde.

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Wir bitten Sie deshalb, im geeigneten Moment an uns zu gelangen, um Ihnen alsdann einige Mitglieder unserer Korporation bezeichnen zu können.

Wir sind auch der Ansicht, dass nunmehr die Frage der Einfuhrbewilligungen für Brotgetreide aktuell geworden ist, und bitten wir Sie, uns Gelegenheit zu geben, bezüglich der erforderlichen Modalitäten mit Ihnen iu Verbindung zu treten.

Wir halten es auch als selbstverständlich, dass das Zentralkomitee des schweizerischen Getreidehandels zur Beratung aller einschlägigen Fragen zugezogen wird.a Mit Zuschrift vom 13. Januar 1927 brachte uns das schweizerische Aktionskomitee für eine monopolfreie Lösung der Getreidefrage folgenden Beschluss zur Kenntnis : ,,Gegenüber bekanntgewordenen Auffassungen, dass das im Zusammenhang mit der Behandlung der Motion Duft zu ordnende Übergangsrecht einfach in der unveränderten Weiterführung des Getreidemonopols zu bestehen habe, erachtet es das Aktionskomitee für die monopolfreie Lösung der Getreidefrage als seine Pflicht, auf folgendes hinzuweisen : Das Übergangsrecht muss zwar der Landwirtschaft die durch den Bundesbeschluss vom 20. Juni 1924 gewährten Rechte bis zur Abstimmung über die monopolfreie Getreideversorgung weiter garantieren ; in Verbindung damit muss aber ein schrittweiser Abbau des ausschliesslichen Rechts des Bundes zur Einführung von Brotgetreide mit gleichzeitiger Öffnung der privaten Einfuhr erfolgen, denn gerade gegen das aussohliessliche Einfuhrrecht des Bundes richtete sich der Volksentscheid vom 5. Dezember 1926. Die unveränderte, wenn auch zeitlich befristete Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes muss als eine Missachtung desselben auf das Entschiedenste abgelehnt werden."1 Das Komitee fügte dann weiter bei : ,,Gemäss dein uns zuteil gewordenen Auftrag bitten wir Sie, von diesem Beschluss gütigst Kenntnis zu nehmen und ihn in wohlwollende Berücksichtigung ziehen zu wollen. Wir möchten beifügen, dass das Aktionskomitee e i n s t i m m i g der Auffassung ist, dass einstweilen auf die Gestaltung des Übergangsrechts im Sinne des gefassten Beschlusses das grösste Gewicht gelegt werden muss und dass in dieser Hinsicht irgendwelche Zweifel über die Bedeutung des Volksentscheides vom 5. Dezember 1926 schlechterdings ausgeschlossen sind.

Im Interesse der möglichsten Förderung gemeinsamer Zusammenarbeit zwischen Monopolfreunden und Monopolgegnern hofft das Aktionskomitee zuversichtlich, dass der Bundesrat in seinem Ent-

75 wurf zu einem Bundesbeschluss für das Übergangsrecht dem im vorstehenden Beschluss enthaltenen Postulat im vollen Umfang Rechnung tragen werde.1' Sollte das zweite Schreiben den Sinn haben, dass der Bundesbesehluss grundsätzlich auf einer anderen Lösung als der provisorischen Beibehaltung des Einfuhrmonopols aufzubauen sei -- was wir zwar nicht annehmen --, so ist es durch unsere Ausführungen in Abschnitt I bereits widerlegt.

Soweit durch die beiden Schreiben die Erteilung von Einfuhrbewilligungen und der sukzessive Abbau des Monopols in der Periode, für welche der zu erlassende Bundesbeschluss gelten soll, angeregt wird, sei das Folgende bemerkt: In der parlamentarischen Behandlung der Dezembersession spielten diese Punkte keine grosse Rolle. Wohl hat der Motionär in seinem Votum die Erwartung ausgesprochen, dass der allmählige Abbau des Monopols nicht nur ins Auge gefasst, sondern tatsächlich auch in die Wege geleitet werde. Wie er sich dies vorstellte, ist indessen aus seinen Voten nicht klar ersichtlich, und es hat dieser Gedanke im Beschluss des Nationalrates auch keinerlei Sanktion gefunden. Im Ständerat warf ein Redner die Frage auf, ob nicht im Zwischenstadium Einfuhrbewilligungen erteilt werden sollten. Ein Antrag wurde nicht gestellt, und als der Sprecher des Bundesrates auf die Schwierigkeiten, die entstehen würden, aufmerksam machte, fand die Anregung keinerlei Unterstützung mehr, wohl aber wurde sie von anderer Seite ausdrücklich abgelehnt. Der Beschluss des Ständerates endlich spricht ausdrücklich von der Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes ohne irgendwelchen Vorbehalt.

Schafft der Gang dieser Verhandlungen Klarheit über die Ansichten, die in den beiden Räten bestehen, so schliesst er anderseits keineswegs aus, dass eine abweichende Anregung gemacht werden kann. Für deren Prüfung sind unseres Erachtens die folgenden Erwägungen massgebend: Das Einfuhrmonopol bildet den Schlüssel für die Aktion zugunsten des inländischen Getreidebaues, so wie diese heute organisiert ist. Es schützt den Bund durch die Beschränkung des Verkehrs mit Auslandgetreide vor der Unterschiebung ausländischen Getreides bei der Ausrichtung der Mahlprämie und der Abnahme des Inlandgetreides in weitgehendem Masse. Es ermöglicht durch ständige und im ganzen Lande gleiche Abgabepreise, das Inlandgetreide
überall und für eine ganze Ernte zum gleichen Preise zu übernehmen. Das Monopol sichert schliesslich die rationelle Wiederverwertung ,des Inlandgetreides zu einem angemessenen Preise, und es verteilt die durch die Vorratshaltung und den Mehrpreis -auf dem Inlandgetreide entstehenden Ausgaben auf den gesamten Getreidekonsum.

Es soll in dieser Botschaft nicht darüber entschieden werden, ob die Aktion zugunsten des inländischen Getreidebaues nicht auch ohne

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Monopol durchgeführt werden kann. Darüber wird später nach eingehender Prüfung zu sprechen sein, und der Bundesrat ist sich bewusst, dass er, zufolge des Volksentscheides, die Mittel und Wege zu studieren hat, die zu diesem Ziele fähren. Zurzeit aber sind diese Untersuchungen nicht abgeschlossen, und ein Beschluss darüber kann noch nicht gefasst werden.

Dagegen ist heute zu untersuchen, ob die Erteilung von Einfuhrbewilligungen empfehlenswert sei in einer Periode, in der die Aktion zugunsten des inländischen Getreidebaues vollständig unverändert weitergeführt und in der das Monopol im Grundsatz weiterbestehen soll. Wir können unsere ernsten Bedenken gegenüber einer solchen Neuerung nicht verhehlen. Selbst wenn man sich über die Gefahr der Unterschiebung von Auslandgetreide anlässlich der Ausrichtung der Mahlprämie und der Abnahme des Inlandgetreides hinwegsetzen und versuchen wollte, sich mit Strafbestimmungen zu behelfen, entstünde eine ganze Reihe schwieriger Fragen, die kaum in einem provisorischen Erlasse und rasch befriedigend geregelt werden könnten.

