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JVs 20

Bundesblâtl

79. Jahrgang.

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Bern, den 18. Mai 1927.

2204

Band I.

I- Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1927).

(Vom 9. Mai 1927.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten, Ihnen über nachstehende 80 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

1. Hermann Beck, geb. 1897, Elektromonteur, Eüttenen (Solothurn), 2. Rosa Beck, geb. 1898, Ehefrau des Hermann, Weissnäherin.

(Bundesaktenfälschung; Betrugs versuch.)

1. und 2. Hermann und Eosa Beck sind am 80. Januar 1926 vom Obergericht des Kantons Solothurn wie folgt verurteilt worden: Hermann Beck gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes in Verbindung mit kantonalrechtlichen Bestimmungen betreffend Betrugsversuch zu 4 Monaten Gefängnis und Fr. 200 Busse ; Eosa Beck gemäss Art. 61 des Bundesstrafrechtes zu 2 Monaten Gefängnis -and Fr. 100 Busse. Ein Wiederauinahmegesueh vom 30. Dezember 1926 ist «vorläufig» zurückgezogen worden.

Die Eheleute Beck standen 1923/24 als Inhaber eines kleinen Fahrradgeschäftes in Schnottwil in Geschäftsbeziehungen mit der Firma Sport A.-G.

in Biel. Nach Aufgabe des Geschäftes entstanden zwischen den Parteien Unstimmigkeiten über die der Sport A.-G. geschuldeten Betrage. Schliesslich bestritt Beck die Eestschuld und machte sogar geltend, zu viel bezahlt zu haben; seinen Standpunkt belegte er der Sport A.-G. und hernach dem Eechtsöffnungsrichter gegenüber mit einem Postempfangschein betreffend Fr. 136 und einem Eintrag im Empfangscheinbuch vom 26. April 1924 betreffend Fr. 135.80.

Der letztgenannte Eintrag weist Easuren auf. Die Postorgane stellen den Vorfall so dar, dass Frau Beck am 26. April die Postcheckeinzahlung von Fr. 135. 80 machte, wofür ihr im Empfangscheinbuch quittiert wurde. Da aber gleichzeitig ein Einzugsmandat der Sport A.-G. vorgelegen habe, sei die Quittung sofort wieder annulliert worden; denn Frau Beck habe erklärt, der Sport A.-G. gerade den Betrag bezahlen zu wollen, den diese mit dem Mandat Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. I.

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534 einziehe. Die Easuren, die nicht von Postorganen erfolgt seien, hätten hernach bezweckt, die annullierte Quittung im Empfangscheinbuch rechtswidrig wieder herzustellen. Demgegenüber bestritten die Eheleute Beck im Strafverfahren jede Verfälschung; der Post seien beide Geldbeträge einbezahlt und die Easuren von der diensttuenden Schwester des Posthalters vorgenommen worden, um die irrtümlich annullierte Quittung dem wahren Sachverhalt wieder anzupassen.

Für Einzelheiten dieser Darstellungsweise beziehen wir uns auf die Ziffer 3 der Urteilserwägungen, für die richterliche Ablehnung dieser Argumentation auf Ziffer 5 ebenda.

Namens der Eheleute Beck stellt ein Anwalt das Gesuch um Erlass der Freiheitsstrafen und Bussen oder doch um bedingten Erlass der Freiheitsstrafen. Beide seien bis zur Verurteilung gänzlich unbescholtene Leute gewesen. Der Ausgang des Strafverfahrens bedeute eine Katastrophe, und der Strafvollzug erschwere oder verhindere den Eheleuten das Fortkommen, während die Begnadigung die Möglichkeit schaffe, ihre Existenz neu zu gründen. Ein weiterer Begnadigungsgrund sei, dass beider Eltern das Unglück der Kinder mitansehen müssten. Die Sport A.-G. sei nunmehr gänzlich bezahlt.

Wäre kantonales Eecht massgebend gewesen, so hätte der bedingte Straferlass stattfinden können.

Einer persönlichen Eingabe der Eheleute, worin sie darauf beharren, unschuldig zu sein, ist zu entnehmen, dass Hermann Beck als Folge des Urteils seine Anstellung beim Elektrizitätswerk der Stadt Solothurn verloren habe.

In den Akten befindet sich ausserdeni eine Anzahl günstig lautender Zeugnisse.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn hat gegen den bedingten Erlass der Freiheitsstrafen nichts einzuwenden. Die gänzliche Begnadigung gehe zu weit; die Gefängnisstrafen seien im Grundsatze aufrechtzuerhalten, was die bedingte Begnadigung, gewissermassen als Äquivalent für den bedingten Straferlass, gestatte.

Zusammenfassend ziehen wir in Erwägung, dass der Straffall Beck an die seinerzeitige Begnadigungssache der Eheleute Botteron erinnert, die von der Bundesversammlung in der Dezembersession 1925, nach Erörterung im Plenum, antragsgemäss abgewiesen wurden (Anträge 37/38 des II. Berichtes vom 24. November 1925, Bundesbl. III, 435). Der Fall der Eheleutu Beck liegt namentlich deshalb schwerer, weil sie zwecks
Abwälzung der Anklage die Schwester des Posthalters pflichtwidriger Machenschaften beschuldigten und, Hermann Beck betreffend, weil er sich nicht scheute, das verfälschte Empfangscheinbuch letzten Endes sogar dem Eechtsöffnungsrichter gegenüber geltend zu machen. Auf die Fragen, wer die Verfälschung vorgenommen hat und ob der verfälschte Eintrag wissentlich geltend gemacht wurde, kann unseres Erachtens im Begnadigungsweg nicht mehr eingetreten werden. Die Eingabe des Eechtsanwaltes berührt diese Fragen bezeichnenderweise nicht mehr, während das persönliche Schreiben der Eheleute auf der Behauptung der Unschuld beharrt. Die Begnadigungsbehörde kann namentlich deshalb auf

535 diese Seite des Straffalles nicht mehr zurückkommen, weil das Obergericht des Kantons Solothurn nach Abhörung der Angeklagten und Vernehmung von Zeugen geurteilt hat, so dass hier die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Verhandlungen das Urteil in beweisrechtlicher Hinsicht besonders stark beeinflusst.

Hinwiederum kann eingeräumt werden, dass das Strafmass im Vergleich zu ähnlichen Fällen etwas hoch ausgefallen ist, auch mag die bisherige Unbescholtenheit der Eheleute und bei der Ehefrau die nachgewiesene Kränklichkeit etwelche Berücksichtigung finden.

Wir b e a n t r a g e n bei Hermann Beck Ermässigung der Gefängnisstrafe um die Hälfte, mithin bis zu zwei Monaten, bei Eosa Beck Ermässigung der Gefängnisstrafe bis zu 14 Tagen. Hinsichtlich der Bussen kann es bei der Zubilligung von Abschlagszahlungen sein Bewenden haben.

3.

4.

5.

6.

Albert Tiachsel, geb. 1884, Lokomotivführer, Zürich 5, Constance Pasche, gew. Barrierenwärterin. Meyriez (Freiburg), Emil Schreyer, geb. 1887, Weinbauer, Neuenburg, Friedrich Mäder, geb. 1896, Karrer, Münchenbuchsee (Bern).

(Eisenbahn-Tramgefährdung.)

Gestützt auf Art. 67, Abs. 2, rev. des Bundes»trafrechtes sind verurteilt worden : 3. Albert Trachsel. A erurteilt am 13. April 1926 von der III. Kammer des Obergerichts des Kantons Zürich in Abänderung des erstinstanzlichen Freispruchs zu einer Woche Gefängnis und Fr. 100 Busse. Die vom Verurteilten beim Bundesgericht eingereichte Kassationsbeschwerde wurde abgewiesen.

Am 5. Dezember 1924 stiess im Bangierbahnhof Zürich die von Trachsel geführte Lokomotive eines Bangierzuges bei einer Weiche auf den zweiten Wagen eines abgelenkten, in entgegengesetzter Sichtung fahrenden Leerzuges ; der mitfahrende Heizer erlitt sehr schwere Verletzungen, der Materialschaden betrug ca. Fr. 4500.

Für Trachsel ersucht ein Anwalt um Erlass oder doch Ermässigung der Gefängnisstrafe. Der Widerspruch in der Beurteilung des Falles durch die untere und obere kantonale Instanz wird damit zu erklären versucht, dass die erstinstanzlich vorherrschende Unmittelbarkeit (Bekonstruktion des Vorganges, Aussagen und Expertenbefund an Ort und Stelle) den Tatsachen näher komme als die «nakte» Aktenüberprüfung im Appellationsverfahren. Dermalen könne es sich zwar nicht mehr um Urteilskritik handeln, sondern es sei lediglich darum zu tun, anhand der verschiedenartigen Beweiswürdigung auf die Besonderheit

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des Falles hinzuweisen. Das Bundesgericht stelle seinerseits fest, dass das Beweisergebnis nicht eindeutig sei. Unter diesen Umständen liege in der Gefängnisstrafe eine unverdiente Härte; die Frage sei, ob Trachsel dafür eine Freiheitsstrafe erleiden solle, dass seine Aufmerksamkeit während des Bruchteils einer Minute ausgesetzt habe. In persönlicher Hinsicht sei Trachsel der Begnadigung würdig; die Gefängnisstrafe möge man ihm namentlich seiner Kinder wegen ersparen.

In den Akten befindet sich ein günstig lautender Polizeibericht.

Der I. Bezirksanwalt von Zürich schreibt, trotzdem der erstinstanzliche Freispruch unverständlich erscheine und die Appellationsinstanz seines Erachtens den Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht richtig gewürdigt habe, gebe Trachsel in persönlicher Beziehung Anlass, dass der ganze oder wenigstens teilweise Brlass der Freiheitsstrafe in Frage komme. Der Fall scheine ihm schwerer hinsichtlich der eingetretenen Folgen als des Verschuldens. Der II. Staatsanwalt hält im Gegensatz hierzu dafür, Anlass zu einer Begnadigung sei nicht vorhanden, und beantragt Abweisung. Die Verfehlungen Trachsels seien, abgesehen von den Folgen des Vorfalles, nicht leicht und die Strafen sehr gelind. Zudem sehe Trachsel seine Schuld bis heute nicht ein und lasse nichts unversucht, sich der Strafe zu entziehen. Der Strafvollzug habe hier keine tragischen Folgen.

Die Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen bezeichnet das obergerichtliche Urteil als rechtlich durchaus begründet. Für die Schlussnahme über das Begnadigungsgesuch falle ausserdem die bisherige dienstliche Haltung des Gesuchstellers in Betracht. Trachsel gehöre nicht zu den besten Führern, es falle ihm aber während seiner langen Dienstzeit auch keine das durchschnittliche Mass übersteigende Verfehlung zur Last. In Berücksichtigung dieses Umstandes und der Familie des Verurteilten könne eine wenigstens teilweise Begnadigung in Frage kommen. Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes hält grundsätzlich daran fest, dass die Begnadigung besondere Kommiserationsgründe voraussetze. Da hier das Verschulden den Folgen nicht entspreche und Trachsel in persönlicher Hinsicht zu besonderen Aussetzungen nicht Anlass gebe, wird beantragt, vom Vollzug der Gefängnisstrafe ausnahmsweise abzusehen, diese
jedoch in eine Busse von mindestens Fr. 100 umzuwandeln.

Unserseits ziehen wir in Abwägung der verschiedenen Anträge folgendes in Betracht : Mit der Eisenbahnabteilung ist zu sagen, dass die Herabsetzung der Gefängnisstrafe die Wirkungen, -die der Gesuchsteller vermeiden will, nicht zum Verschwinden bringt. Wir vertreten deshalb die Auffassung, dass der Vollzug der Gefängnisstrafe entweder gänzlich unterbleiben soll -- sei es im Wege des bedingten Erlasses bzw. der Umwandlung in Busse --· oder aber dass das Gesuch gänzlich abzuweisen ist. Wie in früheren .Fällen gehen wir von der Notwendigkeit aus, bei Eisenbahngefährdungen mit der Begnadigung zurückzuhalten. Wir glauben diesen von der Begnadigungsbehörde gut-

537 geheissenen Standpunkt nicht bei jedem Gesuchsfall neuerdings ausführlich begründen zu sollen. Die Richtlinien für die Erledigung einschlägiger Gesuche sind für den Bundesrat und die Begnadigungsbehörde vorhanden, so dass von Fall zu Fall lediglich zur Überprüfung steht, ob ausnahmsweise die Begnadigung gewährt werden könne. Immerhin beziehen wir uns noch ausdrucklich auf unsere seinerzeitigen Darlegungen. (Zu vergleichen Antrag l im I. Bericht vom 4. Mai 1926, Bundesbl. I, 614; Anträge 2--4 im I. Bericht vom 7. November 1924, Bundesbl. III, 709 ff., und Bericht der Begnadigungskommission vom 28. November 1924, Nr. 2.)

In Sachen Trachsel fasst das kantonale Obergericht seine Ausführungen dahin zusammen, dass Trachsel von A n f a n g des Manövers an ohne die erforderliche Aufmerksamkeit gefahren sei. Obschon Trachsel wusste, dass er das Profil der Weiche 120 nicht überfahren dürfe, fuhr er sorglos und unbekümmert gegen die Weiche zu, überhörte und übersah sämtliche Haltesignale und beachtete den daherfahrenden Leerzug erst als der Zusammenstoss unvermeidlich war. An dieses Beweisergebnis hat sich die Begnadigungsbehörde um so eher zu halten, als die Angelegenheit vom Bundesgericht jedenfalls dahin gänzlich abgeklärt wurde, dass die Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz in keinerlei Beziehung eine Aktenwidrigkeit enthalten. Der von Trachsel verschuldete Zusammenstoss war hier durchaus vermeidbar.

