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Kreisschreiben des

Bau desrates an die Kantonsregierungen betreffend Einsendung kantonaler Strafentscheide in Bundesstrafsachen.

(Vom 12. Dezember 1927.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Die Einsendung k a n t o n a l e r S t r a f e n t s c h e i d e in B u n d es s t r a f s a c h e n erfolgt dermalen auf Grund der Art. 153, 154 und 155 des Bundesgesetzes vom 22. März 1893*) über die Organisation der Bundesrechtspflege und ausserdem gemäss den besonderen Vorschriften betreffend die Einsendung von Strafentscheiden in einer Reihe von Bundesgesetzen.

Der heute gefasste Bundesratsbeschluss ordnet in erster Linie die Einsendungspflicht nach Art. 155 OG- und ersetzt hierin den Bundesratsbeschluss vom 10. Dezember 1917**), der laut seinem Art. 3 Ende 1927 erlischt, und den ergänzenden Beschluss vom 5. Dezember 1924***). An Änderungen gegenüber dem bisherigen Zustand sind im wesentlichen anzuführen, dass einerseits Entscheide betreffend Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung über die Zivilstandsregister der Einsendungspflicht nicht mehr unterstellt werden und dass im Lebensmittelpolizeiwesen Entscheide betreffend das Schlachten, die Fleischschau, den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren nicht mehr einzusenden sind, falls die Bussen Fr. 50 oder weniger betragen (Art. l, Ziffer 2). Anderseits ist die Einseudungspflicht ausgedehnt worden auf Entscheide gemass Bundesgesetz vom 22. Dezember 1893 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund (Art. l, Ziffer 15), ferner auf bestimmt umschriebene Entscheide gemäss den neuen Bundesgesetzen vom 7. Dezember 1922 betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (Art. l, Ziffer 9) und vom 10. Juni 1925 über Jagd und Vogelschutz (Art. l, Ziffer 1).

In zweiter Linie zählt der heutige Bundesratsbeschluss erstmals diejenigen Bundesgesetze auf, in denen die Einsendungspflicht durch be*) Siehe Gesetzsammlung, Bd. 28, S. 173 **) Siehe Gesetzsammlung, Bd. 33, S. 1026.

***) Siehe Gesetzsammlung, Bd. 40, S. 487.

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sondere, zeitlich unbeschrankte Vorschrift selbständig begründet wird. Es sind dies die in Art. 4 des Beschlusses genannten Erlasse. Mit dieser Massnahme wird bezweckt, die durch den Bundesratsbeschluss vom 10. Dezember 1917 bereits angebahnte Übersicht über den Bereich der Einsendungspflicht zu verallgemeinern und den Kantonsbehörden in einem einzigen Erlass sämtliche Bundesgesetze zur Kenntnis zu bringen, die bei Übertretungen die Rechtsprechung den Kantonen gesetzlich zuweisen und, sei es selbständig oder in Verbindung mit Art. 155 OG, dermalen für die Einsendung der Strafentscheide in Betracht fallen. Ausdrücklich vorbehalten wird die Einsendungspflicht in Délégations- und Fiskalstrafsachen (Art. 5).

Die Strafentscheide sind zuhanden des Bundesrates an die Bundesanwaltschaft einzusenden (Art. 2 und 4), es sei denn, dass ausnahmsweise einer der in Art. 4 genannten Erlasse eine anderweitige Amtsstelle, wie das Fabrikinspektorat, Arbeitsamt, ausdrücklich bezeichnet.

Die gestützt auf Art. 155 OG bis zum 31. Dezember 1930 angeordnete Einsendungspflicht ist sorgfältig abgewogen worden, im Bestreben, den Bedürfnissen der Oberaufsicht des Bundes in den einschlägigen Gebieten zu genügen und gleichzeitig die Kantonsbehörden nicht unnötig zu verpflichten. Die Erwartung, dass der Bundesratsbeschluss in den Kantonen befolgt werde, ist mithin besonders gerechtfertigt.

Der Bundesratsbeschluss nebst dem Kreisschreiben kann für die kantonalen Amtsstellen nach Bedarf unentgeltlich nachgeliefert werden, sofern die Bestellungen bis Ende Dezember 1927 der Bundesanwaltschaft zukommen.

Wir benützen auch diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 12. Dezember 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler : Kaeslin.

-^EO«-

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend Einsendung kantonaler Strafentscheide in Bundesstrafsachen. (Vom 12. Dezember 1927.)

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1927

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14.12.1927

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