641

N 51

Bundesblatt

79. Jahrgang.

Bern, den 21. Dezember 1927.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. z« Bern.

# S T #

2276

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die achte Session der Völkerbundsversammlung.

(Vom 19. Dezember 1927.)

I.

Einleitung.

Der Bundesrat hatte seinen Bericht über die siebente Völkerbundsversammlung mit folgenden Worten geschlossen: « Aus einiger Entfernung gewinnt man eher den Eindruck, dass der Völkerbund das Anfangsstadiurn überschritten habe und in die Periode des normalen und regelmässigen Arbeitens eintrete, die vielleicht weniger reich an hervorstechenden Ereignissen sein, aber eine Fülle positiver Ergebnisse zeitigen wird.» Bedeuten nun die achte Versammlung und die von ihr erzielten Ergebnisse eine Bestätigung dieser Ansicht ?

Bei Beginn der achten Versammlung herrschte eine ziemlich graue Atmosphäre und eine skeptische Stimmung vor : es dürfte angezeigt sein, die durchaus nicht einfachen Verhältnisse klarzulegen, welche dieser Erscheinung zugrunde lagen.

Die Zahl der Mitgliedstaaten betrug 551). Der Bestand, der im Jahre 1920 42 betragen hatte, war nach der ersten Versammlung auf 48, sodann auf 51 im Jahre 1921, auf 52 im Jahre 1922, auf 54 im Jahre 1923, auf 55 im Jahre 1924 und schliesslich auf 56 im Jahre 1926 gestiegen. Mit dem 1. Januar 1927 fiel er auf 55 zurück, da sich die Eepublik Costa Eica, die im Jahre 1920 1

) Folgendes sind gegenwartig die Mitgliedstaaten des Volkerbundes : Albanien, Argentinische Republik, Äthiopien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chili, China, Dänemark, Deutschland, Dominikanische Republik, Estland, Pinnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Guatemala, Haiti, Honduras, Indien, Irischer Freistaat, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Kuba, Lettland, Libérien, Litauen, Luxemburg, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Panama, Paraguay, Peru, Persien, Polen, Portugal, Rumänien, Salvador, Schweden.

Schweiz Serbisch-kroatisch-slowenisches Königreich, Siam, Spanien, Südafrika, Tschechoslowakei, Ungarn, Uruguay und Venezuela.

Bundesblatt.

79. Jahrg. Bd. II.

51

642 aufgenommen worden war, Ende Dezember 1924 vom Völkerbunde zurückgezogen hatte und die in Artikel l der Satzung vorgesehene zweijährige Kündigungsfrist abgelaufen war, ohne dass dieser Staat auf seinen Entschluss zurückgekommen wäre, trotz des Versuches, der in diesem Sinne von der Versammlung im Jahre 1925 unternommen wurde.

Brasilien und Spanien, die, wie erinnerlich, ihren Willen, aus dem Völkerbund auszutreten, am 14. Juni bzw. am 8. September 1926 bekundet hatten, zeigten keinerlei Absicht, die auf die Möglichkeit einer Rückkehr schliessen liess.

Wenn man bloss die Zahlen in Betracht zieht, so möchte man versucht sein, den Völkerbund in bezug auf die Universalität falsch zu beurteilen.

Zwar meldete sich im Laufe des Jahres 1927 kein Staat zum Eintritt an, und eine neue Verminderung bedroht den Mitgliederbestand im Jahre 1928; sodann muss gesagt werden, dass einige von den 55 Mitgliedern nicht an den Versammlungen teilnehmen (Argentinien, Bolivien, Honduras und Peru); und schliesslich ist es auch bekannt, dass gewisse Staaten, die zu den wichtigsten der Welt gehören, dem Völkerbunde noch nicht angehören. Diesen Tatsachen stehen indessen auch solche gegenüber, die erfreulicher sind. Gewissen Neuaufnahmen kommt eine Bedeutung zu, die weit über jene hinausgeht, die in einer bloss zahlenniässigen Vermehrung liegt. Was beispielsweise die eine der beiden Gruppen betrifft, die sich während des Weltkrieges bekämpften, nämlich die der Zentralmächte, so ist darauf hinzuweisen, dass Deutschland, Österreich, Bulgarien und Ungarn gegenwärtig dem Bunde angehören. Ausserdem wirkten Nichtmitgliedstaaten auf gewissen Tätigkeitsgebieten des Völkerbundes in den Jahren 1926 und 1927 sehr aktivmit. Die Vereinigten Staaten vor Nordamerika sind im Ausschuss vertreten, der die Konferenz für die Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen vorzubereiten hat; sie nahmen auch an der internationalen Wirtschaftskonferenz teil, die vom 4. bis zum 23. Mai 1927 in Genf tagte, sowie an der allgemeinen Konferenz für Verkehrswege und Transit (23. August bis 2. September 1927) und der Konferenz der Pressesachverständigen (24. bis 27. August). An die internationale 'Wirtschaftskonferenz entsandten auch Ägypten, die Türkei und die Union sozialistischer Sowjetrepubliken Delegierte. Mexiko hatte einen Beobachter hingeschickt. Und
schliesslich ist zu erwähnen, dass Ecuador an der Konferenz für Verkehrswege und Transit vertreten war.

Auf dem Gebiete des Schiedswesens und dei Erledigung von S t r e i t i g k e i t e n im Vergleichs- und G e r i c h t s v e r f a h r e n bot sich ein günstigeres Bild. Die Fortschritte der letzten Jahre übertreffen hier selbst optimistische Erwartungen. Wie der Wortführer der schweizerischen Delegation in seiner Rede, die er in der Vollversammlung vom 12. September hielt, hervorhob, beläuft sich heute die Zahl der Verträge zur Erledigung von Streitigkeiten im Gerichtsverfahren und die der analogen Bestimmungen, die in andern Abkommen enthalten sind, auf ungefähr 220, während es im Sep-

643

tember 1924 noch etwa 120 gewesen waren. Immerhin traben gewisse Schatten auch dieses Bild. Das Unterzeichnungsprotokoll betreffend den ständigen internationalen Gerichtshof wurde von 52 Staaten unterzeichnet, von denen 51 Mitglieder des Völkerbundes sind. Vier Mitglieder haben somit das Protokoll noch nicht unterschrieben: die Eepublik Argentinien, Honduras, Nicaraguay und Peru. Von den 51 Unterschriften wurden nur 40 ratifiziert. Es fehlen die Eatifikationen von Bolivien, Chili, der Dominikanischen Eepublik, Guatemala, Kolumbien, Luxemburg, Panama, Persien und Salvador.

Was das in Artikel 36, Absatz 2, des Statuts erwähnte Protokoll betrifft, das die obligatorische Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes vorsieht, so wurde es von 25 Staaten unterzeichnet1). 18 haben bis heute ratifiziert 2) ; einer dieser Staaten jedoch, nämlich Brasilien, tat dies unter der Bedingung, die sich bis heute noch nicht verwirklicht hat, dass das Protokoll von zwei der ständig im Eate vertretenen Mächte ratifiziert werde; die übrigen 17 Staaten ratifizierten zum Teil auf unbestimmte Zeit (dies ist der Fall für Bolivien, Estland.

Haiti und Uruguay), die meisten jedoch taten es für eine Zeitspanne, die zwischen 5 und 15 Jahren schwankt. Nach Ablauf dieser Frist kann die Verpflichtung erneuert werden. Jene der Schweiz z. B., die ain 25. Juli 1921 für fünf Jahre eingegangen worden war, wurde im Jahre 1926 für eine weitere Periode von zehn Jahren erneut 3). Zufolge Ablaufes der Frist nun beträgt die Anzahl der Staaten, welche die obligatorische Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes anerkennen, nur mehr 15, während es zu Beginn des Jahres 17 gewesen waren.

Die von China und Litauen am 13. bzw. 16. Mai 1922 für fünf Jahre vorgenommenen Eatifikationen haben am 13. bzw. 16. Mai 1927 ihre Wirkungskraft verloren und sind nicht erneuert worden.

Man kann sich fragen, ob den Anläufen der Versammlungen von 1921, 1924 und 1925, die auf den A u s b a u der Satzung hinzielten, je Erfolg beschieden sein werde. Man darf wohl daran zweifehl. Von den 14 Abänderungen, die am Pakte anlässlich der zweiten 4), der fünften 5 ) und der sechsten6) Session vorgenommen wurden, sind bisher nur fünf in Kraft getreten, nämlich die Ab1 ) Äthiopien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, China, Costa Eioa. Dänemark, Dominikanische Republik, Finnland, Frankreich,
Guatemala, Haiti, Lettland, Libérien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Panama, Portugal, Salvador, Schweden, Schweiz und Uruguay 2 ) Äthiopien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, China, Costa Bica, Dänemark, Estland, Finnland, Haiti, Litauen. Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal..

Schweden, Schweiz und Uruguay.

3 ) S. Botschaft des- Bundesrates an die Bundesversammlung vom 16. März 1926 betreffend die Genehmigung der Erklärung, derzufolge die Schweiz dem Protokoll über die obligatorische Gerichtsbarkeit des ständigen internationalen Gerichtshofes, wie sie in Artikel 36, Abs. 2, seines Statuts vorgesehen ist, für eine weitere Zeitdauer von zehn Jahren beitritt.

4 ) S. Botschaft des Bundesrates vom 4. Januar 1922 betreffend Abänderung des Volkerbundsvertrages.

6 ) S. Bericht des Bundesrates vom S.Dezember 1924, S. 17--20.

6 ) Bericht des Bundesrates vom 23. Dezember 1925, S. 9.

644 änderungen der Artikel IV (wodurch der Versammlung die Befugnis erteilt wird, die Eegeln betreffend Wahl der nicht ständigen Batsmitglieder festzulegen), VI, letzter Absatz (die Versammlung bestimmt das Verhältnis, in dem die Kosten des Völkerbundes von den Mitgliedern zu tragen sind), XII (wodurch das Gerichtsverfahren jenen Verfahren beigefügt -wird, zwischen denen die Mitgliedstaaten zu wählen vereinbaren, «wenn sich zwischen ihnen eine Streitfrage erheben sollte, die zu einem Bruche führen könnte»), sowie die entsprechenden Abänderungen, die an den Artikeln XIII und XV vorgenommen wurden. Dagegen wurden die sechs Abänderungen des Artikels XVI (militärische Sanktionen sowie wirtschaftliche und finanzielle Blockade) und die drei Abänderungen des Artikels XXVI (Bedingungen für das Inkrafttreten der Abänderungen am Pakte) zwar von der Mehrheit der in der Versammlung vertretenen Staaten ratifiziert, nicht aber von sämtlichen Staaten, deren Vertreter den Eat bilden. Sie können daher nicht in Anwendung treten, d a die Einstimmigkeit der im Völkerbundsrate vertretenen Staaten eine der beiden Bedingungen ist, die Artikel XXVI in seiner gegenwärtigen Form vorschreibt.

Alle von der zweiten Versammlung vorgenommenen Abänderungen wurden von der Schweiz am 29. März 1923 ratifiziert. Was die Abänderungen des Artikels XVI von den Jahren 1924 und 1925 betrifft, so hat der Bundesrat seine Haltung in seinem Bericht an die Bundesversammlung vom 8. Dezember 1924 über die fünfte l) und vom 23. Dezember 1925 über die sechste 2) Versammlung umschrieben.

Am langsamsten geht eb vorwärts auf dem Gebiete der A b r ü s t u n g .

Der Völkerbund hat sich z« ar gleich zu Anfang an das Studium dieses Problems gemacht. Die ständige beratende Kommission für militärische, maritime und aviatische Tragen, die in Artikel IX der Satzung vorgesehen isl und in der sämtliche Mitglieder des Eates vertreten sind, wurde bereits im Mai 1920 anlässlich der fünften Session des Volkerbundsrates bestellt. Die Schaffmig der temporären gemischten Kommission für die Eüstimgsbeschrankungen erfolgte durch die erste Versammlung. Da einstweilen die Pläne für die Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen, deren Vorbereitung dem Eat obliegt, noch nicht vorlagen, empfahlen die beiden ersten Völkerbünde-Versammlungen dem Eate, den Eegierungen
der Mitgliedstaaten vorzuschlagen, sie möchten während zweier Jahre das gegenwärtige Militärbudget nicht überschreiten. Seit dem Jahre 1922 sind die Konsultativorgane des Eates und der Versammlung der Meinung, class nicht die Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen die Sicherheit zu schaffen vermag, sondern, dass die Sicherheit die Abrüstung möglich machen muss 3 ). Die vierte Versammlung machte nun einen grossen !) Seiten 17 bis 20.

2 ) Seite 9.

3 ) Resolution vom 27. September 1922, Punkt XIV, Ziffer 2: «Im gegenwartigen Zustande der Welt könnte eine grosse Zahl von Regierungen die Verantwortung für eine ernsthafte Herabsetzung der Rüstungen nicht übernehmen, sofern sie nicht zum Ausgleich eine zufriedenstellende Garantie für die Sicherheit ihres Landes erhalten.»

645 Versuch, der auf Vermehrung der Sicherheitsgarantien hinzielte, die der Völkerbund seinen Mitgliedern geben kann : sie arbeitete den Vertrag über die wechselseitige Hilfeleistung aus («traité d'assistance mutuelle»). Gemäss diesem Abkommen stellen militärische Massnahmen die gesuchten Garantien dar. Indessen konnte man sich im Völkerbund auf dieser Grundlage nicht einigen, was dann die fünfte Versammlung dazu führte, dem Problem noch näher auf den Leib zu rücken. Zwar hängt, so erklärte man in dieser Session, die Abrüstung von der Sicherheit ab, aber diese kann wiederum nur das Ergebnis des Vertrauens sein.

Die Frage war nun, wie man dieses Vertrauen schaffen könne. Die Antwort war : die Streitigkeiten müssen auf schiedsgerichtlichem Wege ausgetragen werden.

Sohiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit, Abrüstung, das ist die Triologie, welche die Schöpfer des Genfer Protokolls ihrem grosszügigen Werk zugrunde legten.

Das vom Genfer Protokoll für die friedliche Beilegung der internationalen Streitfälle vorgesehene Verfahren schien endlich, obwohl das Abkommen nicht in Kraft trat, der Abrüstung den Weg zu öffnen. Der Bat liess sich auf die Sache ein. Er bestellte am S.Oktober 1924 den sogenannten Eatsausschuss («Comité du Conseil») und beauftragte ihn mit der Vorbereitung der Abrüstungskonferenz.

Bin Jahr später, am 12. Dezember 1925, legte der Ausschuss dem Bäte seinen Bericht vor, der eine Liste von Fragen enthält, die einer Kommission zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz zu unterbreiten sind. Diese Kommission wurde am selben Tage bestellt. Sie hätte die folgenden vierundzwanzig Staaten umfassen sollen : Argentinien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Chili, China, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan, Kolumbien, Niederlande, Polen, Rumänien, Serbisch-kroatisch-slowenisches Königreich, Salvador, Schweden, Spanien. Tschechoslowakei, Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, Uruguay und die Vereinigten Staaten von Amerika. Da jedoch die Sowjetregierung die Einladung des Bates ablehnte 1) und Brasilien seinen Willen erklärt hatte, ans dem Völkerbund auszutreten, belief sich die Zahl der in der Kommission vertretenen Staaten bei Beginn der achten Versammlung auf zweiundzwanzig. Seit ihrer Bestellung hat sich die Kommission dreimal versammelt, das erstemal vom 18. bis
26. Mai 1926, das zweitemal vom 22. bis 27.September desselben Jahres und das drittemal vom 21. bis26.April 1927. Sie konnte schliesslich einen Abkommensentwurf in erster Lesung behandeln, der dazu bestimmt ist, einer allgemeinen Konferenz, zu der sämtliche Mitgliedstaaten des Völkerbundes sowie zweifellos auch die Nichtmitgliedstaaten einzuladen wären, als Diskussionsgrundlage zu dienen.

Der Abkommensentwurf der vorbereitenden Konferenz umfasst fünf Kapitel : ein erstes Kapitel über die Bestände, eine zweites über das Material, ein drittes über die Budgetausgaben, ein viertes über den chemischen Krieg und ein fünftes, das die allgemeinen Bestimmungen enthält. Im Laufe der ersten Lesung zeigten !) Ende Oktober hat Bussland seine Haltung aufgegeben und dem Generalsekretariate des Völkerbundes mitgeteilt, dass es bereit sei zur Teilnahme an der vierten Session der Komission, die am 30. November in Genf begann.

646

sich wichtige Meinungsverschiedenheiten. In mehreren Punkten konnte man sich nicht einigen. Unter diesen Umständen konnte die Kommission nichts anderes tun, als verschiedene Texte nebeneinander setzen. In andern Punkten gelang die Verständigung, immerhin nicht ohne dass wichtige Vorbehalte angebracht wurden.

Vor Eröffnung der achten Versammlung und bei Beginn der Session hatte man schlechte Kunde über die Arbeiten der vorbereitenden Kommission.

Man sprach sogar von einem Misserfolge, der die Einberufung einer vierten Session sowie eine zweite Lesung überflüssig mache. Die Zukunft schien um so düsterer und unsicherer, als die siebente Versammlung in ihrer Eesolution vom 24. September 1926 einen grossen Optimismus gezeigt hatte1). Gemäss dieser Eesolution, die. wie erinnerlich, nach Abschluss der Locamo-Verträge und der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund angenommen worden war, wird der Eat gebsten. «die Vorbereitungskommission zur raschesten Durchführung der technischen Arbeiten einzuladen, damit sie zu Anfang des kommenden Jahres in der Lage sei, für die Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Büstungen ein Programm aufzustellen, das im Einklang steht mit den gegenwärtigen Bedingungen der regionalen und allgemeinen Sicherheit. Der Eat wird e r s u c h t , diese K o n f e r e n z vor Beginn der achten o r d e n t lichen Tagung der Versammlung einzuberufen, sofern nicht materielle Unmöglichkeit besteht».

Der Abstand zwischen den Hoffnungen, denen sich die siebente Versammlung hingegeben hatte, und der Wirklichkeit, der sich die achte Session gegenübergestellt sah, erschien gross. Nicht nur war die allgemeine Konferenz nicht einberufen worden, sondern das Programm dieser Zusammenkunft hatte nicht näher umschrieben werden können, und es bestanden selbst Zweifel darüber, ob dessen Festsetzung überhaupt gelingen werde. Dazu kam die Tatsache, dass das Abkommen vom 25. Juni 1925 betreffend Überwachung des internationalen Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial, das von 35 Staaten unterschrieben worden war, bisher nur von einer einzigen Eegierung ratifiziert wurde, nämlich von der französischen, und dass ihm nur ein Staat beigetreten ist, nämlich Liberia. Was die Frage der privaten Herstellung von Waffen betrifft, -- die siebente Versammlung hatte wie erinnerlich den Eat ersucht,
einen Abkommensentwurf hierüber vorzubereiten und baldmöglichst eine Konferenz einzuberufen -- so waren die Sachverständigen, die man konsultiert hatte, zum Schlüsse gekommen, dass dieses Problem wohl nur im allgemeinen Eahmen der Abrüstung behandelt und gelöst werden könne.

Auf w i r t s c h a f t l i c h e m Gebiete dagegen hatte der Völkerbund in der Zeit zwischen der siebenten und der achten Versammlung einen grossen Erfolg davongetragen, nämlich die internationale Wirtschaftskonferenz. Die Wirtschaftskonferenz war von der Versammlung im Jahre 1925 beschlossen und J

) S. Bericht des Bundesrates vom 10. Dezember 1920, S. 23 und 48.

647 von einem Ausschuss vorbereitet worden, der im Jahre 1926 zweimal zusammentrat; sie tagte in Genf vom e.bis 23.Mai und umfasste Vertreter von 50 Staaten.

Da die Arbeiten der Konferenz in einem besondern Berichte des Bundesrates an die Bundesversammlung oder im nächsten Geschäftsberichte behandelt werden, soll hier nicht weiter auf Einzelheiten eingegangen werden. Die Konferenz muss indessen erwähnt werden, da ihre Ergebnisse Gegenstand zahlreicher Kundgebungen an der achten Versammlung waren. Aber auf wirtschaftlichem Gebiete braucht es Zeit, um gewisse Ziele zu erreichen; man denke z. B.

nur an die beiden Abkommen allgemein wirtschaftlicher Natur, die unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossen worden sind: die Konvention zur Vereinfachung der Zollformalitäten vom 3. November 1923, die von 35 Staaten unterzeichnet wurde, während erst 24 Batifikationen und ein Beitritt erfolgten (die Eatifikation durch die Schweiz erfolgte am 3. Januar 1927). und das Protokoll betreffend die Schiedsklauseln, das anlässlich der vierten Versammlung zur Unterzeichnung aufgelegt und im Namen von 28 Staaten unterzeichnet, aber bloss von 14 ratifiziert wurde. Was die Schweiz betrifft, so hat der Bundesrat die Bundesversammlung in seiner Botschaft vom 20. Juni 1927 ersucht, dieses Abkommen zu genehmigen.

Die Tätigkeit des V ö l k e r b u u d s r a t e s im Jahre 1926/27 gab einigen Delegationen ebenfalls Anla«s zu Besorgnis. Die Vorwürfe waren verschiedener Art. Die einen hielten dem Bäte Passivitität vor. Internationale Fragen waren im Laufe des Jahres aufgetaucht, von denen einige schwerer Natur gewesen waren: der Bat hatte sich nicht mit ihnen befasst. Im weitem erklärte man, es.

habe sich im Innern des Rates eine Gruppe der sogenannten Locarnomächte herausgebildet, und diese paar Staaten hätten das Bestreben, unter sich im Geheimen die Probleme zu regeln, deren Lösung eigentlich Sache des Rates wäre. Gewisse öffentliche Sitzungen des Rates, so wurde ferner gesagt, hätten den Eindruck von bloss formellen Zusammenkünften erweckt ; man hätte sich vorher in privater Besprechungen geeinigt, und die Debatte vor der Öffentlichkeit habe bloss stattgefunden, um die Übereinstimmung festzustellen.

Und schliesslich warf man dem Bäte vor, er habe anlässlich eines Streitfalles, der übrigens noch nicht erledigt ist,
-- es handelt sich um den Konflikt zwischen Ungarn und Rumänien betreffend die Lage der ungarischen Optanten in Transsylvanien zufolge der rumänischen Agrarreform -- allzu sehr eine Haltung eingenommen, die offensichtlich darauf hinzielte, die Sache hinauszuzögern.

Zum Teil sehr beträchtliche Ergebnisse und ganz unzweifelhafte Erfolge, die auf zahlreichen technischen Gebieten erreicht wurden, so im Finanzwesen, im Verkehrs- und Transitwesen sowie in den Hygiene- und den sozialen und humanitären Fragen, ergänzen das aus Licht und Schatten bestehende Bild.

das der Völkerbund Ende August darbot.

648

n.

Eröffnung der Session; allgemeine Aussprache.

Die achte ordentliche Session des Völkerbundes begann in Genf am Montag, den 5. September, um 10% Uhr.

Die schweizerische Delegation, deren Zusammensetzung der Bundesrat in seinen Sitzungen vom 13. Juni, vom 1. Juli und vom 2. September bestimmt hatte, umfasste, gleich wie im Vorjahre, Herrn Bundespräsident Motta, Chef des, Politischen Departements, Herrn Ständerat Bolli und Herrn Nationalrat Gaudard als Delegierte, Herrn Dr. W. Burckhardt, Professor an der Piechtsfakultät der Universität Bern, und Herrn W. Stucki, Direktor der Handelsabteilunç des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, als stellvertretende Delegierte (wobei Herr Stucki sich insbesondere mit den Wirtschaftsfrageii zu befassen hatte) und die Herren D. Secretan und Dr. P. Widmer, vom Politischen Departement, als Sekretäre und Experten.

Die Weisungen, die der Bundesrat seinen Vertretern in Genf gab. haben folgenden Wortlaut: «1. Der Bundesrat bestätigt gegenüber der schweizerischen Delegation an der achten Völkerbundsversammlung seine früheren Instruktionen allgemeiner Natur betreffend die Grundfragen der Universalität des Völkerbundes, der Schiedsgerichtsbarkeit und der Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren.

In den Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit und der Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs- und Gerichtsverfahren soll sich die Delegation jedei Initiative anschliessen, die darauf hinzielt, diese Grundsätze ins Licht 211 setzen sowie deren Annahme durch sämtliche Staaten zu beschleunigen.

2. Der Standpunkt, den der Bundesrat hinsichtlich der Sklaverei k o n v e n t i o n in seinem Bericht an die Bundesversammlung vom 10. Dezember 1926 über die achte Völkerbundsversammlung einnahm, soll für die Haltung der Delegation in bezug auf dieses Abkommen wegleitend sein.

3. Die Delegation stimmt allen angemessenen Massnahmen zu, die dem Völkerbunde gestatten, die Bezahlung der a u s s t e h e n d e n Beiträge zu erreichen.

4. Was das System, das einen einzigen Wahlgang und S t i m m ü b e r t r a g u n g vorsieht, sowie den G r u n d s a t z des Proporzes bei den Wahlen der nicht ständigen Eatsmitglieder betrifft, so soll die Delegation sich zwar eine gewisse Zurückhaltung auferlegen; falls es nötic sein sollte, wird sie sich in negativem Sinne
aussprechen.

5. Falls man sich grundsätzlich dahin einigen sollte, dass sich der Völkerbund um die Frage des Alkoholismus annehmen soll, so hätte dieDelegation dafür einzutreten, dass die Tätigkeit des Völkerbundes auf diesem Gebiete

649

klar umschrieben und im wesentlichen auf eine wissenschaftliche Studie beschränkt werde.

6. Der Entwurf zu einem Statut für ein Verwaltungsgericht des Völkerbundes, wie er von der Kontrollkommission ausgearbeitet wurde, erscheint annehmbar, vorausgesetzt, dass der Nachweis der Notwendigkeit, dem Völkerbund ein derartiges Organ zu geben, geleistet wird. Bei dieser Gelegenheit konnte die Delegation darauf anspielen, dass es wichtig sei, dass der Völkerbund einen Gerichtsstand wähle, 7. Die Delegation soll dem im Briefe der britischen Eegierung vom 17. Juni 1927 enthaltenen Vorschlage beipflichten, gemäss welchem die Prüfung der Präge,welche Probleme in das Tätigkeitsgebiet des V ö l k e r b u n d e s fallen, sine die zu vertagen ist. Die Delegation soll indessen nicht aus dem Auge verlieren, dass es für den Völkerbund wichtig ist, seine Tätigkeit nicht übermässig auszudehnen, sein wesentliches Ziel nicht ausser acht zu lassen und, was die Probleme betrifft, die er bereits behandelt, nicht neue Etappen in Angriff zu nehmen, ohne sicher zu sein, dass die grosse Zahl der Mitglieder entschlossen ist, ihm zu folgen.

8. Die Delegation wird jeder Resolution der Versammlung zustimmen, durch die den Staaten empfohlen wird, die Ergebnisse der i n t e r n a t i o n a l e n W i r t s c h a f t s k o n f e r e n z aufmerksam zu prüfen. Dagegen wird sie sich der Schaffung einer allzu grossen Wirtschaftsorganisation widersetzen. Sie soll dafür eintreten, dass das gegenwärtige Wirtschaftskomitee womöglich erneuert und auf eine andere Grundlage gestellt wird, so dass die Staaten Mitglieder wären und die Eegierungen die Wahl ihrer Vertreter vornehmen wurden.

9. Hinsichtlich der Arbeiten der Organisation für V e r k e h r s w e g e und Transit wird sich die Delegation leiten lassen von den Instruktionen, die der schweizerischen Delegation an der dritten allgemeinen Konferenz dieser Organisation gegeben wurden.

10. Die Delegation wird sich, wie in den Vorjahren, in ihrer Haitang bei der Prüfung der Arbeiten der W i r t s c h a f t s - und Finanz- sowie dei H y g i e n e o r g a n i s a t i o n an die Angaben und Meinungsäusserungen der besonders beteiligten eidgenössischen Departemente halten.

11. Für den Fall, dass aniässlich der Behandlung der Arbeiten der i n t e r nationalen Kommission für geistige Z u s a m
m e n a r b e i t die Frage auftauchen sollte, ob die finanziellen Schwierigkeiten, vor die sich das Institut in Paris gestellt sieht, vom Völkerbund in seiner Gesamtheit aus dem Wege geschafft werden sollen, statt durch freiwillige Beitragsleistungen der Mitgliedstaaten, so wird sich die Delegation zugunsten einer allgemeinen Aktion aussprechen ; diese Lösung scheint geeignet, nicht nur den internationalen Charakter des Instituts immer mehr zu festigen, sondern auch diesem Organismus zu gestatten, leichter die Dienste zu leisten, welche die intellektuellen Kreise von ihm erwarten.

650 Was die Ausstellung für V o l k s k u n s t betrifft, eine Idee, an deren Verwirklichung aktiv mitzuarbeiten die Stadt Bern sich bereit erklärte, indem sie sich insbesondere als Ausstellungsort anerbot, so soll die Delegation versuchen, an der achten Versammlung eine dem Plane günstige Atmosphäre zu schaffen, die soweit möglich für einen Erfolg bürgt, 12. Es dürfte angezeigt sein, darauf hinzuweisen, dass in der Kegel ein Beitritt zu allgemeinen i n t e r n a t i o n a l e n A b k o m m e n nicht unter Vorbehalt spaterer ^Ratifikation erfolgen soll.

13. Der Bundesrat anerkennt, dass dem raschen Intätigkeittreten der Völkerbundsorgane, falls die internationale Lage bedrohlich wird, grosse Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung des Friedens zukommt: er ermächtigt seine Vertreter, der allgemein gehaltenen Eesolution zuzustimmen, die der Bat in Vorschlag bringt und die bestimmt ist, den Grundsatz festzulegen, wonach für die Begierungen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes die Verpflichtung besteht, mit allen Mitteln das Z u s a m m e n t r e t e n des Bates in KrisenZeiten zu erleichtern.

