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B und e sbietti

79. Jahrgang.

Bern, den 16. Februar 1927.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 2O Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestetlungsgebùhr.

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Bericht des

Bandesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Jean Novel, Angestellter, in Genf.

(Vom 11. Februar 1927.)

Wir beehren uns, Ihnen einen von Jean N o v e l, Angestellter, wohnhaft rue Muller-Brun 6 in Genf, gegen unsern Entscheid vom 26. Juli 1926 eingereichten Militärsteuerrekurs betreffend die Jahre 1922 bis 1925 zu unterbreiten.

Der Rekurrent Jean Novel ist im Jahre 1892 geboren. Eingeteilt in der Füsilierkompagnie 11/13, leistete er mit seiner Einheit Dienst während den Jahren 1912, 1913 und 1914. Am 19. Oktober 1914 wurde er wegen Tachycardie (beschleunigter Herztätigkeit) vorzeitig in den Landsturm versetzt und infolgedessen seit 1. Januar 1915 zum Militärpflichtersatz herangezogen.

Solange seine Alterskameraden im Auszuge die langen Aktivdienste leisteten, bezahlte Novel widerspruchslos die Ersatzabgabe ; von dem Tage an jedoch, wo sie nicht mehr zu den alljährlichen Wiederholungskursen einberufen wurden, hielt er auch sich nicht mehr für abgabepflichtig.

Die Militärsteuerbehörde des Kantons Genf bestritt in den Jahren 1922 und 1923 die Richtigkeit dieser Auffassung, ohne jedoch die Bezahlung des Ersatzes zu verlangen. Gegen die Veranlagung pro 1924 erhob Novel bei der kantonalen Rekursinstanz Einsprache. Allein diese traf ihren Entscheid erst, nachdem Novel auch gegen seine Veranlagung pro 1925 Beschwerde eingereicht hatte. Mit Entscheid vom 25. Januar 1926 wies die kantonale Rekurskommission die Einsprache Novels für die Jahre 1922--1925 als unbegründet ab. Eine gegen diesen Entscheid beim Bundesrat eingereichte Beschwerde hat dieser am 26. Juli 1926 abgewiesen. Gegen diesen Entscheid des Bundesrates beschwert sich nun der Rekurrent innert nützlicher Frist bei der Bundesversammlung. Er stellt das Begehren: ,,Es sei der Entscheid des Bundesrates vom 26. Juli 1926 aufzuheben und es sei durch die Bundesversammlung zu erkennen, dass er für die Jahre 1922--1925 nicht militärsteuerpflichtig sei."

Bundesblatt.

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98 Vorab ist festzustellen, dass die Behandlung der Angelegenheit durch die kantonalen Organe in formeller Hinsicht nicht einwandfrei ist. Allein, da dieser Umstand auf die materielle Beurteilung ohne Einfluss ist, glauben wir, uns zu dem eingeschlagenen Verfahren nicht weiter äussern zu müssen.

Streitig ist einzig die Frage, ob ein Landsturmpflichtiger, der das 40. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat, dem Militärpflichtersatz unterliegt.

Art. l des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878 bestimmt: ,,Jeder im dienstpflichtigen Alter befindliche, innerhalb oder ausserhalb des Gebietes der Eidgenossenschaft wohnende Schweizerbürger, welcher keinen persönlichen Militärdienst leistet, hat dafür einen jährlichen Ersatz in G-eld zu entrichten.a Als das Bundesgesetz betreffend den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878 erlassen wurde, war der Landsturm noch nicht organisiert. Die Organisation erfolgte erst durch das Bundesgesetz betreffend den Landsturm vom 4. Dezember 1886 *), das die Aufbietung des letztern nur für den Mobilmachungsfall vorsah. Die Landsturmpflichtigen wurden in Anbetracht dessen, dass sie in Friedenszeit keinen Dienst zu leisten hatten, der Militärsteuer unterworfen. Es kam alsdann das Bundesgesetz betreffend die Inspektion und den Unterricht des Landsturms vom 29. Juni 1894 **), das für die Mannschaft des Landsturms die Pflicht aufstellte, alljährlich die Inspektion sowie die Schiessübungen zu bestehen. Am Tage der Inspektion sollte noch Unterricht erteilt werden. Für die Kader waren überdies l--2tägige Übungen vorgesehen. Die höchste Dienstleistung war somit, mit Inbegriff der Schiessübung, für die Mannschaft 2 Tage, für die Kader 4 Tage. Das Bundesgesetz vom 29. Juni 1894 bestimmte sodann in Art. 4 was folgt : ,,Die Landsturmpflichtigen vom 20. bis zum vollendeten 44. Altersjahr bleiben den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878 unterworfen. Denjenigen Landsturmpflichtigen jedoch, welche in einem Jahre mehr als einen Übungstag mitgemacht haben, wird für das betreffende Jahr die Hälfte der Personaltaxe erlassen. Die Einberufung zur nachträglichen Erfüllung der Schiesspflicht gibt kein Recht auf diese Begünstigung."