Auf jeden Fall müssten von vorneherein die Grundsätze, welche angewendet, und die Bedingungen, unter welchen Einfuhrbewilligungen erteilt werden sollten, mit den beteiligten Kreisen, nämlich dem Getreidehandel und dem Müllereigewerbe, eingehend besprochen werden. Die Erfahrung zeigt, dass solche Verhandlungen mühselig und lang sind. Die Verhältnisse sind kompliziert, und die Beteiligten halten selbstverständlich darauf, dass jegliche ungleiche Behandlung vermieden und nicht dem einen etwas zugemutet würde, was der andere nicht zu tragen hätte.

Vor allem entstünde die Frage, wem sollen Einfuhrbewilligungen erteilt werden? Jedermann oder bloss dem sogenannten legitimen Handel und den Müllern ? Wie wäre der Kreis der Berechtigten zu umschreiben ?

Erhebliche Schwierigkeiten bote auch die Bestimmung der Menge, die eingeführt werden soll, und der Zeitpunkt der zu erteilenden Bewilligungen.

Der Bund trägt durch den Unterhalt von Vorräten und die Übernahme des Inlandgetreides zu einem Mehrpreis Lasten, die auf dem Abgabepreis zum Ausdrucke kommen, selbst wenn die erwähnten Opfer zu einem Teile durch die Handelsoperationen eingebracht würden. Einfuhrbewilligungen könnten, das wurde auch im Ständerate hervorgehoben, au Dritte offenbar nur erteilt
werden, wenn diese einen entsprechenden Anteil an den Ausgaben übernähmen, die dem Bunde durch seine Leistungen im Interesse der Landesversorgung erwachsen. Soll dieser Anteil in Form einer realen Leistung (z. B. Übernahme von Inlandgetreide) oder in einer Geldzahlung bestehen? Im ersten Falle früge es sich, wie die Menge des zu übernehmenden Inlandgetreides zu bestimmen und wie der Preis (Einstandspreis des Bundes oder Marktpreis) zu fixieren wäre, im zweiten Falle, nach welchen Grundsätzen und wie hoch die Geldleistung bemessen werden müsste, über deren Betrag offenbar die Meinungen auseinander-

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gehen würden. Über diese Punkte müssten offenbar in dem Bundesbeschluss Regeln aufgestellt werden, die der Bundesrat anzuwenden hätte.

Er selbst müsste es ablehnen, die Bedingungen von sich aus zu fixieren, um nachher die Flut herber Kritik über sich ergehen zu lassen, dass seine Anordnungen unrichtig, unbillig und ungerecht seien. Würde die Belastung der privaten Getreideeinfuhr niedrig bemessen, so könnten darunter die Interessen des Bundes leiden, und überdies würden die bezüglichen Bewilligungen zu einer Vergünstigung, um die ein wahrer Wettlauf entstünde. Würden die Interessen des Staates gewahrt und die Bedingungen schärfer formuliert, so wäre es nicht ausgeschlossen, dass die Kreise, die Getreide einführen möchten, die Behörden beschuldigen, alles sei nur Schein, man verunmögliche durch zu weitgehende Forderungen die private Einfuhr, und das Monopol bestehe tatsächlich weiter wie zuvor.

Der Bund verkauft das Getreide, wie bereits erwähnt, im ganzen Lande während längeren Perioden zum gleichen Preise. Er vergütet auch dem Inlandproduzenten überall für die gleiche Qualität den gleichen Preis und fixiert ihn überdies gültig für die ganze Ernte, unabhängig davon, ob die Ablieferung schon im 'Oktober oder erst im Frühjahr erfolge. Von diesen Grundsätzen kann, zumal für eine Interimslösung, namentlich aber auch mit Rücksicht auf die ' Zusicherung, dass sachlich nichts geändert werden soll, nicht abgegangen werden.

Mit dem privaten Import zöge wieder der Grundsatz des täglich variierenden Preises ein. Ihm stünde der für längere Perioden gültige Abgabepreis der eidgenössischen Getreideverwaltung, wie auch die Ständigkeit des Übernahmepreises für das Inlandgetreide gegenüber. So kämen zwei Systeme miteinander in Konflikt. Bei sinkenden Marktpreisen mochte jeder einführen. Bei steigenden Preisen würden sich die Müller an die Getreideverwaltung halten. Diese wüsste nicht, mit welchem Absatz und Umsatz sie zu rechnen und demgemäss auch nicht, wie sie die Lasten zu verteilen hätte.

Private Getreideeinfuhren hätten mit den Frachtdifferenzen zu rechnen, die je nach dem Bestimmungsorte bis 3 Franken pro 100 kg betragen.

Der durch den privaten Handel geschaffene Getreidepreis ist also ein örtlich verschiedener, der des Bundes ein für das ganze Land einheitlicher. Durchi ein Nebeneinanderbestehen dieser
beiden Systeme entstünden grosse Schwierigkeiten. Im einen Falle könnte der private Importeur mit der eidgenössischen Getreideverwaltung nicht konkurrieren, weil diese franko liefert, und für die Grenzgebiete wäre umgekehrt der Bund als Lieferant im Nachteil, weil er einen einheitlichen Frachtzuschlag macht.

Eine Ungleichheit entstünde schliesslich auch dadurch, dass der Bund offenbar stets die gleiche Leistung für die Erteilung der Einfuhrbewilligungen verlangen müsste, ob die Getreidepreise am Weltmarkte höher oder tiefer stehen.

78 Diese Verhältnisse werden aber noch dadurch komplizierter, dass wir nicht nur mit der Getreideeinfuhr, sondern noch mit der M ehi einfuhr zu rechnen hätten. Würde man Bewilligungen erteilen, um unvermahlenes Getreide zu importieren, so könnte man wohl grundsätzlich auch die Mehlsperre nicht aufrechterhalten. "Welches wären die Bedingungen, die man an die Mehleinfuhr zu knüpfen hätte? Sie wären noch viel schwieriger zu formulieren und namentlich durchzuführen als für das Getreide. Alle» bereits diskutierten Fragen würden sich hier von neuem in verschärfter Form stellen.