Die Delegation kann die Zusicherung abgeben, das* der Bundesrat bereit ist. alle Massnahmen praktischer Art zu treffen, soweit dies in seiner Macht steht, die anerkanntermassen geeignet sind, das Zusammentreten des Bates in Genf zu beschleunigen; immerhin soll damit in keiner Weise die Möglichkeit beschränkt werden, in voller Freiheit die rechtlichen und politischen Seiten, welche die in Aussicht genommenen Massnahmen unter Umständen besitzen, zu prüfen.

14. Unter Vorbehalt der Aufschlüsse und Begründungen, die das Generalsekretariat des Völkerbundes und die Kontrollkommission geben werden, können die v e r i f i z i e r t e n A b r e c h n u n g e n für das achte Bechnungsj a h r sowie für das Budget des Völkerbundes für 1928genehmigt werden.

15. Die Delegation wird mit grösster Aufmerksamkeit die Entwicklung der Fragen betreffend die L i e g e n s c h a f t e n des V ö l k e r b u n d e s verfolgen, und in dieser Hinsicht Fühlung behalten mit den Behörden des Kantons Genf.

16, Der Bundesrat ist weiterhin der Ansicht, dass die allmähliche Kodi f i k a t i o n des i n t e r n a t i o n a l e n Eechts eine der wichtigsten Fragen ist, mit denen sich der Völkerbund zu befassen hat. Was die Frage betrifft, ob es
Sache einer oder mehrerer Konferenzen sei, internationale Abkommen über die Gebiete auszuarbeiten, die als kodifikationsreif erkannt wurden oder werden sollten, so wird die Delegation eher für die Einberufung verschiedener Konferenzen eintreten, wobei natürlich eine solche Konferenz auch mehrere Fragen behandeln kann, wenn diese unter sich einen genügenden Zusammenhang besitzen.

17. Falls die Schaffung des gemäss dem Abkommen betreffend die Betäubungsmittel vom 19. Februar 1925 zu bestellenden ständigen Zentralkomitees die Aufrechterhaltung der beratenden Kommission für den Opium-

651 Handel, in Präge stellen sollte, so wird sich die Delegation für deren Beibehaltung aussprechen. Die beratende Kommission umfasst die offiziellen Vertreter der besonders beteiligten Staaten, während das Zentralkomitee aus Experten zusammengesetzt werden soll, die im Hinblick auf ihre persönlichen Eigenschaften ernannt werden.

18. Die vom Völkerbund im Jahre 1926/1927 auf sozialem und h u m a n i tärem Gebiet entfaltete Tätigkeit gibt zu keinen besondern Bemerkungen Anlass Diese Tätigkeit soll in ihren großen Zügen gebilligt werden.

19. Vor der Wahl der nicht » t a n d i g e n Ratsmitglieder soll die Delegation dem Bundesrate Berieht erstatten und ihm mündlich oder schriftlich Vorschläge unterbreiten.

20. Die schweizerische Delegation wird ständig Fühlung behalten mit dem Bundesrate, der ihr im Laufe der Session die nötigen Instruktionen gibt in bezug auf die Punkte, die hier nicht vorgesehen sind.» Die Versammlung brauchte keine 24 Stunden, um jene Formalitäten zu erfüllen, die mit jeder internationalen Konferenz verbunden sind: Eröffnung der Session (sie erfolgte durch Herrn Villegas, chilenischer Botschafter in Italien, in seiner Eigenschaft als amtierender Präsident des Bates), Bestellung einer Kommission für die Prüfung der Vollmachten (sie bestand aus acht Mitgliedern und hat einen Bericht abgegeben, demzufolge 49 Staaten regelmässig vertreten und die Delegierten von sechs regierungen, nämlich jene der Republik Argentinien, Boliviens, Brasiliens, Spaniens, Honduras' und Perus, abwesend waren), "Wahl des Präsidenten (Herr Guani, Gesandter Uruguays in Frankreich, wurde ernannt), Annahme einer Tagesordnung, Verteilung der auf der Tagesordnung eingeschriebenen Fragen unter die Kommissionen, Wahl der Kommissionspräsidenten 1) und endlich Bezeichnung der sechs Vizepräsidenten der- Versammlung. Es wurden gewählt (reihenfolge der Wahl) : die Herren .Scialoja (Italien), Briand (Frankreich), Chamberlain (Grossbritannien), Stresemann (Deutschland) und Nemours (Haiti).

Besondere Erwähnung verdienen einerseits die anerkennenswerte Aufmerksamkeit der Versammlung, die den ersten Delegierten der Schweiz zum Ehrenmitgliede des Bureaus ernannte und ihm die Möglichkeit gab, aktiv an dessen Arbeiten teilzunehmen, sowie anderseits die Tatsache, dass dem Bureau sämtliche Fragen betreffend die Bauten des
Völkerbundes überwiesen wurden.

l ) Erste Kommission (rechtliche Fragen): Herr A d a t o i , japanischer Botschafter in Belgien, erster Delegierter Feines Landes ; zweite Kommission (technische Organisationen): Herr D a n d u r a n d . Senator und erster Delegierter Kanadas ; dritte Kommission (Abrüstung): Herr Benes, Minister des Auswärtigen der Tschechoslowakei und erster Delegierter; vierte Kommission (Budgetfragen): Herr van Eysinga.

Professor an der Universität Leyden; fünfte Kommission (soziale Fragen): Herr H a m b r o , Präsident des norwegischen Abgeordnetenhauses, zweiter Delegierter: «ächzte Kommission (politische Fragen): Herr Bech, luxemburgischer Regierangspräsident, erster Delegierter,

652 Bereits in ihrer dritten Sitzung konnte die Versammlung mit der allgemeinen Aussprache üher die Tätigkeit des Eates beginnen.

Im Jahre 1926 war diese Diskussion sehr kurz gewesen. Die Versammlung war vom Wunsche beseelt gewesen, die Krisis, die sich im März herausgebildet hatte, möglichst rasch zu lösen, und sie hatte sich beeilt, die Erweiterung des Eates und die Aufnahme Deutschlands zu beschliessen ; diese beiden Fragen hatten die Woche, die im allgemeinen der Prüfung der Tätigkeit des Eates gewidmet ist, ausgefüllt. In dieser Hinsicht unterschied sich die achte Versammlungwesentlich nicht nur von der vorhergehenden, sondern von allen frühere Sessionen. Diese Tatsache ist insbesondere der Stimmung zuzuschreiben, die zu Beginn der Versammlung herrschte und deren Ursachen wir in der Einleitung anzugeben versuchten. Es ist nichtsdestoweniger interessant und erfreulich festzustellen, dass sich die allgemeine Debatte der ersten Vollversammlungen im Jahre nach der Erweiterung des Eates, die doch die Bedeutung deVersammlung gegenüber dem Eate hätte vermindern können, auf einer hohem Stufe bewegte als je zuvor.

Die Diskussion wurde nicht nur reichlich benützt, sondern war auch sehr gehaltvoll; zudem stand sie im Zeichen voller Aufrichtigkeit. Noch nie hat eine Session anlässlich der Prüfung der Tätigkeit des Eates in gleichem Masse den Eindruck einer parlamentarischen Versammlung gegeben, die sich über die Geschäftsführung der Exekutive auszusprechen hat 1 ).

Die hauptsächlichsten Diskussionsgegenstände waren die Abrüstung. die internationale Wirtschaftskonferenz, die allmähliche Kodifikation des internationalen Rechts und das. was man die Methoden des Eates nennen könnte.

Die Wirtschaftskonferenz war bekanntlich keine Vereinigung von Re-gierungsdelegierten, die unter sich eine oder mehrere Konventionen auszuarbeiten suchen. Die Mitglieder der Konferenz wurden zwar von ihrer regierung ernannt, dies jedoch im Hinblick auf ihre besondere Eignung und nicht um eine offizielle Politik zu vertreten. Die Konferenz besass den Charakter einer ausgedehnten Befragung von hervorragend repräsentativen sachv erständigen ani dem Gebiete des Handels, der Industrie, der Finanz, des Ackerbaus und der sozialen Frage. Sie nahm Resolutionen und Empfehlungen an, welche die Regierungen nicht verpflichten, sondern
lediglich den Ausdruck der Meinungen und Überzeugungen der besten Kenner der betreffenden Gebiete darstellen. Mau konnte sich daher fragen, welche Haltung die Staaten inbezug auf die von der Konferenz festgelegten Grundsätze einnehmen würden. Bereits in der Juni-Session des Eates hatten einige Eegierungen, insbesondere die deutsche und die belgische, erklärt, die von der Konferenz herausgearbeiteten Grundsätze als Eichtlinien für ihre Wirtschaftspolitik annehmen zu wollen. Der Eat hatte ausserdem 1

) Aus dem Pakt ergibt sich keinerlei Unterordnung des Rates unter die Versammlung ; die Satzung umschreibt vielmehr die Befugnisse dieser beiden Organe mit denselben Worten. Nichtsdestoweniger erscheint es natürlich, dass der Rat, insoweit er im Namen des gesamten Volkerbundes handelt, über seine Tätigkeit vor der Versammlung Rechenschaft ablege, wie er das jedes Jahr tut.

653

am 17. Juni beschlossen, den Bericht der Konferenz und ihre Kesolutionen der Aufmerksamkeit aller Eegierungen zu empfehlen. Zahlreiche Delegationen benutzten die Gelegenheit, die ihnen die Versammlung bot, um die Stellung ihrer Regierung hinsichtlich der Ergebnisse der Konferenz bekanntzugeben. Die Vertreter Indiens, der Niederlande, Finnlands, Schwedens, Norwegens, Grossbritanniens und der Schweiz bekundeten vor der Versammlung, dass sie in vollem Umfange den Empfehlungeil der Konferenz beipflichten, oder sie teilten wenigstens ihre Absicht mit, sie aufmerksam und wohlwollend zu prüfen und alle Anstrengungen zu machen, um ihnen nachzuleben. Die Erklärung des ersten schweizerischen Delegierten, die übrigens in der zweiten Kommission wiederholt und entwickelt wurde, lautete folgendermassen : Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat gleich den übrigen Ländern die internationale Wirtschaftskonferenz aufs lebhafteste begrüsst: sie hat mit Genugtuung von ihren Empfehlungen Kenntnis genommen und wird sich bemühen, ihre Politik mit den Beschlüssen dieser Konferenz in Einklang zu bringen.

Die Abrüstungsfrage wurde von zahlreichen Delegationen von verschiedenen Gesichtspunkten aus behandelt. Namentlich die Vertreter Deutschlands und Österreichs, welch beiden Ländern die Friedensverträge die Abrüstung vorschreiben, wiesen darauf hin, dass gewisse auf das Militärwesen bezügliche Bestimmungen einzig und allein in jene Verträge aufgenommen worden seien, u um», wie es in den Verträgen heisst, «die Vorbereitung einer allgemeinen Eüstungsbeschränkung sämtlicher Nationen zu ermöglichen». Artikel VIII der Satzung, erklärten sie ferner, verlangt, dass sämtliche Mitglieder des Völkerbundes ihre nationalen Eüstungen auf das Mindestmass beschränken, das mit der nationalen Sicherheit und mit der Erfüllung der internationalen, durch ein gemeinsames Vorgehen auferlegten Verpflichtungen vereinbar ist.

Im allgemeinen anerkannten alle Eedner die überragende Bedeutung, welche die Abrüstungsfrage für den Völkerbund besitzt, sowie die unbedingte Notwendigkeit, die vorbereitenden Arbeiten wieder aufzunehmen. Das Ergebnis der Diskussion war ein doppeltes. Einerseits gestattete sie, sich besser über die wesentliche Ursache der Schwierigkeiten Rechenschaft zu geben, die sich der vorbereitenden Kommission entgegenstellten. Jene
Ursache besteht in der Uuàicherheit, die weiterhin Anlass zu Besorgnis gibt. Andererseits erlaubte die Debatte, nachdem die Diagnose gestellt war, die Möglichkeiten der Abhilfe zu prüfen.

Zwei Tendenzen machten sich in dieser Hinsicht geltend. Die eine fand ihren Ausdruck in dem von der niederländischen Delegation vorgeschlagenen und entwickelten Resolutionsentwurf und verlangte, dass die Berichte der vorbereitenden Abrüstungskornmission an die zuständigen Versammlungskommissionen überwiesen würden, um durch diese im Lichte der leitenden Grundsätze des Genfer Protokolls -- Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und Abrüstung -- geprüft zu werden. Der niederländische Entwurf bezweckte keine Neueröffnung der Diskussion über das Protokoll. In der Session von 1924 hatte man erklärt : Die Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit wird die

654 Sicherheit schaffen und diese die Abrüstung ermöglichen. Unter Bezugnahme darauf führte nun die niederländische Delegation aus : Wenn nach drei Jahren die Verwirklichung der Abrüstung immer noch derart schwierig erscheint, so hat dies seinen Grund darin, dass das Gefühl der Sicherheit noch nicht genügend entwickelt ist. Und wie anders könnte man zu dessen Entfaltung beitragen als dadurch, dass mau dem Schiedsgerichtsgedanken einen neuen Antrieb verleiht ?

Die Vertreter der andern Bichtung suchten Abhilfe in einem Versarnmlungsbeschlusse, durch den der Angriffskrieg verurteilt werden sollte. Die polnische Delegation unterbreitete der Versammlung ein bezügliches Projekt, das unter anderem folgende Stelle enthält: «In der Erwägung, dass ein feierlicher Verzicht auf jeden Angriffskrieg geeignet wäre, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, die den zum Zwecke der Abrüstung unternommenen Arbeiten förderlich wäre, erklärt die Versammlung : Jeder Angriffskrieg ist und bleibt verboten.» Nachdem sich zahlreiche Delegationen für oder gegen den niederländischen und polnischen Vorschlag ausgesprochen hatten, hielt es auch die schweizerische Delegation für angezeigt, ihre Haltung bekanntzugeben. Herr Motta tat dies in seiner bereits erwähnten Bede vom 12. September. Wir treten, erklarte er, für die Prüfung der niederländischen und polnischen Besolutionsentwürfe ein. sowie für deren Überweisung an die Versammlungskommissionen; denn was den von Herrn Beelaerts van Blokland vorgelegten Text betrifft, so betrachten wir ihn zufolge seines erneuten Hinweises auf die überragende Bedeutung, die der Schiedsgerichts barkeit zukommt, als ein geeignetes Mittel, um den vorbereitenden Arbeiten für die Abrüstung neue Impulse zn verleihen.

Hinsichtlich der von Herrn Sokal vorgeschlagenen Formel ist zu sagen, dass die rechtlichen Gründe, die gegen eine Erklärung, durch die der Angriffskrieg geächtet werden soll, vorgebracht werden, uns keineswegs gleichgültig sind; aber wenn andere Staaten, die das Sicherheitsproblem näher angeht als die Schweiz, in einer Verurteilung des Angriffskrieges einen moralischen Vorteil sehen, so kann sich die schweizerische Delegation ihren Erwägungen nicht verschliessen. Die Überweisung des polnischen Vorschlages an die dritte Kommission wurde am 10., die des niederländischen Vorschlages
am 12. September beschlossen.

Die Frage der allmählichen Kodifikation des ATölkerrechts wurde ebenfalls von mehreren Bednern ziemlich eingehend behandelt, so insbesondere von den Delegierten Persiens, Kolumbiens, Dänemarks, Norwegens und Paraguays.

Die fünfte Völkerbundsversammlung hatte am 22. September 1924 beschlossen, den Völkerbundsrat zu ersuchen, er möchte einen Sachverständigenausschuss einberufen und ihn beauftragen, eine provisorische Liste jener Fragen des internationalen Bechts aufzustellen, deren Lösung auf dem Wege eines Abkommens wünschbar und durchführbar erscheine1). Folgendes war das in *) S. Bericht des Bimdegrates über die fünfte Volkerbundsversammlung vom S.Dezember 1924, S. 21.

655

Aussicht genommene Verfahren: Ein Sachverständigenausschuss würde eine Liste ausarbeiten und über jeden auf ihr enthaltenen Punkt Bericht erstatten.

Diese Arbeiten sollten den Kegierungen der Mitgliedstaaten zur Vernehmlassung unterbreitet werden, worauf dann das Komitee die Antworten prüfen und feststellen würde, ob nach der Ansicht der befragten Regierungen die betreffenden Probleme sich zur Kodifikation eignen. Der Aussehuss wurde am 12. Dezember 1924 bestellt und umfasste ungefähr 15 Mitglieder, deren Präsident Herr Hammarskjöld, Gouverneur von Upsala, ist; er trat erstmals im April 1925 zusammen. Im Laufe dieser Session stellte er auftragsgemäss eine provisorische Liste von Fragen aus dem Völkerrecht auf, die ihm kodifikationsreif schienen, d. h. in bezug auf die nach seinem Dafürhalten gewisse Grundsätze festgelegt werden könnten. Er übertrug sodann Subkommissionen von je zwei oder drei Mitgliedern das vorbereitende Studium eines jeden dieser Probleme. Im Laufe seiner zweiten Zusammenkunft, die im Januar 1926 stattfand, wurden sieben Berichte vorgelegt. Sie behandelten die Probleme der Staatsangehörigkeit, der Küstengewässer, der diplomatischen Privilegien und Immunitäten, der Verantwortlichkeit der Staaten für Schäden, die Fremde oder deren Eigentum auf ihrem Gebiete erleiden, des Verfahrens bei internationalen Konferenzen und bei Abschluss und der Eedaktion von Verträgen, dei Seeräuberei und der Ausbeutung der Meeresschätze. Die Begierungen wurden eingeladen, von diesen Berichten Kenntnis zu nehmen und sich darüber auszusprechen. Was die Schweiz betrifft, so hat sie auf vier Punkte geantwortet, die für sie ein praktisches Interesse bieten : nämlich auf die Fragen der Staatsangehörigkeit, der diplomatischen Privilegien und Immunitäten, der Staatenverantwortlichkeit und des Verfahrens bei internationalen Konferenzen und bei Eedaktion und Abschluss von Verträgen. Anlässlich seiner dritten Session (22. März bis 2. April 1927) nahm das Komitee Kenntnis von den eingegangenen Antworten. Mehr als 30 Begierungen hatten sich geäussert. Die Prüfung der Antworten gestattete dem Komitee, am 2. April einen Brief an den Völkerbunds rat zu richten, in dem erklärt wird, dass die sieben behandelten Fragen einen genügenden Beifegrad besitzen, um auf dem Wege eines internationalen Abkommens gelöst zu
werden. Anlässlich derselben Sitzung, in der die Überweisung dieser ersten Serie von Fragen an Bat und Versammlung erfolgte -- Sache dieser letztem ist es, zu entscheiden, ob diplomatische Konferenzen einberufen werden sollen, um der Kodifikation ihre endgültige Form zu geben, -- behandelte der Expertenausschuss vier neue Fragen, nahm auf diese bezügliche provisorische Berichte an und beschloss, diese den Begierungen zur Vernehmlassung zu übermitteln. Folgendes sind die vier Punkte : Übermittlung von gerichtlichen und aussergerichtlichen Akten, sowie rogatorische Einvernahmen in Strafprozessen, rechtliche Lage der Konsuln, Bevision der Einteilung der diplomatischen Agenten und Zuständigkeit der Gerichte gegenüber fremden Staaten.

Die Delegierten, die an der Versammlung die Kodifikationsfrage behandelten, anerkannten einstimmig deren grosse Bedeutung. In diesem Zu-

656 sammenhange lenkte der Vertreter Paraguays, Herr Caballero, die Aufmerksamkeit der Versammlung auf einen besondern Punkt hin. Die internationale Kommission amerikanischer Juristen ist gegenwärtig damit beschäftigt, zuhanden der sechsten panamerikanischen Konferenz, die im Januar 1928 in Havanna zusammentreten wird, Deinen allgemeinen Völkerrechtskodex auszuarbeiten. Falls der Kommissionsentwurf von der Konferenz angenommen werden sollte, würde der Kodex sofort in Kraft treten. Herr Caballero fürchtet nun, es könnte sich eine amerikanische und eine europäische Auffassung des Völkerrechts herausbilden; das bewog ihn, der Versammlung vorzuschlagen, sie möchte den Bat beauftragen, unter Beiziehung des Expertenausschusses einen allgemeinen Kodex vorzubereiten und « dabei soweit möglich den in Amerika unternommenen Arbeiten Rechnung zu tragen». Dieser Vorschlag wurde der ersten Kommission überwiesen.

Die Tätigkeit des Bates und seine Methoden. Fragen, die, wie eingangs erwähnt, einigen Delegationen Anlass zu Besorgnis gegeben hatten, wurden von verschiedenen Bednern behandelt, insbesondere vom Wortführer der Niederlande, Schwedens, Norwegens und der Schweiz. Passivität des Rates, private Besprechungen statt Verhandlungen, Bildung eines Komitees von Grossmächten innerhalb des Bates und eines Komitees der Locamomächte, Abhaltung der wesentlichen Verhandlungen hinter geschlossenen Türen und Öffentlichkeit der bloss formellen Sitzungen, das waren die AusSetzungen, welche die Vertreter mehrerer Staaten vorbrachten. Der erbte Delegierte der Schweiz hob hervor, es sei zwar einerseits bedauerlich, dass am Bäte Kritik geübt worden sei. Anderseits aber sei es erfreulich, feststellen zu können, dass die Versammlung Lebenskraft besitze und sich ihrer Aufgabe bewusst sei.

Indem er dies sagte, kam Heir biotta einer erneuten Weisung nach, gemäss welcher der Bunde&rat seinen Veitretern empfahl, auf die Wichtigkeit der Versammlung hinzuweisen, die das einzige Völkerbundsorgan ist, in dem sämtliche Mitgliedstaaten vertreten sind. Es wäre verfiüht, in der Haltung des Bates im Jahre 1926/27 eine Folge der von der siebenten Versammlung beschlossenen Erweiterung zu sehen. Die achte Session scheint eher zu beweisen, dass die Gefahr, die Versammlung könnte ihre Bedeutung gegenüber dem Bäte verlieren, kaum besteht. Es
scheint angezeigt, noch einige Zeit mit dem Urteil über die möglichen Bückwirkungen der Erweiterung zuzuwarten.

Der Bat antwortete der Versammlung. Seine Mitglieder gaben Aufschluss über ihre Politik, und diese Tatsache gehört zu dem wichtigsten Kennzeichen der allgemeinen Debatte, wie dies von der schweizerischen Delegation hervorgehoben wurde. Ist es angebracht, fragten die Batsmitglieder, dass sich der Völkerbund bei jeder Gelegenheit einmische ? Ist es nicht klüger, seine Intervention auf jene Fälle zu beschränken, wo die gewöhnlichen diplomatischen Mittel sich als untauglich erweisen ? Was die Besprechungen betrifft, wurde weiterhin ausgeführt, so sind sie durchaus natürlich. Die Minister des Auswärtigen, die sich in Genf treffen, benutzen die Gelegenheit, um Fragen zu verhandeln, die nicht alle auf der Tagesordnung der Sitzung eingeschrieben

657 - sind. Es ist wichtig, dass sie sich kennen lernen und unter sich gewisse Angelegenheiten erledigen, die nicht mit dem Völkerbunde zusammenhängen. Was die ·Öffentlichkeit der Sitzungen betrifft und insbesondere jene der -wirklichen Verhandlungen, im Gegensatz zu den Sitzungen, in denen das Erreichte festgestellt wird, so war dies ein Punkt, auf den die schweizerische Delegation ganz besonderes Gewicht legte. Die Wortführer des Eates gaben die Versicherung ab, dass sie diese Punkte prüfen werden.

Es ist nun zwar nützlich, dass die Versammlung eine Meinung besitzt, dass sie diese zum Ausdruck bringt und dass der Aussprache über die Tätigkeit des Eates ein wirklicher Wert zukomme; indessen wäre es schädlich, wenn sich zwischen Bat und Versammlung ein Graben auftäte, wenn die beiden Organe zu einander in Gegensatz gerieten oder die Kleinstaaten als Gegner der Grossmächte auftreten würden. Daher dankte denn auch die schweizerische Delegation den Mitgliedern des Rates dafür, dass sie auf die Aussetzungen . eingetreten seien; sie wies auch auf die unerwünschten Folgen hin, die im Falle seine Konfliktes eintreten müb&ten. Kritik und Zweifel, nicht aber Feindseligkeit, können eine Form der Mitarbeit sein, da sie Anlass zum Nachdenken geben.

Neue Betonung des Grundsatzes der Schiedsgerichtsbarkeit, zahlreiche Zustimmungserklärungen zu den Empfehlungen der internationalen Wirtschaftskonferenz, klar bekundeter WiÜe der Versammlung, die Lösung des Abrüstungsproblems nicht aufzugeben, neue Antriebe für die Kodifikationsarbeiten auf dem Gebiete des Völkerrechts, gewinnbringende Fühlungnahme zwischen Eat und Versammlung -- das ist die Bilanz der ersten Sessionswoche, das sind die hauptsächlichsten Ergebnisse der allgemeinen Aussprache.

Es sind hier noch zwei Ereignisse besonders zu erwähnen, die sich während der Session abspielten. Es handelt sich erstens um die Mitteilung, die Herr Stresernann am 9. September machte, er werde im Namen Deutschlands das In Artikel 36 des Statuts des ständigen internationalen Gerichtshofes genannte Protokoll unterzeichnen, das die obligatorische Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes vorsieht. Herr Stresemann hat dann auch tatsächlich das Protokoll am 23. September unterschrieben. Dieser Schritt fand allgemeine Beachtung.

Das zweite Ereignis war die Wahl der n i c h t s t ä n
d i g e n Batsmitgiieder. Gemäss den von der siebenten Versammlung aufgestellten Eegeln liefen die Mandate von drei nichtständigen Eatsmitgliedern im September 1927 ab, nämlich jene Belgiens, Salvadors und der Tschechoslowakei. Belgien machte von dem ihm gemäss Artikel 2 der genannten Eegeln zustehenden Eechte Gebrauch und stellte ein Gesuch um Wiederwahl. Die Versammlung hatte sich hierüber am 15. September auszusprechen; die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde nicht erreicht. Nach der Abstimmung erklärte Herr Vandervelde, er sehe in diesem Ergebnis nicht eine gegen Belgien gerichtete Kundgebung, sondern bloss das Zeichen, dass die Versammlung gewillt sei, gewisse Grundsätze zu beobachten. Seine Worte fanden einstimmigen Beifall. Der belgische Minister des Auswärtigen fügte bei, der Misserfolg der belgischen KandiBundesblatt.

79. Jahrg.

Bd. II,

52

658 datur werde in keiner Weise eine Veränderung in der Haltung seines Landes gegenüber dem Völker bunde zur Folge haben.

Die Versammlung ging darauf zu Ernennung der drei nichtständigen Mitglieder über; ihre Wahl fiel auf Kanada, Kuba undFinnland. Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass mit Kanada zum erstenmal ein Dominion in den Bat eingetreten ist.

III.

Arbeiten der Kommissionen, Beschlüsse und Resolutionen der Versammlung.

A. Rechtliche Fragen.

Die erste Kommission (schweizerischer Delegierte!: Herr Motta) hatte vier Fragen zu behandeln: den Beitritt zu internationalen Abkommen unter Ratifikationsvorbehalt. die allmähliche Kodifikation de» internationalen Rechts, die Vorbereitung eines fakultativen Abkommens betreffend Schiedsgericht«barkeit und die Ausarbeitung eines allgemeinen Planes für die Kodifikation des internationalen Rechts.

B e i t r i t t zu i n t e r n a t i o n a l e n A b k o m m e n u n t e r Ratifikationsv o r b e h a l t . Gemäss Theorie und Praxis können Kollektivverträge auf zwei Arten abgeschlossen werden: Erstens durch Unterzeichnung unter Batifikationsvorbehalt : sie erfolgt am Schlüsse der Verhandlungen oder innerhalb einer bestimmten Frist und verpflichtet im allgemeinen den Staat noch nicht; der Vertrag wird vielmehr erst durch die nachherige Ratifizierung verbindlich.

Zweitens i&t der Vertragsabschluß möglich durch den Beitritt. Über diesen ist folgendes zu sagen: Die Kollektivabkommen sehen gewöhnlich für die Staaten, welche die Frist zur Unterzeichnung nicht benutzt haben, die Möglichkeit des Beitritte vor. Dieser unterscheidet sich von der Unterzeichnung dadurch, dass durch ihn der Staat endgültig verpflichtet wird. In den Staaten, deren Verfassungsrecht vorschreibt, dass die Teilnahme an einem Vertrage vorgängig von der Legislativbehörde genehmigt worden sei, ist es nun Sache der Exekutivgewalt, diese Genehmigung vor Abgabe der Beitrittserklärung zu erlangen.

Die siebente Volkerbundsversammlung hatte einer Besolution zugestimmt, in der dem Bat empfohlen wurde, sich alle Halbjahre einen Bericht über den Stand der Batifikationen der unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossenen Abkommen unterbreiten zu lassen 2 ). Das Generalsekretariat liess dem Bäte seine erste Aufstellung am 8. März 1927 zukommen. Der Bat !) S. Beilage VII. Ziff. 7.

2

) S. Bericht des Bundesrates vom 10. Dezember 1926, S. 28 u. 51.

659

stellte bei dieser Gelegenheit fest, das* gewisse Staaten anläßlich ihres Beitrittes den Vorbehalt späterer Ratifikation gemacht hatten. Dieses Vorgehen schien je länger desto mehr angewandt zu werden.