Mit Rücksicht auf diese Bestimmung wurde der Landsturmdienst nicht als ,,persönlicher
Militärdienst" im Sinne von Art. l des Militärsteuergesetzes betrachtet (v. Salis, Schweiz. Bundesrecht, n. A. Bd. III, Nr. 1287).

Durch den Bundesbeschluss betreffend Herstellung des Gleichgewichts in den Bundesfinanzen, etc., vom 6. Oktober 1899, wurden alsdann die Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend Inspektion und Unterricht des Landsturms vom 29. Juni 1894 dahin abgeändert, dass *) Siehe Gesetzsammlung, Bd. 10, S. 13.

**) Siehe Gesetzsammlung, Bd. lé, S. 431.

99 a, die vorgesehenen Übungen des bewaffneten Landsturms durch blosse Waffen- und Kleiderinspektionen ohneSoldauszahlungersetztwurdenund b. die Verpflichtung der Infanterie des Landsturmes zur Teilnahme an den Schiessübungen der freiwilligen Schiessvereine aufgehoben wurde.

In der Militarorganisation vom 12,. April 1907 wird dem Landsturm wie unter lit. a hiervor die alljährliche Bestehung der Inspektion zur Pflicht gemacht (Art. 99 und 100). Daneben räumt Art. 123 der Bundesversammlung (für dringende Fälle dem Bundesrate) die Befugnis ein, für einzelne Teile des Landsturmes zu besondern Zwecken Übungen von ein bis drei Tagen anzuordnen.

Der Prüfung der Frage betreffend Steuerpflicht des Landsturmes ist nun allerdings nicht mehr Art. 4 des vorerwähnten Gesetzes vom 29. Juni 1894, sondern die neue Militärorganisation zugrunde zu legen, indem das erstere Gesetz durch das letztere als aufgehoben betrachtet werden muss.

Die Militärorganisation vom 12. April 1907 hat den Landsturm neu geordnet. Der frühere unbewaffnete Landsturm wurde durch die Hilfsdienste ersetzt; der gegenwärtige Landsturm entspricht ungefähr dem frühern bewaffneten Landsturm, umfasst aber (abgesehen von den Freiwilligen, die nur für den Kriegsfall in Betracht kommen) nur noch Leute, die eine militärische Ausbildung erhalten haben, nämlich die im 41. bis 48. Altersjahre stehenden Wehrmanner und ,,die Wehrmänner des Auszuges und der Landwehr, die sich zur Dienstleistung in diesen Heeresklassen nicht mehr, wohl aber noch zur Dienstleistung im Landsturm eignen1*1 (Art. 35, Abs. 3, MO.).

Eine besondere Vorschrift über die Steuerpflicht des Landsturmes stellt die Militarorganisation nicht auf. Art. 3 derselben enthält die allgemeine Bestimmung: ,,Wer die Militärdienstpflicht nicht erfüllt, hat die Militärsteuer zu bezahlen. Die Militàrsteuerpflicht endigt mit dem Jahre, in dem das vierzigste Altersjahr vollendet wird. Sie wird im übrigen durch besonderes Bundesgesetz geordnet.tt Bei der Beurteilung des vorliegenden Rekurses ist davon auszugehen, dass einerseits die Ausführung des in Art. 3 der Militarorganisation vom 12. April 1907 aufgestellten Grundsatzes, dass wer die Militärdienstpflicht nicht erfüllt, die Militärsteuer zu bezahlen hat, dem Spezialgesetz überlassen bleibt, und dass anderseits im Abschnitt III der Militärorganisation,
insbesondere in den Art. 8 und 9, genau gesagt wird, auf was sich die Militardienstpflicht erstreckt. Aus den einzelnen, in der Militarorganisation enthaltenen Bestimmungen betreffend den Militärpflichtersatz (vgl. Art. 19 und 20 MO.) darf deshalb nicht geschlossen werden, dass andere Kategorien von Wehrpflichtigen, mit Bezug auf welche die Militarorganisation militärsteuerrechtlich nichts bestimmt, vom Pflichtersatz enthoben seien. Massgebend kann nur sein, ob diese Wehrpflichtigen den Militärdienst nicht erfüllen und deshalb gemass Art. 3 der Militärorganisation und nach den einschlägigen