Wie schwer es hält, in solchen Dingen Änderungen eintreten zu lassen, können wir an einem Beispiel zeigen. Wir legten neulich dem Verband schweizerischer Müller die Frage vor, ob eine freihändige Verwertung des vom Bunde abzunehmenden Inlandgetreides in befriedigender Weise denkbar sei und ob insbesondere der Verband iu der Lage wäre, eine freihändige Übernahme der Inlandgetreideernte 1926, soweit diese nicht bereits zugeteilt sei, zu organisieren und zu garantieren. Die Antwort der Müller vom 12. Januar 1927 lautete: ,,Auch für eine künftige Übernahme der vom Bunde abzunehmenden Getreideernten auf freihändigem Wege sehen wir zurzeit noch ungelöste Schwierigkeilen ; über die Frage, ob eine solche Regelung des Abnahmeverfahrens rationell überhaupt möglich sei, können wir uns abschliessend und prinzipiell jedoch erst in einem wesentlich fortgeschrittenerem Stadium unserer Beratungen äussern.

Absolut ausgeschlossen ist es, dass unser Verband unter heutigen Verhältnissen eine freihändige Abnahme der Inlandsernte 1926 vermitteln könnte, denn -- abgesehen davon, dass ein befriedigender Wreg zu einer solchen Lösung im Momente überhaupt noch nicht gefunden ist -- wäre es zweifellos unmöglich, die erforderlichen Vorkehren betreffend Kompetenzbegründung und Organisation innert nützlicher Frist durchzuführen.

Dass durch den Übergang zu einem freihändigen Verfahren mit sofortiger Wirkung für die Abnahme der Inlandsernte 1926 ein unglücklicher und unhaltbarer Dualismus geschaffen würde, sei nur nebenbei erwähnt, da dieses Moment nur zu würdigen wäre, wenn eine rationelle Möglichkeit zu einer freihändigen Liquidation der Bundesbestände aus letzter Ernte überhaupt gegeben wäre."

Es handelt sich ja gewiss -- das sei nochmals hervorgehoben --
hier um eine andere Frage. Allein der Bescheid des Müllerverbandes zeigt doch, dass es nicht leicht ist, Bestehendes zu verändern und neue befriedigende Lösungen zu schaffen.

So halten wir denn dafür, es sei für das Provisorium das bisherige Regime aufrechtzuerhalten und darauf zu verzichten, durch die Erteilung von Einfuhrbewilligungen, die jedenfalls von den allgemeinen Interessen nicht gefordert werden und speziell auch den Konsumenten in keiner W7eise

79 zugute kämen, neue Schwierigkeiten und Verwicklungen zu schaffen. Die beiden Systeme -- einerseits die derzeitige Aktion zur Unterstützung des inländischen Getreidebaues, aufgebaut auf dem Monopol, und anderseits die Erteilung von Einfuhrbewilligungen -- vertragen sich nicht miteinander. Für die Zukunft, d. h. für die definitive Lösung, wird zu untersuchen sein, wie eine Umgestaltung des Bestehenden durchgeführt werden kann und ob die Getreideeinfuhr einzig dem privaten Handel oder diesem und dem Bunde gemeinsam zu übertragen sei. Im letzteren Falle müsste sich dann wohl die eidgenössische Getreideverwaltung an die Grundsätze des privaten Handels anlehnen und nicht nur auf das Monopol, sondern auch auf verschiedene andere Einrichtungen verzichten, die heute bestehen.

Es liegt nach unserer Überzeugung im Interesse einer ruhigen und objektiven Prüfung des ganzen Problems, dass in einer Zwischenzeit nicht Unklarheit und Unsicherheil entstehen, die Enttäuschungen hervorrufen und Beschwerden zeitigen könnten. Auch Kreise, die sich zur Anregung an sieh günstig stellen, werden anerkennen müssen, dass es kaum möglich wäre, innert kurzer Frist auch nur halbwegs befriedigende Regeln für ein Übergangssystem, wie es dem Aktionskomitee vorzuschweben scheint, aufzustellen. Wenn der Getreidehandel einmal die Importe aufnimmt, dann soll, vorbehaltlich einer ganz kurzen Liquidationsperiode, das Monopol verschwinden.

Wir glauben, ein Entgegenkommen an diejenigen, die das Monopol möglichst bald beseitigt wissen möchten, könnte viel eher in einer vorsichtigen und tunlichst kurzen Betnessung der Übergangsperiode gefunden werden. Wir lehnen die Behauptung, dass in der durch praktische Erwägungen geforderten und durch technische Rücksichten bedingten provisorischen und kurz befristeten Aufrechterhaltung des Monopols eine Missachtung des Volksentscheides vom 5. Dezember 1926 liege, sowohl für die Bundesversammlung wie für uns entschieden ab.

III.

Bei der Ausarbeitung der Vorlage haben wir uns von der Erwägung leiten lassen, dass es sich um eine Ordnung mit ausgesprochen vorübergehendem Charakter handle. Wir haben uns infolgedessen in der Hauptsache darauf beschränkt, den heute geltenden Zustand beizubehalten und darauf verzichtet, neue Grundsätze aufzustellen oder wesentliche Abänderungen und Ergänzungen der bis dahin massgebenden Vorschriften in Vorschlag zu bringen.

Drei Fragen mögen vor der artikelweisen Behandlung besprochen werden.

Xach dem Entwurf soll während der kommenden Übergangsperiode das Einfuhrmonopol für Getreide nicht mehr auf Grund der außerordentlichen Vollmachten bestehen, sondern durch einen Beschluss der Eäte für eine bebestinunte Frist provisorisch sanktioniert werden. Wir haben bereits nachgewiesen, dass tatsächlich auch bisher der Entscheid über den Weiterbestand

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des Monopols in der Hand der Bundesversammlung lag. Die Vorschriften über die Unterstützung des inländischen Getreidebaues galten für die Ernten 1925 und 1926. Für ihre Verlängerung war also ein Bundesbeschluss erforderlich.

Stimmte die Bundesversammlung einer solchen Verlängerung nicht zu, so fiel automatisch auch das Monopol, an dessen Weiterführung beim Verschwinden der Massregeln für die Unterstützung des Getreidebaues niemand denken konnte. So bringt ein Beschluss der Bundesversammlung, der das Getreidemonopol für eine bestimmte Frist ausdrücklich vorsieht, materiell nichts Neues, und die Dinge werden unter seiner Herrschaft genau so geregelt sein wie bis jetzt.

Allein der Bundesrat kann es nur begrüssen, wenn die provisorische Weiterführung des Getreidemonopols sich nicht mehr auf die ausserordentlichen Vollmachten des Jahres 1914 stützt, wenn die Bundesversammlung auch formell über seinen Weiterbestand einen Entscheid fällt und wenn sie damit die Verantwortlichkeit übernimmt. Dieses Vorgehen erlaubt zugleich, das ganze, in verschiedenen Beschlüssen zerstreute Getreiderecht in einem einzigen Erlasse übersichtlich zu ordnen, und das ist im Interesse der Klarheit gelegen.

