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Ergänzung zum Bericht des

Bundesrates vom 25. März 1927 betreffend das Postulat des Herrn Nationalrat Moser-Hitzkirch und Mitunterzeichner über Massnahmen zur Förderung des Absatzes inländischer Butter.

(Vom 27. Mai 1927.)

I.

Am Schlüsse seines Berichtes vom 25. März 1927 hat der Bundesrat die Ansicht vertreten, dass seines Erachtens von Zollerhöhungen, Einfuhrbeschränkungen und von der Wiedereinführung des Buttermonopols aus den entwickelten Gründen Umgang genommen werden sollte, dass es ihm dagegen angemessen erschiene, wenn er ermächtigt würde, den Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten finanziell mit einer Summe, die aller Wahrscheinlichkeit nach einige hunderttausend Franken nicht übersteigen würde, zu unterstützen, falls dieser zur Hebung der Butterproduktion und zur Verminderung der Käseproduktion an die erstere Zuschüsse gewährt. Wir gaben dannzumal schon der Meinung Ausdruck, dass bis zur Behandlung des Berichtes in der Bundesversammlung es uns möglich sein dürfte, genauere Angaben zu machen.

Inzwischen haben die Beratungen der nationalrätlichen Kommission stattgefunden, und wir hatten dort Gelegenheit, die Sache eingehend zu erörtern. In der Kommission war man der Ansicht, dass grundsätzlich der Bund eingreifen und im Interesse einer rationelleren Milchverwertung die Umstellung eines Teils unserer Milchwirtschaft zur Butterproduktion unterstutzen sollte. In Beziehung auf das Vorgehen war die Kommission mit dem Bundesrat grundsätzlich einverstanden.

669 II.

Wir haben nunmehr die Angelegenheit von neuem beraten und beehren uns, Ihnen mitzuteilen, zu welchen Schlüssen wir gekommen sind.

1. Wir haben uns überzeugen müssen, dass die Voraussetzungen, unter- welchen gemäss Ziffer 4 des Bundesbeschlusses vom 7. April 1922 betreffend .die Hilfsaktion für die schweizerischen Milchproduzenten Gebühren auf der Ausfuhr von Milch und Käse erhoben werden können, in der letzten Zeit kaum immer zutrafen. Der mittlere Milchpreis sank auf 22 Rappen und darunter, und durch den gewaltigen Sturz im Laufe eines .Jahres entstand für die Milchproduzenten eine ganz bedenkliche Situation. -- Anderseits steht fest, dass die Verwertung des Käses der Sommerproduktion 1926 und der Winterproduktion 1926/27 wohl formell durch die Käseunion geschieht, dass aber tatsächlich das ganze Geschäft auf Kosten des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten abgewickelt wird. Dieser hatte einen Käsepreis garantiert, der nicht erreicht werden konnte, und so blieb infolge der ganz unsicheren Marktlage keine andere Lösung übrig als die, dass die Käsehändler eben den Verkauf für den Zentralverband, der jene Garantie übernommen hatte, durchführten.

Unter solchen Umständen rechtfertigt es sich, für die Zeit vom 1. November 1926 an und für die ganze Periode, während welcher die Liquidation des Sommerkäses 1926 und des Winterkäses 1926/27 in der Hauptsache durchgeführt wird, eine kleinere Gebühr zu erheben. Durch die Reduktion derselben wird tatsächlich das Defizit geringer, das der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten tragen und teilweise aus früher angelegten Reserven und weiteren Zuschüssen (Krisenrappen) decken muss.

Wir haben uns daher entschlossen, für diese ganze Periode vom 1. November 1926 bis 31. Juli 1927 die Gebühr auf dem Käse, der durch die Käseunion auf Rechnung des Zentralverbandes ausgeführt wird, auf l Franken pro 100 kg festzusetzen.

In diesem Vorgehen liegt keinerlei Zuwendung an die Milchproduzenten. Diese werden bloss für einmal von der Leistung einer höheren Gebühr befreit; und es werden aber die entsprechenden Beträge später erhoben werden. Die Massregel bedeutet auch für den Bund kein finanzielles Opfer, da schon der Bundesbeschluss vom 7. April 1922 vorsieht, dass die erwähnte Gebühr in der Zeit bis zum 31. Dezember 1930 eingefordert werden darf.
Dieser Entscheid bewegt sich in den Kompetenzen des Bundesrates und gibt somit zu einer Beschlussfassung der eidgenössischen Räte keinen Anla,ss.