Als das Generalsekretariat des Völkerbundes am 19. Januar 19'27 den beteiligten Hegierungen bekanntgab, Bolivien sei unter Eatifikationsvorbehalt dem Abkommen über die Betäubungsmittel vom 19. Februar 1925 beigetreten, hielt es das Politische Departement für angebracht, anzufragen, welche rechtliche Bedeutung eigentlich einem derartigen Beitritte zukomme. Das Generalsekretariat antwortete, dass es sich die Frage ebenfalls gestellt habe; es schlug daher dem Rate vor, diesen Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen; der Rat handelte deragernäss.

Gestützt auf die gegenwärtig geltende Theorie und Praxis hatte der Bundesrat seinen Vertretern, wie oben dargelegt, die Weisung gegeben, für eine Erklärung durch die Versammlung einzutreten, derzufolge der Beitritt in der fraglichen Form im allgemeinen nicht vorgenommen werden sollte.

Die Diskussion, die über dieses Problem in der ersten Kommission stattfand, zeigte das Bestehen zweier verschiedener Richtungen. Gewisse Delegationen teilten die schweizerische Ansicht und bestritlen die Zuiäs&igkeit einer bedingten Beitrittserklärung. Sie besitze keinerlei rechtliche Bedeutung und könne daher, so wurde ausgeführt, nur zu Verwirrungen Anlass geben. Andere Vertreter dagegen wiesen darauf hin, dass die Unterschrift mit Vorbehalt der Ratifikation angebracht werden könne und fragten sich, weshalb der Beitritt nicht ebenfalls provisorisch erklärt werden könnte. Sie sahen in einem derartigen Beitritt eine im Rahmen ihrer Zuständigkeit vollzogene Handlung der Exekutivgewalt, der zwar keine rechtliche Wirkung zukomme, die aber doch in politischer Hinsicht nicht ganz ohne Bedeutung sei. Sie schrieben ihr auch einen gewissen Wert vom internen Standpunkt aus zu, da sie in ihr ein Mittel sahen, das gestatte, auf die gesetzgebenden Organe einzuwirken.

Es wurde eine Subkommission bestellt, die der schweizerische Delegierte in der ersten Kommission präsidierte. Herr Motta wurde ebenfalls beauftragt, in dieser Angelegenheit der ersten Kcmmission und der VersammlungBericht zu erstatten.

Schliesslich gelangte man zum Ergebnis, der Völkerbund könne den
Beitritt unter Ratifikationsvorbehalt nicht empfehlen; es bestehe aber anderseits auch kein Anlass, sich gegen einen derartigen Beitritt zu erklären. Die Versammlung stimmte am 23. September einer bezüglichen Resolution zu 1 ) ; immerhin gab sie der Meinung Ausdruck, dass, wenn in einer Beitrittserklärung kein ausdrücklicher Ratifikationsvorbehalt gemacht werde, der Vertrag ohne weiteres den betreffenden Staat verpflichte. Die schweizerische Delegation, der es vor allem daran gelegen war, dass volle Klarheit geschaffen werde, stimmte dieser Lösung zu.

*) S. Beilage I, Ziff. 3.

660

Allmähliche K o d i f i z i e r u n g des internationalen Eeohts. Der Völkerbundsrat hatte sich in seiner Sitzung vom 13. Juni mit dem Ergebnis der vom Expertenkomitee für die allmähliche Kofidizierung des Völkerrrechts unternommenen Arbeiten befasst, und zwar insbesondere mit dem Briefe des Komitees vom 2. April, in dem dieses erklärt, dass nach seiner Ansicht sieben Prägen des internationalen Eechts geeignet seien, durch zwischenstaatliche Abkommen gelöst zu werden. Das Komitee hatte übrigens seiner Mitteilung einen Bericht beigelegt, der die für die Kodifikationsarbeiten zu befolgende Methode angibt. Was das Verfahren bei internationalen Konferenzen, sowie die Abfassung und den Abschluss von Verträgen betrifft, so schlug das Komitee vor, das Geaeralsekretariat nach Befragung der Eegierungen mit der Prüfung der Sache zu betrauen. Bezüglich Ausbeutung der Meeresschätze -- es handelt sich hier um den Schutz der Meeresfauna -- ging die Meinung des Komitees dahin, dass die Lösung des Programms zunächst vom Wirtschaftskomitee des Völkerbundes oder vom Zentralausschuss der internationalen Meeresforschung in Kopenhagen versucht werden sollte. Was die übrigen fünf Fragen betrifft (Staatsangehörigkeit, Küstengewässer, diplomatische Privilegien und Immunitäten, Staatenverantwortlichkeit und Seeräuberei), so hielt es das Komitee für angezeigt, die Lösung einer oder mehreren internationalen Konferenzen zu übertragen.

Der Eat hatte beschlossen, das Problem in seiner Gesamtheit der Versammlung zu überweisen, und so sah sich diese der Frage gegenübergestellt, ob es angezeigt sei, die als kodifikationsreif anerkannten Probleme einer oder mehreren Konferenzen zu unterbreiten, ferner ob, falls man sich zugunsten einer Konferenz entscheiden sollte, dieser alle fünf Fragen unterbreitet werden können, oder in welcher Weise die Arbeit zu verteilen wäre, falls mehrere Konferenzen in Aussicht genommen werden müssen, und schliesslich, wer die Konferenzen einzuberufen habe, ob der Völkerbund oder die Eegierung eines Mitgliedstaates, wo und wann sie stattzufinden habe, wer ihre Vorbereitimg besorgen und ob das Expertenkomitee seine Arbeiten weiterführen solle.

Das Expertenkomitee und der Völkerbundsrat hielt dafür, die Einberufung einer grossen allgemeinen Konferenz empfehle sich eher als die mehrerer Speziai konferenzen. Diese
Ansicht stützte sich hauptsächlich auf die Befürchtung, die öffentliche Meinung könnte enttäuscht sein, wenn es den Anschein hätte, die seit drei Jahren vorn Völkerbund unternommenen Anstrengungen hätten schliesslich als Ergebnis bloss eine diplomatische Konferenz mit sehr beschränktem Programm gezeitigt, mochte es sich auch nur um einen Anfang handeln.

Auch hoffte man, auf diesem Weg eine Zeit- und Geldersparnis erzielen zu können. Die erste Kommission und die Versammlung pflichteten dieser Ansicht bei. Jn ihrer Eesolution vom 27. September betreffend die allmähliche Kodifizierung des Völkerrechts spricht sich die Versammlung fur die Einberufung einer ersten Konferenz aus 1).

!) S.Beilage I, Ziff. l.

661 Was die Tagesordnung dieser Konferenz betrifft, so war die Versammlung gleich dem Expertenkomitee und dem Rate der Meinung, es empfehle sich, die Fragen des Verfahrens bei internationalen Konferenzen und der Abfassung und des Abschlusses von Verträgen dem Generalsekretariat und das Problem der Ausbeutung der Meeresschätze dem Wirtschaftskomitee und dem Zentralausschuss für Meeresforschung in Kopenhagen zu überweisen. Ferner be&chloss der Bat am 13. Juni und die Versammlung am 27. September, von den fünf verbleibenden Problemen jene betreffend die diplomatischen Privilegien und Immunitäten sowie die Seeräuberei auszuscheiden und sich einstweilen nur mit dem Problem der Staatsangehörigkeit, der Kustengewässer und der Staatenverantwortlichkeit zu befassen. Der Grand für diese Auswahl liegt in der Notwendigkeit, das Konferenzprogramm nicht zu überlasten und die Probleme einstweilen beiseite zu stellen, deren Lösung weniger dringlich erscheint.

Bezüglich Einberufung und Vorbereitung der Konferenz stellte sich die etwas heikle Frage, ob es Sache des Völkerbundes sei, die Staaten einzuladen und die Vorbereitung zu übernehmen, oder ob diese Aufgaben der Regierung eines Mitgliedstaates übertragen werden sollten. Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus sprachen sich mehrere Delegationen, zu denen auch die unsrige gehörte, dahin aus, dass der Völkerbund die Sache nicht zugunsten eines Staates aus den Händen geben sollte. Wie avs den Instruktionen hervorgeht, sieht der Bundesrat in der Kodifizierung des internationalen Hechts eine wesentliche Aufgabe des Völkerbundes, eine Arbeit, die er fortsetzen und zu Ende führen musa. Diese Ansicht drang denn auch schliesslich durch. Der Rat wird somit die erste Kodifikationskonferenz einberufen, und ein von ihm ernanntes fünfgliedriges Komitee wird für deren Vorbereitung sorgen.

Was den Ort betrifft, so wurde der Rat gebeten, sich wegen der Wahl dei Stadt Haag mit der niederländischen Regierung in Verbindung zu setzen. Die schweizerische Delegation trat diesem Beschlüsse gerne bei.

Im fernem wird der Rat in der Versammlungsresolution ersucht, das Datum der Konferenz festzusetzen, «sobald die Vorarbeiten genügend fortgeschritten sindb. Der Bericht der ersten Kommission nimmt das Jahr 1929 in Aussicht.

Die Versammlung übertrug dem Rat ausserdem die wichtige Aufgabe,
ein Reglement für die Konferenz auszuarbeiten. Damit man sich über die Bedeutung dieses Reglements voll Rechenschaft zu geben vermag, genügt es.

auf den einen oder andern Punkt hinzuweisen, mit dem es sich zu befassen haben wird : soll die Regel der Einstimmigkeit gelten, mit andern Worten, soll eine Minderheit, falls die Mehrheit der an der Konferenz vertretenen Staaten eine Einigung erzielt, letztere am Abschluss eines Abkommens hindern können, das als Abkommen der betreifenden Konferenz zu gelten hätte ? Soll sich die Konferenz darauf beschränken, die bereits bestehenden Gebräuche und Regeln festzustellen, oder muss sie versuchen, einen Einfluss avif die Entwicklung und den Ausbau des Rechts auszuüben? Wie bereits hervorgehoben wurde, hat das Expertenkomitee, schon bevor die auf die sieben ersten Fragen bezuglichen

662

Arbeiten abgeschlossen waren, neue Fragen in Angriff genommen. Gewisse Delegationen hätten es vorgezogen, wenn das Komitee seine Arbeit als beendigt angesehen oder sie wenigstens aufgeschoben hätte, bis die Ergebnisse der ersten Konferenz vorlägen. Sie fragten sich, ob es im Falle eines Misserfolges möglich sei, die Arbeiten weiter zu führen. Diese Ansicht drang jedoch nicht durch, und die Versammlung liess im Budget für 1928 den Kredit für ein neues Zusammentreten des Expertenkomitees bestehen. Die schweizerische Delegation ·wirkte zur Brzielung dieses Ergebnisses mit.

Die Frage der Ausarbeitung eines fakultativen Abkommens über die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit wurde von der norwegischen Delegation in der dritten Kommission aufgeworfen. Diese ersuchte die erste Kommission, sich zur rechtlichen Seite der Angelegenheit zu äussern, diskutierte aber in der Hauptsache die Frage selbst. Dieses Problem wird daher in seiner Gesamtheit anlässlich der Besprechung der Arbeiten der dritten Konimission zu behandeln sein.

Wie "wir hervorgehoben, hat die Versammlung der ersten Kommission auch den Vorschlag des Delegierten von Paraguay (Herr Caballero) überwiesen, der die Vorbereitung eines allgemeinen Kodex des internationalen Rechts durch den Völkerbund zum Gegenstande hatte; Zweck dieses Unternehmens sollte sein, zu verhindern, dass sich tiefgreifende Unterschiede zwischen dem Kodifikationswerk der panamerikanischen Union und jenem des Völkerbundes herausbilden. Die erste Kommission und die Versammlung anerkannten die Bedeutung, die dieser Anregung Herrn Caballeros zukommt. Da indessen die Prüfung dieses Vorschlages technische Vorstudien zu erfordern schien, hielt man es für angezeigt, die Sache dem Expertenkomitee zur Vernehmlassung zu unterbreiten und mit einem Beschlüsse inbezugauf die Sache selbst einstweilen zuzuwarten1).

[B. Technische Fragen.

Die zweite Kommission (schweizerischer Delegierter: Herr Bolli) hat stets ein sehr grosses Arbeitsfeld. Dieses umfasst zahlreiche und verschiedenartige Fragen. Die Tätigkeit dieser Kommission ist ausserdem ziemlich verschieden von jener der übrigen Kommissionen, die fünfte (soziale Fragen) vielleicht ausgenommen, deren Arbeiten in gewisser Hinsicht einen ähnlichen Charakter besitzen. Die vier technischen Organisationen des Völkerbundes, d. h. die
Organisation für geistige Zusammenarbeit, die Organisation für Verkehrswege und Transit, die Wirtschafts- und Finanzorganisation und die Hygieneorganisation besitzen jede ein beratendes Komitee : die Kommission für geistige Zusammenarbeit, die beratende und technische Kommission für Verkehrswege und Transit, das Wirtschafts-, das Finanz- und das Hygienekomitee. Diese Organisationen bestehen aus Spezialisten, die vom Bäte oder ihren Regierungen bezeichnet werden. Sie prüfen die Probleme, gelangen auf Erlaubnis des Völkerbundsrates hin mit Anfragen an die Eegierungen und bereiten Entwürfe für internationale Abkommen vor, die, falls der Bat und die Versammlung einver*) S. Beilage I, Ziff. 2.

663

standen sind, Spezialkonferenzen unterbreitet werden. Die Arbeit der Versammlung besteht hier somit in einer allgemeinen Überwachung der im Gange befindlichen Arbeiten, die genehmigt oder kritisiert werden. Im erstem Falle gestattet die Versammlung deren Fortführung, im entgegengesetzten Falle verlangt sie, dass sie unterbrochen oder in anderer Weise fortgesetzt werden.

Die Tätigkeit der i n t e r n a t i o n a l e n Organisation für geistige Zusammenarbeit bildete den ersten Gegenstand der Beratungen der zweiten Kommission. Zur Zeit der siebenten Völkerbundsversammlung konnte man die Periode der Gestaltung dieser Organisation als abgeschlossen ansehen. Diese Ansicht der Versammlung von 1926 kommt zum Ausdruck in deren Eesolution vom 24. September *). Die Organisation war in der Lage, die achte Versammlung über mehrere im Gange befindliche Arbeiten zu unierrichten und bereits auch auf einige Ergebnisse hinzuweisen. Die Versammlung hatte sich mit zwei Berichten zu befassen, die ihr vom Bat übermittelt, worden waren. Der erste war eine Darlegung über das internationale Institut für geistige Zusammenarbeit und war von der internationalen Kommission in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsrat eingereicht worden. Der Bat hatte am 2. September davon Kenntnis genommen. Die Versammlung gab in ihrer Eesolution vom 22. September2) ihrer Befriedigung über die Ausführungen Ausdruck, in denen der Verwaltungsrat zum Schlüsse kommt, dass das Institut eine nützliche Einrichtung darstelle, dass seine Tätigkeit zufiiedenstellend sei und da»s es in einem wirklich internationalen Geiste arbeite. Dieses Urteil stimmt mit jenem überein, das die schweizerische Kommission für geistige Zusammenarbeit über das Institut anlässlich ihrer Zusammenkunft, die Ende Februar 1927 in Bern stattfand, gefällt hat. Dagegen musate der Verwaltungsrat feststellen, dass die finanziellen Mittel durchaus ungenügend seien. Wie aus dem oben Gesagten ersichtlich ist, hat sich die Aufmerksamkeit des Bundesrates ebenfalls dieser Frage zugewandt; er hatte seinen Vertretern Weisung gegeben, dafür einzutreten, dass, wenn möglich, das Budget des Institutes in jenes des Völkerbundes aufgenommen werde. Die Delegation war sich schon bald im Klaren darüber, dass die Ansicht des Bundesrates nicht von sämtlichen Delegationen geteilt werde. Es ist nichtsdestoweniger
offenkundig, dass das gegenwärtige System, gemäss weichein das Institut von einer Subvention der französischen Begierung und von mehr oder weniger regelmässigeii oder ausserordeutlichen Beiträgen anderer Regierungen lebt, keineswegs eine Lösung darstellt, die man als endgültig ansehen dürfte und die dem Institut die Erfüllung seiner Aufgabe gestatten würde. Die intellektuellen Kreise, die in der nationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit vertreten sind (die eidgenössische Polytechnische Hochschule, die sieben schweizerischen Universitäten, die wichtigsten wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Vereinigungen unseres Landes), legen nun grosses Gewicht auf ein richtiges Arbeiten des Instituts, das sehr schätzenswerte Dienste leistet.

*) S. Bericht des Btuicle^raies vom 10. Dezember 1926, 8. 19 u. 37.

2 ) S.Beilage II, Ziff. 11.

664

Gemäss der Anregung der schweizerischen Kommission hatte der Bundesrat, beschlossen, für das Jahr 1927 einen ausserordentlichen Beitrag von Fr. 5000 an das Institut zu leisten. Mehrere andere Staaten taten dasselbe, nämlich -- ausser Frankreich -- Ungarn, Italien, Monako. Polen und die Tschechoslowakei.

Die Zahl der beim Institut vertretenen Staaten (die Schweiz ist durch ihre Gesandtschaft in Paris vertreten) hat sich während des Jahres 1927 wesentlich erhöht. Dank den vom Institute getroffenen Sparmassnahrnen und der Hilfe, die es bei einigen Staaten gefunden hat, steht zu hoffen, dass das Jahr 1928 keinen Bücksehritt bedeuten werde. Die Versammlung hat übrigens nicht verfehlt, besonders auf die Unterstützung hinzuweisen, die von einigen Piegierungen kam und den Wunsch auszudrücken, es möchten andere diesem Beispiele folgen.

Der zweite Bericht, welcher der achten Versammlung vom'Eate unterbreitet wurde, betraf die neunte Session der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit, die Ende Juli in Genf stattgefunden hatte. Dieser Zusammenkunft war jene des Expertenkornitees für Unterrichtung der Kinder und Jugend über das Bestehen und die Ziele des Völkerbundes, sowie die der vier Unterkommissionen der internationalen Kommission (die Unterkommtsionen für die Beziehungen zwischen den Universitäten, für Bibliographie, fin1 geistiges Eigentum und für Literatur und Kunst) vorausgegangen.

Es erscheint angezeigt, hier zwei der zahlreichen Fragen besonders zu erwähnen, welche die internationale Kommission anlässlich ihrer Session im Juli zu behandeln hatte, nämlich die Frage der Unterrichtung der Kinder und Jugend über das Bestehen und die Zwecke des Völkerbundes und jene betreffend den Kongress und die Ausstellung für Volkskunst.

Der Gedanke bezüglich des Unterrichts über den Völkerbund tauchte schon im Jahre 1923 auf 1 ) und wurde im Jahre 1924 neuerdings aufgenommen a; Zahlreiche Staaten hatten diese Anregung günstig aufgenommen; die sechste Versammlung ersuchte die Kommission für geistige Zusammenarbeit, das Studium der Frage einem Expertenkomitee zu überweisen 3). Dieses arbeitete im August 1926 ein Probeprogramm aus, das der siebten Versammlung unterbreitet wurde. Anlässlich einer neuen Session, die im letzten Juli stattfand, sah es den Plan neuerdings durch und setzte ihn endgültig
fest. Die internationale Kommission bewilligte ihn; der Bat hat jedoch seinen endgültigen Entscheid aufgehoben, um der Versammlung Gelegenheit zu geben, sich auszusprechep ,, Das Programm des Expertenkomitees ist gross. Es sieht den Unterricht über den Völkerbund sowohl in den Primär- wie auch in den Sekundärschulen und an den Universitäten vor. Die Spezialschulen, die Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsschulen sollten ihn ebenfalls einführen. Es könnten x ) S. Bericht des Bundesrates vom 17. Dezember 1923 über die vierte Versammlung, S. 56.

2 ) S.Bericht des Bundesrates vom S.Dezember 1924, S. 75.

3 ) S. Bericht des Bundesrates vom 23. Dezember 1925, S. 18, 44 u. 45.

665

Werke über den Völkerbund herausgegeben werden. Die Lehrer und Professoren wären besonders vorzubereiten. Das Expertenkomitee hat sogar die Schaffung einer Zentrale im Generalsekretariate des Völkerbundes und im Institut für geistige Zusammenarbeit für Auskünfte über Schulunterricht ins Auge gefasst. Sodann ersuchte es auch, man möchte ihm gestatten, regelmässig alle zwei oder drei Jahre zusammenzutreten, um Kenntnis zu nehmen vom Ergebnis, das die Empfehlungen gezeitigt hätten, sowie um diese letztern an die Umstände anzupassen.

Die achte Versammlung genehmigte dieses Programm und beauftragte das Generalsekretariat, es den Begierungen zu übermitteln mit der Bitte, sie möchten den Empfehlungen, pov.-eit es einer jeden von ihnen möglich sei.

entsprechen.

Der Bericht über die sechste Völkerbundsversammlung zeigt bereits, wie der Bundesrat versuchte, den Absichten der Versammlung Bechnung zu tragen und zugleich die kantonale Zuständigkeit im Erziehungswesen unangetastet zu lassen. Die Instruktionen vom Jahre 1926 lassen das gleiche Bestreben erkennen. Wenn die Delegation an der achten Versammlung das Zustandekommen der Einstimmigkeit in bezug auf die Besolutionen vom 22. September nicht verhindern wollte, so hatte dies seinen Grund darin, dass jene in keiner Weise die Freiheit der Staaten beschränkt ; deren Becht, die Sache im Bahmen ihrer Mittel durchzuführen, bleibt unbenommen. Es wäre verfrüht, hier gleichfalls angeben zu wollen, in welcher Weise der Bundesrat den kantonalen Begierungen die Empfehlungen unterbreiten wird. Möglicherweise dürfte die Frage neuerdings Gegenstand einer Diskussion im Schosse der Jahreskonferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren bilden.

* Die siebte Versammlung hatte auf die Bedeutung hingewiesen, die einem Kongress für Volkskunst zukäme. Die Vorbereitungsarbeiten waren im letzten September, dank der Mitwirkung der tschechoslowakischen Begierung, die Prag als Versammlungsort für den im Jahre 1928 stattfindenden Kongresü in Vorschlag gebracht hatte, soweit fortgeschritten, dass die Versammlung der Tschechoslowakei für ihre Mitarbeit danken konnte. Die mit der Vorbereitung des Prager Kongresses betrauten Völkerbundsorgane fanden nun, dass» eine praktische Vorführung eine geeignete Ergänzung der mehr wissenschaftlichen Veranstaltung in Prag wäre. Daher machte die Stadt
Bern die Anregiing, in logischer Weiterführung des Kongresses eine Volkskunstausstellung zu organisieren. Der Bundesrat brachte dem Vorschlage der Stadt Bern seine Sympathie entgegen, und der Bat und die Versammlung bekundeten ihr Interes?e an dieser Frage, wie deren Beschlüsse zeigen1).

Weite Kreise im In- und Auslande interessieren sich seit einigen Jahren finden Lehrfilm. Der erste internationale Kinomathographenkongress, der 1 ) Der Volkerbundsrat hat am 2. September folgende Resolution angenommen: «Der Rat drückt seine Sympathie aus für die Anregung der Stadt Bern betreffend Durchführung einer internationalen Volkskunstausstellung im Jahre 1931 oder 198&-.

Was die Resolution der Verpammlung betrifft, s. Beilage II, Ziff. 11.

666 ira Herbste 1926 in Paris stattfand, sowie eine seiner Kommissionen haben sich besonders mit der erzieherischen Seite des Films befasst. Eine vom Eegierungsrat des Kantons Baselstadt einberufene Lehrfilm konferenz tagte in Basel vom 8.--12. April 1927. Auch die italienische Eegierung schenkte diesem Problem ihre Aufmerksamkeit. Sie gab der achten Versammlung ihre Absicht bekannt, in Som ein internationales Institut für den Lehrfilm zu schaffen, das gemäss Artikel XXIV der Satzungen unter die Oberhoheit des Völkerbundes gestellt würde. Es sollten daraus dem Völkerbunde keinerlei Ausgaben erwachsen, da die Einrichtungs- und Unterhaltskosten von der italienischen Eegierung übernommen würden. Gemäss dem Vorschlage der zweiten Kommission beschloss die Versammlung1), vom italienischen Angebot Kenntnis zu nehmen und dem Eate, der sich namentlich mit der Kommission für geistige Zusammenarbeit ins Benehmen zu setzen hat, den, endgültigen Beschluss betreffend Annahme zu überlassen.

Der schweizerische Delegierte, in liebenswürdiger Weise vom österreichischen Vertreter unterstützt, verfehlte nicht, in der zweiten Kommission auf die Arbeiten hinzuweisen, die auf diesem Gebiete bereits von den Basler Behörden geleistet worden sind. Es ist wünschenswert, class eine Vereinbarung zwischen Basel, Paris und Eom getroffen werde, die der Initiative des Kantons Basel gebührend Bechnung trägt.

Falls der Vorschlag der italienischen Eegierung angenommen werden sollte, so würde damit die Zahl der von Staaten geschaffenen und dem Völkerbunde zur Verfügung gestellten Institute auf drei steigen: das interjationale Institut für geistige Zusammenarbeit in Paris, das Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts in Eom und das Lehrfilminstitut ebendaselbst.

Die Versammlung war der Ansicht, es sei an der Zeit, die Frage der Beziehungen zwischen dem Völkerbund und diesen unter seiner Hoheit stehenden Organismen zu prüfen. Sie beauftragte den Eat mit der Behandlung dieses Problems.

Hygieneorgaiiisation. Das Hygienekomitee des Völkerbundes, das im Jahre 1928 für drei Jahre ernannt worden war, wurde im Dezember 1926 neu bestellt. Es umfasst sechzehn Mitglieder, von denen zehn das ständige internationale Gesundheitsamt in Paris vertreten 2 ), während Bechs vom Völkerbundsrat ernannt werden. Im weitern gehören ihm einige
Beisitzer an.

In der Zeit zwischen der siebten und der achten Völkerbundsversammlung hat es zwei Sessionen abgehalten, eine ordentliche und eine ausserordentliche.

Die Ergebnisse seiner Tätigkeit sind namentlich folgende : Bei der Schaffung der Hygieneorganisation hatte die vierte Versammlung versucht, so weit wie möglich die Unzukömmlichkeiten zu beseitigen, die sich ergeben könnten aus dem Nebeneinanderbestehen des internationalen Amtes in Paris, das gestützt auf das Übereinkommen von Eom vorn Jahre 1907 !) S. Beilage II, Ziff. 12.

2 ) Dar Direktor dea eidgenossischen Gesundheitsamtes, Herr Dr. Carrière, ist wieder gewählt worden.

667

geschaffen worden war, und einer ahnlichen dem Völkerbund unterstellten Organisation. Das internationale Sanitätsabkomrnen, das im Jahre 1926 in Paris abgeschlossen wurde, sieht vor. dass Übereinkommen zwischen dem Amt und der genannten Organisation getroffen werden sollen, um gewisse Zuständigkeitsfragen zweckmässig zu regeln. Drei Verständigungen dieser Art sind bis heute zustande gekommen.

Der epidemiologische Nachrichtendienst arbeitet und entfaltet sich weiterhin. Er hat sich im Jahre 1927 insbesondere in Asien stark ausgedehnt. Der Austausch von Sanitätspersonal wird fortgesetzt. Viermal wurde oder wird er in diesem Jahr in den baltischen Staaten, in Grossbritannien, Deutschland und Indien vorgenommen. Einige der zahlreichen Unterkommissionen des Komitees haben ihre Arbeiten ganz oder teilweise beendigt. Dies trifft insbesondere zu für die Kommission zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, die ihre Aufgabe zu Ende gefuhrt hat, sowie für die Kommission zur Ausrottung des Sumpffiebers, die ihren zweiten allgemeinen Bericht über diese Krankheit in Europa und im nahen Osten eingereicht hat. Dagegen sind die Arbeiten zwecks Revision der Nomenklatur der Todesachen und zur Vereinheitlichung der Sera und der biologischen Produkte, sowie jene der Krankenversicherungskommission und der Kommission für Kindersterblichkeit noch im Gange.

Ausserdem hat die Hygieneorganisation eine internationale Konferenz zur Bekämpfung der Tollwut vorbereitet. Diese fand im Mai 1927 in Paris statt.

Angesichts all dieser oft von Erfolg gekrönten Bestrebungen genehmigle die achte Versammlung vorbehaltlos die Arbeiten der Organisation und gab ihrer Dankbarkeit für die von ihr dem Gesundheitswesen in der ganzen Welt geleisteten Dienste Ausdruck 1 ).

Der Präsident des Hygienekomitees hatte sich nach Südamerika begeben, um dort gewisse Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern dieses Kontinents und der Hygieneorganisation zu prüfen; diese Eeise bildete Gegenstand einer besondern Resolution der Versammlung 2 ).

Die d r i t t e allgemeine K o n f e r e n z für Verkehrswege und T r a n sit, die Vertreter von 43 Staaten umfasste, von denen vier nicht Mitglieder des Völkerbundes waren 3), hatte in Genf vom 23. August bis 2. September getagt.

Die Schweiz war vertreten durch Herrn Dr. Herold, Kreisdirektor der schweizerischen
Bundesbahnen, und Herrn Professor Dr. Delaquis, Chef der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Die Tagesordnung sah insbesondere die Prüfung der Tätigkeit vor, die seit der letzten.

a

) Dar Wortlaut dieser Resolution findet sich in Beilage II, Ziff. 1.

) S. Beilage U, Ziff. 2.

3 ) Dia Vereinigten Stuten von Amerika--und zwar zum erstenmal--,Ecuador, Ägypten und die Türkei (der letztgenannte Statt war bereits im Jahre 192} vertreten).

Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken hatte die Einladung abgelehnt, aber das Ersuchen gestellt, man mochte sie über die Ergebnisse der Konferenz auf dem Laufenden halten.