Die Auffassung der kantonalen Staatsanwaltschaft, der Fall sei, ganz abgesehen von den Folgen, kein leichter, wird von uns geteilt. Die Verurnständungen der dem Urteil zugrunde liegenden Eisenbahngefährdung sind mithin in Wirklichkeit nicht so, dass sie eine Begnadigung besonders nahe legen. Aber auch in der Person des Gesuchstellers, dem im übrigen nicht nahe getreten werden soll, treffen nicht derartige Begnadigungsgründe zu, dass der Erlass der Gefängnisstrafe sich aufdrängt. Wird zudem beachtet, dass der seinerzeitige Begnadigung&fall Mathys, der mit der Abweisung des zu einem Monat Gefängnis verurteilten Gesuchstellers endigte, ebenfalls einen Zusammenstoss im Vorbahnhof Zürich betraf, so ist dies ein Grund mehr, auch heute die generalprävenierende Bedeutung der Strafe zu betonen. Soll diese Bedeutung nicht leiden, so kann bei einigermassen gleichen Fällen die Begnadigung nicht
bald verweigert, bald zugebilligt werden.

Wir beantragen deshalb Abweisung des Gesuches.

4. Constance Pasche, verurteilt am 12. November 1926 vom Tribunal correctionnel du Lac in Murten zu Fr. 800 Busse.

Am 26. Juli 1926 stiess auf dem Strassenübergang zu Meyriez bei Murten ein Zug mit einem Motorrad zusammen; ein Ehepaar wurde überfahren und getötet. Die Barrierenwärterin Pasche hatte die Barrieren nicht geschlossen, obschon dies damals, fahrplanmässig und die Zugsverspätung eingerechnet, schon zehn Minuten vorher hätte erfolgen sollen. Sie wartete vorschriftswidrig das Signal der Station Murten ab, das verhängnisvollerweise nicht

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rechtzeitig erfolgte; für die verspätete Signalgabe und die verfrühte Abfahrt des Zuges ab Murten sind zwei Stationsbeamte zu Bussen von ebenfalls Fr. 300 verurteilt worden.

Der Verteidiger der Frau Pasche ersucht in Anbringen, die zum Teil frühere Ausführungen zum Strafmass wiedergeben dürften, um Fjrlass deiBusse. Genannt werden namentlich die langjährige, einwandfreie Dienstzeit unter schwierigen Verhältnissen, die angeblich geduldete Gepflogenheit der Reglementsrnissachtung im Interesse der Strassenbenützer, die erlittene Binbusse der Anstellung, die Ungehörigkeit des Strafmasses im Vergleich zu den Mitverurteilten, das Fehlen des bedingten Strafaufschubes für Bussen im Bundesrecht.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg beantragt Abweisung.

Die längere Vernehrnlassung berichtigt die Gesuchsanbringen und unterstreicht, dass Frau Pasche nicht bloss im fahrplanmässigen Zeitpunkt, sondern sogar später nicht auf ihrem Posten gewesen sei, weshalb sie in Wirklichkeit für das Vorkommnis die Hauptverantwortung trage. Die Vernehrnlassung, auf die wir Bezug nehmen, erklärt das Strafurteil als äusserst mild und eine Begnadigung als ungerechtfertigt.

Die Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes schliesst sich dieser Stellungnahme an mit dem Ausdruck des Erstaunens, dass hier überhaupt ein Begnadigungsgesuch eingereicht worden sei.

Wir beantragen ohne weiteres Abweisung in Erwägung, dass die Herabsetzung oder gar der Erlass der Busse nach der ganzen Lage des Falles unverständlich wäre.

5. Emil Schreyer, verurteilt am 23. November 1926 vom Polizeigericht von Neuenburg zu Fr. 50 Busse.

Am 18. Juli 1926 ist bei Neuenburg, an der Strassenkreuzung von Maillefer, ein Wagen der städtischen Strassenbahn mit dem von Schreyer geführten Motorrad zusarnmengestossen. Schreyer ist übermässig rasch gefahren. Der Tramwagen wurde nur unbedeutend beschädigt, Schreyer dagegen erheblich verletzt.

Für- Schreyer ersucht ein Anwalt um Erlass der Busse. Das Strafurteil sei willkürlich und widerspreche namentlich der ihm von der Tramwaygesellschaft zugebilligten Entschädigung von Fr. 300. Der Unfall habe Schreyer schwer mitgenommen, zudem befinde er sich in bescheidenen Verhältnissen.

Der urteilende Eichter weist die Behauptung der Willkür zurück. Sowohl seiner Vernehmlassung wie dem Bericht des
kantonalen Staatsanwaltes, der Abweisung beantragt, ist eindeutig zu entnehmen, dass Schreyer den Zusammenstoss verschuldet hat. Der Staatsanwalt betont die Häufung derartiger Gefährdungen des Tramverkehrs und die Notwendigkeit strengen Einschreitens.

Das kantonale Justizdepartement beantragt ebenfalls Abweisung.

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Mit der Eisenbamiabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes b e a n t r a g e n wir ohne weiteres Abweisung. Wenn Schreyer bereits vor der gerichtlichen Beurteilung der Strafsache eine Entschädigung ausgehändigt erhielt, wab dein urteilenden Eichter durchaus bekannt war, so stellt diese einzig den Zivilpunkt berührende Massnahme in Wirklichkeit ein Entgegenkommen der Trarnwaygesellschaft dar, das rechtlich kaum zu erzwingen gewesen wäre.

6. Friedrich M ä d e r , verurteilt am 16. April 1926 vom Gerichtspräsidenten Y von Bern zu Fr. 20 Busse und Fr. 191. 50 Kosten.

Am 19. Oktober 1925 ist ein Zug der Solothurn-Bern-Bahn bei der Tiefenaubracke durch den zweiten Anhängewagen eines von Mäder geführten Traktors angefahren worden.

Mäder ersucht um Erlass der Busse. Er halte noch heute dafür, dass ihn kein Verschulden treffe. Der Gesamtbetrag von Fr. 211. 50 belaste ihn ausserordentlich schwer, da er die Mutter und eine geistig beschränkte Schwester zu unterstützen habe. Die Bahnverwaltung sei entschädigt.

Die Gemeinderäte von Ferenbalm und Munchenbuchsee bestätigen die Gesuchsanbringen und empfehlen das Gesuch, desgleichen die Eegierungsstatthalter von Bern und Fraubrunnen und die kantonale Polizeidirektion.

Die kantonale Eisenbahndirektion beantragt Abweisung hinsichtlich deiBusse, mit dem Beifügen, dem ganzen oder teilweisen Erlass der Kosten zustimmen zu können.

Mit der Eisenbahnabteilung des eidgenössischen Eisenbahndepartementes beantragen wir Abweisung. Im Begnadigungsweg steht nur die geringfugige Busse von Fr. 20 zur Erörterung. Die Frage des Kostenerlasses mag von den Vollzugsbehörden selbständig geprüft werden.

1. Jakob Christen, geb. 1868, Alteisenhändler, 8. Joseph Burkhardt, geb. 1876, Zigarrenhändler, beide in Eheinfelden (Aargau).

(Missbrauch des Passierscheines.)

7. und 8. Jakob Christen und Josef Burkhardt sind am 28. November 1926 vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt gemäss Art. 20 der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer vom 29. November 1921 zu je l Tag Gefängnis verurteilt worden.

Christen und Burkhardt benutzten zur Fahrt nach Basel die deutsche Eeichsbahn. Da Burkhardt unterwegs bemerkte, dass er seinen Dauerpassierschein vergessen hatte, gingen sie bei der Passkontrolle im Badischen Bahnhof so vor, dass Christen seinen Passierschein vorwies und ihn
hierauf dem hinter ihm stehenden Burkhardt zuhielt, der dann den Schein neuerdings vorwies.

Der Beamte der Fremdenpolizei fasste Verdacht, stellte die beiden und entdeckte den Missbrauch.

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Beide ersuchen um Erlass der Gefängnisstrafen, allenfalls um Umwandlung in Bussen. Da der Vorfall nach den Begleitumständen äusserst harmlos sei, möge man ihnen bei ihrem Alter die Bekanntschaft mit dem Gefängnis ersparen.

Das Bezirksamt Eheinfelden und das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt können die Begnadigung nicht empfehlen.

Wir beantragen in beiden Fällen Abweisung. Burkhardt weist drei Vorstrafen auf, wovon zwei Freiheitsstrafen, Christen vier Vorstrafen, wovon eine Freiheitsstrafe, ferner ist Christen auch sonst nicht gut beleumdet. Es handelt sich um zwei Ausländer, die als Anwohner der Grenzübergangsstelle Kheinfelden mit den Grenzvorschriften durchaus vertraut sind.

9. Franz Schneider, geb. 1907, Melker, Pfaffnau (Luzern), 10. Gottfried Jutzi, geb. 1880. Landwirt, Oberlangenegg (Bern).

(Milchfälschung.)

Gestützt auf die Art. 36 und 87 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 sind verurteilt worden: 9. Franz Schneider, verurteilt am 16. April 1925 vorn Gerichtspräsidenten von Wangen a. A. zu 20 Tagen Gefängnis und Fr. 100 Busse.

Schneider, der als Knecht die Stallarbeiten besorgte, hat die Milch im Verlaufe des Jahres 1924 und im Januar 1925 wiederholt verwässert.

In der für den Verurteilten verfassten Eingabe wird um Erlass der Gefängnisstrafe und Herabsetzung der Busse ersucht. Schneider habe beim Melken einige Male Missgeschick gehabt. Um nicht wegen zu geringer Milchmenge mit dem Meister zusammenzustossen, habe er jeweils Wasser zugesetzt.

Man möge dem jugendlichen Knecht die Angst vor dem Meister und die mangelnde Erfahrung zugute halten. Das Urteil sei dem damals noch nicht Achtzehnjährigen gegenüber eine Härte.

Der Kegierungsstatthalter von Wangen a. A. teilt mit, dass die Busse bezahlt und an die Staatskosten von Fr. 182. 30 bereits Fr. 40 entrichtet seien; in 'Berücksichtigung der Jugend und des sonst unbescholtenen Leumundes wird Herabsetzung der Gefängnisstrafe bis zu 10 Tagen befürwortet.

Die Polizeidirektion des Kantons Bern kann desgleichen, aus grundsätzlichen Erwägungen gegenüber Milchfälschern, lediglich Ermässigung um die Hälfte empfehlen.

Da wir mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt dafür halten, dass die Verumständungen des Falles, insbesondere die Jugendlichkeit des Verurteilten, die Gewährung der bedingten Begnadigung zulassen, stellen wir den A n t r a g ,

541 die Gefängnisstrafe von 20 Tagen bedingt zu erlassen, unter Auferlegung einer Probezeit von drei Jahren, und heben als Bedingung besonders hervor, dass Schneider wahrend der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe. Für diese Erledigung spricht insbesondere auch die Feststellung, dass das Urteil dermalen zwei Jahre zurückliegt und dass der Verurteilte ausserdem durch Busse und Kosten schwer belastet ist. Da laut ausdrücklicher Mitteilung der Strafvollzugsbehorde die Busse bereits bezahlt ist, kann sie im Begnadigungswege nicht mehr zur Erörterung gebracht werden.

10. Gottfried Jutzi, verurteilt am 20. August 1926 vom korrektionellen Gericht in Thun zu 3 Wochen Gefängnis, Veröffentlichung des Strafurteils und Fr. 850 Entschädigung an Dritte.

Jutzi hat der Milch aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb in den Jahren 1922--1925 in fortgesetzter Weise Wasser zugesetzt.

Jutzi stellt in der von einem Anwalt verfassten Eingabe das Gesuch um Erlass der Gefängnisstrafe. Das Urteil sei viel zu streng, namentlich da die zur Freiheitsstrafe hinzukommende Entschädigung in Wirklichkeit Fr. 1050 ausmache. Jutzi sei im Strafverfahren nicht verbeiständet gewesen. Der Vollzug der Gefängnisstrafe lasse befürchten, dass die Familie und das Heimwesen völlig zugrunde gerichtet würden. Jutzi drohe mit /Selbstmord, Ein Zeugnis der Gemeindeschreiberei Oberlangenegg bescheinigt, dass Jutzi mit Nichts angefangen und sein noch ziemlich verschuldetes Heimwesen erarbeitet habe. Er habe die zweite Frau und aus den beiden Ehen zehn Kinder.

Der Gemeinderat ergänzt dies dahin, dass von vier admittierten Kindern der älteste Sohn bereits 21 jährig sei; es treffe mithin nicht zu, dass während des Strafvollzuges ausser der Frau niemand zum Eechten sehen könne. Die Direktionen des Innern und der Polizei des Kantons Bern beantragen Abweisung.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt beantragen wir desgleichen Abweisung. Mag das Urteil auch scharf ausgefallen sein, so muss für die Begnadigungsbehörde notwendigerweise den Ausschlag geben, dass Jutzi sich jahrelang in fortgesetzter Weise vergangen hat. Ausserdem belastet Jutzi, dass er in der Strafuntersuchung seine geistig beschränkte Schwester vorschieben wollte. Der ausserordentlich schwere Fall vermag unseres Erachtens im Begnadigungsweg kein besonderes Interesse zu erwecken.
11. Johann Zehnder, geb. 1897, Landwirt, Birmenstorf (Aargau), 13. Damian Bugmann, geb. 1893, Kaufmann, Untersiggenthal (Aargau).

(Lebensmittelpolizei.)

Gestützt auf das Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905 sind verurteilt worden:

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11. Johann Z e h n d e r . verurteilt gemäss Art. 37, Abs. 3 des Gesetzes vom Bezirksgericht Baden erstmals am 16. März 1926 zu Fr. 60, neuerdings am 22. Juni 1926 zu Fr. 100 Busse; die beim Obergericht des Kantons Aargau eingereichte Beschwerde wurde abgewiesen.