Bei der Zustimmung zu der erwähnten Anregung geht der Bundesrat von der Erwägung aus, dass die Bundesversammlung, dem Bundesrat übergeordnet, auch heute noch in der Lage ist, einen solchen Entscheid zu treffen, und dass es nicht nötig sei, auf das Kriegsrecht zurückzugreifen, um das Monopol vorübergehend weiterführen zu können. Auch im Schosse des Bundesrates kam allerdings die Meinung zum Ausdruck, dass es vielleicht einfacher und richtiger wäre, das Einfuhrmonopol gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten weiterbestehen zu lassen, statt es zum Gegenstand eines neuen Bundesbeschlusses zu machen. Diese Bechtsauffassung geht davon aus, dass die Bundesversammlung seinerzeit bei Kriegsbeginn aus einem Notrecht schöpfend den Bundesrat ermächtigen konnte, alle im Interesse des Landes gelegenen Massregeln zu treffen, selbst wenn dabei über die Grundsätze der Verfassung hinweg geschritten werden musste. Heute aber, so machen die Anhänger jener Ansicht geltend, stehe eine so weitgehende Kompetenz der Bundesversammlung nicht mehr zu, und diese sollte es daher ablehnen, ausdrücklich anzuordnen, was sie heute als Fortsetzung
des während des Krieges bestandenen Eechtszustandeg toleriert. Darf einer solchen Auffassung auch eine gewisse Berechtigung nicht abgestritten werden, so ist doch auf der andern Seite geltend zu machen, das?

praktisch die ausdrückliche Sanktionierung und die Duldung des Zustandes auf dasselbe herauskommt. Anderseits werden durch eine terminierte Beschlussfassung der Bundesversammlung die Kompetenzen der Begierung, die sich aus den ausserordentlichen Vollmachten herleiten, beschnitten, und es wird die Bundesversammlung auch äusserlich zum handelnden und anordnenden Teil, Das ist gewollt und sachlich nur zu begrüssen.

Die zweite Frage betrifft die Terminierung. Die Abnahme einer jedenErnte vollzieht sich jeweilen im Laufe des folgenden Herbstes und Winters bis in den Frühling hinein, vom Oktober bis zum April. Die Verwertung kann

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mit Ende Mai, jedenfalls aber mit Ende Juni als abgeschlossen gelten. Die Getreidehandlung des Bundes und damit das Einfuhrmonopol wären somit jeweils auf den 30. Juni zu liquidieren, also für den Fall des Einbezuges der Ernte 1927 auf den 30. Juni 1928. Für die Selbstversorgung findet die Ernte bis auf ein Jahr, also rund bis zum 1. September des folgenden Jahres, Verwendung. Die Abrechnung über die Ausrichtung der Mahlprämie dagegen zieht sich bis Ende des Kalenderjahres hin. Ist also für die Ausrichtung der Mahlprämie ein solcher zeitlicher Vorbehalt zu machen, Do würde dieser an der Liquidation des Monopols auf den 30. Juni nichts ändern.

Fragt es sich nun, auf wie lange der bisherige Zustand verlängert werden soll, so ist es für uns klar, dass für die Ernte 1927 und bis zum 30. Juni 1928 überhaupt nichts geändert, also auch das Monopol beibehalten werden soll. Ganz abgesehen von allen andern Erwägungen ist es praktisch nicht · möglich, in der zur Verfügung stehenden kurzen Frist eine andere befriedigende Lösung zu studieren und ins Leben zu rufen.

Bei Gegenüberstellung der mehr politischen und grundsätzlichen Erwägungen einerseits, der wirtschaftlichen Anforderungen des Augenblicks anderseits sind wir zur Überzeugung gekommen, dass sehr wohl eine Differenzierung vorgenommen werden darf zwischen der Frist, die heute schon zum Schutze der Landwirtschaft und unserer wirtschaftlichen Unabhängkeit als unumgänglich nötig erscheint, und derjenigen Frist, deren wir zum Studium und zur praktisch einwandfreien Vorbereitung einer monopolfreien Lösung aller Wahrscheinlichkeit nach bedürfen. Wir zweifeln nicht daran, dass die Gegner vom 5. Dezember 1926 bei loyaler, unvoreingenommener Prüfung der Sachlage sich darin zusammenfinden, es müsse dem Landwirte noch vor dem Herbste 1927, also eben durch die heutige Vorlage, Gewissheit geboten werden, dass er für die Ernte 1928 noch geschützt sei. Wir glauben auch den Diskussionen der Räte entnehmen zu sollen, dass dies ihrer Auffassung entspricht. Die Aussaat für 1928 erfolgt im Herbst 1927. In der Junisession müsste also sowieso Klarheit darüber geschaffen werden, wie es mit der Ernte 1928 zu halten sei.

Dagegen erscheint es uns nicht als ausgeschlossen, dass für die Vorstudien einer monopolfreien Lösung die Frist von einem Jahre genügt, und wir mochten es
deshalb jedenfalls ermöglichen, dass nach Jahresfrist entweder diese Lösung eingeführt oder in einem zweiten Provisorium neben dem dann noch für ein weiteres Jahr zu verlängernden Monopol ausprobiert werde. Da hier unter anderem auch das Schicksal der Initiative hineinspielt, erachten wir es für richtig, dass der endgültige Entscheid über ein ein- oder zweijähriges Provisorium des Monopols von der Bundesversammlung in einem Moment getroffen werden kann, in dem sie vor einer abgeklärteren Sachlage steht. Wir werden bis dahin auch nochmals eingehend prüfen, ob Monopol und Einfuhrbewilligungen, wie wir im Vorausgehenden angenommen haben, sich absolut ausschliessen, oder ob

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eine taugliche Übergangsformel auf dieser oder einer andern Grundlage gefunden werden kann.

Die dritte Frage von grundsätzlicher Bedeutung betrifft das Postulat Es eher. Es wünscht, dass auch in diesem Übergangsstadium der Gebirgsbevölkerung die Vorteile gesichert werden, deren sie bei Annahme des Verfassungsartikels teilhaftig geworden wäre hinsichtlich des Frachtausgleichs für Getreide und Mehl.

Der Bund liefert seit August 1914 das Getreide ununterbrochen franko Empfangsstation der Mühlen. Hieran soll während der Dauer des ÜbergangsStadiums nichts geändert werden.

Seit Juli 1916 trägt die Monopolverwaltung auch die Frachtkosten für Mehl aus den Bündnermühlen in Chur und Grüsch bis Bevers (rund Fr. 5 per 100 kg). Dadurch wird die Bevölkerung des Engadins, wo keine Mühlen bestehen, von der brotverteuernden Mehlfracht entlastet. Für diese Mehlfrachten wurden aufgewendet: 1921 Fr. 92,810, 1922 Fr. 76,130.50, 1923 Fr. 82,708.90, 1924 Fr. 103,142.95, 1925 Fr. 89,541.40.