2

668

allgemeinen Konferenz entfaltet worden war, femer die Revision gewisser Bestimmungen des Eeglements betreffend die Organisation der Konferenzen und der beratenden Kommission, sodann die Frage der Sammlung und Abgabe von Auskünften über Verkehrswege und Transit und endlich jene betreffend Ausstellung von Aus-«eispapieren für Staatenlose.

Die erste Versammlung hatte die Form der Organisation für Verkehrswege und Transit in ihrer Resolution vom 9. Dezember 1920 in den Hauptzügen festgelegt. Dss von der ersten Konferenz in Barcelona ausgearbeitete Organisationsreglernent entspricht diesem Plane. Die dritte allgemeine Konferenz hatte sich nun unter anderm die Aufgabe gestellt, das Reglement der Organisation RO abzuändern, dass die Staaten, die Mitglieder der Organisation sind, olme dem Völkerbund anzugehören, leichter als bisher in die beratende Kommission gezahlt werden können. Die allgemeine Konferenz in Genf änderte in diesem Sinne da-* Reglement von 1921 ab. Die Versammlung genehmigte diese Abänderung 1 ), in der Annahme, dadurch im Interesse der Universalität des Völkerbundes zn handeln.

Das Budget der Organisation für Verkehrswege und Transit wird von den Versammlungen aufgestellt. Die achte Versammlung hatte daher die Kredite zu bewilligen, die erforderlich sind, damit die Organisation die Auskünfte über Verkehrswege und Transit gemäss dem Programm der allgemeinen Konferenz sammeln und abgeben kann. Aus Gründen der Sparsamkeit, sowie im Hinblick darauf, dass das bezügliche Gesuch sehr spät gestellt worden war, überliess eb die achte Versammlung der Session von 1928, das Budget des Völkerbundes in dem von der Konferenz gewünschten Masse zu erhöhen. Das Generalsekretariat wurde indessen ermächtigt, gewisse Vorarbeiten zu unternehmen.

Die achte Versammlung übte auch dadurch einen moralischen Einfluss zu-,.

dass sie auf die glücklichen Ergebnisse der Konferenz hinwies und insbesondere den Mitgliedstaaten des Völkerbundes empfahl, zu gegebener Zeit die Veröffentlichung der Sammlung von Auskünften zu erleichtern und die in Aussicht genommenen MaoFnahmen zugunsten der Staatenlosen anzuwenden 2 ).

Die zweite Kommission und die Vollversammlung prüften auch die Arbeiten des W i r t s c h a f t s k o m i t e e s . Man kann unterscheiden zwischen den Arbeiten, die bereits vor dem Zusammentreten der
internationalen Wirtschaftskonferenz teilweise beendigt waren und deren Wichtigkeit von der Konferenz anerkannt wurde, und jenen, die eigentlich gestützt auf die Empfehlungen «1er Konferenz zu unternehmen sind. Zur ersten Gruppe gehört zunächst die Frage der Behandlung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen.

Dieses Problern war an der fünften Versammlung von der italienischen Delegation aufgeworfen worden und hatte während der Jahre 1925/26 Gegenstand x ) S. Beilage II, Ziff. 3 : Resolution der achten Versammlung vom 26. September ilber die Ergebnisse der dritten allgemeinen Konferenz für Verkehrswege und Transit.

2 ) Die Resolution der Versammlung vom 26. September betreffend diesen Punkt befindet sich in Beilage II, Ziff. 3.

669

·vorbereitender Studien gebildet. Als die Mebente Versammlung zusammentrat, waren die Arbeiten soweit vorgeschritten, dass der Eat am 7. September 1926 die Einberufung einer Konferenz grundsätzlich beschliessen konnte. Die Versammlung nahm diesen BescHuss am 24. desselben Monats zur Kenntnis. Pa,3 Wirtschaftskomitee und der Eat waren indessen der Ansicht, dass es angezeigt sei, bis nach der internationalen Wirtschaftskonferenz mit der Festsetzung eines Datums für die Konferenz betreffend die genannten Verbote und Beschränkungen zuzuwarten. Die Wirtschaftskonferenz gab der Überzeugung Ausdruck, dass es einen wichtigen Schritt in der Buckkehr zur Freiheit des Handels bedeuten -würde -- die eine der allerersten Bedingungen für das Gedeihen des Wirtschaftslebens ist --, wenn die Regierungen ein Übereinkommen annehmen könnten, das dem Vorschlage des Wirtschaftskomitees so weitgehend als möglichentsprechen würde. Unter diesen umständen setzte der Eat den 17. Oktober als Eröffnungstag für die Konferenz fest. In der Eesolution, in der sie auf die Arbeiten des Wirtschaftskomitees bezng nimmt 1 ), ersuchte die Versammlung sämtliche Eegiernngen dringlich, sich an der Konferenz vom 17. Oktober vertreten zulassen und alles zutun, um ein gutes Gelingen derselben sicherzustellen.

Wir haben bereits das Abkommen vom 3. November 1923 betreffend Zollformalitäten und deren Vereinfachung erwähnt und auf die Langsamkeit hingewiesen, mit der die Eatifizierungen und Beitritte erfolgen. Eine der Resolutionen der Wirtschaftskonferenz bezieht sich auf dieses Abkommen. Die Konferenz erklärt darin, wie sehr sie die bereits dank dieser Konvention erzielten Fortschritte schätze und empfahl sämtlichen Staaten, an ihr teilzunehmen.

Auch die Versammlung hat in ihre Resolution über die Wirtschaftsprobleme eine ähnlich lautende Stelle aufgenommen.

Man nimmt an, der Grund dazu, dass zahlreiche Staaten bis heute dem Protokoll über die Schiedsklauseln in privatrechtlichen Verträgen nicht beigetreten sind, liege darin, dass dieses Abkommen die Vollstreckung von im Auslande gefällten Schiedssprüchen nicht vorsieht, obschon es die Staaten verpflichtet, diese Schiedssprüche zu anerkennen, d. h. auf ihrem Gebiet in derselben Sache kein neues Gerichts- oder Schiedsgerichtsurteil zu fällen, womit sich der Kläger in die Unmöglichkeit versetzt
sieht, im betreffenden Lande zu einem vollstreckbaren Schiedsspruch zu gelangen. Das Wirtschaitskoinitee versuchte daher, das von der vierten Versammlung vorbereitete Protokoll im gewünschten Sinne zu ergänzen, um diese Lücke auszufüllen, und arbeitete einen Entwurf zu einem Zusatzabkommen aus. Die Wirtschaftskonferenz ersuchte den Rat, alle ihm zur Verfügung stehenden Massnahmen zu treffen, damit dieses Abkommen den Staaten zur Unterschrift unterbreitet werden könnte. Diese Frage beschäftigte während langer Zeit die zweite Kommission. Vor der Session waren die Vorschläge des Wirtschaftskomitees den Regierungen zur Vernehmlassung unterbreitet worden. Mehrere derselben, zu denen auch der Bundesrat gehörte, hatten Einwände erhoben oder auch Gegenvorschläge gemacht. Die zweite *) S. Beilage II, Ziff. 4.

670

Kommission bestellte einen Juristenausschluss und beauftragte ihn, den Entwurf des Wirtschaftskomitees endgültig zu bereinigen. Die Schweiz war in diesem Ausschusse durch Herrn Professor Burckhardt vertreten. Der Ausschuss führte seine Aufgabe zu Ende, und die zweite Kommission war in der Lage, der Versammlung den Vorschlag zu machen, unverzüglich ein Abkommen über die Vollstrekkung der im Auslande gefällten Schiedssprüche zur Unterzeichnung aufzulegen ; die Versammlung stimmte diesem Vorschlage zu 1).

Der Bundesrat hat seine Vertreter einstweilen noch nicht ermächtigt, das neue Abkommen zu unterzeichnen. Dieses regelt Prägen, die in das Gebiet der Zivilprozessordnung gehören; der Bundesrat glaubte daher, die Unterzeichnung aufschieben zu müssen, um vorerst den kantonalen Regierungen, denen es unterbreitet worden ist, Gelegenheit zu geben, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Wenn der Bundesrat nach Beendigung der Bundfrage die Teilnahme der Schweiz am Abko mmen für angezeigt hält, so wird er der Bundesversammlung dessen Genehmigung beantragen.

Zu den Arbeiten des Wirtschaftskomitees, denen die Konferenz, die vom 4. bis 23. Mai tagte, du r eh Anerkennung ihrer grossen Nützlichkeit einen neuen Antrieb verlieh, gehören ferner auch die gegenwärtig noch nicht beendigten Studien betreffend Behandlung von natürlichen Personen und Gesellschaften in einem fremden Staate, in dem sie das Niederlassungsrecht besitzen, sodann die Arbeiten, die auf eine Ausgleichung der Wechselgesetzgebungen -- vorläufig handelt es sich um jene des sogenannten «kontinentalen» Rechtskreises -- oder auf Beseitigung der illoyalen Praktiken im Handelswesen hinzielen (falsche Zollerklärungen, betrügerische Erklärungen bei Abschluss von Geschäften, Schutz des fremden Käufers gegen wertlose Waren), sowie die Studien über die Wirtschaftsluisen und über die Anwendung einheitlicher Methoden bei der Aufstellung von Wirtschaft-Statistiken. Der Reifegrad dieser Probleme ist verschieden. Bei den einen sind die Vorarbeiten soweit gediehen, dass die zuständigen Organe des Völkerbundes die baldige Einberufung neuer diplomatischer Konferenzen in Aufsicht nehmen können. Bei andern dagegen braucht es noch eine gewisse Zeit.

Auf die Wirtschaftskonferenz zurück gehen die Bestrebungen betreffend die Herabsetzung, Vereinfachung und Stabilisierung
der Zolltarife, die Vereinheitlichung der Tarifnomenklatur und die Handelsverträge (Gültigkeitsdauer.

Anwendung der Meistbegünstigungsklausel usw.).

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass die Versammlung die Fortführung sämtlicher in Angriff genommenen Arbeiten befürwortet hat. In bezug auf die Empfehlungen der internationalen Wirtschaftskonferenz stellton sich zwei Fragen, auf deren Lösung die achte Versammlung und ihre zweite Kommission einen grossen Einfluss ausüben konnten. Einerseits war es wichtig, dass möglichst viele Regierungen die Annahme der von der Konferenz aufgestellten Grundsätze erklären würden und dass auch die Versammlung einstimmig *) S.Beilage II, Ziff. 3.

671

eine Eesolutioii annehme, in der sie ihre Zustimmung zu den Ergebnissen der Konferenz bekunde. Anderseits hatte die Konferenz der Meinung Ausdruck gegeben, dass der Völkerbund die Organisation sei, die sich am besten eigne, entweder um die Resolutionen der Konferenz auszuführen, oder um deren Anwendung durch die Regierungen zu erleichtern und zu überwachen: die Versammlung musste sich daher fragen, ob die wirtschaftlichen Organe des Völkerbundes in der Lage seien, eine derart grosse Aufgabe zu erfüllen.

Was die Haltung der Regierungen gegenüber den Empfehlungen dei' Konferenz betrifft, so gab die Aussprache iii der Kommission zahlreichen Delegationen, die den Standpunkt ihres Staates bereits im Rat oder in der Versammlung bekanntgegeben hatten, Gelegenheit, ihre früheren Erklärungen zu wiederholen oder neue, kategorischer gefasste abzugeben. Und schliesslich liessen sich auch Vertreter von Staaten vernehmen, die ihre Absichten bisher noch nicht ausgedrückt hatten.

Folgendes ist der Wortlaut der vom schweizerischen Delegierten abgegebenen Erklärung: Der Bundesrat freut sich über die Ergebnisse der internationalen Wirtschai'tskonferenz in Genf. Er stellt fest, dass die bei diesem Anlass aufgestellten Grundsätze den Normen der schweizerischen Wirtschaftspolitik entsprechen. Er nimmt mit Genugtuung Kenntnis davon, dass zahlreiche Regierungen ihre Übereinstimmung mit den Genfer Beschlüssen bekundet haben und ist selbst auch bereit, an deren Verwirklichung mitzuarbeiten, soweit dies seine Kräfte gestatten.

Der Wortführer des Bundesrates konnte beifügen, dass die Schweiz heute keine Aus- und Einfuhrbeachränkungen oder -verböte mehr besitze, clas^ ihr Zolltarif einer der niedrigsten sei und dass die von ihr abgeschlossenen Handelsverträge sämtliche die Meistbegünstigungsklausel enthalten.

Zu den Einzelerklärungen kam nun noch eine Kundgebung der gesamten Versammlung, die eine Resolution annahm, in der sie feststellt, dass sie Kenntnis genommen hat vom Berichte der Wirtschaftskonferenz, und der Überzeugung Ausdruck gibt, die Annahme der darin enthaltenen Empfehlungen müsse eine wesentliche Besserung der Weltwirtschaftspolitik herbeiführen; die Resolution erwähnt ferner, die Erklärungen, die mehrere Regier ungen über die Ergebnisse der Konferenz und ihre Haltung diesen gegenüber abgegeben haben und drückt
die Hoffnung aus, dass die Staaten, die ihre Unterstützung noch nicht zugesagt haben, demnächst in der Lage sein werden, dies zu tun.

Ausserdem soll eine Sammlung veröffentlicht werden, die den Wortlaut der offiziellen Regierungserklärungen über die Konferenz sowie eine Aufzählung der zu deren Ausführung gefassten Beschlüsse enthalten soll. Schliesslich werden, der Völkerbundsrat und die Wirtschaftsorganisation eingeladen, ihre Hilfe zur Durchführung aller derjenigen Aufgaben zu leihen, für welche die Konferenz ihre Mitwirkung vorgesehen hat.

Hinsichtlich der W i r t s c h a f t s o r g a n i s a t i o n des V ö l k e r b u n d e s hatte die Konferenz folgende allgemeine Resolution angenommen:

672 «Die Konferenz legt vor allem Wert darauf, ihre hohe Würdigung der Leistung des Wirtschaftskomitees und des Völkerbundssekretariates zum Ausdruck zu bringen; sie ist der Ansicht, dass der Erfolg ihrer Arbeiten von der Durchführung der von ihr angenommenen Grundsätze abhängt; was die Weiterverfolgung ihrer Empfehlungen betrifft, so kann die Konferenz, ohne eine bestimmte Organisation anregen zu wollen, nichts Besseres tun, als den Rat auf die wohlausgeglichene Zusammensetzung des vorbereitenden Komitees hinzuweisen, die bereits bei der Vorbereitung der Konferenz ausgezeichnete Ergebnisse gezeitigt hat.» Der Bat zog es vor, bezüglich der Form der neuen Wirtschaftsorganisation vor dem Zusammentreten der Versammlung keinen Beschluss zu fassen. In der zweiten Kommission einigte man sich auf folgende Grundsätze : das im Jahre 1920 geschaffene provisorische Wirtschaftskomitee ist neu und zwar endgültig zu bestellen. Es soll 15 Mitglieder umfassen und weiterhin dem Eate zur Verfugung stehen, um Gutachten über alle Fragen abzugeben, die das Gebiet der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen und der internationalen Wirtschaftspolitik betreffen. Da man bei der Zusammensetzung des Wirtschaftskomitees darauf bedacht gewesen war, eher die offizielle Politik der Regierungen zum Ausdruck zu bringen, sollte ausserdem ein beratendes Komitee gebildet werden, das bezüglich Zahl der Mitglieder und persönliche Kompetenz derselben dem Komitee zur Vorbereitung der Wirtschaftskonferenz zu entsprechen hätte. Dieses letztere Organ hatte aus 35 Personen bestanden, die 21 Staaten angehörten und verschiedene Berufe ausübten. Es hatte Beamte, Volkswirtschafter, Industrielle, Handelsleute, Vertreter der Arbeiterschaft, Konsumenten usw. umfasst. Die Aufgabe des beratenden Komitees soll hauptsächlich darin bestehen, die Anwendung der Empfehlungen der Wirtschaftskonferenz zu verfolgen *).

Die Versammlung iftid der Rat stimmten dem Vorschlage der zweiten Kommission zu. Der Rat fügte hinzu, dass es sich bei den Mitgliedern des Wirtschaitskomitees um ein dreijähriges Mandat handle. Am selben Tage Schritt der Rat zu den Wahlen. Herr Henri Heer, der von Anfang an dem ersten Komitee angehörte, hatte am 9. September seine Demission eingereicht; der Rat nahm mit Bedauern davon Kenntnis. Er hob bei dieser Gelegenheit die gründlichen
Kenntnisse, die Herr Heer in allen Wirtschaftsfragen besitzt, hervor und erklärte, der Eifer, mit dem er sich den Arbeiten des Wirtschaftskomitees gewidmet, habe ihm die Hochachtung seiner Kollegen eingetragen tind verdiene die volle Dankbarkeit des Rates. Am 28. September beschloss der Rat, wiederum einen Schweizer an seine Stelle zu wählen und bezeichnete 1 ) Das Wirtsohaftskomitee und das beratende Komitee werden ungefähr im gleichen Verhältnis zueinander stehen, wie die ständige Kommission für militärische, maritime und aviatisohe Fragen, die ein Regierungsorgan ist, gegenüber der gemischten temporären Kommission für die Herabsetzung der Rüstungen, in der sich der offizielle Einfluss weniger bemerkbar macht.

673

Herrn Walter Stucki, Direktor der Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements. Diese Wahl verdient alle Anerkennung.

Der finnische, der polnische und der schwedische Minister des Auswärtigen hatten die siebente Versammlung ersucht, die Frage des Alkoholismus in das Programm der Völkerbundsarbeiten aufzunehmen. Die Versammlung hatte die Behandlung dieses Antrages der achten Session überwiesen 1). Inzwischen hatten sich drei weitere Minister des Auswärtigen, nämlich der belgische, der dänische und der tschechoslowakische, den beiden vorgenannten -angeschlossen. In der Zwischenzeit war man sich auch besser klar darüber geworden, worin die Tätigkeit des Völkerbundes auf diesem Gebiete zu bestehen Jiätte. Gemäss dem Vorschlage sollte unter seinen Auspizien ein allgemeines Abkommen über den Alkoholschmuggel abgeschlossen und ein in Fragen des Alkoholismus besonders zuständiges Organ geschaffen werden, dessen Aufgabe hauptsächlich die gewesen wäre, alles zu sammeln, was zur Aufklärung über den Alkoholismus dienen könnte. Es war indessen nicht möglich, «ich in der zweiten Kommission darüber zu einigen, ob sich der Völkerbund überhaupt mit der Frage des Alkoholismus befassen solle und welche Probleme ihm gegebenenfalls zur Behandlung zu überweisen wären. Die schweizerische Delegation wollte zwar nicht schlechthin die Kompetenz des Völkerbundes, sich mit dem Alkoholismus zu befassen, bestreiten, aber sie verlangte, dass ·er es nur mit Einwilligung sämtlicher Mitgliedstaaten tue.

Unter diesen Umständen zogen die belgische, dänische, finnische, polnische, schwedische und tschechoslowakische Delegation ihren ursprünglichen Entwurf zurück und schlugen statt dessen vor, eine Expertenkommission mit einer Untersuchung darüber zu beauftragen, welche Seiten des Alkoholismus Gegenstand wissenschaftlicher oder praktischer Arbeiten des Völkerbundes ttilden könnten. Die Behandlung dieses Antrages wurde auf die Versammlung von 1928 vertagt 2 ).

Seit 1923 wird die Schaffung einer i n t e r n a t i o n a l e n Hilfsunion geprüft. Die Frage war, ob und wie eine Organisation ins Leben gerufen werden könnte, deren Aufgabe darin zu bestehen hätte, die Folgen von Katastrophen zu mildern) denen gegenüber die Mittel des betroffenen Landes nicht ausreichen würden. Die Eegierungen waren zweimal eingeladen
worden, sich über einen Abkommensentwurf auszusprechen. Die sechste Versammlung hatte den Eat ermächtigt, die letzten Vorschläge des Expertenkomitees, das seit 1924 an der Arbeit war, einer diplomatischen Konferenz zu unterbreiten. Diese tagte in Genf vom 4. bis 12. Juli. Der Bundesrat entsandte den Chef der Abteilung für Auswärtiges, Herrn Minister Diniehert. Ungefähr 40 andere Eegierungen waren vertreten. Die Konferenz hat ein Abkommen 1 ) S. Bericht des Bundesrates übgr die siebente Versammlung vom 10. Dezember 1926, S. 55.

2

) S. Beilage VII, Ziff. 6 (Beschluss der Versammlung vom 23. September 1927).

Bundesblatt.

79. Jahrg. Bd. II

53

674

nebst den Statuten für eine Hilfsunion sowie eine Schlussakte ausgearbeitet.

Das Abkommen steht den Eegierungen zur Unterzeichnung offen bis zum 1. Mai 1928. Nach diesem Datum haben die Staaten die Möglichkeit des Beitritts.

Da das Eote Kreuz, das in der Hilfsunion mitzuarbeiten hat, gegenwärtig keine befriedigende internationale Organisation besitzt, beabsichtigt der Bundesrat einstweilen nicht, das fragliche Abkommen zu unterzeichnen.

Sollte er später den Beitritt ins Auge fassen, so würde er die Genehmigung der Konvention vom 12. Juli 1927 der Bundesversammlung in einer besondern Botschaft beantragen.

Die Versammlung, der die von der Konferenz ausgearbeiteten Akte unterbreitet wurden, gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass alle Staaten eines Tages diesem Werke internationaler Solidarität ihre Mitwirkung leihen werden.

Das Expertenkomitee, das die Vorarbeiten ausgeführt hatte, wurde ausserdem eingeladen, sich zur Verfügung des Eates zu halten, um ihm alle Massnahmen vorzuschlagen, die geeignet sind, das Inkrafttreten und die Anwendung des Abkommens zu erleichtern1).

In der Zeit zwischen der siebenten und achten Versammlung hat das Finanzkomitee seine grosse Erfahrung weiterhin den Staaten zur Verfügung gestellt, die den Völkerbund in bezug auf ihre Finanzangelegenheiten um Eat fragten; auch setzte es verschiedene Studien allgemeiner Natur fort.

Zur ersten Kategorie von Arbeiten gehört: die Ansiedlung der bulgarischen Flüchtlinge, die Auflage eines griechischen Anleihens, die Eeform des Geldund Bankwesens in Estland, sowie die Finanzlage der Freien Stadt Danzig.

Die zweite Gruppe umfasst die Probleme der Doppelbesteuerung und der Steuerflucht, der Falschmünzerei und der Veröffentlichung der das Geldund Bankwesen betreffenden Gesetze.

Die An&iedlung der bulgarischen Flüchtlinge schreitet erfreulich vorwärts.

Nach dem Balkankriege von 1912 und dem Weltkriege strömten ungefähr 200,000 Bulgaren aus den Nachbarstaaten in ihr Mutterland zurück. Ihre Ansiedlung stiess auf beträchtliche Schwierigkeiten, die hauptsächlich finanzieller Natur waren. Dank der Hilfe des Finanzkomitees konnte Bulgarien eine Anleihe von ungefähr 60 Millionen Franken auflegen, die bestimmt war, mehr als 30,000 Flüchtlingen Wohnung und Arbeit zu verschaffen. Gegenwärtig richtet ein Völkerbundskomrnissär alle Vierteljahre
einen Bericht an das Finanzkomitee über die Durchführung des Programms. Die zweite Kommission schlug der Versammlung vor, den Erfolg des Darlehens zu begrüssen und die bereits erzielten Erfolge zur Kenntnis zu nehmen. Die Versammlung handelte demgemäss 2).

1 ) Die bezügliche Resolution der Versammlung vom 22. September findet sich in Beilage II, Ziff. 10.

2 ) S. Beilage II, Ziff. 9.

675 Dem Siedlungswerke der griechischen Flüchtlinge -- es handelt sich hier um l y2 Millionen menschlicher Wesen --, von dem die siebente Versammlung den Eindruck gehabt, es beginne bereits die erwarteten Ergebnisse zu zeitigen, hat sich im Laufe des Jahres 1927 ein Hindernis entgegengestellt. Es erwies sich, dass die ursprünglichen Voranschläge zur Durchführung des Werkes nicht genügten. Die Prüfung der Erfolgsmöglichkeiten eines neuen Anleihens führte das Finanzkomitee dazu, die finanzielle Lage Griechenlands in ihrer Gesamtheit ins Auge zu fassen. Daraufhin ersuchte die griechische Eegierung den Völkerbundsrat, der Auflage eines Darlehens von ungefähr 225 Millionen Franken die Genehmigung zu erteilen und das Finanzkomitee zu ermächtigen, Griechenland bei der Ausarbeitung eines vollständigen Planes zur Eeorganisation des Geldund Bankwesens behilflich zu sein. Das Darlehen sollte zu einem Drittel dazu verwendet werden, die Ansiedlung der Flüchtlinge zu Ende zu führen, zu einem weitem Drittel für die Liquidation der Eückstände, und der Best sollte dazu dienen, der Nationalbank eine stärkere Unterlage zu geben. Es war zur Zeit der achten Versammlung, als die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und dem Finanzkomitee zum Abschluss kamen. Der Rat nahm Kenntnis vom Übereinkommen, und in einer Résolution vom 22. September bekundete die Versammlung ihr lebhaftes Interesse an diesem1).

Die Frage der Reform des estnischen Geld- und Bankwesens in Estland.

die seit 1922 von der estnischen Regierung und vom Finanzkomitee geprüft wird, wurde im März 1927 gelöst. Die Änderungen, die vorgenommen worden sind, gestatteten der estnischen Regierung, im Juni ein Darlehen von 30 Millionen aufzulegen.

Das finanzielle Gleichgewicht der Freien Stadt Danzig schien im Jahre 1927 hinreichend gesichert zu sein, um die Auflage eines grossen Anleihens durch die Freie Stadt unter den Auspizien des Völkerbundes zu ermöglichen2) So gesellen sich zu den Erfolgen des Finanzkomitees in Österreich und Ungarn die in Bulgarien, Griechenland und Estland und in der Freien Stadt Danzig erzielten Ergebnisse ; das Finanzkomitee wird damit zu einem der wichtigsten beratenden Organe des Rates und der Versammlung.

Die Behandlung der Frage der Doppelbesteuerung und der Steuerflucht hat das Anfangsstadium überschritten. Vier
Entwürfe zu Abkommen sind den Regierungen zur Vernehmlassung zugestellt worden; der erste zielt auf Vermeidung der Doppelbesteuerung im allgemeinen hin, während der zweite sie auf dem Gebiete der Erbfolge auszuschalten trachtet; der dritte Entwurf hat die gegenseitige Hilfe der Verwaltungen auf dem Gebiete des Steuerwesens und der vierte den gerichtlichen Beistand bei der Steuereintreibung zum Gegenstand.

Falls diese Umfrage eine hinreichende Übereinstimmung zeigt, soll eine internationale Konferenz einberufen werden.

*) S. Beilage II, Ziff. 8.

2 ) Die Gesamtheit der unter Witwirkung des Volkerbundes aufgenommenen Darlehen beträgt gegenwärtig l Milliarde 800 Millionen Goldfranken.

676 Die Frage der Falschmünzerei, deren Studium das Finanzkomitee auf Ersuchen der französischen Eegierung unternommen hat, bedarf noch etwelcher Zeit, um der Lösung nahezukommen. Ein Expertenkomitee, das im Jahre 1927 zusammentrat, und in dem die Schweizerische Nationalbank vertreten ·war, hat einen Vorentwurf für ein Abkommen ausgearbeitet, der dem Finanzkomitee zu unterbreiten sein wird.

Nach Anhören der Berichte der zweiten Kommission über die Tätigkeit des Finanzkomitees fasste die Versammlung eine Eesolution, in der sie erklärt, von dessen Arbeiten Kenntnis genommen zu haben, und ihre hohe Befriedigung über das hervorragend nützliche Werk ausspricht1).

C. Militärische Fragen.

Die Vorbereitung der Konferenz zur Herabsetzung und Beschränkimg der 'Rüstungen hat neuerdings gezeigt, wie eng Abrüstung und Sicherheit miteinander verknüpft sind.

Der Ausschuss des Eates hatte auf die Liste der der vorbereitenden Kommission zu unterbreitenden Punkte zwei Fragen gesetzt, die bereits die ganze Tragweite des Problems erkennen lassen. Es handelt sich im wesentlichen darum, ob die Satzung und die Tätigkeit des Völkerbundes genügend Garantien für die Sicherheit bieten, um den Mitgliedern des Völkerbundes die Herabsetzung ihrer Büstungen zu erlauben. Die schwedische, die französische und die polnische Delegation hatten der vorbereitenden Kommission Vorschläge unterbreitet, die auf einzelne Seiten des Problems Bezug hatten, in "Wirklichkeit aber dieselbe Frage auf warf en. Anlässlich ihrer ersten Session berief sich die vorbereitende Kommission auf ihren technischen Charakter und erklärte, es sei nicht ihre Sache, sondern die des Eates, hier eine Antwort zu geben.

Der Eatsausschuss und der Bat selbst hatten sich demnach mit der Schwierigkeit zu befassen.

In der Zeit zwischen der siebenten und achten Versammlung hatten der Ratsausschuss und der Bat namentlich versucht, die Sicherheit zu organisieren. Dir Bestreben ging vor allem dahin, den Inhalt gewisser Vorschriften der Satzung genau festzusetzen, den in gewissen Artikeln vorgesehenen Mechanismus zu regeln und zu bestimmen, wie dieser im Fall unterwarteter Ereignisse zu arbeiten hätte. Die Untersuchungen hatten einen doppelten Gegenstand: die vorbeugende Tätigkeit des Völkerbundes für den Fall, dass der Ausbruch von Konflikten drohen sollte, und die
respressive Tätigkeit im Falle einer Verletzung des Paktes.