Beide Verurteilungen ergingen, weil sich bei Probeentnahmen ergab, dass die aus dem landwirtschaftlichen Betrieb Zehnders gelieferte Konsummilch verwässert war. Der ersten Busse liegt ein Wasserzusatz von ca. 16 %, der zweiten von ca. 6 % zugrunde.

Zehnder ersucht in längerer, nicht selbst verfasster Eingabe um Ermässigung der Bussen und Entlastung von den Kosten. Wie im Strafverfahren wird angebracht, es könne Zehnder keine Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden; denn die Wässerung sei in beiden Fällen einem Pflegeknaben zuzuschreiben, der als Taugenichts aller Aufsicht zum Trotz und entgegen striktem Verbot sich in Abwesenheit des Meisters mit Stallarbeiten befasst habe. Die zu entrichtende Summe von insgesamt Fr. 389. 40 bedeute für den zu Unrecht verantwortlich erklärten Gesuchsteller eine schwere Last. Für Einzelheiten verweisen wir auf die Eingabe selbst.

Das Bezirksgericht Baden bemerkt, da sich die straf liehe Nachlässigkeit Zehnders wiederholt habe, dürfte eine Begnadigung nicht am Platze sein.

Mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt b e a n t r a g e n wir Abweisung, weil besondere Umstände, die eine Begnadigung rechtfertigen könnten, nicht zutreffen. Den Akten ist zu entnehmen, dass die Milch aus dem Betriebe Zehnders im Verlaufe von neun Monaten dreimal beanstandet werden musste.

Nach der ersten Busse, die übrigens bezahlt und nicht mehr zu erörtern ist, hätte Zehnder bei Gewinnung und Verwahrung der Milch besondere Sorgfalt beachten sollen. Dies hat er nicht getan, sondern sich, wie die oberinstanzlichen Envagungsgrunde ergeben, an dem zur Erörterung stehenden Tage in unverständlicher Weise benommen. Auf den Erlass der Kosten kann im Begnadigungsweg überhaupt nicht eingetreten werden.

12. Damian Bugmann, verurteilt am S. Juli 1926 vom Bezirksgericht Baden gernass Art. 41 des Gesetzes und Art. 11 der Verordnung betreffend das Schlachten usw. vom 29. Januar 1909 zu Fr. 15 Busse.

Bugmann hat ein Zicklein schlachten lassen und von dem Fleisch an Dritte verkauft, ohne es dem Fleischschauer vorgewiesen zu haben.

Bugmann ersucht
um Erlass der Busse. Die Unterlassung sei aus Unkenntnis erfolgt, ferner gehe die Anzeige auf die Missgunst eines Nachbars zurück. Der geringfügige Vorfall komme ihn mit den Kosten auf Fr. 29 zu stehen.

Das Bezirksgericht Baden und das eidgenössische Veterinàramt sprechen sich gegen die Begnadigung aus.

Da die Bagatelle unseres Erachtens überhaupt nicht zu einem Begnadigungsgesuch an die Bundesversammlung hätte führen sollen, beantragen wir Abweisung.

543 13. Lina Müller-Stäubli, geb. 1881, Landwirtin, Kaisten (Aargau), 14. Fritz Staub, geb. 1900, Kalberhändler, Thörigen (Bern).

(Tierseuchenpolizei.)

Gernäss Bundesgesetz betreffend die Bekämpfung von Tierseuchen vom 13. Juni 1917 in Verbindung mit der Vollziehungsverordnung und kantonalen Vollzugserlassen sind verurteilt worden: 13. Lina Müller, verurteilt am 8. Juli 1926 vom Bezirksgericht Laufenburg zu Fr. 30 Busse.

Die Gesuchstellerin hat in Kaisten nach Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ihre Hühner laufen lassen, obschon deren Einsperrung verfügt war.

Dem Gesuch um Eiiass der Busse kann teilweise entsprochen werden, weil es sich um denselben Sachverhalt handelt wie in den Begnadigungsangelegenheiten Leder. Merkofer, Jegge, deren Bussen in der Dezembersession 1926 ermässigt worden sind (Anträge 67--69 des II. Berichtes vom 19. November 1926. Bundesbl. II, 700). Wir b e a n t r a g e n Ermässigung der Busse bis Fr. 10.

14. Fritz Staub, verurteilt am 19. Mai 1926 vom Amtsgericht Bucheggberg-Kriegstetten zu Fr. 5 Busse.

Staub hat ein Kalb, das er in Ortschwaben (Bern) zum Abschlachten kaufte, mit sofortigem Weitertransport, ohne dass das Tier vorher in einen Stall verbracht worden wäre, einem Landwirt nach Bolken (Solothurn) verkauft; bei der Wiederveräusserung verwendete Staub den ursprünglichen Gesundheitsschein.

Staub ersucht in einer vom Vorstand der Genossenschaft bernischer Gross- und Kleinviehhändler ve'rfassten Eingabe um Erlass der Busse. Art. 54, Abs. 2, der Vollziehungsverordnung zum Tierseuchengesetz ergebe, dass bei sofortigem Weitertransport ein neuer Gesundheitsschein unnötig sei, mithin die Verurteilung einen Eechtsirrtum darstelle. Die Appellation sei lediglich aus Unkenntnis unterblieben.

Wir beantragen mit dem Polizeidepartement des Kantons Solothurn und dem eidgenössischen Veterinäramt, das Gesuch abzuweisen. Der Begnadigungsweg hat nicht an die Stelle des Eechtsmittelverfahrens zu treten, ferner hätte das Gesuch der Bagatelle von Fr. 5 wegen füglich unterbleiben können. Das Veterinäramt bezeichnet zudem den in Betracht kommenden Gesundheitsschein als für die Wiederveräusserung ungültig, weil sich aus ihm die erneute Handänderung nicht klar ergebe und weil ferner die veränderte Zweckbestimmung nirgends vermerkt sei.

544 15. Hermann Keller, Coiffeur, Lörrach-Stetten (Baden).

(Zollvergehen.)

15. Hermann Keller ist am 9. Juni 1923 vom eidgenössischen Zolldepartement in Anwendung des Bundesgesetzes über das Zollwesen vom 28. Juni 1893 wegen Beteiligung beim Einführechmuggel von Kleidern mit Fr. 747. 60 Busse bestraft worden.

Keller stellt das Gesuch um Eiiass oder doch Herabsetzung der Busse.

Da seit der Gesuchseinreichung Fr. 500 entrichtet worden sind, und Keller, der nunmehr in Basel wohnt, in dürftigen Verhältnissen lebt, b e a n t r a g e n wir mit der Oberzolldirektion, die Bestbusse zu erlassen.

16. Walter Brodbeck, geb. 1906, Ausläufer, Thun (Bern).

(Patenttaxengesetz.)

16. Walter Brodbeck ist am 13. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Schlosswil gestutzt auf das Bundesgesetz betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 zu Fr. 15 Busse verurteilt worden.

Brodbeck, der Ausläufer einer Buchdruckerei ist, nahm für seinen Arbeitgeber ausserhalb des Geschäftssitzes Bestellungen auf Neujahrskarten auf, ohne eine Taxkarte zu besitzen.

Brodbeck ersucht um Erlass der Busse und Taxe oder doch der letzteren.

Da er am Geschäftssitz wenig Bestellungen habe aufnehmen können, habe er dies ohne Wissen der Firma auswärts getan, jedoch nur an drei Tagen und in Unkenntnis der Taxpflicht.

Der Begierungsstatthalter von Schlosswil beantragt, an der Busse festzuhalten, dagegen die Taxe zu erlassen. Die Polizeidirektion des Kantons Bern befürwortet ausserdem auch den Erlass der Busse.

Die Handelsabteilung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes teilt mit, dass in Berücksichtigung der bescheidenen Verhältnisse Brodbecks von der Erhebung der Taxe von Fr. 100 abgesehen werde. Der gänzliche Erlass der Busse gehe zu weit, weshalb höchstens die Ermässigung um die Hälfte befürwortet werde.

Da es sich um eine Zuwiderhandlung geringfügiger Art handelt und der jugendliche, gut beleumdete Gesuchsteller hiermit der Arbeitslosigkeit vorbeugen wollte, beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 5.

17. Wilhelm Bratschi, geb. 1890, Landwirt, Lenk (Bern), 18. Eugène Fridez, geb. 1864, Landwirt, Buix (Bern).

(Forstpolizei.)

Gemäss Art. 46, Ziffer 7, des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei, in Verbindung

545 mit dem Noterlass vorn 20. April 1917 bzw. in der durch Bundesbeschluss vom 5. Oktober 1923 erhaltenen Fassung sind verurteilt worden : 17. Wilhelm Bratschi, verurteilt am 18. Januar 1922 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu Fr. 855 Busse.

Bratschi hat in den Jahren 1918--1920 ohne Bewilligung 120 Tannen mit einem Inhalt von 57 Festmetern geschlagen.

Bratschi ersucht um Erlass der Best busse. Mit einem ersten Gesuch ist er in der Dezembersession 1925 zur Zeit abgewiesen worden (Nr. 9 des I. Berichtes vom 17. November 1925, Bundesbl. III, 346). Im Mai 1926 erfolgte ein zweites Gesuch in der Meinung, eine einzige Teilzahlung von Fr. 100 werde nunmehr die Begnadigung herbeifuhren. Da dies nach der Vorgeschichte der Angelegenheit ausgeschlossen war, wurde Bratschi bedeutet, jedenfalls die Hälfte der Busse aufzubringen, was dann ratenweise erfolgte. Die vom 16. Dezember 1926 ausgestellte Bescheinigung des Amtschaffners von Obersimmental wurde der Bunclesanwaltschaffc von der Polizeidirektion des Kantons Bern am 12. Januar 1927 übermittelt. Hierbei versicherte Bratschi, weitere Zahlungen nicht mehr leisten zu können.

In Berücksichtigung der Teilzahlungen von Fr. 427. 50 und des langen Zeitablaufs seit Übertretung und Aburteilung sah die Bundesanwaltschaft ihrerseits, gleich den Kantonbbehörden, von weiteren Massnahmen ab. Da die Strafe im Zeitpunkt des Entscheides der Begnadigungsbehörde verjährt, mithin das Begnadigungsgesuch gegenstandslos sein wird, beantragen wir, auf das Gesuch wegen Vollstreckungsverjährung nicht mehr einzutreten.

18. Eugène Fridez, -serurteilt am 15. Juli 1926 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu Fr. 60 Busse.

Friiîez hat in seiner Waldparzelle von 80 Aaren Flächeninhalt einen Kahlschlag vorgenommen, ohne eine Holzschlagbewilligung zu besitzen.

Fridez ersucht um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. Der Schlag sei im Verlaufe von \ier Jahren erfolgt und jeweils nötig geworden infolge Ausbeutung eine» Steinbruches; das Holz habe im eigenen Haushalt Verwendung gefunden.

Der Vizestatthalter von Pruntrut befürwortet die Ermässigung der Busse um die Hälfte. Die kantonale Forstdirektion, mit den übrigen Forstbehörden, und die Polizeidirektion beantragen einhellig, das Gesuch abzuweisen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd
und Fischerei beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Die Berichte der Forstbehörden ergeben, dass Fridez die Notwendigkeit einer Schlagbewilligung kannte. Da lediglich die Mindestbusse erkannt wurde und Fridez sich in guten Verhältnissen befindet, hätte das Begnadigungsgesuch, zumal es den Tatsachen nicht entspricht, füglich unterbleiben können. Sowohl der teilweise wie der gänzliche Bussenerlass wären hier eine unangebrachte Massnahme.

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Jakob Beet, geb. 1876, Maler, Bümpliz (Bern), Franz Soder, geb. 1879, Wagner, Möhlin (Aargau), Edwin Brugger, geb. 1895, Drainagearbeiter, Jonen (Àargau), Paul Nyffenegger, geb. 1909, Landwirt, Worben (Bern).

(Fischereipolizei.)

Gemäss Bundesgesetz betreffend die Fischerei vom 21. Dezember 1888 in Verbindung mit kantonalem Fischereirecht sind verurteilt worden: 19. Jakob Beer, verurteilt am 24. November 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern zu Fr. 50 Busse.

Beer hat in ein Fischgewässer Sodalange einfliessen lassen, was den Fischbestand geschädigt haben soll. Er laugte auf der Überbrückung des Baches alte Möbel ab.

Beer ersucht um Erlass der Busse. Die Verunreinigung sei in Ausübung des Berufes und nicht böswillig erfolgt.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Eegierungsstatthalter II des Amtsbezirkes beantragen Erlass der Busse, die kantonale Polizeidirektion die Ermässigung bis Fr. 10, die kantonale Forstdirektion bis Fr. 20.

Die Appellation der kantonalen Staatsanwaltschaft hatte zu erfolgen, weil der erstinstanzliche Bichter die bundesrechtliche Mindestbusse missachtet und lediglich eine Busse von Fr. 5 erkannt hatte. Angesichts der prekären Verhältnisse des Gesuchstellers, des geringen Verschuldens und des unbeträchtlichen Schadens beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen. Jagd und Fischerei Herabsetzung der Busse bis Fr. 20.

20. Franz Soder, verurteilt am 26. Januar 1927 vom Bezirksgericht Rheinfelden zu Fr. 50 Busse.

Soder hat die Jauche einer entleerten Grube in ein nahes Fischgewasser abgeleitet und dieses damit verunreinigt.

Soder ersucht um Erlass der Busse, da keinerlei Schaden entstanden sei.

Das urteilende Gericht empfiehlt die Begnadigung.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei schreibt, dem Unfug, die Jauche kurzerhand in den nächsten Bach fliessen zu lassen, müsse gesteuert werden. Da immerhin weder eine schwerwiegende Verunreinigung zutreffe noch ein Schaden am Fischbestand festgestellt sei, wird Herabsetzung der Busse bis Fr. 25 beantragt.