Der verworfene Verfassungsartikel enthielt die Bestimmung, dass die Berggegenden durch Massnahmen zu berücksichtigen seien, die geeignet wären, eine Ausgleichung der Mehlpreise herbeizuführen. Für den Fall der Annahme war beabsichtigt, vorab die Frachtkosten für rationell organisierte Mehltransporte auf den Bahnen der Gebirgsgegenden von der nächstgelegenen Mühle an zu übernehmen. Überdies hätte der Bund auch die Kosten von Mehltransporten in Gegenden, in die keine Schienenwege führen, getragen oder doch subventioniert.

Wir brauchen wohl kaum zu sagen, dass es uns durchaus sympathisch wäre, auch jetzt solche Massregeln vorzuschlagen und den Berggegenden einen weiteren Beweis der lebendigen Sympathie zu geben, welche die Eidgenossenschaft für sie empfindet und auch in die Tat umzusetzen bereit ist. Wie schon erwähnt, wird das Getreide an die sämtlichen Mühlen franko Empfangsstation geliefert. Die Mehltransporte vollziehen sich in der Hauptsache nicht durch die Eisenbahn sondern durch Kraftwagen, lind dabei liefern die Mühlen in der Regel die Ware dem Bäcker vor das Haus. Anders verhält es sich natürlich vielfach in Gebirgsgegenden. Wollte man diesen Gebieten entgegenkommen, so rnüsste man die Kosten der Mehltransporte nicht nur auf der Bahn sondern auch durch Kraftwagen und Fuhrwerke dort übernehmen, wo diese Kosten einen Grund
für die Verteuerung des Mehles bilden. Wir möchten nicht auf Einzelheiten eintreten, wollen aber immerhin die wichtigsten Fälle hervorheben.

Für die Übernahme der Eisenbahntransportkosten kämen insbesondere in Betracht der Kanton Graubünden, der Kanton Wallis und gewisse Teile des Berner Oberlandes. In Graubünden würde eine solche Massregel zur Anwendung kommen für das ganze, von den rhätischen Bahnen, der Berninabahn, der Furkabahn und der Linie Chur-Arosa bediente Gebiet. Im Kanton Wallis würde es sich um die Linien der Furkabahn, Brig-Goppenstein, Visp-

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Zermatt, Leuk-Leukerbad, Martigny-Orsières und Monthey-Champéry handeln ; im Kanton Bern namentlich um gewisse Stationen der Bahn Spiez-Zweisimmen.

Würde die Übernahme der Transportkosten für Mehl auch auf Gegenden ausgedehnt, in die keine Schienenwege fuhren, so wären hierfür zu benennen : in Graubünden insbesondere das Oberhalbstein-, Hinterrhein- und Walsertal; im Kanton Uri der Urnerboden; im Kanton Wallis die Simplongegend, das Saastal, Val d'Anniviers, Val d'Hérens, Val de Bagnes, Val d'Entremont und das Lötschental; im Kanton Bern Adelboden und andere vereinzelte Orte.

Die Kosten für die Übernahme der Mehlfrachten bis Bevers betragen etwa Fr. 90,000. Die Verallgemeinerung dieser Massregel würde wohl ungefähr den vierfachen Betrag erfordern, eine Summe, die allerdings vom Budget der Getreideverwaltung übernommen werden könnte, ohne dass die Abgabepreise hierdurch in spürbarer Weise beeinflusst wurden. Dagegen müsste dafür gesorgt werden, dass sich die übernommene Last auch in einer Reduktion des Mehl- und Brotpreises in jenen Gegenden auswirkt. Die Durchführung der Massregel erfordert somit eine gewisse Vorbereitung.

Der vorliegende Beschluß stellt jedoch nur eine provisorische und kurzfristige Lösung dar, und wir glauben deshalb, dass es, wie schon eingangs dieses Abschnittes erwähnt, richtiger sei, auf diese Neuerung zu verzichten und sich strikte an das zu halten, was bisher Eechtens gewesen ist. Dabei sind wir der Ansicht, dass eine definitive Lösung des Getreideproblems den Berggegenden die Vorteile sichern sollte, die in dem verworfenen Verfassungsartikel vorgesehen waren.

, IV.

Nachdem wir vorstehend die allgemeinen Richtlinien des vorliegenden Entwurfes umschrieben haben, können die weitern Bemerkungen kurz gehalten werden. Wir unterstreichen noch einmal, dass wir im Sinne der Bundesversammlung zu handeln glauben, wenn wir uns in allen Teilen an das halten, was heute Eechtens ist und einfach die bezüglichen Bestimmungen, soweit sie in den Bundesbeschluss niedergelegt werden müssen, formulieren.

Zu den einzelnen Artikeln wird bemerkt : Zu Art. 1. Die Bestimmung über die ausschliessliche Einfuhr von Brotgetreide durch den Bund ist aus dem Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 hinübergenommen worden. Das Monopol muss natürlich auch die Mahlprodukte umfassen. Der Artikel bringt zum Ausdruck, dass es »ich um eine vorübergehende und für eine bestimmte Frist geschaffene Kompetenz handelt.

Um abzubauen, haben wir im Jahre 1924 die Einfuhr von Hartweizen und Hartweizengriess der privaten Tätigkeit überlassen. Diese Getreidesorte wird für die Herstellung von Teigwaren gebraucht. Da aber die Unterscheidung zwischen Hartweizen und anderem Weizen nicht leicht ist und Hartweizen auch für die Brotverarbeitung verwendet werden kann, so müsste das Bewilli-

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gungssystem beibehalten werden. Die Bewilligungen werden indessen regelmässig erteilt, insofern die Verwendung der Ware für die Herstellung von Teigwaren nachgewiesen wird. Ausser dem Hartweizen kann ein Fünftel des Bedarfs an Hartweizengriess durch die Teigwarenfabriken eingeführt werden. Wir beabsichtigen nicht, eine Änderung eintreten zu lassen. Indessen ist ja eine zeitgemässe Anpassung an veränderte Verhältnisse und namentlich zufolge Abmachungen mit Interessentengruppen nicht ausgeschlossen.

Was Kleie und Futtermehle betrifft, so deckt das inländische Gefalle, das aus der Vermahlung des Brotgetreides herrührt, den schweizerischen Bedarf nicht zu allen Zeiten. Wir erteilen daher in Perioden stärkerer Nachfrage und kleinerer Produktion Einfuhrbewilligungen, soweit ein Bedarf dafür besteht.

Die Erteilung weiterer Einfuhrbewilligungen können wir, wie bereits dargelegt, nicht befürworten.

Dagegen ist in Betracht zu ziehen. da»s die Aufhebung des Monopols nicht von einem Tag auf den andern geschehen kann und dass in einer kurzen Liquidationsperiode neben der staatlichen Getreideabgabe die Möglichkeit privater Einfuhren bestehen muss. Deshalb sehen wir vor, dass Einfuhrbewilligungen in der Liquidationsperiode zulässig sind. Abgesehen hiervon werden gelegentliche Einfuhrbewilligungen für kleine Quantitäten namentlich für Grenzgebiete in Betracht kommen, die in ihrem Verkehr auf das Ausland angewiesen sind. Wir betrachten uns zur Erteilung solcher Einfuhrbewilligungen befugt, ohne dass diese untergeordneten Fälle im Bundesbeschluss besonders aufgeführt würden.