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Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 ersatzpflichtig sind.

Als Erfüllung der Militärdienstpflicht hat gemäss Wortlaut und Auslegung der Art. 8 und 9 der Militärorganisation die Leistung von Instruktionsdienst oder Aktivdienst zu gelten.

Das Ende der Militärsteuerpflicht wurde in Art. 3 der Militärorganisation auf den Austritt aus der Landwehr und den Beginn der Landsturmpflicht festgesetzt, weil von da an der Dienstpflichtige keinen Instruktionsdienst mehr zu leisten hat (vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entwurf einer neuen Militärorganisation vom 10. März 1906, ßundesbl. 1906, Bd. I, 8. 810). Beim Erlass der Militärorganisation vom 12. April 1907 bestand also die Meinung, dass die Militärsteuer als Ersatzabgabe für nicht geleisteten Instruktionsdienst entrichtet werde, d. h., dass alle diejenigen Wehrpflichtigen dem Militärpflichtersatz unterworfen werden sollen, welche im Friedensdienstverhältnis der Armee keinen Instruktionsdienst zu leisten haben, also die in Art. 8 der Militärorganisation vorgesehene Leistung nicht erfüllen. Die in Art. 9 der Militärorganisation aufgezählten Pflichten sind blosse Nebenpflichten. Deren Erfüllung liegt, z. B. was die Beobachtung der Kontrollvorschriften anbetrifft, nicht nur den militärisch Eingeteilten, sondern auch den Dienstuntauglichen ob und kann deshalb für sich allein nicht als Erfüllung der Militardienstpflieht betrachtet werden. Denn dass ein Dienstuntauglicher dadurch, dass er den Vorschriften über das militärische Kontrollwesen pünktlich nachlebt, die Militärdienstpflicht im Sinne der Militärorganisation erfüllt, wird auch der Rekurrent nicht behaupten wollen.

Der Landsturm bildet gemäss Art. 35 der Militärorganisation neben Auszug und Landwehr die dritte Heeresklasse. Daraus schliessen zu wollen, dass die vorzeitig zum Landsturm versetzten Wehrmänner der Ersatzpflicht grundsätzlich nicht unterliegen, wäre aber schon aus den hiervor angeführten Gründen unrichtig. Überdies ist zu beachten, dass schon vor 1907 der Landsturm ein Teil der gesetzlich organisierten Wehrkraft war (vgl. Art. l des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1886 betreffend den Landsturm, A. S. n. F.

Bd. 10, 8. 13). Trotzdem verfügte der Gesetzgeber, dass die Angehörigen des Landsturms für die Jahre, in welchen sie keinen Militärdienst
leisten, ersatzpflichtig seien (vgl. Art. 5, Abs. 2, leg. cit. und Art. 4 des Bundesgesetzes vom 29. Juni 1894 betreffend die Inspektion und den Unterricht des Landsturms, A. S. n. F. Bd. 14, 8. 431). Durch den Erlass der neuen Militärorganisation darin eine Änderung herbeizuführen, wurde nicht beabsichtigt. Die Besteuerung der vorzeitig zum Landsturm versetzten Wehrmänner ist aber, wie bereits ausgeführt, auch deshalb begründet, weil sie den für ihr Alter gesetzlich vorgeschriebenen Militärdienst, insbesondere den Instruktionsdienst (Art. 8 MO.), nicht leisten, d. h. die ihrem Alter entsprechende Militärdienstpflicht nicht erfüllen. Ob dem Umstand, dass sie den Militärbehörden wenigstens für den Territorialdienst zur Verfügung stehen, bei der Bemessung der Ersatzsteuerschuld Rechnung ge-