Wie im Falle Beer b e a n t r a g e n wir Herabsetzung bis Fr. 20.

21. Edwin Brugger, verurteilt am 16. Oktober 1926 vom Bezirksgericht Bremgarten zu Fr. 120 Busse.

Brugger liess sich herbei, aus einem Fischgewässer die von einem Mitverurteilten vermittels einer Sprengpatrone in grosser Zahl getöteten Fische einzusammeln.

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Brugger ersucht um Erlass der Busse, da ihn ihre Entrichtung hart ankomme. In die Angelegenheit sei er lediglich nach ergangenem Sprengschuss verwickelt worden, nämlich durch den Hilferuf des Schiessenden, eines Arbeitskameraden, der beim Betreten des Gewässers dem Ertrinken nahe gewesen und dann von ihm gerettet worden sei. Die Fische habe er auf Ersuchen clf-s andern behändigt, uni diesem eine Strafanzeige zu ersparen.

Das Bezirksgericht Bremgarten kann den Gesuchsteller zur Begnadigung nicht empfehlen, wogegen die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Herabsetzung der Busse bis Fr. 50 beantragt, in Erwägung, dass Brugger lediglich wegen Sammeins toter Fische strafbar sei, dagegen von der weit schärferen Strafandrohung betreffend Anwendung von Sprengpatronen beim Fischfang nicht erfasst werde.

Da die Gesuchsanbringen hinsichtlich des Sachverhaltes mit dem Inhalt der Strafakten übereinstimmen, mag dem nicht vorbestraften Gesuchstellei gegenüber eine teilweise Begnadigung stattfinden.

Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung der Busse bis Fr. 50.

22. Paul N y f f e n e g g e r , verurteilt am 19. Juli 1926 vom Gerichtspräsidenten von Nidau zu Fr. 60 Busse.

Nyffenegger hat zu zweit mit einer den Vorschriften nicht entsprechenden, insbesondere zu engmaschigen Beuse den Fischfang betrieben und hierbei unter anderen untermässige Fische gefangen.

Nyffenegger ersucht in der von seinem Vater verfassten Eingabe um Erlass der Busse. Hierzu wird behauptet, Nyffenegger habe sich in Wirklichkeit beim Fischfang mit der Beuse nicht beteiligt.

Der Gemeinderat von Worben, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die Forst- und Polizeidirektionen des Kantons Bern beantragen einhellig Abweisung. Es wird betont, Nyffenegger habe die Machenschaften wiederholt zugegeben und weiterhin, der Mitverurteilte habe die Busse bereits entrichtet; die Begnadigung Nyffeneggers würde sich lediglich als ungleiche Behandlung kennzeichnen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir desgleichen Abweisung, in Erwägung, dass der massgebende Sachverhalt dermalen nicht neuerdings überprüft werden sollte und dass die Busse keine besonders scharfe Ahndung darstellt, wenngleich zu bemerken ist, dass die unter anderen angewendete Strafbestimmung betreffend verbotene Selbstfänge auf die hier verwendete, bewegliche Eeuse nicht zutrifft.

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Walter Fankhauser, geb. 1907, Seminarist, Lauperswil (Bern), Emil Fiauchiger, geb. 1890, Schreiner, Villnachern (Aargau), Ernst Wittwer, geb. 1910, Lehrling, Thun (Bern), Hermann Wäföer, geb. 1912. Schüler, Vendlincouit (Bern),

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Karl Schärli, geb. 1910, Briefträger, Schafisheim (Aargau), Gottfried Meier, geb. 1872, Landwirt. Wohlen (Aargau), Hans Siegrist, geb. 1895, Landwirt, Elfingen (Aargau), Robert Christe, geb. 1895, Handlanger, Münster (Bern), Eduard Brunner, geb. 1880, Fischer, Iseltwald (Bern), Konrad Strub, geb. 1858, Landwirt, St. Gallen, Emu Strub, geb. 1886, Sohn des Konrad, St. Gallen, Heinrich Benz, geb. 1886, Erdarbeiter, Pfungen (Zürich), Fritz Köhler, geb. 1900, Kuchenchef, Hofstetten (Bern), Karl Dätwiler, geb. 1871, Schulabwart, David Baumann, geb. 1871, Fischer, beide in Brugg (Aargau), Alphons Cueni, geb. 1890, Landwirt, Steinhauer, Dittingen (Bern), Hans Schmid, geb. 1894, Schieferwerkarbeiter, Frutigen (Bern), Martin Kech, geb. 1860, Landwirt, Unterendingen (Aargau), Albert Baumann, geb. 1852, Landwirt, Gränichen (Aargau), Célestin Berat, geb. 1882, Landwirt, Chevenez (Bern), Johann Wirth, geb. 1898, Bureaulist, Wettingen (Aargau), August Seger, geb. 1878, Mechaniker, St. Gallen.

(Jagdvergehen.)

Gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 bzw. das frühere gleichnamige Bundesgesetz vom 21. Juni 1904 sind verurteilt worden: 23. Walter F a n k h a u s e r , verurteilt am 8. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Signau gemass den Art. 24, Abs. l und 2, 39, Abs. S, 48 und 50 des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 50 Busse.

Fankhauser wurde ertappt, als er einen von seinem Stiefvater in der Hofstatt geschossenen Grünspecht, mithin einen geschützten Vogel, zum Ausstopfen dem Präparator überbrachte.

Fankhauser ersucht um Herabsetzung der Busse; den ihm überlassenen Vogel habe er lediglich behändigt, um ihn zu Schulzwecken ausstopfen zu lassen.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt das Gesuch, die kantonale Forstdirektion beantragt Ermässigung der Busse bis Fr. 15, die Polizeidirektion bis Fr. 10, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bis Fr. 20.

Fankhauser ist gleich hoch gebüsst worden wie sein Stiefvater, der die Busse bereits bezahlt hat. War eine Busse von Fr. 50 für den Abschuss des Spechtes durchaus am Platze, so steht sie dagegen nicht im richtigen Ver-

549 hältnis zu der äusserst geringfügigen Verfehlung des jugendlichen Gesuchstellers. Der gänzliche Erlass der Busse, den wir beantragen, ist hier angezeigt.

24. Emil Frauchiger, verurteilt am 26. November 1926 vom Bezirksgericht Brugg gemäss Art. 39, Abs. 8, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 50 Busse.

Frauchiger hat einen ihm geschenkten jungen Mäusebussard gefangen gehalten, um ihn aufzuziehen und später ausstopfen zu lassen.

Frauchiger ersucht um Erlass der Busse, wozu er namentlich Unkenntnis des Jagdgesetzes und Freigabe des Vogels, auf erste Bemerkung der Polizei hin, geltend macht.

Das Bezirksgericht, Brugg empfiehlt die Begnadigung, die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Ermässigung der Busse bis Fr. 20.

Da Frauchiger, wie der Oberforstinspektor bemerkt, den jungen Vogel offenbar in guten Treuen gefangen gehalten hat und dieser nach der Freilassung zugrunde gegangen ist, beantragen wir Herabsetzung der Busse bis Fr. 10. Die gänzliche Begnadigung ist nicht angezeigt, weil Frauchiger von vorneherein beabsichtigte, den Mäusebussard zu gegebener Zeit ausstopfen zu lassen, mithin nicht lediglich aus Fürsorge handelte.

25. Ernst Wittwer, verurteilt am 2. Dezember 1926 vom Gerichtspräsidenten von Thun gemäss den Art. 42, 54 und 55 des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 50 Busse.

Wittwer und ein anderer sind mit einer Jagdwaffe am Seeufer herumgestreift, um auf Vögel zu schiessen.

Für Wittwer ersucht der Vater um Erlass der Busse. Er sei mit der Schiesserei des Jungen keineswegs einverstanden, führe den Vorfall jedoch zur Hauptsache auf jugendliche Sorglosigkeit und knabenhafte Unkenntnis zurück.

Die Bezahlung der Fr. 50 falle ihm schwer.

Der Gemeinderat von Thun und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung der Busse bis Fr. 25; der Bichter habe zu Unrecht wegen Jagens in Banngebiet verurteilt.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Ermässigung der Busse bis Fr. 25. Hätte sich der Bichter nicht durch Art. 42 des Gesetzes leiten lassen, so wäre wahrscheinlich eine geringere Busse ergangen.

26. Hermann W ä f f l e r , verurteilt am 2. Dezember 1926 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art. 39, Abs. 3, des
Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 50 Busse.

Wäffler und ein anderer sind an einem Novembersonntag mit einem Flobert herumgestreift, wobei wiederholt auf jagdbare Tiere geschossen wurde.

Bundesblatt.

79. Jahrg.

Bd. I.

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Die Eltern Wäfflers ersuchen um Ermässigung der Busse. Sie schreiben, nicht bemittelt zu sein, und bemerken, der bloss vierzehnjährige Knabe habe sich zwar mit dem Flobert auf dem Felde herumgetrieben und geschossen, aber nicht die Jagd ausgeübt.

Der Gemeinderat von Vendlincourt befürwortet das Gesuch, der Vizestatthalter von Pruntrut beantragt Ermässigung um die Hälfte, die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Abweisung.

Die Gesuchs anbringen stehen hinsichtlich des Vorfalles im Widerspruch zu der anerkannten Strafanzeige. Fraglich ist bloss, ob nicht die Jugendlichkeit des Gebüssten etwelche Berücksichtigung finden solle, indem der Eichter zwar den allgemeinen Strafminderungsgrund von Art. 32, lit. c, des Bundesstrafrechtes angerufen hat, dagegen nicht die Sonderbestimmung von Art. 54 des Jagdgesetzes, wonach er an die gesetzliche Mindest busse nicht gebunden ist.

Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung der Busse bis Fr. 25.

27. Karl Schärli, verurteilt am 16. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Lenzburg gemäss Art. 40, Abs. 3, des Bundesgesetzes von 1925 und kantonalen Bestimmungen betreffend Tierquälerei zu Fr. 10 Busse.

Schärli hat mit drei andern ein Eichhörnchen derart einzufangen versucht, dass sie es mit den ausgezogenen Kitteln wiederholt von einem Baum herunters chlugen.

Schärli ersucht um Erlass der Busse. Er habe das Verbot der Eichhörnchenjagd nicht gekannt, zudem sei er von den vier Beteiligten einzig bestiaft worden.

Die Bezahlung der Busse falle ihm neben den Kosten sehr schwer, da er gänzlich auf sich selbst angewiesen sei.

Der Gemeinderat von Schafisheim empfiehlt das Gesuch, ebenso der urteilende Eichter. da es sich um eine Bagatelle handle und der Gesuchsteller bereits durch die Gerichtskosten von Fr. 10 schwer getroffen werde.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei b e a n t r a g e n wir Abweisung, weil ein Eoheitsakt vorliegt; die mässig gehaltene Busse von Fr. 10 erging bezeichnenderweise wegen Jagdvergehens und wegen Tierquälerei.

28. Gottfried Meier, verurteilt am 22. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Bienigarten gemäss Art. 45, Abs. 3, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 30 Busse.

Meier ist wegen Jagenlassens seines Hundes gebüsst worden;
der Hund stöberte einen jungen Hasen auf, den er fing und abwürgte.

Meier ersucht um Erlass oder doch Ermässigung der Busse. Mit der Jagdgesellschaft habe er gleichen Tages einen Vergleich abgeschlossen. Die Anzeige erweise sich als Eacheakt und die Busse als unangebracht. Der Gebüsste sei nicht bemittelt, zudem hätten ihn die Hasen schon schwer geschädigt.

Das Bezirksgericht Bremgarten beantragt teilweise Begnadigung.

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Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Den Akten ist zu entnehmen, dass der in Betracht kommende Hund ungenügend beaufsichtigt ist. Meier ist vom Jagdaufseher bereits wiederholt verwarnt worden.

29. Hans Siegrist, verurteilt am 5. Februar 1927 mit Strafbefehl des Gerichtspräsidenten von Brugg gemass Art. 45, Abs. 2, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 20 Busse.

Siegrist ist wegen Jagenla&sens seines Hundes gebüsst worden; der Hund jagte im Gemeindebann Effingen ein Beh.

Siegrist ersucht um Erlass der Busse. Er habe den Hund, der von einem andern gelockt worden sei und erstmals gejagt habe, infolge desVorfalles abgetan.

Der urteilende Eichter empfiehlt die Begnadigung.

Mit der eidgenossischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Siegrist hat gegen die Anzeige nichts eingewendet und sich dem Strafbefehl von vorneherein unterzogen. Dabei sollte es angesichts der massigen Busse sein Bewenden haben. Besondere Konmiiserationsgründe fehlen.

30. Eobert Christe, verurteilt am 2. Dezember 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster gemàss Art. 43, Ziff. 2, Abs. 2, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 50 Busse.

Christe ist wegen Vogelstellerei gebüsst worden.

Christe ersucht um Herabsetzung der Busse. Er bringt an, beim Pilzsamnieln zufällig auf Leimruten gestos=en zu sein, und verweist außerdem auf vorhandene Arbeitslosigkeit.

Der Gemeinderat von Münster und der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten die teilweise Begnadigung. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Christe hat im Strafverfahren zuerst bestritten, dann gestanden. Die Gesuchsanbringen entsprechen dem Sachverhalte nicht.

Der gewissenorts häufigen Vogelstellerei gegenüber ist Milde nicht angezeigt.

Chri&te weist zwei Vorstrafen auf.

31. Eduard Brunner, verurteilt am 11. .Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemass Art. 42 des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 300 Busse.

Brunner hat in einem Bannbezirk einen Fischreiher geschossen.