Zu Art. 2. Über die Höhe der zu haltenden Getreidevorräte bestehen zurzeit keine besondern Vorschriften. In der Vorkriegszeit richtete sich die Lagerhaltung nach den Bedürfnissen der Armee. Sie gründete sich auf entsprechende Ermächtigungen des Bundesrates durch die Bundesversammlung und belastete das Militärbudget. Die Weizenvorräte, die früher etwa 10,000 Tonnen betrugen, wurden 1912 allmählich auf 80,000 Tonnen erhöht. Während der Kriegszeit und seither ergab sich die Pflicht zur Lagerhaltung aus den dem Bundesrat auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten übertragenen Aufgaben zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung des Landes. Die im Lande liegenden Vorräte, soweit sie Eigentum der Monopolverwaltung waren, variierten in der
Hegel zwischen 8000 und 12,000 Wagenladungen, gingen ausnahmsweise auf 5000 Wagen zurück, um gelegentlich auf 15,000 Wagenladungen und darüber zu steigen. In normalen Zeiten werden die Vorräte weniger grossen Schwankungen unterworfen sein. Ein gewisser Spielraum ist jedoch besonders im Hinblick auf die jeweiligen Importverhältnisse und ihre voraussichtliche künftige Gestaltung, die Marktlage, den Zeitpunkt, den Ausfall und die Unterbringung der Inlandsernte geboten.

Die Pflicht zur Lagerhaltung ist in dem Beschlussesentwurf aufgenommen.

Der Bundesrat hätte wie bisher im Bahmen dieser Bestimmung der Verwaltung sachgemässe Instruktionen über die Lagerhaltung zu geben. Sollten es die

85 fiate aber vorziehen, selbst entsprechende Vorschriften im Beschluss aufzuführen, so könnte sich der Bundesrat auch einer solchen Lösung anschliessen.

Ein grosser Teil der Vorräte der Monopolverwaltung wurde bisher direkt in ·den Mühlen gelagert, wo das Getreide verarbeitet wird. Es ist beabsichtigt, dies auch fernerhin zu tun und die bezüglichen Verhaltnisse durch gegenseitige Vereinbarung bzw. auf Grund eines Pflichtenheftes zu ordnen. Konnten diese Verhältnisse bisher ohne besondere gesetzliche Bestimmungen geordnet werden, so erscheint es doch geboten, den Grundsatz, dass die Handelsmühlen verpflichtet werden können, ihre Bäume zur Lagerung zur Verfügung zu stellen, ausdrücklich in den Beschluss aufzunehmen.

Zu Ari. 3--8. Die Bestimmungen betreffend die Übernahme des Inlandgetreides und die Mahlprämie entsprechen den für die Ernten 1925 raid 1926 in Anwendung gebrachten Grundsätzen, die sich bewahrt haben. Die Durchführung des bisherigen Abnahmeverfahrens durch Vermittlung der landwirtschaftlichen Genossenschaften und unter tunlichster Mitwirkung der Muller, die das betreffende Inlandgetreide zu übernehmen haben, hat sich als praktisch erwiesen. Es liegt kein Grund vor, bei der provisorischen Festsetzung des heutigen Zustandes hierin eine Änderung zu treffen.

In einer Beziehung sieht der Entwurf eine etwas weitere Fassung vor als bisher. Es betrifft das Verhältnis der Selbstversorgung zur Ablieferung ·von Getreide durch die Produzenten. Unsere Meinung geht nach wie vor dahin, dass der Produzent in erster Linie für seinen eigenen Bedarf an Brotgetreide sorgen sollte. Die Erziehung zur Selbstversorgung ist also ein Ziel der Massnahrnen unserer Getreideversorgung. Durch die Ausrichtung der Mahlprämie soll sie eine tunlichste Förderung erfahren. Bei ihrer Einführung wurde die Mahlprämie als Voraussetzung für die Ablieferung der Überschüsse zu den festgesetzten Vorzugspreisen betrachtet. Von Anfang an mussten aber, weil sich nicht alle Produzenten einrichten konnten. Ausnahmen von der Selbstversorgung gestattet werden. Hierüber bestand bei der Behandlung der bezüglichen Bundesbesehlüsse Klarheit und Einvernehmen zwischen Bundesversammlung und Bundesrat. Der Entscheid über diese Fragen lag bei der Vollzugsbehörde.

Während man für die Ernte 1925 von Fall zu Fall Dispensationen von der
Selbstversorgung erteilte, schuf man, wie im Geschäftsbericht des Bundesrates ausgeführt wurde, für das Jahr 1926 im Interesse der einfachen Eegelung wiederum grössere Freiheit. Man stellte es den Produzenten anheim, ob sie die Selbstversorgung durchführen und die Mahlprärnie dafür beziehen oder ob sie ihre gesamte Getreideproduktion zu Überpreisen abliefern wollten.

Diese Neuordnung im Sinne grösserer Freiheit der Produzenten hat sich, wie zu erwarten war, gut bewährt. Wo die Produzenten für die Selbstversorgung eingerichtet sind und sich diese eingelebt hat, halten die Produzenten ohne jeden Zwang daran fest. In verschiedenen älteren Getreidebaugebieten, besonders aber in einzelnen Gebirgsgegenden, ist sogar eine Zunahme der sich mit eigengebautem Getreide versorgenden Familien zu konstatieren.

Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. I.

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Auf Grund dieser Erfahrungen sollte auch in Zukunft von einem Zwang zur Selbstversorgung abgesehen werden. Wo aber ein solcher sich als notwendig erweisen sollte, könnten sich die Vollzugsbehörden auf Art. 13 b stützen, der für den Bundesrat die bezügliche Ermächtigung vorsieht.

Was den Überpreis betrifft, so entsprechen die vorgeschlagenen Bestimmungen genau den Vorschriften der Bundesbeschlüsse, die für die Ernten 1925 und 1926 zur Anwendung kamen. Ebenso haben wir wiederum einen Minimalabnahmepreis von 38 Franken und einen Höchstpreis von 45 Franken vorgesehen.

Die Preiszuschläge für Getreide hervorragender Qualität, dio in Art. 4 vorgesehen sind, betragen höchstens Fr. 1. 50.