101 tragen werden soll, ist eine Frage, die de lege ferenda geprüft werden kann, die aber, weil im Gesetz nicht vorgesehen, de lege lata zu verneinen ist. Wenn der Gesetzgeber im Jahre 1907 im Gegensatz zu den früher geltenden, oben genannten gesetzlichen Bestimmungen die Steuerfreiheit der vorzeitig zum Landsturm versetzten Wehrmänner hätte verfügen wollen, so hätte er das ausdrücklich sagen müssen. Er begnügte sich aber, in Art. 3 der Militärorganisation den Grundsatz aufzustellen, dass jeder, der die Militärdienstpflicht nicht erfüllt, die Militärsteuer bezahlen muss, und überliess die genauere Umschreibung der Ersatzpflicht dem Spezialgesetz. Das Bundesgesetz vom 28. Juni 1878 betreffend den Militärpflichtersatz ist nach dem Erlass der neuen Militärorganisation nicht revidiert worden und namentlich ist keine Bestimmung aufgenommen worden, wonach die vorzeitig zum Landsturm versetzten Wehrmänner im Gegensatz zum bisherigen Rechtszustand gleich wie die Angehörigen des Auszuges und der Landwehr, mit Ausnahme der Fälle der Dienstversäumnis, vom Militärpflichtersatz enthoben sein sollten. Art. l des Bundesgesetzes von 1878, gemäss welchem jeder im dienstpflichtigen Alter befindliche Schweizerbürger, welcher keinen persönlichen Militärdienst leistet, einen jährlichen Ersatz in Geld zu entrichten hat, ist durch die neue Militärorganisation nur insoweit modifiziert worden, als die Militärsteuerpflicht nunmehr mit dem vollendeten vierzigsten Altersjahre endigt, während die Militärdienstpflicht erst mit dem Jahre, in dem das achtundvierzigste Altersjahr vollendet wird, zu Ende geht (vgl. Art. 2 und 3 der Militärorganisation vom 12. April 1907). Wenn also vor dem Inkrafttreten der neuen Militärorganisation ein vorzeitig zum Landsturm vereetzter Wehrmann nach Massgabe des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 ersatzpflichtig war, was vom Rekurrenten nicht bestritten wird, und angesichts der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 4 des Bundesgesetzes vom 29. Juni 1894 auch nicht bestritten werden könnte, besteht kein Grund, anzunehmen, dass er es nach dem Inkrafttreten der neuen Militärorganisation nicht mehr sei.

Wenn man sich die Stellung der verschiedenen Heeresklassen im Organismus der Armee und die damit zusammenhängende Verschiedenheit der Dienstpflicht des einzelnen Wehrpflichtigen vor Augen hält, so erscheint
eine militärsteuerrechtlich verschiedene Behandlung der vorzeitig beim Landsturm eingeteilten Wehrpflichtigen und der Angehörigen des Auszuges oder der Landwehr auch an sich gerechtfertigt. Während der Landsturm nur Territorialdienst zu leisten hat, bilden Auszug und Landwehr zusammen die Feldarmee. Die Angehörigen dieser beiden Heeresklassen werden deshalb auch in Friedenszeiten zu Übungen aufgeboten, wogegen der Landsturmsoldat nur die Waffen- und Kleiderinspektionen zu bestehen hat. Zwischen den Angehörigen des Auszuges und denjenigen der Landwehr besteht demgegenüber nur ein Unterschied im Mass, nicht in der Art der Dienstleistung. Beides ist ,,persönlicher Militärdienst" im Sinne von Art. l des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878, während der