Brunner stellt durch einen Eechtsanwalt das Gesuch um Erla«s oder doch Ermässigung der Busse bis Fr. 50. Wie im Strafverfahren, wird angebracht, die vom neuen Jagdgesetz
verordnete Einreibung des Fischreihers unter die geschützten Vögel sei Brunner nicht bekannt gewesen; vormals habe er für erlegte Fischreiher wiederholt Abschussprämien bezogen. Der Eichter be-

552 zeichne die dem Gebüssten zugebilligte Mindestbusse als ausserordentlich hart.

Brunner habe mit seinem bescheidenen Verdienst eine grosse Familie zu erhalten, so dass ihn die hohe Busse äusserst schwer treffe.

Der Gerichtspräsident von Interlaken bestätigt die Richtigkeit der Gesuchsanbringen und beantragt erhebliche Herabsetzung der Busse. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes schliesst sich diesem Antrag an. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen, ebenso die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Ermässigung der Busse bis Fr. 75.

Es kann angenommen werden, dass Brunner die heutige Unterstellung des Fischreihers unter die geschützten Vögel unbekannt war, insbesondere darf beachtet werden, dass das Fischereigesetz von 1888 vorschreibt, die Ausrottung von Fischreihern sei möglichst zu begünstigen (Art. 22). Immerhin setzte, nach kantonalem Recht, der Abschuss stets eine Bewilligung voraus, die Brunner nicht besass. Im übrigen betrachten hier sowohl die kantonalen Regierungsdirektionen wie der Oberforstinspektor die Anwendbarkeit der Strafbestimmung wegen Jagens im Bannbezirk als vom Gesetz nicht gewollte Härte.

In Berücksichtigung dieser Umstände, des Fehlens von Vorstrafen, der bescheidenen Verhältnisse des Gesuchstellers beantragen wir Ermässigung der Busse bis Fr. 50, was der Mindestbusse für die Erlegung geschützter Vögel in offenem Gebiet gleichkommt.

32. und 33. Konrad und Emil Strub, verurteilt am 12. Januar 1927 von der Bezirksgerichtskornmission St. Gallen gemäss den Art. 40, Abs. 2, und 43, Ziff. 3, des Bundesgesetzes von 1925 zu je Fr. 150 Busse.

Konrad und Emil Strub räucherten einen Fuchsbau aus und behändigten zwei junge Füchse. Bei anderem Anlass schoss Konrad Strub einen alten Fuchs.

Vater und Sohn ersuchen um Erlass der Bussen. Sie berufen sich auf die schwere Schädigung an ihrem Geflügelbestand und auf die in diesem Zusammenhang erlangte Bewilligung des Emil Strub zur Verfolgung wilder Tiere.

Das Untersuchungsrichteramt St. Gallen befürwortet die teilweise Begnadigung, und das kantonale Justizdepartement schlägt Ermässigung der Bussen um die Hälfte vor.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung der Bussen bis zu je Fr. 50. Die Kantonsbehörden erinnern bereits ihrerseits
an die in der Dezembersession 1926 erledigte Begnadigungssache Bodenmann (Nr. 26 des I. Berichtes vom 5. November 1926, Bundesbl. II, 611). Ferner kann eingeräumt werden, dass die Gesuchsteller sieh einzig gegen die stete Schädigung zur Wehr setzten, wobei allerdings die bedingte Abschussbewilligung überschritten wurde.

553 34. Heinrich Benz, am 13. August 1926 vom Statthalteramt Winterthur gemäss Art. 43, Ziffer 2, Abs. l, des Bundesgesetzes von 1925 in eine Busse von Fr. 300 verfallt.

Benz, der eingemietet ist und beim Wohnhaus Hühner hält, hat im nahen Düngerhaufen eine Falle gestellt und einen Iltis gefangen, den er tötete und dessen Fell er verkaufte.

Benz stellt durch einen Eechtsagenten das Gesuch um Erlass oder doch erhebliche Herabsetzung der Busse. Er habe die Falle erst nach längerer Schädigung an seinem Hühnerbestand gestellt. Bei dem bescheidenen Einkommen sei die Busse eine Last, unter der die ganze Familie leide.

Der Polizeibericht lautet günstig, immerhin fallen die Vorstrafen in Betracht. Das Statthalteramt Winterthur beantragt Herabsetzung der Busse bis Fr. 200. Das Stadthalteramt bemerkt, da Benz in vermeintlicher Ausübung kantonaler Grundeigentümerrechte gehandelt habe, erweise sich die erkannte Mindest busse als sehr hoch. Eine Strafe sei grundsätzlich am Platze, namentlich weil das verwendete «Tellereisen» besonders roh sei.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir bei den bescheidenen Verhältnissen des Gesuchstellers Ermässigung der Busse bis Fr. 100.

35. Fritz Kohler, verurteilt am 29. Januar 1927 vom Gerichtspräsidenten von Interlaken gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 300 Busse.

Kohler hat im Banngebiet auf Hasen geschossen, die ihm Schaden anrichteten.

Kohler ersucht um Erlass der Busse, da er in gutem Glauben gewesen sei, die Hasen verscheuchen zu dürfen ohne sich strafbar zu machen.

Der Gemeinderat von Hofstetten befürwortet den gänzlichen Erlass der Busse, der Gerichtspräsident von- Interlaken und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes erhebliche Ermässigung. Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Herabsetzung bis Fr. 200. Der Bannbezirk sei zur Hebung des Hasenbestandes geschaffen worden, auch habe Kohler kaum erheblichen Schaden erlitten. Obschon Abwehrmassnahmen bei Gebäuden und Gärten dem in offenem Land begangenen Frevel nicht gleichstünden, sei die Selbsthilfe immerhin unangebracht.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Ermässigung der Busse bis Fr. 100. Der Bichter bezeichnet im vorliegenden Fall die gesetzliche Mindestbusse als ausserordentlich
hart und verweist den Gebüssten bereits in den Urteilserwägungen auf den Begnadigungsweg.

36. und 37. Karl Dätwiler und David Baumann, verurteilt am 5. März 1926 vom Bezirksgericht Bmgg gemäss Art. 43, Ziffer 2, Abs. l, des Bundesgesetzes von 1925 zu je Fr. 300 Busse.

Dätwiler und Baumann haben eine Marderfalle gestellt, in der eine Krähe aufgefunden wurde.

554 Beide ersuchen in nicht selbst verfasster Eingabe um Ermässigung der Bussen bis Fr. 50. Das fehlerhafte Verhalten, das eingesehen werde, rechtfertige die hohen Bussenbeträge nicht.

Das urteilende Gericht empfiehlt die teilweise Begnadigung bereits in den Urteilserwägungen; es müsse erklärt werden, dass die gesetzliche Mindestbusse nach der Art des Vorfalles unverhältnisniässig hoch sei.

Da erschwerende Verumständungen fehlen, mag eine teilweise Begnadigung eintreten. Immerhin ist zu beachten, dass die Falle nicht wegen erlittenen Schadens gestellt wurde. Wir beantragen mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei Ermässigung der Bussen bis je Fr. 150.

88. Alphons Cueni, verurteilt am 28. Juli 1926 vom Gerichtspräsidenten von Laufen gemäss den Art. 39, Abs. 3 ; 42, Abs. l, und 43, Ziffer 5, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 200 Busse.

Cueni war während geschlossener Jagdzeit mit einer zerlegbaren Flinte auf dem Anstand; unterwegs durchschritt er Banngebiet. Den Polizeiorganen gegenüber ergriff Cueni die Flucht, wurde jedoch gestellt und entwaffnet.

Cueni ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass oder doch weitgehende Ermässigung der Busse. Er habe lediglich beabsichtigt, Hühnervögel abzuschiessen. Die Schilderung der Vorgänge bei der Flucht und Ergreifung sei unrichtig und übertrieben. Man möge seinen geringen Verdienst und die Familienlasten berücksichtigen. Als Steinhauer sei er seit langem arbeitslos, und der kleine landwirtschaftliche Betrieb sichere kaum den Unterhalt der Familie.

Der Gemeinderat von Dittingen schreibt, die Verdienstmöglichkeit des gutbeleumdeten Gesuchstellers sei dermalen sehr schlecht. Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes betont, dass hier die Umwandlungsstrafe drohe und befürwortet, die Busse bedeutend zu ermässigen. Die kantonale Forstdirektion beantragt auf Grund der erschwerenden Umstände des Vorfalles Abweisung, die kantonale Polizeidirektion möchte die ausgewiesenen, ärmlichen Verhältnisse durch Ermässigung der Busse bis Fr. 100 berücksichtigen.

Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bezeichnet die Gesamtbusse von Fr. 200 bei der mehrfachen Gesetzesübertretung als milde Strafe: sie beantragt Abweisung unter Zubilligung von Eatenzahlungen.

Abschliessend beantragen wir Herabsetzung der Busse
bis Fr. 100.

Der gute Leumund, das Fehlen von Vorstrafen, die ungunstigen Einkommensverhältnisse können kommiserationsweise berücksichtigt werden, namentlich da das Durchqueren des Bannbezirkes nach der Lage des Falles zurücktritt.

Eine v/eitergehende Begnadigung wäre unangebracht.

39. Hans Schmid, verurteilt am 25. Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Frutigen gemäss Art. 42 des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 300 Busse.

Schmid und ein anderer haben in Banngebiet gejagt.

555 Schmid ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass oder doch weitgehende Herabsetzung der Busse, die er bei seinem bescheidenen Verdienst und den grossen Familienlasten nicht aufbringen könne, weshalb ihm die Umwandlungsstrafe bevorstehe. Er habe aus Not gewildert.

Der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes bescheinigt die Eichtigkeit der Gesuchsanbringen und befürwortet Herabsetzung der Busse bis Fr. 100.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen können sich höchstens mit einer Herabsetzung big Fr. 200 einverstanden erklären. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung bi< Fr. 150.

Wir b e a n t r a g e n Herabsetzung bis Fr. 200 und Zubilligung von Abschlags Zahlungen.

40. Martin Kech, verurteilt am 8. Juli 1926 vom Bezirksgericht Baden gemäss Art. 48, Ziffer 2, Abs. l, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 300 Busse.

Kech hat Drahtschlingen gelegt, um einen Fuchs oder Dachs zu fangen.

Für Kech ersucht ein Eechtsanwalt um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse bis Fr. 50 oder 100. Die Selbsthilfe gegen Schaden verursachende Fuchse werde im Volk als erlaubte Abwehrmassnahme betrachtet. Die gesetzliche Mindestbusse erweise sich hier als viel zu hoch. Kech sei gänzlich vermögenslos; dem nicht vorbestraften, siebenundsechzigjährigen Gesuchsteller drohe die Umwandlungsstrafe. Um diese Härte auszugleichen, sei die Begnadigung da.

Das Bezirksgericht Baden schreibt, das Verhalten des Gesuchstellers im Strafverfahren rechtfertige eine Begnadigung nicht. Die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei weist auf Grund der Akten die Behauptung zurück, dass Selbsthilfe als Abwehrmassnahme zutreffe. Es wird Abweisung beantragt, da Schlingensteller keine Gnade verdienen.

Demgegenüber beantragen wir anhand der Gesuchsanbringen, namentlich da es sich um einen nicht vorbestraften, siebenundsechzigjährigen Mann handelt, Ermässigung der Busse bis Fr. 200, in der Meinung, dass auch dieser Betrag für Kech noch eine schwere Last darstelle.

41. Albert B a u m a n n , verurteilt am 14. Januar 1927 vom Bezirksgericht Kulm gernäss Art. 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes von 1925 in Verbindung mit kantonalem Jagdrecht zu Fr. 300 Busse.

Baumann hat eine Tellerfalle gestellt, in der sich ein Fuchs verfing.

Baumann ersucht in nicht selbst
verfasster Eingabe um Erlass der Busse.

Er beruft sich darauf, dass er al> früherer Jagdaufseher unter dem vormaligen Jagdgesetz wahrend mehr als zwanzig Jahren Tellereisen gestellt habe, darin Erfahrung besitze und auch hier waidgerecht vorgegangen sei. Mit seiner Abwehrmassnahme habe er einer ganzen Anzahl geschädigter Landwirte genützt. Bei seinem Alter von funfundsiebenzig Jahren möge man ihm die

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entschuldbare Unkenntnis der nunmehrigen Eegelung zugute halten. Die grosse Summe bedeute für den betagten Gesuchsteller eine schwere Last.

Das Bezirksgericht Kulm empfiehlt die Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung. Als Mitpächter eines Jagdreviers und als früherer Jagdaufseher sollte sich Baumann nicht auf Unkenntnis des neuen Bundesgesetzes berufen. Er hätte sich zudem auch nach ehemaligem Jagdrecht strafbar gemacht, da die Falle nicht gezeichnet war.

42. Célestin Berat, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut gemäss Art; 43, Ziffer 2, des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 300 Busse.

Berat hat mit einer Falle einen Fuchs gefangen.

Berat ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse. Er habe im Interesse mehrerer, durch den Fuchs geschädigter Landwirte gehandelt, was diese bestätigen, und sein Vorgehen nicht als strafbar erachtet.

Der Vizestatthalter von Pruntrut befürwortet die teilweise Begnadigung.

Die kantonalen Forst- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir desgleichen Abweisung. Das Verbot des Fallenstellens ist durchweg bekannt. Berat ist wegen Jagdvergehens vorbestraft, auch gilt er nach Aussage des Anzeigers in der Hauptverhandlung allgemein als Fallensteller. Besondere Begnadigungsgründe liegen in Wirklichkeit nicht vor.

43. Johann Wirth, verurteilt am 5. November 1926 vom Bezirksgericht Baden gemäss Art. 40, Abs. l des Bundesgesetzes von 1925 zu Fr. 200 Busse und Beschlagnahme eines Jagddrillings.

Wirth hat ohne Jagdberechtigung einen Behbock erlegt.