Was die vorbeugende Tätigkeit betrifft, so hatte sich der Bat bemüht, ßeine Bolle genau zu umschreiben, die ihm gemäss Artikel XI der Satzung zukommt, wenn ein Krieg droht oder ein Umstand eintritt, der geeignet ist, die l

) S.Beilage II, Ziff. 7.

677

internationalen Beziehungen zu beeinflussen. Seine Untersuchungen führten ihn zur Festsetzung der Bedingungen, die vorhanden sein müssen, damit einerseits das Generalsekretariat die ihm in Artikel XI zugewiesene Aufgabe der sofortigen Einberufung des Eates erfüllen und anderseits der Bat selbst zusammentreten kann. Seine Studien veranlassten ihn ferner auch, näher zu bestimmen, in welcher Weise er zu intervenieren habe, wenn einmal sein Zusammentreten gesichert ist.

Was den zweiten Punkt betrifft, so fragte sich der Bat vorerst, welche» seine Tätigkeit wäre, je nachdem ein Krieg unmittelbar droht oder nicht, stellte sodann fest, dass die allgemein gehaltene Passung des Artikels XI gestattet, sich mit allen Massnahmen abzugeben, die nicht Kriegsmassnahmeii darstellen, und beschloss, seine Studien erst in einer nach der achten Versammlung stattfindenden Sitzung zu beendigen, um sämtlichen Mitgliedstaaten des Völkerbundes die Möglichkeit zu geben, sich zur Sache zu äussern, falls sie dies für angezeigt erachten sollten.

Anlässlich der Prüfung der Erfordernisse für die sofortige Einberufung und das rasche Zusammentreten des Bates tauchte eine grosse Anzahl von Problemen auf, von denen einstweilen noch keines gelöst ist. Der vorliegende Bericht beschränkt sich somit auf deren Aufzählung. Sie werden namentlich von der beratenden und technischen Kommission für Verkehrswege und Transit behandelt.

Die Notwendigkeit, dass das Generalsekretariat schnell und sicher mit den Staaten in Beziehung treten kann, brachte den ganzen Fragenkomplex betreffend die telephonischen, telegraphischen und radiotelegraphischen Verbindungen des Völkerbundssitzes ins Rollen. Was die telegraphischen Verbindungen betrifft, so nahm der Bat Kenntnis von einem Berichte der beratenden Kommission, die zum Schlüsse kam. dass es unnötig sei, auf diesem Gebiete irgend etwas zu unternehmen, da die Lage schon jetzt befriedigend sei und zudem eine weitere ständige Besserung in Aussicht stehe. Der Rat beauftragte das Generalsekretariat, eine Aufstellung der wichtigsten zur Verfügung stehenden telegraphischen und radiotelegraphischen Verbindungen zu machen. Die Schaffung einer radiotelegraphischen Station des Völkerbundes ist ebenfalls ins Auge gefasst und von den beratenden Organen des Völkerbundes, namentlich in technischer und finanzieller
Hinsicht, geprüft worden. Der Bundesrat widmet seinerseits diesem Plane volle Aufmerksamkeit, sowohl vom technischen wie auch vom rechtlichen und politischen Standpunkt aus.

Angesichts der Wichtigkeit, die dem möglichst raschen Zusammentreten des Rates zukommt, tauchte die Frage der Eisenbahn- und Luftverbindungen mit dem Völkerbundssitz auf. Was die Eisenbahntransporte betrifft, so drängte sich die Vertretung der beratenden und technischen Kommissionen für Verkehrswege und Transit an der europäischen Fahrplankonferenz als das nächstliegende Mittel auf, dessen sich der Völkerbund bedienen kann, um seine Forderungen geltend zu machen. Die Verwaltung der Bundesbahnen, welche die administrativen Geschäfte der Konferenz besorgt, verwendete sich, um die Vertretung de& Völkerbundes zu erleichtem. Bezüglich der Luftverbindungen stellten sich die

678

zwei Fragen, nämlich, die der Identifizierung von Flugzeugen, die für den Völkerbund wichtige Transporte ausführen, sowie jene betreffend die Landungsrnöglichkeiten beim Völkerbundssitze.. Das erste dieser beiden Probleme wird vom Völkerbund sowie von der internationalen Kommission für Luftschiffahrt behandelt, das zweite dagegen von der beratenden Kommission und den schweizerischen Behörden. Diese schenken ihre Aufmerksamkeit selbstverständlich sämtlichen Seiten des Problems.

Das Vorgehen des Völkerbundes gegen einen paktbrüchigen Staat wird in Artikel XVI der Satzung geregelt. Die Untersuchchungen des Eates mussten natürlich auch diesen Artikel zum Gegenstande haben, der wirtschaftliche Sanktionen vorsieht, die vorgängig oder gegebenenfalls auch gleichzeitig mit den militärischen Sanktionen zu ergreifen sind. Der Rat befasste sich ganz besonders mit den wirtschaftlichen Sanktionen. Wenn die Völkerbundsmitglieder ihre Handels- und Finanzbeziehungen mit dem paktbrüchigen Staat abbrechen und sich in der Anwendung der Sanktionen gegenseitig unterstützen sollen, so ist die Kenntnis der zwischenstaatlichen Beziehungen sowie ein Plan, der die Zusammenarbeit regelt, erforderlich. Der Eat dehnte denn auch seine Untersuchungen nach dieser Richtung hin aus, indem er das Wirtschaftskomitee mit der Durchführung genauer Erhebungen über die wirtschaftlichen Beziehungen der Staaten vom Gesichtspunkt einer eventuellen Anwendung des Artikels XVI aus beauftragte. Im weitern ersuchte er das Finanzkomitee, eiiien finanziellen Hilfsplan zugunsten eines Staates, der Opfer eines Angriffes wäre, auszuarbeiten. Das Wirtschaftskomitee ist bei der Prüfung der ihm übertragenen Frage noch nicht über das Anfangsstadium hinausgekommen. Dagegen hat das Finanzkomitee seine Arbeit nahezu b'eendigt und dem Rate genaue Vorschläge unterbreitet. Danach würde der Völkerbund einem Lande, das Opfer eines Angriffes geworden wäre, beistehen durch Verstärkimg seines Kredits.

Und zwar wäre zu diesem Zweck ein Übereinkommen abzuschliessen, gemäss welchem sich die Staaten verpflichten würden, Garantiescheine für einen zu bestimmenden Gesamtbetrag zu hinterlegen: dabei könnte der Verteilungsplan zugrunde gelegt werden, der die Verteilung der Völkerbundskosten regelt.

Der angegriffene Staat würde zu gegebener Zeit eine Anleihe auflegen,
deren Erfolg gesichert wäre durch seinen eigenen Kredit sowie durch das Vertrauen, das die von den übrigen Staaten übernommene Garantie einflössen würde.

Der Rat hat auch versucht, sich Rechenschaft über die rechtliche Tragweite des Artikels XVI zu geben, indem er auf die Arbeiten der frühem Versammlungen zurückgriff, nämlich auf die auslegenden Resolutionen von 1921 sowie auf die Abänderungen der dritten Versammlung. Ausserdem ersuchte er die Regierungen der Mitgliedstaaten, ihm mitzuteilen, ob sie es für angezeigt erachtet hätten, das Inkrafttreten der Sanktionen durch den Erlass von Gesetzen zu erleichtern. Und schliesslich beauftragte er das Generalsekretariat, die rechtlichen Folgen zu prüfen, die sich für die Mitglieder des Völkerbundes aus der Anwendung der Blockade ergeben würden.

670 Die achte Versammlung hat neuerdings einstimmig die überragende Wichtigkeit anerkannt, welche die Frage der Abrüstung für den Völkerbund besitzt.

Die Ansichten, die über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten der vorbereitenden Kommission geäussert wurden, lauteten sehr verschieden. Man stritt sich über die Wichtigkeit der noch nicht erledigten Fragen. Es ist wohl zuzugeben, dass eine Einigung weder in der Frage der Landabrüstungen noch in jener der Luft- und namentlich der Seeabrüstungen erzielt werden konnte.

Indessen ist zuzugeben, dass Betrachtliches geleistet worden ist; das Konferenzprogramm scheint aufgestellt zu sein. Die vorbereitende Kommission wollte jedoch weiter gehen und versuchte einen Konventionsentwurf aufzustellen; liier nun aber machten sich in gewissen Punkten Schwierigkeiten geltend.

Nachdem die Versammlung die Notwendigkeit der Abrüstung anerkannt und den Stand der Vorarbeiten festgestellt hatte, pflichtete sie neuerdings der Ansicht bei, gemäss welcher die Abrüstung und die Sicherheit eng mit«inander verbunden sind.

Schaffung einerseits einer der Abrüstung günstigen Atmosphäre der Sicherheit und anderseits von Sicherheitsgarantien für die Staaten, das war es, worauf Eat und Versammlung hinzielten. Die Mittel und Wege, die von den beiden Organen vorgeschlagen wurden, waren indessen nicht ganz dieselben, und es ist vom schweizerischen Standpunkt aus interessant, die Unterschiede hervorzuheben.

Welches auch der Nutzen der methodischen Arbeiten des Eates sei, wie logisch und weitausgreifend die unternommenen Studien scheinen mögen, so besitzen sie doch einen wichtigen Mangel, der in die Augen sticht. Es ist zwar zweifellos klug, Vorsichtsmassnahmen zu treffen und dafür zu sorgen, ·dass das Generalsekretariat den Eat einberufen und dass dieser zusammentreten kann; es ist auch gut, dass der Eat die Art und Weise seines Vorgehens näher bestimmt ; ebenso ist es vernünftig, die Tragweite gewisser Verpflichtungen zu umschreiben und zum vorneherein ihre Anwendung zu regeln. Aber handelt es sich dabei nicht zum Teil um Studien, die nicht von wesentlicher Bedeutung sind, um Untersuchungen, die vielleicht von Wichtigerem ablenken? Die Aufmerksamkeit wieder auf den Knotenpunkt des Problems hinzulenken, das war das Ziel, das sich die achte Versammlung gesetzt und das sie erreicht
hat. Dieser Knotenpunkt aber ist die Schiedsgerichtsbarkeit.

Bereits anlässlich der allgemeinen Aussprache hatte der niederländische Eesohitionsentwurf die Sache auf das richtige Geleise gebracht. Er hatte nämlich zur Folge, dass die Schiedsgerichtsbarkeit wieder den ihr gebührenden Platz einnahm, der, soweit es sieh um die Sicherheit handelt, nur der erste sein kann. In der dritten Kommission wurden zwei weitere Vorschlage von der norwegischen und der schwedischen Delegation gemacht, die ebenfalls darauf hinzielten, die Schiedsgerichtsbarkeit ins richtige Licht zu rücken.

Im Hinblick darauf, dass Absatz 2 des Artikels 86 des Statuts des ständigen internationalen Gerichtshofes, wo die obligatorische Gerichtsbarkeit des

680

Hofes vorgesehen ist, nur auf Streitigkeiten rechtlicher Natur anwendbar istr sowie angesichts der Tatsache, dass Artikel XV der Satzung die Möglichkeit eines Krieges offen lässt, hielt es die norwegische Delegation für angezeigt, daas die Zuständigkeit des Gerichtshofes ausgebaut und die Lücken, durch die der Krieg noch hereinschlüpfen kann, verstopft werden; zu diesem Zwecke empfahl sie den Abschluss eines fakultativen Abkommens betreffend die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit. Gemäss diesem Abkommen sollten alle Streitigkeiten, die zufolge ihrer Natur nicht dem Gerichtshof unterbreitet werden oder in bezug auf die der Eat keinen einstimmigen Bericht abzugeben!

in der Lage wäre, oder die sich endlich überhaupt seiner Einwirkung entziehen,, nichtsdestoweniger obligatorischerweise auf schiedsgerichtlichem Wege erledigt werden. Der schwedische Vorschlag zielte auf Abänderung der Bestimmungen des Genfer Protokolls über die friedliche Beilegung internationaler Streitfälle hin, soweit sie die Schiedsgerichtsbarkeit betreffen, um sie für alle Mächte annehmbar zu machen.

Keiner der drei Vorschläge wurde in seiner ursprünglichen Form von der Versammlung angenommen. Sie dienten hauptsächlich als Stoff für die Diskussion und lenkten diese auf die Schiedsgerichtsbarkeit hin; in dieser Hinsicht waren sie von Nutzen: sie gaben der Versammlung Gelegenheit, ihre bezüglichen Ansichten kundzutun. Sie trugen sodann dazu bei, neue Impulse zu verleihen.

Die Aussprache in der dritten Kommission über die Arbeiten der vorbereitenden Kommission für die Konferenz zur Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen, über die Erhebungen des Ratsausschusses, sowie über die Vorschläge der Delegationen, oder in einem Worte : die Diskussion über die Schiedsgerichtsbarkeit, die Sicherheit und die Abrüstung führte schliesszu einer Resolution, die von der Versammlung am 26. September genehmigt wurde*).

Was die Tätigkeit betrifft, die der Rat und der Ausschuss im Jahre 1926/27 zwecks Organisierung der Sicherheit entfalteten, so sprach sich die Versammlung zugunsten der Untersuchungen über die vorbeugende und die repressive Tätigkeit des Völkerbundes aus. Die Abschnitte II und III der Resolution!

haben hauptsächlich die vorbeugende, Abschnitt IV dagegen die repressive Tätigkeit zum Gegenstand. Auf dem Gebiete der vorbeugenden
Tätigkeit billigte die Versammlung den Versuch des Rates, die Rolle genau zu umschreiben,, die ihm Artikel XI der Satzung zuweist. Sie anerkennt, dass der bezügliche vom Rat angenommene Bericht eine wertvolle Wegleitung bedeutet, fügt aber bei, dass er in keiner Weise die Freiheit des Rates beeinträchtigen soll, in jedem Augenblick über die besten Mittel zur Erhaltung des bedrohten Friedens zu befinden.

Im selben Zusammenhang gab die Versammlung ihrer Überzeugung Ausdruck, dass im Kriegsfalle dem Intätigkeittreten der Völkerbundsorgane grosse1

) Beilage III, Ziff. 2, gibt den vollständigen Wortlaut dieser Resolution wieder..

681

Bedeutung zukomme, und sie erklärte, dass es in solchen Augenblicken Pflicht sämtlicher Mitgliedstaaten sei, mit allen Mitteln die Vereinigimg des Eates zuerleichtern. Dieser wurde daher eingeladen, seine Studien betreffend einerseits die telephonischen, telegraphischen und radiotelegraphischen Verbindungen, und anderseits die Bisenbahn- und Luftverbindungen fortzusetzen. Hinsichtlich der repressiven Tätigkeit ist zu sagen, dass die Arbeiten des Wirtschaftskomitees über die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten zu wenig vorgerückt waren, als dass die Versammlung sie hätte erwähnen können. Dagegen anerkannte sie, dass der Plan { zur finanziellen Hilfeleistung endgültig bereinigt zu werden verdiene, wobei es die Meinung hatte, dass die Abrüstungskonferenz oder eine besondere Konferenz über dessen Annahme beraten soll.

Der fünfte Abschnitt der Resolution ist vielleicht der wichtigste. Er ist voll und ganz ein Kind der Versammlung. Was die Arbeit der vorbereitenden Kommission im eigentlichen Sinne angeht, so hat die Versammlung von den erzielten Fortschritten Kenntnis genommen und den Rat ersucht, bei der Kommission auf rasche Erledigung ihrer Aufgabe zu dringen. Der Rat wurde ebenfalls eingeladen, unverzüglich die allgemeine Konferenz einzuberufen. In der Überzeugung jedoch, dass der Erfolg der Vorarbeiten und der Konferenz selbst namentlich von politischen Bedingungen abhängt, trachtete die Versammlung danach, diese Bedingungen zu verwirklichen und sie so günstig wie möglich zu gestalten, indem sie empfahl, für die fortschreitende Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit zu sorgen. So gut wie die Abrüstimg misslingen muss, wenn sie nicht in den Mitgliedstaaten und-in den übrigen Ländern zugleich durchgeführt wird, so muss sich auch das Netz der Schiedsverträge nicht nur über die internationale Gemeinschaft ausbreiten, die von den Völkerbundsstaaten gebildet wird, sondern ebensogut über jene Länder, die der Satzung nicht beigetreten sind. Einzig diese Universalität der Schiedsgerichtsbarkeit vermag das gegenseitige Vertrauen zu schaffen, das für das Gelingen der Konferenz unerlässlich ist.

Die siebente Versammlung hatte den Bat eingeladen, seine Vermittlung den Staaten für den Abschluss von Schiedsverträgen anzubieten. Sein Angebot scheint jedoch nicht viel Anklang gefunden zu haben. Die
achte Versammlung ging weiter und sah vor, dass der Abschluss von Schiedsverträgen vom Völkerbunde veranlasst werden könnte. Zu diesem Zweck ersuchte die achte Versammlung den Rat, der vorbereitenden Kommission ein Komitee für Schiedsgerichtsbarkeit und Sicherheit beizugesellen. Das Komitee ist von der vorbereitenden Kommission zu ernennen und soll aus Delegierten von Staaten bestehen, die in der Kommission vertreten sind; es hat gewissemiassen als das politische Organ der Kommission zu gelten, da es dann in Tätigkeit zu treten hat, wenn die technischen Erwägungen im Hinblick auf Erfordernisse andererArt in den Hintergrund treten müssen.

Der norwegische Entwurf für ein fakultatives Abkommen über die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit, der ebenfalls im Hinblick auf die Abrüstung und deren Zusammenhang mit der Sicherheit ausgearbeitet worden war, wurde

682 von der dritten Kommission der ersten überwiesen, damit sie sich zur rechtlichen Seite der Angelegenheit äussere. Die erste Kommission beauftragte eine Subkommission mit der vorgängigen Prüfung des Vorschlages. Der schweizerische Delegierte präsidierte dieses Komitee und erstattete der Kommission in seinem Namen Bericht. Die dritte Kommission nahm von diesem Berichte Kenntnis und fügte dessen Schlussfolgerungen in den allgemeinen Bericht ein, den sie der Versammlung über die Frage der Schiedsgerichtsbarkeit. der Sicherheit und der Abrüstung unterbreitete. Die erste Kommission hat den norwegischen Entwurf nicht in seinen Einzelheiten behandelt; sie schlug vor, ihn zur Prüfung an das Komitee für Schiedsgerichtsbarkeit und Sicherheit der vorbereitenden Kommission zu überweisen, bestrebte sich jedoch, die Aufgabe des Komitees in einigen Punkten genau zu umschreiben. Sie hob hervor, wie wichtig es für dieses wäre, clafiir zu sorgen, dass die Beteiligung an der fakultativen Klausel des Artikels 36 des Statuts des ständigen internationalen Gerichtshofes stärker werde und dass nicht nur Schiedsgerichtsverträge sondern auch Abkommen zur Erledigung von Streitigkeiten im Gerichts- und Vergleichsverfahren abgeschlossen wurden. Da es sich anlässlich der allgemeinen Aussprache in der Versammlung gezeigt hatte, dass die Schiedsgerichtsbarkeit in den Augen verschiedener Delegierte)1 die Unzukömmlichkeiten in sich birgt, die eben mit einem Prozesse gegeben sind, wies die erste Kommission auf die Notwendigkeit hin, dass da» Komitee dem Vergleichsverfahren seine besondere Aufmerksamkeit zuwende.

Die Arbeiten der dritten Kommission und der Versammlung auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit und der Abrüstung fanden ihre Ergänzung in einer Kundgebung der genannten beiden Organe zugunsten des Friedens. Auf den Vorschlag der Kommission hin stimmte die Versammlung, sozusagen ohne irgendwelche Abänderungen anzubringen, einem Besolutionsentwurf zu betreffend den Angriffskrieg, die ihr von der polnischen Delegation unterbreitet worden ^\ ar. Diesem Beschlüsse kam in den Augen der Versammlung namentlich ein moralischer Wert zu. Die Versammlung war der Ansicht, dass es nicht ohne Bedeutung sein könne, wenn die Delegationen von nahezu 50 Staaten erklärten, der Angriffskrieg stelle ein internationales Verbrechen dar und
sei daher für jetzt und alle Zeiten verboten. Die Erklärung betreffend die Angriffskriege ·\\ urde am 24. September einstimmig angenommen -1-).

Außerdem nahmen noch zwei -weitere Fragen die Aufmerksamkeit der dritten Kommission und der achten Versammlung in Anspruch, nämlich das Problem der Z i v i l a v i a t i k und jenes der p r i v a t e n Herstellung von W a f f e n , Munition u n d Kriegsmaterial.

Die Frage der Luftrüstungen ist einer der Punkte, bei denen die vorbereitende Kommission für die Abrüstungskonferenz auf Schwierigkeiten stösst, da es in gewissen Ländern schwer erscheint, den Unterschied zwischen Zivil- und Militärluftschiffahrt festzusetzen. Die Versammlung nahm daher in ihre ResoluWortlaut dieser Resolution s. Beilage III, Ziff. l.

683 tioii über die Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und Abrüstung einen ersten Abschnitt auf, der auf diesen Gegenstand bezug hat. Vom Wunsche geleitet, dass die Beschränkungen, die der Militäraviatik auferlegt werden könnten, nicht eine Behinderung der zivilen Luftschiffahrt zur Folge haben, empfahl sie, diese solle sich ausschliesslich auf wirtschaftliche Zwecke einstellen l).

Zahlreiche Staaten erklärten, dass die deshalb zogern, das Abkommen vom 25. Juni 1925 betreffend Überwachung des internationalen Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial zu ratifizieren, weil diese Übereinkunft nicht auf die Herstellung anwendbar ist. Dieser Umstand versetzt nämlich die nicht-produzierenden Staaten, für die jeder Erwerb von Waffen auf dem Einfuhnvege zu geschehen hat, in den Nachteil gegenüber den herstellenden Staaten. Die siebente Versammlung wie? daher auf die Notwendigkeit hin, möglichst rasch zum Abschluss eines Abkommens über die private Herstellung au gelangen. Die vom Bat ernannten Sachverstandigen waren zum Schlüsse gekommen, dass das Problem der privaten Herstellung von Waffen kaum aus der allgemeinen Abrüstungsfrage herausgelöst werden könnte. Die achte Versammlung pflichtete dieser Meinung der Experten nicht bei. Sie ersuchte den Rat, diese letztem zur Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit und zur Ausarbeitung eines Konventionsentwurfes zu veranlassen, der demnächst einer internationalen Konferenz unterbreitet werden könnte 2 ).

Indem die Versammlung die Aufmerksamkeit wieder auf die Schiedsgerichtsbarkeit und die Erledigung von Streitigkeiten im Gerichts- und Vergleichsverfahren hinlenkte, d. h. ani Mittel, die geeignet sind, Vertrauen zu schaffen und die Sicherheit zu festigen, handelte sie in einer Weise, die der Ansicht des Bundesrates durchaus entsprach. Da indessen die Versammlung die Erhebungen des Eates bezüglich der vorbeugenden und der repressiven Tätigkeit des Völkerbundes billigte, hielt f s die schweizerische Delegation für notwendig, im Laufe der Diskussion auf die besondere Stellung der Schweiz hinzaweisen, die ihr vom Völkerbunde zugestanden worden ist.

Was die Abrüstung betrifft, so hob der Sprecher der Delegation hervor, da&s die Schweiz nicht mehr tun könne, als was sie bereits tue. Er wies darauf hin, dass ihre Politik voll und ganz friedfertig und ihre Militärordnung
auf das Milizsystem gegründet sei und einen rein defensiven Charakter besitze und dass, wenn sämtliche Staaten eine gleiche Politik und eine ähnliche Militärordnung annehmen wollten, die Präge der Abrüstung nicht mehr weit von ihrer Lösung entfernt wäre. Die Untersuchungen des Eates über die Tragweite der von den Völkerbundsmitgliedem geinäss Artikel XVI der Satzung übernommenen Verpflichtungen hatte gezeigt, ' dass man gewissenorts darauf hinzielte, die Beschlüsse der zweiten Versammlung betreffend die Auslegung dieses Artikels wiederum in Präge zu stellen. Die Delegation hielt es für angezeigt, gleich von vornherein ausdrücklich Vorbehalte betreffend die Berechtigung solcher Bestrebungen zu machen.

J

) S. Beilage III, Ziff. 2.

) Die Versammlung nahm die bezügliche Resolution am 24. September an.

S. Beilage III, Ziff. 3.

2

684

Wie bereits gesagt wurde, sind die vom Bat angeschnittenen Fragen-' betreffend die telephonischen, telegraphischen und radiotelegraphischen Verbindungen sowie betreffend die Eisenbahn- und Luftverbindungen und die wirtschaftliche und finanzielle Hilfe im Falle eines Paktbruches noch nicht gelöst. Es wird Sache des Bundesrates nein, sie mit der grössten Aufmerksamkeit zu prüfen.

D. Finanzielle und verwaltungstechnische Fragen.

Die finanzielle Lage des Völkerbundes ist weiterhin gut, obschon der Voranschlag von Anfang an eine fast beständig steigende Linie darstellt. Im Jahre 1920 betrug er ungefähr 20 Millionen, während er jetzt 25 Millionen überschreitet. Die Ausgaben sind indessen nicht in einem Verhältnis angewachsen, das der Ausdehnung, die das Tätigkeitsgebiet des Völkerbundes genommen hat, entsprechen würde, was zeigt, dass die Kredite, dank einer strengen Kontrolle, zweckmässiger verwendet werden. Übrigens ist auch zu sagen, dass sich die finanzielle Last gegenwärtig auf eine grössere Anzahl von Mitgliedstaaten verteilt, so dass sich das auf den einzelnen entfallende Gewicht nicht wesentlick verändert hat. Das neue Ansteigen des Budgets für 1928 um etwas mehr als Fr. 800,000 gegenüber 1927 ist hauptsächlich der vorschriftsgemässen Erhöhung der Gehälter zuzuschreiben, sowie der Tatsache, dass einige neue Aufgaben dem Völkerbund übertragen worden sind. Die Eegelmässigkeit, mit der die Staaten ihre Beiträge entrichten, ist befriedigend: im Jahre 1924 gingen 91 % derselben ein, im Jahre 1925 93 % und im Jahre 1926 94 %. Das Finanzjahr schliesst gewöhnlich mit einem Saldo ab (im Jahre 1926 l Million 600,000 Franken).

Die Versammlung überwies auch dieses Jahr wie gewohnt sämtliche finanziellen und verwaltungstechnischen Fragen an ihre vierte Kommission (schweizerischer Delegierter: Herr Gaudard).

Die A b r e c h n u n g e n für das achte R e c h n u n g s j a h r (1926), die vom Völkerbundskomruissär für das Eechnungswesen geprüft worden waren, wurden endgültig genehmigt.

Das Budget für 1928 hatte, wie dies das Eeglement über die Finanzverwaltung des Völkerbundes vorschreibt, Gegenstand einer ersten Prüfung durch die Kontrollkommission gebildet. Sodann wurde es von der vierten Kommission unter die Lupe genommen. Die Ausgaben der Generalsekretariates, des internationalen Arbeitsamtes und des
ständigen internationalen Gerichtshofes wurden festgesetzt auf etwas mehr als 13%, bzw. auf ungefähr 8, bzw.

auf etwas mehr als 2 Millionen. Der' Gesamtbetrag des Budgets für 1928 ist 25,333,817 Goldfranken 1 ).

!) Jener für 1926 betrug 22,930,633 Goldfranken und jener für 1927 24,512,341 Goldfranken. Die Besolution der Versammlung betreffend die verifizierten Rechnungen und das Budget befindet sich in Beilage IV, Ziff. l.

685 Die siebente Versammlung hatte sich mit den rückständigen Beiträgen befasst, deren Betrag Ende 1926 9 Millionen Franken überstieg. Die Anzahl ^der Staaten, die ihre Beiträge verspätet leisten, beträgt ungefähr zehn. Immer·hin gingen im Jahre 1926 Fr. 1,965,000 ein und weitere Fr. 1,700,000 in der Zeit ·vom 1. Januar bis 81. August 1927; die Lage erscheint daher der achten Versammlung weniger beunruhigend; sie beauftragte das Generalsekretariat, alle Schritte zu unternehmen, die geeignet wären, das Eingehen der schuldigen Beträge zu veranlassen1).

Die achte Versammlung beschloss die Frage der endgültigen Festsetzung ·der Gehälter der Völkerbundsbeamten der neunten Session zu überweisen 2 ) > Auf Anraten der Kontrollkommission und der vierten Kommission setzte die Versammlung versuchsweise ein Verwaltungsgericht ein3). Dieses "Organ hat jene Streitigkeiten zu behandeln, welche die Verletzung der Arbeitsverträge der Beamten oder Bestimmungen, die deren Stellung regeln, zum Xjegenstande haben.

Zwei Punkte sind hier anlässlich der Behandlung der finanziellen und verwaltungstechnischen Fragen noch zu erwähnen, nämlich die E r r i c h t u n g der neuen Gebäulichkeiten für den Völkerbund und das Geschenk Herrn John D. Eockefellers zur Schaffung einer V ö l k e r b u n d s b i b l i o t h e k .

In Ausführung der Besolution der fünften Versammlung vom 25. September J924 war eine Konkurrenz für den Bau eines Völkerbundspalastes und eines neuen Sekretariates eröffnet worden, an dem sich die Architekten aller Mitgliedstaaten des Völkerbundes beteiligen konnten. Die mit der Prüfung der Ergebnisse dieser Konkurrenz beauftragte Jury gelangte zum Schlüsse, dass sie keinen der eingelangten Entwürfe zur Ausführung empfehlen könne. Indessen verlieh sie neun erste Preise sowie neun erste und neun zweite Ehrenmeldungen.