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Landsturmdienst mit Ausnahme des Falles von Aktivdienst, nach der Entstehungsgeschichte des Landsturms^ (vgl. MO. vom 13. November 1874 und die Bundesgesetze vom 4. Dezember 1886 und 29. Juni 1894) und bei richtiger Auslegung der einschlägigen Bestimmungen auch nach dem Inkrafttreten der Militärorganisation von 1907 nicht darunter subsumiert werden kann. Das ergibt sich, wie schon früher ausgeführt wurde, aus Art. 8 MO., welcher die als persönlichen Militärdienst in Betracht fallenden Arten der Erfüllung der Militärdienstpflicht als Instruktions- und Aktivdienst umschreibt. Während der Landsturm keinen Instruktionsdienst leisteit, ist er zur Leistung von Aktivdienst seit 1914 wiederholt aufgeboten worden, was für die landsturmdienstpflichtigen Wehrmänner zur Folge hatte, dass sie für die Jahre, in welchen sie effektiv Militärdienst geleistet haben, von der Steuer befreit waren. Die blosse Möglichkeit aber, dass ein Bürger mit seiner Person zur Landesverteidigung herbeigezogen werden kann, genügt als solche nicht, um ihn von der Militärsteuer zu befreien, denn im Kriegsfalle hat auch wer bloss hilfdiensttauglich ist und überhaupt jeder Schweizerbürger zur Verteidigung des Landes seine Person zur Verfügung zu stellen (Art. 203, Abs. l, MO.).

Die in Art. 9 MO. aufgezählten Nebenpflichten erfüllt der dem Landsturm zugeteilte Mann nur teilweise, indem der mit Schiesswaffen ausgerüstete Landsturmmann die Schiesspflicht nicht zu erfüllen hat. Eine dieser Nebenpflichten, nämlich die Beobachtung der Vorschriften über das Kontrollwesen, besteht übrigens auch für die Hilfsdiensttauglichen und die gänzlich Dienstuntauglichen. Das für die Beurteilung der Ersatzpflicht entscheidende Moment ist, wie bereits festgestellt wurde, der Instruktionsdienst. Er ist, abgesehen von ausserordentlichen Zeiten, während welchen die Armee zum aktiven Dienst aufgeboten werden muss, das wesentliche der Militärdienstpflicht und bildet die Hauptlast, welche dem Wehrmanne in Friedenszeit auferlegt ist. Der Landsturm hat aber, wie schon oben ausgeführt wurde, keinen regelmässigen Instruktionsdienst zu leisten ; seine Einberufung zu Friedensübungen, welche nach Art. 123 MO. möglich ist, bildet die Ausnahme.

Der Bundesrat verweist im übrigen auf seinen Bericht an die Bundesversammlung vom 19. März 1920 betreffend den Militärsteuerrekurs
von Paul Kind, Sekretär beim schweizerischen Bundesgericht in Lausanne (Bundesbl. 1920, Bd. I, S. 535 ff.).

Da sich somit die grundsätzliche Steuerpflicht der vorzeitig zum Landsturm versetzten Wehrmänner aus dem Gesetze selbst herleiten lässt, erledigt sich das Begehren des Rekurrenten, es sei im vorliegenden Falle nach Billigkeit und in Analogie zu der Praxis des Bundesgerichts in Steuerund Strafsachen zu entscheiden, von selbst.

Endlieh kann auch das Eventualbegehren des Rekurrenten, es sei ihm die Rechtswohltat des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 zu-

103 zubilligen, der bestimmt, dass Wehrpflichtige, welche nach mindestens acht Dienstjahren infolge sanitarischer Ausmusterung ersatzpflichtig werden, nur die Hälfte des für die betreffende Altersklasse festgesetzten Militärpflichtersatzes zu leisten haben, nicht zugesprochen werden. Art. 2 des genannten Bundesbeschlusses bestimmt: Als Dienstjahr zählt jedes Jahr, in welchem der Pflichtige eine Schule oder einen Kurs bestanden oder den Militärbehörden während mehr als sechs Monaten zur Verfügung gestanden hat, in letzterm Falle auch dann, wenn ein Dienst versäumt worden ist. Diese Bedingungen hat Novel jedoch nur für vier Jahre erfüllt, nämlich für 1912, 1913, 1914 und 1918, in welch letzterm Jahre er in Thun einen Aktivdienst von 49 Tagen geleistet hat. In den übrigen Jahren nach 1914 hat er weder eine Schule noch einen Kurs absolviert, noch ist er den Militärbehörden zur Leistung des seiner Altersklasse auffallenden Dienstfes zur Verfügung gestanden. Sein Begehren muss deshalb abgewiesen werden.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, es sei der von Jean Novel erhobene Rekurs als unbegründet abzuweisen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 11. Februar 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: ·Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslm.

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