Wirth ersucht um Erlass von Busse und Kosten sowie um Bückgabe der beschlagnahmten Waffe. Die Eingabe erweist sich im wesentlichen als Beschwerde gegen die Untersuchung und Verurteilung, die als unkorrekt und ungerecht dargestellt werden. Man habe ihn in falschen Verdacht genommen, hernach sei seine Frau von einem Polizeikorporal durch Pression zur Aussage veranlagst und er selbst durch den Bezirksamtmann mit Drohungen und missbräuchlicher Untersuchungshaft zum Geständnis gebracht worden, während der Abschuss des Behbockes in Wirklichkeit nicht zutreffe.

Zu den Gesuchsanbringen äussert sich auf besonderes
Ansuchen die kantonale Staatsanwaltschaft, die zudem zwei Bapporte von Polizeiunteroffizieren und einen Bericht des Bezirksamtes Baden beilegt.

Das Bezirksgericht Baden spricht sich durchaus gegen eine Begnadigung aus, ebenso die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei.

Wir beantragen desgleichen Abweisung. Der Begnadigungsweg darf nicht an Stelle eines kantonalrechtlichen Beschwerde- oder Bechtsmittel-

557 Verfahrens treten. Ohne auf die Vorgänge der Strafuntersuehung näher einzugehen, erwähnen wir bloss, dass Wirth nicht davor zurückschreckte, einen in der Sache Unbeteiligten zu falschem Zeugnis zu bereden und begnügen uns im übrigen mit der Feststellung, dass die Begnadigungsbehörde sich in erster Linie an die Hauptverhandlung und ihre, dem Strafurteil zu entnehmenden Ergebnisse zu halten hat. Nach dem Verhandlungsprotokoll und den Urteilserwägungen hat Wirth vor dem Bezirksgericht Baden den Sachverhalt «schlankweg zugestanden». Für die Begnadigungsbehörde rnuss es hierbei sein Bewenden haben. Die Busse selbst ist nicht übersetzt. Auf die Eückgabe der gemäss kantonalrechtlicher Bestimmung beschlagnahmten Jagdwaffe sowie den Kostenerlass kann von vornherein nicht eingetreten werden.

44. August Seger, verurteilt vom Untersuchungsrichteramt St. Gallen am 18. November 1922 gemäss Art. 21, Ziffer 3, lit. b, des Bundesgesetzes von 1904 zu Fr. 450 Busse; die hinsichtlich des Jagdpatentes ausgesprochene Nebenstrafe wurde von der Bezirksgerichtskommission St. Gallen dahin geändert, dass das Jagdpatent auf 5 Jahre entzogen sein solle.

Seger hat im November 1922 im Banngebiet mit einer zusammengeschraubten Flinte einen Eehbock geschossen. Er ist rückfällig.

Seger ersucht um Verkürzung des Ausschlusses von der Jagdberechtigung, derart, dass er für 1927 das Jagdpatent wieder lösen könne.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und das kantonale Justizdepartement beantragen Abweisung.

Angesichts des schweren Jagdvergehens und der Eeihe von Vorstrafen beantragen wir mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei das Gesuch abzuweisen.

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August Riehen, geb. 1906, Handlanger, Münster (Bern), Julius Teuber, geb. 1882, Bankbeamter, Wien (Österreich), Franz Müller, geb. 1887, Fabrikarbeiter, Eorschach (St. Gallen), Emil Gonthier, geb. 1887, Buchbindermeister, Delsberg (Bern), Fritz Ludi, geb. 1887, Schmiedmeister, Gampelen (Bern), Emil Stooss, geb. 1906, Handlanger, Grandval (Bern), Marcel Ramseyer, geb. 1898, Uhrmacher, Biel (Bern), Léon Tallat, geb. 1904, Landwirt, Courfaivre (Bern), Wilhelm Thürkauf, geb. 1898, Schneider, Basel, Johann Fenr, geb. 1896, iTramangestellter, Biel (Bern), Joël Geiser, geb. 1896, Landwirt, Fontenais (Bern), Hermann Flückiger, geb. 1896, Abwart, Bévilard (Bern), Hans MuH, geb. 1897, Knecht, Willisau-Land (Luzern),

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Ernst Gold, geb. 1900, Beisender, Neu-Allsclrwil (Basel-Landschaft), Reinhard Hertner, geb. 1886, Taglöhner, Bickenbach (Basel-Landschaft), Hans Döbeli, geb. 1894, Angestellter, Birsfelden (Basel-Landschaft), Henri Walther, geb. 1898, Mechaniker. Pruntrut (Bern), Robert Lozeron, geb. 1895, Leiter eines Kinematographen, Delsberg (Bern), Armand Faigaux, geb. 1888, Bemoiiteur, Malleray (Bern), Ernst Löscher, geb. 1897, Bemonteur, Neuenstadt (Bern), Robert Mariaux, geb. 1890, Fabrikant, Pieterlen (Bern), Louis Christe, geb. 1887, Uhrmacher, Courrendlin (Bern), Josef Gassmann, geb. 1897, Mechaniker, Delsberg (Bern).

Charles Jacot, geb. 1889, Uhrmacher, Tavannes (Bern), Robert Müller, geb. 1889, Metzger, Bévilard (Bern), Friedrich Aemmer, geb. 1897, Landwirt, Matten (Bern), Johann Bartholet, geb. 1901, Handlanger, Diibendorf (Zürich), Emil Leuenberger, geb. 1893, Eangierarbeiter, Bern, Franz Binz, geb. 1902, Uhrmacher, vormals in Hubersdorf (Solothurn), Friedrich Schmassmann, geb. 1895, Hafner, Neu-Allsclrwil (BaselLandschaft), Hoschia Schneider, geb. 1894, Kaufmann, Lugano (Tessin), Otto Bieri, geb. 1895, Chauffeur, Bern, Fritz Suess, geb. 1903, Uhrmacher, Pieterlen (Bern), Robert Kiener, geb. 1898, Uhrmacher, Grandval (Bern), Ernst Hecht, geb. 1904, Monteur, vormals in Delsberg (Bern), Werner König, geb. 1896, Mechaniker, Bern.

(Militärpflichtersatz.)

Die Vorgenannten sind wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes verurteilt worden in Anwendung des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz. Bevor wir auf die einzelnen Fälle eintreten, erinnern wir hinsichtlich der Stellung des Begnadigungsverfahrens zur n e u e n Gerichtspraxis allgemein an die Ausführungen im T. Bericht vom 5. November 1926 (Bundesbl.

II, 617 ff.). Ferner beziehen wir uns in diesem Zusammenhang auf das neueste Kreisschreiben der eidgenössischen Steuerverwaltung an die Militärsteuerbehörden der Kantone vom 4. April 1927. Die nunmehrige Gesetzesanwendung gelangt in den nachstehenden Fällen zum Ausdruck, sofern ihnen die Militärsteuer für 1926 zugrunde liegt. Die Ersatzpflichtigen sind auf die Neuerung rechtzeitig aufmerksam gemacht worden. Dies gilt namentlich für den Kanton Bern, wo hierzu die zweite Mahnung benutzt wurde; Näheres ergibt der den

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Akten beigegebene Text des Mahnschreibens. Die vom Bundosrat gestellten Abweisungsanträge entsprechen der Notwendigkeit, dass der bundesgerichtlich bestimmten Bechtsanwendung auch im Begnadigungsweg Eechnung getragen werde. Die Begnadigung wird demgemàss weniger häufig beantragt ; immerhin beruhen namentlich die Anträge betreffend bedingte Begnadigung auf dem Bestreben, die gesamten Verumständungen eine's Falles zu würdigen. Für die Abweisungsanträge gilt allgemein, dass das Verhalten des Ersatzpflichtigen vor der verspäteten Steuerentrichtung auch für die Schlussnahme über sein Begnadigungsgesuch wesentlich bleiben muss.

45. August Eichen, verurteilt am 2. Dezember 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu 2 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 37. 60 für 1926 betreffend.

Eichen ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe.

Der Sektionschef in Münster, der Gemeinderat von Munster, der urteilende Eichter, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung, die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig die gänzliche Begnadigung. Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung, Sektion für Militärpflichtersatz, beantragen wir ebenso den gänzlichen Erlass der Haftstrafe. Eichner hat rechtzeitig versucht, die Ermässigung der Ersatzabgabe zu erlangen. Nachträglich fanden seine Verhältnisse Berücksichtigung.

Der massgebende Betrag von Fr. 15 ist vor dem Urteilstermin entrichtet worden.

46. Julius Teuber, verurteilt am 18. November 1926 vom Polizeigericht Liestal zu l Tag Haft, die Militärsteuern von Kronen 325,003 für 1920--1922 betreffend.

Teuber ersucht um gnadenweise Aufhebung des Urteils in allen Teilen.

Die Militär- und Polizeidirektionen des Kantons Basel-Landschaft beantragen die gänzliche Begnadigung.

Mit der eidgenossischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir, die Haft«trafe gänzlich zu erlassen. Teuber ist 1922 letztmals ersatzpflichtig gewesen, ferner hat er noch vor dem Urteilstermin bezahlt. Zum Kostenerlass ist die Begnadigungsbehörde unzuständig.

47. Franz Muller, verurteilt am 11. Juni 1926 vorn Obergericht des Kantons- Aargau zu 5 Tagen Gefängnis, die Militärsteuern von Fr. 180 für 1920--1924 betreffend.

Muller ersucht um Erlas? der Gefängnisstrafe.

Das Obergericht des Kanton« Aargau empfiehlt den Erlass. Die eidgenössische Steuerverwaltung
erachtet weitgehende Begnadigung als angezeigt. ' Wir b e a n t r a g e n , die Gefängnisstrafe ganzlich zu erlassen. Müller, der mit Frau und sieben Kindern in Brasilien niedergelassen war, kehrte mit der

560 Familie wegen schlechten Verdienstes in die Schweiz zurück. Seine Verhältnisse sind dermalen rnisslich, was bei der besonderen Lage des Falles die ganzliche Begnadigung nahelegt.

48. Emil Gonthier, verurteilt am 5. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 24.10 für 1926 betreffend.

Gonthier, der die Steuer vor dem "Urteilstermin entrichtet hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Das Geschäftsjahr 1926 sei sehr schlecht gewesen, so dass er in finanzielle Bedrängnis geraten sei.

Der Gemeindepräsident von Delsberg und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die kantonale Militai Steuerverwaltung kann dasselbe nicht empfehlen. Die kantonale Polizeidirektion beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag, unter der Bedingung, dass Gonthier, der letztmals ersatzpflichtig wird, im Jahre 1927 ordnungsgemäss bezahlt. Gonthier hat von 1907 bis 1918 Militärdienst geleistet, mithin auch während den langen Aktivdiensten. Die Berichte der Ortsbehörden lauten ausnehmend günstig.

Der Sektionschef bestätigt, dass Gonthier sich im Jahre 1926 in prekärer Lage befunden habe.

49. Fritz Lüdi, "verurteilt am 8. Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Erlach zu 4 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 24.10 für 1926 betreffend.

Lüdi ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er anerkennt die Richtigkeit der Strafe, ruft jedoch die Milde der Begnadigungsbehörde an. Wenn auch verspätet, sei die Ersatzabgabe doch bezahlt.

Der Gemeinderat von Gampelen, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung befürworten das Gesuch, die kantonale Polizeidirektion beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 4 Tagen wie bei Gonthier. Die verspätete Steuerbegleichung ist hier einzig auf den liederlichen Lebenswandel zurückzuführen.

Die Begnadigung wird einhellig befürwortet, um den zur Abstinenz übergetretenen Gesuchsteller nicht durch den Vollzug der Haftstrafe neuerdings zu gefährden. Da Lüdi im übrigen einen guten Eindruck macht, darf die Massnahme verantwortet werden, zumal 1927 das letzte Steuerjahr isti 50. Emil Stooss, verurteilt am 18. November
1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 31.60 für 1926 betreffend.

Stooss, der am Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die verspätete Zahlung sei durch längere Krankheit verursacht worden.

561 Der Gemeinderat von Grandval, der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung befürworten das Gesuch, die kantonale Polizeidirektion beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und heben als Bedingung besonders hervor, dass Stooss während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und auch nicht neuerdings die Entrichtung der Militärsteuer schuldhaft unterlasse. Kommiserationsweise kann berücksichtigt werden, dass Stooss, der etwas schwerfällig ist und sich mit Mühe durchbringt, erstmals ersatzpflichtig war.

51. Marcel Bamseyer, verurteilt am 12. Februar 1926 vom Gerichtspräsidenten von Courtelary zu 3 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 55. 60 für 1925 betreffend.

Bamseyer, der nachträglich in Baten bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die verspätete Zahlung sei auf längere Arbeitslosigkeit und auf den Umstand zurückzuführen, dass er zeitweise statt auf seinem Berufe bloss als Handlanger habe arbeiten können.

Der Begierungsstatthalter von Courtelary befürwortet das Gesuch. Die kantonale Militär Steuerverwaltung kann dasselbe nicht empfehlen. Die kantonale Polizeidirektion beantragt die bedingte Begnadigung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von 3 Tagen unter denselben Bedingungen wie bei Stooss.

Bei dem unregelmässigen Verdienst Eamseyers erweist sich die Ersatzabgabe als ziemlich hoch. Der sorgfältige Polizeibericht bezeichnet den Gesuchsteller als etwas schwerfällig. Ln Zeitpunkt der Gesuchserledigung wird die Bestrafung über sechzehn Monate zurückliegen. Das vom 20. März 1926 datierte Gesuch kam der Bundesanwaltschaft erst am 16. Dezember zu.

52. Léon Tallat, verurteilt am 5. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu 3 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 37. 60 für 1926 betreffend.

Tallat, der nachträglich bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Er sei, was ein Polizeibericht bestätigt, die Stütze seiner betagten Eltern.

Die verspätete Zahlung müsse auf längere Arbeitslosigkeit zurückgeführt werden.