Auf den Vorschlag ihres Bureaus hin bestellte die achte Versammlung ein Komitee von fünf Mitgliedern, die Vertreter von Staaten waren, die keinen Angehörigen unter den mit einem Preise oder einer Ehrenmeldung bedachten Architekten hatten. Dieses Komitee sollte der Versammlung womöglich im Laufe der Session ein Gutachten abgeben über das Verfahren, das einzuschlagen wäre, *im dem Völkerbunde die Wahl eines Entwurfes möglich zu machen. Die Sache war jedoch derart verwickelt, dass das Komitee nicht
in der Lage war, seine Aufgabe vor Schluss der Versammlung auszuführen. Diese übertrug ihm nun die nötigen Vollmachten, damit es seinen Auftrag vor dem September 1928 ausführen könne. Das Komitee hat die neuen Entwürfe zu prüfen, die einen ersten Preis erhielten und jenen zu wählen, der --gegebenenfalls nach Vorrahme von Abänderungen, die sich eventuell als angezeigt erweisen sollten -- am besten den praktischen und ästhetischen Anforderungen entspricht. Der Beschluss x

) Besolution der Versammlung betreffend die rückständigen Beiträge : s. Beilage IV, Ziff. 2.

2

3

) S. Beilage IV, Ziff. 4.

) S.Beilage IV, Ziff. 5.

686 des Komitees wird dem Rate zur Genehmigung und der Versammlung zur Kenntnisnahme 211 unterbreiten sein Das Komitee kann technische Sachverständige zuziehen ; es wurde ausdrücklich vorgesehen, dass es sich besonders mit den eidgenössischen und kantonalen Behörden in Beziehung setzen soll1).

Die übrigen Fragen betreffend die Errichtung der Völkerbundsgebäulichkeiten sind geregelt. E^ sind in Sécheron drei Grundstücke gekauft worden, womit der Völkerbund einen Bauplatz ersten Banges hat. Ausserdem wurden die Baukredite, die auf 13 Millionen festgesetzt waren, von der achten Versammlung auf 191/2 Millionen erhöht 2 ).

Die Versammlung bestätigte die durch den Völkerbundsrat erfolgte Annahme eines Geschenkes von 2 Millionen Dollars, die Herr John D. Bockefeiler zur Gründung einer Völkerbundsbibliothek in Genf angeboten hatte. Dieses Geschenk ist geeignet, die Lösung der Gebäudefrage zu erleichtem und einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung Genfs als Mittelpunkt für internationale Studien auszuüben. Daher schloss sich der erste schweizerische Delegierte namens der Eidgenossenschaft und des Kantons Genf der Dankeskundgebung gegenüber dem Spender an, die in der Versammlung stattfand.

E. Soziale und humanitäre Fragen.

Die fünfte Kommission (schweizerischer Delegierter: Herr Burckhardt).

befasste sich mit der Tätigkeit, welche die konsultativen Organe des Völkerbundes auf dem Gebiete der sozialen und humanitären Fragen im Jahre 1926 und 1927 entfaltet hatten. Gestützt auf diese Prüfung unterbreitete sie der Versammlung sechs Vorschläge, die zum Gegenstande haben : die Betäubungsmittel, die Opiumerzeugung in Persien, den Kinderschutz, den Frauen- und ·Kinderschutz im Nahen O^ten sowie die armenischen und russischen Flüchtlinge.

Was die B e t ä u b u n g s m i t t e l betrifft, so genehmigte die Versammlung den Bericht der beratenden Kommission für den Opiumhandel über ihre neunte Session. Sie stimmte auch den Schlussfolgerungen dieser Ausführungen bei und empfahl sie der Aufmerksamkeit der Begierungen. Die Kommission hatte auf die Notwendigkeit hingewiesen, vor allem das Abkommen vom 19. Februar 1925 zu ratifizieren, eine strenge Kontrolle über die Quellen, die den verbotenen Handel speisen, sowie über die Ausfuhr der Drogen nach China mittels Postsendungen auszuüben und schliesslich ganz
besonders die Freihäfen und Freizonen zu überwachen 3).

1 ) Das Komitee trat am 7. November in Genf zusammen. Es hat in anerkennenswerter Weise" die schweizerischen Behörden ersucht, ihm ihre Meinung über die neun fraglichen Projekte bekanntzugeben. Es wurde ihm ein Bericht von zwei Experten von denen der eine von den eidgenossischen, und der andere von den genferischen -Behörden bestimmt worden war, am 23. desselben Monats zugestellt.

2 ) Die Resolution der Versammlung betreffend die Gebäudefrage ist,in Beilage TV, Ziff. 3, wiedergegeben.

3 ) Die Resolution der Versammlung ist in Beilage V, Ziff l, wiedergegeben.

68?

Der Bericht der Untersuchungskommission über die O p i u m e r z e u g u n g in Persien, deren Entsendung die sechste Versammlung beschlossen hatte, war zum Schlüsse gekommen, dass es für Persien möglich sei, den Mohnanbau durch Anwendung eines sorgfältig ausgearbeiteten Systems von Massnahmen zu beschränken. Die Versammlung nahm Kenntnis von diesem Berichte 1 ).

Desgleichen nahm sie Kenntnis von den Berichten der Kommissionen für F r a u e n - und K i n d e r h a n d e l 2 ) und für K i n d e r s c h u t z 3 ) .

Die siebente Versammlung hatte beschlossen, das Werk zum Schutze der Frauen und Kinder im Nahen O s t e n , an dem seit 1921 gearbeitet wird, nur mehr für ein weiteres Jahr fortzuführen. Nach der Ansicht der achten Versammlung kann die vom Völkerbund unternommene Aufgabe als beendigt betrachtet werden. Was noch auszuführen bleibt, soll von Wohltätigkeitsvereinigungen getan werden 4).

Bei der Frage der armenischen und russischen Flüchtlinge handelt es sich um zweierlei: genaue Umschreibung ihrer rechtlichen Stellung und Schaffung von Niederlassungsmöglichkeiten. Man hat versucht, durch internationale Übereinkünfte, an denen sich die Schweiz beteiligt, das Problem zu lösen, indem man vereinbarte, dass die Staaten den Flüchtlingen Papiere abgeben sollten, die ihnen als Ausweisschriften und Pässe dienen würden. Die Gebühren, die anlässlich der Abgabe dieser Papiere erhoben werden, sind dazu bestimmt, die Kosten der Verwaltung zu decken, und der Best wird verwendet zur Äufnung eines internationalen Fonds zugunsten der Flüchtlinge. Die Rechtslage der armenischen und russischen Auswanderer bleibt nichtsdestoweniger unsicher. Die Versammlung lud daher den Oberkommissär des Völkerbundefür das Flüchtlingswesen ein, die frühern Abkommen zu ergänzen durch Ausarbeitung eines Vertragsentwurfes über die Rechtslage der Emigranten. Was deren Ansiedlung betrifft, so musste die Lösung, die in der Heimschaffung der Armenier bestand, aufgegeben und durch ein Projekt ersetzt werden, das darauf hinzielt, sie in Syrien zu vereinigen. Es wurden auch Verhandlungen mit fünf latein-amerikanischen Staaten angeknüpft, die geneigt wären, Armenier und Bussen aufzunehmen. Die Transportkosten übersteigen jedoch wesentlich die Leistungsfähigkeit des internationalen Fonds, und die Lösung der finanziellen Frage bleibt
auch weiterhin sehr schwierig5).

F. Politische Fragen.

Eine wichtige und heikle Frage, über die sich die sechste Kommission (die Schweiz war in ihr neuerdings durch Herrn Gaudard vertreten) jeweilen 1) S. Beilage V, Ziff. 2.

2 ) S. Beilage V, Ziff. 3a.

3 ) S.Beilage V, Ziff. 3b.

«) S. Beilage V, Ziff. 4.

5 ) Die Resolution der Versammlung betreffend die Flüchtlinge befindet sichin Beilage V, Ziff. 5.

688 ·anlasslich der frühem Versammlungen auszusprechen hatte, war die der Gesuche um Aufnahme in den Völkerbund. Da sich dieses Jahr kein neuer Staat am den Eintritt bewarb, war die Tagesordnung der Kommission weniger beladen als gewöhnlich. Vier Fragen waren ihr von der Versammlung zugewiesen worden: die Mandate, das Sklavereiabkommen, die Konferenz der Pressesachverständigen und die Anwendung des Proporzes bei der Wahl der nichtständigen Eatsmitglieder.

Pie Frage der M a n d a t e wird nicht von Amts wegen auf die Traktandenliste der Versammlung gesetzt ; dagegen ist es üblich, dass eine Delegation vorschlägt, die sechste Kommission solle das bezügliche Kapitel, das stets im Berichte des Eates enthalten ist, prüfen. Das war auch dieses Jahr der Fall. Die Versammlung hatte somit die Tätigkeit der Mandatmächte, der Mandatkommission und des Eates zu beurteilen; sie widmete dabei ihre besondere Aufmerksamkeit der Einfuhr von Spirituosen in gewisse Mandatgebiete1).

Der Bundesrat hat in seinem Bericht über die siebente Versammlung angegeben, welches seine Haltung gegenüber dem S k l a v e r e i a b k o m m e n sei 2 ).

Bis heute ist nun nichts eingetreten, was ein Abgehen von diesem Standpunkte rechtfertigen wurde. Die Versammlung nahm Kenntnis von den wenigen Unter-zeichnungen und Eatifikationen, die seit der letzten Session erfolgt waren, und gab der Hoffnung Ausdruck, die Zahl der Eatifikationen werde sich rasch erhöhen 3).

Die sechste Versammlung hatte den Eat eingeladen 4), zu prüfen, ob es -nicht angezeigt wäre, dass der Völkerbund zur Begelung gewisser Probleme b e t r e f f e n d das Pressewesen beitrage. Die Befragung der beteiligten -Kreise nahm einige Zeit in Anspruch. Es war jedoch den zuständigen Stellen -möglich, ein Programm von Massnahmen auszuarbeiten, welche die verschiedenen Seiten des Journalisten beruf es betreffen. Dieser Plan wurde einer Konferenz von Sachverständigen unterbreitet, die Ende August in Genf tagte. Amtliche Presse bure aus, Presseagenturen, Zeitungsherausgeber und Journalisten trafen -sich bei dieser Gelegenheit. Ihre Wünsche wurden der Versammlung zur Kenntnis gebracht, die sich damit einverstanden erklarte, dass der Eat die zuständigen Organe mit dem Studium einiger der aufgeworfenen Punkte beauftrage und die Aufmerksamkeit der Eegierungen auf jene hinlenke,
deren Lösung von den Staaten abhängt 5).

Auf Antrag der norwegischen Delegation hatte die siebente Versammlung den Eat ersucht, zuhanden der Session von 1927 eine Prüfung der Frage zu veranlassen, ob es möglich wäre, den Grundsatz des Proporzes bei den Wahlen der nicht ständigen Eatsmitglieder zur Anwendung zu bringen. Die norwegische !)

z ) 3 ) *) *)

S. Beilage S. 26 ff.

S.Beilage S.Bericht S.Beilage

IV, Ziff. l.

IV, Ziff. 2.

des Bundesrates vom 23. Dezember 1925, S. 12.

IV, Ziff. 8.

689 Delegation fügte bei, dass nur ein System, das einen einzigen Wahlgang, sowie Stimmübertragung vorsehe, die Durchführung des Proporzes gestatte. Die norwegische Eegierung hat ihre Ansicht über diese Frage in Eingaben entwickelt, die jede weitere Prüfung durch den Bat überflüssig machten. Wie bereits festgestellt wurde, hatte der Bundesrat der schweizerischen Delegation die Weisung gegeben, sich dem norwegischen Vorschlage betreffend das genannte Wahlverfahren nicht anzuschliessen. Dieser Standpunkt, auf den sich bereits auch der Bat gestellt hatte, drang in der sechsten Kommission durch, und auch die Versammlung trat ihm bei1).

Schlussîolgerungen.

Der vorliegende Bericht bestätigt im grossen und ganzen das Urteil, das der Bundesrat bereits über die siebente Versammlung abgegeben hatte. Sowenig wie letztes Jahr war die diesjährige Session durch aufsehenerregende Ereignisse gekennzeichnet. Sie wickelte sich vielmehr in einer ruhigen Atmosphäre der Arbeit ab, wie sie eigentlich die Versammlung ständig umgeben sollte.

Zwei Bemerkungen allgemeiner Art dürften hier am Platze sein. Gewisse ständige oder beratende Organe des Völkerbundes haben das übrigens recht natürliche Bestreben, die sich stellenden Probleme rasch zu lösen. Die Begierungen, die sich der Wirklichkeit gegenübergestellt sehen, haben oft Mühe, ihrerseits eine derart beschleunigte Gangart einzuschlagen. Der Stand der Batifikationen der unter den Auspizien des Völkerbundes abgeschlossenen Konventionen zeigt dies deutlicn. Es wäre nicht von Gutem, wenn sich die Ansicht herausbilden sollte, die Genfer Abkommen entsprechen keiner wirklichen Notwendigkeit, oder sie tragen den gegenwärtigen Umständen nicht genügend Bechnung oder endlich, ihre Anwendung könne auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Die Begierungen müssen die Energie aufbringen, den Völkerbundsorganen zu folgen, wenn sie nach einer Vermehrung und Verbesserung der internationalen Beziehungen streben ; jene aber müssen ihrerseits alles wohl abwägen und praktischen Sinn bekunden.

Und folgendes ist die zweite Bemerkung : von Anfang an wurden Probleme aller Art in Angriff fenommen. Sie betreffen die verschiedensten Gebiete.

Es scheint nun, die achte Versammlung habe in dieser Hinsicht die Erfahrung machen müssen, dass zwar sehr greifbare Fortschritte erzielt wurden und auch
weiterhin in gewissen Punkten erzielt werden können, dass es aber wahrscheinlich mehr Zeit und Anstrengungen braucht, als man sich ursprunglich vorstellte, um dasselbe auf andern Gebieten zu erreichen. Man kann sich der Überraschung nicht erwehren, wenn man z. B. die auf dem Gebiete der Volkswirtschaft oder des Finanz- und des Transportwesens erzielten Ergebnisse in Betracht zieht. Der Völkerbund besitzt hier grosse Wirkungsmöglichkeiten. Dagegen sind die Änderungen gewisser politischer Auffassungen und diplomatischer !) S. Beilage VI, Ziff. 4.

Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. II.

54

690 Methoden, die Schaffung eines wirklichen Geistes der Solidarität und gegenseitigen Vertrauens, die Verbreitung der Anschauung, dass das Vergleichsverfahren oder die Schiedsgerichtsbarkeit die normalen Mittel seien, um Streitigkeiten zu regeln, oder selbst die blosse Beschränkung der Rüstungen Aufgaben, deren Durchführung, sobald man sie in Angriff nimmt, sich als schwer und langwierigerweist.

Der Hauptzweck des Völkerbundes besteht in der Sicherung des Friedens. Die Abrüstung ist eines der Mittel, das die Satzung zu diesem Zwecke dem Völkerbünde zm' Verfügung stellt. Die Vorbereitung der Abrüstung darf somit nicht vernachlässigt werden. Den in Genf ausgearbeiteten Abkommensentwürfen sowie den daselbst angenommenen Resolutionen kommt zweifellos ihre Bedeutung zu. Aber diese Entwürfe und Resolutionen können nur dann ihre Wirkung voll und ganz entfalten, wenn gewisse moralische, dem Frieden günstige Vorbedingungen vorhanden sind. Die Fjrfüllung dieser Bedingungen und die Schaffung der erforderlichen geistigen Verfassung ist eine lange Aufgabe, ja man kann sagen : eine Arbeit von Generationen.

Diese Feststellung soll indessen niemanden entmutigen. Die achte Versammlung hat in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel gegeben. Das verwirklichen, was gegenwärtig durchführbar ist, die Entfernung richtig einschätzen, die uns noch von gewissen wesentlichen Zielen trennt, ohne sich dabei irgendwelchen Täuschungen hinzugeben, und diesen Zielen unentwegt zustreben, das ist zweifellos die beste Methode.

Indem wir Ihnen beantragen, von vorstehenden Ausführungen Kenntnis nehmen zu wollen, benützen wir den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 19. Dezember 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler :

Kaesliu.

691

Beilage I.

1. Kodifikation des internationalen Rechts.

Die Versammlung, nachdem sie von den Drucksachen, die der Völkerbundsrat ihr auf Grund seines Beschlusses vom 13. Juni 1927 überwiesen hat, sowie von dem Berichte der ersten Kommission über die Frage, wie die Arbeiten des Sachverständigenkomitees für die fortschreitende Kodifikation des internationalen Eechts fortzuführen seien, Kenntnis genommen hat.

erwägend, dass es für den Fortschritt der Gerechtigkeit und die Erhaltung des Friedens von Bedeutung ist, das internationale Hecht genau festzulegen, zu verbessern und auszubauen, in der Überzeugung, dass es Pflicht des Völkerbundes ist, zu diesem Zwecke mit allen Kräften an der fortschreitenden Kodifikation des internationalen Rechts mitzuwirken, stellt fest, dass die Arbeiten des Sachverständigenkomitees, dessen Tätigkeit sie aufrichtig würdigt, die methodische Vorbereitung einer ersten Kodifikationskonfcrenz gestatten, deren Zusammentritt schon jetzt für 1929 in Aussicht genommen werden kann.

und beschliesst: 1. folgende Fragen einer ersten Konferenz zur Prüfung vorzulegen: a-. Staatsangehörigkeit, 6. Küstengewässer, o. Verantwortlichkeit der Staaten für Schäden, die Ausländern oder ihrem Vermögen auf ihrem Gebiet zugefügt worden sind ; 2. den Bat einzuladen, das Generalsekretariat damit zu beauftragen, die Frage des Verfahrens bei internationalen Konferenzen sowie des Verfahrens bei Abschluss und der Abfassung von Verträgen durch seine Dienststellen untersuchen zu lassen, und zwar auf den im Berichte der ersten Kommission angegebenen Grundlagen ; 3. das Wirtschaftskomitee des Völkerbundes zu beauftragen, gemeinsam mit dem Zentralausschuss der internationalen Meeresforschung in Kopenhagen und mit jeder anderen Organisation, die an diesem Gegenstande besonders interessiert ist, zu untersuchen, ob und unter welchen Bedingungen, für welche Arten und in welchen Gewässern ein internationaler Schutz der Meeresfauna erreicht werden könnte ; das Komitee soll dem Bat einen Bericht einreichen.

der die Ergebnisse dieser Untersuchung enthalten und angeben soll, ob es angebracht ist, eine Fachkonferenz zu diesem Zweck alsbald einzuberufen; 4. den Bat zu bitten, sich mit der Niederländischen Begierung wegen der Wahl der Stadt Haag als Versammlungsort für die erste Kodifikationskonferenz ins Einvernehmen zu setzen und zu ihrer Einberufung zu schreiten, sobald die Vorarbeiten genügend fortgeschritten sind;

692 5. den Bat damit zu betrauen, sobald wie möglich ein vorbereitendes Komitee von 5 Personen zu ernennen, die ausgedehnte Kenntnisse betreffend die internationale Praxis, die als Präzedenzfälle anzusehenden gerichtlichen Entscheidungen und das wissenschaftliche Material hinsichtlich der Fragen besitzen, die zum Programm der ersten Kodifikationskonferenz gehören, und dasselbe zu beauftragen, über jede dieser Fragen einen Bericht nach Massgabe der Einzelvorschlage des Berichts der ersten Kommission auszuarbeiten unter Angabe genügend ins einzelne gehender Grundlagen für die Beratung; 6. dem Piate zu empfehlen, den Einladungen den Entwurf zu einer Geschäftsordnung für die Konferenz beizufügen unter Angabe einer gewissen Anzahl allgemeiner Kegeln für ihre Beratungen, insbesondere: a. über die Möglichkeit, dass an der Konferenz teilnehmende Staaten gegebenenfalls die mit Mehrheitsbeschluss angenommenen Begeln untereinander anwenden, b. über die Möglichkeit, bei dazu geeigneten Gegenständen eine ziemlich allgemeine Vereinbarung und in ihrem Rahmen beschränktere Vereinbarungen auszuarbeiten, c. über die Ausarbeitung eines Systems für die spätere Bevision der abgeschlossenen Abkommen und d. über den Geist der Kodifikation, die sich nicht auf die blosse Feststellung der bestehenden Begeln beschränken, sondern auf eine möglichste 'Anpassung derselben an die gegenwärtigen Bedingungen des Völkerlebens hinzielen soll; 7. das Sachverständigenkomitee zu ersuchen, auf seiner nächsten Tagung die von ihm begonneneu Arbeiten abzuschliessen.

(Besolution und Empfehlung vom 27. September 1927.)

2. Vorschlag der Delegation von Paraguay betreffend Ausarbeitung eines allgemeinen, umfassenden Planes für die Kodifikation des internationalen Rechts.

Die Versammlung hat von dem Berichte der ersten Kommission über den Antrag der Delegation von Paraguay, einen allgemeinen, umfassenden Plan für die Kodifikation des internationalen Bechts auszuarbeiten, Kenntnis genommen; sie wünscht, ihre Anteilnahme an dem Geiste zu bekunden, der aus dem Antrag der Delegation von Paraguay spricht; bittet den Bat, das Sachverständigenkomitee aufzufordern, bei seiner nächsten Tagung zu prüfen, unter welchen Bedingungen die im Antrage gewünschte Arbeit unternommen werden könnte, und behält sich vor, darüber zu beschliessen, welche Folge dem Antrag nach Kenntnisnahme der Anregungen des Sachverständigenkomitees und der Ansicht des Bats gegeben werden kann.

(Besolution vom 27. September 1927.)

693 3. Beitritt zu internationalen Verträgen unter Vorbehalt der Ratifikation.

Der Beitritt zu internationalen Verträgen unter Vorbehalt späterer Ratifikation ist ein zulässiges Verfahren über das sich der Völkerbund weder in abratendem noch in befürwortendem Sinne aussprechen möchte.

Erklärt jedoch ein Staat seinen Beitritt, ohne sich die Eatifikation ausdrücklich vorzubehalten, so wird er als endgültig gebunden angesehen. Will er diese Folge vermeiden, so muss er im Augenblicke des Beitritts ausdrücklich erklären, dass sein Beitritt unter Vorbehalt der Eatifikation erfolgt.

(Eesolution vom 23. September 1927.)

Beilage II.

1. Die Tätigkeit der Hygieneorganisation.

Die Versammlung nimmt Kenntnis von dem Bericht über die Arbeiten der Hygieneorganisation des Völkerbundes im Jahre 1926 und spricht ihre Befriedigung über die stetigen Portschritte ihrer internationalen Tätigkeit aus; sie stellt mit Befriedigung die wachsende Tätigkeit und den zunehmenden Nutzen des Epidemiologischen Nachrichtenbureaus in Singapur fest, was zum grossen Teil der engen Zusammenarbeit aller Verwaltungszweige des Orients, in deren Interesse das Bureau eingerichtet wurde, zu verdanken ist; sie nimmt mit Befriedigung Kenntnis von dem zwischen dem Völkerbund und dem ständigen Komitee des Internationalen Gesundheitsamtes abgeschlossenen Abkommen, in dem das Bureau in Singapur beauftragt wird, im Namen de s Amtes, gewisse Aufgaben zu übernehmen, die diesem auf Grund des Pariser Sanitätsabkommens vom Jahre 1926 obliegen; sie verzeichnet ebenfalls mit Befriedigung das neue Abkommen, das kürzlich zum Zwecke der Vertiefung der Zusammenarbeit auf anderen Gebieten zwischen der Hygieneorganisation und dem Internationalen Gesundhaitsamt abgeschlossen worden ist ; sie spricht ihre höchste Anerkennung für die Arbeiten der beiden Ausschüsse zur Bekämpfung der Malaria und der Schlafkrankheit aus, sowie für die Tätigkeit der Internationalen Konferenz zur Bekämpfung der Tollwut, ferner für die bereits erzielten Erfolge der zurzeit im Gange befindlichen Erhebungen über die Kindersterblichkeit und die Krankenversicherung.

Ausserdem nimmt die Versammlung Kenntnis von den Empfehlungen der Internationalen Gesundheitskonferenz für die Gebiete des Stillen Ozeans, die im Dezember 1926 in Melbourne stattfand und sich mit den Arbeiten befasste, die von der Hygieneorganisation zur Erforschung der Gesundheitsprobleme in jenen Gegenden unternommen werden könnten, und spricht die Hoffnung aus, dass die in dieser Sichtung liegenden Möglichkeiten vom Hygienekomitee in kürzester Frist einer gründlichen Prüfung unterzogen werden mögen.

694

Die Versammlung billigt uneingeschränkt die Arbeiten des Komitees und drückt ihre Bewunderung für die Dienste aus, die das Hygienekomitee und seine Sachverständigenausschüsse der öffentlichen internationalen Gesundheitspflege geleistet haben.

(Eesolutionen vom 20. September 1927.)

2. Die Ergebnisse der Mission des Präsidenten des Hygienekomitees in einigen latein-amerikanischen Ländern.

Die Versammlung 1. nimmt Kenntnis von dem Berichte des Vorsitzenden des Hygienekomitees über die Möglichkeiten des technischen Zusammenarbeitens mit den Sanitäts- und Medizinalbehörden der latein-amerikanischen Länder, sowie von dem Bericht über die Arbeiten der Sachverständigenkonferenz in Montevideo über Säuglingsschutz; 2. stellt mit Befriedigung fest, dass die Tätigkeit der Hygieneorganisation des Völkerbundes sich auf mehrere latein-amerikanische Länder erstreckt hat und dass die Mission des Hygienekomitees ein fruchtbares Zusammenarbeiten zur Folge haben wird; 3. freut sich über die von den Sanitätsverwaltungen und den Sachverständigen Argentiniens, Brasiliens und Uruguays gemachten praktischen Vorschläge für eine dauernde Zusammenarbeit; 4. ist der Ansicht, dass die Verwirklichung dieser Pläne zur Entstehung fester Bande zwischen den Hygienearbeiten des Völkerbundes und der Tätigkeit der Sanitätsverwaltungen dieser Länder führen und eine gute Methode für die Weiterentwicklung der Tätigkeit der technischen Organisationen des Völkerbundes in Latein-Amerika darstellen würde: 5. ersucht den Rat, nach Einholung des Gutachtens des Hygienekomitees über diese verschiedenen Pläne der Zusammenarbeit mit den latein-amerikanischen Ländern, ihre praktische Durchführung zu erwägen.

(Resolution vom 20. September 1927.)

3. Ergebnisse der dritten allgemeinen Konferenz für Verkehrswege und Transit.

Die Versammlung drückt der beratenden technischen Kommission für Verkehrswege und Transit ihre Befriedigung über die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit aus ; ist erfreut, dass die dritte allgemeine Konferenz für Verkehrswege und Transit in allen Punkten ihrer Tagesordnung günstige Ergebnisse erzielt und dazu beigetragen hat, die Beziehungen zwischen der Organisation für Verkehrswege und Transit und den Staaten, die nicht Mitglieder des Völkerbundes sind, enger zu knüpfen;

695 ersucht die beratende technische Kommission, die Untersuchung der Fragen rasch in Angriff zu nehmen, die im Laufe der Verhandlungen der Konferenz über die Arbeit der Kommission aufgeworfen worden sind; genehmigt die Bestimmungen des neuen Statuts der Organisation für Verkehrswege und Transit, für deren Inkrafttreten die Genehmigung der Versammlung erforderlich ist (Artikel 13, § l, Absatz l und 2); legt besonderen Wert auf die Sammlung und Ausnutzung der Mitteilungen über die Verkehrsverhältnisse und bittet daher die Mitglieder des Völkerbundes, entsprechend den von der Konferenz angenommenen Beschlüssen, die Sammlung der von der Organisation für Verkehrswege und Transit benötigten Mitteilungen erleichtern zu wollen und erwartet, dass die beratende technische Kommission, wenn sie mit der Zusammenstellung und Ausnutzung dieser Mitteilungen beginnen wird, nicht verfehlen wird, die Zusammenarbeit der Organisation mit den Sachverständigen und den Verwaltungen der verschiedenen Länder, insbesondere der aussereuropäischen Länder, sowohl derer, die Mitglieder des Völkerbundes sind, wie derer, die es nicht sind, fortwährend zu bessern; ersucht die Mitglieder des Völkerbundes, die von der Konferenz angenommenen Empfehlungen hinsichtlich der Ausweispapiere für Staatenlose in wohlwollende Erwägung zu ziehen.

(Besolution vom 26. September 1927.)