Zu Art. 9--11. Die Bestimmungen über den Verkauf von Getreide und die Kostendeckung entsprechen den der Bundesversammlung schon mehrfach dargelegten und bisher schon angewendeten Grundsätzen. Wir halten indessen dafür, es sei angemessen, die wichtige Bestimmung über die Frankolieferung ausdrücklich in den Bundesbeschluss aufzunehmen und gleichzeitig auch die Pflicht der Mühlenbesitzer zu statuieren, dass sie mit dem Auslandgetreide entsprechende Mengen von Inlandgetreide zu übernehmen haben. Notwendig ist ferner die bisher schon im Pflichtenheft enthaltene Vorschrift, dass die Mühlen das Getreide zu verarbeiten haben und es nicht weiter verkaufen dürfen. Diese Vorschrift bedeutet keine Belastung der Mühlen, ist aber unerlässlich, um die Unterschiebung von Auslandgetreide bei Anlass der Getreideabnahme und der Ausrichtung der Mahlprämie zu vermeiden.

Schliesslich bleibt clemBundesrat noch vorbehalten, die Abgabe von Getreide für industrielle Zwecke und für die Ernährung von Tieren, speziell von Geflügel, zu ordnen. Es bestehen einige industrielle Etablissemente, die direkt Getreide beziehen, dieses vermählen und das Mehl in ihrem Fabrikationsprozess verwenden .

Der Artikel 10 sanktioniert das Prinzip der Selbsterhaltung, das seit dem 1. Januar 1922 von der Getreideverwaltung befolgt wird. Die Verkaufspreise sollen den Ankaufspreis des in- und ausländischen Getreides, die Kosten der Lagerhaltung und alle sonstigen, mit dem Getreidegeschäft verbundenen Unkosten decken, so dass die Bundeskasse der Getreidehandlung keine Zuschüsse zu machen hat.

Für die Mahlprämie sehen wir vor, dass diese wie bisher von der Bundeskasse
getragen wird.

Zu Art. 12--16. Im Bundesratsbeschluss betreffend die Aufhebung des eidgenössischen Ernährungsamtes vom 3. November 1922 wurde in Art. 2 bestimmt, dass für die Geschäfte betreffend die Getreideversorgung insbesondere die Einfuhr und den Verkauf des Getreides, die Getreidelagerung und die Abnahme des Inlandgetreides unter der Bezeichnung «Eidgenössische Getreide-

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Verwaltung» bei der Abteilung für Landwirtschaft des Volkswirtschafts départements eine besondere Sektion errichtet werde. Diese Einrichtung ist die gegebene und hat sich bewährt. Aber auch sie soll durch die Bundesversammlung sanktioniert werden, damit der letzte Best der Bestimmungen aus dem Gebiete der ausserordentlichen Vollmachten verschwinden kann.

Die Vorschriften über die Beamten und Angestellten entsprechen den Bestimmungen des erwähnten Bundesratsbeschlusses.

Es ist zweckmässig, dass in einer Materie, die im Hinblick auf das Provisorium nur in ihren Hauptzugen von der Bundesversammlung geordnet werden soll, dem Bundesrat ziemlich weitgehende Kompetenzen erteilt werden müssen, welche die Durchführung des Beschlusses sichern. Diese sind in Art. 13 aufgeführt.

Die Terminierung tur die Ernten 1927 und 1928 und der Hinfall der Vorschriften, wie er in Art. 14 des Beschlussesentwurfes vorgesehen ist, entspricht den in Abschnitt II dargelegten Erwägungen.

Der Bundesbeschluss hebt schliesslich sowohl den Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 als die übrigen Erlasse aus dem Gebiete der Getreideversorgung auf. Ein Vorbehalt ist nur gemacht für die Ausrichtung der Mahlprämie für die Ernte 1926, die vermutlich im Momente des Inkrafttretens dieses Beschlusses noch nicht vollständig erledigt sein wird.

Als Datum des Inkrafttretens schlagen wir den 1. Juli 1927 vor. Dann ist die Getreideabnahme für die Ernte 1926 durchgeführt, und es wird aucii möglich sein, bis zu jenem Zeitpunkt die nötigen Vollzugsbestimmungen zu erlassen.

Es ist schliesslich selbstverständlich und wird in der Motion Duft sogar verlangt, dass der Beschluss dringlich erklärt werde.

Wir empfehlen Ihnen, auf die Beratung des beigedruckten Beschlussesentwurfes einzutreten und diesen zu genehmigen.

Bern, den 31. Januar 1927.

Im Namen des Schweiz. Bunde»rates, Der Bundespräsident : Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

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(Entwurf.)

ßundesbeschluss betreffend

die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 31. Januar 1927.

beschlie&st: Die Einfuhr von Getreide.

\rt. 1. Die Einfuhr von Brotgetreide (Weizen, Eoggen, Dinkel und Gemenge solchen Getreides) und dessen Mahlprodukten ist vorübergehend und für die in diesem Beschlüsse festgesetzte Zeit ausschliesslich Sache des Bundes.

Einfuhrbewilligungen an Private können erteilt werden: a. für Hartweizen und llartweizengriess zur Herstellung von Teigwaien.

b. für Kleie und Puttermehl, soweit ein Bedarf besteht, c. in der Liquidationsperiode für alle in Absatz l genannten Waren.

Die Getreidevorräte.

Art. 2. Zur Sicherstellung der Landesversorgung unterhält der Bund angemessene "Vorräte an lagerfähigem Getreide. Über die Höhe der Vorräte und die Art der Einlagerung erlässt der Bundesrat die nötigen Bestimmungen Er kann insbesondere die Mühlen verhalten, geeignete, bereits vorhandene Lagerräume zur Verfügung zu stellen.

Die Übernahme von Inlandgetreide.

Art. 8. Der Bund kauft bei den Produzenten selbstgebautes, mahlfähiges Brotgetreide einheimischer Produktion (Weizen, Eoggen, Dinkel und Gemenge von Weizen und Eoggen), soweit es nicht anderweitige Verwendung findet.

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Der Bund zahlt für das ihm angebotene Getreide, veiladen an die Abgangtstation oder in eine Mühle der Umgebung geliefert, einen Preis, der für 100 kg Weizen Fr. 8 höher ist als die mittlern Gestehungskosten franko Schweizergrenze für Auslandgetreide gleichwertiger Qualität. Der Abnahmepreis beträgt indessen wenigstens Fr. 38 und höchstens Fr. 45 für 100 kg Weizen.

Art. 4. Die Ankaufspreise für Weizen, sowie die Preisabstufuagen für Eoggen, Dinkel und Gemenge von Weizen und Boggen, werden auf Grund der Marktlage und nach Anhörung der Beteiligten je spätestens im Septembei für die Ernte des betreffenden Jahre» durch den Bundesrat festgesetzt.

Die Preise für die von den einzelnen Produzenten abgelieferten Mengen werden im Eahmen der vom Bundesrat festgesetzten Normalpreise nach Mabsgabe ihres Mahl- und Backwertes durch die Beauftragten bestimmt. Für Getreide hervorragender Qualität werden zum Normalpreis angemessene PreL-zuschläge gewährt und für solches von weniger guter Qualität entsprechende Preisabzüge gemacht. Getreide, das nicht von landesüblich guter Beschaffenheit oder nicht mahl- und backfähig ist, wird vom Bund nicht übernommen.