Der Gemeinderat von Courfaivre und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die
kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion können das Gesuch nicht empfehlen.

Die eidgenössische Steuerverwaltung kann einer teilweisen bedingten Begnadigung zustimmen. Da Tallat nachgewiesenermassen für seine Eltern sorgt, möchten wir ihm entgegenkommen. Wir beantragen den bedingten Erlass der Haftstrafe von 3 Tagen wie bei Stooss.

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53. Wilhelm T h ü r k a u f , verurteilt ara 10. Juni 1926 vom Polizeigericht Ariesheim zu 4 Tagen Gefängnis, die Militärsteuern von Fr. 68 für 1923/24 betreffend.

Thürkauf ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Sein Verdienst reiche bei den vorhandenen Familienlasten nicht aus.

Die Militär- und Justizdirektionen des Kantons Basel-Landschaft enthalten sich eines Antrages, da Thürkauf zu wenig lang im Kanton gewohnt habe ; aus den Akten gehe immerhin hervor, class er mit Frau und vier Kindern in dürftigen Verhältnissen lebe. In den Akten des Polizeidepartementes von Basel-Stadt befindet sich ein ausführlicher Polizeibericht.

Die eidgenössische Steuerverwaltung hält dafür, die misslichen Verhältnisse des Gesuchstellers seien zu berücksichtigen. Der Beschluss des Begierungsrates von Basel-Stadt vom 7. Oktober 1924 nehme in einer Unterstützungssache das Vorhandensein einer Notlage an, ferner befinde sich Thürkauf auch dermalen in bedrängter Lage. Immerhin habe es Thürkauf am guten Willen fehlen lassen, die Steuerangelegenheit zu ordnen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir den bedingten Erlass der Gefängnisstrafe von 4 Tagen wie bei Stooss. Als weitere Bedingung sei beizufügen, dass Thürkauf sich unverzüglich.mit den Militärsteuerbehörden in Verbindung setze, damit Ende 1927 die rückständigen Beträge entweder bezahlt oder nachgelassen sind.

54. Johann Fehr, verurteilt am 1. März 1926 vom Gerichtspräsidenten von Biel zu 2 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 52. 60 für 1925 betreffend.

Fehr ersucht um Erlass der Haftstrafe. An der Hauptverhandlung sei er ausgeblieben, weil er die seinerzeit mündlich ergangene Vorladung überhört habe. Die Ersatzabgabe sei inzwischen, und zwar ohne Kenntnis des erst am 4. Februar 1927 eröffneten Kontumazurteils, mit Zahlungen vom 21. Januar, 20. Februar und 30. September 1926.entrichtet worden; dieser Zahlungsverzug sei in Wirklichkeit nicht verschuldet. Der Strafvollzug schädige ihn in seiner Stellung.

Der Polizeibericht lautet günstig. Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes empfiehlt das Gesuch, da die Gesuchsanhringen zutreffend seien und böser Wille nicht vorgelegen habe. Die kantonale Militärsteuerverwaltung beantragt Abweisung, die kantonale Polizeidirektion die bedingte Begnadigung, Die eidgenössische Steuerverwaltung bezieht sich
auf einen neuesten Bericht des Sektionschefs von Biel und beantragt Abweisung. Fehr habe in der ersten Abhörung die Zahlung der Ersatzabgabe, verweigert, weil er noch landsturmpflichtig sei. Er habe nur für die Ehefrau zu sorgen. Als Angestellter der -städtischen Strassenbahnen hätte er trotz bescheidenem Lohn seiner Ersatzpflicht genügen können. Er habe bis anhin jedes Jahr gemahnt werden müssen.

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563 Demgegenüber entschliessen wir uns zum A n t r a g , die Haftstrafe von 2 Tagen sei bedingt zu erlassen wie bei Stooss. Hierzu ziehen wir die überaus günstigen Berichte der Kantonspolizei und des Begierungsstatthalters über den Gesuchsteller in Betracht und ausserdem die Tatsache, dass das Urteil vom 1. März 1926 tatsächlich erst am 4. Februar 1927 eröffnet worden ist.

Ferner ist die Ersatzabgabe für 1926 innert der von den Militärsteuerbehördeu gesetzten Frist entrichtet worden, was dafür spricht, dass Fehr jedenfalls heute seinen Pflichten nachzukommen sucht.

55. Joël G e i g e r , verurteilt am 4. Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 54.10 für 1926 betreffend.

Geiser, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die dermalige Krisis bringe ihn stark zurück; die Ersatzabgabe sei mit entlehntem Geld bezahlt worden.

Der Gemeinderat von Fontenais befürwortet das Gesuch. Die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung, da Geiser schon wiederholt dem Eichter überwiesen worden sei.

Der Polizeibericht und der Bericht des Sektionschefs lauten ausnehmend günstig.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir den bedingten Erlass der Haftstrafe von l Tag wie bei Stooss. Das Strafurteil weist nur ungenügende Motive auf. Nach zuverlässigen Berichten befindet sich Geiser in bedrängter Lage.

56. Hermann Flückiger. verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 49. 60 für 1926 betreffend.

Flückiger, der vor dem Urteilstermin in zwti Baten bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er betont seine bescheidenen Verhältnisse, die Familienlasten, einen grösseren Geldverlust und erinnert an den längeren Aktiv dienst.

Der Genueinclerat von Bévilard bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch. Auch der Begierimgsstatthaltcr des Amtsbezirkes empfiehlt dasselbe. Dit kantonale Militärsteuerverwaltung, die kantonale Polizeidirektion und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung. Flückiger habe schon 1923--1925 dem Pachter überwiesen werden müssen, sei jedoch nach der früheren Gerichtspraxis ohne Strafe davongekommen. Die Begnadigung würde den Schlendrian in der Bezahlung
der Ersatzabgabr gutheissen.

Demgegenüber entschliessen wir uns zum A n t r a g , die Haftatrafe von l Tag sei bedingt zu erlassen wie bei Stooss. Angesichts der Gtsuchsanbringen, die auf besonderes Ansuchen amtlich nachgeprüft wurden, und da die Urteilserwägungen selbst feststellen, das-3 Fluekiger seine Familie mit Muhe durch-

564 bringe, dürfen hier Kommiserationsgründe den Ausschlag geben. Auch kann der längere Aktivdienst in diesem Zusammenhang einigermassen berücksichtigt werden. Urteilsmotive über das Verschulden Flückigers ,sind auffälligerweise nicht vorhanden.

57. Hans M u f f , verurteilt am 18. Juli 1926 vom Amtsgericht LuzernStadt zu 3 Tagen Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 18 für 1924 betreffend.

Muff ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Gefängnisstrafe. Er habe die ihm vom Gericht bis zum 26. Mai 1926 zugebilligte Frist lediglich deshalb um einen Tag überschritten, weil ihm sein Lohn erst tags darauf ausgehändigt worden sei. Die ordnungsgemässe Steuerbegleichung sei ihm zufolge langer und wiederholter Arbeitslosigkeit unmöglich gewesen.

Das kantonale Justizdepartement erachtet die Herabsetzung der Strafe bis zu l Tag als angemessen.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir, die Strafe bis zu l Tag Haft zu ermässigen. Es handelt sich um die Ersatzabgabe für 1924.

Nachdem ein Gesuch um Steuerbefreiung am 18. September 1925 endgültig abgewiesen war, hätte Muff die Angelegenheit ordnen sollen. Das Amtsgericht schreibt, die Frist sei in nachsichtiger Weise gewährt worden ; das Urteil erging erst am 18. Juli 1926. Muff liess vom 20. Mai ab nichts von sich hören, er wies dem Gericht weder die nachträgliche Steuerquittung noch das abverlangte Arztzeugnis vor. Der Polizeibericht über den ledigen Gesuchsteller, der ohne Unterstützungspflichten ist, lautet nicht besonders günstig.

58. Ernst Gold, verurteilt am 6. Juli 1926 vom Polizeigericht Ariesheim zu 5 Tagen Gefängnis, die Militärsteuern von Fr. 102 für 1924/25 betreffend.

Gold ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die ungünstige Wirtschaftslage habe ihn zurückgebracht. Sämtliche Eückstände, ebenso die Ersatzabgabe für 1926, seien nachträglich entrichtet worden. Heute befinde er sich in aussichtsreicher Stellung, die aber durch den Strafvollzug gefährdet werde.

Seinen Pflichten werde er fortan pünktlich nachkommen.

Die kantonalen Militär- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung, die eidgenössische Steuerverwaltung Abweisung oder, weitgehend, teilweise Begnadigung.

Wir beantragen Herabsetzung bis zu 2 Tagen Haft. Die Anhebung des Strafverfahrens, die Ersatzabgaben für 1924/25 betreffend, erfolgte erst Mitte Januar
1926, so dass Gold zu Abschlagszahlungen reichlich Zeitj gehabt hätte.

Der Gesuchsteller lebt in kinderloser Ehe und hat keine besonderen Familienlasten. Die Abweisungsanträge sind verständlich. Die teilweise Begnadigung berücksichtigt die nunmehr eingetretene Eegelung zur Genüge.

59. Bernhard Hertner, verurteilt am 25. Januar 1927 vom Polizeigericht von Gelterkinden zu 3 Tagen Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 10. 50 für 1926 betreffend.

565 Hertner, der am 4. März bezahlt hat, ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Die rechtzeitige Bezahlung sei ihm bei seinen schweren Familienlasten unmöglich gewesen.

Die kantonalen Polizei- und Militärdirektionen empfehlen Herabsetzung der Strafe bis zu einem Tag Gefängnis. Hertner könnte bei besserem Arbeitswillen in geordneten Verhältnissen sein; er habe schon achtmal dem Richter überwiesen werden müssen.

Würde Hertner nicht bereits zwei Freiheitsstrafen aufweisen, so könnte sich fragen, ob kommiserationsweise, da er jetzt nicht mehr ersatzpflichtig ist, die gänzliche Begnadigung zu gewähren sei. Angesichts der Vorstrafen, der Urteilserwägungen und Anträge der Kantonsbehörden begnügen wir uns mit der eidgenössischen Steuerverwaltung zu beantragen, die Gefängnisstrafe sei bis zu einem Tag zu ermässigen.

60. Hans Do beli, verurteilt am 23. September 1926 vom Polizeigericht Ariesheim zu 2 Tagen Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 24 für 1925 betreffend.

Döbeli ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht schlechte Erwerbsverhältnisse, zeitweise Arbeitslosigkeit, bestehende Familienlasten geltend und bezeichnet sich als schwer geprüften Familienvater. Ferner verweist er auf den geleisteten Aktivdienst und den damaligen längeren Spitalaufenthalt als Militärpatient. Der Strafvollzug gefährde seine nunmehrige Anstellung.

Die Nichtentrichtung der Ersatzangabe beruhe einzig auf Unvermögen.

Die Militär- und Polizeidirektionen des Kantons Basel-Landschaft können das Gesuch vornehmlich deshalb nicht empfehlen, weil Döbeli seinem Versprechen gemäss den guten Willen mit Teilzahlungen hätte bekunden sollen.

Die eidgenössische Steuerverwaltung stellt keinen Gegenantrag, kann aber einer teilweisen, bedingten Begnadigung zustimmen. Döbeli habe mehr aus Unvermögen als aus Gleichgültigkeit nicht bezahlt, auch würde ihn der Strafvollzug bei den obwaltenden Umständen ziemlich hart treffen.

Mit den kantonalen Begierungsdirektionen beantragen wir Abweisung.

Auch im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung war die Ersatzabgabe noch ausstehend.

61. Henri Walt he r, verurteilt am 4. Oktober 1926 vom Gerichtspräsidenten von Pruntrut zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 30. 60 für 1926 betreffend.

Walther, der vor dem Urteilstennin in zwei Baten bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Ersatzabgabe sei
zwei Tage nach Ablauf der zweiten Mahnfrist völlig bezahlt gewesen. Ersatzpflichtig sei er seit 1918, nachdem man ihn aus der im Vorjahr begonnenen und dann fortgesetzten Bekrutenschule wegen eines Leidens entlassen habe, das seiner Meinung nach mit dem Militärdienst in Zusammenhang stehe. Ferner erwähnt er die Notwendigkeit einer Spitalbehandlung.

Bundesblatt.

79. Jahrg.

Bd. I.

44

566 Der Gemeinderat von St. Ursanne bestätigt die Gesuchsanbringen und empfiehlt das Gesuch. Walther sei eine schwächliche, häufig kranke Person und bringe seine Familie knapp durch. Seine Aufführung sei durchaus klaglos.

Der Vizeregierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch ebenfalls. Die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung. Die Militärversicherung teilt mit, das Leiden Walthers sei nicht durch den Militärdienst verursacht worden.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Walther hat wiederholt mit Verspätung bezahlt und musste bereits 1924 und 1925 dem Eichter überwiesen werden. Missliche Verhältnisse macht er nicht geltend.

62. Eobert Lozeron, verurteilt am 5. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 80.10 für 1926 betreffend.

Lozeron, der am 2. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Bezahlung sei zwei Tage nach Ablauf der zweiten Mahnfrist erfolgt.

Man möge gnadenhalber berücksichtigen, dass er über fünfhundert Aktivdiensttage aufweise.

Der Gemeindepräsident von Delsberg und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die Mahnfrist ist nahezu einen Monat überschritten worden. Entschuldigungsgründe können keine geltend gemacht werden. Lozeron musste schon 1925 dem Eichter überwiesen werden.

63. Armand Faigaux, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 14. 80 für 1926 betreffend.

Armand Faigaux, der am 22. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht Arbeitslosigkeit und Krankheit geltend und betont, dass er 450 Aktivdiensttage aufweise.