4. Tätigkeit des Wirtschaftskomitees.

Die Versammlung 1. spricht von neuem ihre Überzeugung aus, dass der Abschluss eines internationalen Abkommens über die Aufhebungen der Ein- und Ausfuhrverbote und Ein- und Ausfuhrbeschränkungen die Wiederherstellung und künftige Entwicklung des Welthandels erheblich erleichtern würde und lädt alle Begierungen ein, gehörig beglaubigte Vertreter zu der Konferenz zu entsenden, die am 17. Oktober 1927 in Genf zusammentreten wird; sie drückt die aufrichtige Erwartung aus, dass keine Mühe gespart werden wird, um die Aufgaben der Konferenz zu einem günstigen Ende zu führen; 2. stellt mit Befriedigung fest, dass der Bat bereits Massnahmen zum Beginne der Vorarbeiten getroffen hat zur Durchführung gewisser dringender Eesolutionen .der Weltwirtschaftskonferenz, insbesondere der Besolution über die Zolltarife und Handelsverträge, die Vereinheitlichung der Zollnomenklatur, sowie die Behandlung der Ausländer und der ausländischen
Unternehmungen, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit im Gebiete eines fremden Landes ordnungsmässig zugelassen sind; 3. nimmt Kenntnis von den im letzten Jahre eingetragenen Batifizierungen des internationalen Abkommens über die Vereinfachung der ZollförmhchIveiten, sowie des Protokolls von 1923 über die Schiedsklauseln und drückt

696 die Hoffnung aus, dass diejenigen Staaten, die'diesen beiden internationalen Vereinbarungen noch nicht beitreten konnten, alsbald beitreten werden; 4. stellt mit Befriedigung fest, dass für die nahe Zukunft die Einberufung einer Konferenz zwecks einheitlicher Gestaltung der Wirtschaftsstatistiken ins Auge gefasst ist; 5. freut sich, dass die Empfehlung zur Veröffentichung eines «Statistischen Jahrbuchs» durch die Wirtschafts- und Finanzabteilung des Sekretariats bereits Früchte getragen hat und empfiehlt dringend, dies wichtige Werk zu einer der jährlichen Veröffentlichungen des Völkerbundes zu machen; 6. stellt mit Befriedigung die Fortschritte fest, die das Wirtschaftskornitea in der Untersuchung der Fragen betreffend die falschen Zollerklärungen, die fortschreitende Ausgleichung der Wechsel -und Checkgesetzgebung, sowieüber die Wirtschaftsbarometer erzielt hat und hofft, dass keine Mühe gespart werden wird, um diese Arbeiten zu einem gedeihlichen Ende zu führen; 7. hat mit Befriedigung Kenntnis genommen von den Fortschritten in den Untersuchungen der Wirtschaftsabteilung über die direkten und indirekten Mittel, die in den verschiedenen Ländern dem ausländischen Käufer zar Verfügung stehen, um sich über die Qualität der Waren zu vergewissern, die er in dem betreffenden Lande erwirbt.

Sie drückt den Wunsch aus, dass diese Untersuchungen auf der Grundlage derjenigen Methode fortgesetzt werden, die in der vorläufigen Druckschrift festgelegt ist, die der zweiten Kommission zugestellt wurde, und dass die Eegierungen das Sekretariat darin unterstützen, dass in naher Zeit eine weitere, möglichst vollständige Veröffentlichung stattfinden kann.

(Eesolutionen und Empfehlung vom 20. Septemder 1927.)

5. Ergebnisse der Weltwirtschaftskonferenz. Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes.

I.

Wellwirtschaftskonferenz.

Die Versammlung nimmt Kenntnis von dem Berichte der Weltwirtschaftskonferenz, die gemäss der von der Versammlung in ihrer sechsten ordentlichen Tagung gegebenen Anregung im Mai d. J. abgehalten worden ist; beglückwünscht aufrichtig den Vorsitzenden und die durch die Eegierungen von 50 Ländern ernannten Mitglieder der Konferenz, die in so verschiedener Eigenschaft und als Vertreter aller Schattierungen der sachverständigen öffentlichen Meinung anwesend waren und sich auf Empfehlungen geeinigt
haben, die bestimmt und zugleich weitragend sind und deren Annahme eine fühlbare Besserung der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik der Welt mit sich bringen muss ; verzeichnet mit Befriedigung die Erklärungen, durch die zahlreiche Eegierungen die Grundsätze der Konferenz bereits angenommen und die Ab-

697

sieht ausgesprochen haben, an der Durchführung dieser Grundsätze mitzuarbeiten, während Erklärungen im ablehnenden Sinne nicht abgegeben worden sind ; ist infolgedessen der Ansicht, dass nach hinreichender Aufklärung der öffentlichen Meinung aller Länder auf allgemeine Zustimmung zu rechnen ist; spricht daher den vom Eate bereits im Juni 1927 geässerten Wunsch aus, dass alle Regierungen die Empfehlungen der Konferenz günstig aufnehmen möchten und hofft, dass die Regierungen, die ihre Unterstützung noch nicht zugesagt haben, sich bald dazu in der Lage sehen werden; lädt die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes ein, sobald als möglich eine Zusammenstellung der Antworten der verschiedenen Regierungen in bezug auf ihre Einstellung zu den Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz zu geben und mitzuteilen, in welcher Weise die verschiedenen Regierungen den Empfehlungen der Wirtschaftskonferenz nachgekommen sind oder nachkommen werden; hofft, dass die Wirtschaftspolitik aller Länder künftig im Sinne der Konferenzgrundsätze geleitet werden wird und spricht den Wunsch aus, dass die Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes diese Empfehlungen ihren Arbeiten zugrundelegen möge: hofft insbesondere, dass die Empfehlungen der Konferenz betreffend Tarife und Handelspolitik durchgeführt werden -- und zwar nicht nur durch Massnahmen innerhalb der einzelnen Länder, und durch zweiseitige Abkommen, sondern, wo irgend möglich auch durch Kollektivabkommen, die angenommen wurden auf internationalen Konferenzen beglaubigter Vertreter --, um unter den Handelsnationen der Welt und besonders Europas allmählich gemeinsame politische Grundsätze herauszuarbeiten, die für alle vorteilhaft und den Zufälligkeiten der nur zweiseitigen Abkommen entrückt sind. Es sind jedoch die besonderen Verhältnisse des Augenblicks und die Notwendigkeit zu berücksichtigen, diese Politik allmählich und ohne Erschütterungen durchzuführen ; erwartet, dass der Völkerbundsrat und die Wirtschaftsorganisation unermüdlich bestrebt sein werden, diese dringende Aufgabe zu erfüllen und hofft, dass die Regierungen dem Werk ihre aufrichtige Unterstützung und ihre tätige Mitarbeit angedeihen lassen werden.

II. Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes.

In der Erwägung, dass sich ausser der bisher geleisteten wirtschaftlichen Arbeit des Völkerbundes ein
bedeutendes, grosses Arbeitsprogramm aus den Empfehlungen der Wirtschaftskonferenz ergeben muss, in der Erwägung femer, dass es wesentlich ist, dass die verschiedenen Interessentenkreise und die verschiedenen Organisationen, die an der Vor-

698 bereitung der Konferenz mitgearbeitet haben, den Arbeiten zur Durchführung dieser Konferenzempfehlungen weiterhin ihre Unterstützung zuteil werden lassen und ihre Gutachten dazu abgeben, und in der Erwägung, dass die Konferenz folgende Entschliessung angenommen hat: «Die Konferenz legt vor allem Wert darauf, ihre hohe Würdigung der Leistung des Wirtschaftskomitees und des Völkerbundssekretariats zum Ausdruck zu bringen; sie ist der Ansicht, dass der Erfolg ihrer Arbeiten von der Durchführung der von ihr angenommenen Grundsätze abhängt; was die Weiterverfolgung ihrer Empfehlungen betrifft, so kann die Konferenz, ohne eine bestimmte Organisation anregen zu wollen, nichts besseres tun als den Bat auf die wohlausgeglichene Zusammensetzung des vorbereitenden Komitees hinzuweisen, die bereits bei der Vorbereitung der Konferenz ausgezeichnete Ergebnisse gezeitigt hat);.

ist die Versammlung der Ansicht: a. dass das Wirtschaftskomitee weiterhin wie bisher das Organ sein soll, durch das der Eat wirtschaftliche Dinge bearbeitet, und dass es nach den Vorschriften bestellt sein soll, die der Eat zur Sicherung guter Arbeitsleistung für angemessen hält, so dass es sich möglichst gut seiner Hauptaufgabe anpasst, die, wenigstens in der nahen Zukunft, auf dem Gebiete der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Staaten und ihrer Wirtschaftspolitik liegen wird, soweit diese Politik einen internationalen Charakter trägt. Es soll höchstens aus fünfzehn Mitgliedern bestehen; b. dass das Wirtschaftskomitee befugt sein soll, zum Zwecke vorbereitender Arbeiten zeitweilige Sachverständigen-Unterkommissionen zu ernennen und Korrespondenten für die Wirtschaftsfragen in den im Komitee nicht vertretenen Landern zu bestellen, vorbehaltlich der Genehmigung des Eates und nach Befragung der betreffenden Staaten; c. dass der Eat für die Bildung eines «beratenden Komitees» sorgen soll, das die Aufgabe hätte, die Durchführung der Empfehlungen der Wirtschaftskonferenz zu verfolgen.

Es könnte, wie seinerzeit das vorbereitende Komitee aus etwa fünfunddreissig Mitgliedern bestehen, und die Gleichgewichtsverhaltnisse, die in diesem Komitee zwischen den verschiedenen Elementen bestanden haben, sollen soweit als möglich beibehalten werden.

Es würden ihm demnach insbesondere Personen angehören, die auf dem Gebiete der Industrie, des Handels,
der Landwirtschaft, der Finanzen, des Transportwesens, der Arbeiterfrage und der auf den Verbrauch bezüglichen Eragen sachverständig sind.

Das Internationale Arbeitsamt soll aufgefordert werden, drei Arbeitermitglieder für dieses Komitee vorzuschlagen.

699 Der Eat wird ohne Zweifel dem Komitee auch die Mitarbeit des Internationalen Landwirtschaftsinstituts und der Internationalen Handelskammer biehern wollen.

Fünf vom Wirtschaftkomitee bezeichnete Mitglieder sollen mit den gleichen Eechten wie die übrigen Mitglieder an den Arbeiten des beratenden Komitees teilnehmen.

Das beratende Komitee soll dem Völkerbundsrat unmittelbar Bericht erstatten. Zugleich soll es dem Wirtschaftskomitee und den anderen beteiligten Fachorganen Abschrift übersenden.

(Eesolutionen und Wünsche vom 24. September 1927.)

6. Auflegung eines Protokolls über die Aasführung von im Ausland ergangenen Schiedssprüchen.

Die Versammlung, in der Erwägung, dass die Weltwirtschaftskonferenz dem Wirtschaftskomitee empfohlen hat, es möge versuchen, in allen Ländern eine häufigere Anrufung der HaiTdelsschiedsgerichtsbarkeit zu erzielen; in der Erwägung, dass die genannte Konferenz in Verfolg dieser Empfehlung der Ansicht Ausdruck gegeben hat. dass die günstigen Wirkungen des Protokolls vom 24. September 1923 über die Anerkennung der Bechtsgültigkeit der Schiedsgerichtsklauseln in Privatverträgen und besonders in Handelsverträgen sich nicht voll auswirken könne, solange keine Bestimmungen getroffen seien, um die Durchführung der Schiedssprüche zu sichern; und dass infolgedessen die Wirtschaftskonferenz dem Völkerbundsrat empfohlen hat, alle zweckdienlichen Massnahmen zu treffen, um allen Staaten möglichst bald einen gemeinsamen Text zur Unterzeichnung vorzulegen, der die Durchführung der Schiedssprüche in Handelsfragen sichert; in der Erkenntnis, dass die Handelskreise der Eegelung dieser Frage grosse Bedeutung beimessen: angesichts des günstigen Berichtes, den die zweite Kommission nach Prüfung der verschiedenen in Verfolg der Mitteilung eines ersten Entwurfes an die Mitglieder des Völkerbundes vorgebrachten Bemerkungen und der verschiedenen Abänderungsanträge der Versammlung erstattet hat; beschliesst, anliegendes Abkommen unverzüglich für alle Mitglied- und Mchtmitgliedstaaten des Völkerbundes, die bereits das oben erwähnte Protokoll von 1923 unterzeichnet haben, zur Unterschrift aufzulegen und lädt den Eat ein, sämtliche Massnahmen zu treffen, die er für angebracht hält, um alle Mitglieder des Völkerbundes sowie die Nichtmitgliedstaaten auf den Wert des vorerwähnten Protokolls und
des vorerwähnten Abkommens, sowie auf die Bedingungen aufmerksam zu machen, unter denen sie sich an diesen Vereinbarungen beteiligen können.

(Eesolution vom 26. September 1927.)

700

7. Tätigkeit des Finanzkomitees.

Die Versammlung nimmt Kenntnis von den Arbeiten des Finanzkomitees und spricht ihre hohe Befriedigung über sein hervorragend nützliches Werk aus.

(Eesolution vom 22. September 1927.)

8. Ansiedlung der griechischen Flüchtlinge und Plan der finanziellen Wiederherstellung.

Die Versammlung hat mit lebhaftem Interesse das glückliche Ergebnis der Verhandlungen erfahren, die stattgefunden haben wegen Auflegung einer Anleihe unter den Auspizien des Völkerbundes zu dem Zwecke, die hellenische Regierung in den Stand zu setzen, Massregeln zur Eeorganisation ihrer Finanzen und ihrer Währung zu ergreifen, sowie mit der Ansiedlung der Flüchtlinge fortzufahren ; begrüsst insbesondere den für die Errichtung einer neuen Notenbank und für die Stabilisierung der griechischen Währung ausgearbeiteten Plan; spricht allen denen, die an diesen Arbeiten teilgenommen haben, insbesondere der hellenischen Eegierung und dem Finanzkomitee seine volle Anerkennung aus; billigt ferner die bei der Ansiedlung der Flüchtlinge entwickelte Tätigkeit und spricht die Hoffnung aus, dass sie binnen kurzer Frist zum Abschluss gelangen möge; spricht schliesslich den Wunsch aus, dass der Gesamtheit der Pläne ein voller und ganzer Erfolg beschieden sei.

(Kesolution vom 22. September 1927.)

9. Ansiedlung der bulgarischen Flüchtlinge.

Die Versammlung 1. begrüsst die Erfolge der Anleihe für die bulgarischen Flüchtlinge, durch welche die erforderlichen Mittel zur Ausführung des vom Eate genehmigten Planes aufgebracht werden sollen ; 2. nimmt Kenntnis von den schon erzielten Fortsehritten betreffend die Ländereien und Häuser, die den Flüchtlingen zugewiesen werden sollen; 3. drückt die Hoffnung aus, dass es möglich sein wird, im Laufe des nächsten Jahres die durchaus befriedigende Entwicklung des Siedlungswerkes festzustellen ; 4. drückt besonders der bulgarischen Eegierung und dem Völkerbundskommissar ihre Anerkennung für den Mut und die Entschlossenheit bei der Durchführung des Siedlungsplanes aus.

(Eesolution vom 20. September 1927.)

701

10. Ergebnisse der Konferenz für die Schaffang einer internationalen Hilfsnnion.

Die Versammlung, erfreut über den Erfolg der Konferenz für die Schaffung einer internationalen Hilfsuniou und in der Überzeugung, dass die Begierungen, denen die Ergebnisse dieser Konferenz nunmehr vorliegen, nicht verfehlen werden, diesem Werke internationaler Solidarität ihre Mitwirkung zu leihen, dankt dem Senator Ciraolo, dem Vorsitzenden der Konferenz und den Mitgliedern der Studienkommission für den Entwurf, der den Arbeiten der Konferenz zugrunde gelegen hat, und ersucht den Vorsitzenden der Konferenz und die Mitglieder oder Sachverständigen der Studienkommission, sich zur Verfügung des Eates zu halten, um ihm alle Massnahmen vorzuschlagen, die geeignet sind, das Inkrafttreten und die Anwendung des von der Konferenz geschlossenen Abkommens zu erleichtern.

(Eesolution vom 22. September 1927.)

11. Arbeiten der Kommission für internationale geistige Zusammenarbeit.

Die Versammlung hat mit Befriedigung von den günstigen Berichten Kenntnis genommen, die von der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit und vom Verwaltungsrate des Internationalen Instituts iür geistige Zusammenarbeit vorgelegt wurden. Aus diesen Berichten geht hervor, dass die Organisation für geistige Zusammenarbeit zurzeit eine grosse Anzahl genau bestimmter, praktischer Unternehmungen in die Hand genommen hat, um die Tätigkeit der Völker auf den verschiedenen Gebieten der Wissenschaft, Kunst und Literatur zu vereinheitlichen, und dass bereits Ergebnisse erzielt wurden.

Die Versammlung bemerkt, dass im verflossenen Jahre mehrere Staaten ihrem im letzten Jahr erlassenen Aufrufe gefolgt sind und dem Internationalen Institut für geistige Zusammenarbeit Subventionen bewilligt haben. Folgende Länder sind zurzeit mit Unterstützungen an der Tätigkeit des Instituts bettiligt: Österreich, Prankreich, Ungarn, Italien, Monaco, Polen, die Schweiz und die Tschechoslowakei. Sie hofft, dass die anderen Staaten diesem Beispiele folgen werden, denn aus den ihr vorliegenden Berichten geht deutlich hervor, dass nur die Beschränktheit ihrer Geldmittel die Organisation für geistige Zusammenarbeit hindert, in vollem Umfange die Dienste zu leisten, die man von ihr erwarten darf.

Sie verzeichnet zu ihrer Freude eine Zunahme der Zahl und der Tätigkeit
der nationalen Kommissionen für geistige Zusammenarbeit. Das regelmässige Zusammenwirken zwischen gut organisierten nationalen Kommissionen und der internationalen Kommission erweist sich immer mehr als für das Werk der geistigen Zusammenarbeit erspriesslich. Unter Berufung auf ihren bereits 1924 ausgesprochenen Wunsch ersucht daher die Versammlung diejenigen

702 Mitgliedstaaten des Völkerbundes, die dies bis jetzt unterlassen haben, die Möglichkeit einer Unterstützung ihrer nationalen Kommissionen ins Auge zu fassen.

Die Bundesversammlung hebt aus den Vorschlägen der Kommission für geistige Zusammenarbeit als der Aufmerksamkeit und der Förderung besonders wert folgende Punkte hervor: 1. Einrichtung eines «internationalen Vereinheitlichungsdienstes zwischen den Auskunftsstellen der Bibliotheken» beim Internationalen Institut für geistige Zusammenarbeit. Die Versammlung betont bei dieser Gelegenheit die Wichtigkeit der Auskunftsstellen in den einzelnen Ländern und wünscht, dass derartige Stellen in den Ländern, die noch keine besitzen, geschaffen werden mögen.

2. Die Pläne zur Vereinheitlichung der bibliographischen Organe für die verschiedenen Wissenschaften, die von den Sachverständigenausschüssen unter ausgezeichneten technischen Verhältnissen aufgestellt wurden, um allen Ansprüchen der Interessenten zu genügen.

3. Die seitens der internationalen Kommission ergangene Empfehlung zugunsten des internationalen Bureaus für die jährlichen Tafeln der Konstanten und Zahlengrössen. Das Fortbestehen dieses gegenwärtig durch den Mangel an Mitteln in Frage gestellten Unternehmens liegt in gleicher Weise im Interesse der Eegierungen, der Gelehrten und der industriellen Gesellschaften. Eine Verständigung der Regierungen über die regelrnässige Veröffentlichung der Tafeln wäre höchst erwünscht.

4. Die Massnahmeri für die Vorbereitung des Kongresses für Volkskunst, für eine internationale Verständigung über Abgüsse und Abdrücke, für die Hebung der Bedeutung der Museen als Mittel künstlerischer Erziehung usw.

Die Versammlung dankt der tschechoslowakischen Eegierung für die freigebige Hilfe zur Förderung des Kongresses für Volkskunst in Prag. Sie beglückwünscht die Schweizer Bundesregierung und insbesondere die Stadt Bern zu der Anregung einer in dieser Stadt zu veranstaltenden internationalen Ausstellung für Volkskunst. Die Versammlung beauftragt den Generalsekretär des Völkerbundes und das Institut für geistige Zusammenarbeit, den Veranstaltern dieses Unternehmens nach Kräften Beistand zu leisten.

Die Versammlung nahm Kenntnis von dem bemerkenswerten Berichte, den Herr Jules Destrée namens des Unterausschusses der Sachverständigen für Unterrichtung der Kinder
und der Jugend über das Bestehen und die Ziele des Völkerbundes vorlegte. Sie billigte die von den Sachverständigen ausgesprochenen Anregungen und beauftragt den Generalsekretär, sie den Eegierungen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes mit der Bitte zu übermitteln, die erforderlichen Massnahmen ergreifen zu wollen, diesen Anregungen, soviel ihnen möglich, zu entsprechen.

703

Die Versammlung genehmigt die Schaffung einer Zentrale für Unterricht über den Völkerbund in den Schulen unter den vom Unterausschuss aufgestellten Bedingungen. Sie beschliesst, dass der Sachver&tändigen-UnterauSschuss seine Arbeiten fortsetzen soll, und zwar gemäss der vom Vertreter Frankreichs in seinem Bericht angeregten und vom Bat in seiner Sitzung vom 2. September 1927 gebilligten Weise.

(Resolution vom 22. September 1927.)

12. Vorschlag der italienischen Delegation betreffend die Schaffung eines internationalen Instituts für Lehrfilme in Rom.

Der Bericht der zweiten Kommission wird angenommen.

(Resolution vom 20. September 1927.)

13. Beziehungen zwischen dem Völkerbund und den unter seiner Autorität errichteten Instituten und Organen.

Die Bundesversammlung nimmt den Bericht der zweiten Kommission an.

(Resolution vom 26. September 1927.)

Beilage III.

1. Erklärung betreffend Angriffskriege.

Die Versammlung, in Anerkennung der Solidarität, die die Völkergemeinschaft verbindet, vom festen Willen beseelt, die Aufrechterhaltung des Weltfriedens zu sichern, in Erkenntnis, dass ein Angriffskrieg nie das Mittel zur Regelung von zwischenstaatlichen Streitigkeiten sein darf und dass er infolgedessen ein internationales Verbrechen darstellt, in der Erwägung, dass ein feierlicher Verzicht auf jeden Angriffskrieg geeignet wäre, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, die den zum Zwecke der Abrüstung unternommenen Arbeiten förderlich wäre, erklärt : 1. Jeder Angriffskrieg ist und bleibt verboten; 2. Alle friedlichen Mittel müssen zur Regelung von Streitigkeiten, welcher Art auch immer, die sich zwischen den Staaten erheben, angewandt werden.

Die Versammlung erklärt, dass die Mitgliedstaaten des Völkerbundes verpflichtet sind, sich nach diesen beiden Grundsätzen zu richten.

(Resolution vom 24. September 1927, durch Namensaufruf angenommen.)

704 2. Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit, Abrüstung und Arbeiten der Kommission für die Vorbereitung der Abrüstungskonferenz.

Resolution Nr. I.

Die Versammlung, in der Erwägung, dass in einer Keihe von Ländern zurzeit sowohl vom technischen Standpunkt -wie vom Standpunkt der Organisation ein enger Zusammenhang zwischen den Erfordernissen und der Entwicklung der zivilen und der militärischen Luftfahrt besteht, in der Erwägung, dass es dadurch schwierig wird, die Rüstungen für die Luftstreitkräfte einzuschränken, ohne die zivile Luftfahrt zu behindern, erklärt es zu diesem Zwecke für wünschenswert, die Entwicklung der zivilen Luftfahrt unter Ausschluss des militärischen Interessenkreises einzig auf wirtschaftliche Zwecke einzustellen; empfiehlt allen Mitgliedstaaten des Völkerbundes, sich, soweit möglich, nach den Empfehlungen zu richten, welche die Kommission zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz in dieser Hinsicht aufgestellt hat; bittet den Rat, durch die beratende und technische Verkehrs- und Transitkommission die praktischen Mittel prüfen zu lassen, die geeignet sind, den Abschluss von Abkommen zwischen den in diesen Empfehlungen vorgesehenen Elugunternehmen der verschiedenen Länder zu fördern.

Resolution Nr. II.

Die Versammlung hat den arn 15. März 1927 vom Ratskomitee genehmigten Bericht über diejenigen Verfahren und Vorschriften zur Kenntnis genommen, die geeignet sind, die Ausarbeitung derjenigen vom Rat zu treffenden Entscheidungen zu beschleunigen, die bezwecken, den Verpflichtungen der Völktrbundssatzung Wirksamkeit zu verschaffen; sie genehmigt diesen Bericht und empfiehlt ihn dem Rat zur Annahme als einen wertvollen Führer, der die Ergebnisse der Erfahrung, des bereits angewandten Verfahrens und der bisher angestellten Studien zur Erzielung der besten Organisation der Tätigkeit des Rates für den Fall einer Krise zusammeniasst, ohne die Freiheit des Rates zu beeinträchtigen, in jedem Augenblick über die besten Wege zur Erhaltung des bedrohten Friedens zu befinden.

Resolution Nr. III.

Die Versammlung, in dem Wunsche, alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die schleunige Anwendung des in der Satzung vorgesehenen Systems zur Erhaltung des Friedens zu ermöglichen und den Mitgliedstaaten des Völkerbundes ein Gefühl grösserer Sicherheit zu geben,

705 in der Überzeugung, dass es in dieser Hinsicht von grösster Bedeutung ist, das schnelle Arbeiten der Völkerbundsorgane im Falle einer Krise zu sichern, in der Meinung, da&s ihr Eingreifen in kürzester Frist eine wesentliche Bedingung für die Verhütung des Krieges sein kann, in der Hoffnung, dass grössere Erleichterungen für die unverzügliche Ingangsetzung des Völkerbundsmechanismus das Abrüstungswerk fördern -werden, geleitet vom Geiste und den Bestimmungen der Völkerbundssatzung, erklärt von neuem, dass die Mitgliedstaaten des Völkerbundes verpflichtet sind, das schnelle Zusammentreten des Eates im Falle einer Krise mit allen Mitteln zu fördern; lädt die Mitgliedstaaten des Völkerbundes ein, im voraus alle zur Erreichung dieses Ergebnisses dienlichen Massnahmen zu treffen; beglückwünscht den Eat dazu, dass er eine Prüfung dieser Frage veranlasst hat, der sie grösste Bedeutung beimisst, und bittet ihn, diese Prüfung fortsetzen zu lassen, insbesondere in bezog auf die telephonische Verbindung zwischen dem Bundessitze und den verschiedenen Hauptstädten, auf die Identifizierung der Flugzeuge, die in Krisenzeiten Transporte im Interesse' des Völkerbundes ausführen, auf die Errichtung einer Funkstation am Bundessitze, auf die Anlegung eines Landungsplatzes für Flugzeuge nahe beim Bundessitze und überhaupt in bezug auf die Anordnungen, die eine Sicherung dafür schaffen, dass der Völkerbund jederzeit in der Lage ist, in jedem eintretenden Falle so schnell wie irgend möglich einzugreifen.

Eesolution Nr. IV.

Die Versammlung hat den vom Finanzkomitee dem Eate vorgelegten Entwurf über den Vorschlag der finnischen Eegierung zur Kenntnis genommen, der jedem angegriffenen Staate finanzielle Hilfe sichern will; sie stellt die Bedeutung eines Systems finanzieller Hilfe fest, das dazu bestimmt ist, zur Organisierung der für die Herbeiführung der allgemeinen Abrüstung unerlässlichen Sicherheit beizutragen, und bittet den Eat, mit der Prüfung des Entwurfs, die nach Ansicht des Komitees zur Vervollständigung und Vervollkommnung desselben nötig ist, fortzufahren, damit er auf einer Abrüstungskonferenz oder auf einer zu diegem Zweck einzuberufenden Sonderkonferenz angenommen werden kann.

Die Versammlung empfiehlt dem Eat, dass es vorteilhaft wäre, den genannten Entwurf, ebenso wie das von der Eechtsabteilung des
Sekretariats vorbereitete Material zu Artikel 16, die Bemerkungen der verschiedenen Eegierungen und die Protokolle über die diesbezüglichen Erörterungen der dritten Kommission dem Komitee vorzulegen, dessen Einsetzung sie in ihrer Entschliessung über Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit und Abrüstung vorschlägt.

Bundesblatt.

79. Jahrg.

Bd. II.

55

706

Resolution Nr. Y.

Die Versammlung nimmt von den Fortschritten Kenntnis, die in technischer Hinsicht durch die Arbeiten der vorbereitenden Abrüstungskommission, ebenso wie die des Ratskomitees zur Herbeiführung eines schnellen Zusammentretens des Rates und der Fassung seiner Beschlüsse im Fall einer Krise erzielt worden sind; ist bemüht die politischen Bedingungen zu schaffen, die den Erfolg der Abrüstungsarbeiten sicherstellen ; ist überzeugt, dass die Hauptbedingung für diesen Erfolg die ist, dass jeder Staat, in der Gewissheit, nicht durch eigene Rüstungen allein für seine Sicherheit sorgen zu müssen, sich auch auf das organisierte Kollektivvorgehen des Völkerbundes verlassen kann; betont, dass dieses Vorgehen sich hauptsächlich darauf richten inusb, jeden Krieg zu verhüten oder ihm Einhalt zu tun und gegebenenfalls jeden Staat, der Opfer eines Angriffs ist, wirksam zu schützen; i ist überzeugt, dass die Lasten, die sich daraus für die verschiedenen Staaten ergeben könnten, von diesen um so leichter übernommen werden würden, a. wenn sie sich tatsächlich auf eine grössere Anzahl von Staaten verteilen, fr, wenn die Sonderverpflichtungen der Staaten klarer bestimmt und begrenzt sind; 1. empfiehlt deshalb die allmähliche Ausdehnung der Schiedsgerichtsbarkeit mittels Sonder- oder Kollektivabkommen einschliesslich Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten des Völkerbundes, um das gegenseitige Vertrauen, das für den vollen Erfolg der Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen unerlässlich ist, auf alle Staaten auszudehnen ; 2. erinnert an ihre Entschliessung vom 24. September 1926, die foJgendermassen lautete : «In dem Wunsche, in kürzester Frist das Arbeitsprogramm vollendet zu sehen, zu dem sie durch ihre Entschliessung vom 25. September 1925 selbst die Anregung gegeben hat, bittet die Versammlung den Rat, die Vorbereitende Kommission einzuladen, Massnahmen zu treffen, um die Vollendung der teehnisöhen Arbeiten so zu beschleunigen, dass sie zu Anfang des kommenden Jahres das Programm für eine Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen im Einklänge mit den gegenwärtigen regionalen und allgemeinen Sicherheitsverhältnissen festlegen kann; die Versammlung bittet den Rat, diese Konferenz vor der achten ordentlichen Tagung der Bundesversammlung einzuberufen,
wenn nicht materielle Unmöglichkeit besteht»; bittet infolgedessen den Rat, bei der Vorbereitenden Kommission auf Beschleunigung des Abschlusses der technischen Arbeiten zu drängen und die Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen nach Vollendung dieser Arbeiten unverzüglich einzuberufen;

707

3. bittet den Eat, der vorbereitenden Kommission, deren Aufgabe sich nicht auf die Vorbereitung einer ersten Konferenz zur Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungen beschränken wird, deren Arbeiten vielmehr bis zur Erreichung des Endzieles werden fortdauern müssen, die erforderlichen Weisungen zu erteilen, damit unverzüglich ein Komitee aus Vertretern aller Staaten gebildet wird, die Mitglieder der Kommission und des Völkerbundes sind, während die übrigen in der Kommission vertretenen Staaten eingeladen sind, daran teilzunehmen, falls sie es wünschen.