Art. 5. Der Bundesrat ordnet das weitere Verfahren für die Übernahme des Inlandgetreides.

Die Mahlprämie.

Art. 6. Wer selbstgebautes, mahlfähige« Getreide einheimischer Produktion zur Versorgung seines Haushaltes mit Brot und Mehl verwendet, hat Anspruch auf eine Mahlprämie von Fr. 5 für je 100 kg Getreide (Weizen, Eoggen, Dinkel, Mischelfrucht und Mais, in Gebirgsgegenden auch Gerste), In Gebirgsgegenden kann diese Prämie bis auf Fr. 8 für je 100 kg Getreide (Weizen, Eoggen, Dinkel, Mischelfrucht und Gerste) ansteigen.

Art. 7. Der Bundesrat ordnet das Verfahren für die Ausrichtung der Mahlprämie und die Gewährung von Zuschlägen für die Gebirgsgegenden.

Art. 8. Die Bestimmungen betreffend die Übernahme von Inlandgetreide (Art. 3 und 4) und die Mahlprämie (Art. 6 und 7) haben auch Gültigkeit für Ahrenaufleser.

Verkauf von Getreide und Kostendeckung.

Art. 9. Der Bund liefert den Mühlen das Getreide zu einem nach dem Mahlwerte abgestuften und für alle Mühlen einheitlich festgesetzten Preise (franko* Empfangsstation). Er teilt den Mühlen mit dem Auslandgetreide in billiger Weise auch entsprechende Mengen von Inlandgetreide zu.

Die Mühlen dürfen das bezogene
Getreide in unverrnahlenem Zustande nicht weiter verkaufen. Die weitern Lieferungsbedingungen werden durch den Bundesrat festgesetzt. Dieser ordnet auch die Abgabe von Getreide fui industrielle Zwecke, sowie für die Ernährung von Tieren, speziell Geflügel.

90 Art. 10. Die Verkaufspreise werden vom Bundesrat bestimmt. Sie sind so niedrig als möglich, jedoch so festzusetzen, dass der Ankaufspreis des inund ausländischen Getreides, die Kosten der Vorratshaltung, die Verzinsung des Betriebskapitals und die Verwaltungskosten gedeckt werden. Der Bundeskasse soll aus dem Getreidegeschaft weder ein Gewinn erwachsen noch ein Verlust entstehen.

Art. 11. Die Kosten der Mahlprämie sind von der Bundeskasse zu übernehmen. Der erforderliche Betrag ist in den Voranschlag der Eidgenossenschaft einzusetzen.

Vollzugs- und Übergangsbestimmungen.

Art. 12. Zur Durchführung aller mit dem. Vollzuge dieses Bundesbeschlubses verbundenen Geschäfte besteht unter der Bezeichnung «Eidgenössische Getreideverwaltung)) bei der Abteilung für Landwirtschaft des Volkswirtschaftsdepartementes eine besondere Sektion. Diese führt eigene, von den übrigen Geschäften des Volkswirtschaftsdepartementes getrennte, kaufmännische Buchhaltung und Eechnung.

Für die Beamten und Angestellten der eidgenössischen Getreide\ ei waltung kommt die Verordnung vom 7. Mai 1918 betreffend die Anstellung von Aushilfspersonal in der Bundesverwaltung sinngemäss zur Anwendung.

Der Bundesrat ernennt den Vorsteher der eidgenössischen Getreideverwaltung und dessen Stellvertreter und setzt ihre Anstellungsbedingungen fest.

Art. 13, Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses beauftragt und befugt, alle für die Sicherung und Ausführung desselben notwendigen Vorschriften aufzustellen. Er ist insbesondere ermächtigt: a. die erforderlichen Bestimmungen über den An- und Verkauf von Getreide und über die Getreidevorräte zu erlassen; fe. die Übernahme von Inlandgetreide zu Vorzugspreisen von der Durchführung der Selbstversorgung durch die betreffenden Produzenten abhängig zu machen ; c. die kantonalen Behörden, die landwirtschaftlichen Organisationen unì die Müller zur Mitwirkung bei der Übernahme von Inlandgetreide und der Ausrichtung der Mahlpramie heranzuziehen; d. die Strafbestimmungen über Widerhandlungen gegen diesen Bundesbeschluss und die auf Grund desselben erlassenen Verordnungen aufzustellen.

Art. 14. Dieser Beschluss gilt in seiner Gesamtheit bis zum 30. Juni 1928.

Die Art. 2 bis 8 gelten bis 30. Juni 1929; vorbehalten bleibt die Ausrichtung der Mahlprämie für die Ernte des Jahres 1928.

91 Art. 15. Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses werden aufgehoben : 1. der Bundesratsbeschluss vom 9. Januar 1915 über die Einfuhr von Getreide, Mehl und Futtermitteln durch den Bund; 2. der Bundes beschluss vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues ; 3. der Bundesbeschluss vom 20. Juni 1924 über die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues ; 4. der Bundesbeschluss vom 27. März 1925 betreffend die Festsetzung von Minimal- und Maximalpreisen für Inlandgetreide und die Übernahme der Mahlprämie durch den Bund.

Die Ausrichtung der Mahlprärnie für die Ernte 1926 wird, soweit sie noch nicht erledigt ist, auf Grand der Bundesbeschlüsse vom 20. Juni 1924 und 27. März 1925 zu Ende geführt.

Art. 16. Dieser Beschluss wird dringlich erklärt und tritt am 1. Juli 1927 in Kraft.

# S T #

Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 31. Januar 1927.)

Es werden folgende Bundesbeiträge bewilligt: 1. Dem Kanton Freiburg: a. an die im Nachtragsprojekt des Staates Freiburg zu Fr. 33,920 veranschlagten Kosten für Aufforstung und Entwässerung Torry und Brobselet (Gérine IV), auf dem Gebiet der Gemeinde Cerniat, ein Höchstbeitrag von Fr. 19,080 ; b. an die im Nachtragsprojekt des Staates Freiburg zu Fr. 40,100 veranschlagten Kosten für Aufforstung und Entwasserung Schweinsberg (Höllbach VII), ein Höchstbeitrag von Fr. 22,930.

2. Dem Kanton Tessin an die zu Fr. 19,500 veranschlagten Kosten der Lawinenverbauung und Aufforstung ob dem Dorfe Anzano (Malvoglia) «in Beitrag von Fr. 12,535.

(Vom 4. Februar 1927.)

Es werden folgende Bundesbeiträge bewilligt: 1. Dem Kanton B e r n an die zu Fr. 35,000 veranschlagten Kosten einer Wasserversorgung und Ausführung von Entwässerungsarbeiten auf dem mittleren Bielberg, in den Gemeinden Courtelary und Cormoret, 20 %, im Maximum Fr. 7000.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung. (Vom 31. Januar 1927.)

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1927

Année Anno Band

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06

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2176

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.02.1927

Date Data Seite

69-91

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