Wir erwähnten in unserem Berichte vom 25. März, dass der Saldo .der Zuwendung an die Milchproduzenten, der durch den GebühreneinBundesblatt. 79. Jalirg. Bd. I.

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«670 gang noch nicht gedeckt war, am 31. Dezember 1926 zirka 2,4 Millionen betrug. Unter Berücksichtigung der nunmehr vorgesehenen Gebuhrenreduktion und der seitherigen Eingänge dürfte sich zurzeit der noch zu deckende Betrag auf ungefähr 2,a Millionen belaufen.

2. In unserem Berichte vom 25. März 1927 stellten wir weiter ·eine Zuwendung an die Milchproduzenten zur Hebung der Butterproduktion in Aussicht, und zwar in der Weise, dass die nötigen Mittel aus den ·erwähnten Gebühren erhoben und später wieder gedeckt werden sollten.

Wir nahmen dannzumal an, dass vielleicht für einmal nur für das Wintersemester 1926/27 und für eine fernere kurze Übergangsperiode vorgesorgt werden sollte. Die Entwicklung auf dem Buttermarkte gestaltete «ich jedoch derart, dass dem Zentralverband schweizerischer Milchprodu«enten aus der Butterpreisgarantie vom letzten Winter keine grossen Ausgaben erwachsen, weshalb er für diese Zeit auf einen Zuschuss des Bundes verzichten kann. Anderseits haben die weiteren Untersuchungen uns zur Überzeugung geführt, dass nicht nur für die Gegenwart und die allernächsten Monate gesorgt werden müsse und dass, wenn der gewünschte Erfolg erzielt werden soll, Massregeln zur Förderung der Butterproduktion auf eine längere Zeit getroffen werden sollten. Es lag um so näher, so vorzugehen, als sich doch die Notwendigkeit herausstellte, die ganze Angelegenheit durch einen Bundesbeschluss zu regeln.

Der Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten schätzt den Zuschuss, den er vom Bund unbedingt bekommen sollte, pro Semester auf 500,000 Franken. Es ist natürlich schwierig, eine genaue Abschätzung vorzunehmen, und auch schwer zu sagen, welche Zuschüsse zufolge einer Garantie des Butterpreises gemacht werden müssten, weil der Milch- wie auch der Butterpreis unbekannt ist. Der Zentralverband steht aber nicht an, zu erklären, dass der Betrag von einer halben Million im Semester für die Leistungen, die er machen werde, nicht ausreiche und dass er somit in die Lage komme, selbst noch Opfer zu bringen. Der Umstand, dass die Butterpreise während der letzten Wochen wieder stark gesunken sind und die Buttererzeugung durch die Milchverbände nach neuesten Fabrikationsmethoden eine weitere Zunahme erfahren hat, mag dieser Auffassung recht geben.

Es ist nicht zu leugnen, dass auch bei etwas ansteigenden
Milchpreisen die Lage der Landwirtschaft eine schwierige bleibt und dass anderseits ein allgemeines Interesse an der Hebung der Butterproduktion besteht. Deshalb haben wir uns, vom Wunsche geleitet, den Milchproduzenten wirklich und wirksam zu helfen und zugleich den Landesinteressen Rechnung zu tragen, entschlossen, über das ursprüngliche Programm hinauszugehen, eine für zwei Jahre gültige Lösung vorzuschlagen und dem Verband schweizerischer Milchproduzenten während dieser Frist für jedes Semester einen Betrag von 500,000 Franken zur Verfügung zu stellen.

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Es würde sich also im ganzen um die Zuwendung von höchstens zwei Millionen handeln, wohlverstanden in der Meinung, dass in der in Betracht fallenden Periode, vom 1. Mai 1927 bis 30. April 1929, der Zentralverband mindestens diese Summe und noch weitere Beträge für die Hebung der Butterproduktion ausgibt.