Der Gemeinderat von Malleray befürwortet das Gesuch, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Faigaux hätte den geringen Betrag zweifellos rechtzeitig entrichten können und hätte dies um so eher tun sollen, als er das Amt eines Gemeinderates bekleidet.

64. Ernst Lüscher, verurteilt am 30. September 1926 vom Gerichtspräsidenten von Neuenstadt zu l Tag Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 61. 60 für 1926 betreffend.

567 Lüscher, der am 27. September bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Zahlung sei infolge schlechten Geschäftsganges verspätet erfolgt.

Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet das Gesuch.

Die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung. In den Akten befindet sich ein sorgfältiger Bericht eines Polizeioffiziers.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Lüscher lebt in geordneten Verhältnissen. Die rechtzeitige Zahlung wäre ihm ein leichtes gewesen. Der kantonale Polizeioffizier bemerkt, die Begnadigung wäre unter keinen Umständen am Platz. Andere Bestrafte in Neuenstadt, die den Strafvollzug gewärtigen, müssten in einer Begnadigung Lüschers, dessen Gesuch bekannt geworden ist, eine Ungerechtigkeit erblicken. Lüscher musste wegen seiner Nachlässigkeit schon 1921--1924 dem Eichter verzeigt werden.

Im übrigen beziehen wir uns auf den Polizeibericht.

65. Bobert Mariaux, verurteilt am 3. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Buren zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 83.10 für 1926 betreffend.

Mariaux, der am 30. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er sei in den letzten Jahren in Bedrängnis geraten und habe seinen Verpflichtungen nicht immer pünktlich nachkommen können.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Wie bei Lüscher liegt der verspäteten Bezahlung ausschliesslich Nachlässigkeit zugrunde. Mariaux musste bereits 1925 dem Eichter überwiesen werden.

66. Louis Christe, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 33. 90-für 1926 betreffend.

Christe ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er macht längere Arbeitslosigkeit geltend und betont seine Familienlasten ; von sieben Kindern sind zwei der Schule entlassen, das jüngste ist vierjährig.

Der Gemeinderat von Courrendlin, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung. Das Polizeikommando hat einen ausführlichen Polizeibericht beschafft.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen
wir Abweisung.

Nach dem Polizeibericht befindet sich Christe in geordneten Verhältnissen.

Gestattete ihm seine Lage im Laufe des letzten Jahres ein Haus zu bauen, so hätte er auch den Betrag von Fr. 33. 90 ordnungsgemäss aufbringen können.

Die einhelligen Anträge der unteren und oberen Kantonsbehörden dürfen hier den Ausschlag geben, um so mehr als Christe schon in den Jahren 1921--1928

568 dem Eichter überwiesen werden musste. Im übrigen verweisen wir auf den Polizeibericht.

67. Josef Gassmann, verurteilt am 5. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Er. 46. 60 für 1926 betreffend.

Gassmann, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe, da er die Ersatzabgabe als jung verheirateter Familienvater nicht früher habe entrichten können.

Der Gemeindeschreiber bestätigt die Gesuchsanbringen und befürwortet das Gesuch, desgleichen der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes. "Die kantonale Militärsteuerverwaltung* und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Gassmann musste seit 1921 jedes Jahr dem Eichter überwiesen werden. Im Jahre 1921 wurde er von der I. Strafkammer des Obergerichtes des Kantons Bern wegen Pfandunterschlagung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt unter Gewährung des bedingten Strafaufschubes.

68. Charles Jacot, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 33.10 für 1926 betreffend.

Jacot, der vor dem Urteilstermin bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe, _da er infolge eines Unfalles und daheriger Arbeitsunfähigkeit die Ersatzabgabe nicht früher habe entrichten können. Es ereigne sich dies erstmals.

Der Gemeinderat von Tavannes und der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung, immerhin mit dem Beifügen, dass wir angesichts der sehr guten Berichte über den Gesuchsteller die bedingte Begnadigung erwogen haben. Nachlässigkeit liegt zweifellos vor, missliche Verhältnisse treffen nicht zu. Jacot musste schon in den Jahren 1922/23 dem Eichter überwiesen werden.

69. Eobert Müller, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 39.10 für 1926 betreffend.

Müller, der am 21. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Mit der Begleichung des Militärpflichtersatzes befasse sich seit Jahren die Ehefrau. Nach Empfang der Mahnung habe er sofort bezahlt und vom Sektionschef die Zusicherung erhalten,
die Sache sei erledigt. Er sei ein gut beleumdeter Familienvater. Der Vorfall werde ihm zur Warnung dienen.

Der Gemeinderat von Bévilard und der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion, beantragen Abweisung.

569

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Müller musste seit 1921 jedes Jahr dem Eichter überwiesen werden. Seine Darstellung mag zutreffen, kann aber nicht gehört werden.

70. Friedrich A emme r, verurteilt am 1. November 1926 vom Geiichtspräsidenten von Interlaken zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 40. 60 für 1926 betreffend.

Für Aemrner, der am 23. Oktober bezahlt hat. stellt ein Anwalt das Gesuch um Brlass der Haftstrafe. Die Zahlungsverspätung sei auf die starke Inanspruchnahme Aemmers in dem von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Betrieb zurückzufuhren. Zur Säumnis habe beigetragen, dass im Vorjahr der Sektionschef die Ersatzabgabe persönlich eingezogen habe. Aemmer sei gut beleumdet und weise Aktivdienst auf.

Der urteilende Eichter und der EegierungSbtatthalter des Amtsbezirkes haben gegen die Begnadigung nichts einzuwenden. Die kantonale Militarsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

In den Akten befindet sich ein Polizeibericht.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Die Akten ergeben eindeutig, dass'einzig Gleichgültigkeit zutrifft. Aemmer wurde 1925 wegen Misshandlung zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse verurteilt; der gewahrte Strafaxifschub wurde in der Folge widerrufen, jedoch fand hernach Begnadigung statt. Im übrigen beziehen wir uns auf den Polizeibericht. Der angerufene Aktivdienst legt hier von vornherein eine be^ondeie Eücksichtnahme nicht nahe, da bloss das Jahr 1918 in Betracht kommt.

71. Johann Bartholet, verurteilt am 6. November 1926 vom Bezirksgericht Uster zu 3 Tagen Haft und l Jahr Einstellung im Aktivbürgerrecht, die Militärsteuer von Fr. 32 für 1926 betreffend.

Bartholet, der am 3. November bezahlt hat, ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um bedingten Erlass der Haftstrafe. Die Zahlungsverspätung beruhe auf Unvermögen. Der Gesuchsteller sei ohne Vorstrafe.

Die Bezirksanwaltschaft Uster, die kantonale Staatsanwaltschaft und die kantonale Direktion der Justiz beantragen einhellig Abweisung. In den Akten befindet sich ein Polizeibericht.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die Kantonsbehörden bezeichnen Bartholet als gleichgültigen Bürger, dem beigebracht werden müsse, dass er seinen Pflichten zu genügen habe.

72. Emil
Leuenberger, verurteilt am 15. September 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 36. 80 für 1925 betreffend.

Leuenberger ersucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe und Staatskosten. Er macht missliche Verhältnisse geltend, her-

570 vorgerufen durch Krankheit der Ehefrau und durch Verpflichtungen aus Abzahlungsgeschäften.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Eegierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Steuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Für die in den Urteilserwägungen festgehaltene Nachlässigkeit Leuenbergers ist namentlich bezeichnend, dass er die Entrichtung eines Eestbetrages von Fr. 8. 40 erst nach der erstinstanzlichen Verurteilung vornahm. Die Nachlässigkeit des Gesuchstellers fällt um so mehr ins Gewicht, als er in Anrechnung des geleisteten Militärdienstes nur zur Hälfte eingeschätzt ist. Die Ersatzabgabe für 1926 betreffend musste er neuerdings dem Eichter überwiesen werden. Die einhelligen Abweisungsanträge der Kantonsbehörden sind hier wegleitend. Zum Kostenerlass ist die Bundesversammlung nicht zuständig.

73. Franz Binz, verurteilt am 30. November 1926 vom Untersuchungsrichter von Solothurn-Lebem zu 3 Tagen Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 42. 60 für 1925 betreffend.

Für Binz, der bei Einreichung des · Begnadigungsgesuches bezahlt hat, wird um Erlass der Gefängnisstrafe ersucht. Der Betrag der Ersatzabgabe sei übersetzt, namentlich im Verhältnis zur längeren Arbeitslosigkeit. Die Bezahlung sei erstmals zu spät erfolgt.

Das Polizeidepartement des Kantons Solothurn beantragt Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die vorhandene Nachlässigkeit des Gesuchstellers ist seinem Hang zum Alkohol und zum Blaumachen zuzuschreiben. Die Polizeiberichte sind hierin bezeichnend.

74. Friedrich Schmassmann, verurteilt am 3. September 1926 von der Polizeikammer des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft zu 3 Tagen Gefängnis, die Militärsteuer von Fr. 220. 80 für 1919--1924 betreffend.

Schmassmann ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe. Man habe ihn im Glauben gelassen, infolge eines Unfalles im Militärdienst steuerfrei zu sein.

Nach festgestellter Zahlungspflicht sei ihm die sofortige Begleichung unmöglich gewesen, auch habe er in seiner Unkunde verjährte Steuern entrichtet. Er sei ohne Vorstrafe.

Die Militär- und Polizeidirektionen beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die sorgfältigen
Urteilserwägungen der Appellationsinstanz ergeben, dass Schmassmann unter allen Umständen seit September 1924 über seine Steuerpflicht im klaren war. Stundungen und Abschlagszahlungen wurden ihm weitgehend zugestanden. Die Gesuchsanbringen werden, was das angeblich fehlerhafte Verhalten von Militärbehörden anbetrifft, durch die Mitteilungen der eidgenössischen Steuerverwaltung richtiggestellt. Der Vollzug der ober-

571 instanzlich ermässigten Strafe, die der Lage des Falles entspricht, ist durchaus am Platze.

75. Hoschia Schneider, verurteilt am 4. März 1926 vom Pretore del Distretto di Lugano-Città zu 2 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 51. 50 für 1925 betreffend.

Schneider, der erst Ende September 1926 bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die Zahlungsverspätung sei auf prekäre Verhältnisse zurückzufuhren, zudem habe ihn die Vorladung wegen beruflicher Abwesenheit nicht erreicht.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Der Sektionschef von Lugano schreibt, Schneider bezahle seit Jahren erst nach erstatteter Strafanzeige. Ein Nachweis der schlechten Lage fehlt gänzlich.

76. Otto Bieri, verurteilt am 18. Oktober 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern in Verschärfung der erstinstanzlichen Verurteilung zu 2 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 82. 60 für 1925 betreffend.

Bieri er&ucht in nicht selbst verfasster Eingabe um Erlass der Haftstrafe.

Hierzu werden Arbeitslosigkeit und ein erlittener Verlust geltend gemacht.

Die Polizeidirektion der Stadt Bern, der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir auf Grund der Urteilserwägungen, das Gesuch abzuweisen. Bieri, der am Urteilstermin in beiden Instanzen unentschuldigt ausgeblieben ist, erweist sich als liederliche Person. Er ist dem Bichter neuerdings überwiesen.

77. Fritz Suess, verurteilt am 24. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Buren zu 3 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 46. 60 für 1926 betreffend.

Suess, der am 14. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Die Zahlungsverspätung sei auf die Unsicherheit in der Uhrmacherei und die Leistung von Unterstützungsbeiträgen an die elterliche Familie zurückzuführen.

Der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes, die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen einhellig Abweisung.

In den Akten befindet sich ein Polizeibericht.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung.

Die Gesuchsanbringen entsprechen den Tatsachen nicht. Der ledige Gesuchsteiler hat die Zahlung böswillig verzögert; seine Aussagen vor dem Bichter erweisen dies
deutlich. Begnadigungsgründe sind nicht vorhanden.

78. Eobert Kiener, verurteilt am 11. November 1926 vom Gerichtspräsidenten von Münster zu l Tag Haft, die Militärsteuer von Fr. 51.10 für 1926 betreffend.

072 Kiener, der am 28. Oktober bezahlt hat, ersucht um Erlass der Haftstrafe.

Die rechtzeitige Bezahlung sei wegen langer Arbeitslosigkeit ausgeschlossen gewesen.

Der Gemeinderat von Münster und der Begierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürworten das Gesuch. Die kantonale Militärsteuerverwaltung und die kantonale Polizeidirektion beantragen Abweisung.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung b e a n t r a g e n wir Abweisung.

Kiener ist vorbestraft.

79. Ernst Hecht, verurteilt am 16. Oktober 1925 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg zu 2 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 39.10 für 1925 betreffend.

Hecht ersucht um Erlass der Haftstrafe. Die betreffende Ersatzabgabe habe er im Dezember 1925 entrichtet ; die Verspätung sei auf Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Der Strafvollzug gefährde seine dermaüge Stelle. Die Steuer für 1926 sei bezahlt.

Mit der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir Abweisung Hecht weist in den Jahren 1922--1925 vier Freiheitsstrafen auf.

80. Werner König, verurteilt am 3. November 1926 von der ersten Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern in Bestätigung der erstinstanzlichen Verurteilung zu 6 Tagen Haft, die Militärsteuer von Fr. 67. 60 für 1925 betreffend.

König ersucht um Erlass der Haftstrafe. Er gibt zu, dass er an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung hätte erscheinen sollen und behauptet im übrigen die Unmöglichkeit rechtzeitiger Mahlung.

Mit der Polizeidirektion des Kantons Bern und der eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir ohne weiteres Abweisung. Massgebend sind die Urteilserwägungen der Appellationsinstanz und die Feststellung, dass König wegen schuldhafter Nichtentrichtung der Militärsteuer und anderweitigen Gesetzesübertretungen sieben Vorstrafen auf weist.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 9. Mai 1927.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Motta.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

I. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1927). (Vom 9. Mai 1927.)

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