Dieses Komitee wäre der Kommission zur Verfügung zu stellen und hätte die Aufgabe, nach ihren Eichtlinien die Prüfung der Massnahmen fortzusetzen, die geeignet sind, um allen Staaten die Garantien der Schiedsgerichtsbarkeit und Sicherheit zu geben, Garantien, die notwendig sind, um das Maas ihrer Rüstungen in einem internationalen Abrüstungsvertrage auf die niedrigsten Ziffern festzusetzen.

Die Versammlung ist der Ansicht, dass hierfür gleichzeitig die folgenden Massnahmen in Frage kommen: ein Vorgehen des Völkerbundes mit dem Ziel, Einzel- oder Kollektivabkommen über Schiedsgerichtsbarkeit und Sicherheit herbeizuführen, zu verallgemeinern und in Übereinstimmung miteinander zu bringen: die systematische Vorbereitung der Mittel, welche die Volkerbundsorgane anwenden müssen, um die Bundesmitglieder instand zu setzen, die ihnen auf Grund der verschiedenen Artikel der Völkerbundssatzung obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen ; Verständigungen, welche die Mitgliedstaaten des Bundes vorbehaltlich der Verpflichtungen aus der Völkerbundssatzung untereinander abschliessen können, um ihre Verpflichtungen der grösseren oder geringeren geographischen oder sonstigen Solidarität anzupassen, die sie mit anderen Staaten verbindet ; und anderseits eine Einladung des Eates an die verschiedenen Staaten, ihm mitzuteilen, welche Massnahmen sie vorbehaltlich der Verpflichtungen aus der Völkerbundssatzung zu treffen bereit wären, um die Beschlüsse oder Empfehlungen des Bates für den Pali eines in einem bestimmten Gebiete auftretenden Streitfalles zu unterstützen, wobei jeder Staat anzugeben hätte, dass in einem, bestimmten Fall alle oder bestimmte Teile seiner Heeres-, Flotten- oder Luftstrcitkräfte unverzüglich eingreifen könnten, um die Beschlüsse odor Empfehlungen
des Eates zu unterstützen.

(Eesolutionen und Empfehlungen vom 26. September 1927.)

3. Private und Öffentlichkeit der Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial.

Die Versammlung hat den Bericht des vom Eat eingesetzten Sonderausschusses zur Prüfung eines ·Abkommensentwurfs über die Kontrolle der privaten Herstellung und über die Öffentlichkeit bezuglich Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial zur Kenntnis genommen;

708

betont von neuem, welche Bedeutung sie dem Zustandekommen eines Abkommens beimisst, mittels welchem die produzierenden und die nichtproduzierenden Länder gleichgestellt werden könnten, wie es sich aus der Erklärung in der Schlussakte der Konferenz betreffend die Kontrolle des internationalen Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial ergibt; ist überzeugt, dass der Absehluss eines Abkommens über die Kontrolle der privaten Herstellung und über die Öffentlichkeit bezüglich der Herstellung von Kriegsmaterial für das Inkrafttreten des Abkommens über den internationalen Waffenhandel von grösster Bedeutung ist und bittet den Eat, der Sonderkommission gegenüber ihre Ansicht zu vertreten, damit diese zu einem einheitlichen Texte gelange, der dem Bat gestattet, eine internationale Konferenz so rasch als möglich einzuberufen.

(Resolution vom 24. September 1927.)

Beilage IV.

1. Verifizierung der Rechnungen, Voranschlag des Völkerbundes und andere Finanzlagen.

1. Auf Grund des Artikels 38 des Eeglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes genehmigt die Versammlung endgültig die geprüften Abrechnungen des Völkerbundes für das 8. Finanzjahr, abgeschlossen am 31. Dezember 1926.

2. Auf Grund des Artikel 17 des Eeglements über die Finanzverwaltung des Völkerbundes genehmigt die Bundesversammlung für das Geschäftsjahr 1928 den allgemeinen Voranschlag des Völkerbundes, des Sekretariats und der Sonderorganisationen des Bundes, des Internationalen Arbeitsamtes und des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im Gesamtbetrage von 25,333,817 Franken einschliesslich der Zusatzkredite und beschliesst, die vorerwähnten Voranschläge im Journal Officiel zu veröffentlichen.

3. Die Versammlung nimmt die ihr zur Verfügung unterbreiteten Schlussfolgerungen der verschiedenen Berichte der Kontrollkommission an, soweit sie von der vierten Kommission genehmigt worden sind.

4. Die Versammlung nimmt die Schlussfolgerungen des Berichts der vierten Kommission an.

(Eesolutionen vom 26. und 27. September 1927.)

2. Rückständige Beiträge.

Die Versammlung ersucht den Generalsekretär, 1. die Verhandlungen mit der chinesischen Regierung fortzusetzen, um eine Vereinbarung zu erzielen, durch welche die endgültige Eegelung der rückständigen Beiträge sichergestellt wird;

709 2. auf den ihm als geeignet erscheinenden Wegen erneute Schritte bei den andern Staaten zu tun, die zurzeit, mit Beiträgen im Kückstand sind; 3. dem Eate rechtzeitig einen Bericht über die Ergebnisse der von ihm ergriffenen Massregeln vorzulegen.

(Eesolution vom 22. September 1927.)

3. Bau eines Versammlungssaales und neuer Gebäude für das Sekretariat.

Die Versammlung nimmt den Bericht des aus fünf Mitgliedern bestehenden Sonderkomitees über die geplanten Neubauten an; erklärt sich grundsätzlich damit einverstanden, dass die für die Neubauten bestimmte Summe auf etwa 19,500,000 Franken erhöht werde. Die genaue Höhe des erforderlichen Zusatzkredites wird der Bundesversammlung bei der nächsten Tagung vorgelegt werden; ermächtigt ein Komitee, bestehend aus den Herren Adatci, Osusky, Politis, Urrutia und Sir Edward Hilton Young, die bei dem Architektenwettbewerb mit einem Preise von je 12,000 Franken ausgezeichneten neun Entwürfe zu prüfen und, mit dem Vorbehalt etwaiger Änderungen, den Entwurf auszuwählen, der nach der Ansicht des Komitees den praktischen und ästhetischen Anforderungen am besten gerecht wird. Die Entscheidung dieses Komitees soll dem Völkerbundsrat zur Eatifizierung unterbreitet und bei der nächsten Tagung der Versammlung bekanntgegeben werden.

(Eesolution vom 26. September 1927.)

4. Lebenshaltungskosten und Festsetzung der Gehälter.

Die Versammlung beschliesst, 1. an dem augenblicklich angewandten System diesmal noch festzuhalten, so dass an den Gehältern im Jahre 1928 keinerlei Änderung vorzunehmen ist ; 2. das Komitee* für die Festsetzung der Gehälter zu beauftragen, gemeinsam mit den zuständigen Stellen des Sekretariats und des Internationalen Arbeitsamts in eine neue Prüfung der gesamten Frage einzutreten und das Ergebnis dieser Untersuchung der Kontrollkommission bei ihrer Sitzung im Januar 1928 vorzulegen; 3. die Kontrollkommission zu beauftragen, bei der neunten ordentlichen Tagung der Versammlung einen allgemeinen Bericht über die Frage vorzulegen.

(Resolution vom 26. September 1927.)

5. Errichtung eines Verwaltungsgerichts.

Unter Vorbehalt des von der vierten Kommission angeregten formalen Zusatzes nimmt die Versammlung das beigefügte Statut an, durch das ein Verwaltungsgerichtshof des Völkerbundes eingesetzt wird.

710 Jedoch soll die Bundesversammlung des Jahres 1931 auf Grund der gewonnenen Erfahrungen prüfen, ob Veranlassung vorliegt, dieses Statut aufzuheben oder abzuändern.

Der Beschluss der Versammlung vom 17. Dezember 1920, durch den gewissen Beamten im Falle der Entlassung das Becht gewährt ist, Berufung an den Bat oder an den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts einzulegen, wird mit Wirkung vom 1. Januar 1928 ab aufgehoben.

(Besolution vom 26. September 1927.)

Beilage V.

1. Handel mit Opium und anderen schädlichen Drogen.

Die Versammlung nimmt zustimmend Kenntnis vom Berichte der beratenden Kommission für Opiumhandel sowie von den darin enthaltenen Besolutionen. Sie empfiehlt sie dringend der Aufmerksamkeit aller Staaten, die Mitglieder des Völkerbundes sind.

(Besolution vom 20. September 1927.)

2. Tätigkeit der Untersuchnngskommissiou über die Opiumerzeugung in Persien.

Die Versammlung nimmt Kenntnis vom Berichte der Untersuchungskommission über die Opiumerzeugung in Persien, von den Bemerkungen der persischen Begierung zu diesem Bericht und vorn Schreiben des Vorsitzenden der Untersuchungskommission an den Generalsekretär vom 23. April 1927.

Sie spricht den Mitgliedern der Kommission ihren aufrichtigen Dank für die nützliche Arbeit und der persischen Begierung in hohem Masse ihre Anerkennung für die Bereitwilligkeit aus, mit der sie die Bemühungen des Völkerbundes um die Lösung des schwierigen und verwickelten Problems der Kontrolle der Betäubungsmittel unterstützt hat.

Die persische Begierung hat erklärt, dass der Erfolg ihres Programms zum grossen Teil davon abhängt, dass sie in Tariffragen Handlungsfreiheit erhält, sowie dass die Ausnahmetarife auf persische Erzeugnisse, die das Opium ersetzen sollen, aufgehoben -werden. Die Versammlung hofft, dass die beteiligten Begierungen nicht verfehlen werden, mit lebhaftester und wohlwollender Aufmerksamkeit die erwähnten Verhältnisse zu prüfen und dass die persische Regierung den Völkerbund auf dem laufenden halten wird über die Fortschritte, die bei der Durchführung des zur allmählichen Verringerung des Anbaus von Schlafmohn in Persien ausgearbeiteten Plans erzielt worden sind.

Sie empfiehlt dringend allen Ländern, in denen schädliche Drogen und ihre Bohstoffe erzeugt und hergestellt werden, eine Gesetzgebung einzu-

711

fuhren, die der gegenwärtig von der persischen Eegierung vorgeschlagenen entspricht, oder sonstige Massregeln gleicher Art zu treffen, die geeignet sind, die notwendige Verminderung der Bohstoffe und der Herstellung der Betäubungsmittel sicherzustellen.

(Eesolution und Empfehlung vom 20 September 1927.)

3. Tätigkeit der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz.

a. Frauen- und Kinderhandel.

Die Versammlung nimmt Kenntnis vom vorgelegten Berichte des Komitees für Mädchenund Kinderhandel, dankt dem Komitee für die von ihm geleistete Arbeit und drückt die Hoffnung aus, dass diese Arbeit künftig in gleichem Sinne fortgesetzt wird; hat mit lebhaftestem Interesse vernommen, dass das Komitee im Hinblick auf Teil I des Sachverständigenberichtes das Problem der Beziehungen zwischen den öffentlichen Häusern und dem Mädchenhandel gründlich untersucht und bittet das Komitee für den Mädchen- und Kinderhandel um baldmöglichste Prüfung, ob es nicht angezeigt erscheint, allen Eegierungen die Abschaffung der öffentlichen Häuser anzuempfehlen; spricht ihre höchste Anerkennung für den Mut und den Eifer des Sonderkomitees der Sachverständigen aus und empfiehlt dringend Teil II des Berichts, insbesondere seine Schlussfolgerungen, den Eegierungen aller Mitgliedsund Nichtmitgliedsstaaten des Völkerbundes zur Prüfung.

(Eesolution vom 20. September 1927.)

i

l. Kinderschutz.

Die Versammlung nimmt Kenntnis von dem vom Komitee für Kinderschutz vorgelegten Bericht. Sie dankt ihm für die geleistete Arbeit und fordert es auf, seine Arbeiten auf der Grundlage des Berichtes über seine dritte Tagung fortzusetzen.

(Eesolution vom 20. September 1927.)

4. Schutz der Frauen und Kinder im Nahen Orient.

Die Versammlung billigt den Bericht von Miss Jeppe und spricht ihr ihren Dank und ihre Anerkennung für das selbstlose, hervorragende Werk aus, das sie zum Schutze der Frauen und Kinder ini Nahen Orient vollbracht hat; sie hofft, dass die Gesellschaften der freien Wohlfahrtspflege, die Miss Jeppe bisher in hochherziger Weise mit Geld unterstützt haben, ihr auch

712 weiterhin beistehen werden, damit sie die von ihr geretteten Personen einem geregelten Leben wieder zuführen kann.

(Eesolution vom 20. September 1927.)

5. Massnahmen für die rassischen und armenischen Flüchtlinge.

Die Versammlung, nach aufmerksamer Prüfung der Berichte des Hohen Kommissars und des Internationalen Arbeitsamts über die Flüchtlingsfragen, erkennt die Fortschritte an, die in der Lösung eines Problems erzielt worden sind, das seinerzeit eine sehr schwere Gefahr bedeutete; bringt ihre hohe Würdigung des zugunsten der Flüchtlinge geleisteten bedeutsamen Werkes zum Ausdruck; bittet den Hohen Kommissar, nach den in seinem Bericht angegebenen Grundsätzen eine Konferenz mit beschränkter Mitgliederzahl einzuberufen; die Konferenz hätte die Aufgabe, die dem Eate vorzulegenden Vorschläge über die rechtliche Stellung der Flüchtlinge auszuarbeiten; es würde sich empfehlen, vorher eine eingehende Prüfung der Eechtslage der Flüchtlinge in den verschiedenen Ländern vorzunehmen, wobei die erforderlichen Angaben den betreffenden Eegierungen im voraus mizuteilen wären; beglückwünscht alle, die an diesem Werke mitgearbeitet haben, zu den bereits getroffenen und zu den in Aussicht genommenen Massnahmen für die ständige Ansiedlung armenischer Flüchtlinge im Nahen Orient ; hofft, dass infolge der im Berichte des Hohen Kommissars erwähnten Bemühungen die erforderlichen Mittel zur Durchführung dieses Planes beschafft werden können und dass diese Seite der Frage bei fortgesetzter Mitarbeit der Mandatsmacht erfolgreich gelöst werden kann; billigt die Voranschläge des Flüchtlingsdienstes, zu denen ein Kredit von 7500 Schweizerfranken für den Ansiedlungsdienst für armenische Flüchtlinge in Syrien hinzukommen soll.

Ausserdem nimmt die Versammlung mit Interesse die Arbeitsmöglichkeiten zur Kenntnis, die gegenwärtig in den überseeischen Ländern für die Flüchtlinge verfügbar sind; sie erkennt an, dass die Ausführung ihrer Pläne die sofortige Schaffung eines ausreichenden Betriebsfonds nötig macht; sie bittet die beteiligten Eegierungen dringend, dem Hohen Kommissar sobald wie möglich mizuteilen, welche Massnahmen sie zu treffen geneigt sind, um die erforderlichen Mittel für die Ansiedlung der aus ihren Gebieten kommenden Flüchtlinge sicherzustellen und bittet den Eat, den Verwaltungsrat des Internationalen
Arbeitsamtes aufzufordern, bei der Prüfung des Voranschlages des Flüchtlingsdienstes für das Jahr 1929 darauf zu sehen, ob dieser Voranschlag ausreichende Kredite für die Ansiedlung der Flüchtlinge vorsieht.

(Eesolution vom 26. September 1927.)

71»

Beilage VI.

1. Mandate.

Die Versammlung hat Kenntnis genommen von den seit ihrer letzten Tagung erfolgten Bemühungen der Mandatsmächte, der ständigen Mandatskommission und des Eats um die Durchführung des Artikels 22 der Satzung. Sie erneuert den Ausdruck ihres im vorigen Jahre ausgesprochenen Vertrauens und nimmt bezüglich gewisser Einzelpunkte nachstehende Eesolution an: 1. Handel mit Spirituosen.

a. Die Versammlung beglückwünscht die ständige Mandatskommission dazu, dass es ihr gelungen ist, die wichtigen, den Handel mit Spirituosen betreffenden Ausdrücke zu definieren, die im Wortlaute der Mandate B und G sowie im Vertrage von Saint-Germain vom 10. September 1919 angewandt sind, und sie drückt die Hoffnung aus, dass alle Mandatsmächte bald in der Lage sein werden, anzuzeigen, dass sie diese Definitionen annehmen; b. sie bittet den Eat, die ständige Mandatskommission zu ersuchen, dass sie zusammen mit den Mandatsmächten fortfährt, eingehend die Ursachen, aus denen die Einfuhr von Spirituosen in gewissen, dem Mandate B unterstehenden Gebieten zugenommen hat, zu prüfen, sowie auch die Massregeln, die getroffen worden sind, um diesem Zustand abzuhelfen.

2. Protokolle der ständigen Mandatskommission.

Die Versammlung erkennt den vollen Wert der Protokolle über die Verhandlungen der ständigen Mandatskommission an; diese Protokolle stellen den amtlichen Bericht über die Leistungen der Kommission bei Durchführung der Aufgabe dar, die ihr durch Artikel 22 der Satzung auferlegt worden ist, und sind auf Antrag mehrerer Mandatsmachte einer beträchtlichen Anzahl ihrer Beamten in den Mandatsgebieten mitg<.tdlt worden.

(Eesolution vom 23. September 1927.)

2. Sklavereiabkommen.

Die Versammlung nimmt Kenntnis vom Berichte des Eates über die Sklaverei und den ergänzenden Berichten, die Mitteilungen der britischen Eegierung, der äthiopischen Eegierung, sowie der Eegierungen Indiens, Portugals und des Sudans über den Gegenstand enthalten. Angesichts der beschränkten Anzahl der bisher niedergelegten Batifikationsurkunden betreffend des Abkommen vom 25. September 1926 druckt sie die Hoffnung aus, das? die Staaten, die das Abkommen unterzeichnet haben, es baldmöglichst ratifizieren.

(Eesolution vom 22. September 1927.)

714 3. Ergebnisse dei Konferenz der Pressesachverständigen.

Die Versammlung stellt den Erfolg der Konferenz der Pressesachverständigen fest und spricht den Vertretern der Presse ihre Anerkennung für ihre Mitarbeit aus; drückt ihre Befriedigung darüber aus, dass der Bat die Massnahmen ins Auge gefasst hat, die erforderlich sind, um die Entschliessungen der Konferenz unverzüglich in die Tat umzusetzen; vertraut darauf, dass die technischen Organisationen, die der Eat von einer Anzahl dieser Entschliessungen unterrichtet hat, sobald als möglich spezielle Untersuchungen vornehmen werden, insbesondere bezüglich der Fragen der Telegramm- und Telephontarife, der Verbesserung des Nachrichtenverkehrs, des ZeitungS Versands, der Journalistenausweise und der Sichtvermerke für Journalistenpässe; vertraut darauf, dass der Eat schon in seiner Dezembertagung alle geeigneten Massnahmen ergreifen werde, um die wohlwollende Aufmerksamkeit der Regierungen auf die übrigen Entschliessungen der Konferenz zu lenken, damit ihnen Folge gegeben werde; und verzeichnet mit Befriedigung, dass der Eat unter Berücksichtigung des von der Konferenz ausgesprochenen Wunsches sich grundsätzlich bereit erklärt hat, für den Fall, dass sich eines Tages die Notwendigkeit dazu ergeben und dass die Entwicklung der die Presse berührenden technischen Fragen internationaler Natur es den Beteiligten wünschenswert erscheinen lassen sollte, die Mitwirkung der Organe des Völkerbundes bei der Untersuchung dieser Fragen zur Verfügung zu stellen und gegebenenfalls zu diesem Zwecke eine Umfrage zu veranstalten oder eine Konferenz einzuberufen.

(Resolution vom 22. September 1927.)

4. Wahlverîahren, das einen einzigen Wahlgang benötigt und Stimmübertragung vorsieht, sowie der Grundsatz der proportionalen Vertretung im allgemeinen, soweit es sich um die Wahl der nichtständigen Mitglieder des Rates handelt.

Die Versammlung nimmt den Bericht der sechsten Kommission an.

(Resolution vom 22. September 1927.)

Beilage VII.

1. Prüfung der Vollmachten.

Gestützt auf den Bericht der von der Versammlung am 5. September 1927 ernannten Kommission für die Prüfung der Vollmachten wurden die Vollmachten der Vertreter der Völkerburidsmitglieder richtig befunden.

715 Die Kommission war folgeudemiasseu zusammengesetzt : Hr. de Agùero y Bethancourt (Kuba), Präsident: Hr. Emerich Pflugl (Österreich); Hr. Dimitri Caclamanos (Griechenland); S. H. M a h a r a j a von K a p u r t h a l a (Indien); Hr. W. Schumans (Lettland): Hr. L. O f t e d a l (Norwegen); Hussein Khan Ala (Persien); Hr. Diogenes Escalante (Venezuela).

(Sitzung vom 5. September 1927.)

2. Wahl des Tagesausschusses.

Die Versammlung hat einen Tagesordnungsausschuss gewählt, der folgendermassen zusammengesetzt war : Hr.de Brouckère (Belgien), Präsident: Hr. A. Eestrepo (Kolumbien); Hr. J. Costello (Irischer Freistaat): Hr. W. Schumans (Lettland): Hr. A. Morales (Panama); Hr. F. Sokal (Polen); Fürst V a r n v a i d y a (Siam).

(Sitzung vom 5. September 1927.)

3. Wahl des Bureaus.

Gemäss Artikel 7 der von der ersten Versammlung in der Sitzung vom 30. November 1920 angenommenen Geschäftsordnung und in Übereinstimmung mit dem Versammlungsbeschlusse vom 5. September 1927 wurde das Bureau der achten ordentlichen Versammlung folgendermassen bestellt: a. der Präsident der Versammlung; 6. die sechs von der Versammlung gewählten Vizepräsidenten; c, die Präsidenten der sechs Kommissionen der Versammlung, die ohne weiteres Vizepräsidenten der Versammlung sind; d. der Präsident des Tagesordnungsausschusses.

a. Präsident: S. E. Hr. Dr. A l b e r t o Guani (Uruguay) wurde zum Präsidenten der Versammlung gewählt.

(Sitzung vom 5. September 1927.)

716 b. Von der Versammlung erwählte

Vizepräsidenten:

Hr. Scialoja (lalien), Hr. Briand (Frankreich), Sir Austen Chamberlain (Grossbritannien), Dr. Stresemann (Deutschland), Hr. Nemours (Haïti), Hr. M e n s d o r f f - P o u i l l y - D i e t r i c h s t e i n (Österreich).

(Sitzung vom 5. September 1927.)

c. Präsidenten der Kommissionen, die ohne weiteres Vizep r ä s i d e n t e n der Versammlung sind: Hr. Adatci (Japan), Hr. D a n d u r a n d (Kanada), Hr. Benes (Tschechoslowakei), Hr. van Eysinga (Niederlande), Hr. Hambro (Norwegen), Hr. Bech (Luxemburg).

(Sitzung vom 5. September 1927.)

d. Präsident des

Tagesordnungsausschusses:

Gemäss einem von der Versammlung anlässlich der zweiten Sitzung gefassten Beschlüsse wurde der Präsident des Tagesordnungsausschusses, Hr. de Brouckère (Belgien), zum Mitgliede des Versammlungsbureaus gewählt.

(Sitzung vom 5. September 1927.)

4. Bestellung der Kommissionen und Verteilung der Arbeit.

Die Versammlung bestellte sechs allgemeine Kommissionen, in denen sich jede Delegation durch ein Mitglied vertreten lassen konnte.

(Sitzung vom 5. September 1927.)

Die verschiedenen Kommissionen hatten die folgenden Fragen zu prüfen und darüber der Versammlung Bericht zu erstatten.

Erste Kommission (Eechts- und V e r f a s s u n g s f r a g e n ) .

1. Kodifikation des internationalen Rechts.

2. Vorschlag der paraguayanischen Delegation betreffend Ausarbeitung eines allgemeinen und zusammenfassenden Planes für die Kodifikation des internationalen Eechts.

3. Beitritt zu internationalen Abkommen unter Vorbehalt der Eatifikation.

Zweite Kommission (technische Organisationen).

1. Tätigkeit der Hygieneorganisation.

2. Ergebnisse der Mission des Präsidenten des Hygienekomitees in einigen latein-amerikanischen Ländern.

3. Ergebnisse der dritten allgemeinen Konferenz für Verkehrswege und Transit.

4. Tätigkeit des Wirtschaftskomitees.

717 5. Ergebnisse der internationalen Wirtschaftskonferenz; Wirtschaftsorganisation des Völkerbundes.

6. Auflegung eines Abkommens über die Ausführung von im Auslande ergangenen Schiedssprüchen.

7. Tätigkeit des Finanzkomitees, 8. Ansiedlung der griechischen Flüchtlinge und Plan der finanziellen Wiederaufrichtung.

9. Ansiedlung der bulgarischen Flüchtlinge.

10. Ergebnisse der Konferenz für die Schaffung einer internationalen Hilfsunion.

11. Arbeiten der Kommission für internationale geistige Zusammenarbeit.

12. Vorschlag der italienischen Delegation betreffend Schaffung eines internationalen Instituts für Lehrfilme in Born.

13. Beziehungen zwischen dem Völkerbund unf den unter seiner Hoheit stehenden Instituten und Organen.

Dritte Kommission ( R ü s t u n g s b e s c h r ä n k u n g ) .

1. Erklärung betreffend Angriffskriege.

2. Schiedsgerichtsbarkeit, Sicherheit, Abrüstung und Arbeiten der Kommission für die Vorbereitung der Abrüstungskonferenz.

3. Kontrolle der privaten Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial.

Vierte Kommission (Budget und F i n a n z f r a g e n ) .

1. Prüfung der Rechnungen. Budget des Völkerbundes und andere Finanzfragen.

2. Rückständige Beiträge.

3. Bau eines Versammlungssaales und neuer Gebäude für das Sekretariat.

4. Lebenshaltungskosten und Festsetzung der Gehälter.

5. Errichtung eines Verwaltungsgerichts.

F ü n f t e Kommission (soziale und allgemeine Fragen).

1. Handel mit Opium und anderen schädlichen Drogen.

2. Tätigkeit der Kommission, die mit einer Untersuchung über den in Persien gepflegten Mohnanbau zum Zwecke der Opiumerzeugung betraut -worden war.

3. Tätigkeit der beratenden Kommission für Kinder- und Jugendschutz: a. Frauen- und Kinderhandel; fr. Kinderschutz.

4. Frauen- und Kinderschutz im Nahen Osten.

5. Massnahmen für die russischen und armenischen Flüchtlinge.

718 Sechste Kommission (politische Fragen, M a n d a t e . Sklaverei usw.)

1. Mandate.

2. Sklavereiabkommen.

3. Ergebnisse der Pressekonferenz.

4. Wahlverfahren, das einen einzigen Wahlgang benötigt und Stimrnubertragung vorsieht, sowie der Grundsatz der proportionalen Vertretung im allgemeinen, soweit es sich um die Wahl der nichtständigen Eatsmitglieder handelt.

5. Stiftung John D. Rockeîellers jr. zur Gründung und zum Unterhalt einer Völkerbundsbibliothek.

Gemass Art. 23a der Bestimmungen über die Finanzgebarung des Völkerbundes bestätigt die Versammlung mit dem Ausdruck des Dankes die im Völkerbundsrat erfolgte Annahme einer Stiftung von zwei Millionen Dollar, die Herr John D. Bockefeller jr. zur Gründung und zum Unterhalt einer Völkerbundsbibliothek angeboten hat.

(Besolution vom 12. September 1927).

6. Alkoholfrage.

Die Versammlung beschliesst, folgenden von den Delegationen Finnlands, Polens und Schwedens eingebrachten Antrag auf die Tagesordnung ihrer neunten ordentlichen Tagung zu setzen: «In der Erwägung der Vorteile, die eine Zusammenfassung der bereits unternommenen oder künftigen Arbeiten des Völkerbundes in der Frage des Alkoholismus mit sich bringen würde, ersucht die Versammlung den Bat: 1. eine Sachverständigenkommission für Fragen des Alkoholismut, einzusetzen ; 2. diese Kommission mit der Behandlung derjenigen Gesichtspunkte der Frage des Alkoholismus zu beauftragen, die in den Zuständigkeitsbereich des Völkerbundes fallen und geeignet sind, den Gegenstand wissenschaftlicher oder praktischer Arbeiten zu bilden.» (Besolution vom 23. September 1927.)

7. Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder.

Die Versammlung wählt Kanada, Kuba und Finnland zu nichtständigen Batsmitgliedern.

(Sitzung vom 15. September 1927.)

-
Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die achte Session der Völkerbundsversammlung. (Vom 19. Dezember 1927.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1927

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

2276

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.12.1927

Date Data Seite

641-718

Page Pagina Ref. No

10 030 225

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.