Wie wir schon in unserem Bericht vom 25. März dargelegt haben, ist unsere Milchwirtschaft vor allem auf die Herstellung von Käse, und zwar meistens von Emmentalerkàse, eingestellt. Hierin liegt eine gewisse Gefahr. Der internationale Käsemarkt beherrscht den schweizerischen Milchmarkt. Anderseits sind wir, wie erwähnt, genötigt, für zirka 40 Millionen Butter einzuführen. Die Umstellung ist nun, wie wir ebenfalls bereits darlegten, nicht so einfach. Sie erheischt Einrichtungen, Kenntnisse und den Verzicht auf gewisse Gewohnheiten, sowie auch Massnahmen für die Magermilchverwertung. Es kann nicht erwartet werden, dass der Landwirt, der nicht in der Lage ist, seinen Betrieb so leicht und so rasch umzustellen wie die Industriellen, sich der Lage ganz von sich aus anpassen könne. Die Ergebnisse des Betriebes müssen für den Fall des Überganges zur Butterproduktion auf eine gewisse Dauer sichergestellt werden. Wir sind zwar nicht der Ansicht, dass der Bund definitiv bezügliche Unterstützungen übernehmen solle, aber anderseits scheint es uns doch angemessen zu sein, wenn die Übergangsperiode, während welcher geholfen werden soll, nicht zu kurz bemessen wird. Innert einer Frist von zwei Jahren wird es nach dem Urteil sachverständiger Kreise auch viel eher möglich sein, den Erfolg der Massregel zu beurteilen und sich Rechenschaft darüber zu geben, ob und in welchem Masse die Butterproduktion gehoben und der Butterimport unter gleichzeitiger Entlastung des Käsern arktes reduziert werden kann.

Diese etwas weitergehende Lösung erscheint um so eher zulässig,, als es sich ja, wie dargelegt, nicht um eine Subvention aus den ordentlichen Mitteln des Bundes handelt. Die nötigen Beträge sollen, wie bereits im Bericht vom 25. März dargelegt wurde, aus den auf Grund von Ziffer 4 des Bundesbeschlusses vom 7. April 1922 eingehenden und eventuell schon eingegangenen Gebühren gedeckt werden. Es handelt sich also nicht nm eine Ausgabe, die das Budget des Bundes belastet. Wir halten aber auch dafür, dass dieses Vorgehen
im Interesse der Realisierung des ganzen Projektes liege. Es handelt sich um eine provisorische Hilfsmassnahme, die auch auf ausserordentliche Weise finanziert werden soll. Gewissen Bedenken landwirtschaftlicher Kreise über die Wirkung des Gebührenbezuges soll, wie unten dargelegt, Rechnung getragen werden.

III.

In unserem Berichte vom 25. März nahmen wir an, dass eine Abänderung des Beschlusses vom 7. April 1922 betreffend die Hilfsaktion

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für die schweizerischen Milchproduzenten nicht notwendig werde. Da wir nun aber eine Lösung vorschlagen, die auf eine längere Frist gelten soll, als wir ursprünglich annahmen, so lässt sich nicht bestreiten, dass der korrekte Weg für die Beschlussfassung der eidgenössischen Räte der Erlass eines formulierten Bundesbeschlusses ist, der sich als eine Ergänzung des bereits erwähnten Beschlusses von. 1922 qualifiziert.

Wir legen daher den Entwurf eines Bundesbeschlusses vor und beehren uns, im einzelnen darüber noch folgendes zu bemerken: 1. In Art. l wird der Bundesrat ermächtigt, aus den Gebühren, die auf Grund des Bundesbeschlusses vom 7. April 1922 auf der Ausfuhr von frischer Milch und Käse erhoben werden oder schon erhoben worden sind, die Zuwendung an den Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten zu machen. Wir halten dafür, es sei richtig, dass die ganze Aktion durch die Vermittlung des erwähnten Verbandes durchgeführt wird. Wenn wir von Gebühren, die erhoben werden oder schon erhoben worden sind, sprechen, so geschieht dies, weil während der in Frage stehenden Periode deren Bezug fortgesetzt wird. Immerhin wird es ja.

vermutlich notwendig werden, auf frühere Eingänge zurückzugreifen.

2. Art. 2 wahrt dem Bundesrat das Recht, die Bedingungen für die im 1. Artikel genannten Zuwendungen festzusetzen und die Durchführung zu überwachen. Wir halten dafür, es sei angemessen, dem Bundesrat den nötigen Spielraum zu lassen und es zu vermeiden, durch allzu enge Vorschriften den Vollzug der ganzen Aktion zu erschweren. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass es sich in der Tat nicht um einen Zuschuss des Bundes handelt, der aus seinen allgemeinen Mitteln fliesst, sondern um Beträge, die entweder vorweg oder später durch Ausfuhrgebühren auf einem Produkte gedeckt werden, mit dessen Herstellung und Verwertung der Verband sich befasst.

3. Gemäss Art. 3 soll die Frist für die Erhebung von Ausfuhrgebühren um 2 Jahre verlängert werden. Diese Bestimmung erheischt gewisse Klarstellungen.

Mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Gebühren, wenn sie in wesentlicher Höhe erhoben werden, je nach den Verhältnissen teilweise wenigstens auf die Milchproduzenten zurückfallen können und von ihnen getragen werden müssen, haben wir für die gegenwärtige Periode eine Herabsetzung derselben vorgenommen (vgl. II,
Ziffer l, hiervor).

Wir möchten auch für die Zukunft die Möglichkeit haben, durch ein tunlichst elastisches System den Gebührenbezug so zu gestalten, dass er die Landwirtschaft nicht oder doch tunlichst wenig belastet. Insbesondere sollte die Gebührenerhebung namentlich auf Zeiten verlegt werden können, in denen zufolge günstiger Konjunktur dem Käsehandel eine vorteilhafte Verwertung der von ihm übernommenen Ware möglich ist. Damit wird auch

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dem Einwand Rechnung getragen, als ob die Beträge, die dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten durch diesen Beschluss zur Verfügung gestellt werden, schliesslich in anderer Form wieder von diesen getragen werden müssen.

Soll der Bundesrat in dem Bezüge der Gebühren etwas freier vorgehen können, so erscheint es, namentlich im Hinblick auf die Verwendung der in der nächsten Zeit eingehenden und eines Teiles der bereits bezogenen Gebühren, wünschenswert, den Endtermin für deren Bezug um 2 Jahre zu verschieben. Die künftige Gestaltung des Milchmarktes wird darüber entscheiden, ob es möglich sein wird, innert der gesetzten Frist, die Leistungen des Bundes aus dem früheren und dem nunmehr vorgeschlagenen Bundesbeschluss vollständig einzubringen.

4. Es ist gegeben, dass der vorgeschlagene Bundesbeschluss den gleichen Charakter hat wie derjenige vom 7. April 1922, dass er also in Art. 4 als ein solcher nicht allgemein verbindlicher Natur behandelt wird.

Wir beantragen Ihnen die Genehmigung des mitfolgenden Entwurfes eines Bundesbeschlusses.

B e r n , den 27. Mai 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

674 (Entwarf.)

Bimdesbcschluss über die

Ergänzung des Bundesbeschlusses vom T.April 1922 betreffend die Hilfsaktion für die schweizerischen Milchproduzenten.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme der Berichte des Bundesrates vom 25. März und vom 27. Mai 1927, beschliesst: Art. 1. Der Bundesrat ist ermächtigt, aus den Ausfuhrgebühren auf frischer Milch und Käse, die auf Grund von Ziffer 4 des Bundesbeschlusses vom 7. April 1922 erhoben werden oder schon erhoben worden sind, dem Zentral verband schweizerischer Milchproduzenten für die Zeit vom 1. Mai 1927 bis 30. April 1929 für jedes Halbjahr einen Beitrag bis auf Fr. 500,000 zur Verfügung zu stellen, der für die Förderung der Butterproduktion und speziell zur Deckung der Ausfälle zu verwenden ist, die durch die Garantie des Butterpreises entstehen.

Art. 2. Der Bundesrat setzt die Bedingungen für die in Art. l nannten Zuwendungen fest und überwacht die Durchführung der troffenen Massnahmen.

Es werden dem Zentralverband höchstens die Beträge vergütet, er auf Grund der mit dem Bundesrat vereinbarten Bedingungen für Hebung der Butterproduktion aufgewendet hat.

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Art. 3. Die Frist für die Erhebung von Ausfuhrgebühren, weichebestimmt sind, die Leistungen des Bundes gemäss Ziffer 4 des Bundesbeschlusses vom 7. April 1922 und gemäss Art. l dieses Beschlusses zu decken, wird bis 31. Dezember 1932 verlängert.

Art. 4. Dieser Beschluss tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit seinem Vollzuge beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Ergänzung zum Bericht des Bundesrates vom 25. März 1927 betreffend das Postulat des Herrn Nationalrat Moser-Hitzkirch und Mitunterzeichner über Massnahmen zur Förderung des Absatzes inländischer Butter. (Vom 27. Mai 1927.)

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01.06.1927

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